Lernplattform der Frankfurt University of Applied Sciences

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Fachbereich Soziale Arbeit und Gesundheit Multiperspektivische Fallarbeit Prof. Dr. Christine Huth-Hildebrandt Dezember 15

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Fachbereich Soziale Arbeit und Gesundheit

Multiperspektivische Fallarbeit

Prof. Dr. Christine Huth-Hildebrandt Dezember 15

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Fallarbeit 1. Anamnese HvS: Beobachtungs- und Beschreibungswissen 2. Diagnose HvS: Erklärungs- und Begründungswissen 3. Intervention HvS: Handlungs- und Interventionswissen 4. Evaluation

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Worum geht es bei der Fallarbeit? Es geht darum, einen „Fall“ aus mehreren Perspektiven zu betrachten. Sinnvoll ist es, die „Fallgeschichte“ abwechselnd auf unterschiedlichen Ebenen zu sehen. So können verschiedene Herausforderungen an praktisches Tun sichtbar werden.

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FreundInnen/Bekannte Familie

KollegInnen prof.�  HelferInnen

Netzwerk�  von

Sven�  (12a),�  am�  13.5.2013

Vater

Mutter

Lehrerin

Einzelfallhelfer

Einzelfallhelferin�  ASD

peer�  1

peer�  2

peer�  3

peer�  4

Abteilungsleiter

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1. Beginnen wir mit dem, was unter „Anamnese“ zu verstehen ist,

dem Beobachten & Beschreiben:

Sozialpädagogische Anamnese

ist der aufmerksamer Umgang mit Nicht-Wissen.

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Das Ziel ist dabei:

Kumulative Strategien in der Fallarbeit zu verhindern, die nach dem Prinzip

„Mehr-Desselben“ funktionieren.

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Erst durch die Bereitschaft des professionellen Helfers,

auch solche Ereignisse wahrzunehmen,

die zu den eigenen Vorstellungen nicht passen,

erhält der Klient oder die Klientin jenen Handlungsspielraum,

um an der Ausgestaltung des Rahmenangebots

gleichberechtigt mitwirken zu können.

Marianne Meinhold

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Wichtig ist: Wissenslücken über den „Fall“ dürfen nicht durch subjektive Erfahrungen, Vermutungen und Wünsche gefüllt werden. Es gilt, auch wahrnehmungsfähig für all das zu bleiben, was irgendwie „nicht hineinpasst.“ Erst einmal sind daher sind ausschließlich Verstehensfragen zu stellen. Erst im nächsten Schritt kommen dann die Fragen nach hinter dem Sichtbaren liegenden Aspekten.

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Anamnese heißt: •  einen Fall wie einen unbekannten Menschen kennen zu

lernen; •  umsichtig wahrzunehmen; •  bevor die Hintergründe zu erkunden versucht werden; •  mit schnellen Einordnungen in bekannte Raster

vorsichtig zu sein; •  den eigenen Zugang zum Fall kennen zu lernen und zu

reflektieren.

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Anamnese heißt

Fragen stellen:

Was weiß ich genau? Und was

nicht?

Woher und von wem weiß ich

das?

Wie kam es zu dem,

was ich weiss?

Welche Geschichte

gibt es noch dazu?

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Anamnese •  ist nie vollständig; •  beginnt immer wieder von neuem; •  ist ein Arbeitsprinzip, das in allen Phasen der Arbeit

immer wieder aufzunehmen und in die Fallbearbeitung zu integrieren ist.

Sie besteht aus •  Klärung der Fakten; •  Bewusstmachung der eigenen Sichtweise; •  Verständigung über Interessen, Absichten und Ziele des/

der Klient(in).

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2. Die „Diagnose“ – das Erklären & Begründen:

Fall mit ...

Fall von ...

Fall für wen ...

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2. Die „Diagnose“ – das Erklären & Begründen:

Kommt aus dem Griechischen (διάγνωση) und heißt wörtlich übersetzt:

„Auseinander-Erkennen“ „durch und durch Erkennen“ „Durchblick“

Gibt Antworten auf Frage: „Wer hat das Problem?“

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Modus Fall mit ...: Sozialpädagogische Diagnose heißt, zu klären, • was für welche Beteiligten in einer Fallsituation das Problem ist. • was für mich selbst in einer Fallgeschichte das Problem ist. Sozialpädagogische Diagnose findet in Beziehungen statt. Sie hat sich nicht nur an der Klärung von Sachfragen sondern auch von Gefühlsbeziehungen zu bewähren.

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Modus Fall von ...: Sozialpädagogische Diagnose heißt, • zu klären, welche Mandate zum Handeln auffordern;

• zu klären, wer über welche Mittel zur Lösung eines Problems verfügt.

• mögliche Mittel zur Lösung eines Falles auf unerwünschte Nebeneffekte hin zu prüfen;

• zu prüfen, ob es Vordringlicheres gibt als die Lösung des Problems.

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Modus Fall für wen ...: Sozialpädagogische Diagnose heißt, • Klärung von Zuständigkeiten;

• Zu klären, welche Schritte und Ziele ich aus eigener Initiative und welche ich

– (Professionelle(r) und Klient(in) – nur durch andere erreichen kann.

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Checkliste zur sozialpädagogischen

Diagnose

Was ist mein Problem?

Wer erteilt welches Mandat?

Wer hat welche

Ressource?

Was ist am vordringlichsten?

Wer ist in der Pflicht?

Was kann ich

tun?

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3. Die „Intervention“:

Kommt vom lat. „interveniere“: dazwischen-kommen)und bedeutet ein vermittelndes „Dazwischen-treten“ zwischen eine Person und ihr Problem. Es gibt drei Arten sozialpädagogischer Intervention

•  Eingriff •  Angebot und

•  gemeinsames Handeln.

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3. Die „Intervention“:

•  Eingreifendes Handeln (Machtgebrauch) kann unvermeidlich und notwendig sein, muss sich aber an strengen Kriterien messen lassen.

•  Eingriffe dürfen vorhandenes Potenzial der Selbstbestimmung nicht zerstören. Erniedrigende Eingriffe sind deshalb ebenso illegitim wie alle Versuche, mit Repression Menschen bessern zu wollen.

•  Denkbare legitime Ziele von Eingriffen, sind die Abwehr unmittelbar drohender Gefahren, die Verteidigung von Rechten sowie manchmal die Erhaltung und Herstellung von Schonräumen und Entlastungen.

•  Alle Legitimation von Eingriff steht in der Sozialpädagogik unter dem Vorbehalt, dass sie versuchen muss, den Eingriffsanteil ihrer Intervention nach Möglichkeit zu verkleinern und den Anteil an Angeboten und gemeinsamen Handeln zu verstärken.

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Reflexion bei unabweisbarem

Eingriff

Was ist am vordringlichsten und verhindert

Eskalation?

Was schafft Entlastungen? (Angebote?)

Was schafft Gelegenheiten

für gemeinsames Handeln?

Was ist zu tun?

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3. Interventionsangebote

•  Für die Entwicklung jeweils passender Angebote müssen Rahmenbedingungen und Angebote unterschieden werden.

•  Zur Klärung sozialpädagogischer Angebote ist es sinnvoll, Angebote (bzw. Angebotsaspekt), die Situationen ändern sollen, von Angeboten, die Verhalten und Wollen ändern sollen, zu unterscheiden.

•  Zur Klärung sozialpädagogischer Angebote ist es sinnvoll, (materielle) Ressourcen und (immaterielle) Dienstleistungen zu unterscheiden.

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3. Interventionstypen

materiell Ressourcen: immateriell Dienstleistungen:

situationsbezogen Gelder, Räume, Medien, Arbeitsmittel, Zufluchtsorte

etc.

Kontakte, Netzwerke, Informationen, Fürsprachen,

Einflussnahmen etc.

personenbezogen Dasein, ansprechbar sein, Zeit haben, versorgen etc.

Beraten, Fähigkeiten unterstützen, Lösungen

einfädeln etc.

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Intervention

Vorschläge, was getan werden sollte

Was schafft Entlastungen?

(Angebote?)Werturteile, die begründen, warum das Beobachtete ein bestimmtes Handeln

erfordert

Annahmen über die Realität (Bedeutungen von Verhaltensweisen und Zuständen für die Beteiligten ergründen

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4. Evaluation

Kommt zu einem späteren Zeitpunkt in einem anderen Modul.

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Fazit:

Professionelle Fallarbeit ist ein zirkulärer Prozess, wobei sich die einzelnen Schritte durchdringen

und immer wieder von neuem beginnen können.