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Lernort Geologie Erdgeschichte 1 Entwicklung der Erdkruste und der Atmosphäre 131 1.1 Entwicklung der Erdkruste 131 1.2 Entwicklung der Atmosphäre 132 2 Steuerungsfaktoren und Wechselwirkungen für die Entwicklung des Lebens 134 2.1 Langfristige Klimaschwankungen 135 2.2 Kurzfristige Klimaschwankungen 136 2.3 Einschnitte in der Entwicklung des Lebens 140 3 Entwicklung des Lebens im Phanerozoikum 141 3.1 Paläozoikum 141 3.2 Mesozoikum 145 3.3 Känozoikum 148

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Erdgeschichte

1 Entwicklung der Erdkruste und der Atmosphäre 131

1.1 Entwicklung der Erdkruste 131

1.2 Entwicklung der Atmosphäre 132

2 Steuerungsfaktoren und Wechselwirkungen

für die Entwicklung des Lebens 134

2.1 Langfristige Klimaschwankungen 135

2.2 Kurzfristige Klimaschwankungen 136

2.3 Einschnitte in der Entwicklung des Lebens 140

3 Entwicklung des Lebens im Phanerozoikum 141

3.1 Paläozoikum 141

3.2 Mesozoikum 145

3.3 Känozoikum 148

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Erdgeschichte

Ablagerungen aus verschiedenen Epochen der Erdgeschichte ermöglichen den Geowissen-schaftlern einen Blick in die Geschichte der Erde von der Erdfrühzeit bis zur Jetztzeit. Die Ge-steinsarchive mit ihren Fossilinhalten dokumentieren die Auswirkungen globaler und regiona-ler, langsamer und kurzzeitiger Veränderungen der Lebensräume in den Ozeanen undKontinenten unserer Erde. Dieser Einblick in die Vergangenheit unseres Planeten hilft uns, dieheute auf der Erde ablaufenden Prozesse und ihre Bedeutung besser zu verstehen.

Tabelle D1 | Gliederung derErdgeschichtenach der Inter-nationalenKommission fürStratigraphie,(Stand 2009).

Zeit vor heute(in Mio. Jahren)

ÄonZeit vor heute(in Mio. Jahren)

ÄraPeriode/System

heute

542

Phanerozoikum, mit sichtbarem Leben(griech. phaneros = sicht-bar, zoon = Lebewesen)

heute

65

Känozoikum (griech.kainon = rezent, jetzt )= Erdneuzeit

QuartärNeogen Paläogen

251

Mesozoikum (griech.mesos = mitten) = Erd-mittelalter

KreideJuraTrias

542

Paläozoikum(griech. palaios = alt)= Erdaltertum

PermKarbonDevonSilurOrdoviziumKambrium

2500

Proterozoikum,Erdfrühzeit (griech. proteros = früherer, zoon = Lebewesen)

1000

NeoproterozoikumEdiacariumCryogeniumTonium

1600

MesoproterozoikumSteniumEctasiumCalymmium

2500

Paläoproterozoikum

StatheriumOrosiriumRhyaciumSiderium

4000

Archaikum, Erdurzeit (griech. archaios = alt)

2800 Neoarchaikum

3200 Mesoarchaikum

3600 Paläoarchaikum

4000 Eoarchaikum

4600

Hadaikum(griech. hades = Hölle)(informell)

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1.1 Entwicklung der Erdkruste

Der Zeitraum von der Entstehung der Erdeals ein noch glühender „Feuerball“ bis zu sei-ner Abkühlung und Bildung der ersten Ge-steine wird als Hadaikum bezeichnet. Erstmit der Entstehung der ersten abgekühltenKruste des Erdkörpers beginnt die Erdurzeit,das Archaikum. Durch die wissenschaftlichenFunde und verbesserten Untersuchungs -methoden der Alter der Gesteine hat sichdiese Grenze in den letzten Jahren immerwieder verschoben. In der Tabelle k D1 wirddie Grenze bei 4 Mrd. Jahren angesetzt.

Die früheste Erdkruste war eine dünne ba-saltische Kruste. Davon ist heute nichts mehrerhalten. Diese frühe Kruste wurde durch dasBombardement von Asteroiden in der erstenZeit der Erde wieder zerstört und ist durchdie starke Aufheizung der Erde in der Erdfrüh-zeit aufgeschmolzen worden. Durch die Auf-schmelzungen kam es zu Veränderungen inder Zusammensetzung, die Kruste wurde si-likatreicher und leichter. In der Zeit von 3,9bis 3,2 Mrd. Jahren haben nach heutiger Lehr-meinung nur kleine zusammenhängendeLandflächen (Protokontinente) existiert, dielediglich 5 bis 10 % der heutigen Landmasseausmachten. Die Gesteine dieses Archaikums(hauptsächlich Gneise und Granulite) bildenheute noch Anteile der großen Kontinente (k D1). Zwischen den Resten dieser Proto-kontinente finden sich Bereiche von meta-morpher ozeanischer Kruste, die sogenann-ten Grünsteingürtel, die Auskunft über dieZusammensetzung der alten ozeanischenKruste geben. Die Schmelzen waren bedeu-

tend heißer als die heutigen ozeanischen Ba-saltschmelzen und deutlich magnesiumrei-cher. Die archaischen Protokontinente füg-ten sich zu größeren Kontinenten zusammen,den sogenannten präkambrischen g Krato-nen. Kratone haben nach dem Präkambrium,also seit Beginn des Paläozoikums, keine Um-formung durch Deformation und Metamor-phose erfahren und sind daher Archive derfrühen Erdgeschichte. Das Alter der meistenarchaischen Gesteine fällt in das Zeitinter-vall von 3,2 bis 2,6 Mrd. Jahren und belegtdamit eine hohe Wachstumsrate der konti-nentalen Kruste für diesen Zeitabschnitt. Ander Wende vom Archaikum zum Proterozoi-kum (vor 2,5 Mio. Jahren) scheinen Konti-nente bestanden zu haben, deren Größe mitden heutigen Kontinenten vergleichbar ist.

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1 Entwicklung der Erdkruste und der Atmosphäre

Die Erdgeschichte wird in verschiedene Abschnitte unterteilt (k Tabelle D1): Äonen sind dielangen (> 500 Mio. Jahre) Abschnitte, Ären sind die Unterteilungen in Abschnitte > 100 Mio.Jahre. Erst mit dem Beginn der Entfaltung komplexer Lebensformen und ihrer Erhaltung alsFossilien im Phanerozoikum wird eine genauere Untergliederung innerhalb der Perioden vor-genommen, die auf den Veränderungen der Lebensformen basiert. Die Zeit davor (> 542 Mio.Jahre) wird zusammenfassend auch als Präkambrium bezeichnet.Die Entwicklung des Lebens und die Veränderung der Lebensformen ist an die geologischeEntwicklungsgeschichte unseres Planeten gekoppelt. Daher wird in diesem Kapitel zunächsteine Einführung in die Entwicklung der Erdkruste und der Atmosphäre gegeben, bevor im fol-genden Kapitel auf die Entwicklungsgeschichte im Phanerozoikum und die darauf gründendefeinere Unterteilung in Ären und Perioden eingegangen wird.

D1 | Die Anteile an präkam-brischer Kruste derheutigen Kontinentezeigen sich sehr gut inder Konfiguration kurznach dem Auseinander-brechen des Großkonti-nents Pangäa. DieKarte unterscheidetzwischen archaischenund proterozoischenAnteilen der Kratone.

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D2 | Zusammensetzung derAtmosphäre und derOzeane über die Zeit.

Mit Beginn des Proterozoikums ist die Plat-tentektonik, wie sie auch heute noch abläuft,mit Plattenbewegungen, Subduktion und Oze-anbodenspreizung (Seafloor spreading)nach weisbar. Noch ist nicht geklärt, ob essolche plattentektonischen Prozesse schonim Archaikum gegeben hat. Im Proterozoi-kum kam es zu Plattenkollisionen mit Defor-mation und einer Metamorphose der Ge-steine, wie wir sie von den späteren Gebirgs -bildungsphasen kennen. Ebenso sind Pro-zesse der Sedimentation mit der Bildung vonklastischen Sedimenten und Karbonaten inden Schelfgebieten der Meere nachweisbar,auch dies ein Hinweis auf geologische Rah-menbedingungen, wie wir sie heute auf derErde vorfinden. Die Bildung eines Superkon-tinentes im Proterozoikum vor circa 1 Mrd.Jahre, in dem alle großen Einzelkontinentezu einer Landmasse (Rodinia) vereinigtwaren, gilt ebenfalls als nachgewiesen. ImVerlauf der Erdgeschichte hat es wiederholt

Phasen gegeben, in denen sich Einzelkonti-nente zu Großkontinenten (Zusammen-schluss mehrerer Kontinente) oder zu einemSuperkontinent (Zusammenschluss allerKontinente) zusammenfügten, um dann wie-der auseinanderzubrechen und -zudriften.Die Existenz des Superkontinentes Pangäavor etwa 240 Mio. Jahren wurde schon in derKontinentaldrifttheorie von Wegener postu-liert und ist heute gesichert. Pangäa zerbrachund die Kontinente drifteten auseinander.Doch seit etwa 100 Mio. Jahren haben wirwieder ein Zusammendriften der Kontinente.Modellierungen der weiteren plattentektoni-schen Entwicklung der Erde sehen einenneuen Superkontinent entstehen, auf denwir aber noch 250 Mio. Jahre warten müs-sen (u Modul C „Plattentektonik“).

1.2 Entwicklung der Atmosphäre

Unsere heutige Atmosphäre setzt sich ausdrei Hauptbestandteilen zusammen: Stick-stoff (ca. 78 %), Sauerstoff (ca. 21 %) undKohlendioxid (ca. 0,083 %). Diese Zusam-mensetzung hat sich erst im Laufe der Erd-geschichte entwickelt (kD2). Die frühe Atmo-sphäre wurde durch die Entgasung desErdkörpers gebildet und bestand vor allemaus Kohlendioxid, Wasserdampf, Stickstoffund geringen Anteilen an Kohlenmonoxid,Schwefelwasserstoff und Chlorwasserstoff –eine Mischung, die für die meisten heutigenOrganismen absolut tödlich ist. Durch Abküh-lung kondensierte Wasserdampf und wurdeals Regen aus der Atmosphäre entfernt. Dieungeheuren Massen des entstehenden Was-sers bildeten die ersten Meere. Kohlendioxidund andere Gase wurden beim Abregnen teil-weise gelöst, so dass die frühen Meere ex-trem sauer waren und die Gesteine der frü-hen Erdkruste oberflächlich korrodierten.Durch diese Lösungsvorgänge kamen Kal-zium, Magnesium und andere Elemente alsIonen in das Meerwasser und bildeten Kar-bonat-Gesteine, durch die die Azidität desWassers weiter verringert wurde. Diese Kar-bonatbildung wird auch als ein wichtigerGrund der Absenkung des CO2-Gehaltes inder Atmosphäre gesehen. Die kohlendioxid-,methan- und ammoniakreiche Erdatmos -phäre zu Beginn des Archaikums verursachtevermutlich ein Treibhausklima mit Tempera-turen von mehr als 50°C an der Erdoberflä-

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che, obwohl die Sonneneinstrahlung damalsetwa 30 % schwächer als heute war.

Bei der Entwicklung des Sauerstoffgehaltesder Atmosphäre wird nicht von einer konti-nuierlichen Zunahme, sondern von einemsprunghaften Anstieg im frühen Proterozoi-kum ausgegangen. Hier spielen mikrobielleProzesse eine wichtige Rolle, die mit der Ent-wicklung des ersten Lebens auf der Erde ver-knüpft sind.

Die Entwicklung von anorganischer zu orga-nischer Materie vor etwa 3,8 Mrd. Jahrenmarkiert den Beginn der Entwicklung des Le-bens auf der Erde. Über das Wie und Wo gibtes unterschiedliche Meinungen. AleksandrI. Oparin machte sich im Jahr 1924 Gedan-ken über den Ursprung des Lebens in einemmolekülreichen Meerwasser. Im sauerstoff-freien Milieu der Uratmosphäre, die unter an-derem die Gase Methan (CH4) und Ammo-niak (NH3) enthielt, sollen unterEnergieeinwirkung Kohlenwasserstoffe, Al-dehyde, Cyanwasserstoff (Blausäure) undschließlich auch Aminosäuren entstandensein. Später führte man im Labor verschie-dene Experimente dazu durch. Am bekann-testen wurden die Versuche von Stanley Mil-ler im Jahr 1953. Er simulierte eine„Uratmosphäre“ und setzte die Gase in derRetorte elektrischen Entladungen aus, diedamalige Gewitter simulieren sollten. Da-durch entstanden in seiner „Ursuppe“ ver-schiedene Aminosäuren. Ähnliche Substan-zen können sich auch an der Oberfläche vonTonmineralen bilden, die gewissermaßen alsKatalysatoren für organisch-chemische Pro-zesse wirken. Deshalb wurden in jüngererZeit einige Hypothesen und Versuchsergeb-nisse vorgestellt, bei denen Minerale und Ge-steinsoberflächen bei der Entstehung desLebens aus einfachen organischen Molekü-len eine entscheidende Rolle gespielt habensollen. Früher nahm man an, dass das Lebenin Flachmeeren entstanden sei. Heute wer-den auch die heißen Quellen an den mittel-ozeanischen Rücken, die „Black Smoker“,als Orte gesehen, an denen die frühesten Or-ganismen entstanden sind. Hier wurden Mi-kroben entdeckt, die ihren Energiebedarfdurch Chemosynthese decken. Sie nutzendie Reaktion von Schwefelwasserstoff mitSauerstoff und produzieren daraus Wasser

und Schwefel. Solche anaeroben Organis-men aus dem Reich der g Archaea warenwohl die ersten Organismen auf der Erde.

Die für unser heutiges Leben auf der Erdeentscheidende Entwicklung war die Bildungeiner Atmosphäre, die reich an freiem Sau-erstoff ist. Dieser Sauerstoff wurde im Ar-chaikum durch zwei Prozesse freigesetzt:Zum einen wirkt sich die Sonneneinstrah-lung in der oberen Atmosphäre aus, durchultraviolettes Licht wird dort durch Photodis-soziation (Spaltung von H2O in H2 und O) Sau-erstoff gebildet.

Die Hauptquelle von Sauerstoff resultierteallerdings aus der Photosynthese von Orga-nismen: In archaischen Gesteinen in West-australien fanden sich kissenartige Bildun-gen, die man als Stromatolithe identifiziert.Ähnliche Stromatolithe werden auch heutenoch gebildet. Es sind – wie der Name an-deutet – lagige Gesteinskörper (k D3), diedurch die Photosyntheseaktivität von Cyano-bakterien (Blaualgen) gebildet werden. DieCyanobakterien bilden Biofilme (Mikroben-matten), in denen Sedimentpartikel einge-fangen und gebunden werden. Cyanobakte-rien sind prokaryotische Organismen,besitzen also keinen Zellkern. Sie waren imArchaikum und besonders im Proterozoikumdie häufigsten Organismen. Die ersten Cya-nobakterien entstanden wohl im frühen Ar-chaikum, und die ältesten sicher identifizier-baren Stromatolithe sind rund 3,5 Mrd. Jahrealt. Diese Organismen bedeckten am Ende

D3 | MesoproterozoischeStromatolithen ausNordwest-Indien.

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des Präkambriums fast alle Areale, die vomMeer überflutet waren. Am Ende des Archai-kums wurde schließlich ein Schwellenwertin der Zusammensetzung der Atmosphäreerreicht (k D2), der eine Kaskade von Ereig-nissen auslöste. Sichtbar wird dies in Gestei-nen, die zwischen 2,8 und 2,3 Mrd. Jahre altsind. In den Ozeanen wurden ungeheuereMengen an gelöstem Eisen und auch Kiesel-säure ausgefällt. Wegen ihrer feinlagigenStruktur (Wechsel von eisenreichen und kie-selsäurereichen Lagen) werden diese Ge-steine als Bändereisenerze (Banded IronForma tion) bezeichnet (kD4). Diese Vorkom-men werden in Süd- und Nordamerika, In-dien, Westaustralien und in der Ukraine alsEisenlagerstätten abgebaut.

Den schlüssigen Hinweis auf die sich wan-delnde Atmosphäre zeigen paläoprotero-zoische Gesteine, die etwa 2,2 Mrd. Jahre altsind. Damals tauchten erstmals Rotsedi-mente und Anhydrit auf. Rotsedimente ver-danken ihre Charakteristik der Anwesenheitvon Fe2O3, das ebenso wie Anhydrit (CaSO4)ein Beweis für eine hinreichend hohe Sauer-stoff-Konzentration ist, die alles elementareEisen und Schwefel auf der Erde oxidierthatte. Nun entstanden auch Organismen miteinem Zellkern und einer differenzierten Zell-wand, die Eukaryoten. Die ersten sicherenFossilreste von ihnen stammen aus dem Me-soproterozoikum und sind etwa 1,6 Mrd.Jahre alt; 200 Mio. Jahre später scheinen sieallmählich häufig geworden zu sein. ErsteMakrofossilien zeigen sich vor ca. 600 Mio.Jahren, nach dem Ende einer großen Verei-sungsperiode am Ende des Proterozoikums.Diese sogenannte Ediacara Fauna, benanntnach ihrem Fundort in Südaustralien, hatsich aufgrund günstiger Erhaltungsbedingun-gen als 2 bis 80 cm lange Abdrücke in Sand-steinen erhalten. Während man früher an-nahm, dass es mehrzellige Lebewesen erstab dem Phanerozoikum gab, scheint mandurch die als Abdrücke von Schwämmen,Quallen und anderen Organismen interpre-tierten Fossilien den Beleg dafür zu haben,dass es schon im Proterozoikum höher ent-wickelte Lebewesen gab, diese aber aufgrunddes Fehlens von Hartteilen (z. B. Schalen)sehr selten erhalten sind.

D4 | Eisenerz der „BandedIron Formation“, Hammersley Range, Australien.

2 Steuerungsfaktoren und Wechselwirkungen für die Entwicklung des Lebens

Die plattentektonisch gegliederte Erdkruste(Ozeane, Kontinente, Tiefseetröge, Mittel-ozeanische Rücken) sowie die plattentekto-nischen Prozesse (Subduktion, Vulkanismus,Seafloor Spreading) und ihre Wechselwirkun-gen mit der Atmosphäre und Hydrosphäre(durch Änderungen in der Zusammenset-zung) hatten entscheidenden Einfluss aufdie Diversität der sich entwickelnden Lebens-formen. Neben den langsamen Veränderun-gen gab es immer wieder auch einschnei-dende kurzfristige Veränderungen in derEntwicklung der Fauna und Flora unsererErde. Die Steuerungsfaktoren dieser langfris-

tigen (mehrere Mio. bis mehr als 100 Mio.Jahre) und der kurzfristigen (tausende biswenige Mio. Jahre) Ereignisse werden im Fol-genden vorgestellt. Generalisierend lässt sichsagen, dass bei hohen Kohlendioxid-Gehal-ten in der Atmosphäre ein wärmeres, bei ge-ringen Kohlendioxid-Gehalten ein kühleresKlima herrscht. Der Kohlendioxid-Gehalt wirdaber einerseits durch die vulkanische Aktivi-tät, andererseits durch die Vegetation beein-flusst. Vulkane entlassen sehr viel Kohlendi-oxid in die Atmosphäre, Pflanzen verbrauchenKohlendioxid während der Photosynthese.Kam es während der Erdgeschichte zu gro-

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D5 | Darstellung der Abhän-gigkeit des Erdklimas(Durchschnittstempera-tur) und der eustati-schen Meeresspiegel-schwankungen vonplattentektonischen Vorgängen (zusammen-gestellt von B. Niebuhr,Univ. Würzburg; Klima-kurve nach Scotese, Palaeomap Project,www.scotese.com, Meeresspiegelkurvenach Hallam 1984).

ßen tektonischen Veränderungen, war auchdie vulkanische Aktivität hoch und sorgte sofür hohe Temperaturen, durch hohe biologi-sche Aktivität wurde Kohlendioxid verbrauchtund die Temperaturen sanken.

2.1 Langfristige Klimaschwankungen

Starke Änderungen in der plattentektoni-schen Konfiguration verursachen globaleSchwankungen der Meeresspiegelstände(tektono-eustatische Meeresspiegelschwan-kungen). Gleiches gilt für die Veränderungendes Kohlendioxid-Ausstoßes durch vulkani-sche Aktivität entlang der Plattengrenzen.Langfristige Klimaphasen des Phanerozoi-kums von rund 100 Mio. Jahren mit Zusam-menhängen von Plattentektonik, Kohlendi-oxid-Gehalt der Atmosphäre und Temperaturwerden nach ihrem Entdecker als Sandberg-Zyklen bezeichnet. Während der Zeitab-schnitte, in denen es Großkontinente und Su-perkontinente gab, war dieplattentektonische Aktivität gering, es gabwenig untermeerischen Vulkanismus. Dieständig aus dem Erdinneren aufsteigendeErdwärme wurde vor allem unter den dickenKontinentalmassen gestaut, die deshalb an-gehoben wurden. Die Meere wurden vonaltem, stark abgekühltem und damit tief lie-gendem Ozeanboden unterlagert, und es gabein großes Volumen der Ozeanbecken zurAufnahme des Ozeans. Der Meeresspiegellag daher tief. In diese Zeit der plattentekto-nischen Ruhe fallen die großen Vereisungen.

Beim Auseinanderbrechen eines Superkon-tinentes reduziert sich hingegen das Volu-men der Ozeanbecken stark. Alter, tief lie-gender Ozeanboden wird an denKontinenträndern subduziert und durch jun-gen, heißen und damit flacheren Ozeanbo-den ersetzt. Durch den verstärkten Ausstoßvon vulkanischem Kohlendioxid, das als kli-mawirksames Treibhausgas während derSpreading- und Subduktionsprozesse in gro-ßen Mengen freigesetzt wird, befand sich dieErde zu diesen Zeiten meist in einem Treib-haus-Modus. Diese durch plattentektonischeAktivität gesteuerten tektono-eustatischenMeeresspiegelschwankungen mit Vorstoß(Transgression) und Rückzug (Regression) des Meeres gehen einher mitlangsamen Klimaschwankungen in zeitlichen

Dimensionen von mehreren Zehner Mio. odersogar mehr als 100 Mio. Jahren (k D5).

Die Rückkoppelungen zwischen Plattentek-tonik und Klima werden anhand der Rekon-struktion des Ablaufes der vermutlich größ-ten Vereisungsperiode der gesamtenErdgeschichte dramatisch deutlich. Sie er-eignete sich am Ende des Proterozoikumsetwa zwischen 750 Mio. und 580 Mio. Jah-ren nach dem Aufbrechen des Superkonti-nentes Rodinia. Mindestens vier Vereisun-gen lassen sich für diesen Zeitraumnachweisen. Dabei wird vermutet, dass wäh-rend zweier dieser Vereisungsphasen (Stur-tische Eiszeit vor 710 – 680 Mio. Jahren unddie Varanger-Marinoischen Eiszeiten vor 605 – 585 Mio. Jahren) die gesamte Erdemit einem Eispanzer umgeben war (SnowballEarth-Theorie). Während der Superkontinent-Phase gab es im Innern Rodinias keine Nie-

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D6 | Eustatische Transgres-sionen und Regressio-nen durch Veränderun-gen im Volumen derkontinentalen Eis-schilde und der ozeani-schen Wassermassen(Glazio-Eustasie).

derschläge und damit keine nennenswertenVerwitterungsprozesse. Vor etwa 750 Mio.Jahren zerbrach der Superkontinent Rodinia– vermutlich in drei Teile. Nach paläögraphi-schen Rekonstruktionen befanden sich vieleKontinentanteile nach dem Aufbrechen vonRodinia im Bereich des Äquators. Jetzt er-reichten Niederschläge das Land - und setz-ten die chemische Verwitterung in Gang.Dabei gelangte gelöstes Kohlendioxid ausder Atmosphäre in den Untergrund und löstedie Silikate, ein Prozess, bei dem das Treib-hausgas langfristig gebunden wird. Es wurdekühler bis Gletscher entstanden, die zu In-landeismassen heranwuchsen und allmäh-lich äquatorwärts wanderten. Nach heutigenComputersimulationen bildeten sich Eispan-zer auf den Ozeanen, die bis in äquatorialeZonen reichten. Das Eis verstärkte die Rück-strahlung der Sonnenenergie (Albedo), dieseverstärkte die Abkühlung so stark, dass derErde der Kältetod drohte.

Es ist wohl nur dem mit der Plattentektonikgekoppelten Vulkanismus zu verdanken, dasssich die Erde immer wieder von ihrem Eis-panzer befreit hat. Durch Vulkanismus rei-cherte sich Kohlendioxid in der Atmosphärean, der für einen Treibhauseffekt sorgte.Durch die steigenden Temperaturen schmol-zen die Eismassen offenbar in Rekordzeit ab,so dass Karbonate der warmen Meere oft di-

rekt auf den damaligen Gletscherablagerun-gen gebildet wurden.

2.2 Kurzfristige Klimaschwankungen

Neben diesen durch die Plattentektonik be-dingten langfristigen Klimaschwankungen gibtes jedoch auch nach geologischen Maßstä-ben sehr kurzfristige Klimaschwankungenund dadurch verursachte Vereisungen wie dieEiszeiten im Neogen. Befindet sich die Erdein einer Kühlhaus-Phase, können relativ kurz-fristige, klimatisch gesteuer te Wechsel vonKaltzeiten (Glaziale) und Warmzeiten (Inter-glaziale) zu bedeutenden Schwankungen desMeeresspiegels (g Transgression und gRe-gression) führen (kD6). Voraussetzung dafürist allerdings, dass ein großer Kontinent nahean einem Pol liegt. Dies ist heute der Fall: Wiewährend der pleistozänen Eiszeiten liegt derSüdpol im Bereich der Antarktis, so dass dortein beträchtliches Volumen von Wasser in denkontinentalen Gletschern gespeichert wird.Durch globalen Temperaturanstieg ist derMeeresspiegel im 20. Jahrhundert um 17 cmangestiegen. Die thermische Expansion desMeerwassers aufgrund der Erwärmung derOzeane leistet den größten Betrag zum An-stieg des Meeresspiegels. Weiterhin tragendie abschmelzenden Gletscher und die ab-tauenden Eisschilde in den arktischen Regio-nen zum Anstieg bei.

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Periodische Veränderungen der or-bitalen (Erdbahnen) Parameter füh-ren zu Veränderungen in der Inten-sität der Sonneneinstrahlung (ca. 5– 10 %) und sind Steuerungsfakto-ren des Klimas. Dies wies im Jahr1941 der serbische Physiker Milu-tin Milankovic nach. Er errechnetefür das pleistozäne Eiszeitalter zy-klische Schwankungen mit unter-schiedlicher Zeitdauer:

• Exzentrizität: Die Form der ellip-tischen Erdumlaufbahn um dieSonne verändert sich periodischin einem kurzen (ca. 100.000Jahre) und einem langen (ca.400.000 Jahre) Zyklus

• Schiefe (Obliquität, Erdneigung):Der Winkel der Erdachse (dieSchiefe der Ekliptik) ändert sichin ca. 40.000 Jahren um weni geGrade (zwischen 21,5° und24,5°). Die Lage der Wende-kreise variiert deshalb im Laufder Erdgeschichte. Heute stehtdie Erdache bei 23,5°.

• Präzession: Bei der Rotation umihre Achse taumelt die Erde undvollendet in etwa 20.000 Jahreneine Kreiselbewegung.

Alle drei Parameter beeinflussen dieSonneneinstrahlung auf die Erde.Um ihren Gesamteinfluss bewertenzu können, müssen alle drei Kurven(A, B, C) addiert werden. Diese Kurveder Summe aus A, B und C ist einMaß für die Energiemenge durch dieSonneneinstrahlung, die eine deut-liche zeitliche Variation aufweist (kD7). Indikator für die Temperatur-schwankungen in den Ozeanen sind

die Isotopenverhältnisse von Sauer-stoff (δ18O d. h. 18O/16O-Verhältnisse),die z. B. im Karbonat der Schalenvon Fossilien archiviert sind. Im Ver-gleich zu den heutigen Verhältnis-sen der Sauerstoff-Isotope werdenbei warmen Temperaturen vermehrtdie leichten 16O-Isotope eingebautund das Verhältnis wird damit klei-ner, bei kühleren Temperaturen ver-schiebt sich das Verhältnis hin zupositiven Werten. Ein Vergleich derSummenkurve aus den periodischenVeränderungen der Erdbahn-Para-meter mit Veränderungen von Sau-erstoff-Isotopen in den Gehäusenvon marinen Mikroorganismen fürdie letzten 800.000 Jahre zeigt sehrgute Übereinstimmungen. Die Mi-lankovitch-Zyklen sind mittlerweilein Sedimentgesteinen aller Epochen

des Phanerozoikums nachgewiesenworden.

Längere Perioden von ca. 150 Mio.Jahren ergeben sich aus der Bewe-gung der Sonne um das Zentrum derMilchstrasse. Die Erde und ihr Son-nensystem liegen asymmetrisch ineinem Arm der Milchstraße (uModulA „Planetensystem“, Abb. kA3). DieGalaxis dreht sich etwa alle 300 Mio.Jahre einmal um sich selbst. Damitbewegt sich das Sonnensystem alle150 Mio. Jahre durch dichtere unddünnere Bereiche interstellarenStaubs und durch wechselndeSchwere- und Magnetfelder. Diesführt zu einer Variation der kosmi-schen Strahlung, die heute ebenfallsals das Klima beeinflussend gewer-tet wird.

In den letzten 2,6 Mio. Jahren verursachtenTemperaturschwankungen weltweit Kalt- undWarmzeiten in den gemäßigten Breiten sowieRegen- und Trockenzeiten in den subtropi-schen und tropischen Klimazonen. Das gEiszeitalter war jedoch keine kontinuierlicheKälteperiode: Warme und kalte Perioden

wechselten sich in etwa 100.000 Jahre wäh-renden Zyklen ab (k D8). Als wichtigste Ein-flussfaktoren für diese Klimaschwankungenwerden die astronomischen Zyklen, wie dersogenannte Exzentrizitätszyklus (die Abwei-chung von der fast kreisförmigen Bahn derErde), die zyklische Änderung der Neigung

Exkurs

D7 | Variationen in der Sonneneinstrahlung durch orbitale Parameter (Milankovic-Zyk len)im Vergleich zu der Temperaturvariation der Ozeane (δ18O-Werte von –2 bis +2) inden letzten 800.000 Jahren zeigen einen übereinstimmenden Kurvenverlauf.

Die orbitalen Klimazyklen

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Klimaarchive

Exkurs

Kontinuierliche Aufzeichnungender Temperatur gibt es erst seitetwa 150 Jahren. Zur Rekonstruk-tion des Klimas der Erdgeschichte(Paläoklima) müssen die Geowis-senschaftler Einblick in verschie-dene Archive der Natur nehmen(k Tabelle D2) und die klimarele-vanten Informationen herausle-sen. Diese Klimahinweise werden

auch Proxies genannt. Klimainfor-mationen können z. B. aus denJahresringen von Bäumen abge-leitet werden (Dendrochronologie).Diese sind in Jahren mit gutenWachstumsbedingungen breiterals in Jahren mit schlechten Le-bensbedingungen. Ähnlich verhältes sich mit dem Wachstum derKalkschalen von Muscheln oder

D9 | Datierungen an einem etwa 30 cm langen Tropfstein aus dem Hölloch im Mahdtal (Allgäu).Die ältesten Bildungen sind fast 13.000 Jahre, die jüngsten weniger als 1.400 Jahre alt.

ArchivMinimal erfassbarerZeitraum (in Jahren)

Maximal erfassbarerZeitraum (in Jahren)

Marine Sedimente 10 10.000.000

Eis 1 1.000.000

Löß 100 1.000.000

Böden 100 1.000.000

Seesedimente < 1 100.000

Dünen 100 100.000

Sinter (Tropfsteine) 100 100.000

Flußablagerungen 100 100.000

Torf/Moore 100 100.000

Pollen 1 100.000

Korallen 1 10.000

Baumringe < 1 10.000

Historische Archive < 1 10.000

Tabelle D2 | Klimaarchive und damit erfassbare Zeiträume.

der Äquatorialebene der Erde gegenüber ihrerBahnebene und der Präzessionszyklus (Tau-meln der Erdachse) gesehen (k Exkurs „Dieorbitalen Klimazyklen“, S. 137).

In den Kaltzeiten kam es zu Vereisungen, beidenen über 30 % der Festlandoberfläche ver-gletschert waren. Durch die Bindung von Was-ser in Form von Eis auf den Kontinenten lagder Meeresspiegel weltweit bis zu 200 m tie-fer als heute. Für die jüngste Kälteperiode(in Norddeutschland als Weichsel-Kaltzeitund in Süddeutschland als Würm-Kaltzeit be-

D8 | Temperatur-Entwicklung im Pleistozän (Eiszeit-alter) und im Holozän (Nacheiszeitalter).

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zeichnet) ergeben sich aus der Höhenlagevon Terrassensystemen am Mittelmeer unddem Aufbau pazifischer Korallenriffe Absen-kungen des Meeresspiegels von 90 bis 120m. Durch den tiefen Meeresspiegel-Stand bil-deten sich Landbrücken wie die Bering-Straße zwischen Asien und Alaska, die einenregen Faunen- und Floren-Austausch zwi-schen den Kontinenten ermöglichten.

Auch in dem nur rund 10.000 Jahre umfas-senden Holozän (Nacheiszeit) lassen sich zy-klische Klimaschwankungen erkennen, diedurch Schwankungen in der Sonneneinstrah-lung verursacht sind (k D7). Kalte Perioden

(Pessima) wechseln mit warmen (Optima) ab.Die Variation in den letzten 5.000 Jahrenhatte Auswirkungen auf die regionale Bevöl-kerungsentwicklung in Europa, da sie dieWanderbewegungen der Völker gesteuert hat.

den Korallen, die von dem vorherr-schenden Klima (Wassertempera-tur) gesteuert sind und somit Klimaschwankungen aufzeigenkön nen.

Auch Tropfsteine in Höhlen wach-sen bei unterschiedlichen Umwelt-bedingungen wie Temperatur undWassermenge unterschiedlichschnell (k D9). Während der Kalt-zeiten kann durch Bodenfrost keinWasser in den Untergrund gelan-gen, das Wachstum wird gestoppt.Die meisten Höhlensinter wurdenüberwiegend in der Quartärzeit, alsoin den letzten 2,6 Mio. Jahren ge-bildet. Proben eines Tropfsteins kön-nen an Hand von geophysikalischenMethoden (uModul H „GeologischeArbeitstechniken“) datiert und sodie Wachstumsgeschwindigkeit be-stimmt werden.

Ein wichtiges Klimaarchiv stellenSedimentfallen dar, wie z. B. Seen(limnische Sedimente). Der Eintragvon Partikeln, die durch Wind undWasser herantransportiert werdenund sich auf den Boden der Seenabsetzen, ist jahreszeitlich unter-schiedlich und verändert sich mitder Klimageschichte der Umge-bung. Bohrkerne aus solchen See-ablagerungen lesen sich wie ein

Buch der Klimageschichte von Jahr-tausenden von Jahren (k D10).

Eiskerne aus den großen Eisschil-den geben Daten über die letztenHunderttausende von Jahren wie-der. Niederschläge wurden in demEis eingeschlossen und könnenheute analysiert und datiert werden.Sedimentkerne aus der Tiefsee do-kumentieren die Klimageschichteder letzten 5 Mio. Jahre sehr ver-lässlich. Will man jedoch weiter indie Erdgeschichte zurückblicken,

dann muss man die Gesteinsauf-schlüsse der verschiedenen Erdzeit-alter und ihre Fossilinhalte betrach-ten und aus den BeobachtungenRückschlüsse ziehen. Dies gelingtfür den Zeitraum des Phanerozoi-kums mit der fossilen Erhaltung derLebewesen relativ gut. Die Aussa-gen werden unzuverlässiger, je wei-ter man sich in die Frühgeschichteder Erde zurückbegibt. Das Klimawährend des Präkambriums lässtsich bisher noch nicht zuverlässigrekonstruieren.

Exkurs

D10 | Aufnahme eines Bohrkerns aus den Sedimenten des Maarsees von Baruth, Boh-rung des Sächsischen Geologischen Landesamtes. Die Hell-Dunkel-Lagen spie-geln jahreszeitliche Schwankungen in der Algenblüte des Sees wieder, wie Auf-nahmen mit dem Rasterelekronenmikroskop zeigen. Rechts oben: dunkle Lage,Tonminerale, rechts unten: helle Lage, Kieselalgen (Diatomeen).

3500 – 2000 v. Chr. „Pessimum der Bronzezeit“

400 v. Chr. – 200 n. Chr. „Römisches Optimum“

300 – 600 „Pessimum der Völkerwanderungszeit“

800 – 1400 „Mittelalterliches Optimum“

1500 – 1850 „Kleine Eiszeit“

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D11 | Große Aussterbe -ereignisse währenddes Phanerozoikums.

2.3 Einschnitte in der Entwicklung desLebens

Im Verlauf der Erdge-schichte gibt es ein fort-währendes Erscheinenund Aussterben ver-schiedener Arten, demsogenannten „Hinter-grundrauschen“ derEvolution. Immer wiederhat es in der Erdge-schichte jedoch auchgroße Einschnitte gege-ben (g Faunenschnitt).Vor rund 250 Mio. Jah-ren sind etwa 90 % allerdamals existierendenArten ausgestorben,und somit wahrschein-lich 99 % aller Indivi-duen.

Dieses weltweite Aus-sterben der Arten (Mas-senaussterben) wieder-holte sich vor etwa 65Mio. Jahren. Diese gro-ßen Einschnitte in dieEntwicklung der Lebe-wesen bilden auch dieGrundlage der Dreiglie-

derung des Phanerozoikums in die drei ÄrenPaläozoikum, Mesozoikum, Känozoikum (kD11). Die weitere Unterteilung dieser Ärenin Perioden bzw. Systeme basiert ebenfallsauf deutlichen Veränderungen der Fauna undFlora, die durch Veränderungen der Lebens-räume und -bedingungen verursacht sind.Die fünf großen Aussterbeereignisse werdenauch als die „großen Fünf“ bezeichnet.

Die Gründe der großen Aussterbeereignissewerden immer noch kontrovers diskutiert,wobei folgende Zusammenhänge gesehenwerden:

• Globale Meeresspiegelschwankungen auf-grund veränderter Plattenkonfigurationführen zu Veränderungen der Lebens-räume und reduzieren die Biodiversität.

Diese Veränderungen werden überlagertund verstärkt durch andere Ereignisse.

• Viele Wissenschaftler sehen einen Zusam-menhang der Aussterbeereignisse mit demAustreten großer Mengen an basaltischenMagmen, sogenannter Flutbasalte (kD12).Diese riesigen Magmenmengen (bis zumehrere Mio. Kubikkilometer) traten in ver-hältnismäßig kurzen Zeiträumen (< 1 Mio.Jahre) aus und haben die Zusammenset-zung der Atmosphäre und der Ozeane dra-matisch beeinflusst. Durch den Vulkanis-mus entstanden einerseits viel Staub/Aerosole (führt zu Temperaturerniedrigung)und andererseits viel Kohlendioxid alsTreibhausgas (begünstigt die Erwärmung)in die Atmosphäre. Dieses Szenario kannkurzfristige Abkühlungen und eine an-schließende längerfristige Erwärmung zurFolge haben und zu Klimainstabilitäten füh-ren.

• Weiterhin wird vermutet, dass durch dieErwärmung der Ozeane Methan freigesetztwurde, das in den Sedimenten des Mee-resbodens gebunden war (Gashydrate).

• Auch extraterrestrische Ursachen werdenals Grund für Massenaussterben disku-tiert. Für das Aussterben der Saurier amEnde der Kreidezeit wird der Einschlageines Meteoriten auf der Halbinsel Yuca-tán in Mexico als Ursache gesehen. Kriti-ker dieser Theorie merken jedoch an, dassdas Aussterben der Dinosaurier und vieleranderer Arten zeitlich schon vor dem gro-ßen Einschlag einsetzte.

Die Abbildung k D12 zeigt die Verbreitungvon Flutbasalten unterschiedlichen Alters aufder Erde. Das Alter der Sibirischen Flutba-salte entspricht genau dem Ende der Perm-zeit, dem bedeutendsten Aussterbeereignisin der Erdgeschichte überhaupt. Man vermu-tet, dass innerhalb einer geologisch kurzenZeitdauer (ca. 1 Mio. Jahre) mehrere Mio.Kubikkilometer Lava ausgeflossen sind. DieDekkan-Flutbasalte in Indien traten zeitgleichmit dem Ende der Kreidezeit auf, als die Di-nosaurier ausstarben. Auch hier wurden ineiner kurzen Zeitdauer ca. 1,5 Mio. Kubik -kilometer Lava gefördert.

Die dem Modul separatnachgestellte Klapptafelgibt eine Zusammenstel-lung wichtiger Ereignisseder Erdgeschichte und derEntwicklung des Lebensauf der Erde.

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3 Entwicklung des Lebens im Phanerozoikum

Als Phanerozoikum (Zeit mit deutlich erkenn-baren Organismen) wird der Zeitabschnitt vomKambrium bis heut bezeichnet, in dem dieEntwicklung des Lebens durch g Fossilienbelegt ist. Aufgrund der Fossilien kann manfür diesen Zeitraum eine relative Altersbe-stimmung verschiedener Gesteinsschichtenvornehmen (Biostratigraphie). Dabei spielenauch Klein- und Mikrofossilien, die nur unterdem Mikroskop erkennbar sind, eine wich-tige Rolle, wie Foraminiferen, Diatomeen, aberauch Pollen und Sporen.

Tier- und Pflanzengruppen, die sich rasch undformenreich entwickeln sowie eine weite Ver-breitung haben, werden als sogenannte Leit-fossilien für bestimmte geologische Zeitab-schnitte benutzt. Leitfossilien sollen dabeifolgende Bedingungen erfüllen:

• Sie sollten nur während einer möglichst kur-zen Zeit (Lebensdauer von 300.000 bis 1 Mio. Jahren) gelebt haben, das erhöhtdie Genauigkeit der relativen Altersbestim-mung.

• Sie sollten geographisch möglichst weit ver-breitet gewesen sein, damit auch weit von-einander entfernte Gesteinsschichten als

gleich alt eingestuft werden können.• Sie sollten in möglichst unterschiedlichen

Lebensräumen existiert haben, damit siein Schichten verschiedener Ablagerungs-räume zu finden sind.

• Sie sollten häufig zu finden sein.• Sie müssen eindeutig und leicht bestimm-

bar sein.

Wichtige Leitfossilien des Paläozoikums sindbeispielsweise Trilobiten, Brachiopoden, Go-niatiten und Graptolithen. Im Mesozoikumsind dies Ammonoideen, Belemniten sowieForaminiferen (einzellige, ein Gehäuse besit-zende Mikroorganismen). Im Känozoikumspielen Wirbeltierzähne, Kleinsäuger, Ostra-koden und Foraminiferen eine wichtige Rolle.Im Folgenden werden typische Vertreter derPerioden (Systeme) des Phanerozoikums ge-nannt, die jedoch nicht in jedem Fall als Leit-fossilien dienen, da sie nicht immer alle deroben genannten Kriterien erfüllen.

3.1 Paläozoikum

Die Erde wird nach der Entstehung des Le-bens für knapp drei Milliarden Jahre von Mi-kroorganismen beherrscht und evolutive Pro-

0°-60°

-30°

30°

60°

90°180° 270°

MADAGASKAR

SIBIRIEN

EMEISHANZENTRAL-ATLANTIK

KAROO

FERRAR

HIKURANGI

PARANA ETENDEKA

SÜD-ATLANTIK

SÜD-ATLANTIK

MANIHIKI

ONTONGJAVA

KARIBIK

BROKEN

DECCAN

NORD-ATLANTIK

YEMEN

ETHIOPIEN

COLUMBIARIVER

GALAPAGOS

HAWAII

ISLAND

KERGUELEN

LOUISVILLE

MASKARENEN

NINETYEAST

WALVIS

CHAGOS-LACCADIVEN-MALEDIVEN

EMPEROR

D12 | Weltweite Verbreitungvon phanerozoischenFlutbasalten.

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zesse laufen scheinbar nur sehr langsam ab.Im späten Proterozoikum und im frühen Kam-brium kommt es zu einer, in geologischenZeiträumen betrachtet, sehr raschen (25 Mio.Jahre) Entwicklung komplexer, vielzelliger Or-ganismen (Metazoen).

Kambrium (542 – 488 Mio.)

Im frühen Kambrium entwickeln die Organis-men erste Hartteile und können so häufigals Fossilien überliefert werden. Die Basisdes Kambriums und somit des Phanerozoi-kums wird mittels des Auftretens des erstenkomplexen Spurenfossils (Trichophycuspedum) eines multizellulären Organismusdefiniert. Diese Spuren treten noch vor denersten Hartteiltragenden Organismen auf unddienen somit als erster Beleg für komplexeLebensformen. Die Entwicklung der Meta-zoen geschieht derart schnell, dass man vonder g „kambrischen Explosion“ des Lebensspricht, obwohl sie bereits im späten Prote-rozoikum eingesetzt hat. Fast alle noch heuteexistierenden Tierstämme sind während die-ser Zeit entstanden.

Auch im Kambrium findet Leben nur in denOzeanen statt (k D13). Die ersten Lebens-gemeinschaften bestehen überwiegend ausTrilobiten (Gliederfüßer, k D14), Brachiopo-den (Armfüßer), Mollusken (Weichtiere),Schwämmen, Archaeocyathiden (primitiveSchwäm me), Anneliden und einer Vielzahlheute nicht mehr existierender ungewöhnli-cher Tiere wie Hallucigenia (kD15), Anoma-locaris oder Opabinia.Bedeutende Fossillagerstätten aus der Zeitdes Kambriums sind Chengjiang in China undder Burgess-Schiefer in den Rocky Mountainsin Kanada.

Ordovizium (488 – 444 Mio.)

An der Grenze des Kambriums zum Ordovi-zium gibt es ein erstes großes Massenaus-sterben, von dem vor allem die Trilobiten undNautiloideen betroffen sind. Die Trilobiten sindaber weiterhin wichtige Leitfossilien. Weiteretypische Fossilien im Ordovizium sind Bra-chiopoden, Stachelhäuter, Nautiloideen (Kopf-füßer, k D16) und Korallen. Große Schelfbe-reiche mit warmem Flachwasser sind perfektgeeignet, um viele Gruppen von Organismenentstehen zu lassen. Es sind bereits alle heutevorhandenen Tierstämme präsent und ersteGliederfüßer verlassen die seichten Schelfe.Erste Vertreter der Wirbeltiere, kieferlose Fi-sche die als Agnatha bezeichnet werden, ent-stehen. Die heute so häufigen einzelligen Fo-raminiferen (Kammerlinge) sowie dieMoostierchen (Bryozoen) entwickeln sich.Stromatoporen (schwammähnliche Organis-men) bauen größere Riffkomplexe auf. Vorallem nimmt die Zahl der Organismen dra-

D13 | Trichophycus pedum:erstes Spurenfossilkomplexer vielzelligerOrganismen, Unter-kambrium, Namibia.

D14 | Ein Trilobit („Parasole-nopleura“ sp.) vomGalgenberg, Franken-wald, Galgenberg-For-mation, Mittelkam-brium.

D15 | Hallucigenia sparsaaus dem Burgess-Schiefer, Mittelkam-brium, Kanada.

D16 | Einfache gerade Formen der Nautiloideen er-reichten im Ordovizium Längen von mehrerenMetern. Rekonstruktion eines Endoceras.

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matisch zu, die als Filtrierer ihre Nahrung di-rekt aus dem Meerwasser beziehen, wie dieKorallen oder die Graptolithen (k D17), dieals Plankton mit den Meeresströmungen drif-teten. Eine kurze, aber intensive Eiszeit amEnde des Ordoviziums und eine folgende ra-sche Erwärmung sorgte für ein erneutes Mas-senaussterben. Vermutlich wurden damalsetwa 60 % aller Gattungen von mehrzelligenTieren ausgelöscht.

Silur (444 – 416 Mio.)

Im Silur findet eine Zunahme der Riffbildner(Korallen und Stromatoporen) und schwim-menden Räuber statt. Unter den Gliederfü-ßern erscheinen die Eurypteriden (k D18).Diese mit großen Scheren bewaffneten See-skorpione sind mit unseren heutigen Spin-nen verwandt und werden mit einer Körper-länge bis über zwei Meter die größtenGliederfüßer aller Zeiten. Unter den Fischenkommt es zu großen Weiterentwicklungenund mit dem Ende des Silurs sind drei dervier Klassen der Fische (Agnatha, Panzer-und Knorpelfische) vorhanden. Die erstenprimitiven Gefäßpflanzen breiten sich aus.

Devon (416 – 359 Mio.)

Warme, tropische Meere nehmen einen brei-ten Raum ein. Als Resultat entwickeln sichLebensgemeinschaften, die ökologischeÄquivalente zu unseren heutigen tropischenRiffbereichen sind. Auch Stromatoporen spie-len wieder eine wichtige Rolle. Am Meeres-boden sitzen vor allem altertümliche Grup-pen von Brachiopoden (kD19), Seelilien undMuscheln. Trilobiten kriechen umher. Im Was-ser schwimmen nun nicht mehr nur Kopffü-ßer aus der Gruppe der Nautiloideen, son-dern es tauchen auch die Ammonoideen auf,die immer häufiger werden und dann beson-ders im Mesozoikum eine sehr bedeutendeGruppe unter den wirbellosen Tieren darstel-len. Unter den Wirbeltieren bilden sich dieKnochenfische. Die Fische entwickeln die

ersten Schreitgliedmaßen und es geschiehtdamit der endgültige Durchbruch zum Land-leben. Alle wichtigen höheren Pflanzengrup-pen mit Ausnahme der Blütenpflanzen bildensich und die ersten Insekten entstehen. Einefrühe Land gemeinschaft aus dem frühenDevon ist im Rhynie Chert von Schottlanddurch ihre Konservierung mittels Sinterbil-dung an warmen Quellen (wahrscheinlich Gey-sire) in einer ganz außergewöhnlichen Weiseerhalten geblieben (k D20).

Im späten Devon kommt es erneut zu einemMassenaussterben, dem eine Klasse der Fi-sche (Agnatha) völlig zum Opfer fällt, dane-ben werden die Panzerfische, Brachiopoden,Trilobiten und viele Riffbildner schwer dezi-

D17 | Graptolithen als Organismen ohne hartesSkelett sind gewöhnlich nur in dunklen Ton-schiefern als runenartige, silbrige, säge-zahnartige Bänder und Netze erhalten undbekamen deshalb ihren Namen (= Schrift-steine): Cymatograptus bidextro.

D18 | Seeskorpion Dolichopterus jewetti.

D19 | Die Spiriferiden, hierein Cyrtospirifer, eineBrachiopodengattungsind typische Vertreterdes Devons.

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miert. In der Summe war das Massenaus-sterben im späten Devon verheerender fürdie damaligen Lebensgemeinschaften alsdas wesentlich bekanntere Ereignis an derObergrenze der Kreide. Im Verlauf des De-vons hat sich die für uns heute so wichtigeOzonschicht (Schutz vor UV-Strahlung) gebil-det und damit eine weitere Entwicklung desLandlebens ermöglicht.

Karbon (359 – 299 Mio.)

Das Klima unterliegt mehrfachen Wechselnzwischen Warm- und Kaltzeiten. Durch denZusammenschluss mehrerer Kontintalplat-ten kommt es zur Variszischen Gebirgsbil-dungsphase. In den Vorländern und in denSenken der neuen Bergländer bilden sichSümpfe mit üppigem Pflanzenwuchs (kD21).Die Bioproduktion ist so groß, dass die orga-nischen Substanzen nicht mehr vollständigabgebaut werden können.

Deshalb entstehen aus diesen ersten üppi-gen Wäldern aus baumförmigen Bärlapp-,Schachtelhalm- und Farngewächsen (kD22)die bedeutendsten Steinkohlelager, die auchNamen gebend für dieses System sind. DieBärlappgewächse Sigillaria (Siegelbaum, bis

D20 | Rekonstruktion einerRhynia gwynne-vaug-hanii, einer Land-pflanze aus demDevon und Quer-schnitt einer fossilenRhynia.

D21 | Rekonstruktion einesKarbon-Sumpfes.

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D22 | Rekonstruktion verschiedener Lycopsiden. a) Lepidodendron (Oberkarbon, ~50 mhoch), b) Sigillaria (Oberkarbon, ~40 m), c) Valmeyerodendron (Unterkarbon, 0,6 m),d) Protolepidodendron (Mitteldevon, 0,2 m),e) Chaloneria (Oberkarbon, 2 m), f) Pleuro-meia (Trias, 2 m), und g) Isoetes (rezent, 30 cm).

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Zusammenstellung: Dennis Murphy

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35 m hoch!) und Lepidodendron (Schuppen-baum), die Schachtelhalme Calamites (bis20 m hoch) und Annullaria gehören zu denbekanntesten Pflanzenfossilien.

In den Karbon-Wäldern fliegt mit der libellen-artigen Meganeura (Flügelspannweite bis 75cm) das größte bekannte Fluginsekt aller Zei-ten. Weiterhin entwickeln sich die Amphibienin den Sümpfen und Seen und die erstenReptilien entstehen.

In den Meeren sind weiterhin Brachiopoden,Nautiliden, Moostierchen, Ammonoideen,Seelilien, Trilobiten und Foraminiferen sowieFische häufig, wobei die Panzerfische im frü-hen Karbon endgültig aussterben.

Während des Karbons bildet sich durch Zu-sammenschluss aller einzelner Kontinente(g Variszische Gebirgsbildungsphase) derSuperkontinent Pangäa.

Perm (299 – 251 Mio.)

Im Perm entwickeln sich nach einer Verei-sungsphase auf dem Land vielfältige Floren-und Faunengemeinschaften. Im Verlauf desPerms wird es zunehmend wärmer und tro-ckener und im oberen Perm entstehen unter

anderem die bedeutenden Salzlagerstättendes Zechsteins. Unter den Pflanzen nehmenFarne, Samenfarne und Koniferen deutlichzu (k D23). Amphibien und an Wasser ge-bundene Reptilien sind vom Austrocknen derKohlesümpfe betroffen und werden stark de-zimiert. Es bilden sich neue Reptiliengrup-pen (allgemein als Saurier bezeichnet), dievom Wasser relativ unabhängig sind. Am be-kanntesten unter diesen sind die Pelycosau-rier (z. B. Edaphosaurus) mit ihren auffälli-gen Rückensegeln. Sie gehören bereits in dieEntwicklungslinie zu den Säugetieren.

Am Ende des Perms findet das dramatischsteMassenaussterben der ganzen Erdge-schichte statt, dem wohl rund 75 % der anLand lebenden Arten und rund 95 % der ma-rinen Arten zum Opfer fallen. Viele der typi-schen paläozoischen Tiergruppen, wie z. B.die Trilobiten, paläozoische Korallen (Tabu-late) und Eurypteriden sterben aus. Gründefür dieses Ereignis liegen im Zusammenwir-ken verschiedener Faktoren wie der Land-Meer-Verteilung (es gab nur einen Superkon-tinent und somit vergleichsweise wenigSchelfareale), am Vulkanismus (Bildung dersibirischen Flutbasalte) sowie am möglichenEinschlag eines Meteoriten.

3.2 Mesozoikum

Das Massenaussterben an der Grenze Perm/Trias schafft ökologische Nischen, die nun zuBeginn des Mesozoikums von neu entstan-denen Gruppen eingenommen werden. Eindramatischer Wechsel in der Lebewelt voll-zieht sich innerhalb von wenigen Mio. Jahren.

Trias (251 – 200 Mio.)

Während Muscheln und Brachiopoden, Sta-chelhäuter und Samenfarne schon am Be-ginn der Trias häufig vorkommen (k D24),brauchen Ammoniten, die modernen Koral-len (Rugose) und viele andere Organismen-gruppen eine gewisse Entwicklungszeit. EinGrund dafür mag sein, dass das Klima da-mals warm bis heiß war und außerdem dieLandbereiche einen außergewöhnlich gro-ßen Umfang hatten. Es kommt zu einer Di-versifizierung der Reptilien und bis auf dieSchlangen sind am Ende der Trias alle Rep-tilordnungen vorhanden. Unter den Saurier-

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D23 | Callipteris conferta aus dem Oberrotliegen-den von Sobernheim an der Nahe (Rhein-land-Pfalz). Länge ca. 54cm.

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gruppen, die damals die Kontinente durch-streifen, sind ab der späten Trias auch dieDinosaurier wie der Plateosaurus, ein Pflan-zenfresser, der bis zu 9 m lang und 3 – 4 mhoch werden konnte. Ein Plateosaurus(k D25) war auch der erste in Deutschlandgefundene Saurier. Im Jahr 1834 wurden ineiner Tongrube nordöstlich von Nürnberg Ein-zelknochen des Sauriers gefunden. In Fran-ken sind bis heute etwas mehr als ein Dut-zend Plateosaurus-Fundstellen bekannt (z.B. Altenstein bei Maroldsweisach, östlich vonKulmbach, bei Heroldsberg, Röthenbach/Peg., Altdorf und Lauf/Peg.).

Diese ersten großen Saurier verbreiteten sichweltweit. Ihre Skelettreste wurden auf fastallen Kontinenten gefunden, ein Beleg dafür,dass die Kontinente in der Obertrias noch ineinem Großkontinent vereint waren.

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D26 | Unterkiefer vom Mastodonsaurus ?cappelensis aus dem Buntsandstein Nähe Gambach, Unterfranken.

D25 | Rekonstruktion eines Plateosaurus (Obertrias bis Unterjura).

D24 | Die Lebewelt im Muschelkalk-Meer Süd-deutschlands mit am Boden lebenden Seeli-lien und Brachiopoden sowie Knochenfi-schen und einem Nothosaurier (Diorama imNaturkunde-Museum Coburg).

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In Schichten des Buntsandsteins (UntereTrias) bei Gambach in Unterfranken wurdedas weltweit größte Amphibium („Mastodon-saurus ingens“) gefunden. Sein Unterkiefermisst stattliche 80 cm (k D26).

Jura (200 – 145 Mio.)

Zumindest aus mitteleuropäischer Sicht istder Jura die „Zeit der Ammoniten“, spiraligeingerollter, tintenfischartiger Kopffüßer, diein den marinen Schichten die auffälligstenFossilien bilden (k D27). Brachiopoden undSeelilien sind weiterhin häufig, Muscheln,Korallen, Schwämme, Schnecken oder auchBryozoen (Moostierchen) nehmen immermehr an Häufigkeit und Formenfülle zu. An Wirbeltieren schwimmen im Meer nichtnur Knochen- und Knorpelfische, sondernauch die Ichthyosaurier (Fischsaurier, kD28)und Plesiosaurier, von denen besondersspektakuläre Exemplare in den unterjurassi-schen Schwarzschiefern von Holzmaden undBad Boll gefunden wurden.

Auf dem Land wachsen Cycadeen (Palm-farne), Farne, Schachtelhalme und Nadel-bäume. Viele der heutigen Insektenordnun-gen entwickeln sich. Neben den verschie-denen Sauriergruppen kommen auch erst-mals Vögel vor. Am bekanntesten ist der Ur-vogel Archaeopteryx, der bisher ausschließ-lich im Solnhofener Plattenkalk (Oberjura)der Eichstätter Gegend gefunden wurde (k D29). Er lebte vor etwa 150 Mio. Jahren

gegen Ende der Jurazeit. Von ihm wurdenmehrere Skelette bzw. Skelettreste und derbeidseitige Abdruck einer kleinen Feder ge-funden.

Kreide (145 – 65 Mio.)

In der Kreide (k D30) entwickeln sich aufdem Land die ersten echten Blütenpflanzen.Parallel dazu entstehen auch Insekten, diedirekt oder indirekt von den neuen Blüten-pflanzen profitieren (z. B. Bienen).

Obwohl sie in der Oberkreide ihre größte For-menfülle längst überschritten haben, sinddie drei damals vorkommenden Dinosaurier-Gruppen (Entenschnabeldinosaurier mitIguanodon, Ceratopsiden mit Triceratops und Titanosauria mit Tyrannosaurus) die bekann-testen (die meisten Dinosaurier aus dem Hollywood-Film Jurassic Park sind kreidezeit-liche Kreaturen!). Die Luft wird nicht nur vonden wohl nicht sehr zahlreichen Vögeln be-völkert, sondern auch von Flugsauriern, die

D27 | Leioceras opalinum aus dem Opalinustonvon Heiningen bei Göppingen.

D28 | Ichthyosaurier ausdem Posidonienschie-fer (Unterjura) vonHolzmaden, Baden-Württemberg.

D29 | Der Urvogel Archaeo -pteryx aus dem Soln-hofener Plattenkalk.

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ebenfalls in der Oberkreide enorm groß wur-den (Flügelspannweite mehr als 10 m, k D31). 85 % aller Arten sterben am Endeder Kreide aus und dazu gehören auch dieSaurier. In den Meeren verschwinden z. B.die Ammonoideen und die Belemniten.

Als Gründe für das Aussterben werden starkevulkanische Aktivität (Dekkan-Basalte in In-dien) und/oder der Einschlag des Chicxulub-Meteoriten in Mexiko diskutiert.

D30 | Eine Gruppe unter denMikroorganismen derKreide, die Coccolitho-phoriden (hier ein re-zenter Vertreter Emilia-nia huxleyi) wurdenspeziell bedeutsam:Die winzigen Skelett-teilchen (Coccolithen)dieser einzelligen Kalk -algen bauen zum gro-ßen Teil die Schreib-kreide auf.

D31 | Rekonstruktion einesQuetzalcoatlus, des-sen Skelett in Texasgefunden wurde undmit einer Flügelspann-weite bis zu 15 m alsbislang größter gefun-dener Flugsaurier gilt.

3.3 Känozoikum (65,5 Mio. bis heute)

Nach dem Massenaussterben am Ende derKreide besetzen neue Arten die entstande-nen Nischen. Die letzten gut 60 Mio. Jahre vorunserem Erscheinen erleben eine mehr oderweniger gleichmäßige Entwicklung hin zur Do-minanz von Säugetieren, Insekten und Spin-nen sowie den Angiospermen (Bedecktsamer),parallel zu einer mehr oder weniger gleichmä-ßigen Entwicklung von einem feucht-tropi-schen über ein kühl-gemäßigtes bis zu einemglazialen Klima. Konsequenzen sind die Ent-stehung von Grasfluren und Laubwäldern mitden entsprechenden Bewohnern. Gegen Endedes Paläogens und im frühen Neogen bildensich in vielen Senken Sümpfe mit üppigemPflanzenwuchs (heutige Braunkohle).

Im Zuge einer Reform der Stratigraphie wer-den im Känozoikum heute die Systeme Pa-läogen und Neogen (früher zusammen Ter-

Ära: Känozoikum (65,5 bis heute)

Periode Epoche (Beginn vor heute)

Quartär Holozän (11.800)

Pleistozän (2,588 Mio.)

Neogen Pliozän (5,33 Mio.)

Miozän (23,03 Mio.)

Paläogen Oligozän (33,9 Mio.)

Eozän (55,8 Mio.)

Paläozän (65,5 Mio.)

früh

er: T

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Erdgeschichte Sachinformation

tiär) unterschieden. Um die Besonderheitender Erdentwicklung im Eiszeitalter zu berück-sichtigen, wurde weiterhin das Quartär defi-niert. Der Beginn des Quartärs wird auf 2,6Mio. Jahre vor heute festgesetzt.

Paläogen (65,5 – 23 Mio.)

Im Paläogen werden die bevorzugten Lebens-räume der Saurier von den sich jetzt entwi-ckelnden Säugetieren besetzt. Aus dem Pa-läogen haben wir in Deutschland sehr guteFossilarchive (Schichten mit besonders gutüberlieferten Organismenresten). Sie erlau-ben eine verlässliche Rekonstruktion der da-maligen Lebewelten. Hierzu gehört die Öl-

schiefer-Grube Messel bei Darmstadt ausdem Eozän(k D32), die 1995 als erstes aufFossilien begründetes Weltnaturerbe Euro -pas in die Welterbeliste der UNESCO aufge-nommen wurde, und das Geiseltal bei Halle(Eozän) oder Sieblos an der Wasserkuppe(Oligozän).

Unter den marinen Mikroorganismen gibt esetliche Gruppen, die zwar dezimiert, aber nurwenig verändert weiterleben. Dazu gehörendie Foraminiferen, die während des Paläo-gens eine starke Ausbreitung erleben undhier eine wichtige Stellung als Leitfossiliendes Känozoikums einnehmen (k D33). ImEozän beispielsweise bilden die Großforami-niferen in warmen Gewässern häufig charak-teristische Gesteine (wie die Nummuliten-kalke, aus denen unter anderem viele derägyptischen Pyramiden errichtet wurden).

Neogen (23 – 2,588 Mio.)

Während das Klima im Paläogen durchwegwarm und tropisch war, ist das Neogen kli-matisch geprägt von einem kontinuierlichenKälterwerden, das die darauf folgende Eis-zeit im Quartär ankündigt. Am Ende des Plio-zäns beginnen die Polkappen zu vereisen.Ein besonders erwähnenswertes geotekto-nisches Großereignis im Neogen ist die Bil-dung der Alpen und des Himalaya. Am Endedes Miozäns ist das Mittelmeer komplett aus-getrocknet (Messinische Krise) und es gibtsomit eine große Landbrücke zwischen Afrikaund Europa. Den Säugetieren, die sich damitim Neogen weit ausbreiten können (k D34),wie Pferde, Kamele, Elefanten und Hirschesowie viele Großkatzen sieht man schon dieVerwandtschaft zu den heute lebenden Tie-ren an.

D32 | Das kleine Urpferd-chen Propalaeothe-rium parvulum (bis 30 cm Schulterhöhe)aus dem Ölschiefervon Messel bei Dam-stadt lebte vor ca. 50 Mio. Jahren.

D33 | Durch Verwitterungfreigelegte Großfora-miniferen (bis 5 cmGröße), Siegsdorf beiTraunstein.

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Quartär (2,588 Mio bis heute)

Das Quartär umfasst den gesamten Zeitraumdes letzten Eiszeitalters und das Holozän alsNacheiszeit (11.800 Jahre bis heute).

Innerhalb des Quartärs beginnt auch die Ent-wicklungsgeschichte des Menschen und die-ses letzte Kapitel der Erdgeschichte ist zu-gleich das erste in der Geschichte derMenschen.

Flora und Fauna sind durch den Wechsel von

Warm- und Kaltzeiten geprägt. In den Kalt-zeiten gibt es Steppen- und Tundrenvegeta-tion mit Gräsern, Moosen und Flechten, derLebensraum für Wollhaarmammuts und Wollhaarnashörner (k D35). Während derWarmzeiten entwickeln sich riesige Laubwäl-der als Lebensraum für Waldelefanten undWaldbisonten.

In Höhlen, wie z. B. in der FränkischenSchweiz oder der Schwäbischen Alb, hat manviele Fossilien aus der Würmeiszeit vor etwa30.000 Jahren gefunden (k D36).

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Sachinformation Erdgeschichte

D34 | Mastodone (Rüssel-tiere), die Vorfahrender Elefanten undMammuts. Rekon-struktion der Lebe -welt vor ca. 11 Mio.Jahren.

D35 | Mammuthus primigenius (Wollhaar-Mammut). D36 | Skelett eines Höhlenbären aus der Teufelshöhle bei Pottenstein in der Fränkischen Alb.

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Erdgeschichte Sachinformation

Fossilisation – Wie entstehen Fossilien?

Exkurs

Fossilisation ist der Prozess, durch denFossilien gebildet werden. Streng ge-nommen ist jedes gefundene Fossil dasErgebnis einer Kette glücklicher und un-wahrscheinlicher Umstände, die zu sei-ner Entstehung führten. Im Normalfall(ca. 99 %) werden Organismen nachihrem Tod, egal ob Pflanzen oder Tiere,nicht erhalten. Sie werden durch chemi-sche und biologische Prozesse vollkom-men aufgelöst und bleiben Teil des na-türlichen Stoffkreislaufs. Als ersteswerden die sogenannten Weichteile zer-setzt und entsprechend selten sinddiese bei Fossilien erhalten. Das Auflö-sen der Hartteile (z. B. Schalen, Kno-chen, Zähne) dauert in der Regel etwaslänger und das Erhaltungspotenzial fürdie Fossilisation ist entsprechend grö-ßer. Generell lässt sich sagen, je schnel-ler die Einbettung und je schneller derFossilisationsprozess abläuft, desto bes-ser ist die Erhaltung des Fossils.Im Wesentlichen lassen sich folgendeFormen von Fossilien unterscheiden:

KörperfossilienSie sind die wohl spektakulärsten Fos-silien, bei denen der Körper mehr oderweniger in seiner originalen Zusam-mensetzung überliefert ist. In seltenenFällen können bei Körperfossilien sogarWeichteile, wie die Haut oder innereOrgane, erhalten bleiben. BerühmteFossil-Lagerstätten, in denen es Weich-teilerhaltung gibt, sind beispielweiseChengjiang in China, der Burgess-

Schiefer in Kanada, die SolnhofenerPlattenkalke in Bayern oder die Ölschie-fer der Grube Messel in Hessen. Sehrhäufig kommt es bei Körperfossilien imLaufe der Fossilisation zu einer Umkris-tallisation der Hartteile. Man sprichtdann von einer Rekristallisation.

SteinkerneSie entstehen, wenn Hohlräume wie z.B. das Innere eines Schneckengehäu-ses oder einer Muschel mit Sedimentverfüllt wird und diese Verfüllung erhal-ten bleibt. Die Schalen dagegen wer-den bei der Fossilisation aufgelöst. Einbesonderer Fall ist der Prägesteinkern,wenn ehemalige Skulpturelemente (z. B. Rippen, Knoten), die sich auf derAußenseite der Schalen befanden, wäh-rend des Fossilisationsprozesses aufden Steinkern geprägt werden. Im frän-kischen Jura kommen Ammoniten undMuscheln sehr häufig in Prägesteinker-nerhaltung vor.

AbdrückeZu Körperfossilien gehören immer auchAbdrücke. Speziell in sehr alten (meh-rere hundert Mio. Jahre) Gesteinen sindhäufig nur noch Abdrücke erhalten, dadas dazugehörige Körperfossil aufge-löst wurde und sich kein Steinkern ge-

bildet hat, wie das sehr häufig bei Pflan-zenfossilien der Fall ist. Abdrücke kön-nen die äußere Form eines Organis-mus genau nachzeichnen und sind ausdiesem Grund sehr wertvolle und wich-tige Fossilien.

SpurenfossilienSie gehen auf Lebensaktivitäten voneinem individuellen Organismus bzw.homotypischer Organismen (z. B. Amei-sen, Bienen, Termiten) zurück. Dieskönnen fossil erhaltene Schreitspurenvon Dinosauriern, Wühlspuren vonWeichtieren, Wohnbaue von Gliederfü-ßern, Kriechspuren von Würmern oderBohrungen verschiedenster Organis-men in Schalen oder Holz sein. Häufigsind Spurenfossilien die einzigen Zeu-gen ehemaligen Lebens, da dieseselbst unter Umweltbedingungen er-halten bleiben, bei denen jegliches or-ganisches Material aufgelöst wird.

Besondere Fälle der Fossilerhaltungsind Eisfossilien wie zum Beispiel Mam-muts oder „Ötzi“. Dabei werden in derRegel alle Weichteile erhalten. Jedochsind diese Fossilien maximal einigeZehntausend Jahre alt. Eine weitereBesonderheit sind Bernsteinfossilien.Hier wurden Organismen von Harz ein-geschlossen und somit nahezu voll-kommen überliefert.

D39 | Spurenfossil Skolithos linearis, ausdem Kambrium Südschwedens.

D38 | Pyritisierter Prägesteinkern eines Hec-ticoceras sp. aus Gruibingen, mittlereSchwäb. Alb, Baden-Württemberg.

D37 | (links) Körperfossil eines Encrinus li-liiformis aus dem Oberen Muschel-kalk von Erkrode, Niedersachsen.

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Weiterführende Literatur, Links und Karten (Auswahl):

Arzt, V. 2009. Als Deutschland am Äquator lag, (Audio-CD) Verlag Komplett Media, ISBN 978-3-87134-418-3.

Bryson, B. 2005. Eine kurze Geschichte von fast allem, 672 S., Goldmann Verlag, ISBN 978-3-44246-071-7.

Dawkins; R. 2008. Der blinde Uhrmacher: Warum die Erkenntnisse der Evolutionstheoriezeigen, daß das Universum nicht durch Design entstanden ist, 384 S., dtv, ISBN 978-3-42334-478-4.

Dawkins, R. 2008. Geschichten vom Ursprung des Lebens: Eine Zeitreise auf DarwinsSpuren, 928 S., Ullstein Verlag, ISBN 978-3-55008-748-6.

Doppler, G., Fiebig, M., Freudenberger, W., Glaser, S., Meyer, R., Pürner, T., Rohrmüller, J.& Schwerd, K. 2004. GeoBavaria – 600 Millionen Jahre Bayern. 92 S., Bayerisches Lan-desamt für Umwelt.

Fortey, R. 2002. Leben – eine Biographie – Die ersten vier Milliarden Jahre, 442 S., dtv,ISBN 978-3-42333-080-0.

Fortey, R. 2004.Trilobiten – Fossilien erzählen die Geschichte der Erde, 271 S., dtv, ISBN 978-3-42334-111-0.

Glaser, R. 2008. Klimageschichte Mitteleuropas – 1200 Jahre Wetter, Klima, Katastro-phen, 272 S., Primus Verlag, ISBN 978-3-89678-604-3.

Oschmann, W., Dullo,C., Mosbrugger,V. & Steininger,F. (Hrsg.) 2000. Evolution des Systems Erde. Geobiologische und paläobiologische Prozesse als Antrieb. Kleine Senckenberg-Reihe, 35, 1 – 57, E. Schweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung, ISBN 978-3-51061-055-6.

Rothe, P. 2009. Erdgeschichte, Spurensuche im Gestein, 256 S., Primus Verlag, ISBN 978-3-89678-658-6.

Stanley, S.M. 2001. Historische Geologie, 710 S. Spektrum Akademischer Verlag, ISBN 978-3-82740-569-2.

Karten und Globen mit paläogeografischen Rekonstruktionen u www.scotese.com

Allgemeine Informationen zur Paläontologie u www.palaeontologische-gesellschaft.de

Herausgeber

Bayerisches Staatsministerium fürUmwelt und Gesundheit (StMUG)

Staatsinstitut für Schulqualität und Bildungsforschung (ISB)