LiebeKolleginnenundKollegen, liebeLeserinnenundLeser, · Kalthoff Rolf Köln...

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1361779687351_55621_AE_Manuskript_I_2013.cic.xml (AE.fmt), Seite 1 von 34, Editorial Liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Leserinnen und Leser, das Lob über die letzte Veranstaltung der Arbeitsgemeinschaft in Wiesbaden habe ich bereits in AE 4/2012 gesungen. Vor uns liegt München, ein geschätz- ter Veranstaltungsort. Ein besonderes Highlight aber wird die diesjährige Herbstveranstaltung werden, denn Riga gibt aufgrund seiner Situation als „Neueinsteiger“ in das europäische Recht nicht nur Anlass, sich mit dem span- nenden Thema des (widerstreitenden?) Verhältnisses zwischen dem europäi- schen und dem nationalen Recht auseinanderzusetzen, sondern auch mit dem, was Deutsche in der langen Geschichte Rigas bewirkt oder verursacht haben. Für all das bietet das Bild der Altstadt von Riga einen überwältigenden Rahmen und das allgegenwärtige Liedgut der Letten eine kulturelle Beson- derheit. Also merken Sie sich unbedingt den 20./21. September dieses Jahres vor! Bei unserer letzten Auslandstagung im September 2011 in Barcelona wurde im Workshop des Kollegen Dr. Peter Schrader heftig über die Auswirkungen des „Emmely-Urteils“ gestritten, u.a. auch über das Recht des Arbeitgebers, Abmahnungen länger als bisher aufzubewahren. Einer der damaligen Diskus- sionsteilnehmer, Kollege Dr. Thomas Ritter aus Berlin, hat sich mit dieser Frage intensiv in seinem Beitrag in der NZA 2012, 19-21, auseinandergesetzt, indem er zugleich seine Kreation einer „Verdachtsabmahnung“ vorstellte, beides als Reaktion auf das vom BAG erfundene Vertrauenskonto. Seiner Auffassung hat sich das BAG jetzt in dem unter Nr. 1 der nachfolgenden Entscheidungssamm- lung dargestellten Urteil angeschlossen. Besser als diese notwendige Repara- turmaßnahme wäre es jedoch gewesen, das BAG hätte auf das Emmely-Urteil verzichtet und damit den Eindruck vermieden, dem Druck der Boulevard- presse nicht standgehalten zu haben. Es ist schwer genug, unseren Mandan- ten erklären zu müssen, dass die Rechtsauslegung gelegentlich von sehr per- sönlichen Maßstäben des/der jeweiligen Richters/in abhängt und ein Wechsel im Vorsitz eines BAG-Senats eine vollständige Kehrtwendung in der Recht- sprechung bewirken kann. Auf eine Diskussion über den Einfluss der Presse auf die Rechtsprechung hätte ich gern verzichtet. Anlass zu Diskussionen unter vielfältigen Gesichtspunkten bietet die Ent- scheidung zu Nr. 28. Danach soll zukünftig der Arbeitgeber beweisen müssen, dass ein Arbeitnehmer keine gute Gesamtbewertung verlangen kann, son- dern nur eine befriedigende. Die 28. Kammer des Arbeitsgerichts Berlin meinte, da der größte Teil der Zeugnisse eine gute Bewertung ausweisen wür- den, sei das jetzt die durchschnittliche Bewertung, womit der Arbeitgeber – wie schon bisher – das Recht zur Abweichung nach unten belegen müsse. Ich teile diese Auffassung nicht, aber in einem ist sie verdienstvoll: Wird ihr in breiter Front Folge geleistet, begreift auch der letzte potentielle Arbeitgeber, dass Zeugnisse Muster ohne Wert sind. Schließlich will ich noch auf die praxisorientierte Entscheidung zur außerge- richtlichen Befristungsvereinbarung im Zuge eines Kündigungsschutzprozes- ses hinweisen (Nr. 32) und vor allem auf die zum Anwaltsverschulden (Nr. 66): Übernehmen Sie ein Verfahren erst in der Berufungsinstanz, treffen Sie erheb- liche Aufklärungspflichten zur Feststellung des Beginns der Berufungsfrist. Alles in allem hoffe ich auch von dieser Entscheidungssammlung, die Kollegin Dr. Nathalie Oberthür für Sie zusammengestellt hat: Möge sie nützen! 01/2013 1

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1361779687351_55621_AE_Manuskript_I_2013.cic.xml (AE.fmt), Seite 1 von 34,

Editorial

Liebe Kolleginnen und Kollegen,liebe Leserinnen und Leser,

das Lob über die letzte Veranstaltung der Arbeitsgemeinschaft in Wiesbadenhabe ich bereits in AE 4/2012 gesungen. Vor uns liegt München, ein geschätz-ter Veranstaltungsort. Ein besonderes Highlight aber wird die diesjährigeHerbstveranstaltung werden, denn Riga gibt aufgrund seiner Situation als„Neueinsteiger“ in das europäische Recht nicht nur Anlass, sich mit dem span-nenden Thema des (widerstreitenden?) Verhältnisses zwischen dem europäi-schen und dem nationalen Recht auseinanderzusetzen, sondern auch mitdem, was Deutsche in der langen Geschichte Rigas bewirkt oder verursachthaben. Für all das bietet das Bild der Altstadt von Riga einen überwältigendenRahmen und das allgegenwärtige Liedgut der Letten eine kulturelle Beson-derheit. Also merken Sie sich unbedingt den 20./21. September dieses Jahresvor!

Bei unserer letzten Auslandstagung im September 2011 in Barcelona wurdeim Workshop des Kollegen Dr. Peter Schrader heftig über die Auswirkungendes „Emmely-Urteils“ gestritten, u.a. auch über das Recht des Arbeitgebers,Abmahnungen länger als bisher aufzubewahren. Einer der damaligen Diskus-sionsteilnehmer, Kollege Dr. Thomas Ritter aus Berlin, hat sich mit dieser Frageintensiv in seinem Beitrag in der NZA 2012, 19-21, auseinandergesetzt, indemer zugleich seine Kreation einer „Verdachtsabmahnung“ vorstellte, beides alsReaktion auf das vom BAG erfundene Vertrauenskonto. Seiner Auffassung hatsich das BAG jetzt in dem unter Nr. 1 der nachfolgenden Entscheidungssamm-lung dargestellten Urteil angeschlossen. Besser als diese notwendige Repara-turmaßnahme wäre es jedoch gewesen, das BAG hätte auf das Emmely-Urteilverzichtet und damit den Eindruck vermieden, dem Druck der Boulevard-presse nicht standgehalten zu haben. Es ist schwer genug, unseren Mandan-ten erklären zu müssen, dass die Rechtsauslegung gelegentlich von sehr per-sönlichen Maßstäben des/der jeweiligen Richters/in abhängt und ein Wechselim Vorsitz eines BAG-Senats eine vollständige Kehrtwendung in der Recht-sprechung bewirken kann. Auf eine Diskussion über den Einfluss der Presseauf die Rechtsprechung hätte ich gern verzichtet.

Anlass zu Diskussionen unter vielfältigen Gesichtspunkten bietet die Ent-scheidung zu Nr. 28. Danach soll zukünftig der Arbeitgeber beweisen müssen,dass ein Arbeitnehmer keine gute Gesamtbewertung verlangen kann, son-dern nur eine befriedigende. Die 28. Kammer des Arbeitsgerichts Berlinmeinte, da der größte Teil der Zeugnisse eine gute Bewertung ausweisen wür-den, sei das jetzt die durchschnittliche Bewertung, womit der Arbeitgeber –wie schon bisher – das Recht zur Abweichung nach unten belegen müsse. Ichteile diese Auffassung nicht, aber in einem ist sie verdienstvoll: Wird ihr inbreiter Front Folge geleistet, begreift auch der letzte potentielle Arbeitgeber,dass Zeugnisse Muster ohne Wert sind.

Schließlich will ich noch auf die praxisorientierte Entscheidung zur außerge-richtlichen Befristungsvereinbarung im Zuge eines Kündigungsschutzprozes-ses hinweisen (Nr. 32) und vor allem auf die zum Anwaltsverschulden (Nr. 66):Übernehmen Sie ein Verfahren erst in der Berufungsinstanz, treffen Sie erheb-liche Aufklärungspflichten zur Feststellung des Beginns der Berufungsfrist.

Alles in allem hoffe ich auch von dieser Entscheidungssammlung, die KolleginDr. Nathalie Oberthür für Sie zusammengestellt hat: Möge sie nützen!

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Editorial

Mit freundlichen kollegialen Grüßen

Berlin, im Februar 2013

Dr. Hans-Georg Meier

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Inhaltsverzeichnis

Inhaltsverzeichnis

Seite

Liste der AE-Einsender ???

Aufsätze/Beiträge ???Grußwort des Verlages ???Bettina Schmidt, Betriebliches Eingliederungsmanagement: Bedeutung für das Zustimmungsverfahrennach den §§ 85 ff. SGB IX ???Thomas Marx, „Datenschutz im arbeitsrechtlichen Mandat“ – Fachveranstaltungen auf Deutschem Anwaltstag ???Dr. Hans-Georg Meier, Nachruf: Dr. Dieter Straub ???

Inhaltsverzeichnis der Entscheidungen ???

Entscheidungen ???Allgemeines Vertragsrecht ???Bestandsschutz ???Betriebsverfassungsrecht/Personalvertretungsrecht ???Tarifrecht ???Prozessuales ???Sonstiges ???Streitwert und Gebühren ???

Rezensionen ???Bauer, Jobst-Hubertus: Recht kurios, Amüsantes und Trauriges ???Hromadka, Wolfgang: Arbeitsrecht für Vorgesetzte ???Lembke, Markus: Arbeitsvertrag für Führungskräfte ???Ricardi/Dörner/Weber: Personalvertretungsrecht – Kommentar ???

Stichwortverzeichnis ???

Impressum ???

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Liste der AE-Einsender

Liste der AE-EinsenderAE kann ihr Informationsziel nur erreichen, wenn möglichst viele Entscheidungen aus der Mitgliedschaft der Arbeitsgemein-schaft Arbeitsrecht im DAV kommen. Wir nennen daher hier regelmäßig mit Dank und Lob diejenigen, die sich um die AEbesonders verdient gemacht haben.

Einsender mit mehr als 40 Entscheidungen

Bauer Bertram AnsbachBerrisch Hansjörg GießenGraumann Ingo IserlohnHöser, Dr. Jürgen Frechen

Einsender mit mehr als 20 Entscheidungen

Brötzmann, Dr. Ulrich MainzFranzen Klaus-Dieter BremenGussen, Dr. Heinrich Rheda-WiedenbrückHilligus Kurt-Jörg Neustadt i.Holst.Kelber, Dr. Markus BerlinKoch, Dr. Friedemann BerlinLink Jochen VillingenLodzik Michael Darmstadt

Einsender mit mehr als 10 Entscheidungen

Banse, Dr. Thomas DürenBauer Dietmar WiehlBehrens Walter HamburgChaudry Ijaz Frankfurt/M.Clausen Dirk NürnbergCornelius Astrid DarmstadtDribusch Bernhard DetmoldFaecks Friedhelm MarburgGeus Franz SchweinfurtGosda Ralf AhlenGravenhorst, Dr. Wulf DüsseldorfHeinemann Bernd St. AugustinHertwig, Dr. Volker BremenHesse, Dr. Walter BerlinJung Nikolaus OberurselKrügermeyer-

Kalthoff Rolf Köln

Einsender mit 5 – 9 Entscheidungen

Beckmann Paul-Werner HerfordBöse Rainer EssenBrammertz, Dr. Dieter AachenClemens, Dr. Susanne GüterslohCrämer Eckart DortmundDaniels Wolfgang BerlinEckert, Dr. Helmut OffenbachFischer Ulrich Frankfurt/MainFromlowitz Horst EssenGehrmann Dietrich AachenGoergens Dorothea HamburgGreinert, Jaqueline KasselGrimm, Dr. Detlev KölnHeimann Marco ChamHerbert, Dr. Ulrich CoburgHjort Jens HamburgKarle Gerd BalingenKeller Thomas MünchenKern Jan H. HamburgKistner Heinz HannoverKrafft Alexander Öhringen

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Mansholt Werner DarmstadtPuhr-Westerheide Christian DuisburgSchrader, Dr. Peter Hannover

Müller Steffen IserlohnNeef, Prof. Dr. Klaus HannoverRütte Klemens HammSchmitt Jürgen StuttgartSeidemann, Dr. Gisbert BerlinTschöpe, Dr. Ulrich GüterslohWeberling, Prof. Dr. Johannes BerlinZeißig, Dr. Rolf Berlin

Krutzki Gottfried Frankfurt a.M.Lampe, Dr. Christian BerlinMatyssek Rüdiger RatingenMüller-Knapp Klaus HamburgMüller-Wiechards Wolfram LübeckPauly, Dr. Stephan BonnPeter Michael Bad HonnefSchäder, Dr. Gerhard MünchenSchaefer Rolf HannoverSchmalenberg, Dr. Werner BremenSchramm Joachim LübbeckeSchulz, Dr. Georg R. MünchenSparla Franz AachenStraub, Dr. Dieter MünchenThiele Volker DürenWeber Axel Frankfurt/M.Zahn Thomas Berlin

Kühn Stefan KarlsruheKunzmann, Dr. Walter EuskirchenMatissek Reinhard KaiserslauternPouyadou, Dr. Richard M. AugsburgPreßer Wolfgang NeunkirchenPütter, Dr. Albrecht FlensburgRichter Klaus BremenRichter, Dr. Hanns-Uwe HeidelbergSchäfer Dieter EssenSchipp, Dr. Johannes GüterslohSchneider-Bodien Marcus DüsseldorfStriegel Bernhard KasselStruckhoff Michael H. MünchenSturm Joachim BottropTheissen-

Graf Schweinitz Ingo HagenThieme Hans Frankfurt/M.Thon Horst OffenbachVrana-Zentgraf Silke DarmstadtZirnbauer Ulrich Nürnberg

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Aufsätze/Beiträge

Grußwort des Verlages:10 Jahre AE im Deutschen Anwaltverlag! Herzlichen Glückwunsch!Seit nunmehr 10 Jahren erscheinen die ArbeitsrechtlichenEntscheidungen im Deutschen Anwaltverlag. Für uns der rich-tige Zeitpunkt sich für die äußerst angenehme und professio-nelle Zusammenarbeit mit dem Herausgeber und Chefredak-teur der „ersten Stunde“, Herrn Dr. Hans-Georg Meier, unddem Redaktionsteam, Frau Dr. Nathalie Oberthür und HerrnRoland Gross, ganz herzlich zu bedanken. Die Produktion derZeitschrift begleitete in dieser Zeit kontinuierlich unsere Lek-torin, Frau Anne Krauss. Ein Dankeschön auch für ihren Bei-trag zur gelungenen Präsentation der AE.Vier mal im Jahr präsentieren Ihnen die AE eine Fülle von Ent-scheidungen, die von Mitgliedern der Arbeitsgemeinschaftentweder selbst erstritten oder als bemerkenswert einge-sandt wurden. Außerdem werden Ihnen aktuelle Aufsätze, in-

Betriebliches Eingliederungsmanagement:Bedeutung für das Zustimmungsverfahren nach den §§ 85 ff. SGB IXRechtsanwältin Bettina Schmidt, BonnFachanwältin für Arbeitsrecht, Fachanwältin für Sozialrecht

Anmerkung des Verlages: Irrtümlich wurde dem Beitrag der Au-torin in der AE 4/2012 ein zusätzlicher Textteil angehängt. Wirbitten, dies zu entschuldigen und präsentieren hier noch einmalden Beitrag in seiner ursprünglichen Form.

Auch der EuGH hat klargestellt, dass das Verbot der Diskri-minierung wegen einer Behinderung Entlassungen entge-gensteht, die unter Berücksichtigung der Arbeitgeberpflich-ten zu angemessenen Vorkehrungen am Arbeitsplatz nichtgerechtfertigt sind.1

In der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung wird teil-weise angenommen, dass ein unterlassenes Präventionsver-fahren ein Verfahrensfehler ist und zur formellen Rechtswid-rigkeit des Zustimmungsbescheides des Integrationsamtesführt.2 Dieser Auffassung ist nicht zu folgen,3 da es sich wederbeim Präventionsverfahren nach § 84 Abs. 1 SGB IX noch beimBEM nach § 84 Abs. 2 SGB IX um eine formelle Wirksamkeits-voraussetzung im Hinblick auf die Zulässigkeit der Kündigunghandelt.4

Ist aber der kranke Beschäftigte schwerbehindert oder gleich-gestellt, muss im Falle einer späteren Kündigung das Integra-tionsamt nach § 85 SGB IX der Kündigung zustimmen. Diesesentscheidet nach Ermessen und überprüft insbesondere jeneKündigungsgründe, die mit der Schwerbehinderung zusam-menhängen.5 Ist eine Zustimmung zur krankheitsbedingtenKündigung beantragt, muss das Integrationsamt seine Ent-scheidung danach ausrichten, ob die gesetzlich gebotenen

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formative Beiträge und Informationen über die Aktivitätender Arbeitgemeinschaft geboten. Somit sind die Arbeitsrecht-lichen Entscheidungen ihrem Auftrag, neben Urteilssamm-lung auch vorrangig Mitgliederzeitschrift zu sein, immer vor-bildlich nachgekommen. Die AE stehen Ihnen darüber hinausauch auf der Internetseite der Arbeitsgemeinschaft Arbeits-recht zur Verfügung oder können mit Hilfe der gebundenenAusgaben als persönliches repräsentatives Archiv genutztwerden.Wir freuen uns auf die weitere Zusammenarbeit und wün-schen dem Redaktionsteam auch in Zukunft viel Erfolg.Uwe HagemannGeschäftsführerDeutscher Anwaltverlag

Möglichkeiten zur Vermeidung der Kündigung eines schwer-behinderten oder gleichgestellten Beschäftigten ausge-schöpft worden sind. Zu diesen Möglichkeiten gehört auchdie Durchführung des BEM nach § 84 Abs. 2 SGB IX.6

Daher führt die Nichtdurchführung des BEM vor Ausspruch ei-ner krankheitsbedingten Kündigung regelmäßig zur Ausset-zung des Zustimmungsverfahrens nach den §§ 85 ff. SGB IXund zur Aufforderung des Arbeitgebers durch das Integrati-onsamt, das Verfahren nach § 84 Abs. 2 SGB IX nachzuholen.7

Dies gilt nur dann nicht, wenn die Kündigung auch bei Durch-führung des BEM nicht hätte verhindert werden können.

Praxistipp:

1 EuGH vom 11.7.2006, Rs C-13/05 (Chacon Naves).2 OVG Mecklenburg-Vorpommern vom 9.1.2003 – 2 M

105/03, br 2005, 143.3 So auch BVerwG vom 29.8.2007 – 5 B 77/07, br 2007,

193 = NJW 2008, 166, Rn 5.4 So auch BAG vom 28.6.2007 – 6 AZR 750/06, NZA

2007, 1049, 1053; BAG vom 12.7.2007 – 2 AZR 716/06, NZA 2008, 173, 175 f. jeweils m.w.N.

5 St. Rspr. vgl. nur BVerwG vom 19.10.1995 – 5 C 24/93,BVerwGE 99, 336, 338.

6 BVerwG vom 29.8.2007 – 5 B 77/07, br 2007, 193 =NJW 2008, 166, Rn 5.

7 Vgl. dazu auch Deinert, NZA 2010, 969, 974 m.w.N.

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Aufsätze/Beiträge

In jedem Fall sind, insbesondere bei schwerbehinderten Arbeit-nehmern, die möglichen begleitenden Hilfen im Arbeitsle-ben, die das Integrationsamt nach § 102 Abs. 3 SGB IX erbringenkann, sorgfältig zu prüfen. Mit diesen können die Kosten für denArbeitgeber ausgeglichen oder gemindert werden, die ihm durcheine behindertengerechte Umgestaltung des Arbeitsplatzes, dieQualifikation des schwerbehinderten Beschäftigten und durcheine wesentlich verminderte Leistungsfähigkeit des schwerbe-hinderten Beschäftigten entstehen (§ 102 Abs. 3 Nrn. 1a, 1 e, 2a und 2 b SGB IX).

Bislang nicht abschließend geklärt ist, welche Folgen die Zu-stimmung des Integrationsamtes in kündigungsschutz-rechtlicher Hinsicht hat. Das BAG vertritt im Hinblick auf dasPräventionsverfahren gemäß § 84 Abs. 1 SGB IX die Auffas-sung, dass das Präventionsverfahren die Kündigung nichthätte vermeiden können, wenn das Integrationsamt der Kün-digung zugestimmt hat.8 Dies soll dies auch für das BEM nach§ 84 Abs. 2 SGB IX gelten, weil das Integrationsamt vor jederZustimmungsentscheidung eine intensive Prüfung nach §§85 ff. SGB IX durchführe und das Zustimmungsverfahren aus-setzen könne, bis das BEM durchgeführt sei.9

Dieser Auffassung ist aber nicht zu folgen,10 weil § 84 Abs. 1SGB IX nach seinem Anwendungsbereich nur für schwerbe-hinderte Menschen gilt.11 während das Erfordernis des BEMnach § 84 Abs. 2 SGB IX für alle Arbeitnehmer, auch für nicht

„Datenschutz im arbeitsrechtlichen Mandat“ – Fachveranstaltungenauf Deutschem AnwaltstagRechtsanwalt Thomas Marx, Berlin

„Datenschutz im arbeitsrechtlichen Mandat“, so lautet dasVeranstaltungsthema des Ausschusses Arbeitsrecht und derArbeitsgemeinschaft Arbeitsrecht im DAV auf dem DeutschenAnwaltstag am 7. Juni in Düsseldorf. Auch die jüngst kurzzei-tig wieder aufgeflammte Diskussion um das Gesetz zur Rege-lung des Beschäftigtendatenschutzes zeigt, dass das Themahochaktuell ist. Dabei sind Daten beim Mandanten nur dieeine Seite der Medaille. Denn auch der mandatierte Anwalt istDatenverarbeiter, der sich in dieser Funktion an strikte daten-schutzrechtliche Vorgaben halten muss.

Was verlangt das BDSG?

Wenn Anfang Juni der Deutsche Anwaltverein in den Messe-hallen der Stadt Düsseldorf einlädt, werden dort gut andert-halb tausend Anwältinnen und Anwälte zum größten An-waltskongress Deutschlands erwartet. Dort werden sie Kolle-ginnen und Kollegen treffen, über Rechts- und Berufspolitik

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schwerbehinderte Menschen besteht. Würde es auf die Zu-stimmungsentscheidung des Integrationsamtes ankommen,so führt dies dazu, dass nicht behinderte Arbeitnehmer imKündigungsschutzprozess besser gestellt wären, als schwer-behinderte Arbeitnehmer.12

8 BAG vom 7.12.2006 – 2 AZR 182/06, DB 2007, 1089 =NZA 2007, 617.

9 LAG Nürnberg vom 21.6.2006 – 4 (9) Sa 933/05, Rn.45, BB 2006, 2362 = NZA-RR 2007, 75; Balders/Lep-ping, NZA 2005, 854, 857; vgl. dazu auch Beyer/Jansen,br 2010, 89, 93 m.w.N.

10 So im Ergebnis auch Deinert, NZA 2010, 969, 974; Dü-well, in: Dau/Düwell/Joussen, SGB IX, § 84, Rn. 83.

11 BAG 7.12.2006 – 2 AZR 182/06, DB 2007, 1089 = NZA2007, 617, 619; vgl. auch Schmidt, Schwerbehinderten-arbeitsrecht, § 1 Rn 312 m.w.N.

12 So zu Recht Beyer/Jansen, br 2010, 89, 94; LAG Düssel-dorf vom 30.1.2009 – 9 Sa 699/08, Rn 45, LAGE § 1KSchG Krankheit Nr. 44; diese Entscheidung wurde zwarvom BAG mit Urteil vom 10.12.2009 – 2 AZR 198/09,DB 2010, 1015 = NZA 2010, 639, aufgehoben und zurerneuten Entscheidung an das LAG zurück verwiesen; indiesem Punkt hat das BAG der Entscheidung des LAGDüsseldorf in seinem Urteil vom 10.12.2009 nicht wider-sprochen.

diskutieren und sich fortbilden. Der 64. Deutsche Anwaltstag,der in diesem Jahr unter dem Motto „Anwaltsmarkt 2030 –Zukunft jetzt gestalten“ steht, bietet ein breites Spektrum an-waltlicher Fortbildung. Auch für Arbeitsrechtler gibt es span-nende und praxisrelevante Fachveranstaltungen. Am 7. Junivon 11:00 h bis 13:00 h veranstalten Arbeitsgemeinschaft undAusschuss Arbeitsrecht eine Fachveranstaltung, auf der dar-gestellt und diskutiert wird, wie der Anwalt richtig mit Datenumzugehen hat. Das beginnt bei den Vorgaben des BDSG undden sich daraus ergebenden Fragestellungen aus der Arbeits-rechtspraxis. Was muss der Bewerber im Bewerbungsverfah-ren preisgeben, wonach darf der Arbeitgeber fragen? Undwas darf der Arbeitgeber mit den einmal erlangten Daten ma-chen? Welche Spielregeln gelten für die datenschutzrechtli-che Einwilligung? Selbstverständlich führt jedes Unterneh-men Personalakten über seine Arbeitnehmer. Aber was darfda rein? Und wer darf reingucken? Auch der Betriebsrat? Wel-che Instrumente der Überwachung und Kontrolle am Arbeits-platz sind zulässig? Ein Abschnitt der Veranstaltung wird sichauch mit dem Datenschutz im Konzern befassen. Daten-

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Aufsätze/Beiträge

schutzfragen stellen sich auch im Rahmen des betrieblichenEingliederungsmanagements – auch dieser Aspekt soll in demFachprogramm beleuchtet werden.

Fragen an den Arbeitsrechtsanwalt

Um das Bild abzurunden, informiert die Veranstaltung auchüber die besonderen Fragestellungen des beratenden An-walts. Was ist bei Due Diligence und Kündigungsschutzver-fahren zu berücksichtigen? Gibt es Vorgaben für die Nutzungvon Daten, die der Anwalt in Parallelverfahren gewonnen hat?Welche Datenschutz-Schranken bestehen bei der Zusammen-arbeit in internationalen Kanzleiverbünden? Die Referentin-nen und Referenten dieses umfassenden Programms habensich vorgenommen, sowohl die Arbeitgeber- wie die Arbeit-nehmerperspektive zu untersuchen. Ausschuss und Arbeits-gemeinschaft freuen sich, dass die renommierten KolleginnenDr. Nathalie Oberthür und Dr. Barbara Reinhard für die Vor-träge gewonnen werden konnten. Im Anschluss daran wer-den die beiden Referentinnen mit den Kollegen Roland Gross

Nachruf: Dr. Dieter Straub †Der allergrößte Teil der Mitglieder der ArbeitsgemeinschaftArbeitsrecht scheidet durch altersbedingte Aufgabe des Beru-fes aus. Gelegentlich verlieren wir aber auch ein aktives Mit-glied durch Tod.

So haben wir diesmal Abschied zu nehmen von

Dr. jur. Dieter Straub,

Partner von CMS in München, der am 30. Dezember 2012 imAlter von 62 Jahren verstarb.

Dr. Dieter Straub war ein sehr aktiver Arbeitsrechtler. Vielen ar-beitsrechtlich tätigen Anwältinnen und Anwälten war er ver-bunden durch seine Mitgliedschaft nicht nur in der Arbeitsge-meinschaft Arbeitsrecht im DAV, sondern auch im AusschussArbeitsrecht der BRAK, in der EELA, im ffa und in der Initiativ-gruppe „Blick über den Zaun“. Im Rahmen unserer Arbeitsge-meinschaft glänzte er mit einem „großen“ Vortrag und derLeitung eines Workshops. Er war Fachbuchautor, z.B. mit sei-nem Arbeits-Handbuch Personal, Recht und Praxis für das Per-sonal-Management. Und natürlich hat er auch zur Festschrift

und Prof. Dr. Heinz-Josef Willemsen an einer gemeinsamen Po-diumsdiskussion teilnehmen. Damit erwarten (nicht nur) dieMitglieder der Arbeitsgemeinschaft Arbeitsrecht in der Mes-sehalle Düsseldorf zwei Stunden Fortbildung nach § 15 FAO,vollgepackt mit Information.

Veranstaltung zum Thema Arbeitsmigration

Wer noch mehr Fortbildung wünscht, ist herzlich eingeladenzu einer weiteren Fachveranstaltung, die der Ausschuss Ar-beitsrecht gemeinsam mit der Arbeitsgemeinschaft Auslän-der- und Asylrecht am selben Tag von 16:00 h bis 18:00 hdurchführt. Dort richten Rechtsanwalt Thomas Oberhäuserund Syndikusanwältin Dr. Frederike Rahne, Referentin für Inter-nationale Sozialpolitik bei Südwestmetall, den Blick weit nachvorne im Rahmen einer Fortbildungsveranstaltung unter derÜberschrift „Sicherung der Zukunft durch Arbeitsmigration –anwaltliche Aufgabe der nächsten Dekaden“. Sie sind alleherzlich eingeladen zu unseren Veranstaltungen auf demDeutschen Anwaltstag am 7. Juni!

anlässlich des 25-jährigen Bestehens der ArbeitsgemeinschaftArbeitsrecht beigetragen.Vor allem aber war er ein liebenswerter Kollege, charmant,hilfsbereit und voller Anteilnahme. Das haben besonders diekennengelernt, die mit ihm jedes Jahr im Rahmen der Fach-gruppe „Blick über den Zaun“ durch die Welt zogen: vonChina über Israel bis Graz. Stets verbreitete er nicht nur guteLaune, sondern bewies auch ein großes Einfühlungsvermö-gen. So erinnert sich der Präsident der Bundesrechtsanwalts-kammer, Kollege Axel Filges, dankbar daran, wie Dieter Straubdie Betroffenheit des heranwachsenden Filges-Sohnes Maxnach dem Besuch von Yad Vashem aufzunehmen wusste. FürGraz übernahm Dieter Straub in allerletzter Minute die Durch-führung der Organisation. Es wurde eine fachlich anregendeund menschlich harmonische Veranstaltung. Für die in die-sem Jahr geplante und jetzt abgesagte Veranstaltung in Brüs-sel zeichnete er wieder verantwortlich. Wir werden ihn bei un-seren Veranstaltungen vermissen.Dr. Hans-Georg MeierFachanwalt für Arbeitsrecht

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Inhalt: Entscheidungen

Inhaltsverzeichnis der Entscheidungen

SeiteAllgemeines Vertragsrecht

1. Abmahnung wegen Pflichtverletzung, Aufbewah-rungsdauer, Dokumentationsinteresse infolge desEmmely-Urteils 10

2. AGB-Kontrolle, Ausschlussfrist, unterschiedlicheRegelung in Arbeits- und Tarifvertrag 13

3. AGB-Kontrolle, Ausschlussfrist, formelle Intranspa-renz 13

4. AGB-Kontrolle, Arbeitnehmerüberlassung, equalpay, unwirksame Verweisung auf mehrgliedrigenTarifvertrag 13

5. AGG, Bewerbungsverfahren, Kopftuch als religiö-ses Bekenntnis 13

6. AGG, Bewerbungsverfahren, Begriff der Weltan-schauung, Sympathie für die kommunistische Par-tei Chinas, Klagefrist 13

7. AGG, Bewerbungsverfahren, unzureichende Mit-teilung der Schwerbehinderung, Verletzung derPrüf- und Meldepflichten gem. §§ 81, 82 SGB IX,Höhe der angemessenen Entschädigung 13

8. Aufhebungsvertrag, Anfechtung wegen arglistigerTäuschung 15

9. Betriebliche Altersversorgung, Rentenanpassung 15

10. Betriebliche Altersversorgung, gespaltene Renten-formel, Abschlag bei vorgezogenem Rentenbe-zug 15

11. Betriebsübergang, Abgrenzung von Betriebsein-stellung und Betriebsübergang 15

12. Betriebsübergang, Abgrenzung von Betriebsein-stellung und Betriebsübergang 15

13. Betriebsübergang, wirtschaftliche Tätigkeit, Ar-beitsvermittlung in öffentlich-rechtlich organisier-ter Einheit 16

14. Direktionsrecht, billiges Ermessen, leidensgerech-ter Arbeitsplatz 16

15. Direktionsrecht, billiges Ermessen, Berücksichti-gung der Kinderbetreuung 16

16. Direktionsrecht, keine Zuweisung geringerwerti-ger Tätigkeit 16

17. Entgeltfortzahlung, Arbeitsunfähigkeitsbescheini-gung aus EU-Land, Mitteilung der Auslandsan-schrift 16

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Seite18. Freistellung, Angebot auf Erlassvertrag 17

19. Gleichbehandlungsanspruch, Anforderung an dieStärke der Vergleichsgruppe 17

20. Mobbing, Abgrenzung zu sozialtypischen berufli-chen Konflikten, Obligation des Betroffenen zurBereinigung von Konflikten 17

21. Mobbing, Abgrenzung zum sozialadäquaten Ar-beitsplatzkonflikt 17

22. Mobbing, kein Auskunftsanspruch zur Vorberei-tung eines Entschädigungsanspruchs 17

23. Persönlichkeitsrecht, Anordnung amtsärztlicherUntersuchung, Leistungsverweigerungsrecht 18

24. Vergütung, Anrechnung übertariflicher Zulage 18

25. Vergütung, Überstunden, Darlegungs- und Be-weislast, Anschein der Arbeitsleistung durch An-wesenheit 19

26. Vergütung, Annahmeverzug, Streikteilnahme ei-nes gekündigten Arbeitnehmers 19

27. Vergütung, Sonderzahlung, Freiwilligkeitsvorbe-halt 19

28. Zeugnis, Verschiebung der Darlegungs- und Be-weislast zu Lasten des Arbeitgebers 20

Bestandsschutz

29. Änderungskündigung, fehlerhafte Kündigungs-frist, Bestimmtheit, Änderungsangebot zum fal-schen Kündigungstermin 20

30. Änderungskündigung, kein berechtigtes Interessean der Vereinheitlichung von Arbeitsbedingungen 20

31. Befristung, Sachgrund, Vertretung, Beschäftigungauch außerhalb des Vertretungsbedarfs 20

32. Befristung, Sachgrund, außergerichtliche Verein-barung eines Prozessarbeitsverhältnisses 20

33. Befristung, Sachgrund, gerichtlicher Vergleich 21

34. Befristung, Sachgrund, Projektarbeit, Kettenbefris-tung 21

35. Befristung, ohne Sachgrund, Arbeitgeberbegriffim Gemeinschaftsbetrieb 21

36. Befristung, ohne Sachgrund, Anwendbarkeit des§ 14 Abs. 2 TzBfG auf Betriebsratsmitglieder 21

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Inhalt: Entscheidungen

Seite37. Integrationsamt, Zustimmungserfordernis vor

Ausspruch der Kündigung 21

38. Kündigungserklärung, Erkennbarkeit außeror-dentlicher Kündigung 21

39. Massenentlassung, Rechtsfolgen fehlerhafter An-zeige 21

40. Personenbedingte Kündigung, Alkoholerkran-kung, negative Prognose bei Rückfall 21

41. Personenbedingte Kündigung, Alkoholerkran-kung, außerordentliche Kündigung bei ordentli-cher Unkündbarkeit 22

42. Probezeit, Kündigung, keine Treuwidrigkeit beiKündigung nach Arbeitsunfall 22

Betriebsverfassungsrecht / Personalvertretungsrecht

43. Aufsichtsratswahl, Klagefrist für die Anfechtung 22

44. Betriebsratsmitglied, Arbeitsbefreiung zur Be-triebsratstätigkeit 22

45. Betriebsvereinbarung, Wiedereinstellungsan-spruch, zulässige Bevorzugung älterer Arbeitneh-mer 22

46. Einigungsstelle, Zuständigkeit für Gefährdungsbe-urteilung 22

47. Mitbestimmungsrecht in sozialen Angelegenhei-ten, Ankleidezeiten als Arbeitszeit i.S.v. § 87 Nr. 2BetrVG 22

48. Mitbestimmungsrecht in sozialen Angelegenhei-ten, Vorrang des Tarifvertrages Unterlassungsan-spruch 23

49. Mitbestimmungsrecht im personellen Angelegen-heiten, Einstellung, dauerhafte Arbeitnehmer-überlassung als institutioneller Rechtsmissbrauch 23

50. Mitbestimmungsrecht in personellen Angelegen-heiten, Einstellung, Teilzeit während der Elternzeit 23

51. Personalvertretung, Unwirksamkeit einer Befris-tung bei unzureichender Beteiligung 23

52. Schwerbehindertenvertretung, Bereitstellung ei-ner E-Mail-Adresse 23

53. Wahlanfechtung, Betriebsrat, Vorschlagslisten 24

54. Wahlanfechtung, Betriebsrat, unwirksamer Tarif-vertrag gem. § 3 BetrVG, Wahrung der Anfech-tungsfrist 24

55. Wahlverfahren, Schwerbehindertenvertretung,Wahlausschreiben für ausländische Arbeitnehmer 24

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Seite56. Wahlverfahren, Schwerbehindertenvertretung,

vereinfachtes Wahlverfahren 24

Tarifvertragsrecht

57. Tariffähigkeit, CGZP-Tarifverträge, kein Institut ei-nes „fehlerhaften Tarifvertrages“ 24

58. Tarifvertrag, persönlicher Geltungsbereich, Stich-tagsregelung, mittelbare Benachteiligung ältererArbeitnehmer 24

59. Tarifvertrag, Beendigung des Arbeitsverhältnissesbei Erwerbsminderungsrente wirksam 25

60. Tarifvertrag, Gebot der Rechtsquellenklarheit, Tei-lungswirksamkeit 25

Prozessuales

61. Einstweilige Verfügung, Verfügungsgrund, Unter-lassungsanspruch des Betriebsrats 25

62. Klagefrist, AGG, Feststellungsantrag genügt nichtzur Fristwahrung 25

63. Nachträgliche Klagezulassung, Antragsfrist, keinZulassungsantrag in bloßer Nachfrage des Pro-zessbevollmächtigten 25

64. Nichtzulassungsbeschwerde, Klärungsbedürftig-keit verneint (AGG-Entschädigung), Rechtsmiss-brauch, Bedeutung des Anforderungsprofils 26

65. Rechtsweg, Streitigkeiten aus Arbeitsverhältnisnach Geschäftsführerbestellung 27

66. Wiedereinsetzung, Berufungsfrist, Verpflichtungdes Prozessbevollmächtigten zur Feststellung desZustellungsdatums 27

67. Zwangsvollstreckung, Erstellung von Lohnabrech-nungen 27

68. Zwangsvollstreckung, Weiterbeschäftigungsan-spruch, keine Einstellung wegen Produktionsüber-hangs 27

Sonstiges

69. Allgemeiner Weiterbeschäftigungsanspruch,Überwiegen von Sicherheitsbedenken bei unwirk-samer Kündigung 27

70. PKH, Vergleichsmehrwert, keine eigenständigeAntragstellung 28

71. PKH, Aufhebung der Bewilligung bei Säumnis mitRatenzahlung 28

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Rechtsprechung

Allgemeines VertragsrechtAllgemeines Vertragsrecht

SeiteStreitwert und Gebühren

72. Gebühren, Verfahrensgebühr, Berufung, Erforder-nis expliziter Auftragserteilung 28

Allgemeines Vertragsrecht

1. Abmahnung wegen Pflichtverletzung,Aufbewahrungsdauer, Dokumentationsinteresse infolgedes Emmely-Urteils

Aus dem Tatbestand:Die Parteien streiten über die Entfernung einer Abmahnungaus der Personalakte der Klägerin. (…)Mitte Juli 2007 übergab die Klägerin die Zahlstelle (…). An-stelle des Originalkassenbuchs händigte sie (…) eine von ihrgefertigte Zweitfassung (…) aus, (…). Die Klägerin gab bei ei-ner Anhörung an, sie habe das Kassenbuch am 26.4.2007 anFrau H übergeben. (…).Mit Schreiben vom 16.4.2008 mahnte der Beklagte die Kläge-rin ab. Er beanstandete, dass das Kassenbuch in der Zeit ab-handen gekommen sei, zu der sie für die Verwaltung der Zahl-stelle verantwortlich gewesen sei. Sie habe dadurch gegenihre Pflicht zur sorgfältigen Führung der Zahlstelle verstoßen.Zudem habe sie durch ihre Erklärungen den Eindruck er-weckt, die Verantwortung für die nicht ordnungsgemäße Füh-rung der Zahlstelle und das Abhandenkommen des Kassen-buchs treffe die Vertreterin.Mit ihrer Klage hat die Klägerin die Rücknahme der Abmah-nung verlangt. (…)

Aus den Entscheidungsgründen:(…) 1. Arbeitnehmer können in entsprechender Anwendungvon §§ 242, 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB die Entfernung einer zuUnrecht erteilten Abmahnung aus ihrer Personalakte verlan-gen. Der Anspruch besteht, wenn die Abmahnung entwederinhaltlich unbestimmt ist, unrichtige Tatsachenbehauptungenenthält, auf einer unzutreffenden rechtlichen Bewertung desVerhaltens des Arbeitnehmers beruht oder den Grundsatz derVerhältnismäßigkeit verletzt, und auch dann, wenn selbst beieiner zu Recht erteilten Abmahnung kein schutzwürdiges In-teresse des Arbeitgebers mehr an deren Verbleib in der Perso-nalakte besteht (BAG, v. 12.8.2010 – 2 AZR 593/09 – Rn 10, APGG Art. 4 Nr. 8; 27.11.2008 – 2 AZR 675/07 – Rn 13 – 17 m.w.N.,AP BGB § 611 Abmahnung Nr. 33 = EzA BGB 2002 § 314 Nr. 4).2. Nicht zu beanstanden ist, dass das Landesarbeitsgerichtnicht zwischen einem Anspruch auf Rücknahme der Abmah-nung und einem solchen auf ihre Entfernung aus der Perso-nalakte differenziert hat.

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Seite73. Kostenquotelung nach Baumbach´scher Formel

bei mehreren Beklagten, Klagerücknahme stattgebotener Erledigungserklärung 28

74. Streitwert, Beschlussverfahren, personelle Einzel-maßnahmen 28

a) Das Begehren auf Rücknahme einer Abmahnung wird ne-ben dem auf ihre Entfernung aus der Personalakte zumeistnicht eigenständig verfolgt. Eine mit dem Klageantrag ver-langte „Rücknahme und Entfernung“ der Abmahnung istdann als einheitlicher Anspruch auf Beseitigung der durch dieAbmahnung erfolgten Beeinträchtigung des Persönlichkeits-rechts zu verstehen (vgl. BAG, v. 27.1.1988 – 5 AZR 604/86 –RzK I 1 Nr. 26; Hessisches LAG, v. 22.6.2010 – 12 Sa 829/09 –Rn 17; LAG Köln, v. 15.6.2007 – 11 Sa 243/07 – Rn 26 f.). Kannder Klagebegründung dagegen entnommen werden, der Klä-ger begehre neben einer Entfernung der Abmahnung aus derPersonalakte beispielsweise den Widerruf darin enthaltenerÄußerungen, kann ein Antrag auf Rücknahme der Abmah-nung in diesem Sinne auszulegen sein (vgl. LAG Nürnberg, v.14.6.2005 – 6 Sa 582/04 – zu 3 der Gründe, AR-Blattei ES 20Nr. 41; Hessisches LAG, v. 22.6.2010 – 12 Sa 829/09 – a.a.O.).

b) Im Streitfall bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass dieKlägerin neben der Entfernung der Abmahnung aus ihrer Per-sonalakte einen weiteren Anspruch verfolgt. Sie hat sich nichtdagegen gewandt, dass die Vorinstanzen den Klageanspruchals ein einheitliches Begehren auf Rücknahme der Abmah-nung eben durch ihre Entfernung aus der Personalakte ver-standen haben.

3. Die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, der Beklagte seizur Entfernung der Abmahnung aus der Personalakte der Klä-gerin verpflichtet, hält einer revisionsrechtlichen Überprüfungnicht stand. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, dasAbhandenkommen des Originalkassenbuchs falle zwar in dieZeit der Verantwortlichkeit der Klägerin, der Beklagte habeaber kein schutzwürdiges Interesse mehr daran, dass die Ab-mahnung in deren Personalakte verbleibe.

a) Personalakten sind eine Sammlung von Urkunden und Vor-gängen, die die persönlichen und dienstlichen Verhältnisse ei-nes Mitarbeiters betreffen und in einem inneren Zusammen-hang mit dem Dienstverhältnis stehen. Sie sollen ein mög-lichst vollständiges, wahrheitsgemäßes und sorgfältiges Bildüber diese Verhältnisse geben (BAG, v. 8.2.1989 – 5 AZR 40/88 – RzK I 1 Nr. 47; v. 9.2.1977 – 5 AZR 2/76 – zu II 2 der Gründe,AP BGB § 611 Fürsorgepflicht Nr. 83 = EzA BGB § 611 Fürsor-gepflicht Nr. 21). Ein Arbeitnehmer kann deshalb nur in Aus-nahmefällen die Entfernung auch solcher Aktenvorgänge ver-langen, die auf einer richtigen Sachverhaltsdarstellung beru-hen (BAG, v. 8.2.1989 – 5 AZR 40/88 – zu II 2 der Gründe, a.a.O.;

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Allgemeines Vertragsrecht Allgemeines Vertragsrecht

v. 7.9.1988 – 5 AZR 625/87 – zu III der Gründe, AP BGB § 611Abmahnung Nr. 2 = EzA BGB § 611 Abmahnung Nr. 17; v.13.4.1988 – 5 AZR 537/86 – zu I der Gründe, AP BGB § 611 Für-sorgepflicht Nr. 100 = EzA BGB § 611 Fürsorgepflicht Nr. 47).Ein solcher Fall liegt vor, wenn eine Interessenabwägung imEinzelfall ergibt, dass die weitere Aufbewahrung zu unzumut-baren beruflichen Nachteilen für den Arbeitnehmer führenkönnte, obwohl der beurkundete Vorgang für das Arbeitsver-hältnis rechtlich bedeutungslos geworden ist (BAG, v.30.5.1996 – 6 AZR 537/95 – zu II 4 der Gründe, AP BGB § 611Nebentätigkeit Nr. 2 = EzA BGB § 611 Abmahnung Nr. 34; v.8.2.1989 – 5 AZR 40/88 – a.a.O.; v. 7.9.1988 – 5 AZR 625/87 –a.a.O.).b) Diesen Maßstab hat das Landesarbeitsgericht verkannt.aa) Es hat angenommen, eine Abmahnung könne nach länge-rem einwandfreien Verhalten des Arbeitnehmers ihre Wirkungverlieren, wofür die Umstände des Einzelfalls maßgeblichseien (vgl. BAG, v. 18.11.1986 – 7 AZR 674/84 – zu II 5 derGründe, AP KSchG 1969 § 1 Verhaltensbedingte KündigungNr. 17 = EzA BGB § 611 Abmahnung Nr. 4). Dies trifft zwar zu.So kann es nach einer längeren Zeit einwandfreier Führung ei-ner erneuten Abmahnung bedürfen, bevor eine verhaltensbe-dingte Kündigung wegen einer erneuten gleichartigenPflichtverletzung gerechtfertigt wäre (vgl. BAG, v.18.11.1986 – 7 AZR 674/84 – a.a.O.). Berücksichtigt worden istdamit aber nur die Warnfunktion einer Abmahnung. Mit einerAbmahnung übt ein Arbeitgeber dagegen seine arbeitsver-traglichen Gläubigerrechte in doppelter Hinsicht aus. Zum ei-nen weist er den Arbeitnehmer als seinen Schuldner auf des-sen vertragliche Pflichten hin und macht ihn auf die Verlet-zung dieser Pflichten aufmerksam (Rüge- und Dokumentati-onsfunktion). Zum anderen fordert er ihn für die Zukunft zu ei-nem vertragstreuen Verhalten auf und kündigt, sofern ihmdies angebracht erscheint, individualrechtliche Konsequen-zen für den Fall einer erneuten Pflichtverletzung an (Warn-funktion) (BAG, v. 11.12.2001 – 9 AZR 464/00 – zu I derGründe, BAGE 100, 70; v. 30.5.1996 – 6 AZR 537/95 – zu II 1 derGründe, AP BGB § 611 Nebentätigkeit Nr. 2 = EzA BGB § 611Abmahnung Nr. 34; v. 26.1.1995 – 2 AZR 649/94 – zu B III 4 ader Gründe, BAGE 79, 176).bb) Ein Anspruch auf Entfernung einer zu Recht erteilten Ab-mahnung setzt demnach nicht nur voraus, dass die Abmah-nung ihre Warnfunktion verloren hat. Der Arbeitgeber darfauch kein berechtigtes Interesse mehr an der Dokumentationder gerügten Pflichtverletzung haben. Der Arbeitnehmerkann die Entfernung einer zu Recht erteilten Abmahnung ausseiner Personalakte nur dann verlangen, wenn sie für dieDurchführung des Arbeitsverhältnisses unter keinem rechtli-chen Aspekt mehr eine Rolle spielen kann. Das durch die Ab-mahnung gerügte Verhalten muss für das Arbeitsverhältnis injeder Hinsicht rechtlich bedeutungslos geworden sein. Das istnicht der Fall, solange eine zu Recht erteilte Abmahnung etwafür eine zukünftige Entscheidung über eine Versetzung oderBeförderung und die entsprechende Eignung des Arbeitneh-

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mers, für die spätere Beurteilung von Führung und Leistungin einem Zeugnis oder für die im Zusammenhang mit einermöglichen späteren Kündigung erforderlich werdende Inte-ressenabwägung von Bedeutung sein kann. Darüber hinauskann es im berechtigten Interesse des Arbeitgebers liegen,die Erteilung einer Rüge im Sinne einer Klarstellung der ar-beitsvertraglichen Pflichten weiterhin dokumentieren zu kön-nen. Demgegenüber verlangen die schutzwürdigen Interes-sen des Arbeitnehmers nicht, einen Anspruch auf Entfernungeiner zu Recht erteilten Abmahnung schon dann zu bejahen,wenn diese zwar ihre Warnfunktion verloren hat, ein Doku-mentationsinteresse des Arbeitgebers aber fortbesteht. Auchwenn sich eine Abmahnung noch in der Personalakte befin-det, ist im Rahmen eines möglichen Kündigungsrechtsstreitsstets zu prüfen, ob ihr noch eine hinreichende Warnfunktionzukam (vgl. etwa BAG, v. 18.11.1986 – 7 AZR 674/84 – zu II 5der Gründe, AP KSchG 1969 § 1 Verhaltensbedingte Kündi-gung Nr. 17 = EzA BGB § 611 Abmahnung Nr. 4).

cc) Diese Voraussetzungen eines Entfernungsanspruchs hatdas Landesarbeitsgericht nicht sämtlich geprüft.

(1) Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, die Abmah-nung sei wegen Zeitablaufs nicht mehr wirksam und deshalbaus der Personalakte der Klägerin zu entfernen. Mit der Ver-waltung der Zahlstelle sei die Klägerin offensichtlich überfor-dert gewesen. Ihr seit der Abmahnung beanstandungsfreiesVerhalten lasse den Schluss zu, sie werde künftig ihre Arbeits-pflichten ordnungsgemäß erfüllen.

(2) Die Begründung des Landesarbeitsgerichts lässt nicht er-kennen, an welchem Maßstab es sich orientiert und diese Ein-zelfallumstände gewürdigt hat. Es ist nicht ersichtlich, dass esgeprüft hätte, ob die Abmahnung für das Arbeitsverhältnis injeder Hinsicht rechtlich bedeutungslos geworden ist. Das Lan-desarbeitsgericht hat nicht alle rechtlichen Gesichtspunkte er-wogen und ausgeschlossen, unter denen der Beklagte ein be-rechtigtes Interesse an dem weiteren Verbleib der Abmah-nung in der Personalakte der Klägerin haben könnte. Es hatinsbesondere nicht gewürdigt, ob das gerügte Fehlverhaltender Klägerin weiterhin von Bedeutung für eine Beurteilung ih-rer Fähigkeiten und Leistungen als Haushaltssachbearbeiterinsein konnte. Dagegen spricht nicht schon der Umstand, dassnach Ansicht des Landesarbeitsgerichts die Gefahr einer er-neuten Pflichtverletzung nicht mehr bestand. Sollte mit demLandesarbeitsgericht anzunehmen sein, die Klägerin sei mitder Verwaltung der Zahlstelle überfordert gewesen, sprichtdies mit Blick auf künftige Einsatzmöglichkeiten eher für einberechtigtes Interesse des Beklagten an einer Beibehaltungder Dokumentation.

II. Ob der Beklagte verpflichtet ist, die Abmahnung vom16.4.2008 aus der Personalakte der Klägerin zu entfernen,steht danach noch nicht fest.

1. Eine solche Verpflichtung besteht auf der Grundlage derbisherigen Feststellungen nicht deshalb, weil die Abmahnungeine falsche Tatsachenbehauptung oder unzutreffende recht-

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Allgemeines VertragsrechtAllgemeines Vertragsrecht

liche Wertung insoweit enthielte, wie der Beklagte rügt, dieKlägerin habe Frau H bezichtigt, für das Verschwinden desKassenbuchs die Verantwortung zu tragen.

a) Der Beklagte hat sowohl im Text der Abmahnung als auchim Rechtsstreit angegeben, worauf er diesen Vorwurf stützt.Die Klägerin habe bei ihrer Anhörung angegeben, der Kolle-gin am 26.4.2007 das Originalkassenbuch übergeben und esvon ihr nicht wieder zurückerhalten zu haben. Dies treffe nichtzu.

b) Entspräche die Behauptung des Beklagten, die Klägerinhabe das Originalkassenbuch Ende April 2007 nicht ihrer Kol-legin übergeben, der Wahrheit, enthielte seine Rüge, die Klä-gerin habe dadurch die Kollegin bezichtigt, für das Verschwin-den des Kassenbuchs verantwortlich zu sein, weder eine fal-sche Tatsachenbehauptung, noch beruhte sie auf einer unzu-treffenden rechtlichen Würdigung. Es ginge dann nicht nurum eine möglicherweise von der Klägerin missverstandeneBeschlusslage von Anfang März 2007, wie das Arbeitsgerichtgemeint hat. Die Klägerin hätte vielmehr selbst unzutreffendeAngaben zu einer tatsächlichen Übergabe des Kassenbuchsmit der Folge gemacht, dass ihre Kollegin als verantwortlichfür das Verschwinden des Kassenbuchs erscheinen musste.

2. Sonstige Gründe für einen Anspruch der Klägerin auf Ent-fernung der Abmahnung sind auf Basis der bisherigen Fest-stellungen nicht gegeben. Die Abmahnung ist weder inhalt-lich zu unbestimmt noch verstößt sie gegen den Grundsatzder Verhältnismäßigkeit.

3. Umgekehrt ist ein Anspruch der Klägerin auf Entfernungder Abmahnung vom 16.4.2008 nicht deshalb generell ausge-schlossen, weil die Abmahnung für die bei einer möglichenspäteren Kündigung erforderlich werdende Interessenabwä-gung während der gesamten Dauer des Arbeitsverhältnissesihre Bedeutung behielte. Maßgeblich sind vielmehr die Um-stände des Einzelfalls.

a) Im Schrifttum wird teilweise angenommen, der Arbeitgeberhabe ein dauerhaftes Interesse an dem Verbleib einer zuRecht erteilten Abmahnung in der Personalakte des Arbeit-nehmers (vgl. Kleinebrink, BB 2011, 2617, 2622; Ritter, DB 2011,175, 176 f.; Schrader, NZA 2011, 180, 181). Die Abmahnungmöge zwar nach einem gewissen Zeitablauf ihre Warnfunk-tion verlieren, im Rahmen der Interessenabwägung müssesich der Arbeitgeber aber weiterhin auf sie berufen dürfen(Schrader, a.a.O.). Durch bloßen Zeitablauf könne die Abmah-nung nicht bedeutungslos werden, weil für die Abwägungder beiderseitigen Interessen erheblich sein könne, ob das Ar-beitsverhältnis während seines – gesamten – Bestands stö-rungsfrei gewesen sei (Ritter, DB 2011, 175, 176). Der Arbeitge-ber müsse die Möglichkeit haben, Unterlagen, die einen Ver-trauenszuwachs verhindern könnten, dauerhaft in der Perso-nalakte zu belassen (Kleinebrink, a.a.O.).

b) Zutreffend ist, dass eine Abmahnung für eine spätere Inte-ressenabwägung auch dann noch Bedeutung haben kann,wenn sie ihre kündigungsrechtliche Warnfunktion verloren

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hat. So kann in die Interessenabwägung bei einer verhaltens-bedingten Kündigung ein zuvor störungsfreier Verlauf des Ar-beitsverhältnisses einzubeziehen sein (vgl. BAG, v. 7.7.2011 –2 AZR 355/10 – Rn 20, AP BGB § 626 Nr. 237 = EzA BGB 2002§ 626 Nr. 38; v. 10.6.2010 – 2 AZR 541/09 – Rn 34, BAGE 134,349). An einem solchen kann es fehlen, wenn der Arbeitneh-mer schon einmal abgemahnt wurde. Gleichwohl besteht einberechtigtes Interesse des Arbeitgebers an der Dokumenta-tion einer Pflichtverletzung nicht zwangsläufig für die ge-samte Dauer des Arbeitsverhältnisses. So kann ein hinrei-chend lange zurückliegender, nicht schwerwiegender unddurch beanstandungsfreies Verhalten faktisch überholterPflichtenverstoß seine Bedeutung für eine später erforderlichwerdende Interessenabwägung gänzlich verlieren. Eine nichtunerhebliche Pflichtverletzung im Vertrauensbereich wirddemgegenüber eine erhebliche Zeit von Bedeutung sein.

III. Bei der neuen Verhandlung und Entscheidung wird dasLandesarbeitsgericht die folgenden Erwägungen zu berück-sichtigen haben.

1. Bislang ist nicht aufgeklärt, ob die Abmahnung vom16.4.2008 eine unrichtige Tatsachenbehauptung oder falscherechtliche Bewertung enthält. Die Klägerin hat zwar nicht be-stritten, bei ihrer Anhörung angegeben zu haben, sie habe ih-rer Kollegin schon Ende April 2007 die Zahlstelle übergeben.Eine Pflichtverletzung läge darin aber nur, wenn dies nicht derWahrheit entspräche. Hierzu haben die Parteien widerstrei-tend vorgetragen.

2. Ebenso wenig wie für das Fortbestehen der Warnfunktioneiner Abmahnung (vgl. BAG, v. 18.11.1986 – 7 AZR 674/84 –zu II 5 der Gründe, AP KSchG 1969 § 1 VerhaltensbedingteKündigung Nr. 17 = EzA BGB § 611 Abmahnung Nr. 4) gibt eseine fest bemessene Frist für die Dauer, für welche ein berech-tigtes Interesse des Arbeitgebers an ihrem Verbleib in der Per-sonalakte des Arbeitnehmers anzuerkennen ist. Maßgeblichsind die Umstände des Einzelfalls, insbesondere die Schweredes gerügten Fehlverhaltens. Je schwerer eine Pflichtverlet-zung wiegt, desto länger kann sie für die Beurteilung der Füh-rung, der Leistungen und der Fähigkeiten des Arbeitnehmersund ggf. für seine Vertrauenswürdigkeit von Bedeutung sein.Ein auf nur geringer Nachlässigkeit beruhender Ordnungsver-stoß kann seine Bedeutung für das Arbeitsverhältnis deutlicheher verlieren (vgl. dazu BAG, v. 27.1.1988 – 5 AZR 604/86 –zu III der Gründe, RzK I 1 Nr. 26) als ein Fehlverhalten, welchesgeeignet ist, das Vertrauen in die Integrität des Arbeitneh-mers erheblich zu beeinträchtigen. Auch eine schwere Pflicht-verletzung im Leistungsbereich wird ein Interesse des Arbeit-gebers an einem Verbleib der Abmahnung in der Personal-akte angesichts der Möglichkeit, die Qualität der Arbeitsleis-tung und die Befähigung des Arbeitnehmers für höherwer-

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tige oder andere Tätigkeiten beurteilen zu müssen, für län-gere Zeit begründen können.■ Bundesarbeitsgerichtvom 18.7.2012, 2 AZR 782/11eingereicht von Rechtsanwalt Dr. Thomas RitterAllvaterstraße 2, 14129 BerlinTel.: 030/805804-40, Fax: 030/805804-42www.thomasritterlegal.de; [email protected]

2. AGB-Kontrolle, Ausschlussfrist, unterschiedlicheRegelung in Arbeits- und Tarifvertrag

Ist im Arbeitsvertrag eine (unproblematische) einstufige Ver-fallfrist geregelt und in einem arbeitsvertraglich in Bezug ge-nommenen Tarifvertrag eine zweistufige Frist, ist die Ver-pflichtung, die einstufige arbeitsvertragliche Frist einzuhaltenjedenfalls dann nicht unklar, wenn zusätzlich im Vertrag nochdarauf hingewiesen wurde, dass die für den Arbeitnehmergünstige Regelung Geltung hat. An der Geltung der einstufi-gen Frist kann insoweit kein Zweifel bestehen.■ Landesarbeitsgericht Kölnvom 2.7.2012, 2 Sa 238/12

3. AGB-Kontrolle, Ausschlussfrist, formelle Intransparenz

Die Unterbringung einer Ausschlussfristenregelung an uner-warteter Stelle (hier unter der Überschrift „Beendigung desArbeitsverhältnisses“) ist überraschend und daher nicht zumVertragsinhalt allgemeiner Geschäftsbedingungen geworden(§ 305c Abs. 1 BGB).■ Landesarbeitsgericht Kölnvom 22.6.2012, 10 Sa 88/12

4. AGB-Kontrolle, Arbeitnehmerüberlassung, equal pay,unwirksame Verweisung auf mehrgliedrigen Tarifvertrag

1. Die arbeitsvertraglich vereinbarte einseitige Ersetzungsbe-fugnis des Arbeitgebers im Hinblick auf den im Arbeitsverhält-nis maßgeblichen Tarifvertrag benachteiligt den Arbeitneh-mer unangemessen und ist gemäß § 308 Nr. 4 BGB unwirk-sam.2. Setzt der Entleiher im Aufgabengebiet des Leiharbeitneh-mers keine eigenen Stammkräfte, sondern ausschließlichLeiharbeitnehmer ein, folgt aus § 10 Abs. 4 AÜG bei richtlini-enkonformer Auslegung, dass der Leiharbeitnehmer dann dieVergütung beanspruchen kann, die für ihn maßgeblich wäre,wenn er vom Entleiher für die gleiche Aufgabe eingestelltworden wäre.3. Die einzelvertragliche Bezugnahme auf einen mehrgliedri-gen Tarifvertrag verstößt gegen das Transparenzgebot gemäߧ 307 Abs. 1 Satz 2 BGB und ist unwirksam.■ Landesarbeitsgericht Hannovervom 21.9.2012, 6 Sa 112/12

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5. AGG, Bewerbungsverfahren, Kopftuch als religiösesBekenntnis

1. Trägt eine muslimische Frau in der Öffentlichkeit ein Kopf-tuch, ist dies als Teil ihres religiösen Bekenntnisses und als Aktder Religionsausübung anzuerkennen.2. Wird eine Bewerberin bereits vor dem Abschluss des Bewer-bungsverfahrens aus dem Kreis der in Betracht zu ziehendenBewerberinnen ausgeschlossen, weil sie auf Nachfrage despotenziellen Vertragspartners angibt, das Kopftuch auch wäh-rend der Arbeitszeit nicht ablegen zu wollen, wird die Bewer-berin wegen ihrer muslimischen Religionszugehörigkeit dis-kriminiert.3. Gesetzgeberische Intention des AGG ist es auch, dass sichdie Subjekte der Vertragsfreiheit nicht von dem Gedanken lei-ten lassen mögen, der potenzielle Vertragspartner zeige in Le-bensfragen im Sinne von § 1 AGG eine Haltung, die von derMehrheitshaltung abweicht.■ Arbeitsgericht Berlinvom 28.3.2012, 55 Ca 2426/12

6. AGG, Bewerbungsverfahren, Begriff derWeltanschauung, Sympathie für die kommunistischePartei Chinas, Klagefrist

1. Der Begriff der Weltanschauung ist weit zu fassen und kannüber eine feste innere, religionsähnliche Vorstellung von derWelt auch die Überzeugung von der Richtigkeit politischerProgramme beinhalten. Nicht geschützt nach Art 2 Abs. 5EGRL 78/2000 sind danach ausdrücklich nur Überzeugungen,die auf die Einschränkung von Rechten und Freiheiten ande-rer abzielen.2. Auch bei einer weiten Auslegung des Begriffs der Weltan-schauung im Sinne des § 1 AGG erfüllt die bloße Sympathiefür eine politische Partei ohne tiefer gehende Identifizierungmit deren Zielen noch nicht das Merkmal der Weltanschau-ung. Ein Wohlwollen gegenüber einer politischen Richtungoder politischen Partei erreicht noch nicht die Tiefe, die denBegriff der Weltanschauung beziehungsweise „Überzeugung“(in anderen EG-Sprachen) kennzeichnet.3. Nur eine Klage auf Entschädigung nicht aber eine Feststel-lungsklage wahrt die Frist aus § 61b ArbGG.■ Landesarbeitsgericht Kölnvom 13.2.2012, 2 Sa 768/11

7. AGG, Bewerbungsverfahren, unzureichendeMitteilung der Schwerbehinderung, Verletzung der Prüf-und Meldepflichten gem. §§ 81, 82 SGB IX, Höhe derangemessenen Entschädigung

Aus den Entscheidungsgründen:1. Die Beklagte hat nicht schon deshalb ein Indiz für eine Be-nachteiligung des Klägers gesetzt, weil sie den Kläger nicht zueinem Vorstellungsgespräch eingeladen hat (§ 82 Satz 2SGB IX). (…) Der Kläger hat unstreitig in seinem Bewerbungs-schreiben vom 17.8.2009 keine Mitteilung von seiner

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Schwerbehinderung gemacht. Eine positive Kenntnis der zu-ständigen Personen ist erst nach dem Bewerbungsschlusszum 31.8.2009 mit Zugang seines Schreibens vom 14.10.2009am 16.10.2009 feststellbar. Zu diesem Zeitpunkt war das Ein-stellungsverfahren so weit fortgeschritten, dass eine Einla-dung des Klägers zu einem Vorstellungsgespräch nicht mehrerfolgen musste. Der Beklagte hatte bereits am 3.9.2009 dieeingegangenen 19 Bewerbungen sortiert und sieben aus sei-ner Sicht am besten geeignete Bewerber ausgesucht. Der zu-ständige Personalausschuss des Kreistages hatte in seiner Sit-zung vom 14.9.2009 darüber abgestimmt, welche der ausge-wählten Bewerber zu Vorstellungsgesprächen eingeladenwerden und die Vorstellungsgespräche am 9.10. und14.10.2009 waren bereits erfolgt. Unabhängig davon, dass er-gänzend auch noch am Montag, den 19.10.2009 ein letztesVorstellungsgespräch stattfand, hätte für den Beklagten dieerneute Einbeziehung des Klägers in das Auswahlverfahrendurch die Einladung zu einem Vorstellungsgespräch bedeu-tet, dass der gesamte, bereits geplante Entscheidungsprozessverzögert wird. Im Hinblick auf den Bewerbungsschluss am31.8.2009 war dies dem Beklagten nicht zuzumuten. Der öf-fentliche Arbeitgeber ist berechtigt, die nachträgliche Offen-legung einer Schwerbehinderung genauso, wie eine nach-trägliche Bewerbung unberücksichtigt zu lassen und in ei-nem solchen Fall von einer Einladung zu einem Vorstellungs-gespräch abzusehen, wenn das Bewerbungsverfahren schonweit fortgeschritten ist oder die Auswahlentscheidung – zu-mindest intern – schon getroffen wurde (BAG, v. 18.11.2008, 9AZR 643/09).Der Formulierung im Bewerbungsschreiben: „Meine Be-hinderung schränkt mich bei einer Tätigkeit im Bereich deröffentlichen Verwaltung nicht ein." musste die Beklagte nichtentnehmen, dass beim Kläger eine Schwerbehinderung vor-liegt. Aufgrund der Weite des Behindertenbegriffs fallen auchEinschränkungen hierunter, die ggf. weit unterhalb derSchwelle eines Grades der Behinderung von 50 (§ 2 Abs. 2SGB IX) liegen und daher die besonderen Pflichten nach§§ 81, 82 SGB IX, die nur für schwerbehinderte und diesengleichgestellte behinderte Menschen gelten (§ 68 Abs. 1SGB IX), nicht auslösen (BAG, v. 13.10.2011, 8 AZR 608/10). DerBeklagte musste auch aus der Tatsache, dass der Kläger infortgeschrittenem Lebensalter eine Ausbildung für den geho-benen Verwaltungsdienst gemacht hat, nicht auf eineSchwerbehinderung schließen. Der Arbeitgeber muss sichnicht in detektivischer Weise mit einer Bewerbung auseinan-dersetzen und hinterfragen, wann und aus welchen Gründender Bewerber seine Qualifikationen erwerben konnte und et-waigen Vermutungen oder Möglichkeiten für das Bestehen ei-ner Schwerbehinderung nachgehen. Ein Bewerber, der sichauf die für Schwerbehinderte geltenden Schutzvorschriftenberufen möchte, muss vielmehr von sich aus eine bestehendeSchwerbehinderung deutlich machen. Eine Pflicht des Arbeit-gebers, sich nach einer Schwerbehinderteneigenschaft zu er-kundigen, besteht grundsätzlich nicht. Eine solche Pflicht

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kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil der Arbeitgebernicht berechtigt ist, sich tätigkeitsneutral nach dem Besteheneiner Schwerbehinderteneigenschaft zu erkundigen, wenn erhiermit keine positive Fördermaßnahme verbinden will. Ge-rade durch solche Nachfragen kann der Arbeitgeber Indiztat-sachen schaffen, die ihn bei einer Entscheidung gegen denschwerbehinderten Bewerber in die Darlegungslast nach § 22AGG bringen können. Hierzu kann der Arbeitgeber nicht ver-pflichtet sein (BAG, v. 13.10.2011, 8 AZR 608/10).2. Die Beklagte hat aber ihre Prüf- und Meldepflichten nach§§ 81 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2, 82 Satz 1 SGB IX und ihre Unter-richtungspflicht nach § 81 Abs. 1 Satz 9 SGB IX verletzt undhierdurch in zweifacher Weise eine Indizwirkung i.S.d. § 22AGG dahingehend begründet, dass er den Kläger als Behin-derten benachteiligt. (…)3. Für die Höhe der dem Kläger nach § 15 Abs. 2 Satz 1 AGGzustehenden angemessenen Entschädigung erscheint einBetrag von EUR 4.000,00 (aufgerundet 1,5 Bruttomonatsver-gütungen) angemessen.§ 15 Abs. 2 Satz 1 AGG räumt dem Gericht einen Beurteilungs-spielraum hinsichtlich der Höhe der Entschädigung ein, umbei der Prüfung der Angemessenheit der Entschädigung dieBesonderheiten jedes einzelnen Falls berücksichtigen zu kön-nen. (…) Hierbei ist vorliegend zu berücksichtigen, dass derBeklagte allein gegen die Pflichten aus § 81 Abs. 1 Satz 1, 2und 9, sowie § 82 Satz 1 SGB IX verstoßen hat und aus demgesamten Ablauf des Verfahrens hervorgeht, dass das Verhal-ten des Beklagten nicht auf eine Diskriminierung des Klä-gers angelegt war, sondern von inhaltlichen Anforderungenan die Qualifikation der Bewerber getragen war und insbe-sondere die zu einem Vorstellungsgespräch eingeladenen Be-werber über relevante Berufserfahrung für die auszuübendeTätigkeit verfügten. Demnach steht fest, dass der Kläger auchbei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt wordenwäre und es damit nicht um die Person des Klägers ging, sodass die Folgen der Benachteiligung für den Kläger durch dievorliegenden Verfahrensverstöße insgesamt nicht gravierendwaren. Hinzukommt, dass der Kläger es selber zu vertretenhat, dass der Beklagte erst weit nach Schluss der Bewerbungs-frist und in einem Stadium, in dem das Einstellungsverfahrenweit fortgeschritten war, Kenntnis von der Schwerbehinde-rung der Klägers erhalten hat. Dennoch wiegt in diesem Zu-sammenhang der Verstoß des Beklagten gegen die Pflicht,die Ablehnung gem. § 81 Abs. 1 Satz 9 SGB IX zu begründen,schwerer, als die Verstöße gegen die Prüfungs- und Mel-debestimmungen der §§ 81 Abs. 1 Satz 1 und 2, 82 Satz 2SGB IX. Der Beklagte wusste zu diesem Zeitpunkt um dieSchwerbehinderung des Klägers und hätte mit einer entspre-chenden Begründung, die insbesondere auf den zeitlichenAblauf des Einstellungsverfahrens hinweist und dem Klägererläutert, weshalb er ohne Ansehen seiner Person bei der Ein-stellung nicht berücksichtigt werden konnte, beim Kläger denEindruck vermeiden können, dass er als schwerbehinderterMensch unter systematischer Missachtung der einschlägigen

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Schutzbestimmungen benachteiligt wird. Zugunsten des Be-klagten ist zu berücksichtigen, dass er seit der Forderung desKlägers nach Entschädigung die einschlägigen Schutzvor-schriften berücksichtigt. Auch in Anbetracht der Tatsache,dass die Entschädigung geeignet sein muss, eine wirklich ab-schreckende Wirkung gegenüber dem Arbeitgeber zu haben,erscheint es angesichts der eher leichten Persönlichkeits-rechtsverletzung unter den vorliegenden Umständen ange-messen, den vom Kläger genannten Betrag von drei Brutto-monatsvergütungen nicht voll auszuschöpfen, sondern insge-samt ein Betrag von EUR 4.000,00 festzusetzen.■ Landesarbeitsgericht Münchenvom 25.6.2012, 7 Sa 1247/12eingereicht von Rechtsanwalt Jochen LinkNiedere Straße 63, 78050 Villingen-SchwenningenTel.: 07721-33166; Fax: [email protected]; www.anwaltskanzlei-vs.de

8. Aufhebungsvertrag, Anfechtung wegen arglistigerTäuschung

Im Verschweigen von Tatsachen bzw. im Unterlassen einerAufklärung (hier Nichtoffenbaren einer abgegebenen eides-stattlichen Versicherung) kann eine zur Anfechtung berechti-gende Täuschung nur dann liegen, wenn eine Offenbarungs-pflicht besteht, etwa weil das Verschweigen gegen Treu undGlauben verstößt und der Vertragspartner unter den gegebe-nen Umständen die Mitteilung der verschwiegenen Tatsachenhätte erwarten dürfen. Grundsätzlich ist es Sache jeder Partei,ihre eigenen Interessen selbst wahrzunehmen. Es bestehtkeine allgemeine Pflicht, alle Umstände zu offenbaren, die fürdie Entschließung des anderen Teils von Bedeutung seinkönnten.2. Die Darlegungs- und Beweislast für die eine vorsätzlicheTäuschung begründenden Umstände sowie deren Ursächlich-keit für die angefochtene Willenserklärung trägt der Anfech-tende; das gilt auch, soweit es um eine Täuschung durch arg-listiges Verschweigen geht.■ Landesarbeitsgericht Kölnvom 27.3.2012, 12 Sa 811/11

9. Betriebliche Altersversorgung, Rentenanpassung

1. Der für den Anpassungsbedarf und die reallohnbezogeneObergrenze maßgebliche Prüfungszeitraum reicht vom Ren-tenbeginn bis zum Anpassungsstichtag.2. Erweist sich die Anpassungsentscheidung des Arbeitgebersals unwirksam, ist eine Anpassung nach Maßgabe des Ver-braucherpreisindexes vorzunehmen. Dies gilt allerdings nichtschon dann, wenn die ursprünglich vom Arbeitgeber getroffe-nen Erwägungen mit § 16 BetrAVG nicht vereinbar sind. DerArbeitgeber kann für die getroffene Anpassungsentschei-dung neue Berechnungen in den Prozess einführen, weil ent-scheidend darauf abzustellen ist, ob die getroffene Anpas-

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sungsentscheidung im Ergebnis billigem Ermessen ent-spricht.3. Der Nettolohn i.S.v. § 16 Abs. 2 Nr. 2 BetrAVG ist der Teil desArbeitsverdienstes, der den aktiven Arbeitnehmern nach Ab-zug von Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen üblicher-weise verbleibt. Dies ergibt sich daraus, dass § 16 BetrAVG derAufrechterhaltung eines bestimmten Lebensstandards dient.Dieser hängt vom verfügbaren Einkommen ab.■ Landesarbeitsgericht Kölnvom 13.4.2012, 5 Sa 354/11

10. Betriebliche Altersversorgung, gespalteneRentenformel, Abschlag bei vorgezogenemRentenbezug

1. Keine mittelbare Benachteiligung wegen des Geschlechtsdurch sog. gespaltene Rentenformel in der Versorgungsord-nung.2. Bei der vorgezogenen Inanspruchnahme der Betriebsrentenach dem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis vor Eintrittdes Versorgungsfalles kann, wenn die Versorgungsordnungselbst keinen versicherungsmathematischen Abschlag vor-sieht, ein sog. untechnischer versicherungsmathematischerAbschlag nur vorgenommen werden, wenn die Versorgungs-ordnung einen solchen nicht ausschließt, hier Ausschluss be-jaht.■ Landesarbeitsgericht Kölnvom 3.4.2012, 12 Sa 1043/11

11. Betriebsübergang, Abgrenzung vonBetriebseinstellung und Betriebsübergang

Bei der Abgrenzung zwischen Betriebsstilllegung und Be-triebsübergang ist zwischen der Entscheidung, die eigene un-ternehmerische Tätigkeit aufzugeben und der Entscheidung,den Betrieb einzustellen, zu unterscheiden. Handelt es sichum die OGS-Betreuung von Grundschulkindern in einer kom-munalen Schule, liegt die Entscheidung, die Betreuung derKinder einzustellen, bei der Kommune. Solange diese einenneuen Träger zur Übernahme der Aufgabe sucht, kann derbisherige Träger nicht von einer Betriebsstilllegung ausgehen.Ihm steht nicht die Entscheidung zu, am vorgegebenenStandort Kinderbetreuung nicht mehr durchzuführen.Im Rahmen des Betriebsbegriffs ist der Unterschied in derRechtspersönlichkeit des Betriebsinhabers kein Abgrenzungs-kriterium. Voraussetzung des Betriebsübergangs ist gerade,dass sich die Inhaberschaft des Betriebs ändert.■ Landesarbeitsgericht Kölnvom 2.7.2012, 2 Sa 102/12

12. Betriebsübergang, Abgrenzung vonBetriebseinstellung und Betriebsübergang

1. Es kann eine Umgehung des nach § 613a BGB bezwecktenSchutzes der Arbeitnehmer vorliegen, wenn bei einem Be-triebsübergang die beschäftigten Arbeitnehmer durch Veräu-

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ßerer und Erwerber veranlasst werden, gleichzeitig zu verein-barena. die Aufhebung des mit dem Veräußerer bestehenden unbe-fristeten Arbeitsverhältnisses und die befristete Einstellungbei einer Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaft,undb. den Abschluss eines befristeten Arbeitsverhältnisses mitdem Erwerber, das zu dem Zeitpunkt beginnt, zu dem auchdie Aufhebung des Arbeitsverhältnisses mit dem Veräußererund die befristete Einstellung bei der Beschäftigungs- undQualifizierungsgesellschaft wirksam werden sollen.2. Die Übernahme wird den beschäftigten Arbeitnehmern ver-bindlich in Aussicht gestellt, wenn die geplante Fortführungdes Betriebs ohne Unterbrechung nur mit der ganz überwie-genden Zahl der Stammarbeitnehmer möglich ist.3. Die Bestandschutzregelungen des § 613a BGB finden auchim Insolvenzverfahren uneingeschränkt Anwendung und ste-hen weder von den Voraussetzungen noch von den Rechtsfol-gen her zur Disposition der Tarifvertragsparteien und/oderder Betriebsparteien.■ Landesarbeitsgericht Kölnvom 7.3.2012, 9 Sa 1310/11

13. Betriebsübergang, wirtschaftliche Tätigkeit,Arbeitsvermittlung in öffentlich-rechtlich organisierterEinheit

Als wirtschaftliche Tätigkeit gelten auch Dienste, die im allge-meinen Interesse und ohne Erwerbszweck im Wettbewerbmit den Diensten von Wirtschaftsteilnehmern erbracht wer-den, die einen Erwerbszweck verfolgen, ohne dass es sich umeine Ausübung hoheitlicher Befugnisse handelt (im Anschlussan EuGH, v. 6.9.2011 – [Scattolon] – Rs. C 108/10).■ Landesarbeitsgericht Hannovervom 1.11.2012, 4 Sa 1528/11

14. Direktionsrecht, billiges Ermessen, leidensgerechterArbeitsplatz

1. Dem Arbeitnehmer kann ein Anspruch auf Schadensersatznach § 280 Abs. 1 BGB zustehen, wenn der Arbeitgeberschuldhaft seine Rücksichtnahmepflichten aus § 241 Abs. 2BGB dadurch verletzt hat, dass er dem Arbeitnehmer nichtdurch Neuausübung seines Direktionsrechts einen leidensge-rechten Arbeitsplatz zuweist (im Anschluss an BAG, v.19.5.2010 – 5 AZR 162/09).2. Ist der Arbeitgeber aufgrund der Rücksichtnahmepflichtnach § 241 Abs. 2 BGB verpflichtet, von seinem Direktions-recht erneut Gebrauch zu machen, so schließt das die Pflichtein, etwaige Hindernisse für die Zuweisung der neuen Tätig-keit zu beseitigen, soweit dies dem Arbeitgeber möglich undzumutbar ist.■ Arbeitsgericht Berlinvom 6.6.2012, 4 Sa 2152/11

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15. Direktionsrecht, billiges Ermessen, Berücksichtigungder Kinderbetreuung

1. Trotz der Personensorgepflicht der Klägerin für ihr Kind unddem Umstand, dass der Ehemann der Klägerin ebenfalls beider Beklagten beschäftigt ist, besteht kein Anspruch der Klä-gerin, nur zu den von ihr beantragten Zeiten von 9.00 Uhr bis20.00 Uhr zur Arbeit eingeteilt zu werden.2. Bei der Bestimmung der Lage der Arbeitszeit muss der Ar-beitgeber nach Möglichkeit auch auf die Personensorge-pflichten des Arbeitnehmers Rücksicht nehmen, sofern be-triebliche Gründe oder berechtigte Belange anderer Arbeit-nehmer nicht entgegenstehen (Anschluss an LAG Mecklen-burg-Vorpommern, Urt. v. 26.11.2008, 2 Sa 217/08. Dies führtvorliegend aber nicht zu einer Reduzierung des Arbeitgeber-ermessens „auf Null“.■ Landesarbeitsgericht Kölnvom 27.3.2012, 12 Sa 987/11

16. Direktionsrecht, keine Zuweisung geringerwertigerTätigkeit

Wenn die Arbeitspflicht arbeitsvertraglich nicht auf eine ge-nau bestimmte Tätigkeit begrenzt (konkretisiert) ist, kanndem Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes jede Tätigkeitübertragen werden, die den Merkmalen seiner Vergütungs-gruppe und seinen Kräften und Fähigkeiten entspricht, sofernihm die Tätigkeit auch im Übrigen billigerweise zugemutetwerden kann. Das Weisungsrecht des Arbeitgebers umfasstnicht die Befugnis zur Versetzung des Arbeitnehmers auf ei-nen Arbeitsplatz mit einer geringerwertigeren Tätigkeit. Diesgilt selbst dann, wenn die bisher gezahlte Vergütung fortge-zahlt wird.■ Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalzvom 25.4.2012, 8 Sa 677/11

17. Entgeltfortzahlung,Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung aus EU-Land,Mitteilung der Auslandsanschrift

1. Durch eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, die in einemLand der EU ausgestellt worden ist und für die die Verordnung(EWG) Nr. 547/72 des Rates vom 21.3.1972 gilt, wird der volleBeweis für das Vorliegen einer krankheitsbedingten Arbeits-unfähigkeit erbracht.2. Nach § 5 Abs. 2 EFZG ist der Arbeitnehmer, der sich bei Be-ginn der Arbeitsunfähigkeit im Ausland aufhält, verpflichtet,dem Arbeitgeber die Arbeitsunfähigkeit, deren voraussichtli-che Dauer und die Adresse am Aufenthaltsort in der schnellst-möglichen Art der Übermittlung mitzuteilen. Teilt aber der Ar-beitnehmer dem Arbeitgeber seine im Ausland eingetreteneArbeitsunfähigkeit telefonisch mit und fragt der Arbeitgebernicht nach der Urlaubsanschrift, so kann er die Entgeltfortzah-lung nicht mit der Begründung verweigern, ihm sei dadurch

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die Möglichkeit genommen worden, die Arbeitsunfähigkeitüberprüfen zu lassen (BAG, v. 19.2.1997 – 5 AZR 83/96).■ Landesarbeitsgericht Kölnvom 1.6.2012, 4 Sa 115/12

18. Freistellung, Angebot auf Erlassvertrag

Die typische Erklärung im Kündigungsschreiben „Sie werdenab sofort unter Fortzahlung der vertragsgemäßen Vergütungund unter Anrechnung bestehender Urlaubsansprüche biszum Ablauf der Kündigungsfrist von der Erbringung der Ar-beitsleistung unwiderruflich freigestellt." stellt ein Angebotzum Abschluss eines Erlassvertrages im Sinne von § 397 BGBdar.■ Landesarbeitsgericht Kölnvom 24.8.2012, 13 Sa 499/12

19. Gleichbehandlungsanspruch, Anforderung an dieStärke der Vergleichsgruppe

Für die Anwendung des arbeitsrechtlichen Gleichbehand-lungsgrundsatzes ist es nicht erforderlich, dass die Mehrheitder Arbeitnehmer der Vergleichsgruppe begünstigt ist (hier:ausreichend 31 % der Vergleichsgruppe).■ Landesarbeitsgericht Kölnvom 18.5.2012, 4 Sa 1506/11

20. Mobbing, Abgrenzung zu sozialtypischen beruflichenKonflikten, Obligation des Betroffenen zur Bereinigungvon Konflikten

1. Einzelne Konflikten zwischen einer Lehrerin und der Schul-leitung über das richtige Verhalten gegenüber Schülern undEltern und die fehlende Anerkennung des Einsatzes der Leh-rerin sind ohne systematische und zielgerichtete Anfeindungnicht zwingend als „Mobbing“ anzusehen.2. Schultypische Konflikte sind üblicherweise in Gesprächenzwischen dem sich benachteiligt fühlenden Lehrer und derSchulleitung sowie dem Lehrerkollegium zu erörtern mit demZiel, sie beizulegen. Dabei kann es dem betroffenen Lehrerobliegen, derartige Gespräche anzustoßen, insbesonderewenn die erhebliche Auswirkung der Konflikte auf seine Ge-sundheit für die Schulleitung und die anderen Lehrer so nichterkennbar ist.■ Landesarbeitsgericht Kölnvom 29.2.2012, 9 Sa 1221/11

21. Mobbing, Abgrenzung zum sozialadäquatenArbeitsplatzkonflikt

1. Ein sogenannter Mobbing-Tatbestand, der geeignet seinkann, eine Schadensersatzpflicht zu begründen, unterschei-det sich von sozialadäquaten Arbeitsplatzkonflikten dadurch,dass er eine Kette von einseitigen Persönlichkeitsrechtsverlet-zungen aufweist, die systematisch und zielgenau gegen eineoder mehrere bestimmte Personen gerichtet ist.

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2. Soll der Arbeitgeber als solcher wegen eines Mobbing-Tat-bestands in Anspruch genommen werden, ist darzulegen,dass die Mobbing-Handlungen von Personen ausgehen, diedabei gegenüber der oder den Betroffenen in ihrer Eigen-schaft als Arbeitgebervertreter auftreten.3. Eine Haftung des Arbeitgebers kommt ferner dann in Be-tracht, wenn dieser es unterlässt, den oder die Betroffenen vorentsprechenden Verletzungshandlungen anderer Mitarbeiterin Schutz zu nehmen, obwohl ihm der Mobbing-Tatbestandbekannt ist oder bekannt sein müsste.■ Landesarbeitsgericht Kölnvom 21.7.2011, 7 Sa 1570/10

22. Mobbing, kein Auskunftsanspruch zur Vorbereitungeines Entschädigungsanspruchs

Aus den Entscheidungsgründen:Der Kläger hat keinen Auskunftsanspruch bezüglich der ver-langten Angaben über die vom Beklagten beauftragte Detek-tei.1. Im Arbeitsverhältnis wird ein Auskunftsanspruch nach§ 242 BGB anerkannt, wenn der Anspruchsberechtigte in ent-schuldbarer Weise über das Bestehen oder den Umfang sei-nes Rechts im Ungewissen ist, während der Verpflichtete un-schwer Auskunft erteilen kann (BAG, v. 7.9.1995 – 8 AZR 828/93). Ein Ungleichgewicht kann etwa aus einer wirtschaftlichenÜbermacht oder aus einem erheblichen Informationsgefälleresultieren. Eine solche Situation kann es erfordern, Aus-kunftsansprüche zu statuieren, die eine Vertragspartei zurWahrnehmung ihrer materiellen Rechte aus dem Vertrag be-nötigt. Im Regelfall setzt das einen dem Grunde nach festste-henden Leistungsanspruch voraus (BAG, v. 27.6.1990 – 5 AZR334/89; BGH, v. 7.12.1988 – IVa ZR 290/87; MüKoBGB/Krüger,§ 260 Rn 15 f.). Innerhalb vertraglicher Beziehungen, insbe-sondere bei Dauerschuldverhältnissen, kann der Auskunftsan-spruch darüber hinaus die Funktion haben, dem BerechtigtenInformationen auch schon über das Bestehen des Anspruchsdem Grunde nach zu verschaffen (ErfK/Preis, § 611 BGBRn 633). Besteht ein billigenswertes Interesse an einer Aus-kunft, z.B. weil sie zur Geltendmachung eines Leistungsan-spruchs erforderlich ist, kann sie verlangt werden, soweit dieVerpflichtung keine übermäßige Belastung des Vertragspart-ners darstellt und die gesetzliche Verteilung der Darlegungs-und Beweislast im Prozess berücksichtigt bleibt: Die Darle-gungs- und Beweissituation darf nicht durch die Gewährungmateriellrechtlicher Auskunftsansprüche unzulässig verändertwerden (BAG, v. 7.9.1995 – 8 AZR 828/93). Der Auskunftsan-spruch kann nach Treu und Glauben nur da ergänzend ein-greifen, wo auch die grundsätzliche Verteilung der Darle-gungs- und Beweislast einer entsprechenden Korrektur be-darf (BAG, v. 7.9.1995 – 8 AZR 828/93).2. Hier macht der Kläger den Auskunftsanspruch geltend, daer in den von dem Beklagten beauftragten Überwachungs-maßnahmen einen weiteren Mobbing-Vorfall erkennt, den er

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seinem Schmerzensgeldantrag zugrunde legen möchte. DieDarlegungs- und Beweislast für die gerügte Pflichtverletzungträgt nach allgemeinen Grundsätzen auch in sog. Mobbing-Fällen der Arbeitnehmer, der sich als „gemobbt“ ansieht.Würde der Beklagte hier antragsgemäß zur Auskunft verur-teilt werden, so würde die gesetzliche Verteilung der Darle-gungs- und Beweislast in unzulässiger Weise verschoben wer-den. Es ist nicht Aufgabe des Beklagten, die Gegenseite mitTatsachen zu versorgen, um deren Antrag eventuell schlüssigzu machen.■ Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalzvom 9.8.2012, 11 Sa 731/11eingereicht von Rechtsanwalt Georg WohllebenSchlossstraße 7, 56856 Zell/MoselTel.: 06542-969777-0; Fax: [email protected]; www.mueller-wohlleben.de

23. Persönlichkeitsrecht, Anordnung amtsärztlicherUntersuchung, Leistungsverweigerungsrecht

Leitsatz:Ein Arbeitnehmer, der gemäß § 3 Abs. 5 Satz 1 TV-L verpflich-tet ist, seine Leistungsfähigkeit durch ärztliche Bescheinigungnachzuweisen, ist zur Verweigerung einer zu diesem Zweckangeordneten amtsärztlichen Untersuchung berechtigt,wenn der Arbeitgeber in seinem Schreiben an den amtsärztli-chen Dienst überschießende Angaben zu Problemen des Ar-beitnehmers bei der Arbeit gemacht und Fragen gestellt hat,die über eine Beurteilung der Leistungsfähigkeit hinausge-hen.

Aus den Entscheidungsgründen:1. Die Klägerin ist nicht verpflichtet, sich aufgrund der Anord-nung des Beklagten vom amtsärztlichen Dienst des Landkrei-ses auf ihre Dienstfähigkeit untersuchen zu lassen. Die Voraus-setzungen des § 3 Abs. 5 Satz 1 TV-L für eine solche Anord-nung waren aufgrund der krankheitsbedingten Ausfallzeitender Klägerin und ihrer Angaben zu ihrem Gesundheitszustandan sich erfüllt. Die Klägerin ist jedoch gemäß § 275 Abs. 3 BGBberechtigt, die Leistung eines Nachweises aufgrund einer Un-tersuchung des amtsärztlichen Dienstes des Landkreises zuverweigern. Das Leistungshindernis ergab sich für die Kläge-rin aus dem Schreiben des Beklagten mit dem dieser dieAmtsärztin des Landkreises mit der Erstellung eines Gutach-tens über die Arbeitsfähigkeit betraute. Soweit der Beklagte inseinem Schreiben danach fragte, welche gesundheitlichenBeeinträchtigungen immer wieder zur Arbeitsunfähigkeit derKlägerin führten, ob ein einheitliches Grundleiden besteheund ob und ggf. welche Funktionseinschränkungen bestün-den, war dies von der Nachweispflicht der Klägerin nach § 3Abs. 5 TV-L nicht gedeckt. Rechtsfolge davon war jedoch keinbloßes Verwertungsverbot entsprechender Antworten. Viel-mehr stellte der mit einer Beantwortung verbundene Eingriffin das Allgemeine Persönlichkeitsrecht der Klägerin (dazuBGH, Urt. v. 15.11.1994 – VI ZR 56/94 -BGHZ 128, 1 zu III der

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Gründe; BAG, Urt. v. 23.4.2009 – 6 AIR 189/08 – BAGE 130,347 = AP BGB § 611 Persönlichkeitsrecht Nr. 40 R 21) ein Hin-dernis dar, sich überhaupt erst einer darauf gerichteten ärztli-chen Untersuchung zu unterziehen.2. Ein weiteres, nicht wieder ausräumbares Hindernis wurdedadurch geschaffen, dass der Beklagte in seinem Schreibenausführte, es habe innerdienstliche Spannungen zwischender Klägerin, Schulleitern, Lehrkräften und Eltern und erhebli-che Störungen des Vertrauensverhältnisses gegeben, es lägenmassive Beschwerden von Eltern vor, welche die Klassenleiter-tätigkeit der Klägerin abgelehnt hätten, und es habe Abmel-dungen von Schülern gegeben, die nicht von der Klägerinhätten unterrichtet werden wollen. Dies ging über eine Schil-derung konkreter Umstände hinaus, die Anlass für Zweifel ander gesundheitlichen Leistungsfähigkeit der Klägerin gebenkonnten {vgl. LAG Hamburg, Urt. v. 13.9.2007 – 8 Sa 35/07 –zu 3 b der Gründe), und war geeignet, die Amtsärztin als Ad-ressatin gegenüber der Klägerin voreingenommen zu ma-chen, indem es deren Fantasie überlassen blieb, welche Ver-haltensweisen die Klägerin an den Tag gelegt haben mag. Zu-gleich lag darin eine Verarbeitung personenbezogener Datendurch Übermittlung i.S.v. § 3 Abs. 1 und 4 Satz 1 SDSG, dienach § 32 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 BÜSG nur erlaubt ist, soweitdies für die Durchführung des Beschäftigungsverhältnisses er-forderlich ist.3. Da sich einerseits die Klägerin einer Untersuchung durcheine nicht selbst gewählte, nun aber möglicherweise geradedurch das Vorgehen des Beklagten voreingenommene Ärztinunterziehen soll, andererseits für den Beklagten die Möglich-keit besteht, sein Leistungsinteresse nach Absprache mit demPersonalrat durch Beauftragung eines anderen Arztes zu be-friedigen, musste die gemäß § 275 Abs. 3 BGB gebotene Ab-wägung zugunsten der Klägerin ausfallen.■ Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburgvom 24.8.2012, 6 Sa 568/12eingereicht von Rechtsanwalt Friedemann KochMarburger Straße 16, 10789 BerlinTel. 0 30/2 12 48 99-0; Fax: 0 30/2 12 48 99 [email protected]; www.friedemann-koch.de

24. Vergütung, Anrechnung übertariflicher Zulage

Ob eine tarifliche Entgelterhöhung individualvertraglich aufeine übertarifliche Vergütung angerechnet werden kann,hängt von der zugrunde liegenden Vergütungsabrede ab. Ha-ben die Arbeitsvertragsparteien dazu eine ausdrückliche Ver-einbarung getroffen, gilt diese. Andernfalls ist aus den Um-ständen zu ermitteln, ob eine Befugnis zur Anrechnung be-steht. Die Anrechnung ist grundsätzlich möglich, sofern demArbeitnehmer nicht vertraglich ein selbstständiger Entgeltbe-standteil neben dem jeweiligen Tarifentgelt zugesagt wordenist.2. Da sich durch eine Anrechnung – anders als beim Widerrufder Zulage – die Gesamtgegenleistung des Arbeitgebers für

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die vom Arbeitnehmer erbrachte Arbeitsleistung nicht verrin-gert, ist die mit einer Anrechnung verbundene Veränderungder Zulagenhöhe dem Arbeitnehmer regelmäßig zumutbar.■ Landesarbeitsgericht Kölnvom 17.4.2012, 12 Sa 468/11

25. Vergütung, Überstunden, Darlegungs- undBeweislast, Anschein der Arbeitsleistung durchAnwesenheit

I. Arbeitsgericht Berlin1. Hat sich der Anspruchsteller im Rechtsstreit um die Vergü-tung von Mehr-/Überarbeit zur Entgegennahme und Befol-gung von Arbeitsanweisungen (§ 106 GewO) im Betrieb auf-gehalten, so ist es Sache des Arbeitgebers, näheren Auf-schluss darüber zu verschaffen, warum es sich entgegen er-stem Anschein nicht um vergütungspflichtige Anwesenheits-zeiten gehandelt haben sollte (vgl. BAG, v. 16.5.2012 – 5 AZR347/11). Die betriebliche Anwesenheit eines Arbeitnehmersbegründet die Vermutung, dass diese auch jeweils notwendiggewesen sei (LAG Berlin, v. 6.4.1983 – 12 Sa 3/83 – n.v.; LAGBerlin-Brandenburg, v. 23.12.2011 – 6 Sa 1941/11).2. Soweit es in diesem Zusammenhang noch auf die „Dul-dung“ entsprechender Mehr-/Überarbeit durch den Arbeitge-ber im Sinne der diesbezüglichen Judikatur des Bundesar-beitsgerichts (s. etwa schon BAG, v. 15.6.1961 – 2 AZR 436/60)ankommt, kann dieser sich nicht mit Erfolg darauf berufen, erhabe die fraglichen Zustände nicht gekannt, wenn die betref-fenden Zeiten in vom Arbeitgeber selber geführten Aufstel-lungen (hier: „Zeiterfassung Journal“) dokumentiert sind. Esgelten insofern die Grundsätze des Bundesgerichtshofs zursogenannten „Wissenszurechnung“ innerhalb arbeitsteiligerOrganisationen (s. namentlich BGH, v. 2.2.1996 – V ZR 239/94).II. Landesarbeitsgericht Berlin Brandenburg1. Im Überstundenprozess genügt der Arbeitnehmer seinerDarlegungslast, indem er vorträgt, an welchen Tagen er vonwann bis wann Arbeit geleistet oder sich auf Weisung des Ar-beitgebers zur Arbeit bereitgehalten hat. Auf diesen Vortragmuss der Arbeitgeber im Rahmen einer gestuften Darle-gungslast substanziiert erwidern (1. Prüfungsschritt).2. Ist streitig, ob der Arbeitnehmer Überstunden geleistet hat,muss der Arbeitnehmer nach der neueren Rechtsprechungdes BAG nicht mehr von vornherein darlegen, welche ge-schuldete Tätigkeit er während der Mehrarbeit verrichtet hat.3. Die Anwesenheit eines Arbeitnehmers im Betrieb an sei-nem Arbeitsplatz begründet eine Vermutung dafür, dass dieÜberstunden zur Erledigung der Arbeit jeweils notwendig wa-ren. Hierauf hat der Arbeitgeber substanziiert für jeden einzel-nen Tag zu erwidern (2. Prüfungsschritt).4. Die Darlegung der Leistung von Überstunden durch den Ar-beitnehmer hat nicht in Anlagen, sondern im Schriftsatz

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selbst zu erfolgen. Dies gilt jedenfalls bei Anlagen, die nichtaus sich heraus verständlich sind.■ Arbeitsgericht Berlinvom 2.11.2012, 28 Ca 13586/12■ Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburgvom 19.9.2012, 15 Ta 1766/12

26. Vergütung, Annahmeverzug, Streikteilnahme einesgekündigten Arbeitnehmers

Beteiligt sich ein außerordentlich gekündigter Arbeitnehmeran einem Streik, steht ihm für diese Zeit auch dann kein An-nahmeverzugslohn zu, wenn in einem nachfolgenden Kündi-gungsschutzprozess die Unwirksamkeit der Kündigung fest-gestellt wird. Wer streikt, ist nicht leistungswillig i.S.d. § 297BGB.■ Bundesarbeitsgerichtvom 17.7.2012, 1 AZR 567/11eingereicht von Rechtsanwalt Dr. Ulrich TschöpeMünsterstraße 21, 33330 GüterslohTel.: 05241-9033-0, Fax: [email protected]; www.t-s-c.eu

27. Vergütung, Sonderzahlung, Freiwilligkeitsvorbehalt

Aus dem Tatbestand:Der Arbeitsvertrag enthält folgende Regelungen:12. SonderzahlunqenSonderzahlungen, auf die kein gesetzlicher oder tariflicherAnspruch besteht, erfolgen freiwillig mit dem ausdrücklichenHinweis, dass daraus für die Zukunft kein Anspruch hergelei-tet werden kann, auch wenn die Zahlung mehrmals erfolgt.Arbeitnehmer im gekündigten Verhältnis haben keinen An-spruch auf Sonderzahlungen.15. Besondere VereinbarungenDer Mitarbeiter erhält im Jahr 2002 eine Weihnachtsgratifika-tion in Höhe von 420,00 DM. Im Jahr 2003 bis 2006 beträgtdiese 500,00 DM und im Jahr 2007 50 % des Bruttolohnes. An-schließend steigt die Gratifikation jährlich um 10 % bis max.100 % des monatlichen Bruttoarbeitslohnes.

Aus den Entscheidungsgründen:Die Klage auf Zahlung eines Weihnachtsgeldes ist unbegrün-det. Zwar findet sich im Arbeitsvertrag der Parteien in Ziffer 15eine Regelung zum Weihnachtsgeld. Diese Klausel gibt demKläger jedoch keinen Rechtsanspruch auf das Weihnachts-geld. Dagegen steht Ziffer 12 des Arbeitsvertrages, wonachSonderzahlungen, auf die kein gesetzlicher oder tariflicherAnspruch besteht, freiwillige Leistungen des Arbeitgeberssind. Die Kammer teilt die Bedenken des Klägers gegen dieWirksamkeit dieser Klausel nicht. Sie macht dem Adressatenhinreichend klar, dass Sonderzahlungen mit einem Freiwillig-keitsvorbehalt versehen sind und damit zugleich gesagt ist,

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Rechtsprechung

BestandsschutzBestandsschutz

dass ein Rechtsanspruch auf Sonderzahlungen nicht bestehtund nicht entstehen kann.■ Arbeitsgericht Aachenvom 28.6.2012, 8 Ca 253/12d/12eingereicht von Rechtsanwalt Dr. Thomas BanseTivolistraße 4, 52349 DürenTel.: 02421-407680, Fax: [email protected]; www.kanzlei-banse.de

28. Zeugnis, Verschiebung der Darlegungs- undBeweislast zu Lasten des Arbeitgebers

1. Will der Arbeitnehmer anstelle des unter Verwendung dersogenannten Notenskala als „befriedigend“ erteilten Zeugnis-ses eine „gute“ Gesamtbewertung erreichen, so obliegt es imRechtsstreit dem Arbeitgeber diejenigen Tatsachen beizubrin-gen, die dem entgegenstehen (sollen).2. Angesichts aktueller empirischer Erkenntnisse, wonachmittlerweile in 86,6 v.H. der erteilten Arbeitszeugnisse „gute“oder bessere Leistungen bescheinigt werden (s. dazu Franz-Josef Düwell/Holger Dahl, NZA 2011, 958 ff.), kann dem Ar-beitnehmer nicht länger der Nachweis dafür auferlegt wer-den, er sei in die Gruppe der schwächsten 13,4 v.H. aller Be-schäftigten zu Unrecht eingereiht worden.■ Arbeitsgericht Berlinvom 26.10.2012, 28 Ca 18230/11eingereicht von Rechtsanwalt Ulrich KreutzmüllerHofkamp 86, 42103 WuppertalTel.: 0202 – 248220; Fax: 020 – [email protected]; www.rechtsanwa-elte-wippermann.de

Bestandsschutz

29. Änderungskündigung, fehlerhafte Kündigungsfrist,Bestimmtheit, Änderungsangebot zum falschenKündigungstermin

1. Das mit der Kündigung unterbreitete Änderungsangebotmuss eindeutig bestimmt, zumindest bestimmbar sein. Ihmmuss zweifelsfrei zu entnehmen sein, welche Arbeitsbedin-gungen ab wann zukünftig gelten sollen (vgl. BAG, v.29.9.2011 – 2 AZR 523/10).2. Da sich das Schriftformerfordernis des § 623 BGB nicht nurauf die Kündigungserklärung als solche, sondern auch auf dasÄnderungsangebot erstreckt, ist nach der Ermittlung deswirklichen rechtsgeschäftlichen Willens weiter zu prüfen, obdieser in der Urkunde Ausdruck gefunden hat. Bei formbe-dürftigen Erklärungen ist nur der Wille beachtlich, der unterWahrung der vorgeschriebenen Form erklärt worden ist (vgl.BAG, v. 16.12.2010 – 2 AZR 576/09; BAG, v. 16.9.2004 – 2 AZR628/03).3. Im entschiedenen Fall war die Kündigung zu einem zu frü-hen Zeitpunkt, vorsorglich aber zum Ablauf der maßgebli-

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chen Kündigungsfrist ausgesprochen worden. Das Angebotwar hingegen ausschließlich mit Wirkung zu dem Zeitpunkterklärt worden, der dem Kündigungstermin unmittelbar nach-folgte. Dieser falsche Termin war zudem auch noch in demKündigungsschreiben mit der zu diesem Datum erfolgendenSitzverlagerung begründet worden. Vor diesem Hintergrundkonnte die betroffene Klägerin nicht mit der gebotenen Si-cherheit davon ausgehen, dass das Angebot erst nach Ablaufder zutreffenden Kündigungsfrist seine Wirkung entfaltensollte.■ Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburgvom 17.10.2012, 26 Sa 1052/12

30. Änderungskündigung, kein berechtigtes Interesse ander Vereinheitlichung von Arbeitsbedingungen

Das Interesse des Arbeitgebers an der Vereinheitlichung derArbeitsbedingungen (einheitliches Tarifwerk) in seinem Be-trieb rechtfertigt keine Änderungskündigung.■ Landesarbeitsgericht Hannovervom 21.9.2012, 6 Sa 111/12

31. Befristung, Sachgrund, Vertretung, Beschäftigungauch außerhalb des Vertretungsbedarfs

Wird ein Arbeitnehmer zur Vertretung einer aufgrund vonKurzerkrankungen häufig ausfallenden Stammkraft (hier:Bote) eingestellt, so ist die Vertretung nicht sachlich gerecht-fertigt, wenn der Arbeitnehmer durchgehend auch in denZeiträumen beschäftigt wird, in denen keine Stammkraftfehlt.■ Landesarbeitsgericht Kölnvom 21.3.2012, 9 Sa 1030/11

32. Befristung, Sachgrund, außergerichtlicheVereinbarung eines Prozessarbeitsverhältnisses

1. Ein schriftlich (§ 14 Abs. 4 i.V.m. § 21 TzBfG) vereinbartes,auflösend bedingtes Prozessbeschäftigungsverhältnis bedarfeines Sachgrundes (§ 14 Abs. 1 TzBfG i.V.m. § 21 TzBfG).2. Ein Sachgrund nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 TzBfG liegt nichtvor, wenn es sich um einen außergerichtlich vereinbartes Pro-zessbeschäftigungsverhältnis handelt.3. Ein Sachgrund nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 TzBfG scheidetfür ein außergerichtlich vereinbartes Prozessbeschäftigungs-verhältnis im Hinblick auf die Kündigungsschutzklage aus.4. Die auflösend bedingte Prozessbeschäftigung ist jedochdurch einen sonstigen nicht genannten Sachgrund gerecht-fertigt. Denn der damit verfolgte Zweck, das Annahmever-zugsrisiko des Arbeitgebers abzuwenden, hat in den Anrech-nungsvorschriften der § 615 Satz 2 BGB, § 11 KSchG seinerechtliche Anerkennung gefunden und ist den Sachgründennach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 bis 8 TzBfG von ihrem Gewichther gleichwertig.Anmerkung:

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Bestandsschutz Bestandsschutz

Revision anhängig 7 AZR 696/12. (me)■ Landesarbeitsgericht Kölnvom 5.4.2012, 13 Sa 1360/11

33. Befristung, Sachgrund, gerichtlicher Vergleich

Das Bestehen eines offenen Streits der Parteien über dieRechtslage hinsichtlich des zwischen ihnen bestehendenRechtsverhältnisses im Zeitpunkt des Vergleichsabschlussesist auch dann zu bejahen, wenn die Parteien mit dem gericht-lichen Vergleich den Streit über die Besetzung eines Dienst-postens beenden und der Kläger ein Eilverfahren zur Siche-rung der Teilnahme an einem Bewerberauswahlverfahrenführt.■ Landesarbeitsgericht Hannovervom 6.8.2012, 8 Sa 501/12

34. Befristung, Sachgrund, Projektarbeit,Kettenbefristung

Der projektbezogene Einsatz von Mitarbeitern an Forschungs-vorhaben gestattet die Befristung des Arbeitsvertrages ge-mäß § 14 Abs. 1 Satz 2 Ziffer 1 TzBfG.Ein Missbrauch der befristungsrechtlichen Gestaltungsmög-lichkeit i.S.v. § 242 BGB liegt noch nicht vor, wenn die Gesamt-dauer von drei befristeten Verträgen mit diesem Sachgrund11 Jahre und 4 Monate beträgt.■ Landesarbeitsgericht Nürnbergvom 11.7.2012, 4 Sa 82/12

35. Befristung, ohne Sachgrund, Arbeitgeberbegriff imGemeinschaftsbetrieb

Sind mehrere natürliche oder juristische Personen dauerhaftzur Führung eines gemeinsamen Betriebes oder einer ge-meinsamen öffentlichen Einrichtung verbunden, so sind sieals derselbe Arbeitgeber im Sinne des § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfGanzusehen (hier: Jobcenter, die von der Bundesagentur für Ar-beit und einer Stadt als gemeinsame Einrichtung betriebenwerden).■ Landesarbeitsgericht Kölnvom 9.3.2012, 4 Sa 1184/11

36. Befristung, ohne Sachgrund, Anwendbarkeit des § 14Abs. 2 TzBfG auf Betriebsratsmitglieder

1. § 14 Abs. 2 TzBfG ist nicht richtlinienkonform dahingehendeinzuschränken, dass er auf befristete Arbeitsverhältnisse vonBetriebsratsmitgliedern keine Anwendung findet.2. Der von Art. 7 der Richtlinie 2002/14/EG geforderte Min-destschutz für die Arbeitnehmervertreter im deutschen Rechtwird auch bei nach § 14 Abs. 2 TzBfG sachgrundlos befristetenArbeitsverträgen von Betriebsratsmitgliedern unter anderemdurch §§ 78 Satz 2, 119 BetrVG (i.V.m. § 280 Abs. 1 BGB oder§ 823 Abs. 2 BGB) gewährleistet.3. Aus dem Benachteiligungsverbot des § 78 Satz 2 BetrVGkann sich ein Anspruch des Betriebsratsmitglieds auf Ab-

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schluss eines unbefristeten Arbeitsvertrages ergeben, wenndie Nichtübernahme in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis al-lein auf der Betriebsratstätigkeit beruht. Die Darlegungs- undBeweislast für eine derartige Benachteiligung trägt der Arbeit-nehmer. Der von Art. 7 der Richtlinie 2002/14/EG geforderteeffektive Mindestschutz ist dadurch zu gewähren, dass imRahmen von § 78 Satz 2 BetrVG von einer abgestuften Darle-gungs- und Beweislast auszugehen ist.4. Mangels einer planwidrigen Regelungslücke kann § 78aAbs. 2 Satz 1 BetrVG nicht analog angewandt werden.■ Landesarbeitsgericht Hannovervom 8.8.2012, 2 Sa 1733/11

37. Integrationsamt, Zustimmungserfordernis vorAusspruch der Kündigung

Die behördliche Zustimmung zur Kündigung muss vor Aus-spruch der Kündigung vorliegen. Selbst wenn in einem ver-waltungsgerichtlichen Verfahren die Zustimmung zur Kündi-gung erteilt würde, rechtfertigt diese nur eine danach auszu-sprechende Kündigung. Eine Aussetzung eines Verfahrensüber eine vorzeitig ausgesprochene Kündigung kommt des-halb nicht in Betracht.■ Landesarbeitsgericht Kölnvom 12.3.2012, 2 Sa 999/11

38. Kündigungserklärung, Erkennbarkeitaußerordentlicher Kündigung

Die Erklärung einer außerordentlichen Kündigung aus wichti-gem Grund muss für den Erklärungsempfänger zweifelsfreiden Willen des Erklärenden erkennen lassen, von der sich aus§ 626 Abs. 1 BGB ergebenden besonderen Kündigungsbefug-nis Gebrauch zu machen. Ist dies nicht der Fall, ist die Erklä-rung regelmäßig als ordentliche Kündigung zu werten.■ Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalzvom 25.4.2012, 8 Sa 677/11

39. Massenentlassung, Rechtsfolgen fehlerhafterAnzeige

Eine fehlerhafte Massenentlassungsanzeige führt dann nichtzur Unwirksamkeit der Kündigung, wenn die Bundesagenturfür Arbeit mit bestandskräftigen Bescheid die Wirksamkeit derMassenentlassungsanzeige bestätigt hat (Anschluss an Hessi-sches LAG, Urt. v. 25.7.2011, 17 Sa 123/11; abweichend vonLAG Düsseldorf, Urt. v. 15.9.2010, 12 Sa 627/10 und vom10.11.2010, 12 Sa 1321/10).■ Landesarbeitsgericht Kölnvom 17.1.2012, 12 Sa 580/11

40. Personenbedingte Kündigung, Alkoholerkrankung,negative Prognose bei Rückfall

1. Es bestehen Bedenken, ob ein einziger erneuter Alkohol-konsum während einer ambulanten Therapie bei einem an Al-

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Rechtsprechung

BetriebsverfassungsrechtBetriebsverfassungsrecht

koholsucht leidenden Arbeitnehmer eine negative Prognoserechtfertigen kann.2. Jedenfalls kann eine erhebliche Beeinträchtigung der be-trieblichen Interessen nicht festgestellt werden.3. Die Ungeeignetheit eines Arbeitnehmers unter dem Ge-sichtspunkt der Eigen- und Fremdgefährdung kann in der Re-gel nicht angenommen werden, wenn es an alkoholbeding-ten Ausfallerscheinungen bei der betrieblichen Tätigkeit fehlt.■ Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburgvom 5.9.2012, 15 Sa 911/12

41. Personenbedingte Kündigung, Alkoholerkrankung,außerordentliche Kündigung bei ordentlicherUnkündbarkeit

Krankheit ist als wichtiger Grund im Sinne des § 626 BGB nichtgrundsätzlich ungeeignet. In eng zu begrenzenden Ausnah-mefällen kann die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses mitdem kranken Arbeitnehmer für den Arbeitgeber trotz ordent-licher Unkündbarkeit unzumutbar sein (hier bejaht bei prog-nostisch dauerhafter Arbeitsunfähigkeit).■ Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalzvom 16.8.2012, 11 Sa 147/12

42. Probezeit, Kündigung, keine Treuwidrigkeit beiKündigung nach Arbeitsunfall

Eine Kündigung innerhalb der Probezeit ist nicht schon des-halb treuwidrig, weil sie im Zusammenhang mit einer Arbeits-unfähigkeit oder einem Arbeitsunfall ausgesprochen wurde.■ Arbeitsgericht Solingenvom 10.5.2012, 2 Ca 198/12

Betriebsverfassungsrecht /Personalvertretungsrecht

43. Aufsichtsratswahl, Klagefrist für die Anfechtung

Die Einhaltung der Anfechtungsfrist des § 22 Abs. 2 S. 2 Mit-bestG setzt voraus, dass der Antrag innerhalb der dort gere-gelten Zweiwochenfrist beim Arbeitsgericht eingeht und dieAntragsschrift den unmittelbar beteiligten Aufsichtsratsmit-gliedern „demnächst“ i.S.d. § 167 ZPO zugestellt wird.■ Landesarbeitsgericht Kölnvom 27.4.2012, 4 TaBV 93/11

44. Betriebsratsmitglied, Arbeitsbefreiung zurBetriebsratstätigkeit

Gemäß § 37 Abs. 3 BetrVG ist Arbeitsbefreiung auch für erfor-derliche Betriebsratstätigkeit an solchen Tagen zu gewähren,an denen das Betriebsratsmitglied wegen vorangegangener

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Betriebsratstätigkeit außerhalb der Arbeitszeit gem. § 37Abs. 3 BetrVG bereits vollständig von der Arbeit freigestellt ist.■ Landesarbeitsgericht Kölnvom 3.2.2012, 4 Sa 888/11

45. Betriebsvereinbarung, Wiedereinstellungsanspruch,zulässige Bevorzugung älterer Arbeitnehmer

1. Betriebsparteien können vorsehen, dass ältere Arbeitneh-mer bevorzugt wiedereinzustellen sind.2. Die Betriebsparteien sind bei der Gestaltung eines Wieder-einstellungsanspruchs rechtlich nicht verpflichtet, die an-spruchsberechtigten Arbeitnehmer nach den gleichen Krite-rien wie bei der sozialen Auswahl zu bestimmen. Dies folgtbereits daraus, dass § 1 Abs. 3 KSchG auf den Wiedereinstel-lungsanspruch weder unmittelbar noch analog anzuwendenist.3. Die bevorzugte Berücksichtigung älterer Arbeitnehmer beider Wiedereinstellung führt nicht zu einer unzulässigen Al-tersdiskriminierung. Eine derartige Regelung enthält zwareine unmittelbare Benachteiligung wegen Alters; diese er-weist sich jedoch durch das berechtigte Anliegen, ältere Ar-beitnehmer im Erwerbsleben wegen der für sie bestehendenfaktischen Nachteile besonders zu schützen, als gerechtfer-tigt.■ Landesarbeitsgericht Kölnvom 11.5.2012, 5 Sa 1009/10

46. Einigungsstelle, Zuständigkeit fürGefährdungsbeurteilung

Die Einigungsstelle ist für den Regelungsgegenstand „Gefähr-dungsbeurteilung nach §§ 4 ff. ArbSchG“ auch dann zustän-dig, wenn der Arbeitgeber bereits gem. § 13 Abs. 2 ArbSchGeinen Dritten beauftragt hat. (Weiterentwicklung zu BAG, v.18.8.2009 – 1 ABR 43/08).■ Landesarbeitsgericht Kölnvom 28.6.2012, 4 TaBV 17/12

47. Mitbestimmungsrecht in sozialen Angelegenheiten,Ankleidezeiten als Arbeitszeit i.S.v. § 87 Nr. 2 BetrVG

Ist für die Ausübung von Tätigkeiten öffentlich-rechtlich vor-geschrieben, dass die Beschäftigten nach dem jeweiligenStand von Technik, Arbeitsmedizin, Hygiene und sonstigen ar-beitswissenschaftlichen Erkenntnissen spezifische Berufsklei-dung tragen müssen (s. zur Gleichachtung von Hygieneaspek-ten mit klassischen arbeitsschutzrechtlichen Themen LAGDüsseldorf, v. 26.4.2001 – 13 Sa 1804/00; LAG Niedersachsen,v. 11.6.2002 – 13 Sa 53/02), so ist der dem An- und Ablegendieser Kleidung gewidmete Zeitaufwand des Personals am Ar-beitsort als „Arbeitszeit“ im Sinne des § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVGzu klassifizieren.■ Arbeitsgericht Berlinvom 17.10.2012, 28 BV 14611/12

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Rechtsprechung

Personalvertretungsrecht Personalvertretungsrecht

48. Mitbestimmungsrecht in sozialen Angelegenheiten,Vorrang des Tarifvertrages Unterlassungsanspruch

1. Dem Betriebsrat steht zur Sicherung seines Mitbestim-mungsrechts nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG kein allgemeinerUnterlassungsanspruch zu, wenn es sich zwar bei der Wei-sung der Arbeitgeberin um einen kollektiven Tatbestand han-delt, der grundsätzlich dem Mitbestimmungsrecht nach § 87Abs. 1 Nr. 1 BetrVG unterliegen würde, das Mitbestimmungs-recht im vorliegenden Fall indes durch den Tarifvorbehalt in§ 87 Abs. 1 BetrVG ausgeschlossen ist.2. Nach § 16 Abs. 3 Manteltarifvertrag Flugsicherung darf derArbeitgeber nur in begründeten Einzelfällen die Vorlage einerärztlichen Bescheinigung ab dem ersten Tag der Arbeitsunfä-higkeit verlangen. Dies steht einer generellen Anweisung analle Mitarbeiter, während eines Arbeitskampfes bereits abdem ersten Tag der Arbeitsunfähigkeit eine entsprechendeBescheinigung vorzulegen, entgegen. Damit entfällt auch einentsprechendes Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats, dasdurch einen allgemeinen Unterlassungsanspruch zu schützenwäre.■ Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburgvom 14.8.2012, 7 TaBV 468/12

49. Mitbestimmungsrecht im personellenAngelegenheiten, Einstellung, dauerhafteArbeitnehmerüberlassung als institutionellerRechtsmissbrauch

1. Der Dauerverleih von Arbeitnehmern im Rahmen einerwirtschaftlichen Tätigkeit ist seit der Neufassung des AÜGvom 20.12.2011, mit dem die Richtlinie 2008/104/EG umge-setzt wurde, unzulässig.2. Beabsichtigt der Arbeitgeber die unbefristete Einstellungeiner Arbeitnehmerin auf einem sog. Dauerarbeitsplatz, kannder Betriebsrat seine Zustimmung zur Einstellung gemäß § 14Abs. 3 S. 1 AÜG, § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG wegen Gesetzesver-stoßes verweigern.3. Stellt der Arbeitgeber grundsätzlich nur noch Leiharbeit-nehmer ein, um eine Senkung der Personalkosten zu errei-chen, so kann dies unter Berücksichtigung aller Umstände desEinzelfalls als institutioneller Rechtsmissbrauch (§ 242 BGB)ein Zustimmungsverweigerungsrecht des Betriebsrats nach§ 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG begründen. In einem solchen Fallkann nicht festgestellt werden, dass die Maßnahme aus sach-lichen Gründen dringend erforderlich war (§ 100 Abs. 2 S 3BetrVG).■ Landesarbeitsgericht Hannovervom 19.9.2012, 17 TaBV 124/11

50. Mitbestimmungsrecht in personellenAngelegenheiten, Einstellung, Teilzeit während derElternzeit

Die Vereinbarung und der Einsatz von Mitarbeitern/innen inTeilzeit während der Elternzeit, die vor der Elternzeit vollbe-

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schäftigt waren, ist gemäß §§ 99, 100 BetrVG mitbestim-mungspflichtig.■ Landesarbeitsgericht Kölnvom 18.4.2012, 3 TaBV 92/11

51. Personalvertretung, Unwirksamkeit einer Befristungbei unzureichender Beteiligung

Aus den Entscheidungsgründen:1. ( ) Die Unwirksamkeit der Befristungsabrede ergibt sich be-reits daraus, dass der Personalrat vorliegend nicht ordnungs-gemäß beteiligt wurde. Gemäß den §§ 75 Abs. 1 Nr. 2 und 69LPVG BW unterliegt die Einstellung und Befristung eines Ar-beitsvertrages der Mitbestimmung des Personalrates. Dabeigilt jede Verlängerung eines befristeten Arbeitsvertrages alsNeueinstellung (Richardi/Dörner/Weber, Personalvertretungs-recht, 3. Aufl. 2008, § 75 BundespersonalvertretungsgesetzRn 13). Liegt die erforderliche Zustimmung des Personalrateszur Befristung eines Arbeitsvertrages nicht vor, ist die gleich-wohl vereinbarte Befristung unwirksam. Die Zustimmungkann nicht nachträglich erteilt werden (BAG, Urt. v. 20.2.2002,Az: 7 AZR 707/00; ebenso LAG Baden-Württemberg, Urt. v.14.10.2010, Az.: 11 Sa 21/10). Dieser gefestigten und zutref-fenden Rechtsprechung schließt sich das erkennende Gerichtan. Die vorliegend unstreitig unterbliebene Beteiligung desPersonalrates vor Abschluss des Arbeitsvertrages vom11.8.2011 führt deshalb zur Unwirksamkeit der Befristungsab-rede. Rechtsfolge ist gemäß § 16 Abs. 1 Satz 1 TzBfG, dass derbefristete Arbeitsvertrag als auf unbestimmte Zeit geschlos-sen gilt und das beklagte Land zur Weiterbeschäftigung zuverurteilen war.■ Arbeitsgericht Freiburgvom 3.7.2012, 4 Ca 74/12

52. Schwerbehindertenvertretung, Bereitstellung einerE-Mail-Adresse

Aus den Entscheidungsgründen:Nach § 96 Abs. 9 SGB VI steht der Geschäftsbedarf, den derArbeitgeber dem Betriebsrat für dessen laufende Geschäfts-führung zur Verfügung stellt, für die gleichen Zwecke auchder Schwerbehindertenvertretung zur Verfügung, soweit ihrhierfür nicht eigene sächliche Mittel zur Verfügung gestelltwerden. Anders als nach § 40 Abs. 2 BetrVG hat die Schwerbe-hindertenvertretung keinen Anspruch auf die Zurverfügung-stellung eigener Räume, sächlicher Mittel, Informations- undKommunikationstechnik sowie Büropersonal. Zur Informati-onstechnik im Sinne von § 40 Abs. 2 BetrVG gehört das Inter-net. Auch die Einrichtung oder Zuweisung von E-Mail-Adres-sen mit bestimmten Konfigurationen fällt unter den Begriffder Informations- und Kommunikationstechnik (BAG, v.Beschl. v. 14.7.2010 – 7 ABR 80/08). Nach § 96 Abs. 9 SGB IXist die Schwerbehindertenvertretung darauf verwiesen, diesächlichen Mittel des Betriebsrates mitzunutzen, soweit ihr

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Rechtsprechung

TarifvertragsrechtTarifvertragsrecht

keine eigenen sächlichen Mittel zur Verfügung gestellt wer-den.Vorliegend hat die Arbeitgeberin der Schwerbehindertenver-tretung – jedenfalls bis Ende April 2012 – zur Teilnahme amelektronischen Postverkehr die E-Mail-Adresse „xxx“ zur Verfü-gung gestellt. Diese E-Mail-Adresse genügt zur ordnungsge-mäßen Wahrnehmung der ihr nach § 95 SGB IX obliegendenAufgaben. Ein Rechtsanspruch der Schwerbehindertenvertre-tung darauf, ein persönliches Mitarbeiterpostfach der Vertrau-ensperson dauerhaft und uneingeschränkt zu nutzen, bestehtnicht.■ Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalzvom 19.7.2012, 10 TaBV 13/12

53. Wahlanfechtung, Betriebsrat, Vorschlagslisten

Nach § 11 Abs. 2 WO sind die Vorschlagslisten (nur) unter An-gabe der beiden an erster Stelle benannten Bewerberinnenoder Bewerber aufzuführen. § 11 Abs. 2 WO ist eine wesentli-che und zwingende Wahlvorschrift. Eine Betriebsratswahl istanfechtbar, wenn auf dem Stimmzettel alle Kandidaten aufge-führt werden■ Landesarbeitsgericht Kölnvom 5.3.2012, 5 TaBV 29/11

54. Wahlanfechtung, Betriebsrat, unwirksamerTarifvertrag gem. § 3 BetrVG, Wahrung derAnfechtungsfrist

1. Die Frist des § 19 Abs. 2 Satz 2 BetrVG wird durch einenSchriftsatz gewahrt, aus dem sich ergibt, wer Antragsteller istund konkret welche Betriebsratswahl mit welcher Begrün-dung angefochten wird; nicht erforderlich ist die Nennung al-ler nach § 83 ArbGG notwendig zu beteiligenden natürlichenund/oder juristischen Personen auf Arbeitgeberseite.2. Werden Tochterunternehmen bei Abschluss eines Tarifver-trages gemäß § 3 Abs. 1 BetrVG nicht wirksam durch die Mut-tergesellschaft vertreten, so führt die auf Grundlage dieses Ta-rifvertrages erfolgte Einbeziehung der Arbeitnehmerinnen/Arbeitnehmer der Tochterunternehmen zur Anfechtbarkeitder Betriebsratswahl wegen Verkennung des Betriebsbegriffs.■ Landesarbeitsgericht Hannovervom 19.10.2012, 6 TaBV 82/10

55. Wahlverfahren, Schwerbehindertenvertretung,Wahlausschreiben für ausländische Arbeitnehmer

1. Bei der Beurteilung der Frage, ob die im Betrieb beschäftig-ten ausländischen Arbeitnehmer der deutschen Sprache imSinne von § 2 Abs. 5 SchwbWO mächtig sind, ist im Hinblickauf den Zweck der Vorschrift, ausländischen Arbeitnehmerndie wesentlichen Grundsätze über die durchzuführende Wahlzu vermitteln, um ihnen in gleicher Weise wie deutschen Ar-beitnehmern die Wahrnehmung ihres aktiven und passivenWahlrechts zu ermöglichen, nicht lediglich darauf abzustellen,ob sie sich bei der täglichen Arbeit hinreichend verständigen

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können. Entscheidend ist vielmehr, ob ihre Deutschkennt-nisse ausreichen, um die zum Teil komplizierten Wahlvor-schriften und den Inhalt eines Wahlausschreibens verstehenzu können.2. Im Zweifelsfall muss der Wahlvorstand von unzureichendendeutschen Sprachkenntnissen ausgehen. Das gilt jedenfallsdann, wenn im Betrieb eine größere Anzahl ausländischer Ar-beitnehmer im gewerblichen Bereich mit einfachen Hilfsarbei-ten beschäftigt ist, da zur Erledigung dieser Tätigkeiten in derRegel nur geringe Deutschkenntnisse erforderlich sind.■ Landesarbeitsgericht Kölnvom 8.3.2012, 13 TaBV 82/11

56. Wahlverfahren, Schwerbehindertenvertretung,vereinfachtes Wahlverfahren

1. Erfolgt die Wahl der Schwerbehindertenvertretung im ver-einfachten Wahlverfahren nach §§ 18 ff. SchwbVWO, so hatder Wahlleiter selbst im Wahltermin die Wahlberechtigungder Wahlteilnehmer als schwerbehinderte Menschen oder ih-nen nach § 2 Abs. 3 SGB IX Gleichgestellte zu prüfen.2. Der Umstand, dass die Gleichstellung bereits vor längererZeit erfolgt ist, begründet für sich genommen keinen Zweifelan dem Fortbestand der Gleichstellung und rechtfertigt nichtden Ausschluss von der Wahl.■ Landesarbeitsgericht Kölnvom 25.4.2012, 9 TaBV 96/11

Tarifvertragsrecht

57. Tariffähigkeit, CGZP-Tarifverträge, kein Institut eines„fehlerhaften Tarifvertrages“

Die von der CGZP abgeschlossenen Tarifverträge sind nichtig.Etwas Anderes ergibt sich nicht aus der Lehre vom fehlerhaf-ten Tarifvertrag. Den Ansprüchen aus dem Grundsatz desequal pay steht nicht das Gebot des Vertrauensschutzes ent-gegen. Die in Bezug genommenen tariflichen Ausschlussfris-ten des CGZP-Vertrags finden schon deshalb keine Anwen-dung, weil der arbeitsvertraglich in Bezug genommene Tarif-vertrag unwirksam ist. Die nachfolgende Bezugnahmeklauselauf die DGB-Tarifverträge verstößt – wie ausgeführt – gegendas Transparenzgebot.■ Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburgvom 13.6.2012, 24 Sa 213/12

58. Tarifvertrag, persönlicher Geltungsbereich,Stichtagsregelung, mittelbare Benachteiligung ältererArbeitnehmer

1. Die in der Protokollnotiz II.3. des Änderungs- und Ergän-zungstarifvertrags Nr. 4 zum Tarifvertrag Übergangsversor-gung für das Cockpitpersonal der Deutschen Lufthansa AGvom 15./16.5.2000 idF des 3. Ergänzungstarifvertrages vom20.12.2007 mit Hilfe des Stichtags 1.12.1992 vorgenommene

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Rechtsprechung

Prozessuales Prozessuales

Beschränkung der Erweiterung des persönlichen Geltungsbe-reichs des Tarifvertrags für die Übergangsversorgung Deut-sche Lufthansa ist wegen mittelbarer Benachteiligung auf-grund des Alters unwirksam.2. Allein die Begrenzung der Kosten kann für sich genommennicht als rechtmäßiges Ziel i.S.d. § 3 Abs. 2 AGG anerkanntwerden.3. Diese Ungleichbehandlung kann nur durch eine Anpassung„nach oben“ bestätigt werden.Anmerkung:Revision anhängig unter 4 AZR 687/12. (me)■ Landesarbeitsgericht Kölnvom 8.5.2012, 12 Sa 692/11 (Parallelentscheidungen 12 Sa1125/11, 12 Sa 1452/11, 12 Sa 1453/11)

59. Tarifvertrag, Beendigung des Arbeitsverhältnissesbei Erwerbsminderungsrente wirksam

§ 33 TVöD verstößt nicht gegen höherrangiges Recht, soweiter das Ende des Arbeitsverhältnisses anordnet, wenn ein Ren-tenbescheid zugestellt wird, wonach die/der Beschäftigte vollund auf Dauer erwerbsgemindert ist.■ Landesarbeitsgericht Nürnbergvom 26.9.2012, 2 Sa 75/12

60. Tarifvertrag, Gebot der Rechtsquellenklarheit,Teilungswirksamkeit

1. Das vom BAG entwickelte Gebot der Rechtsquellenklarheitgilt für kollektive arbeitsrechtliche Normenverträge, die nor-mative Regelungen enthalten, durch welche der Inhalt vonArbeitsverhältnissen unmittelbar und zwingend gestaltetwerden soll. Es gilt nicht für schuldrechtliche Vereinbarungenzwischen Tarifvertragsparteien und/oder betriebsverfas-sungsrechtlichen Vertretungsorganen, welche Rechte undPflichten nur für und gegen die vertragsschließende Parteienselbst begründen.2. Auf einen Tarifvertrag mit normativen Regeln über den In-halt von Arbeitsverhältnissen ist § 139 BGB grundsätzlichnicht anwendbar, es sei denn, dass der für sich betrachtetrechtswirksame Teil ohne den unwirksamen Teil keine sinn-volle und in sich geschlossene Regelung mehr ergäbe.3. Zu möglichen individuellen Ersatzansprüchen einzelner Ar-beitnehmer, wenn eine im Gegenzug zu einem zehnprozenti-gen Entgeltverzicht abgegebene Standortsicherungszusagenicht für die volle zugesagte Frist eingehalten wird.■ Landesarbeitsgericht Kölnvom 11.8.2012, 7 Sa 125/11

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Prozessuales

61. Einstweilige Verfügung, Verfügungsgrund,Unterlassungsanspruch des Betriebsrats

Aus den Entscheidungsgründen:Ein Verfügungsgrund besteht, wenn die Besorgnis besteht,dass die Verwirklichung des Rechts ohne alsbaldige einstwei-lige Regelung vereitelt oder wesentlich erschwert wird(§§ 935, 940 ZPO). Die auf eine Befriedigung gerichtete Unter-lassungsverfügung ist erforderlich, da andernfalls der An-spruch des Betriebsrates auf Durchführung der Betriebsver-einbarung für die Zeit bis zum rechtskräftigen Abschluss desHauptsacheverfahrens durch den Zeitablauf vereitelt wird. So-weit teilweise die Auffassung vertreten wird, maßgeblich fürdie Eilbedürftigkeit sei nicht, ob dem Betriebsrat die Aus-übung seiner Beteiligungsrechte ganz oder jedenfalls für dieVergangenheit unmöglich gemacht werde, sondern ob für dieZeit bis zum Inkrafttreten einer mitbestimmten Regelung derdamit bezweckte notwendige Schutz der Arbeitnehmer un-wiederbringlich vereitelt wird (Germelmann, ArbGG, 7. Aufl.,§ 85 Rn 37), so wird diese Auffassung von der Kammer nichtgeteilt. Denn zum einen sind nach § 85 Abs. 1 Satz 1 ArbGGBeschlüsse in anderen als vermögensrechtlichen Angelegen-heiten erst nach Rechtskraft vollstreckbar. Das heißt, der Be-triebsrat hätte über einen zum Teil mehrjährigen Zeitraumhinzunehmen, dass die Pflicht zur Durchführung der Betriebs-vereinbarung missachtet wird. Dies selbst dann, wenn derVerfügungsanspruch eindeutig besteht. Zum anderen ist esdem Betriebsrat grundsätzlich verwehrt, in Prozessstand-schaft Rechte einzelner Arbeitnehmer der Belegschaft gel-tend zu machen. Sein Anspruch ist beschränkt auf Durchfüh-rung der von ihm abgeschlossenen Betriebsvereinbarungbzw. auf die Durchsetzung seines Mitbestimmungsrechtes(vgl. BAG, v. 21.1.2003, 1 ABR 9/02; Fitting, BetrVG, 24. Aufl.,§ 77 Rn 7). Wenn der Betriebsrat jedoch darauf verwiesenwird, nur eigene Rechte geltend zu machen, können auchnicht im Wege der Interessenabwägung Belange Dritter be-rücksichtigt werden.■ Landesarbeitsgericht Kölnvom 12.6.2012, 12 Ta 95/12

62. Klagefrist, AGG, Feststellungsantrag genügt nicht zurFristwahrung

Eine Feststellungsklage ist nicht geeignet, die Klagefrist des§ 61b ArbGG zu wahren. Eine Teilfeststellung eines Schadens,ohne dass der Schadensteil abgrenzbar wäre, ist unzulässig.■ Landesarbeitsgericht Kölnvom 13.2.2012, 2 Sa 768/11

63. Nachträgliche Klagezulassung, Antragsfrist, keinZulassungsantrag in bloßer Nachfrage desProzessbevollmächtigten

(…)

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Rechtsprechung

ProzessualesProzessuales

2. Eine Anfrage des Prozessbevollmächtigten an das Gericht,ob und ggf. wann ein bestimmter, früher von ihm gefertigterKlageerweiterungsschriftsatz bei Gericht eingegangen ist,kann auch dann nicht selbst als nachgeholte Klageerweite-rung i.S.v. § 5 Abs. 2 S. 1 KSchG angesehen werden, wenn derAnfrage eine nicht unterschriebene Kopie des früherenSchriftsatzes beigefügt war. Dies gilt erst recht, wenn in einemspäter gestellten Antrag auf nachträgliche Zulassung hieraufnicht Bezug genommen wird, vgl. § 5 Abs. 2 S. 1, letzter Halbs.KSchG.3. Die Zwei-Wochen-Frist des § 5 Abs. 3 S 1 KSchG beginntnicht erst mit positiver Kenntnis von der Versäumung der Kla-gefrist zu laufen, sondern bereits dann, wenn der Arbeitneh-mer oder sein Anwalt aufgrund konkreter Anhaltspunkte beigehöriger Sorgfalt erkennen muss, dass die Klagefrist mögli-cherweise versäumt ist.■ Landesarbeitsgericht Kölnvom 15.3.2012, 7 Sa 964/11

64. Nichtzulassungsbeschwerde, Klärungsbedürftigkeitverneint (AGG-Entschädigung), Rechtsmissbrauch,Bedeutung des Anforderungsprofils

Aus den Entscheidungsgründen:1. Die Beklagte hält es erstens für grundsätzlich klärungsbe-dürftig, „unter welchen Voraussetzungen eine AGG-Klage ab-gesehen von der Frage der subjektiven Ernsthaftigkeit der Be-werbung rechtsmissbräuchlich und ein Entschädigungsan-spruch unter diesem Gesichtspunkt ausgeschlossen ist." Nichtentschieden sei, „ob auch unabhängig von der Frage derErnsthaftigkeit der Bewerbung – beispielsweise ab einer be-stimmten Anzahl von Klagen oder bei der bekundeten Ab-sicht, noch mehrere hundert Klagen zu erheben – eine Ent-schädigungsklage rechtsmissbräuchlich“ sein könne.Damit wird ein grundsätzlicher Klärungsbedarf bei derFrage des Rechtsmissbrauchs nicht aufgezeigt. Wann dieGeltendmachung eines materiellen oder prozessualen Rechtsnach dem auch im öffentlichen Recht geltenden Grundsatzvon Treu und Glauben (§ 242 BGB) rechtsmissbräuchlich ist,wird in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtsregelmäßig fallgruppenbezogen unter Berücksichtigung derjeweiligen Umstände des Einzelfalls entschieden (Beschl. v.30.4.2008 – BVerwG 6 B 16.08). Dabei ist es in der Rechtspre-chung des Senats geklärt, dass eine Entschädigungsklage ei-nes schwerbehinderten Bewerbers wegen Vorenthaltung desVorstellungsgesprächs insbesondere wegen mangelnderErnsthaftigkeit der Bewerbung rechtsmissbräuchlich seinkann (Urt. v. 3.3.2011 – BVerwG 5 C 16.10). Dies schließt esnicht aus, eine Entschädigungsklage aus anderen Gründen alsrechtsmissbräuchlich zu bewerten. Jedoch muss für dierechtsgrundsätzliche Anerkennung weiterer Fallgruppen einVerhalten dargelegt werden, dass unter Berücksichtigung derUmstände des Einzelfalls als rechtsmissbräuchlich gewertetwerden kann. Allein der Umstand, dass jemand ein ihm zuste-

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hendes Recht gerichtlich geltend macht, bei mehrfacherRechtsverletzung eine Vielzahl von Prozessen führt und fürden Fall erneuter Rechtsverletzung weitere Klagen ankündigt,kann im Hinblick auf die Rechtsschutzgarantie des Art. 19Abs. 4 GG nicht als Rechtsmissbrauch angesehen werden.2. Die Beklagte hält es zweitens für grundsätzlich klärungsbe-dürftig, „unter welchen Voraussetzungen ein Bewerber imSinne des § 82 Satz 3 SGB IX fachlich offensichtlich ungeeig-net ist." Es sei „insbesondere zu klären, ob zum Anforderungs-profil auch ungeschriebene Fähigkeiten zählen können wiez.B. Berufs- und Leitungstauglichkeit, die durch den geforder-ten Abschluss nicht ohne Weiteres belegt werden." Auch da-mit zeigt die Beschwerde keinen fallübersteigenden und imvorliegenden Verfahren entscheidungserheblichen Klärungs-bedarf auf. Es ist in der Rechtsprechung des Senats bereits ge-klärt, dass abgesehen von hier nicht entscheidungserhebli-chen Fallkonstellationen einer aus Rechtsgründen ausge-schlossenen fachlichen Eignung (vgl. dazu Urt. v. 15.12.2011 –BVerwG 2 A 13.10) die Frage einer offensichtlichen fachlichenUngeeignetheit durch einen Vergleich zwischen dem vom Ar-beitgeber aufgestellten Anforderungsprofil der zu besetzen-den Stelle und dem Leistungsprofil des Bewerbers zu beant-worten ist. Dabei muss der öffentliche Arbeitgeber das fachli-che Anforderungsprofil vor Beginn des Auswahlverfah-rens dokumentieren, damit die Gründe für seine Entschei-dung transparent sind und die Entscheidung nach den Krite-rien des Art. 33 Abs. 2 GG überprüft werden kann. Ohne Doku-mentation wäre es dem öffentlichen Arbeitgeber ansonstenin nahezu jedem Fall möglich, Eignungsmerkmale nachzu-schieben, die das Absehen von der Einladung zu einem Vor-stellungsgespräch rechtfertigen. Daher kann das Fehlen „un-geschriebener“ fachlicher Fähigkeiten weder das Urteil eineroffensichtlichen fachlichen Ungeeignetheit begründen nochdie unterbliebene Einladung zu einem Vorstellungsgesprächrechtfertigen.3. Die Beklagte kann schließlich auch mit ihrer dritten Grund-satzrüge keinen Erfolg haben. Sie hält die Frage für grundsätz-lich klärungsbedürftig, „ob ein Kriterium, das im Anforde-rungsprofil nur als Idealvorstellung und nicht als zwingendgenannt ist, den Dokumentationserfordernissen genügt undder öffentliche Arbeitgeber den Voraussetzungen des § 22AGG genügt, wenn dargelegt wird, dass alle eingeladenen Be-werber diesen Idealvorstellungen entsprachen“. Diese Fragebedarf schon deswegen keiner rechtsgrundsätzlichen Klärungin einem Revisionsverfahren, weil sich ihre Beantwortung teilsunmittelbar aus dem Gesetz und teils aus der bisherigenRechtsprechung ergibt. Wird in einer Stellenausschreibungeine Befähigung nur als wünschenswert beschrieben, dann istdiese Wunschvorstellung zwar ausreichend dokumentiert. Esliegt jedoch auf der Hand, dass das Fehlen einer nicht zwin-gend vorausgesetzten Befähigung nicht den Schluss rechtfer-tigt, der Bewerber sei im Sinne von § 82 Satz 3 SGB IX offen-sichtlich fachlich ungeeignet. Erfüllt der öffentliche Arbeitge-ber gleichwohl die Verpflichtung zur Durchführung eines Vor-

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Rechtsprechung

Sonstiges Sonstiges

stellungsgesprächs mit dem schwerbehinderten Bewerbernicht, können für den nach § 22 AGG möglichen Nachweis,dass für die Nichteinladung ausschließlich andere Gründe alsdie Behinderung maßgeblich waren, grundsätzlich nur solcheGründe herangezogen werden, die nicht die fachliche Eig-nung betreffen.■ Bundesverwaltungsgerichtvom 4.9.2012, 5 B 31.12eingereicht von Rechtsanwalt Jochen LinkNiedere Straße 63, 78050 Villingen-SchwenningenTel.: 07721-33166; Fax: [email protected]; www.anwaltskanzlei-vs.de

65. Rechtsweg, Streitigkeiten aus Arbeitsverhältnis nachGeschäftsführerbestellung

1. Die Zuständigkeit der Arbeitsgerichte kann auch dann ge-geben sein, wenn die Klägerseite Ansprüche aus einem auchwährend der Zeit als Geschäftsführer nicht aufgehobenen Ar-beitsverhältnis nach Abberufung als Organmitglied geltendmacht.2. Hierunter fällt auch der Fall, dass die Bestellung zum Organ-vertreter auf einem Arbeitsvertrag beruht.■ Landesarbeitsgericht Kölnvom 10.7.2012, 10 Ta 316/11

66. Wiedereinsetzung, Berufungsfrist, Verpflichtung desProzessbevollmächtigten zur Feststellung desZustellungsdatums

1. Die ordnungsgemäße und insbesondere fristgerechte Ertei-lung des Rechtsmittelauftrags macht es erforderlich, dass fürden Lauf der Rechtsmittelfrist maßgebliche Datum der Urteils-zustellung in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise zuermitteln.2. Der Beklagtenvertreter darf sich damit nicht darauf verlas-sen, dass der von der Beklagten aufgebrachte Eingangsstem-pel auf der Durchschrift des Urteils dem tatsächlichen Zustell-datum entspricht. Der Prozessbevollmächtigte der Beklagtenmuss, um seinen Sorgfaltspflichten ausreichend nachzukom-men, den Zugangszeitpunkt für das Urteil ermitteln. Gemäߧ 182 Abs. 2 Nr. 6 ZPO wird der Tag der Zustellung auf demUmschlag vermerkt und bringt damit die Zeit der Zustellungdem Empfänger zur Kenntnis. Der Beklagtenvertreter mussdie von der Beklagten eingereichten Unterlagen, die nach sei-nem Vortrag auch den gesamten Schriftverkehr einschließlichder gerichtlichen Unterlagen enthielten, danach durchsehenmüssen, ob sich dort der Umschlag befindet, auf dem derZeitpunkt der Zustellung des Urteils vermerkt worden ist.Kann er diesen Umschlag nicht auffinden, muss er sich bei sei-ner Partei rückversichern, ob der Eingangsstempel dem tat-sächlichen Zustelldatum entspricht.■ Landesarbeitsgericht Kölnvom 8.5.2012, 12 Sa 439/12

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67. Zwangsvollstreckung, Erstellung vonLohnabrechnungen

Die Ermächtigung zur Ersatzvornahme verpflichtet denSchuldner zur Duldung der in diesem Zusammenhang vomGläubiger zu treffenden Maßnahmen. Im Falle der Vollstre-ckung einer Pflicht zur Erteilung einer Lohnabrechnung kannsich daraus die Pflicht des Schuldners zur Überlassung vonUnterlagen und Arbeitsmöglichkeiten und die Gewährungdes Zutritts zu seinen Wohn- und Geschäftsräumen ergeben.■ Landesarbeitsgericht Kölnvom 18.5.2012, 12 Ta 47/12

68. Zwangsvollstreckung,Weiterbeschäftigungsanspruch, keine Einstellung wegenProduktionsüberhangs

Die Einstellung der Zwangsvollstreckung eines titulierten Wei-terbeschäftigungsanspruches ist nur dann gerechtfertigt,wenn durch die Beschäftigung selbst ein materieller oder im-materieller Schaden entsteht, der nicht rückgängig gemachtwerden kann. Besteht im Betrieb des Arbeitgebers ein Be-triebsrat, steht den Betriebsparteien mit §§ 87 Abs. 1 Nr. 3, 77Abs. 4 BetrVG ein Instrumentarium zur Verfügung, mit demeine etwaige Produktionsüberkapazität reduziert werdenkann. Eine in diesem Rahmen bestehende Betriebsvereinba-rung ist auch für den Arbeitnehmer verbindlich, über dessenArbeitsverhältnis ein gerichtlicher Streit anhängig ist. Der Ar-beitgeber kann deshalb nicht damit gehört werden, es be-stehe ein Personalüberhang, der dazu führe, dass unter erheb-lichen Kosten nicht absetzbare Produkte hergestellt würden,die später sogar verschrottet werden müssten.■ Landesarbeitsgericht Nürnbergvom 5.11.2012, 7 Sa 385/12

Sonstiges

69. Allgemeiner Weiterbeschäftigungsanspruch,Überwiegen von Sicherheitsbedenken bei unwirksamerKündigung

Der Anspruch auf vorläufige Weiterbeschäftigung bis zumrechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrensbesteht nicht, wenn überwiegende und schutzwerte Interes-sen des Arbeitgebers entgegenstehen. Der regelmäßige Kon-sum von Cannabis beeinträchtigt die Eignung eines Arbeit-nehmers, als Gleisbauer mit Sicherungsaufgaben im laufen-den Straßenbahnbetrieb tätig zu werden, wenn die Betriebs-ärzte bei diesem entsprechend den bei dem Arbeitgeber gel-tenden Sicherheitsrichtlinien Sicherheitsbedenken, gesund-heitliche Bedenken und eine eingeschränkte Tauglichkeit fest-gestellt haben. Über diese betriebsärztlichen Feststellungenund Untersuchungsergebnisse kann sich der Arbeitgeberschon deswegen nicht hinweg setzen, da er ebenfalls an dieEinhaltung der Sicherheitsrichtlinien und die Festlegungen

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Rechtsprechung

Streitwert und GebührenStreitwert und Gebühren

der Betriebsärzte gebunden ist. Jedenfalls ist der Arbeitgeberrechtlich verpflichtet, im Rahmen des Fürsorgeprinzips daraufzu achten, dass der Arbeitnehmer seine Arbeitsaufgaben nurdann durchführt, wenn aus arbeitsmedizinischer Sicht fest-steht, dass er weder für sich noch für andere Personen ein Si-cherheitsrisiko darstellt.■ Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburgvom 28.8.2012, 19 Sa 306/12

70. PKH, Vergleichsmehrwert, keine eigenständigeAntragstellung

1. Mangels besonderer Anhaltspunkte ist in der Regel davonauszugehen, dass eine Partei einen PKH-Antrag auch auf denMehrwert eines im weiteren Verlauf des Prozesses geschlosse-nen Vergleichs erstreckt wissen will, von dem weitere Streit-punkte erfasst werden, die in einem sachlichen Zusammen-hang mit dem Streitgegenstand stehen. Die ausdrückliche Er-streckung des Antrags ist in diesen Fällen regelmäßig nur ver-gessen worden.2. In Zweifelsfällen muss das Gericht gemäß § 139 ZPO fürKlarstellung sorgen.3. Die erforderliche Erfolgsaussicht (§ 114 Satz 1 ZPO) ergibtsich aus dem Umstand, dass ein Vergleich zustande gekom-men ist (wie BAG, v. 16.2.2012 – 3 AZB 34/11).■ Landesarbeitsgericht Kölnvom 23.7.2012, 1 Ta 153/12

71. PKH, Aufhebung der Bewilligung bei Säumnis mitRatenzahlung

Die PKH-Bewilligung kann nicht gemäß § 124 Nr. 4 ZPO aufge-hoben werden, sofern der Antragsteller mit der Ratenzahlungwegen eines Umstandes säumig bleibt, den er nicht zu vertre-ten hat. Diesen Umstand kann er auch noch im Beschwerde-verfahren glaubhaft machen.■ Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalzvom 17.9.2012, 11 Ta 178/12

Streitwert und Gebühren

72. Gebühren, Verfahrensgebühr, Berufung, Erfordernisexpliziter Auftragserteilung

Die Festsetzung einer – ermäßigten – Verfahrensgebühr nachRücknahme der Berufung durch den Gegner setzt voraus,dass ein Auftrag zur Durchführung des Berufungsverfahrenserteilt worden war. Eine vor Einreichung der Klage „für alle In-stanzen“ erteilte Prozessvollmacht genügt hierfür nicht.■ Arbeitsgericht Frankfurt (Oder)vom 23.8.2012, 17 Ta (Kost) 6079/12

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73. Kostenquotelung nach Baumbach´scher Formel beimehreren Beklagten, Klagerücknahme statt gebotenerErledigungserklärung

Aus den Entscheidungsgründen:Die Klage hatte ein Bestandsschutzbegehren (Streitwert: Vier-teljahresvergütung) sowie ein Weiterbeschäftigungsbegehren(Streitwert: zweifache Bruttomonatsvergütung) zum Gegen-stand, so dass sich der Gebührenstreitwert auf 7.500,00 EURbelief. Die Klage richtete sich ursprünglich gegen zwei Be-klagte. Die gegen eine Partei gerichtete Klage ist im Laufe desVerfahrens zurückgenommen worden. Daneben ist der Wei-terbeschäftigungsantrag in der mündlichen Verhandlungvom 27.6.2012 insgesamt zurückgenommen worden.Wegen der ursprünglichen Klage, gerichtet gegen zwei Be-klagte, ist zur Ermittlung der Kostenquote zunächst ein fikti-ver Streitwert von 15.000,00 EUR zu bilden (Baumbach'scheKostenformel). Gemessen an diesem fiktiven Streitwert ob-siegt die Klägerin mit dem gegen den Insolvenzverwalter ge-richteten Kündigungsschutzbegehren (Wert: 4.500,00 EUR),was gemessen am gesamten fiktiven Streitwert einer Quotevon 30 Prozent entspricht. Im Übrigen ist die Klage in einemfiktiven Wert von 10.500,00 EUR zurückgenommen, was ei-nem Anteil am fiktiven Gesamtstreitwert von 70 Prozent ent-spricht.Soweit die Klägerin darauf hinweist, dass der Weiterbeschäfti-gungsantrag anfänglich begründet war und nur wegen desZeitablaufs und der zwischenzeitlichen Stilllegung zurückge-nommen worden ist, wird darauf hingewiesen, dass in diesemFall alternativ zur Abwendung der Kostentragungslast aucheine teilweise Erledigungserklärung in Betracht gekommenwäre.■ Arbeitsgericht Bielefeldvom 31.8.2012, 4 Ca 2154/10eingereicht von Rechtsanwalt Dr. Heinz GussenRietberger Straße 2, 33378 Reda-WiedenbrückTel.: 05242-9204-0; Fax: [email protected]; www.gussen-arbeitsrecht.de

74. Streitwert, Beschlussverfahren, personelleEinzelmaßnahmen

1. Die Bemessung des Gegenstandswertes für die anwaltlicheTätigkeit bei Beteiligungsrechten gemäß §§ 99, 100 BetrVGbzw. der Aufhebung personeller Maßnahmen gemäß § 101BetrVG richtet sich nach § 23 Abs. 3 S. 2 RVG, da es sich umnichtvermögensrechtliche Streitigkeiten handelt.2. Bei der Wertfestsetzung kann nicht auf die Vergütungshöhedes eingestellten Arbeitnehmers abgestellt werden. Die Auf-fassung, § 42 Abs. 3 S. 1 GKG (n.F.) (= § 42 Abs. 4 S. 1 GKG (a.F.))könne analog angewandt oder sonst zur Ermessenskonkreti-sierung herangezogen werden (vgl. LAG Düsseldorf, Beschl. v.13.8.2008, 6 Ta 324/08 und vom 16.6.2006, 6 Ta 288/06 m.w.N.;LAG Hamm, Beschl. v. 30.11.2009, 10 Ta 601/09; LAG Hamburg,Beschl. v. 26.7.2010, 7 Ta 13/10 und vom 19.7.2010, 4 Ta 11/

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Rezensionen

10), überzeugt nicht. Die Regelung des § 42 Abs. 3 S. 1 GKG(n.F.) betrifft eine vermögensrechtliche Streitigkeit, währendbei der Aufhebung personeller Maßnahmen gemäß § 101BetrVG der Wert der anwaltlichen Tätigkeit in einer nichtver-mögensrechtlichen Streitigkeit zu bestimmen ist. Im vorlie-

RezensionenJobst-Hubertus BauerRecht kurios, Amüsantes und TraurigesVerlag C.H. Beck, 2012, 292 Seiten broschiert, 29,80 EURISBN 978-3-406-64238-8

Der Autor, geschätztes Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Ar-beitsrecht im DAV, seit 1991 Mitglied des GeschäftsführendenAusschusses und sein (nunmehr scheidender) Vorsitzender istals ein Mann bekannt, der dem Scherz nicht abgeneigt ist undihn gern bei passender Gelegenheit mit seinem Beruf verbin-det. Eine Kostprobe davon hat er uns mit seinem Beitrag imRahmen der Abendveranstaltung anlässlich der Frühjahrsta-gung 2011 in Hamburg geliefert. Die eine oder andere Anek-dote, mit der er damals unterhalten hat, findet sich nun auchin dem hier zu besprechenden Werk. Wiedergegeben werdendarin makabre, lustige oder auch nur verquere Beispiele ausder Rechtsprechung und sonstige Anekdoten aus der wun-dersamen Welt der Juristen. Dabei beschränkt sich der Autornicht auf die im Laufe seines langen Anwaltslebens selbst er-fahrenen Beispiele. Er hat sich vielmehr auch im zivil-, verwal-tungs-, sozial- und strafrechtlichen Bereich umgesehen undgewährt dem Leser nun Einblick in juristische Geschehnisse,die der Laie gelegentlich als pure kabarettistische Erfindungeinschätzen könnte und damit völlig falsch liegt, denn Bauerbelegt mit 520 (!) Fundstellen jede seiner Darstellungen, so-weit er nicht schlicht Witze erzählt, was aber nur eine Rand-note ist, denn im Wesentlichen geht es um tatsächliche„Fälle“. Dabei erweisen sich in vielen der zitierten Urteile auchRichter als mit Humor gesegnet, wie schon einst E.T.A Hoff-mann, und es fehlt keiner der literarisch bekannten Juristenmit satirischem Hauptberuf von Ludwig Thoma bis Kurt Tu-cholsky. Als Appetithäppchen möge das Nachlesen der Kapi-telüberschriften anregen, wie: „Über richterliche Narren undihre Elaborate“, „Skurile Fälle des Verwaltungsrechts“, „Zivilge-richtliche Erleuchtungen“, „Dichtende Finanzrichter“ und „Ge-brauchsmuster für Schlitzohren“.

Nach alledem empfehle ich also dieses Buch als Geschenk, alsAnregung für Gespräche auf gesellschaftlicher Ebene, bei de-nen man nach Entdeckung der Profession ja unweigerlich aufdie große Distanz zwischen dem Denken des „Normalen“Menschen und des Juristen hingewiesen wird, aber auch zureigenen Erbauung, weil, wie der Autor in seinem Schlusswortschreibt, der Beruf und die Juristerei „besser zu bewältigen

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genden Verfahren stehen die Mitbestimmungsrechte des Be-triebsrates in Streit und nicht die individualrechtliche Wirk-samkeit von Einstellungsmaßnahmen.■ Landesarbeitsgericht Kölnvom 11.7.2012, 12 Ta 78/12

sind, wenn sie hie und da von Humor und feinsinniger Ironiebegleitet werden“.Dr. Hans-Georg MeierFachanwalt für Arbeitsrecht, Berlin

Wolfgang HromadkaArbeitsrecht für VorgesetzteVerlag C.H. Beck, 3. Aufl. 2012, 411 Seiten,kartoniert, 19,90 EURISBN 978-3-406-62363-9

Dieses Buch ist auch für Nichtjuristen verständlich. Es ist ausder Erkenntnis heraus zusammengestellt, dass Mitarbeiterfüh-rung zwar mehr verlangt als Kenntnisse im Arbeitsrecht, je-doch ohne diese auch nicht auskommt. Führungskräfte müs-sen keine Spezialisten im Arbeitsrecht sein; sie sollten aller-dings einen guten Überblick und ein Gefühl dafür haben, wel-che Auswirkungen bestimmte Entscheidungen haben könnenund mit welchen rechtlichen Herausforderungen bei welchenThemen zu rechnen ist.Das Werk ist in 22 Kapitel gegliedert, die diese Grundkennt-nisse anschaulich und in klarer Gliederung vermitteln. Die Ka-pitel sind jeweils einzelnen Themenkomplexen gewidmet, dieim Arbeitsleben Relevanz haben, und sei es nur als Schlag-wort, mit dem sich eine Führungskraft auseinandersetzenmuss. Der Themenbogen reicht „Von der Bewerbung bis zurEinstellung“ über die Wahl der richtigen Vertragsform, Ar-beitszeit, Dienstreisen, Urlaub, Elternzeit, Pflegezeit, „Krank-heit und Krankfeiern“, Mitarbeiterkontrolle, Mobbing bis hinzu Diskriminierungsverbot und „Gewerkschaft im Betrieb“.Schon das erste Kapitel („Von der Bewerbung bis zur Einstel-lung“) lässt mit den Stichpunkten Personalsuche, interne undexterne Stellenausschreibung, Zeugnisse, Einladung zum Vor-stellungsgespräch, Mitteilungs- und Auskunftspflichten, Testsund grafologische Gutachten, ärztliche Untersuchung, Ab-bruch von Verhandlungen, Mitbestimmung des Betriebsratsetc. alle wesentlichen Entscheidungsstationen bis zur Einstel-lung eines neuen Mitarbeiters und deren rechtliche Voraus-setzungen Revue passieren, so dass dem Vorgesetzten hierein ausführlicher Überblick geboten wird, was es zu bedenkenund welchen rechtlichen Strukturen es zu folgen gilt.Das Buch richtet sich in erster Linie an Führungskräfte mit Per-sonalverantwortung, und in gleicher Weise kann es Betriebs-räten ans Herz gelegt werden, um ein arbeitsrechtliches Ver-

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Rezensionen

ständnis zu erwerben. Und wer sich als Anwalt gelegentlichinspirieren lassen möchte, wie man dem betrieblichen Prakti-ker arbeitsrechtliche Grundbegriffe anschaulich, informativund durchaus detailliert erklären kann, der wird sich über dieAnschaffung des gar nicht einmal schmalen und zudem sehrgünstigen Taschenbuchs ebenfalls immer wieder freuen.Dr. Thomas BaumgartenFachanwalt für Arbeitsrecht, Berlin

Markus LembkeArbeitsvertrag für FührungskräfteVerlag C.H. Beck, 5. Aufl. 2012, 246 Seiten, kartoniert mit CD-ROM, 39,80 EURISBN 978-3-406-61016-5

Das Buch handelt ein schmales Kapitel des Arbeitsrechts ab,nämlich die geeignete Gestaltung von Arbeitsverträgen fürFührungskräfte, und versteht darunter im Wesentlichen lei-tende Angestellte im Sinne des Betriebsverfassungsrechtsund die sogenannten AT-Angestellten. Zur Entwicklung derarbeitsrechtlichen Besonderheiten von Vertragsregelungenfür diesen Personenkreis knüpft der Autor an bestimmtenThesen an, dass es sich nämlich um Arbeitnehmer mit beson-derer Verantwortung, korrespondierenden besonderen Be-fugnissen, überdurchschnittlicher Vergütung mit Leistungs-komponenten, besonderen Einblicken in Betriebsgeheimnisseund besonderem Bedürfnis nach Schutz des Arbeitgebers vorWettbewerbssituationen handele.Auf Grundlage dieser einleuchtenden Ausgangsüberlegungpräsentiert das Buch einen ausführlichen Musterarbeitsver-trag mit zahlreichen Varianten, die auf den anschließendenSeiten informativ kommentiert werden. Die Vorschläge orien-tieren sich an den Besonderheiten der Arbeits- und Vertrags-bedingungen der Führungskräfte, etwa betreffend Arbeits-zeit, Zielvereinbarungen, Abschlussboni, Change-of-Control-Vereinbarungen, Dienstwagenklauseln etc.Besonders positiv für die anwaltliche Beratungspraxis: Fastalle Regelungsvarianten werden durch Rechtsprechung un-terlegt. Beispielsweise zeichnet die Kommentierung zumKlauselvorschlag für einen Widerrufsvorbehalt beim 13. Mo-natsgehalt die jüngere Kasuistik des BAG nach und weist da-rauf hin, dass im Text der Klausel die Widerrufsgründe nichtnur der Richtung nach angegeben sein müssen, sondern nachder aktuellen BAG-Entscheidung vom 13.4.2010 in der Weise,dass dem Arbeitnehmer deutlich werde, was gegebenenfallsauf ihn zukommen könne.

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Positiv zu erwähnen sind ferner der klare Aufbau der Darstel-lung, ein übersichtliches Schriftbild und die beiliegende CD,die eine schnelle und effiziente Nutzung fördern.Der Band wendet sich insbesondere an den angesprochenenPersonenkreis selbst, an Personalleiter, Arbeitgeber und An-wälte und ist eine wertvolle und fundierte Hilfe bei der Erstel-lung und Prüfung praxisgerechter Arbeitsverträge für Füh-rungskräfte.Dr. Thomas BaumgartenFachanwalt für Arbeitsrecht, Berlin

Richardi/Dörner/WeberPersonalvertretungsrecht – KommentarVerlag C.H.Beck, 4. neu bearb. Aufl. 2012, 1527 Seiten, inLeinen, 159,00 EURISBN 978-3-406-63151-1

Um die Herausgeber, Prof. Dr. Reinhard Richardi, Hans-JürgenDörner, Vizepräsident des Bundesarbeitsgerichts aD, und Prof.Dr. Christoph Weber, haben sich fünf weitere Professoren ge-schart, u.a. Prof. Dr. Matthias Jacobs von der Bucerius LawSchool, der erst im Herbst letzten Jahres vor der Arbeitsge-meinschaft einen hochgeschätzten Vortrag gehalten hat. EineRichterin und ein Richter vom Bundesarbeitsgericht vervoll-ständigen die Rechtsprechungsseite.Seit der 3. Auflage waren bis zur Fertigstellung dieses Werkesim Mai 2012 fünf Jahre vergangen. Die Neuauflage bringt alleswieder auf den neuesten Stand. Einbezogen sind weiterhinalle landesrechtlichen Regelungen und deren etwaige Beson-derheiten. Zugleich legen die Autoren strukturelle Gemein-samkeiten und Unterschiede zwischen Personalvertretungs-und Betriebsverfassungsrecht und die daraus erwachsendenpraktischen Folgen dar, auch hinsichtlich des Betriebsverfas-sungsgesetzes, soweit sie Bedeutung für das Personalvertre-tungsrecht haben, anhand neuester Entscheidungen. Eingear-beitet wurden weiterhin die Modifikationen durch das Dienst-rechtsneuordnungsgesetz vom 5. Februar 2009.Wie sich aus der Zusammensetzung der Autorenschaft ergibt,kommen sowohl die gerichtliche Praxis als auch die wissen-schaftliche Tiefgründigkeit zum Zuge, was sich bei der sorgfäl-tigen Auswahl von Rechtsprechung und Literatur nieder-schlägt.Bei aller Internet-Lastigkeit unserer heutigen Recherchearbeitkann auf Kommentare dieser Art nicht verzichtet werden, we-der von dem, der sich in das Thema einarbeiten muss, nochvon dem, der sich sorgfältig absichern will oder nach Lösun-gen in speziellen Problemen sucht. Sehr empfehlenswert!Dr. Hans-Georg MeierFachanwalt für Arbeitsrecht, Berlin

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Stichwortverzeichnis

Stichwortverzeichnis

(Zahlenangaben sind lfd. Nummern der Entscheidungen)

AbmahnungAufbewahrungsdauer – 1Entfernungsanspruch – 1fehlerhafte Bewertung – 1Rücknahme – 1Verhältnismäßigkeit – 1

AbrechnungspflichtZwangsvollstreckung – 67

AGB-KontrolleAusschlussfrist – 2, 3Bezugnahmeklausel – 57freiwillige Leistung – 26Transparenzgebot – 3, 4, 57überraschende Klausel – 3unangemessene Benachteiligung – 4

AGGAltersdiskriminierung – 45Entschädigungsanspruch – 7Feststellungsantrag – 62Geschlechtsdiskriminierung – 10Indiztatsachen – 7Klagefrist – 6Kopftuch – 5positive Maßnahme – 45Religion – 5Schwerbehinderung – 7Vorstellungsgespräch – 7Weltanschauung – 6Widerlegung der Vermutung – 6

Amtsärztliche UntersuchungPersönlichkeitsrecht – 23

ÄnderungskündigungBestimmtheit – 29Kündigungsfrist – 29Vereinheitlichung der Arbeitsbedingungen – 30

AnfechtungAufhebungsvertrag – 8Betriebsratswahl – siehe dort

AnnahmeverzugLeistungsbereitschaft – 26Streikteilnahme – 26

ArbeitnehmerüberlassungDauerhafte – 49equal pay – 4Mitbestimmung – 49

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AufsichtsratswahlenKlagefrist – 43

AuskunftsklageMobbing – 22

AuslegungKündigungserklärung – 38

Außerordentliche KündigungAlkoholkrankheit – 41

Befristung des ArbeitsverhältnissesBetriebsratsmitglied – 36Gemeinschaftsbetrieb – 35gerichtlicher Vergleich – 33Kettenbefristung – 34Prozessarbeitsverhältnis – 32Vertretungsbedarf – 31

Beschlussverfahreneinstweilige Verfügung – 61

Betriebliche AltersversorgungAnpassung von Betriebsrenten – 9Gleichbehandlung – 10vorgezogene Altersgrenze – 10

BetriebsratUnterlassungsanspruch – 48, 61

BetriebsratsmitgliedFreistellungsanspruch – 44

BetriebsratswahlAnfechtung – 53,54Anfechtungsfrist – 54ausländische Arbeitnehmer – 55Tarifvertrag – 54Vorschlagsliste – 53

BetriebsübergangBegriff – 11, 12, 13

BetriebsvereinbarungAltersdiskriminierung – 45Rechtsquellenklarheit – 60Wiedereinstellung – 45

Darlegungs- und Beweislastbilliges Ermessen – 14, 15, 16geringwertigere Tätigkeit –16Kinderbetreuungspflichten – 15leidensgerechter Arbeitsplatz – 14Schadenersatz – 14Überstunden – 25

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Stichwortverzeichnis

Wissenszurechnung – 25Zeugnis – 28

EinigungsstelleGefährdungsbeurteilung – 46

Einstweilige VerfügungBeschlussverfahren – 61

Entgeltfortzahlung im KrankheitsfallAdressmitteilung – 17ausländische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung – 17

ErlassvertragFreistellung – 18

FreistellungErlassvertrag – 18

GleichbehandlungVergleichsgruppe – 19

IntegrationsamtZustimmungserklärung – 37

Kostenquotelungmehrere Beteiligte – 73

Kündigung

– siehe auch unter betriebsbedingte-, krankheitsbedingte-, ver-haltensbedingte, außerordentliche oder personenbedingte –

Probezeit – 42treuwidrige – 42

KündigungserklärungAuslegung – 38

Kündigungsschutzklagenachträgliche Zulassung (siehe auch dort) – 63

MassenentlassungAnzeige – 39

Mitbestimmung des Betriebsrates in personellen Angele-genheiten

Arbeitnehmerüberlassung – 49Einsatz Betriebsfremder – 49Einstellung – 49, 50Teilzeitkräfte – 50

Mitbestimmung des Betriebsrates in sozialen Angelegen-heiten

Arbeitszeit – 47Gefährdungsbeurteilung – 46Tarifvorrang – 48

MobbingAuskunftsanspruch – 22Begriffsbestimmung – 20, 21Voraussetzungen – 20

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Nachträgliche Zulassung der KündigungsschutzklageAntragsfrist – 63Zulassungsantrag – 63

Nichtzulassungsbeschwerdegrundsätzliche Bedeutung, Darlegung – 64

PersonalratMitbestimmung bei Befristung – 51

Personenbedingte KündigungAlkoholkrankheit – 40, 41

Persönlichkeitsrechtamtsärztliche Untersuchung – 22

ProbezeitArbeitsunfall – 42Kündigung – 42

ProzesskostenhilfeAufhebung – 71

ProzessvollmachtAuftragserteilung – 72

RechtsanwaltsgebührenAuftragserteilung – 72Verfahrensgebühr – 72

Rechtsschutzversicherungverglichen, nicht rechtshängig – 70

RechtswegGeschäftsführer – 65

SchwerbehindertenvertretungAusstattung – 52Wahlverfahren – 55, 56

SonderzuwendungFreiwilligkeitsvorbehalt – 27

StreitwertBeschlussverfahren – siehe dort

Streitwert im BeschlussverfahrenAufhebungsantrag – 74personelle Einzelmaßnahme – 74

TarifvertragAbschlussvollmacht – 54Altersdiskriminierung – 58Beendigungsregelungen – 59Bezugnahmeklausel – 57einzelvertragliche Abmachung – 4fehlerhafter – 57Nichtigkeit – 57Rechtsquellenklarheit – 60Regelungsmacht, Grenzen – 59Stichtagsregelung – 58Teilunwirksamkeit – 60

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Impressum

ÜberstundenDarlegungs- und Beweislast – 25

Übertarifliche ZulageAnrechnung – 24

VergleichswertFreiwilligkeitsvorbehalt – 27

VergütungsanspruchStreikteilnahme – 26Überstunden – 25

Vergütungshöheübertarifliche Zulage – 24

Impressum

AE-Arbeitsrechtliche Entscheidungen

Herausgeber, Chefredaktion- und Anschrift:Rechtsanwalt Dr. Hans-Georg MeierTauentzienstraße 1110789 BerlinTelefon (030) 25 45 91 55Telefax (030) 25 45 91 66E-Mail: [email protected]

Redaktion:Rechtsanwalt Roland GrossKanzlei gross::rechtsanwälteNeumarkt 16-1804109 LeipzigTelefon (0341) 984 62-0Fax (0341) 984 62-24E-Mail: [email protected];www.advo-gross.de

Rechtsanwältin Dr. Nathalie OberthürKanzlei RPO RechtsanwälteIm Mediapark 650670 KölnTelefon (0221) 355051-50Fax (0221) 355051-35E-Mail: [email protected]

und die Arbeitsgemeinschaft Arbeitsrecht im Deut-schenAnwaltverein (Adresse s. unten)

Geschäftsführender Ausschuss:Dr. Jobst-Hubertus Bauer (Vors.)Geschäftsstelle:c/o Dr. Johannes SchippMünsterstraße 2133330 GüterslohTelefon (0 52 41) 90 33-0Telefax (0 52 41) 1 48 59

Deutscher AnwaltVereinArbeitsgemeinschaft ArbeitsrechtGeschäftsstellePeter AltemeierLittenstraße 1110179 BerlinTelefon (030) 72 61 52-0, Sekr. 171Telefax (030) 72 61 52-195

Verlag:Deutscher AnwaltVerlagWachsbleiche 753111 BonnTelefon: (0228) 9 19 11-0Telefax: (0228) 9 19 11-23E-Mail: [email protected]

Anzeigensales friendly VerlagsdienstleistungenBettina RoosSiegburger Str. 12353229 BonnTelefon: (0228) 9 78 98-0Telefax: (0228) 9 78 98-20E-Mail: [email protected]ültig ist die Preisliste Nr. 4 vom 1.1.2007

LektoratAnne Krauss

SatzCicero Computer GmbH, 53225 Bonn

DruckHans Soldan Druck GmbH, 45356 Essen

ErscheinungsweiseDie AE erscheint vierteljährlich

Bezugspreise 2013Inland € 104,– (zzgl. Versand)Einzelheft € 32,50 (zzgl. Versand)

Alle Preise verstehen sich inkl. Mehrwertsteuer. Der Abonnementpreiswird im Voraus in Rechnung gestellt.

Das Abonnement verlängert sich zu den jeweils gültigen Bedingun-gen um ein Jahr, wenn es nicht 6 Wochen vor Ablauf des Bezugsjahresgekündigt wird.

Die Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft für Arbeitsrecht erhalten dieAE im Rahmen ihrer Mitgliedschaft.

Urheber- und VerlagsrechtDie in dieser Zeitschrift veröffentlichten Beiträge – auch die bearbeite-ten Gerichtsentscheidungen und Leitsätze – sind urheberrechtlich ge-schützt. Der Rechtsschutz gilt auch gegenüber Datenbanken und ähnli-chen Einrichtungen. Kein Teil dieser Zeitschrift darf außerhalb derGrenzen des Urhebergesetzes ohne schriftliche Genehmigung des Ver-lages in irgendeiner Form - durch Fotokopie, Mikrofilm oder andereVerfahren - reproduziert oder in eine von Maschinen, insbesonderevon Datenverarbeitungsanlagen verwendbare Sprache, übertragenwerden. Namentlich gezeichnete Artikel müssen nicht die Meinungder Redaktion wiedergeben. Manuskripte und Einsendungen sindbitte an die Redaktionsanschrift zu senden.

ManuskripteDie AE beinhaltet aktuelle arbeitsrechtliche Entscheidungen sowie Bei-träge für die Anwaltspraxis. Manuskripte sind an die Redaktionsan-schrift zu richten. Unverlangt eingesandte Manuskripte - für die keineHaftung übernommen wird - gelten als Veröffentlichungsvorschlag zuden Bedingungen des Verlages. Es werden nur unveröffentlichte Origi-nalarbeiten übernommen. Die Verfasser erklären sich mit einer nichtsinnentstellenden redaktionellen Bearbeitung durch den Herausgebereinverstanden. Mit der Annahme eines Manuskriptes erwirbt der Ver-lag vom Verfasser das ausschließliche Recht zur Veröffentlichung undVerwertung. Eingeschlossen ist insbesondere auch das Recht zur Ein-speicherung in Datenbanken sowie das Recht zur weiteren Vervielfälti-gung zu gewerblichen Zwecken im Wege eines fotomechanischenoder eines anderen Verfahrens.

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Weiterbeschäftigungsanspruchallgemeiner – 69Sicherheitsbedenken – 69Zwangsvollstreckung – 68

WiedereinsetzungAnwaltsverschulden – 66

ZeugnisDarlegungs- und Beweislast – 28

ZwangsvollstreckungAbrechnung – 67Weiterbeschäftigung – 68