Lineare Algebra I (Lehramt Gymnasium)[F]Fischer, Gerd, Lineare Algebra, Vieweg, 17. Au age (2010)...

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Lineare Algebra I (Lehramt Gymnasium) Technische Universit¨ at M¨ unchen, WS 2012/13 Vorlesung: Caroline Lasser (aktualisiert am 1. Februar 2013) Inhaltsverzeichnis 1 Gruppen 4 1.1 Nat¨ urliche Zahlen (16.10.) ...................... 4 1.2 Halbgruppen (19.10.) ......................... 5 1.3 Gruppen (23.10.) ........................... 6 1.4 Untergruppen (26.10.) ........................ 8 1.5 Faktorgruppen (30.10.) ........................ 9 2 Ringe und K¨ orper 10 2.1 Ringe (02.11.) ............................. 10 2.2 Komplexe Zahlen (06.11.) ...................... 11 2.3 Angeordnete K¨ orper (09.11.) .................... 12 2.4 Polynome (13.11.) .......................... 13 3 Vektorr¨ aume 14 3.1 Der n-dimensionale reelle Raum (16.11.) .............. 14 3.2 Vektorr¨ aume (20.11.) ......................... 15 3.3 Unterr¨ aume (23.11.) ......................... 16 3.4 Linearkombinationen, lineare Unabh¨ angigkeit (27.11.) ...... 17 3.5 Lineare Unabh¨ angigkeit (30.11.) .................. 20 3.6 Basen (04.12.) ............................. 21 3.7 Dimension (07.12.) .......................... 22 3.8 Summen von Vektorr¨ aumen (11.12.) ................ 23 4 Lineare Abbildungen 24 4.1 Homomorphismen (14.12.) ...................... 24 4.2 Lineare Abbildungen (18.12.) .................... 25 4.3 Bild und Kern (21.12.) ........................ 26 4.4 Quotientenr¨ aume (08.01.) ...................... 27 1

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Lineare Algebra I

(Lehramt Gymnasium)

Technische Universitat Munchen, WS 2012/13

Vorlesung: Caroline Lasser

(aktualisiert am 1. Februar 2013)

Inhaltsverzeichnis

1 Gruppen 41.1 Naturliche Zahlen (16.10.) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41.2 Halbgruppen (19.10.) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51.3 Gruppen (23.10.) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61.4 Untergruppen (26.10.) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81.5 Faktorgruppen (30.10.) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9

2 Ringe und Korper 102.1 Ringe (02.11.) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102.2 Komplexe Zahlen (06.11.) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112.3 Angeordnete Korper (09.11.) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122.4 Polynome (13.11.) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13

3 Vektorraume 143.1 Der n-dimensionale reelle Raum (16.11.) . . . . . . . . . . . . . . 143.2 Vektorraume (20.11.) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153.3 Unterraume (23.11.) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163.4 Linearkombinationen, lineare Unabhangigkeit (27.11.) . . . . . . 173.5 Lineare Unabhangigkeit (30.11.) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203.6 Basen (04.12.) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 213.7 Dimension (07.12.) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 223.8 Summen von Vektorraumen (11.12.) . . . . . . . . . . . . . . . . 23

4 Lineare Abbildungen 244.1 Homomorphismen (14.12.) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 244.2 Lineare Abbildungen (18.12.) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 254.3 Bild und Kern (21.12.) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 264.4 Quotientenraume (08.01.) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27

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5 Matrizen 285.1 Lineare Gleichungssysteme (11.01.) . . . . . . . . . . . . . . . . . 285.2 Lineare Abbildungen und Matrizen (15.01.) . . . . . . . . . . . . 295.3 Multiplikation von Matrizen (18.01.) . . . . . . . . . . . . . . . . 305.4 Invertierbare Matrizen (22.01.) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 315.5 Koordinatentransformationen (25.01.) . . . . . . . . . . . . . . . 335.6 Gaußsche Elimination I (29.01.) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 345.7 Gaußsche Elimination II (01.02.) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 355.8 LR-Zerlegung (05.02) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36

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Literatur

[AZ] Aigner, Martin und Ziegler, Gunter, Das BUCH der Beweise, Springer-Verlag, 3. Auflage (2010)

[B] Bosch, Siegfried, Lineare Algebra, Springer-Verlag, 4. Auflage (2008)

[Ded] Dedekind, Richard, Was sind und was sollen die Zahlen? (1888), in Ri-chard Dedekind, Gesammelte mathematische Werke, herausgegeben vonRobert Fricke, Emmy Noether, Oystein Ore, Dritter Band, Vieweg (1932)

[Dei] Deiser, Oliver, Grundbegriffe der wissenschaftlichen Mathematik,Springer-Verlag (2010)

[Dy] Dyck, Walther, Gruppentheoretische Studien, Mathematische Anna-len 20(1): 1-44 (1882)

[E] Euler, Leonhard, Introductio in analysin infinitorum, Band 1 (E101) von2 Banden (1748). Deutsche Ubersetzung von Hermann Maser, Springer-Verlag (1885)

[F] Fischer, Gerd, Lineare Algebra, Vieweg, 17. Auflage (2010)

[FL] Fischer, Gerd, Lernbuch Lineare Algebra und Analytische Geometrie,Springer Spektrum, 2. Auflage (2012)

[Fr] Frobenius, Ferdinand Georg, Zur Theorie der linearen Gleichungen, Journalfur die reine und angewandte Mathematik 129: 175–180 (1905)

[G] Gauß, Carl Friedrich, Theoria residuorum biquadraticorum, commentatiosecunda (1831), Werke Band 2: 93–148

[Gr] Grassmann, Hermann, Die lineare Ausdehnungslehre, Verlag von Otto Wi-gand, 2. Auflage (1878)

[KM] Karpfinger, Christian und Meyberg, Kurt, Algebra (Gruppen – Ringe –Korper), Spektrum Akademischer Verlag, 2. Auflage (2010)

[N] Noether, Emmy, Idealtheorie in Ringbereichen, Mathematische Anna-len 83(1–2): 24–66 (1921)

[W] Weyl, Hermann, Raum Zeit Materie, Springer-Verlag, 5. Auflage (1922)

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1 Gruppen

1.1 Naturliche Zahlen (16.10.)

Naturliche Zahlen. Eine Menge N mit ausgezeichnetem Element 0 ∈ N undeiner Abbildung s : N → N heißt naturliche Zahlen, wenn sie die Dedekind-Peano Axiome erfullen: i) s ist injektiv. ii) 0 6∈ s[N]. iii) Erfullt A ⊆ N sowohl0 ∈ A als auch s[A] ⊆ A, so gilt A = N.

Injektive Abbildung. Seien A und B Mengen. Eine Abbildung f : A→ B,x 7→ f(x) heißt injektiv, falls fur alle x, y ∈ A aus f(x) = f(y) stets x = y folgt.Die Abbildung f1 : N → N, x 7→ x + 1 ist injektiv. Die Abbildung f2 : N → N,f2(x) = x− 1 fur x ≥ 1, f2(0) = 0, ist nicht injektiv.

Teilmengen. Seien M ′ und M Mengen. M ′ heißt Teilmenge von M , in Zei-chen M ′ ⊆ M , falls fur alle x ∈ M ′ auch x ∈ M gilt. Die naturlichen Zahlensind eine Teilmenge der ganzen Zahlen, die wiederum der rationalen Zahlen,und die der reellen Zahlen: N ⊆ Z ⊆ Q ⊆ R.

Aussonderung. Sei M eine Menge. Dann ist {x ∈ M | E(x)} die Teilmengevon M , die aus allen x ∈M mit E(x) besteht. {x ∈ N | x gerade} = {0, 2, 4, . . .}ist die Menge der geraden naturlichen Zahlen.

Bild & Urbild. Ist f : A→ B, A′ ⊆ A und B′ ⊆ B, so heißen

f [A′] = {f(x) | x ∈ A′} , f−1[B′] = {x ∈M | f(x) ∈ B′}

das Bild von A′ und das Urbild von B′ unter f . Die Abbildung f heißt surjektiv,falls f [A] = B. Ist f injektiv und surjektiv, so heißt f bijektiv. f1 ist nichtsurjektiv, f2 schon. f3 : N → N, x 7→ x + 1 fur x gerade, x 7→ x − 1 fur xungerade, ist bijektiv.

Lemma. Eine Abbildung f : A→ B ist genau dann injektiv, wenn f−1({y})fur alle y ∈ B hochstens ein Element enthalt.

Literatur. [Ded, §6.71], [Dei, 1.2 & 2.1]

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1.2 Halbgruppen (19.10.)

Assoziative Verknupfung. Eine Abbildung ∗ : M ×M →M , (a, b) 7→ a ∗ bauf einer Menge M heißt eine Verknupfung auf M . Eine Verknupfung ∗ auf Mheißt assoziativ, falls a ∗ (b ∗ c) = (a ∗ b) ∗ c fur alle a, b, c ∈M gilt.

Definition Halbgruppe. Eine Menge M mit einer assoziativen Verknupfung∗ : M ×M →M heißt Halbgruppe. Man schreibt oft (M, ∗).

Verknupfungen auf N. N mit m ∗ n = m + n oder m ∗ n = m · n ist eineHalbgruppe. m ∗ n = m− n definiert keine Verknupfung auf N. m ∗ n = mn isteine Verknupfung auf N, aber nicht assoziativ.

Verknupfungen auf Q. Q mit a∗b = a·b ist eine Halbgruppe. a∗b = 12 (a+b)

ist nicht assoziativ.

Verknupfungen auf Rn. Rn mit v ∗w = v +w = (v1 +w1, . . . , vn +wn) isteine Halbgruppe. R2 mit v ∗ w = (v1 + w2, v2 + w1) ist nicht assoziativ.

Komposition. Sind f : A → B und g : B → C Abbildungen, so heißtg ◦ f : A→ C, x 7→ g(f(x)) die Komposition von g nach f .

Lemma. Die Komposition bijektiver Abbildungen ist bijektiv.

Beweis. Aus g(f(x)) = g(f(y)) folgt f(x) = f(y) und x = y fur alle x, y, weil gund f injektiv sind. Also ist g ◦ f injektiv. Außerdem gilt g[f [A]] = g[B] = Cwegen der Surjektivitat von f und g. Damit ist g ◦ f auch surjektiv.

Verknupfungen auf Abbildungen. M = {f : X → X} mit f ∗ g = f ◦ g isteine Halbgruppe. Ebenso ist M = {f : X → X | f bijektiv} mit f ∗g = f ◦g eineHalbgruppe. Ihre Elemente heißen Permutationen von X. Fur X = {1, . . . , n}wird die Menge der Permutionen mit Sn bezeichnet.

Kommutative Verknupfungen. Ein Verknupfung ∗ auf M heißt kommuta-tiv, wenn a ∗ b = b ∗ a fur alle a, b ∈M gilt.

Kommutative Beispiele. (N,+), (N, ·), (Q, ·), (Rn,+), (S1, ◦), (S2, ◦)

Literatur. [F, 1.2], [FL, 1.2.2].

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1.3 Gruppen (23.10.)

Definition. G mit einer Verknupfung ∗ : G×G→ G heißt Gruppe, falls gilt:i) G ist eine Halbgruppe. ii) Es gibt e ∈ G (neutrales Element), so dass e∗a = afur alle a ∈ G gilt. iii) Ist e ein neutrales Element, so gibt es fur jedes a ∈ G eina′ ∈ G mit a′ ∗ a = e (inverses Element von a).

Links oder rechts? Sei (G, ∗) eine Gruppe, e ein neutrales Element, a ∈ Gund a′ zu a invers. Dann gilt a ∗ a′ = e und a ∗ e = a.

Beweis. Sei a′′ zu a′ invers. Es gilt: aa′ = (ea)a′ = e(aa′) = (a′′a′)(aa′) =a′′((a′a)a′) = a′′(ea′) = a′′a′ = e und ae = a(a′a) = (aa′)a = ea = a.

Kurzungsregeln. Sei (G, ∗) eine Gruppe, und a, x, y ∈ G. Es gilt: i) Ausa ∗ x = a ∗ y folgt x = y. ii) Aus x ∗ a = y ∗ a folgt x = y.

Beweis. Sei e ein neutrales Element und a′ zu a invers. zu i) x = ex = (a′a)x =a′(ax) = a′(ay) = (a′a)y = ey = y. zu ii) x = xe = x(aa′) = (xa)a′ = (ya)a′ =y(aa′) = ye = y.

Lemma. i) Das neutrale Element ist eindeutig bestimmt. ii) Das zu a inverseElement ist eindeutig bestimmt (und wird mit a−1 bezeichnet).

Beweis. zu i) Sind e, e neutrale Elemente, so gilt ee = e, ee = e und somit e = e.zu ii) Sind a′, a′ zu a invers, so gilt a′ = a′e = a′(aa′) = (a′a)a′ = ea′ = a′.

Beispiele fur Gruppen. (Z,+) mit e = 0; (Q\{0}, ·) mit e = 1; (Rn,+) mite = (0, . . . , 0); Permutationen bzgl. ◦ mit id : X → X, x 7→ x als e.

Inverse. Sei G eine Gruppe, a, b ∈ G. Es gilt (a−1)−1 = a und (ab)−1 =b−1a−1, weil a−1a = e und (b−1a−1)(ab) = b−1((a−1a)b) = b−1(eb) = b−1b = e.

Gruppentafel fur zweielementige Gruppen:

* e ae e aa a e

Literatur. [Dy, I.1], [F, 1.2], [Dei, 3.4]

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Extemporale, 26.10.2012Name (anonymisiert):

Bitte bearbeiten Sie ohne Hilfsmittel in 15 Minuten die folgenden Aufgaben.

1. Formulieren Sie die Definition einer Gruppe (G, ∗).

Eine Menge G mit einer Verknupfung ∗ : G × G → G heißt Gruppe, falls gilt:i) (G, ∗) ist eine Halbgruppe. ii) Es gibt ein neutrales Element e ∈ G, so dasse ∗ a = a fur alle a ∈ G gilt. iii) Fur jedes a ∈ G gibt es ein Inverses a′ ∈ G mita′ ∗ a = e.

2. Seien f : A→ B, g : B → C injektiv. Zeigen Sie, dass g ◦ f injektiv ist.

Seien x, y ∈ A mit (g ◦f)(x) = (g ◦f)(y). Dies bedeutet g(f(x)) = g(f(y)). Weilg injektiv ist, folgt f(x) = f(y). Weil f injektiv ist, folgt x = y. Also ist g ◦ finjektiv.

3. Seien f : X → X, g : X → X Abbildungen. Beweisen oder widerlegen Sie:f ◦ g = g ◦ f .

Sei f : R→ R, x 7→ 2x und g : R→ R, x 7→ x2. Dann ist (f ◦ g)(x) = 2x2 und(g ◦f)(x) = 4x2 fur alle x ∈ R. Insbesondere gilt (f ◦ g)(1) = 2 6= (g ◦f)(1) = 4.Also ist die Komposition von Abbildungen nicht kommutativ.

Bewertung: Maximal 2 Punkte pro Aufgabe, (5 & 6, 4, 3, 2, 1, 0) Punkteentsprechen der Note (1, 2, 3, 4, 5, 6). Bei 41 Teilnehmern gab es 5mal Note 1,6mal 2, 7mal 3, 10mal 4, 11mal 5, 2mal 6. Durchschnitt: 3,54

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1.4 Untergruppen (26.10.)

Links- und Rechtstranslation. Ist (G, ∗) eine Gruppe und a ∈ G, so sindla : G → G, x 7→ a ∗ x und ra : G → G, x 7→ x ∗ a bijektiv: injektiv wegenKurzungsregeln, surjektiv wegen x = ra(xa′) = la(a′x) fur alle x ∈ G.

Lemma. Ist (G, ∗) eine Halbgruppe und la, ra fur alle a ∈ G bijektiv, so ist(G, ∗) eine Gruppe.

Beweis. Fur a, b ∈ G gibt es x, y ∈ G mit ra(x) = a, la(y) = b und x ∗ b =x ∗ (a ∗ y) = (x ∗ a) ∗ y = a ∗ y = b. Das z ∈ G mit ra(z) = x ist invers zu a.

Gruppentafel fur dreielementige Gruppen:

* e a be e a ba a b eb b e a

Untergruppe. Sei (G, ∗) eine Gruppe. U ⊆ G heißt eine Untergruppe von G,falls U 6= ∅ sowie a ∗ b ∈ U und a−1 ∈ U fur alle a, b ∈ U gilt.

Gruppe. Eine Untergruppe ist eine Gruppe.

Beweis. ∗ : G × G → G erfullt ∗[U × U ] ⊆ U und ist auch auf U assoziativ.Wegen U 6= ∅ gibt es a ∈ U und es gilt a−1 ∈ U und e = a ∗ a−1 ∈ U .

Untergruppen von Z. Ist U eine Untergruppe von (Z,+), so gibt es genauein m ∈ N mit U = mZ := {m · x | x ∈ Z}.

Beweis. U = {0} = 0 · Z. Andernfalls gibt es positive ganze Zahlen in U . Sei mdie kleinste von ihnen. Dann gilt mZ ⊆ U . Sei n ∈ U . Wir schreiben n = qm+rmit q ∈ Z, 0 ≤ r < m. Dann ist r ∈ U und somit r = 0 und U ⊆ mZ.

Aquivalenzrelation. Sei M eine Menge. R ⊆ {(x, y) | x, y ∈ M} heißtAquivalenzrelation auf M falls fur alle x, y, z ∈ M gilt: i) (x, x) ∈ R. ii) Aus(x, y) ∈ R folgt (y, x) ∈ R. iii) Aus (x, y) ∈ R und (y, z) ∈ R folgt (x, z) ∈ R.D.h. eine Aquivalenzrelation ist reflexiv, symmetrisch und transitiv.

Lemma. Sei U eine Untergruppe von G. Dann definieren x ∼U y, falls xy−1 ∈U , und x ∼U y, falls x−1y ∈ U , zwei Aquivalenzrelationen auf G.

Beweis. fur ∼U : i) xx−1 = e ∈ U . ii) Aus xy−1 ∈ U folgt yx−1 = (xy−1)−1 ∈ U .iii) Aus xy−1 ∈ U und yz−1 ∈ U folgt xz−1 = (xy−1)(yz−1) ∈ U .

Teilen mit Rest. Fur U = mZ sind ∼U und ∼U gleich. Fur m > 0 giltx ∼mZ y genau dann, wenn x = qxm+r, y = qym+r mit qx, qy ∈ Z, 0 ≤ r < m.

Literatur. [F, 1.2], [FL, 1.1.5, 1.2.5], [Dei, 1.3, 3.1 & 3.4]

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1.5 Faktorgruppen (30.10.)

Nebenklassen. Sei U eine Untergruppe von G. Fur a ∈ G gilt

{g ∈ G | a ∼U g} = {g ∈ G | ∃u ∈ U : ag−1 = u} = {ua | u ∈ U} = Ua,

{g ∈ G | a ∼U g} = {g ∈ G | ∃u ∈ U : a−1g = u} = {au | u ∈ U} = aU.

Diese Aquivalenzklassen heißen die Rechts- und Linksnebenklassen von a.

Zerlegung. Es gilt G =⋃a∈G aU , wobei die Vereinigung disjunkt ist. Gleiches

gilt fur die Rechtsnebenklassen.

Beweis. Ist aU∩bU 6= ∅, so gibt es g ∈ G mit a ∼U g, b ∼U g. Wegen Symmetrieund Transitivitat gilt a ∼U b und aU = bU . Also ist entweder aU ∩ bU = ∅ oderaU = bU . Fur a ∈ G ist a = ae ∈ aU und somit G =

⋃a∈G aU .

Restklassen. Fur G = Z, U = mZ, m > 0 und a ∈ Z ist aU = Ua = a+mZund enthalt alle ganzen Zahlen, die nach Division durch m den gleichen Restwie a haben. a+mZ heißt Restklasse von a modulo m. Es ist Z = (0 +mZ) ∪· · · ∪ (m− 1 +mZ), und die Vereinigung ist disjunkt.

Normalteiler. Sei U eine Untergruppe von G. Gilt aU = Ua fur alle a ∈ G,so ist ∼U gleich ∼U , und U heißt Normalteiler von G.

Lemma. Ist U eine Untergruppe von G, so sind aquivalent: i) U ist Normal-teiler von G. ii) aU ∗ bU = (ab)U fur alle a, b ∈ G. iii) aUa−1 = U fur allea ∈ G.

Beweis. i)⇒ii): aU ∗ bU = {aubv | u, v ∈ U} = {abwv | v, w ∈ U} = (ab)U .ii)⇒iii): aU = U ∗ aU = {uav | u, v ∈ U} ⊇ Ua und a−1U ⊇ Ua−1, worausaUa−1 ⊇ U und U ⊇ aUa−1 folgt. iii)⇒i): aU = a(a−1Ua) = Ua.

Faktorgruppe. Ist U ein Normalteiler von G, so definiert

G/U = {aU | a ∈ G}, aU ∗ bU = (ab)U

eine Gruppe, die sogenannte Faktorgruppe von G bezuglich U . Das neutraleElement ist U , und das zu aU Inverse ist a−1U .

Zyklische Gruppen. Die Faktorgruppe Z/mZ, m > 0, heißt die zyklischeGruppe der Ordnung m. Sie ist abelsch und enthalt m Elemente.

Literatur. [F, 1.2], [Dei, 1.3 & 3.4], [KM, 3.2]

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2 Ringe und Korper

2.1 Ringe (02.11.)

Definition. Eine Menge R mit zwei Verknupfungen + : R×R, (a, b) 7→ a+ bund · : R×R, (a, b) 7→ a · b heißt Ring, falls gilt: i) (R,+) ist abelsche Gruppe.ii) (R, ·) ist eine Halbgruppe. iii) Es gelten die Distributivgesetze a · (b + c) =a · b+ a · c, (a+ b) · c = a · c+ b · c fur alle a, b, c ∈ R.

Beispiele. Z, 2Z, Q, R sind mit der ublichen Addition und MultiplikationRinge. Die Menge der Funktionen {f : R→ R} sind mit (f+g)(x) = f(x)+g(x),(f ·g)(x) = f(x)·g(x) ein Ring. Z/mZ = {[0], . . . , [m−1]} ist mit [a]+[b] = [a+b],[a] · [b] = [a · b] ein Ring.

Multiplikationstafeln. Z/0Z = Z, Z/Z = {0}. Fur Z/mZ, m = 2, 3, 4 gilt:

· 0 10 0 01 0 1

· 0 1 20 0 0 01 0 1 22 0 2 1

· 0 1 2 30 0 0 0 01 0 1 2 32 0 2 0 23 0 3 2 1

Wegen 2 · 2 = 0 ist ((Z/4Z) \ {0}, ·) keine Gruppe.

Restklassenringe. Ein Ring R heißt nullteilerfrei, wenn fur alle a, b ∈ R ausa · b = 0 stets a = 0 oder b = 0 folgt. Z/mZ ist genau dann nullteilterfrei, wennm eine Primzahl ist.

Beweis. Ist m eine Primzahl und [k] · [l] = 0, so gilt k · l = m · r fur ein r ∈ Z,und k oder l hat m als Primfaktor, was [k] = 0 oder [l] = 0 bedeutet. Also istZ/mZ nullteilerfrei. Ist m keine Primzahl, so gibt es 1 < k, l < m mit m = k · l.Es ist [k] 6= 0, [l] 6= 0, aber [m] = 0. Also ist Z/mZ nicht nullteilerfrei.

Nullteilerfreie Ringe. In einem nullteilerfreien Ring R ist R∗ := R \ {0}bezuglich · ein Halbgruppe, aber nicht immer eine Gruppe: In Z fehlen multi-plikative Inverse, in 2Z sogar das Einselement.

Literatur. [N, §1], [F, 1.3], [FL, 1.3.1]

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2.2 Komplexe Zahlen (06.11.)

Definition. Ein Ring R heißt Korper, falls (R∗, ·) ein abelsche Gruppe ist.

Beispiele. Q, R sind Korper. Endliche, kommutative, nullteilerfreie Ringesind Korper. Insbesondere ist Z/mZ ein Korper, wenn m eine Primzahl ist.

Beweis. Wir zeigen, dass ra : R∗ → R∗, x 7→ a · x fur alle a ∈ R∗ injektiv ist.Aus ra(x) = ra(y) folgt a · (x − y) = 0 und x − y = 0 und x = y. Wegen R∗

endlich ist ra auch surjektiv (Schubfachprinzip).

Definition C = {(x, y) | x, y ∈ R} mit den Verknupfungen

+ : C× C→ C, ((x1, y1), (x2, y2)) 7→ (x1 + x2, y1 + y2)

· : C× C→ C, ((x1, y1), (x2, y2)) 7→ (x1x2 − y1y2, x1y2 + y1x2)

ist ein kommutativer Korper mit Nullelement (0, 0) und Einselement (1, 0).

Beweis. Sei w = x2 +y2. Wir uberprufen nur, dass (x/w,−y/w) zu (x, y) inversist: (x/w,−y/w) · (x, y) = (x2/w + y2/w, xy/w − yx/w) = (1, 0).

Polarkoordinaten. Wir beschreiben z = (x, y) ∈ C durch den Betrag |z| =√x2 + y2 und den Winkel α zwischen (x, y) und (1, 0) gegen den Uhrzeigersinn

gemessen: z = |z|eiϕ = |z|(cosϕ+ i sinϕ). Die Multiplikation ist

z1 · z2= |z1| |z2|(cosϕ1 cosϕ2 − sinϕ1 sinϕ2 + i(cosϕ1 sinϕ2 + sinϕ1 cosϕ2))

= |z1| · |z2| · eiϕ1eiϕ2 = |z1| · |z2| · ei(ϕ1+ϕ2).

Insbesondere gilt |z1 · z2| = |z1| · |z2| fur alle z1, z2 ∈ C.

Literatur. [E, 1.3 & 8.133], [G, §30], [Dei, 2.3], [FL, 1.3.6]

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2.3 Angeordnete Korper (09.11.)

Konventionen. Sei K ein Korper. Das additiv Neutrale wird mit 0, das mul-tiplikativ Neutrale mit 1 bezeichnet. Fur a ∈ K, b ∈ K∗ ist −a das additivInverse zu a und b−1 das multiplikativ Inverse zu b, sowie a/b := a · b−1.

Rechenregeln. Fur alle x, y, a, b ∈ K gilt: i) 0·x = x·0 = 0. ii) x(−y) = −(xy)und (−x)(−y) = xy. Insbesondere (−1)x = −x. iii) a/b+ x/y = (ay + bx)/(by)fur b, y 6= 0.

Beweis. zu i) 0 · x = (0 + 0) · x = 0 · x+ 0 · x, also 0 · x = 0. zu ii) xy+ x(−y) =x(y − y) = x · 0 = 0 und (−x)(−y) = −((−x)y) = −(−(xy)) = xy. zu iii)(by)(a/b+ x/y) = b(y(a/b+ x/y)) = b(ya/b+ x) = ya+ bx.

Charakteristik. Sei R ein Ring mit 1. Dann ist die Charakteristik char(R)von R die kleinste naturliche Zahl n ∈ N∗ mit n · 1 := (1 + · · · + 1) = 0. Giltn · 1 6= 0 fur alle n ∈ N∗, so ist char(R) = 0.

Lemma. Die Charakteristik eines nullteilerfreien Rings R ist 0 oder prim.

Beweis. Ist char(R) = m = kl mit 1 < k, l < m, so gilt 0 = m · 1 = (k · 1) · (l · 1)und wegen Nullteilerfreiheit k · 1 = 0 oder l · 1 = 0. Widerspruch.

Lineare Ordnung. Sei M eine Menge. R ⊆ M ×M heißt lineare Ordnung,falls fur alle x, y, z ∈M gilt: i) (x, x) ∈ R. ii) Aus (x, y), (y, x) ∈ R folgt x = y.iii) Aus (x, y), (y, z) ∈ R folgt (x, z) ∈ R. iv) (x, y) ∈ R oder (y, x) ∈ R. Einelineare Ordung ist also reflexiv, antisymmetrisch, transitiv und kann je zweiElemente aus M vergleichen. Man schreibt x ≤ y fur (x, y) ∈ R.

Angeordneter Korper. Sei K ein Korper und≤ eine lineare Ordnung auf K.In einem angeordnetem Korper K gilt fur alle x, y, z ∈ K: i) Aus x ≤ y folgtx+ z ≤ y + z. ii) Aus 0 ≤ x, y folgt 0 ≤ x · y.

Lemma. In einem angeordneten Korper K gilt 0 ≤ x2 fur alle x ∈ K. Insbe-sondere ist 0 ≤ 1.

Beweis. Fur 0 ≤ x gilt 0 ≤ x · x = x2. Fur x ≤ 0 gilt 0 ≤ −x und 0 ≤(−x) · (−x) = x2.

Beispiele. Q und R sind angeordnet, C wegen i2 = −1 nicht.

Lemma. Ein angeordneter Korper K hat Charakteristik Null.

Beweis. Ist char(K) > 0, so gilt 0 ≤ 1 ≤ . . . ≤ char(K) · 1 = 0, also 1 = 0.

Literatur. [F, 1.3.3], [Dei, 2.3], [FL, 1.3.6]

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2.4 Polynome (13.11.)

Definition. Sei K ein Korper, a0, . . . , an ∈ K. Dann heißt f = a0 + a1t +· · ·+ ant

n ein Polynom uber K in der Unbestimmten t, und K[t] bezeichnet dieMenge solcher Polynome. Der Grad von f ist deg(f) = max{n ∈ N | an 6= 0}.Fur das Nullpolynom setzt man deg(0) = −∞.

Ring der Polynome. Seien f = a0 + · · · + antn, g = b0 + · · · + bmt

m mitm ≤ n. Wir definieren

f + g = c0 + · · ·+ cntn, f · g = d0 + · · ·+ dn+mt

n+m

mit ck = ak+bk fur k ≤ m und ck = ak fur k > m sowie dk =∑i+j=k aibj . Dann

ist (K[t],+, ·) ein kommutativer, nullteilerfreier Ring, und es gilt deg(f + g) ≤max(deg(f),deg(g)) sowie deg(f · g) = deg(f) + deg(g).

Beweis. Wir uberprufen, dass K[t] nullteilerfrei ist: Sei f · g = 0. Dann istdeg(f) + deg(g) = −∞, woraus deg(f) = −∞ oder deg(g) = −∞ folgt. Also istf = 0 oder g = 0.

Polynomdivsion. Seien f, g ∈ K[t] und g 6= 0. Dann gibt es eindeutig be-stimmte q, r ∈ K[t] mit f = q · g + r und deg(r) < deg(g).

Beweis. Zur Eindeutigkeit: Seien q, q, r, r ∈ K[t] mit f = qg + r = qg + r unddeg(r),deg(r) < deg(g). Dann ist (q − q)g = r − r und deg(q − q) + deg(g) =deg(r − r) < deg(g). Also gilt deg(q − q) = −∞ und somit q = q, r = r. ZurExistenz: Sei f = ant

n+· · ·+a0, g = bmtm+· · ·+b0 mit an, bm 6= 0. Falls n < m,

setze f = 0 · g + f . Falls n ≥ m, setze q1 = an/bmtn−m, f1 = f − q1g. Dann

ist deg(f1) < deg(f). Wir sind fertig, falls deg(f1) < m. Andernfalls wiederholtman die Konstruktion mit f1 anstelle von f , etc. Nach k Schritten erfullt fk =fk−1−qkg dann deg(fk) < m und f = q1g+f1 = . . . = (q1 + · · ·+qk)g+fk.

Nullstellen. f = t2 + 1 ∈ R[t] hat keine Nullstelle in R. Ist K = {a0, . . . , an}ein endlicher Korper, so hat f = (t− a0) · · · (t− an) + 1 ∈ K[t] keine Nullstellein K.

Anzahl von Nullstellen. Sei K ein Korper, f ∈ K[t], f 6= 0 und k dieAnzahl der Nullstellen von f in K. Dann gilt k ≤ deg(f).

Beweis. mit Induktion uber deg(f) = n. Induktionsanfang n = 0: f = a0 6= 0hat keine Nullstelle. Induktionsschritt von n nach n+1: Sei deg(f) = n+1. Hat fkeine Nullstelle, so sind wir fertig. Hat f ein Nullstelle λ ∈ K, so gibt es eindeutigbestimmtes q, r mit f = q(t−λ)+r, deg(r) < 1. Also ist r = b0 = f(λ) = 0 undf = q(t− λ) und deg(q) = n. Nach Induktionsvoraussetzung hat q hochstens nNullstellen, und es gilt k ≤ n+ 1.

Literatur. [F, 1.3], [FL, 1.4]

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3 Vektorraume

3.1 Der n-dimensionale reelle Raum (16.11.)

Definition. Rn = {(x1, . . . , xn) | x1, . . . , xn ∈ R} ist die Menge der geord-neten n-Tupel reeller Zahlen. Wir nennen die Elemente des Rn Vektoren unddefinieren die Addition und die skalare Multiplikation folgendermaßen:

+ : Rn × Rn → Rn, (x1, . . . , xn) + (y1, . . . , yn) = (x1 + y1, . . . , xn + yn),

· : R× Rn → Rn, λ · (x1, . . . , xn) = (λx1, . . . , λxn).

Punkt oder Pfeil? Im R2 konnen wir einen Vektor als Punkt der Ebeneansehen oder als Pfeil, der den Ursprung 0 = (0, 0) mit dem Punkt verbindet.Manchmal zeichnet man einen vom Ursprung weg verschobenen Pfeil.

Geraden in R2. Seien v, v′ ∈ R2, v 6= v′ und g : R→ R2, λ 7→ v + λ(v′ − v).Dann heißt g[R] die durch v und v′ laufende Gerade. Es gilt g(0) = v, g(1) = v′.G ⊆ R2 ist genau dann eine Gerade, wenn es (a1, a2) ∈ R2 \ {(0, 0)} und b ∈ Rmit G = {x ∈ R2 | a1x1 + a2x2 = b} gibt.

Beweis. x ∈ g[R] ⇔ x − v = λ(v′ − v) fur ein λ ∈ R ⇔ (x2 − v2)/(x1 −v1) = (v′2 − v2)/(v′1 − v1) oder (x1 − v1)/(x2 − v2) = (v′1 − v1)/(v′2 − v2) ⇔(x2 − v2)(v′1 − v1) = (x1 − v1)(v′2 − v2) ⇔ a1x2 + a2x2 = b mit a1 = v2 − v′2,a2 = v′1 − v1, b = v2v

′1 − v1v′2.

Der Schnitt zweier verschiedener Geraden im R2 besteht entweder aus einemPunkt oder ist leer.

Beweis. Sei x ∈ G1 ∩G2 = {x ∈ R2 | a11x1 + a12x2 = b1, a21x1 + a22x2 = b2}.Ist (a11, a21) = (0, 0), so ist b1/a12 6= b2/a22. Also G1 ∩G2 = ∅. Ist a11 6= 0, sogilt a11x1 + a12x2 = b1, (a22 − a12a21/a11)x2 = b2. Ist a22 − a12a21/a11 = 0,so ist der Schnitt leer. Andernfalls gilt x2 = b2/(a22 − a12a21/a11) und x1 =(b1 − a12x2)/a11. Analog fur a11 = 0, a21 6= 0.

Lineares Gleichungssystem. Wir haben eben ein lineares GleichungssystemAx = b mit einer reellen 2× 2 Matrix A ∈ R2×2 gelost:(

a11 a12a21 a22

)(x1x2

)=

(b1b2

).

Literatur. [W, §2–3], [F, 0.1–0.3]

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3.2 Vektorraume (20.11.)

Definition. Sei K ein Korper. Eine Menge V zusammen mit einer Additionund einer skalaren Multiplikation

+ : V × V → V, (v, w) 7→ v + w, · : K × V → V, (λ, v) 7→ λ · v

heißt Vektorraum bezuglich K, falls fur alle λ, µ ∈ K, v, w ∈ V gilt: i) (V,+) isteine abelsche Gruppe. ii) (λ+µ) · v = λ · v+µ · v und λ · (v+w) = λ · v+ λ ·w.iii) λ · (µ · v) = (λµ) · v. iv) 1 · v = v.

Standardraum. Kn = {(x1, . . . , xn) | x1, . . . , xn ∈ K} mit

(x1, . . . , xn) + (y1, . . . , yn) = (x1 + y1, . . . , xn + yn),

λ · (x1, . . . , xn) = (λx1, . . . , λxn)

ist ein K-Vektorraum.

Matrizen. Die Menge Km×n der m × n Matrizen mit m Zeilen, n Spaltenund Eintragen aus K ist ein K-Vektorraum bezuglich (aij) + (bij) = (aij + bij),λ · (aij) = (λaij). Man kann Km×n mit Kmn identifizieren.

Zahlen. C ist bezuglich der ublichen Addition auf C und der skalaren Multi-plikation R× C→ C, (λ, v) 7→ λv ein R-Vektorraum.

Polynome. K[t] ist bezuglich der ublichen Addition und der skalaren Multi-plikation λ · (a0 + · · ·+ ant

n) = λa0 + · · ·+ (λan)tn ein K-Vektorraum.

Abbildungen. Sei M eine Menge. Die Abbildungen {f : M → K} sindbezuglich (f + g)(x) = f(x) + g(x) und (λ · f)(x) = λf(x) ein K-Vektorraum.f : {1, . . . , n} → K konnen wir mit dem

”Vektor“ (f(1), . . . , f(n)) ∈ Kn iden-

tifizieren. f : N→ K konnen wir mit der Zahlenfolge (fn)n∈N identifizieren.

Rechenregeln. In einem K-Vektorraum gilt fur alle λ ∈ K, v ∈ V : i) 0·v = 0.ii) λ · 0 = 0. iii) Aus λ · v = 0 folgt λ = 0 oder v = 0. iv) (−1) · v = −v.

Literatur. [F, 1.4], [FL, 2.1.1], [B, 1.4]

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3.3 Unterraume (23.11.)

Definition. Sei V ein K-Vektorraum. Eine Teilmenge U ⊆ V heißt Unterraumvon V , falls gilt: i) U 6= ∅. ii) Aus v, w ∈ U folgt v + w ∈ U . iii) Aus v ∈ U ,λ ∈ K folgt λv ∈ U .

Satz. Ein Unterraum U ⊆ V ist mit der von V induzierten Addition undskalaren Multiplikation ein Vektorraum.

Beweis. Fur alle v, w ∈ U gilt v + w,−v ∈ U . Also ist (U,+) eine Untergruppevon (V,+) und zudem eine abelsche Gruppe. Aus iii) folgt ·[K × U ] ⊆ U . DieDistributivgesetze und die Assoziativitat der skalaren Multiplikation vererbt V .Ebenso gilt 1 · v = v fur alle v ∈ U .

Beispiele. i) {0} ist immer ein Unterrraum. ii) {x ∈ R2 | a1x1 + a2x2 = b}ist fur b 6= 0 kein Unterraum von R2. iii) Fur A ∈ Kn×n, x ∈ Kn ist Ax ∈ Kn,

(Ax)i =

n∑j=1

aijxj , i = 1, . . . , n.

{x ∈ Kn | Ax = 0} ist ein Unterraum des Kn.

Literatur. [F, 1.4], [FL, 2.1.2 & 2.1.3], [B, 1.4.]

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3.4 Linearkombinationen, lineare Unabhangigkeit (27.11.)

Linearkombination. Seien V ein K-Vektorraum und v1, . . . , vn ∈ V . EinVektor v ∈ V heißt Linearkombiation von v1, . . . , vn, wenn es λ1, . . . , λn ∈ Kmit v = λ1v1 + · · ·+ λnvn gibt.

Aufgespannter Raum. Sei M ⊆ V . Die Menge aller v ∈ V , die eine Li-nearkombination von Vektoren in M sind, heißt von M aufgespannter Raumund wird mit span(M) bezeichnet: Fur v ∈ span(M) gibt es v1, . . . , vn ∈ M ,λ1, . . . , λn ∈ K mit v = λ1v1 + · · · + λnvn. Man setzt span(∅) = {0}. span(M)ist der kleinste Unterraum von V , der M enthalt.

Beweis. {0} ⊆ span(M) ⊆ V . Wegen v + w, λv ∈ span(M) fur alle v, w ∈span(M), λ ∈ K ist span(M) ein Unterraum. Ist U ⊇M ein Unterraum von V ,so gilt span(M) ⊆ U .

Beispiele. i) Ist v ∈ R2 \ {0}, so ist span(v) = {λv | λ ∈ R} die durch v und0 laufende Gerade. ii) Das Kronecker-Symbol δij erfullt δij = 1 fur i = j undδij = 0 sonst. Der i-te Einheitsvektor

ei = (δ1i, . . . , δni) ∈ Kn

ist an der i-ten Stelle 1 und sonst 0. Es gilt span(e1, . . . , en) = Kn. iii) span(tn |n ∈ N) = K[t].

Definition. Eine Teilmenge M ⊆ V eines K-Vektorraums V heißt linearunabhangig, falls fur alle paarweise verschiedenen v1, . . . , vn ∈ M und alleλ1, . . . , λn ∈ K gilt: Aus λ1v1 + · · ·+ λnvn = 0 folgt λ1 = . . . = λn = 0.

Literatur. [F, 1.4], [FL, 2.1.2 & 2.1.3], [B, 1.4.]

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Extemporale, 27.11.2012Name (letzte Anonymisierung und VTTMM):

Bitte bearbeiten Sie ohne Hilfsmittel in 15 Minuten die folgenden Aufgaben.

1. Sei K ein Korper, f ∈ K[t] und λ ∈ K mit f(λ) = 0. Zeigen Sie, dass esgenau ein q ∈ K[t] mit f = q(t− λ) gibt.

Es gibt eindeutig bestimmte q, r ∈ K[t] mit f = q(t − λ) + r und deg(r) <deg(t − λ) (Polynomdivision). Wir zeigen, dass r das Nullpolynom ist. Wegendeg(r) < deg(t− λ) = 1 gilt deg(r) = −∞ oder deg(r) = 0. Wegen 0 = f(λ) =q(λ) · 0 + r(λ) gilt r(λ) = 0 und r = 0.

2. SeiK ein Korper. Formulieren Sie die Definition einesK-Vektorraums (V,+, ·).

V zusammen mit einer Addition + : V × V → V , (v, w) 7→ v + w und einerskalaren Multiplikation · : K × V → V, (λ, v) 7→ λ · v heißt K-Vektorraum, fallsfur alle λ, µ ∈ K, v, w ∈ V gilt: i) (V,+) ist abelsche Gruppe. ii) (λ + µ) · v =λ · v + µ · v, λ · (v + w) = λ · v + λ · w. iii) λ · (µ · v) = (λµ) · v. iv) 1 · v = v.

3. Beweisen oder widerlegen Sie: U ={

(x, y) ∈ R2 | y = x2}

ist ein Unterraumvon R2.

U ist kein Unterrraum, da U nicht additiv abgeschlossen ist: (1, 1) ∈ U und(2, 4) ∈ U , aber (1, 1) + (2, 4) = (3, 5) 6∈ U , weil 5 6= 32.

Bewertung: Maximal 2 Punkte pro Aufgabe, (5 & 6, 4, 3, 2, 1, 0) Punkteentsprechen der Note (1, 2, 3, 4, 5, 6). Bei 36 Teilnehmern gab es 1mal Note 1,6mal 2, 3mal 3, 8mal 4, 9mal 5, 9mal 6. Durchschnitt: 4,25

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Befragung zum Zeitaufwand, 30.11.2012Name (letzte Anonymisierung und VTTMM):

Bitte geben Sie Ihre durchschnittliche wochentliche Arbeitszeit an.

Analysis I Lin. Algebra I

Nachbereiten der Vorlesung 1.6h 1.3h

Studium von Lehrbuchern 1.3h 0.6herganzender Literatur & Internetquellen

Selbststandiges Bearbeiten 2.2h 2.3hvon Ubungaufgaben

Gruppenarbeit an Ubungsaufgaben 2.4h 2.4h

Vor- und Nachbereiten der Erganzungen 0.3h 0.2h

Summe 7.8h 6.8h

In blau ist der Mittelwert eingetragen, den die Befragung von 27 StudentInnenergeben hat. Es empfiehlt sich mehr Zeit auf die selbststandige Bearbeitung vonUbungsaufgaben zu verwenden, insbesondere eine Reinschrift der Losung.

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3.5 Lineare Unabhangigkeit (30.11.)

Beispiele im R3. i) v1 = (1, 2, 3), v2 = (4, 5, 6) sind linear unabhangig, dennaus λ1v1 + λ2v2 = 0 folgt λ1 + 4λ2 = 0, 2λ1 + 5λ2 = 0 und λ1 = −4λ2,3λ2 = 0, also 0 = λ2 = λ1. ii) v1, v2 und v3 = (7, 8, 9) sind linear abhangig:λ1v1 + λ2v2 + λ3v3 = 0 bedeutet1 4 7

2 5 83 6 9

λ1λ2λ3

=

000

bzw.

1 4 70 −3 −60 0 0

λ1λ2λ3

=

000

.

Hiervon ist jedes (λ3,−2λ3, λ3) eine Losung.

Beispiele im Kn. i) {e1, . . . , en} ⊆ Kn ist linear unabhangig. ii) Sei A ∈Kn×n eine unipotente obere Dreiecksmatrix: aii = 1 fur alle i und aij = 0fur i > j. Die Zeilenvektoren {v1, . . . , vn} von A sind linear unabhangig, dennλ1v1 + · · ·+ λnvn = 0 bedeutet λn = 0, . . . , λ1 = 0 (Ruckwartssubstitution).

Polynome. Die Monome {tn | n ∈ N} ⊆ K[t] sind linear unabhangig, dennλ0 + λ1t

k1 + · · ·+ λntkn = 0 gilt nur fur das Nullpolynom.

Funktionen. 1, cos(x), sin(x) ∈ Abb(R,R) sind linear unabhangig: Aus λ1 ·1 + λ2 · cos +λ3 · sin = 0 folgt λ1 + λ2 = 0 (x = 0), λ1 + λ3 = 0 (x = π

2 ),λ1− λ2 = 0 (x = π). Dieses lineare Gleichungssystem hat (λ1, λ2, λ3) = (0, 0, 0)als einzige Losung.

Satz. Fur M ⊆ V sind aquivalent: i) M ist linear unabhangig. ii) 0 6∈M undfur jedes v ∈ span(M)\{0} gibt es eindeutig bestimmte, paarweise verschiedenev1, . . . , vn ∈M und eindeutig bestimmte λ1, . . . , λn ∈ K∗ mit v = λ1v1 + · · ·+λnvn.

Beweis. ii)⇒i): Ist λ1v1 = 0, v1 ∈M , so folgt λ1 = 0. Ist λ1v1 + · · ·+ λnvn = 0und ein λi 6= 0, so sei o.E. λ1 6= 0. Dann ist v1 = −λ2/λ1v2 − · · · − λn/λ1vn,was der Eindeutigkeit widerspricht. i)⇒ii): Ist v = λ1v1 + · · ·+ λnvn = µ1w1 +· · · + µmwm mit vi, wi ∈ M , λi, µi ∈ K∗, so folgt 0 = λ1v1 + · · · + λnvn −µ1w1 − · · · − µmwm. Wegen der linearen Unabhangigkeit gilt m = n und (nachUmnummerierung) vi = wi fur alle i. Es folgt aus 0 = (λ1−µ1)v1 + · · ·+ (λn−µn)vn auch λi = µi fur alle i.

Literatur. [F, 1.4], [FL, 2.1.4], [B, 1.5]

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3.6 Basen (04.12.)

Lemma. M ist genau dann linear unabhangig, wenn v 6∈ span(M \ {v}) furalle v ∈M gilt.

Beweis. Es gibt ein v ∈ M mit v ∈ span(M \ {v}) genau dann, wenn es einv ∈M , λ1, . . . , λn ∈ K und v1, . . . , vn ∈M \ {v} mit λ1v1 + · · ·+ λnvn − v = 0gibt. Dies ist aquivalent zur linearen Abhangigkeit von M .

Definition. Eine Teilmenge M ⊆ V heißt Erzeugendensystem eines Vektor-raums V , falls span(M) = V . Ein linear unabhangiges Erzeugendensystem heißtBasis.

Beispiele. i) ∅ von {0}. ii) {e1, . . . , en} von Kn. iii) {1, i} ist eine Basis desR-Vektorraums C. iv) {tn | n ∈ N} von K[t].

Satz. Sei V 6= {0} eine K-Vektorraum. Fur B ⊆ V sind aquivalent:

i) B ist eine Basis von V .

ii) Fur jedes v ∈ V \{0} gibt es eindeutig bestimmte, paarweise verschiedenev1, . . . , vn ∈ B und eindeutige λ1, . . . , λn ∈ K∗ mit v = λ1v1 + · · ·+λnvn.

iii) span(B) = V und span(B \ {v}) 6= V fur alle v ∈ B.

iv) B ist linear unabhangig und B∪{v} ist fur jedes v ∈ V \B linear abhangig.

Beweis. Bereits bewiesen ist i)⇔ii) und i)⇒iii). Außerdem ist i) aquivalent zu Blinear unabhangig und fur jedes v ∈ V gibt es v1, . . . , vn ∈ B und λ1, . . . , λn ∈ Kmit v = λ1v1 + · · ·+λnvn. Dies ist aquivalent zu iv). Aus iii) folgt span(B) = V ,und fur alle v ∈ B gibt es w ∈ V mit w 6∈ span(B \ {v}) und so ein w laßt sichnur mit v uber B linear kombinieren. Dann gilt v 6∈ span(B \ {v}) und i).

Charakterisierungen. Eine Basis von V ist ein mimimales Erzeugendensy-stem von V sowie eine maximal linear unabhangige Teilmenge von V .

Literatur. [Gr, §20], [F, 1.5], [FL, 2.2]

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3.7 Dimension (07.12.)

Basisauswahlsatz. Ist V = span(M) und M endlich, so kann man aus Meine Basis von V auswahlen, da M sich in endlich vielen Schritten zu einemminimalen Erzeugendensystem verkurzen laßt. Dies beweist die Existenz einerBasis fur endliche erzeugte Vektorraume.

Austauschlemma. Sei V ein K-Vektorraum und B eine Basis von V . Seiv ∈ V und v1, . . . , vn ∈ B, λ1, . . . , λn ∈ K∗ mit v = λ1v1 + · · ·+ λnvn. Dann istBi = B \ {vi} ∪ {v} fur alle i = 1, . . . , n eine Basis von V .

Beweis. Wir betrachten B1. Fur w ∈ V gibt es w1, . . . , wm ∈ B, µ1, . . . , µm ∈ Kmit w = µ1w1 + · · · + µmwm. Ist ein wj = v1, so gilt wj = 1/λ1v − λ2/λ1v2 −· · · − λn/λ1vn und w ∈ span(B1), d.h. V = span(B1). Seien z1, . . . , zl ∈ B1,κ1, · · · , κl ∈ K mit 0 = κ1z1 + · · · + κlzl. Schlimmstenfalls ist ein zj = v, o.E.z1 = v, und es gilt 0 = κ1(λ1v1 + λ2v2 + · · ·+ λnvn) + κ2z2 + · · ·+ κlzl. Da Blinear unabhangig ist und λi ∈ K∗, folgt κi = 0 fur alle i.

Austauschsatz. Sei V ein K-Vektorraum und B = {v1, . . . , vn} eine Basisvon V . Ist {w1, . . . , wm} ⊆ V linear unabhangig, so gilt m ≤ n, und es gibt n−mVektoren in B, so dass (nach Umnummerierung) {w1, . . . , wm, vm+1, . . . , vn}eine Basis von V ist.

Beweis. Induktion nach m. Induktionsanfang m = 0: klar. Induktionsschrittm−1→ m: Nach Induktionsannahme giltm−1 ≤ n, {w1, . . . , wm−1, vm, . . . , vn}ist eine Basis von V . Ware m− 1 = n, so ware {w1, . . . , wm−1} eine Basis vonV , was der linearen Unabhangigkeit von {w1, . . . , wm} widerspricht. Also giltm− 1 6= n und m ≤ n. Außerdem ist wm = λ1w1 + · · ·+ λm−1wm−1 + λmvm +· · · + λnvn und λi 6= 0 fur mindestens ein i ≥ m. Tauschen wir das zugehorigevi mit wm aus, so erhalten wir eine Basis von V .

Korollar. Hat ein Vektorraum V eine endliche Basis, so sind alle Basen von Vendlich und haben die gleiche Lange.

Definition. Besitzt ein Vektorraum V eine endliche Basis, so heißt die Langeder Basis die Dimension dimV von V . Besitzt V keine endliche Basis, so defi-nieren wir dimV =∞. Wir vereinbaren ∞+∞ =∞, ∞+ n =∞ fur n ∈ N.

Unterraume. Ist U Unterraum eines Vektorraums V , so gilt dimU ≤ dimV .Aus dimU = dimV <∞ folgt U = V .

Beispiele. i) dim{0} = 0. ii) dimKn = n. iii) Fur (a1, a2) 6= (0, 0) ist{x ∈ Rn | a1x1 + a2x2 = 0} ein (n − 1)-dimensionaler Unterraum des Rn.iv) dimK[t] =∞. v) dimR C = 2, dimC C = 1.

Literatur. [F, 1.5], [FL, 2.2], [B, 1.5]

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3.8 Summen von Vektorraumen (11.12.)

Definition. Sei V ein Vektorraum, und U1, . . . , Um Unterraume von V . Dannist

U1 + · · ·+ Um := {u1 + · · ·+ um | uj ∈ Uj , j = 1, . . . ,m}

die Summe von U1, . . . , Um. Es gilt U1 + · · · + Um = span(U1 ∪ · · · ∪ Um) unddim(U1 + · · ·+ Um) ≤ dim(U1) + · · ·+ dim(Um).

Dimensionsformel. Fur Unterraume U1, U2 ⊆ V eines Vektorraumes V giltdim(U1 + U2) + dim(U1 ∩ U2) = dimU1 + dimU2.

Beweis. Ist dimU1 = ∞ oder dimU2 = ∞, so ist nichts zu beweisen. An-dernfalls erganzen wir eine Basis {u1, . . . , um} von U1 ∩U2 zu einer Basis B1 ={u1, . . . , um, v1, . . . , vk} von U1 und zu einer Basis B2 = {u1, . . . , um, w1, . . . , wl}von U2. Es gilt U1 +U2 = span(B1 ∪B2). Aus λ1u1 + · · ·+λmum +µ1v1 + · · ·+µkvk+κ1w1+· · ·+κlwl = 0 folgt λ1u1+· · ·+λmum+µ1v1+· · ·+µkvk ∈ U1∩U2

und µ1 = . . . = µk = 0. Dann folgt auch λ1 = . . . = λm = κ1 = . . . = κl = 0.

Direkte Summe. Ein Vektorraum V heißt die direkte Summe von zwei Un-terraumen U1, U2 ⊆ V , wenn V = U1 + U2 und U1 ∩ U2 = {0}. Man schreibtdann V = U1 ⊕ U2.

Lemma. Gilt V = U1 + U2 mit U1, U2 6= {0}, so sind aquivalent: i) V =U1 ⊕ U2. ii) Jedes v ∈ V ist eindeutig darstellbar als v = u1 + u2 mit u1 ∈ U1,u2 ∈ U2. iii) Je zwei Vektoren u1 ∈ U∗1 , u2 ∈ U∗2 sind linear unabhangig.

Beweis. i)⇒ii) Ist V 3 v = u1 + u2 = u′1 + u′2 mit u1, u′1 ∈ U1, u2, u

′2 ∈ U2, so

gilt u1 − u′1, u2 − u′2 ∈ U1 ∩ U2 und u1 = u′1, u2 = u′2. ii)⇒iii) Fur u1 ∈ U∗1 ,u2 ∈ U∗2 folgt aus λ1u1 + λ2u2 = 0 wegen eindeutiger Darstellung der Nullλ1 = λ2 = 0. iii)⇒i) Ist 0 6= v ∈ U1 ∩ U2, so sind v und −v linear unabhangig.Widerspruch.

Komplement. Ist V ein Vektorraum und U ⊆ V Unterraum, so gibt es einenUnterraum U ′ ⊆ V mit V = U ⊕ U ′. U ′ heißt das Komplement zu U in V .

Beweis. Ist dimV < ∞, so erganzen wir eine Basis {u1, . . . , um} von U zueiner Basis {u1, . . . , um, v1, . . . , vk} von V und setzen U ′ = span{v1, . . . , vk}.Fur dimV =∞ geht man ahnlich vor.

Beispiel. Fur V = R2 und U = {(0, y) | y ∈ R} ist jeder Unterraum Ua ={(x, ax) | x ∈ R}, a ∈ R, ein Komplement zu U , R2 = U ⊕ Ua.

Literatur. [F, 1.6], [B, 1.6]

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4 Lineare Abbildungen

4.1 Homomorphismen (14.12.)

Definition. Seien (G, ∗) und (H, ∗′) Gruppen. Eine Abbildung ϕ : G → Hheißt Homomorphismus, falls ϕ(a ∗ b) = ϕ(a) ∗′ ϕ(b) fur alle a, b ∈ G gilt. Einbijektiver Homomorphismus heißt Isomorphismus.

Lemma. Sei ϕ : G → H eine Homomorphismus, eG, eH die neutralen Ele-mente und a ∈ G. Es gilt: i) ϕ(eG) = eH . ii) ϕ(a−1) = ϕ(a)−1. iii) Ist ϕ einIsomorphismus, so auch die Umkehrabbildung ϕ−1 : H → G.

Beweis. i) eHϕ(eG) = ϕ(eG) = ϕ(eGeG) = ϕ(eG)ϕ(eG) und damit eH = ϕ(eG).ii) ϕ(a−1)ϕ(a) = ϕ(a−1a) = ϕ(eG) = eH . iii) ϕ−1 ist bijektiv. Seien a, b ∈ G,c = ϕ(a), d = ϕ(b). Dann ist ϕ−1(cd) = ϕ−1(ϕ(a)ϕ(b)) = ϕ−1(ϕ(ab)) = ab =ϕ−1(c)ϕ−1(d).

Isomorphismen. Fur m ∈ N∗ ist ϕ : (Z,+) → (mZ,+), x 7→ m · x einIsomorphismus. ϕ : (R,+)→ (R∗+, ·), x 7→ ex ist ebenfalls Isomorphismus.

Kern. Seien G,H Gruppen und ϕ : G → H eine Abbildung. Dann heißtker(ϕ) = {a ∈ G | ϕ(a) = eH} der Kern von ϕ. Ist ϕ ein Homomorphismus, soist ker(ϕ) ein Normalteiler von G und ϕ[G] eine Untergruppe von H.

Beweis. Sei U = ker(ϕ). Es gilt eG ∈ U , ϕ(ab) = ϕ(a)ϕ(b) = eH , ϕ(a−1) =ϕ(a)−1 = eH fur alle a, b ∈ U . Also ist U Untergruppe von G. Sind a, b ∈ G,so bedeutet a ∼U b dass ab−1 ∈ U bzw. ϕ(ab−1) = eH bzw. ϕ(a) = ϕ(b) gilt,und ∼U , ∼U fallen zusammen. Außerdem gilt eH ∈ ϕ[G], ϕ(a)ϕ(b) = ϕ(ab),ϕ(a)−1 = ϕ(a−1) fur alle a, b ∈ G. Also ist ϕ[G] Untergruppe von H.

Lemma. Ein Homomorphismus ϕ : G → H ist genau dann injektiv, wennker(ϕ) = {eG} gilt.

Beweis. Ist ϕ injektiv, so gilt ker(ϕ) = {eG}. Gilt ker(ϕ) = {eG}, so folgt ausϕ(a) = ϕ(b) auch ϕ(ab−1) = eH und ab−1 = eG und a = b.

Homomorphiesatz. Ist ϕ : G → H ein Homomorphismus und U = ker(ϕ),so definiert ϕ : G/U → ϕ[G], aU 7→ ϕ(a) einen Isomorphismus.

Beweis. Wegen ϕ(a) = ϕ(b) fur a ∼U b ist ϕ wohldefiniert. Fur a, b ∈ G istϕ(abU) = ϕ(ab) = ϕ(a)ϕ(b) = ϕ(aU)ϕ(bU). Also ist ϕ Homomorphismus.Wegen ker(ϕ) = {aU | ϕ(aU) = eH} = {aU | ϕ(a) = eH} = {U} ist ϕ injektiv.Nach Definition ist ϕ auch surjektiv.

Literatur. [F, 1.2], [KM, 4.4]

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4.2 Lineare Abbildungen (18.12.)

Definition. Seien V,W Vektorraume uber K. Eine Abbildung F : V → Wheißt linear oder Homomorphismus, falls F (u + v) = F (u) + F (v), F (λu) =λF (u) fur alle u, v ∈ V , λ ∈ K gilt. Ein bijektiver Homomorphismus heißtIsomorphismus.

Eigenschaften. Sei F : V →W linear. Dann gilt: i) F (0) = 0. ii) Ist M ⊆ Vlinear abhangig, so auch F [M ]. iii) Sind V ′ ⊆ V und W ′ ⊆ W Unterraume, soauch F [V ′] und F−1[W ′]. iv) Ist F ein Isomorphismus, so auch F−1 : W → V .

Beweis. i) F (0) = F (0 ·0) = 0 ·F (0) = 0. ii) Gibt es m1, . . . ,mn ∈M paarweiseverschieden und (λ1, . . . , λn) 6= 0 mit 0 = λ1m1 + · · ·+ λnmn, so gilt auch 0 =λ1F (m1)+· · ·+λnF (mn). iii) 0 ∈ F [V ′], F (u)+F (v) = F (u+v), λF (v) = F (λv)fur alle u, v ∈ V ′, λ ∈ K. Außerdem ist 0 ∈ F−1[W ′] und u+ v, λu ∈ F−1[W ′]fur u, v ∈ F−1[W ′], λ ∈ K. iv) Nachrechnen.

Matrizen. Sei K ein Korper. Eine m × n-Matrix A ∈ Km×n ist ein Recht-eckschema mit m Zeilen und n Spalten, und fur x ∈ Kn ist das Matrix-Vektor-Produkt Ax ∈ Km definiert durch

Ax =

a11 · · · a1n...

...am1 · · · amn

x1...xn

=

a11x1 + · · ·+ a1nxn...

am1x1 + · · ·+ amnxn

,

das heißt (Ax)i =∑nj=1 aijxj fur i = 1, . . . ,m. Die Abbildung F : Kn → Km,

x 7→ Ax ist linear.

Raum der Homomorphismen. Hom(V,W ) := {F : V → W | F linear} istmit (F +G)(v) := F (v) +G(v) und (λF )(v) := λF (v) ein Vektorraum uber K.

Literatur. [F, 2.1], [FL, 2.3.1–2.3.3], [B, 2.1]

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4.3 Bild und Kern (21.12.)

Definition. Ist F : V →W eine lineare Abbildung, so heißen F [V ] = {f(x) |x ∈ V } das Bild und ker(F ) = {x ∈ V | F (x) = 0} der Kern von F . Das Bildist ein Unterraum von W , der Kern ein Unterraum von V .

Eigenschaften. Sei F : V →W linear. i) F : V →W ist genau dann injektiv,wenn ker(F ) = {0} gilt. ii) Sind v1, . . . , vn ∈ V derart, dass F (v1), . . . , F (vn)paarweise verschieden sind und {F (v1), . . . , F (vn)} linear unabhangig ist, so ist{v1, . . . , vn} linear unabhangig. Insbesondere gilt dimF [V ] ≤ dimV .

Beweis. zu ii) Aus λ1v1 + · · ·+vnλn = 0 folgt λ1F (v1) + · · ·+λnF (vn) = 0 undλ1 = . . . = λn = 0.

Dimensionsformel. Ist F : V → W linear, so gilt dimV = dim ker(F ) +dimF [V ]. Insbesondere fallen fur lineare Abbildungen zwischen endlich-dimen-sionalen Vektorraumen Injektivitat, Surjektivitat und Bijektivitat zusammen.

Beweis. Aus dim ker(F ) =∞ oder dimF [V ] =∞ folgt dimV =∞. Betrachtenwir dimF [V ],dim ker(F ) < ∞. Seien {F (v1), . . . , F (vm)} und {vm+1, . . . , vn}eine Basis von F [V ] und ker(F ). Zeige, dass {v1, . . . , vn} eine Basis von V ist.Sei v ∈ V . Dann gilt F (v) = λ1F (v1) + · · · + λmF (vm) und ker(F ) 3 v −λ1v1− · · · − λmvm = λm+1vm+1 + · · ·+ λnvn. Also ist v ∈ span{v1, . . . , vn}. Seiλ1v1 + · · ·+ λnvn = 0. Dann gilt λ1F (v1) + · · ·+ λmF (vm) = 0 und λ1 = . . . =λm = 0. Dann ist λm+1vm+1 + · · ·+ λnvn = 0 und λm+1 = . . . = λn = 0. Alsoist {v1, . . . , vn} linear unabhangig.

Beispiel. Fur

F : R2 → R2,

(xy

)7→(−2x+ 2y−x+ y

)=

(−2 2−1 1

)(xy

)ist F [R2] = span(2, 1) und ker(F ) = span(1, 1). Fur w = (2λ, λ) ∈ F [R2] istF−1[{w}] = (0, λ) + ker(F ).

Affiner Unterraum. X ⊆ V heißt affiner Unterraum eines Vektorraums V ,falls es ein v ∈ V und einen Unterraum U ⊆ V mit X = v + U gibt.

Lemma. Ist F : V → W linear, w ∈ F [V ] und v ∈ F−1[{w}], so giltF−1[{w}] = v + ker(F ). Also ist die Losungsmenge der linearen GleichungF (x) = w der affine Unterraum, der ker(F ) um eine spezielle Losung verschiebt.

Beweis. Ist x ∈ F−1[{w}], so gilt F (x) = w = F (v) und x − v ∈ ker(F ). Istx ∈ v + ker(F ), so gilt F (x) = F (v) + 0 = w und x ∈ F−1[{w}].

Literatur. [F, 2.2.1–2.2.5], [FL, 2.3.2–2.3.4], [B, 2.1]

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4.4 Quotientenraume (08.01.)

Aquivalenz modulo eines Unterraums. Sei V ein Vektorraum und U einUnterraum von V . Dann ist x ∼ y :⇔ x− y ∈ U eine Aquivalenzrelation auf V .

Beweis. Seien x, y, z ∈ V . Es gilt x − x = 0 ∈ U . Aus x − y ∈ U folgt y − x =−(x−y) ∈ U . Aus x−y ∈ U und y−z ∈ U folgt x−z = (x−y)−(y−z) ∈ U .

Quotientenraum. Fur v ∈ V ist der affine Unterraum v+U die Aquivalenz-klasse von v modulo U . Die Menge der Aquivalenzklassen {v + U | v ∈ V } =:V/U wird durch (v + U) + (w + U) = (v + w) + U , v, w ∈ V und λ · (v + U) =λv + U , λ ∈ K, v ∈ V zum K-Vektorraum, und heißt der Quotientenraum vonV modulo U .

Beweis. Fur v ∈ V ist {w ∈ V | w ∼ v} = {w ∈ V | w − v ∈ U} = v + U .Fur v, v′, w, w′ ∈ V mit v ∼ v′ und w ∼ w′ folgt aus x ∼ (v′ + w′) stetsx ∼ (v + w) und aus x ∼ λv stets x ∼ λv′. Also sind + und · wohldefiniert. Uist der Nullvektor in V/U , −v + U das Inverse zu v + U fur alle v ∈ V .

Lemma. Es gilt dimV = dimU + dimV/U .

Beweis. ρ : V → V/U , v 7→ v + U ist linear, surjektiv mit ker(ρ) = U . Also istdimV = dim ker(ρ) + dim ρ[V ] = dimU + dimV/U .

Satz. Ist F : V → W linear und U ⊆ ker(F ). So gibt es genau eine lineare

Abbildung F : V/U →W mit F = F ◦ ρ. Insbesondere ist ker(F ) = ker(F )/U .

Beweis. Es gilt F (v + U) = F (v) fur alle v ∈ V . Fur v, v′ ∈ V mit v ∼ v′

gilt F (v′ + U) = F (v′) = F (v′) + F (v − v′) = F (v) = F (v + U). Also ist F

wohldefiniert. Die Linearitat vererbt sich von F . Es gilt v + U ∈ ker(F ) gdw.v ∈ kerF gdw. v + U ∈ ker(F )/U .

Korollar. Ist F : V → W linear und U = ker(F ), so ist F : V/U → F [V ],

F (v + U) = F (v) ein Isomorphismus.

Geraden im R2. Ist V = R2 und U = {(x, ax) | x ∈ R}, so besteht V/U ausVerschiebungen von U . Fur v ∼ v′ ist das Lot auf U gleich lang.

Literatur. [F, 2.2.6–2.2.9]

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5 Matrizen

5.1 Lineare Gleichungssysteme (11.01.)

Lineares Gleichungssystem. Eine Matrix A = (aij) ∈ Km×n und einSpaltenvektor b ∈ Km definieren ein lineares Gleichungssystem Ax = b. EinLosungsvektor x ∈ Kn erfullt

∑nj=1 aijxj = bi fur alle i = 1, . . . ,m.

Losungsraume. Ist F : Kn → Km, x 7→ Ax, so gilt Los(A, b) := {x ∈ Kn |Ax = b} = F−1[{b}] und Los(A, 0) = ker(F ). Ist b ∈ F [Kn] und v ∈ Kn eineLosung von Ax = b, so gilt Los(A, b) = v + Los(A, 0).

Affine Unterraume. Seien V ein Vektorraum und U,U ′ Unterraume von V ,so dass v + U = v′ + U ′ fur v, v′ ∈ V . Dann gilt U = U ′ und v − v′ ∈ U . Mandefiniert deshalb dim(v + U) := dimU .

Beweis. Es gilt U = {x− y | x, y ∈ v + U} = {x− y | x, y ∈ v′ + U ′} = U ′. Ausv + U = v′ + U folgt dann v − v′ ∈ U .

Rang. Ist A ∈ Km×n und F : Kn → Km, x 7→ Ax, so definieren kerA :=kerF , ImA := F [Kn] und rangA := dim ImA den Kern, das Bild und denRang der Matrix A. Der Rang einer Matrix ist die Dimension des von denSpaltenvektoren erzeugten Unterraums, und es gilt 1 ≤ rangA ≤ min(m,n).

Beweis. rangA = dimF [Kn] ≤ m und F [Kn] = span{F (e1), . . . , F (en)}. F (ek) =Aek ist der k-te Spaltenvektor von A, weil (Aek)i =

∑nj=1 aij(ek)j = aik. Ins-

besondere gilt rangA ≤ n.

Satz. Sei A ∈ Km×n und b ∈ Km. Dann gilt: i) Los(A, 0) ist ein Unterraumvon Kn mit dim Los(A, 0) = n− rangA. ii) Los(A, b) ist entweder leer oder einaffiner Unterraum von Kn der Dimension n− rangA.

Erweiterte Matrix. Fur A ∈ Km×n und b ∈ Kn heißt die Matrix (A, b) ∈Km×(n+1), deren letzte Spalte b ist, die erweiterte Matrix. Es gilt: Los(A, b) 6= ∅genau dann, wenn rangA = rang(A, b).

Beweis. Es gilt ImA ⊆ Im(a, b). Also ist rangA = rang(A, b) aquivalent zuImA = Im(A, b). Dies ist aquivalent zu b ∈ ImA, was Los(A, b) 6= ∅ bedeutet.

Korollar. Sei A ∈ Km×n und b ∈ Km. Es gilt: Ax = b besitzt genau danneine eindeutige Losung x ∈ Kn, wenn rangA = rang(A, b) = n.

Beweis. Wir zeigen, dass die Losung genau dann eindeutig ist, wenn rangA = n.Dies gilt wegen dim Los(A, b) = dim Los(A, 0) = n− rangA.

Literatur. [Fr], [F, 2.3], [FL, 2.3.5]

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5.2 Lineare Abbildungen und Matrizen (15.01.)

Satz. Seien V und W Vektorraume uber K, B ⊆ V eine Basis von V undF : V → W linear. Ist G : V → W linear mit G(v) = F (v) fur alle v ∈ B, sogilt G = F .

Beweis. Fur jedes v ∈ V gibt es v1, . . . , vn ∈ B, λ1, . . . , λn ∈ K mit v =λ1v1 + · · ·+ λnvn. Also ist G(v) = λ1G(v1) + · · ·+ λnG(vn) = F (v).

Geordnete Basen. Sei dimV = n < ∞. Ist die Reihenfolge der Vektoreneiner Basis B von V wichtig, so notieren wir B = (v1, . . . , vn) als Tupel.

Korollar. Ist (v1, . . . , vn) eine Basis von V und w1, . . . , wn ∈ W , so gibt esgenau ein lineares F : V → W mit F (vj) = wj fur alle j = 1, . . . , n. Ins-besondere gibt es einen Isomorphismus von Hom(V,W ) nach Wn, und es giltdim Hom(V,W ) = dimWn.

Matrizen. Zu jedem linearen F : Kn → Km gibt es genau ein A ∈ Km×n

mit F (x) = Ax fur alle x ∈ Kn.

Beweis. F (ej) ist der j-te Spaltenvektor von A.

Darstellende Matrizen. Sei (v1, . . . , vn) eine Basis von V und (w1, . . . , wm)eine Basis von W . Dann gibt es zu jedem linearen F : V → W genau einA ∈ Km×n mit F (vj) = a1jw1 + · · · + amjwm fur alle j = 1, . . . , n. Die sodefinierte Abbildung Hom(V,W )→ Km×n, F 7→ A ist ein Isomorphimus.

Beweis. Fur jedes j = 1, . . . , n gibt es eindeutige a1j , . . . , amj ∈ K mit F (vj) =a1jw1 + · · · + amjwm. Bijektivitat wegen dim Hom(V,W ) = mn = dimKm×n.

Korollar. Seien dimV,dimW <∞, und F : V →W linear mit dimF [V ] = r.Dann gibt es Basen von V und W , so dass die F darstellende Matrix A =(Idr, 0; 0, 0) ist.

Beweis. Ist (F (v1), . . . , F (vr)) = (w1, . . . , wr) eine Basis von F [V ], so erganzenwir beliebig zu einer Basis (w1, . . . , wm) von W und mit vr+1, . . . , vn ∈ kerFzu einer Basis (v1, . . . , vn) von V . Dann ist F (vj) = wj fur j = 1, . . . , r undF (vj) = 0 fur j = r + 1, . . . , n.

Literatur. [F, 2.4], [B, 2.1]

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5.3 Multiplikation von Matrizen (18.01.)

Lemma. Sind G : U → V , F : V →W linear, so ist F ◦G : U →W linear.

Beweis. Fur u, u′ ∈ U und λ ∈ K ist (F ◦ G)(u + u′) = F (G(u) + G(u′)) =(F ◦G)(u) + (F ◦G)(u′) und (F ◦G)(λu) = F (λG(u)) = λ(F ◦G)(u).

Herleitung. Seien A ∈ Km×n und B ∈ Kn×r sowie F : Kn → Km, x 7→ Axund G : Kr → Kn, x 7→ Bx. Dann ist F ◦ G : Kr → Km linear und es gibtgenau ein C ∈ Km×r mit

(F ◦G)(x) = Cx

fur alle x ∈ Kr. Fur die j-te Spalte von C =: AB gilt cj = (F ◦G)(ej) = Abj .Also ist

cij = (cj)i =

n∑k=1

aik(bj)k =

n∑k=1

aikbkj .

Literatur. [F, 2.5], [FL, 2.4.3–5]

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5.4 Invertierbare Matrizen (22.01.)

Matrizenring. Kn×n ist ein nicht-nullteilerfreier, nicht-kommutativer Ring:(0 10 0

)(1 00 0

)=

(0 00 0

)6=(

1 00 0

)(0 10 0

)=

(0 10 0

).

Beweis. Die Assoziativitat der Komposition von Abbildungen vererbt sich aufdie Matrizenmultiplikation.

Rang. Fur A ∈ Km×n, B ∈ Kn×r gilt

rangA+ rangB − n ≤ rang(AB) ≤ min{rangA, rangB}.

Beweis. Mit F : ImB → Km, x 7→ Ax gilt rang(AB) = dimF [ImB] =dim(ImB) − dim kerF = rangB − dim kerF und rang(AB) ≤ rangB. WegenIm(AB) ⊆ ImA gilt rang(AB) ≤ rangA. Außerdem folgt aus kerF ⊆ kerA auchrang(AB) ≥ rangB − dim kerA = rangB + rangA− n.

General linear group. Eine Matrix A ∈ Kn×n heißt invertierbar, wenn esA′ ∈ Kn×n mit A′ · A = Id gibt. A′ ist eindeutig bestimmt, heißt die zu Ainverse Matrix und wird mit A−1 bezeichnet.

GL(n,K) = {A ∈ Kn×n | A invertierbar}

ist bezuglich der Matrizenmultiplikation eine Gruppe, die nur fur n = 1 abelschist. Fur A ∈ GL(n,K) gilt AA−1 = Id = A−1A, kerA = {0} und rangA = n.

Korollar. Fur A ∈ GL(n,K) und B ∈ Kn×r gilt rang(AB) = rangB. FurA ∈ Km×n und B ∈ GL(n,K) gilt Im(AB) = ImA und rang(AB) = rangA.

Transponierte Matrix. Fur A ∈ Km×n definiert AT ∈ Kn×m mit (AT )ij =Aji die zu A transponierte Matrix. Es gilt

(A+B)T = AT +BT , (AC)T = CTAT , (λA)T = λAT , (AT )T = A

fur A,B ∈ Km×n, C ∈ Kn×r und λ ∈ K.

Transponiert und invertiert. Fur A ∈ GL(n,K) gilt AT ∈ GL(n,K) mit(AT )−1 = (A−1)T =: A−T .

Literatur. [F, 2.5], [FL, 2.4.3–5]

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Extemporale, 25.01.2013Name (anonymisiert als VTTMM):

Bitte bearbeiten Sie ohne Hilfsmittel in 15 Minuten die folgenden Aufgaben.

1. Sei A ∈ Km×n und B ∈ GL(n,K). Zeigen Sie rang(AB−1) = rang(A).

Wegen B−1 ∈ GL(n,K) ist B−1 : Kn → Kn, x 7→ B−1 bijektiv, und es giltIm(AB−1) = Im(A) und damit rang(AB−1) = dim Im(AB−1) = dim Im(A) =rang(A).

2. Seien V und W Vektorraume uber einem Korper K, A = (v1, . . . , vn) eineBasis von V , B = (w1, . . . , wm) eine Basis von W und F : V → W eine linea-re Abbildung. Formulieren Sie die Definition der darstellenden Matrix von Fbezuglich A und B.

Die darstellende Matrix von F bezuglich A und B ist die durch

F (vj) =

m∑i=1

aijwi, j = 1, . . . , n,

definierte Matrix A = (aij) ∈ Km×n.

3. Beweisen oder widerlegen Sie:1 2 30 1 20 0 1

3 2 10 2 10 0 3

=

3 6 120 2 70 1 3

.

Die Gleichung ist nicht richtig, da das Produkt zweier oberer Dreiecksmatrizeneine obere Dreiecksmatrix ist, und die Matrix auf der rechten Seite der Gleichungin der dritten Zeile, zweiten Spalte einen Nichtnull-Eintrag hat.

Bewertung: Maximal 2 Punkte pro Aufgabe, (5 & 6, 4, 3, 2, 1, 0) Punkte ent-sprechen der Note (1, 2, 3, 4, 5, 6). Bei 32 Teilnehmern gab es 2mal Note 1,5mal 2, 8mal 3, 16mal 4, 1mal 5, 0mal 6. Durchschnitt: 3,28

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5.5 Koordinatentransformationen (25.01.)

Koordinatensystem. Sei V ein Vektorraum uber K und B = (v1, . . . , vn)ein Basis von V . Dann gibt es genau einen Isomorphismus ΦB : Kn → V mitΦB(ej) = vj fur alle j = 1, . . . , n. Man nennt ΦB das durch B bestimmteKoordinatensystem von V und x = Φ−1B (v) die Koordinaten von v ∈ V .

Transformationsmatrix. Seien A = (v1, . . . , vn) und B = (w1, . . . , wn) Ba-sen von V . Dann definiert Φ−1B ◦ ΦA einen Isomorphismus TAB : Kn → Kn,den wir mit der Transformationsmatrix TAB ∈ GL(n,K) identifizieren. Ist V 3v = x1v1 + · · · + xnvn = y1w1 + · · · + ynwn, so gilt y = TAB x. Außerdem ist(TAB )−1 = TBA .

Darstellende Matrizen I. Sei dimV = n, dimW = m, A eine Basis von Vund B eine Basis von W sowie F : V → W linear. Dann gilt fur die F darstel-lende Matrix D = Φ−1B ◦ F ◦ ΦA ∈ Km×n. Insbesondere ist TAB die darstellendeMatrix von Id : V → V .

Beweis. Seien A = (v1, . . . , vn) und B = (w1, . . . , wm). Wir bezeichnen mit ejdie kanonischen Basisvektoren des Kn und Km. Es gilt ΦB(Dej) = ΦB(dj) =ΦB(d1je1 + · · ·+ dmjem) = d1jw1 + · · ·+ dmjwm = F (vj) = F (ΦA(ej)).

Darstellende Matrizen II. Seien U, V,W endlich-dimensionale Vektorraumemit Basen A,B,C und G : U → V , F : V → W linear. Fur die darstellendenMatrizen gilt DF◦G = DF ·DG.

Beweis. DF◦G = Φ−1C ◦F ◦G◦ΦA = (Φ−1C ◦F ◦ΦB)·(Φ−1B ◦G◦ΦA) = DF ·DG.

Transformationsformel. Seien V,W endlich-dimensional, A,A′ Basen vonV und B,B′ Basen von W sowie F : V → W linear. Dann gilt fur die darstel-lenden Matrizen D′ = TBB′ ·D · (TAA′)−1.

Beweis. D′ = Φ−1B′ ◦ F ◦ ΦA′ = (Φ−1B′ ◦ ΦB) · (Φ−1B ◦ F ◦ ΦA) · (Φ−1A ◦ ΦA′) =TBB′ ·D · (TAA′)−1.

Spalten- und Zeilenrang. Sei A ∈ Km×n und a1, . . . , am ∈ Kn die Zeilenvon A. Es gilt rangA = dim span{a1, . . . , am}.

Beweis. Wir zeigen rangAT = rangA =: r. Es gibt Basen von Kn und Km, sodass A : Kn → Km, x 7→ Ax durch B = (Idr, 0; 0, 0) dargestellt wird. Und esgibt invertierbare Matrizen S, T mit B = SAT−1. Es gilt AT = TTBTS−T undrangAT = rang(TTBTS−T ) = rangBT = r.

Literatur. [F, 2.6], [FL, 2.5], [B, 3.1–3.2]

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5.6 Gaußsche Elimination I (29.01.)

Zeilenstufenform. Sei A ∈ Km×n und a1, . . . , am ∈ Kn die Zeilen von A.Die Matrix A ist in Zeilenstufenform, falls gilt:

1. Es gibt 0 ≤ r ≤ min(m,n), so dass a1, . . . , ar 6= 0 und ar+1, . . . , am = 0.

2. Fur ji := min{j | aij 6= 0} gilt j1 < · · · < jr.

In diesem Fall sind a1, . . . , ar linear unabhangig, und rangA = r.

Elementare Zeilenumformungen. Sei P ji ∈ Km×m mit (P ji )kl = 1 falls k =

l 6∈ {i, j} oder (k, l) ∈ {(i, j), (j, i)}, (P ji )kl = 0 sonst. Dann vertauscht x 7→ P ji x

die i-te und j-te Komponente. Sei λ ∈ K und Qji (λ) ∈ Km×m mit (Qji (λ))kl = 1

falls k = l, (Qji (λ))ij = λ, (Qji (λ))kl = 0 sonst. Dann addiert x 7→ Qji (λ)x das

λ-fache der j-ten zur i-ten Komponente. Insbesondere P ji , Qji (λ) ∈ GL(m,K).

Beweis. (P ji x)i =∑ml=1(P ji )ilxl = xj , (P ji x)j = xi und (P ji x)k = xk sonst.

(Qji (λ)x)i =∑ml=1(Qji (λ))ilxl = xi + λxj und (Qji (λ)x)k = xk sonst.

Satz. Fur jedes A ∈ Km×n gibt es endlich viele elementare Zeilenumformun-gen S1, . . . , Sk ∈ GL(m,K), so dass Sk · · ·S1A Zeilenstufenform hat.

Beweis. Seien a1, . . . , an die Spalten von A.

Fall 1: Ist a11 6= 0, so ist die erste Spalte von B = Q1m(−am1

a11) · · ·Q1

2(−a21a11)A

nur in der ersten Zeile nicht Null, und wir arbeiten mit A1 = (b2, . . . , bn)weiter.

Fall 2: Ist a1 = 0, so setzen wir A1 = (a2, . . . , an).

Fall 3: Ist a1 6= 0, aber a11 = 0, so gibt es i mit (P 1i A)11 6= 0. Wir bearbeiten

P 1i A wie in Fall 1.

In allen Fallen wird die Zahl der Spalten um Eins reduziert. Nach endlich vielenSchritten ist die Matrix in Zeilenstufenform.

Literatur. [F, 0.4 & 2.7], [FL, 2.5], [B, 3.2]

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5.7 Gaußsche Elimination II (01.02.)

Losbarkeit. Seien A ∈ Km×n und b ∈ Km. Sei S ∈ GL(m,K) so gewahlt,dass SA Zeilenstufenform hat. Es gilt Los(A, b) = Los(SA, Sb). Insbesonderegilt Los(A, b) 6= ∅ genau dann, wenn (Sb)j = 0 fur alle j > rangA.

Beweis. Die Losbarkeit ist aquivalent zu zu rang(SA) = rang(SA, Sb). Dies istaquivalent zu (Sb)j = 0 fur j > rangA.

Spaltenvertauschung. Fur die Spalten p1, . . . , pn von P ji ∈ Kn×n gilt pi =

ej , pj = ei und pk = ek sonst. Also sind fur A ∈ Km×n in AP ji = (Ap1, . . . , Apn)die i-te und j-te Spalte vertauscht, und es gibt S ∈ GL(m,K) und P ∈GL(n,K), so dass SAP Zeilenstufenform mit j1 = 1, . . . , jr = r hat.

Losungsraum. Los(SAP, Sb) lasst sich durch Ruckwartssubstitution para-metrisieren: Seien xr+1, . . . , xn fest aber beliebig, A = SAP , b = Sb. Dann sinddie Komponenten x1, . . . , xr von x ∈ Los(SAP, Sb) durch

xk = (bk − ak,k+1xk+1 − · · · − ak,nxn)/akk

fur k = r, . . . , 1 bestimmt. Und es gilt P−1x ∈ Los(A, b).

Permutationsmatrizen. P ∈ GL(n,K) heißt Permutationsmatrix, falls eseine Permutation π ∈ Sn gibt, so dass pi = eπ(i) fur i = 1, . . . , n gilt, wobeip1, . . . , pn die Zeilen von P sind. Es gilt PσPπ = Pπ◦σ, so dass die Permutati-onsmatrizen die Gruppenstruktur von Sn erben.

Beweis. PσPπx = Pσ(xπ(1), . . . , xπ(n))T = (xπ(σ(1)), . . . , xπ(σ(n)))

T .

Literatur. [F, 0.4 & 2.7], [FL, 2.5], [B, 3.2]

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