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IM STADTRAT MÜNCHEN MIT LINKS für ein solidarisches München Zeitschrift aus der Politischen Gruppe DIE LINKE im Stadtrat – in Zusammenarbeit mit dem Forum Linke Kommunalpolitik München Nr. 54 Dezember 2015 www.Raus-aus-der-Steinkohle.de Münchens Bündnis für saubere Energie Bürgerbegehren München Jetzt unterschreiben Steinkohle! Raus aus der CO 2 Die 9 Hauptargumente für den Ausstieg Münchens aus der Steinkohleverbrennung siehe Seite 36.

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i m S t a d t r a t m ü n c h e n

MitLinks für ein solidarisches München

Zeitschrift aus der Politischen Gruppe DIE LINKE im Stadtrat –

in Zusammenarbeit mit dem Forum Linke Kommunalpolitik München

nr. 54 Dezember 2015

Bürgerbegehren München Jetzt unterschreiben

www.Raus-aus-der-Steinkohle.de

Münchens Bündnis für saubere Energie

Steinkohle!Raus aus der

CO2

Die 9 Hauptargumente für den Ausstieg Münchens aus der Steinkohleverbrennung

Raus aus der Steinkohle!98% der in München und Umland erzeugten Energie der SWM stammt aus fossilen Energieträgern, die bei ihrer Verbrennung CO

2 erzeugen. Vielen Münchnern ist nicht bekannt, dass die Stadtwerke München (SWM)

das Heizkraftwerk „HKW München Nord Block 2“ noch bis 2035 mit Steinkohle betreiben wollen. Somit wird München weiterhin zu über 40 % mit klimaschädlichem Kohlestrom und Kohlewärme versorgt.

Die folgenden Tatsachen belegen, dass dies unverantwortlich ist und der schnellstmögliche Ausstieg aus der Kohleverbrennung bis spätestens 2022 notwendig und zudem durchaus machbar ist:

1 Das Steinkohlekraftwerk ist der Klimakiller Nr. 1 in München. Es emittiert 17% der CO2-Emissionen

Münchens und damit mehr als alle Autos und LKWs in München zusammen.

2 Das Steinkohlekraftwerk ist ein großes finanzielles Risiko für München. Sobald die CO2-Emissi-

onspreise steigen oder ein Kohleausstiegsgesetz beschlossen wird, drohen den SWM erhebliche Belas-tungen in Millionenhöhe.

3 Laut SWM ist die Fernwärmeversorgung bei vorzeitiger Abschaltung gewährleistet. Der Ausstieg bis 2022 lässt den SWM genug Zeit, um die Alternativen umzusetzen (s. SMW/Ökoinstitut Gutachten).

4 München kann sich durch die Lage im für Geothermie geeigneten Gebiet bis zu 100% regenerativ versorgen. Der von den SWM geplante Umstieg auf Geothermie und die Umstellung des Fernwärme-netzes auf Heißwasserbetrieb muss beschleunigt werden. Pro Jahr ist mindestens eine Geothermieanla-ge realisierbar (s. Auskunft SWM).

5 Die Abschaltung des Steinkohlekraftwerks ist die mit Abstand günstigste CO2-Einsparmaßnahme für die Münchner Bürgerschaft.

6 Bei der Steinkohleverbrennung wird hochgiftiges Quecksilber freigesetzt, das von Mensch und Tier aufgenommen wird.

7 Der Steinkohleabbau zieht weltweit massive Naturzerstörung und Menschenrechtsverletzungen nach sich. In München wird ausschließlich importierte Kohle verbrannt.

8 Wenn wir den weltweiten Klimaschutz JETZT nicht ernst nehmen, werden die zu erwartenden Natur-katastrophen und Hungersnöte mehrere Hundert Millionen Menschen ihrer Lebensgrundlage berau-ben. Wir machen sie damit zu „Klimaflüchtlingen“ (s. Bericht der UN und IOM).

9 Bei der Umstellung auf erneuerbare Energien sind zum Ausgleich von Schwankungen im Energie- verbrauch flexibel arbeitende Kraftwerke notwendig. Steinkohlekraftwerke sind sehr unflexibel. Ihre Leistung kann nur sehr langsam hoch- und wieder heruntergefahren werden. Die Stadtwerke München tun gut daran, ihren Kraftwerksbestand schnellstens zukunftstauglich zu machen (z.B. mit Geothermie, Photovoltaik, Power-to-Gas).

Weitere Hintergrundinformationen: www.Raus-aus-der-Steinkohle.de

Dieses Bürgerbegehren wird möglich durch die ehrenamtliche Arbeit vieler Menschen, die sich im sozial-ökologischen Bereich engagieren. Über finanzielle Unterstützung bei den Kosten für die Materialien würden wir uns sehr freuen. Ihre Spende ist steuerlich absetzbar. Spendenkonten:WissenLeben e.V. ödp Stadtverband MünchenIBAN: DE37 4306 0967 8218 2169 00 IBAN: DE77 7025 0150 0028 2868 70Zweck: Bürgerbegehren Kohlekraftwerk Zweck: Bürgerbegehren KohlekraftwerkV.

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Bürgerbegehren München Jetzt unterschreiben

www.Raus-aus-der-Steinkohle.de

Münchens Bündnis für saubere Energie

Steinkohle!Raus aus der

CO2

Die 9 Hauptargumente für den Ausstieg Münchens aus der Steinkohleverbrennung

Raus aus der Steinkohle!98% der in München und Umland erzeugten Energie der SWM stammt aus fossilen Energieträgern, die bei ihrer Verbrennung CO

2 erzeugen. Vielen Münchnern ist nicht bekannt, dass die Stadtwerke München (SWM)

das Heizkraftwerk „HKW München Nord Block 2“ noch bis 2035 mit Steinkohle betreiben wollen. Somit wird München weiterhin zu über 40 % mit klimaschädlichem Kohlestrom und Kohlewärme versorgt.

Die folgenden Tatsachen belegen, dass dies unverantwortlich ist und der schnellstmögliche Ausstieg aus der Kohleverbrennung bis spätestens 2022 notwendig und zudem durchaus machbar ist:

1 Das Steinkohlekraftwerk ist der Klimakiller Nr. 1 in München. Es emittiert 17% der CO2-Emissionen

Münchens und damit mehr als alle Autos und LKWs in München zusammen.

2 Das Steinkohlekraftwerk ist ein großes finanzielles Risiko für München. Sobald die CO2-Emissi-

onspreise steigen oder ein Kohleausstiegsgesetz beschlossen wird, drohen den SWM erhebliche Belas-tungen in Millionenhöhe.

3 Laut SWM ist die Fernwärmeversorgung bei vorzeitiger Abschaltung gewährleistet. Der Ausstieg bis 2022 lässt den SWM genug Zeit, um die Alternativen umzusetzen (s. SMW/Ökoinstitut Gutachten).

4 München kann sich durch die Lage im für Geothermie geeigneten Gebiet bis zu 100% regenerativ versorgen. Der von den SWM geplante Umstieg auf Geothermie und die Umstellung des Fernwärme-netzes auf Heißwasserbetrieb muss beschleunigt werden. Pro Jahr ist mindestens eine Geothermieanla-ge realisierbar (s. Auskunft SWM).

5 Die Abschaltung des Steinkohlekraftwerks ist die mit Abstand günstigste CO2-Einsparmaßnahme für die Münchner Bürgerschaft.

6 Bei der Steinkohleverbrennung wird hochgiftiges Quecksilber freigesetzt, das von Mensch und Tier aufgenommen wird.

7 Der Steinkohleabbau zieht weltweit massive Naturzerstörung und Menschenrechtsverletzungen nach sich. In München wird ausschließlich importierte Kohle verbrannt.

8 Wenn wir den weltweiten Klimaschutz JETZT nicht ernst nehmen, werden die zu erwartenden Natur-katastrophen und Hungersnöte mehrere Hundert Millionen Menschen ihrer Lebensgrundlage berau-ben. Wir machen sie damit zu „Klimaflüchtlingen“ (s. Bericht der UN und IOM).

9 Bei der Umstellung auf erneuerbare Energien sind zum Ausgleich von Schwankungen im Energie- verbrauch flexibel arbeitende Kraftwerke notwendig. Steinkohlekraftwerke sind sehr unflexibel. Ihre Leistung kann nur sehr langsam hoch- und wieder heruntergefahren werden. Die Stadtwerke München tun gut daran, ihren Kraftwerksbestand schnellstens zukunftstauglich zu machen (z.B. mit Geothermie, Photovoltaik, Power-to-Gas).

Weitere Hintergrundinformationen: www.Raus-aus-der-Steinkohle.de

Dieses Bürgerbegehren wird möglich durch die ehrenamtliche Arbeit vieler Menschen, die sich im sozial-ökologischen Bereich engagieren. Über finanzielle Unterstützung bei den Kosten für die Materialien würden wir uns sehr freuen. Ihre Spende ist steuerlich absetzbar. Spendenkonten:WissenLeben e.V. ödp Stadtverband MünchenIBAN: DE37 4306 0967 8218 2169 00 IBAN: DE77 7025 0150 0028 2868 70Zweck: Bürgerbegehren Kohlekraftwerk Zweck: Bürgerbegehren KohlekraftwerkV.

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Die 9 Hauptargumente für den Ausstieg Münchens aus der Steinkohleverbrennung

siehe Seite 36.

2  mitlinks nr. 54 – Dezember 2015

DIE LINKE im Stadtrat MünchenAnschrift: DIE LINKE im Stadtrat, Rathaus, Zimmer Nr. 176, Marienplatz 8, 80331 MünchenE-Mail: [email protected]: www.dielinke-muenchen-stadtrat.deTelefon: 089 – 233-25235 Fax: 089 – 233-28108

Ausschussmitgliedschaften der Ausschussgemeinschaft: DIE LINKE: Çetin Oraner: Bildungsausschuss, Kinder- und Jugend-hilfeausschuss, Kreisverwaltungsausschuss, Sozial-ausschuss und SportausschussBrigitte Wolf: Gesundheitsausschuss, IT-Ausschuss, Ausschuss für Stadtplanung und Bauordnung und Verwaltungs- und Personalausschuss ÖDP: Sonja Haider: Kulturausschuss, Finanzausschuss und UmweltausschussTobias Ruff: Arbeit und Wirtschaft, Bauausschuss, Stadtentwässerungsausschuss und Kommunalaus-schuss

Kreisverband der Partei DIE LINKE.MünchenAnschrift: DIE LINKE.München, Schwanthalerstr. 139, 80339 München Telefon: 089 – 510 995-14 Fax: –16E-Mail: [email protected]: www.dielinke-muc.de

Impressum: mitLinks Nr. 54, Dezember 2015. Zeitschrift aus der Politischen Gruppe DIE LINKE im Stadtrat München, in Zusammenarbeit mit dem Forum Linke Kommunalpolitik München e.V. Herausgeber: Çetin Oraner, Martin Fochler, Brigitte Wolf. E.i.S.: Brigitte Wolf. Redaktion: Dr. Stefan Breit (verantwortlich), Martin Fochler (Beilagen), Geschäftsführung: Tino Krense. Anschrift: Politische Gruppe DIE LINKE im Stadtrat, Rathaus, Marienplatz 8, 80331 München. Tel: 089 / 233 25235. Fax: 089 / 233 28108. E-Mail: [email protected]. Web.: www.dielinke-muen-chen-stadtrat.de. Alle Ausgaben von mitLinks gibt es auch im Archiv des Forum Linke Kommunalpolitik München e.V. Web: www.flink-m.de

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D i e l i n k e . i m b e z i r k s t a g v o n O b e r b a y e r n

beate Jenkner, Email: [email protected]

Bürgerbüro der BundestagsabgeordnetenNicole Gohlke in München

Bürozeiten:Dienstag: 10 bis 13 und 14 bis 17 UhrDonnerstag: 10 bis 13 und 14 bis 17 Uhr sowie nach Vereinbarung

Anschrift: Bürgerbüro Nicole Gohlke, MdB Siegesstraße 15 80802 München

Tel.: 089/ 374 16 295E-Mail: [email protected]://www.nicole-gohlke.de/

Beilagenhinweis: Studienreihe Zivilgesellschaftliche Bewegungen – Institutionalisierte Politik Nr. 31/2015: Thema: Rede von Angelika Lex anlässlich der Überreichung des Georg-Elser-Preises der Landeshauptstadt München.

mitLinks kostenfrei beziehen: mitLinks ist Teil der Öffentlichkeits-arbeit der Stadtratsgruppe der LINKEN. Sie können sich die Zeitschrift, die ca. viermal im Jahr erscheint, kostenfrei zuschicken lassen. Be-stellung, bitte mit vollständiger Adressangabe, per Mail an: [email protected] oder per Post an: DIE LINKE im Stadt-rat, Rathaus, Zimmer Nr. 176, Marienplatz 8, 80331 München

Inhalt

Berichte aus der Ausschussgemeinschaft ÖDP – sonja Haider (SH) – und DIE LINKE – Çetin oraner (ÇO) und Brigitte WoLf (BW) – Illustriert von Bernd Bücking. . . . . . . . . . . . . . . . . .3

Zum Handlungsprogramm Mittlerer Ring Änderungsantrag von Brigitte WoLf. . . . . . . . . .12

Gustav Landauer. Von stefan Breit . . . . . . . . . . .13

Haushalt 2016: Es wird spannend. Von Brigitte WoLf. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14 Woher kommt die „Krise“? Vollversammlung vom 19.11.2015, Haushaltsrede von Brigitte WoLf . . . . . . 15

Bomben auf Friedensdemo in Ankara. Çetin oraner bei der Trauerkundgebung in München . 17

Gedenkkundgebung für die Opfer der IS-An- schläge in Paris. Redebeitrag von Çetin oraner 17

Lebe. Liebe. Lache. H-Team e.V. – ein Verein aus Sendling, der viel Gutes tut. Von tino krense . . 18

Zur Arbeit im Bezirkstag 2015. Von Beate jenkner . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .22

Die UEFA zwischen Sport und Kommerz – oder nur noch zwischen Banden-Werbung und Korruption? Von jürgen LoHmüLLer . . . . . . . . . . .23

Vorfühlen bei Anwohnern und Polizei – Anträge auf Mitgliederversammlungen – Stadionfrage bei 1860 weiter ungeklärt, aber in Bewegung. Von dr. markus drees – Freunde des Sechz’ger Stadions e.V. (FDS) . . . . . .24 Sanchaba 1860 United. Löwenfans gegen Rechts unterstützen Fußballer in Gambia. Von HerBert scHröger, Löwenfans gegen Rechts. . . . . . . . . . . .26

Soziale Praxis Ellinikon: • Entstehungsgeschichte und Ziele“ . . . . . . . . . . .28 • Sechs Jahre Austerität: Die dramatischen Folgen für die soziale Lage und die gesund- heitliche Versorgung in Griechenland. Zusammengestellt von PavLos deLkos und PauL kLeiser . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .29

Gegen Aufrüstung und Krieg – NATO abschaffen No Justice – No Peace – Ohne Gerechtigkeit gibt es keinen Frieden. anti-siko-aufruf . . . . . .30

Wir dürfen von einander nicht abhängig sein, sondern müssen solidarisch verbunden sein. Çetin oraner zum 5. Panafrikanismus- Kongress . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31

Shabby shabby apartments. Ein Projekt der Kammerspiele München mit dem raumlabor berlin. Von katHarina Horn . . . . . . . . . . . . . . . . . .32

Zum 100. Todestag von Max Kolb am 25. November 2015. Von kLaus BÄumLer . . . . . . . .34

Das Problem am Giesinger Berg: Die Lösung – eine Brücke. Von martin focHLer . . . . . . . . . . . . .35 „Brücken-Allianz Giesinger Berg“ im müncHner forum gegründet . . . . . . . . . . . . . . . . . .35

BürgerBegeHren müncHen: Raus aus der Steinkohle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .36

mitlinks nr. 54 – Dezember 2015  3

Aus der Vollversammlung und den Ausschüssenberichte aus der Ausschussgemeinschaft ÖDP – sonja Haider (sH) – und Die linke – Çetin Oraner (ÇO) und brigitte Wolf (bW) – illustriert von bernd bücking

Wie umgehen mit dem Verdacht auf sexuellen Miss-brauch in Kitas? (ÇO) Das Thema ist brisant, Sensi-bilität gefordert und gleichzeitig höchste Offenheit, was das Verfahren betrifft. Verdachtsfälle, die sich bei der weiteren Begutachtung erhärten lassen, ste-hen neben Fällen, in denen sich Verdächtigungen als völlig haltlos erweisen. Eine Arbeitsgruppe wird dazu ein Handbuch erar-beiten und es laufend aktualisieren. Auch die Wohl-fahrtsverbände und die freien Träger werden in die Erarbeitung des Handbuchs einbezogen.Ein solcher Handlungsleitfaden muss allerdings auch gelebt werden und sowohl für alle Mitarbeite-rInnen als auch für die Leitungen und die Verwal-tung im Alltag handhabbar sein. Mit Schulungen und Fachtagen werden MitarbeiterInnen aller Ebe-nen hierfür sensibilisiert.

Kinder- und Jugendhilfe-Ausschuss, 15.9.2015

Errichtung einer Sicherheitszentrale im Grün-walder Stadion. (ÇO) Die Errichtung einer Sicher-heitszentrale und Vereinzelungsanlage war bereits im Sportausschuss vom 3. Dez. 2014 grundsätzlich genehmigt worden. Ohne Aussprache wurde nun die Finanzierung genehmigt: immerhin 2,5 Mio. Euro.

Sportausschuss, 16.9.2015

Beach Volleyball Major Series. (ÇO) München wird Austragungsort eines internationalen Turniers im Olympiapark vom 7. bis 12. Juni 2016. Dabei han-delt es sich um eine „neue, international hochkarä-tig besetzte Turnierserie“, deren Rechte bei einer Agentur namens „Beach Majors GmbH“ liegen. Wer hier Weltranglistenpunkte sammelt, habe „beste Chancen für eine Olympiateilnahme – 2016 in Rio de Janeiro“. Eigentlich hatte der Stadtrat große Bedenken bezüglich der Finanzierung dieser Ver-anstaltung. Die Olympiapark GmbH hingegen hielt diese Veranstaltung für unverzichtbar, da durch ein auf drei Jahre angelegtes Sportereignis sich sehr belebend auf den Olympiapark auswirken dürfte. Das Sportamt sieht dies ähnlich. Allerdings: Der Veranstalter fordert „Lizenzgebüh-ren“ in Höhe von flotten 0,5 Mio. Euro je Turnier! Wofür eigentlich? Das erschließt sich nicht so recht. Immerhin: 50% finanziert die OMG aus Einnah-men aus Gastronomie usw. und lokalem Sponso-ring. Die anderen 250.000 Euro „entfallen“ auf die LHM. Kleiner Trost: Der Etat von 100.000 Euro, der eigentlich für den legendären „World-Cup im Parallel-Slalom am Olympiaberg“ vorgesehen war, wird nicht benötigt. Die Kämmerei stimmte im Üb-

rigen der Vorlage nicht zu, da nicht nachvollziehbar sei, „dass eine bedeutende Sportveranstaltung mit großem Medieninteresse keinen Eintritt verlangt“. Hinzufügen müsste man: Auch die Flächen werden kostenfrei zur Verfügung gestellt.„Mit Bedenken genehmigt“ könnte die Haltung des Sportausschusses gekennzeichnet werden. Da wa-ren wir wohl etwas zu gnädig, wir werden kritisch zu hinterfragen haben, was nun genau in dem abzu-schließenden Vertrag mit der „Beach Majors GmbH“ stehen soll – einen „Mini-IOC-Vertrag“ wird es mit uns nicht geben. Sportausschuss, 16.9.2015

Auch Realschüler brauchen Maßnahmen zur Be-rufsvorbereitung. (ÇO) Immerhin hat in München von 1.269 Schülern, die an berufsvorbereitenden Maßnahmen teilgenommen haben, fast ein Viertel einen Realschulabschluss. Dies zeigt, dass auch die Realschule keine Gewähr dafür bietet, dass nach der Schule die Einmündung in die Berufsausbil-dung nahtlos und erfolgreich erfolgt. Die Ergebnisse eines Modellprojekts an fünf Real-schulen waren so positiv, dass nun eine „vertiefte und individuelle Berufsorientierung“ für alle Re-alschulen vorgesehen wird. Für die Jahre 2016 und 2017 wurden jährlich 375.000 Euro genehmigt.

Bildungsausschuss, 16.9.2015

Die aktuelle Flüchtlingssituation. (ÇO) Ein beson-derer Dank ging an die insgesamt 4.000 ehrenamt-lichen Helfer, die sich unermüdlich und überall an allen Stellen und bei allen Problemen eingesetzt ha-ben. Insbesondere der Kreisjugendring hat sich sehr schnell hier mit allen Kräften eingebracht. Auch die hauptamtlich Beschäftigten von Sozialreferat, Feu-erwehr, Polizei u.a. anderen Stellen.Allein in der ersten Septemberhälfte kamen in München 72.000 Flüchtlinge an mit Spitzenwerten

Beginnend mit dem 28. April 2010 werden die Wortprotokolle des öffentlichen Teils aller Vollversammlungen des Stadtrats im Internet veröffentlicht unter folgender Adresse:

http://www.muenchen.de/rathaus/Stadtpolitik/Der-Muenchner-Stadtrat/Sitzungsprotokolle.htmlHier können die oft ausführlichen Debatten nachgelesen werden, die in unserer Berichterstattung doch oft zu kurz kommen.Protokolle der Stadtratsausschüsse werden nicht veröffentlicht, dafür gibt es auch keine Wortprotokolle, sondern lediglich Zu-sammenfassungen der Diskussionsbeiträge.

Ab dem 24. Juli 2013 gibt es auch eine Life-Übertragung der Vollversammlung. Sie kann in der Mediathek unter der Adresse www.muenchen.de/rathaus/Stadtpolitik/Der-Muenchner-Stadtrat/Der-Muenchner-Stadtrat-live.html abgerufen werden.

4  mitlinks nr. 54 – Dezember 2015

von 13.000 Menschen am 6. September und 12.200 Menschen am 12. September 2015.Die Sozialreferentin nahm am 16. September 2015 an einer Konferenz sozialdemokratischer Innen- und Sozialpolitiker in Berlin teil und war ob der Berliner „Ahnungslosigkeit“ – quer durch alle Par-teien – tief erschüttert. Insbesondere die Diskussion um die erforderlichen weiteren Drehkreuze zieht sich hin. Das Bundesinnenministerium scheint den anstehenden organisatorischen Anforderungen überhaupt nicht gewachsen zu sein – eine bundes-weite Logistik für die Verteilung und Unterbrin-gung der Flüchtlinge scheint nicht in Sicht zu sein.Die aktuelle Vorlage stellt auf interne Schätzungen (Basis sind die Zahlen der Ankunftszentren) ab – und nicht auf geschönte Annahmen des BAMF oder des Bundesinnenministers – d.h. es dürften rund 1 Mio. Menschen 2015 in Deutschland ankommen.Mittlerweile konnten die sehr spontan eingerichte-ten Notunterkünfte (Messe und Karlstraße) wieder von den meisten Flüchtlingen verlassen werden, sie

sind jedoch jederzeit wieder aktivierbar. Allerdings muss jetzt auch über die weitere und dauerhaftere Unterbringung der Geflüchteten nachgedacht wer-den. Mit den herkömmlichen Verfahren und Nor-men für den Wohnungsbau dürfte dies nur schwer zu bewältigen sein. Die Herausforderungen der ei-gentlichen Integration – also Wohnen und auch Ar-beiten – werden uns noch länger begleiten.

Sozialausschuss, 17.9.2015

Kommunales Wohnungsbauprogramm. (ÇO) Zwei weitere neue Bauvorhaben zur Schaffung preiswer-ten Wohnraums werden genehmigt. Kritisch wird angemerkt, dass sich sämtliche Bauvorhaben der MGS bislang weit jenseits des geplanten Zeit- und Kostenrahmens bewegen. Sozialausschuss, 17.9.2015

Die pflegerische Versorgung in München. (ÇO) Auch aktuell zeigt sich, dass ältere Menschen möglichst lange in den „eigenen vier Wänden“ bleiben wollen. Die meisten Einrichtungen haben Probleme bei der Belegung, die Menschen kommen verstärkt erst in der allerletzten Lebensphase „ins Heim“.Ein strukturelles Problem stellt die Schere zwi-schen Anforderungen aufgrund der Verordnungen des Freistaats – z.B. 80% sollen Einzelzimmer sein – und der dafür benötigten finanziellen Mittel dar.

Die Caritas spitzte dies zu: Würde die Heimaufsicht gemäß den neuen gesetzlichen Vorgaben die Häuser prüfen, müssten die meisten Häuser – selbst erst 3-4 Jahre alte – sofort geschlossen werden.

Sozialausschuss, 17.9.2015

Tätigkeitsbericht des Behindertenbeauftragten. (ÇO) Der Behindertenbeauftragte Oswald Utz wies lobend auf Stichworte hin wie Münchner Aktions-plan, Ausweitung der Bildungsberatung, Einbezie-hung der Alten- und Servicezentren, auch die Initi-ative „Behinderung und Kunst“, aber auch auf das zunehmende Problem „Armut und Behinderung“.Die Finanzierung der Behindertenhilfe sollte über-prüft werden: mehr für die inklusive Arbeit in den verschiedensten Bereichen – aber weniger für die großen „Komplex-Einrichtungen“.Eine völlig neue Problematik taucht durch die zu-nehmende Zahl traumatisierter – insbesondere jun-ger – Flüchtlinge auf. Sozialausschuss, 17.9.2015

Abstimmungsschwierigkeiten von CSU und SPD verzögern wichtige Beschlüsse. (BW) Im Stadtrat wird von vielen Parteien gerne über die Langsam-keit der Stadtverwaltung lamentiert. Aber in letzter Zeit konterkariert die Große Koalition aus CSU und SPD häufig die Bemühungen aus den Referaten. Auch wichtige Beschlüsse wie der Bebauungsplan für den neuen Stadtteil Freiham, die Unterstützung der städtischen Wohnungsbaugesellschaften für mehr Wohnungsneubau oder auch die Ökologische Mustersiedlung in der Prinz-Eugen-Kaserne wer-den einfach mal ohne Begründung vertagt. Und das sind dann mindestens drei bis vier Wochen Zeitver-zug. Planungsausschuss, 23.9.2015

Diskussionen um den Nahverkehrsplan der Stadt. (BW) Die turnusmäßige Fortschreibung des Nah-verkehrsplans in München löste längere Diskussi-

mitlinks nr. 54 – Dezember 2015  5

onen aus, wurde letztendlich aber einstimmig ver-abschiedet. Die Stadt ist hier nur für U-Bahnen, Straßenbahnen und Busse zuständig, die Planun-gen für die S-Bahn (2. Tunnel) sind deshalb nur nachrichtlich aufgenommen. Der Beschluss ist von dem Wunsch getragen, keine weiteren Konflikte zwischen CSU und SPD auszulösen. So werden z.B. U-Bahn und Tramprojekte im Münchner Norden parallel geplant (was auch nicht billig ist) – gleich-gültig ob die MVG sagt, sie könne gar keine wei-tere U-Bahn mehr auf den bestehenden Linien im Münchner Norden unterbringen. Gleiches gilt für die Planung einer U-Bahn nach Freiham, obwohl dort bereits zwei S-Bahn-Linien hinführen.Gleichzeitig zeigte sich wieder, dass die Fixierung auf den zweiten S-Bahn-Tunnel zahlreiche sinnvol-le ÖPNV-Projekte blockiert. Das Referat bezeichnet den zweiten Tunnel als „alternativlos“, in der Dis-kussion zeigte sich dann jedoch, dass der „Südring“ doch noch als Plan B in der Schublade liegt. Ein-hellige Kritik ernteten Bund und Länder, weil es immer noch keine Nachfolgeregelung für das „Ge-meindeverkehrsfinanzierungsgesetz“ (GVFG) gibt. Und damit natürlich auch keinerlei Planungssicher-heit.

Die U-Bahnverlängerung nach Pasing soll aber auf jeden Fall kommen – egal, ob es dafür Zuschüsse gibt oder nicht. Dann gibt es auch eine Ausweich-möglichkeit, falls die Stammstrecke wieder mal dicht ist. Änderungsanträge der Grünen wurden sowohl im Ausschuss als auch in der Vollversammlung abge-lehnt, da es für diese Projekte leider keine Mehrheit im Stadtrat gibt. Und der Nahverkehrsplan soll das abbilden, was tatsächlich realisiert oder zumindest mehrheitlich gewünscht wird.

Planungsausschuss, 23.9.2015 und Vollversammlung, 30.10.2015

Personalmangel führt zu (kleinen) Verbesserungen für Auszubildende. (BW) In den kommenden Jahren benötigt die Stadt viele tausend neue Mitarbeiter, einmal aus demographischen Gründen, aber auch durch eine Ausweitung zahlreicher Aufgaben in einer wachsenden Stadt. Deshalb sollen auch die Ausbildungszahlen massiv steigen. Doch das zu er-reichen ist nicht einfach, gerade in München gibt es für Auszubildende und Berufsanfänger zahlreiche andere Möglichkeiten für den Start ins Arbeitsle-ben.Aus diesem Grund hat der Stadtrat nach Verbesse-

rungsmöglichkeiten für städtische Auszubildende gesucht. So müssen sie künftig keinen Eigenanteil bei den Fahrtkosten mehr tragen. Essenszuschüsse gibt es jedoch nicht, da diese für Beamtenanwärter_innen nicht zulässig sind. Und auch bei den Prak-tikant_innen ändert sich nichts: Freiwillige Prak-tika werden auch künftig nicht vergütet, lediglich berufsbegleitende Pflichtpraktika.Ein Problem in der städtischen Ausbildung ist zu-dem, dass bei den Ausbilder_innen die Ausbildung zu den übrigen Aufgaben hinzukommt. Damit bleibt natürlich oft nicht ausreichend Zeit für die Ausbildung und die Motivation ist auch nicht so toll. Deshalb soll die Tätigkeit einer Ausbildung ein Kriterium für die Leistungsorientierte Bezahlung (LoB) werden – d.h. die Prämie finanzieren sich die Kolleginnen und Kollegen im Prinzip selber. Wir LINKE haben hingegen gefordert, Ausbildung als Stellenanteil in die Arbeitsplatzbeschreibung auf-zunehmen und damit den Zeitdruck rauszunehmen. Dies müsste dann natürlich auch gelebt werden, d.h. bei der Arbeitszuteilung berücksichtigt werden. Leider blieben wir mit dieser Forderung allein, die Aufnahme ins LoB haben wir hingegen abgelehnt.

Verwaltungs- und Personalausschuss, 23.9.2015

Kariesprophylaxe wird ausgebaut. (BW) Mit einer Zeitverzögerung von einem halben Jahr wurde jetzt doch noch eine Aufstockung der Kariesprophylaxe an Schulen und Kindergärten beschlossen. CSU und SPD wollten dies in der Amtszeit des Referen-ten Lorenz nicht mehr beschließen, die neue Refe-rentin Frau Jacobs hat die Vorlage jedoch unverän-dert eingebracht. Eine flächendeckende Untersu-chung ist seit 2007 nicht mehr möglich, im Rahmen der Haushaltskonsolidierung fielen hier Stellen weg. Gesundheitsausschuss, 24.9.2015

6  mitlinks nr. 54 – Dezember 2015

Versorgungslücke: Zahnmedizin für ambulant be-treute Pflegebedürftige. (BW) Eine Extrarunde musste hingegen ein Pilotprojekt zur „aufsuchen-den zahnmedizinischen Versorgung ambulant be-treuter Pflegebedürftiger“ drehen. Dabei sollen 10 mobile Behandlungseinheiten (á 15.000,- Euro) an-geschafft werden, mit denen Pflegebedürftige auch zu Hause zahnmedizinisch versorgt werden kön-nen. Auf Bedenken der SPD hin sollte geprüft wer-den, ob sich nicht Verbände von Zahnärzten oder Krankenkassen finanziell an diesem Pilotprojekt beteiligen könnten. Dies wurde jedoch erwartungs-gemäß von den Verbänden abgelehnt, dafür seien sie nicht zuständig und nicht legitimiert. Im Oktober wurde das Projekt dann einstimmig beschlossen.

Gesundheitsausschuss, 24.9.2015 und 15.10.2014

Neue Referentin vereidigt. (BW) Stefanie Jacobs, die neue Referentin für Gesundheit und Umwelt, hat bereits zum 1. September mit der Arbeit ange-fangen, die Vereidigung erfolgte jetzt in der ersten Vollversammlung nach der Sommerpause. Welche Schwerpunkte die CSU-Wunschkandidatin als Nachfolgerin des früheren grünen Referenten Lo-renz setzen wird, muss sich in der Praxis erst noch herausstellen. Vollversammlung, 30.9.2015

Neuer Ausschuss „Standortangelegenheiten für Flüchtlinge“ gebildet. (BW) Angesichts der neuen Daueraufgabe der menschenwürdigen Unterbrin-gung der ankommenden Flüchtlinge in München hat der Stadtrat seine Geschäftsordnung geändert und einen neuen Ausschuss für diese Aufgabe ge-bildet. Dieser Ausschuss kann über die Standorte und damit zusammenhängende Fragen eigenstän-dig entscheiden, so dass die Themen nicht immer auf die Bestätigung durch die Vollversammlung warten müssen. Der Ausschuss tagt bei Bedarf wö-chentlich, entweder vor dem Sozialausschuss oder vor dem Kommunalausschuss. Falls nötig, können Standortfragen aber weiterhin in der Vollversamm-lung behandelt werden.Durch die Festlegung der Ausschussgröße sind we-der Herr Richter noch die ALFA-Stadträte (früher AfD) im Ausschuss vertreten. Das wird diesem Gre-mium eine Reihe fruchtloser, kaum erträglicher Re-debeiträge ersparen. Insbesondere die menschen-feindlichen Tiraden von Herrn Richter rauben den Zuhörenden wertvolle Lebenszeit. Meine spontane „Schmerzensgeldsammelaktion“ erbrachte immer-hin 65,- Euro Spende für Refugio. Außer mir betei-ligte sich daran meine ÖDP-Kollegin Sonja Haider, auch Thomas Ranft von den Piraten leistete einen Beitrag.

Auf der Basis eines Dringlichkeitsantrags des Ober-bürgermeisters bewilligte der Stadtrat zudem gegen eine Stimme 150.000,- Euro für das „Dankeschön-Konzert“ am 11. Oktober auf dem Königsplatz, das trotz Kälte ein toller Erfolg wurde.

Vollversammlung, 30.9.2015

Verwaltungshandeln wird intransparenter. (BW) Sehr überraschend hat sich die Stadtverwaltung von der „Steuerung durch Zielbeschlüsse“ verab-schiedet. Bisher gab es vom Stadtrat beschlossene „Stadtratsziele“, die von den Referaten in Referats- und Handlungsziele umgesetzt wurden. Zugege-ben, die Stadtratsziele waren auf einer hohen Ab-straktionsebene und wollten „das Gute, Wahre und Schöne“. Die Referats- und Handlungsziele aus der Verwaltung gaben aber immer einen guten Einblick in Themen und Probleme, denen sich die Referate im nächsten Jahre widmen wollten. Und diese Ziele sollen künftig dem Stadtrat, und damit der Öffent-lichkeit, gar nicht mehr bekannt gegeben werden. Ein entsprechender Änderungsantrag der Grünen fand leider keine Mehrheit. Gegen die Stimmen un-serer Ausschussgemeinschaft aus ÖDP und LINKE bestätigte die Vollversammlung diesen Rückschritt zu intransparentem Verwaltungshandeln.

Vollversammlung, 30.9.2015

Inklusion im Bereich der Kindertageseinrichtungen und der Schulen. (ÇO) Alle Einrichtungen müssen sich in so weit öffnen, dass geistige und körperliche Behinderungen nicht zu einem Ausschluss führen dürfen. Dies sieht der Artikel 24 der UN-Behinder-tenrechtskonvention vor, der Aufforderung und Ba-sis für alle Umsetzungsbemühungen auch der Stadt darstellt. Mit dem Recht auf Bildung ohne Diskri-minierung wird die Grundlage für ein Leben mit gleichen Chancen gelegt, Menschen mit Behinde-rung werden befähigt zur wirklichen Teilhabe an einer freien Gesellschaft.Ein solches Verständnis von Inklusion braucht auch eine neue, eine inklusive Pädagogik, die u. a. diffe-renzierte Lernziele und Lernangebote ermöglicht, die unterschiedliche Lern- und Arbeitstempi zu-lässt.Das Bayerische Kinderbildungs- und Betreuungs-gesetz (BayKiBiG) und das Bayerische Erziehungs- und Unterrichtsgesetz (BayEUG) liefern hierzu im Freistaat den rechtlichen Rahmen. Allerdings müs-sen Absichten und Vorschriften auch finanziell un-terlegt sein. Daher fordert die Stadt vom Freistaat auch die finanzielle Förderung des notwendigen Raumbedarfs (Schulbauverordnung) und die An-passung der pädagogischen Ausbildung, aber auch die entsprechenden Zuschüsse für zusätzliches Per-sonal und den entstehenden Sachaufwand.Nun bringt die Vorlage – nach jahrelanger Verzö-gerung – zwar eine umfängliche Zusammenstellung aller Maßnahmen, kritisiert wird aber das Fehlen einer zusammenfassenden Vision. Immerhin wird ein Paket weiterer Vorhaben dargestellt, u. a. die Weiterentwicklung des Angebots des Pädagogi-schen Instituts und die Entwicklung entsprechen-der Unterrichtskonzepte, Anpassung der Förderfor-mel, bessere Finanzierung von Fachkräften, Förde-rung inklusiver Raumkonzepte usw.Die Verwaltung schlägt ein Stufenkonzept vor, be-stehend aus drei Modulen: Bestandsaufnahme, Ent-wicklung eines Umwandlungskonzeptes für ausge-wählte Schulen, Ermitteln von „Quick Wins“ und

mitlinks nr. 54 – Dezember 2015  7

schließlich die Vorlage und Genehmigung durch den Stadtrat zur „schrittweisen Umwandlung in quartiersbezogenen Bildungsräumen“. Die Umset-zung in einer ersten Modellregion soll schließlich im Schuljahr 2017/2018 stattfinden. Der Freistaat andererseits verneint ein Konnexi-tätsprinzip bei den Vorschriften zur Inklusion, er lässt die Kommunen weitgehend allein – sie sind halt die Sachaufwandsträger! Auch konzeptionell hält der Freistaat weiter an „Förderzentren“ fest – mit den Ansprüchen an Inklusion schwer vereinbar, zumindest umstritten.Ein weiteres großes und grundsätzliches Problem stellt die oftmals sehr schematische Umsetzung von „Inklusion“ und „Integration“ anhand ausge-wählter Normen dar. Manchmal scheitert z.B. die

Einstufung als „inklusive KITA“ am Einbau eines – sehr teuren – Aufzugs, auch wenn dieser für die meisten Kinder aufgrund der Eigenart ihrer Behin-derung gar nicht erforderlich ist. Gefordert ist ein hohes Maß an Flexibilität und Orientierung an den Einzelfällen.

Kinder- und Jugendhilfe-Ausschuss, 6.10.2015

Weiterentwicklung der Angebote der Berufsbezoge-nen Jugendhilfe (BBJH). (ÇO) Die Vorlage hat lange gebraucht, jetzt gibt es eine umfängliche Darstel-lung, die jedoch einige Fragen offen lässt. Teilweise fehlt Transparenz darüber, warum bestimmte Pro-jekte nicht mehr gefördert werden.Viele Projekte haben sich aus ganz spezifischen Problemlagen heraus entwickelt, ein einheitliches Beurteilungsraster ist daher sehr schwierig. Dessen ungeachtet muss laufend die Förderwürdigkeit be-urteilt werden können.Ein großes Defizit zeigt die Vorlage allerdings noch in der Frage der Integration junger Flüchtlinge. Zwar ist der Anteil – dies ist wohl dokumentiert – von Teilnehmern mit Migrationshintergrund und ausländischer Herkunft ständig steigend. Dabei wendet die Verwaltung ein, dass Hauptansprech-partner für die Integration in den Arbeitsmarkt die Arbeitsagentur und das Jobcenter seien, die BBJH seien – auch aus Kostengründen – insofern „nach-rangig“.Für DIE LINKE ist allerdings entscheidend, dass in Zukunft konzeptionell an einer besseren Ver-zahnung zwischen den Sphären Berufsschule – Arbeitsagentur – Bildungsträger – BBJH-Projekte gearbeitet wird. Schulische Angebote, schulähnli-

che Projekte, Orientierungsmaßnahmen und Werk-stätten müssen nicht nur von einander wissen, es müssen auch Synergie-Effekte ausgenutzt werden. Insbesondere die Integrationsberatungszentren, hier vor allem das IBZ-Jugend, sollten wichtige Weichenstellungen vornehmen können.

Kinder- und Jugendhilfe-Ausschuss, 6.10.2015

Prognose zur Entwicklung der Pflichtausgaben im Sozialbereich. (ÇO) Aufgrund des prognostizierten Bevölkerungswachstums bis 2025 werden die Aus-gaben wahrscheinlich um rund 500 bis 600 Mio. Eu-ro ansteigen. Die Erstattungen jedoch – sogenannte Transfererlöse – steigern sich zwar auch um 71%, dies macht jedoch absolut nur rund 180 Mio. Euro aus. Damit wird sich der Spielraum für die freiwil-ligen Leistungen dramatisch einengen, vor allem da die Gewerbesteuereinnahmen nicht in gleichem Maße wie derzeit weiter steigen dürften. KJHA gemeinsam mit Sozialausschuss, 6.10.2015

Dauerhafte Absicherung der Münchner Kinderzei-tung und anderer sozialer Projekte. (ÇO) Gerade die vielen hier aufgelisteten freiwilligen Leistun-gen zeigen, wie wichtig es ist, für eine offene und ausgeglichene Stadtgesellschaft eine Vielzahl von Projekten zu fördern und diese Förderung für die Träger auf eine verlässliche Basis zu stellen. Expli-zit werden neun Projekte dargestellt. Vor allem die Münchner Kinderzeitung und das vielfach und in allen Stadtteilen nachgefragte Projekt „MobilSpiel e.V.“ werden auskömmlicher gefördert. Die Träger erinnern daran, wie wichtig es ist, gera-de auch die vereinbarten tariflichen Erhöhungen zu berücksichtigen. KJHA gemeinsam mit Sozialausschuss, 6.10.2015

Investitionskostenförderungen für KITAs. (ÇO) Genehmigt wurden diverse Investitionskostenför-derungen für verschiedenen KITAs, die Stellen-schaffungen für Lehrpersonal und für Juristen; außerdem die Zuschüsse für das MPZ (Museums-pädagogisches Zentrum e.V.) und den Verein „Lan-desmediendienste Bayern“. Ausführlich wurde das Schulbauprogramm und die Fortschritte im Be-reich Inklusion dargestellt und diskutiert.

Bildungsausschuss, 7.10.2015

Inklusion in Kindertageseinrichtungen und Schul-bereich. (ÇO) Basis ist die UN-Konvention zur In-klusion: Alles tun, um allen Menschen eine wirk-liche Teilhabe zu ermöglichen. Insbesondere darf niemand aufgrund einer Behinderung vom Schul-unterricht ausgeschlossen werden, d.h. es sind die entsprechenden baulichen und pädagogischen Vor-aussetzungen zu schaffen.Die gesetzlichen Grundlagen im Freistaat sind das BayKiBiG und das BayEUG: inklusiver Unterricht ist Aufgabe aller Schulen. Es besteht allerdings kein Rechtsanspruch auf den Besuch einer bestimmten Schule. Leider sieht der Freistaat in diesem Be-reich nicht das Konnexitätsprinzip gefordert, d.h. es werden zwar Aufgaben definiert, nicht jedoch die notwendigen Mittel bereitgestellt. Die Wahlmög-lichkeit zwischen inklusiver Schule und eigenem Förderzentrum (Modell des Freistaats) sollte aber erhalten bleiben. Dies auch, wenn die Förderzen-tren kritisch als „Einbahnstraße“ gesehen werden nach dem Motto „Vom Förderkindergarten bis zur Behindertenwerkstatt“. Behinderte laufen Gefahr,

8  mitlinks nr. 54 – Dezember 2015

immer im abgeschotteten Bereich zu bleiben.Was fehlt ist eine Anpassung der Schulbau-Verord-nung und der pädagogischen Ausbildung. Danach richtet sich der Zuschuss für den geleisteten kom-munalen Sachaufwand.Pro Jahr sollten rd. 10 Kitas in inklusive Ein-richtungen umgewandelt werden. An sehr vielen Münchner Schulen werden bereits einzelne Maß-nahmen zur besseren Inklusion umgesetzt, dies soll fortgesetzt und weiterentwickelt werden. Das „in-klusive Raumkonzept“ wurde vom Stadtrat bereits beschlossen.Zu tun bleibt eine Menge. Insgesamt muss für den weiteren Abbau von Barrieren gesorgt werden, dies sowohl im baulichen wie auch im pädagogischen Bereich.Wichtigste Aufgabe ist es, bei allen Beteiligten „im Kopf“ eine positive Grundhaltung zur Inklusion zu verankern im Sinne von „Jedes Kind ist uns will-kommen!“Rund um ein Bildungslokal soll – bis zum Schuljahr 2016/17 – eine Modellregion zur Inklusion – mit al-len Einrichtungen und Beteiligten – schrittweise umgesetzt werden. Nach den dort gemachten Er-fahrungen wird dies übertragen und ausgeweitet auf die Gebiete um andere Bildungslokale herum.Der Ausschuss bittet darum, rechtzeitig über die Auswahl der ersten Modellregion unterrichtet zu werden und in angemessenem Zeitraum über den Fortgang einen Bericht zu erhalten.

Bildungsausschuss, 7.10.2015

Zuschuss für das Museumspädagogische Zentrum(ÇO) Das Museumspädagogische Zentrum setzt ei-nen besonderen Akzent auf die Betreuung der „neu-ankommenden Menschen“, insbesondere Schüler. So haben sich die Übergangsklassen in Bayern in den letzten Jahren von 80 auf 470 Klassen verviel-facht, entsprechend wurden die Betreuungsangebo-te ausgeweitet. Das MPZ fungiert daher fast schon als Scharnier zwischen Maßnahmen der Stadt und des Freistaats. Gerade in der Arbeit mit jungen Flüchtlingen gilt das MPZ mittlerweile als bayern-weit vorbildlich.Der beantragte Zuschuss wurde daher einstimmig gebilligt. Bildungsausschuss, 7.10.2015

1. Bauabschnitt Freiham kommt voran. (BW) Letzt-endlich einstimmig hat der Planungsausschuss den Satzungsbeschluss für den ersten Realisierungsab-schnitt in Freiham-Nord beschlossen. Neben einem Bildungscampus, einer großen Sportanlage und ei-nem Nahverkehrs- und Quartierszentrum sollen in den nächsten Jahren ca. 4.000 Wohnungen entste-hen. Stadtrat Sauerer von der CSU äußerte jedoch

massive Bedenken, da die Verkehrsanbindung nicht befriedigend gelöst sei. Alle Forderungen nach Ausbau der S-Bahnen, Ausbau der A99 oder auch Verlängerung der U-Bahn nach Freiham sind zwar nicht rundweg abgelehnt worden, aber ihre Rea-lisierung ist noch völlig unklar und kommt (wenn überhaupt) lange nach der Wohnbebauung.Der FDP-Antrag, in den weiteren Verfahren auch eine höhere Verdichtung zu prüfen, wurde gegen die CSU beschlossen. Grüne und LINKE stimmten gegen die Forderung nach einem weiteren Ausbau der A99. Denn dort, wo mehr Straßen entstehen, wird auch unvermeidlich mehr Verkehr generiert. Deshalb müssen in der wachsenden Münchner Re-gion mehr Menschen auf den ÖPNV wechseln – und dessen Infrastruktur muss auf diesen wachsenden Bedarf ausgerichtet werden.

Planungsausschuss, 7.10.2015

Endlich: Es entstehen mehr stadteigene Wohnun-gen. (BW) Über das Ziel besteht endlich (beinahe) Einigkeit: Alle politischen Kräfte im Rathaus (au-ßer FDP und Piraten) wollen, dass die städtischen Wohnbaugesellschaften GWG und GEWOFAG mehr eigene Wohnungen bauen. Das Ziel, 1.000 neue Wohnungen im Jahr, besteht eigentlich schon seit einigen Jahren. Doch erst jetzt rückten die bei-den Gesellschaften damit heraus, dass sie dieses Ziel aus eigener Kraft gar nicht stemmen können. Deshalb beschloss jetzt der Stadtrat, das Stamm-kapital beider Gesellschaften jährlich zusammen um 15 Mio. Euro zu erhöhen. Gleichzeitig wird ein Sonderprogramm für geförderten Wohnungsbau aufgelegt: Insgesamt stellt die Stadt 250 Mio. Euro bereit, damit in den nächsten 10 Jahren zusätzlich 2.500 geförderte Wohnungen entstehen – realisiert gleichfalls durch die städtischen Gesellschaften. Damit bleiben diese Wohnungen langfristig in städ-tischem Zugriff, auch über das Förderungsende hinaus. Leider kommen diese Maßnahmen mindes-tens 20 Jahre zu spät. Was hier in der Vergangenheit versäumt wurde, kann die Stadt jetzt bei zuneh-mender Flächenkonkurrenz und -knappheit nicht mehr aufholen.Stadtrat Dr. Mattar lehnte für die FDP diese Förde-rungen ab mit dem Argument, so entstünden keine

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zusätzlichen Wohnungen, sondern sie würden ledig-lich in städtischer Regie gebaut. Mein Änderungs-antrag, auf eine Ausschüttung der Gesellschaften auch über das Jahr 2022 zu verzichten, wurde lei-der nur von Grünen und Bürgerlicher Mitte un-terstützt. Da heißt es also: Wiedervorlage in drei Jahren, damit es entsprechend in die fünfjährigen Wirtschaftspläne aufgenommen wird.

Planungsausschuss, 7.10.2015

Günstiger leben in München. (ÇO) Die Broschüre gilt als eine der am stärksten nachgefragten Bro-schüren der Stadt, dies betont auch der Behinder-tenbeauftragte der Stadt, Oswald Utz. Von der Auf-lage von 75.000 sind bereits 72.000 ausgegeben. ALFA will die Broschüre jedoch einstellen, man könne sich doch ausreichend online informieren! Alle Erfahrungen zeigen jedoch – dies betont auch die SPD – dass gerade die Zielgruppe auf Gedruck-tes angewiesen ist. Die CSU regt darüber hinaus an, die Broschüre auch in vereinfachter Sprache und dies auch in mehreren Sprachen herauszubringen. Auch die Wohlfahrtsverbände würden gerne als Mitherausgeber genannt, da sie auch viele der ver-wendeten Daten bereitstellen.

Sozialausschuss, 8.10.2015

Qualitätsoffensive stationäre Altenpflege. (ÇO) Be-richtet wurden von den beeindruckenden Ergebnis-sen einer Studienfahrt in die Schweiz. Insbesondere die Betreuung in kleinen Gruppen wurde hervor-gehoben. Die Ausbildung in der Schweiz ist schon weitgehend akademisiert, wodurch diese schwie-rige Arbeit attraktiver gemacht werden kann. Dies kommt letztlich gerade den zu verpflegenden Men-schen zugute.Bei uns ist eine Verbesserung der Qualität in den 56 vollstationären Pflege-Einrichtungen dringend erforderlich. Alarmsignal sind die Meldungen über Suizide in der Pflege. Besonders wichtig sind Wei-terbildungen in Bezug auf demenzielle Erkrankun-gen, Schmerzmittel-Management, Inkontinenzbe-handlung u.a.Die veranschlagte Summe von 200.000 Euro für Weiterbildungen wirkt zunächst hoch, herunterge-brochen auf den einzelnen Mitarbeiter sind jedoch 80 Euro pro Jahr äußerst gering. CSU/SPD wollen jedoch auch diesen Betrag noch um ein Viertel kür-zen, um die Träger „in stärkere Verantwortung zu ziehen“. Die Träger weisen jedoch darauf hin, dass bereits heute nahezu 50% der Weiterbildungskos-ten übernommen werden, hinzu kommen die Be-lastungen durch die Freistellungen. Der Bund als eigentlich zuständige Ebene wird sich durch die neue Pflegegesetzgebung noch weiter zurückziehen und die Träger stärker belasten. Dennoch bleibt die Mehrheit bei der Meinung, dass die Stadt durch ih-re freiwilligen Leistungen nicht alle durch die de-fizitäre Politik des Bundes verursachten Probleme kompensieren kann. Sozialausschuss, 8.10.2015

Kälteschutzprogramm. (ÇO) Im Winter 2014/15 gab es 64.900 Übernachtungen für über 3.200 Personen, 127 Familien. Spitzenreiter sind Rumänen und Bul-garen, dann Deutsche, aber auch Menschen ande-rer Nationalitäten. Dies entspricht einer Verdrei-fachung gegenüber dem Vorjahr (20.000 Übernach-tungen)! Auch für den Winter 2015/16 wird es keine „Null-Grad-Grenze“ mehr geben. Die Fluktuation ist erheblich, d.h. die meisten Menschen wollen sich

hier keine billige Bleibe verschaffen, es gibt also keine „Verfestigung“. Federführend für Organisa-tion und Zuweisungen ist das Evangelische Hilfs-werk, das eine allseits gelobte Arbeit macht.Finanzbedarf: Im Haushaltsjahr 2015 sind rund 2 Mio. Euro erforderlich, für 2016 werden rund 3 Mio. Euro benötigt.Überlegungen für die Fortführung des Programms nach Aufgabe der Bayernkaserne in 2 bis 3 Jahren werden bereits angestellt. Die Unterbringung dort ist auch höchst unbefriedigend. DIE LINKE hat für den Planungsausschuss einen entsprechenden An-trag gestellt, der auf zügigen Aufbau dauerhafter, aber schnell zu errichtender Unterkünfte zielt.Fazit für alle weiteren Maßnahmen: Niemand in München muss auf der Straße leben. Das macht kei-ne andere Stadt in Deutschland!

Sozialausschuss, 8.10.2015

Rahmenplanung an der innerstädtischen Isar steht. (BW) Es hat zwar lange gedauert, aber jetzt steht eine konsensfähige Rahmenplanung für die inner-städtische Isar. In einem breit angelegten Abstim-mungsprozess wurde herausgearbeitet, wo Anpas-sungen und Verbesserungen erfolgen können bzw. sollen. Auch wenn Vieles nicht sofort angegangen wird, sondern z.B. erst dann, wenn die Kaimau-ern sowieso saniert werden müssen. Der Mehrheit im Stadtrat sind die vorgeschlagenen Maßnahmen aber nicht konkret genug, insbesondere die fehlende Zeitschiene wurde kritisiert. Deshalb wurde auf ei-

nen Änderungsantrag der Grünen hin beschlossen, dass 2016 ein konkreterer „Isarplan II“ vorgelegt werden soll, der anschließend abgearbeitet wird.Die CSU scheiterte mit ihrem Ansinnen, verkehr-liche Beeinträchtigungen kategorisch auszuschlie-ßen. Insbesondere an der Isarparallele wird es ohne eine Reduktion des Autoverkehrs keine verbesserte Aufenthaltsqualität geben können. Leider wurde mehrheitlich die Prüfung zweier ausgesprochener Luxusprojekte beschlossen: Einmal eine Plattform „über der Isar“, auf der dann ein (privates) Café be-trieben werden soll, zum anderen die Realisierung, Finanzierung und Betreibung eines „Isarflussba-des“. Letzteres wurde auch in der Vollversammlung erneut zur Diskussion gestellt, aber gegen die Stim-men von SPD, ÖDP, LINKE und Alfa beschlossen. Laut Tobias Ruff von der ÖDP ist an der Isar ein Flussbad nicht möglich, weil die erforderliche Was-serqualität nicht zu garantieren ist. In der Gesamt-abstimmung erfolgte der Beschluss dennoch ein-stimmig. Planungs- und Bauausschuss, 14.10.2015

Ökologische Mustersiedlung wurde kastriert. (BW) Auf Betreiben der SPD wurde die geplante Ökolo-

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gische Mustersiedlung in der Prinz-Eugen-Kaserne fast vollständig aufgegeben. Stadträtin Rieke (SPD) hat sich hier unrühmlich ins Zeug gelegt. Es bleibt lediglich eine Siedlung in Holzbauweise übrig. Das einzig Innovative daran ist, dass dies im Geschoss-wohnungsbau noch Neuland ist. Energetische Kri-terien spielen keine Rolle mehr, es wird lediglich verlangt, dass die ab 2016 gesetzlich vorgegebenen Standardwerte eingehalten werden. Zudem soll das Gebiet an die Fernwärme angeschlossen wer-den. Diese ist aber bei energetisch hochwertigen Neubauten für die Stadtwerke gar kein Geschäft mehr. Zudem erzeugen die Stadtwerke den größten Teil ihrer Fernwärme noch mindestens 20 Jahre mit Kohle – also alles andere als ökologisch. Ver-suche von Grünen, ÖDP und LINKE, über Ände-rungsanträge in der Vollversammlung wenigstens noch einzelne Bestandteile der Mustersiedlung zu retten, scheiterten. Energetische Kriterien werden also nicht einmal bei der Vergabe der Baufelder ei-ne Rolle spielen, Häuser im Plus-Energiestandard können nur noch auf eigene Initiative und Kosten der Investoren entstehen.

Planungsausschuss, 14.10.2015 und Vollversammlung, 21. 10. 2015

Adoptionsrecht und Ehe für Alle! (BW) Gegen die Stimme von Stadträtin Sabathil (FW) werden sich alle drei Bürgermeister bei allen relevanten Stellen dafür einsetzen, dass endlich die Ehe für Alle und auch das Adoptionsrecht für schwule oder lesbische Paare eingeführt wird. Damit werden den überra-schenden Worten von Bürgermeister Schmid (CSU) beim letzten CSD auch Taten folgen – zumindest symbolische. Denn regeln kann die Stadt bei die-sem Thema nichts, dafür müssten Gesetze geändert werden. Während Frau Sabathil bei ihrer Ableh-nung ein sehr veraltetes Familienbild offenbarte, begründete Stadträtin Frank (CSU) die Zustim-mung ihrer Fraktion damit, dass man zum Schutz der Kinder auf die Arbeit des Jugendamtes vertraue.

Verwaltungs- und Personalausschuss, 14.10.2015

Finanzpolitische Themen abgesetzt, aktueller Zu-standsbericht der städtischen Kliniken. (SH) Ob-wohl der Nachtragshaushalt abgesetzt wurde, so wurden doch Fragen zugelassen und zum Teil be-antwortet. Zu den Pensionsrückstellungen antwor-tete der Kämmerer, dafür sei das Planungs- und Organisationsreferat (POR) zuständig. Vielleicht könne dieses Referat bei der Diskussion des Nach-

tragshaushalts zufriedenstellend beantworten, wa-rum die Berechnungen – neuerdings mit einem neu-en Programm – um dreistellige Millionenbeträge korrigiert werden müssen. Die Rückstellungen für die Bediensteten der Stadtsparkasse sind auf eine Forderung der Revision zurückzuführen, da die LHM die Eigentümerin der Stadtsparkasse ist und damit rechtlich für die Mitarbeiter einstehen muss. Das heißt, derzeit werden diese Rückstellung dop-pelt vorgenommen, von der Stadtsparkasse selbst und von der LHM. Finanzausschuss 20.10.2015

Erste Vorboten einer „Haushaltskrise“? (BW) Die Stadtratsvollversammlung musste sich zunächst mit Anträgen zur Tagesordnung befassen. FTB und Alfa wollten erreichen, dass alle haushaltswirksa-men Beschlüsse abgesetzt werden, bis klar ist, wie tief das „Loch im Haushalt“ ausfallen wird. Anlass für diese Anträge war die Tatsache, dass der Haus-halt 2016 nicht wie geplant in dieser Vollversamm-lung eingebracht wurde, sondern erst im Novem-ber kommen soll. Deshalb kursieren sogar schon Gerüchte, die Stadt „sei pleite“ – und das bei einer Rekordeinnahme von über 2,4 Mrd. Euro Gewerbe-steuer. Mit den Stimmen von SPD, CSU, Grüne/RL, ÖDP und LINKE wurden diese Ansinnen jedoch abgelehnt – zu panikartigen Aktionen besteht kein Anlass, der Pleitegeier steht keineswegs vor der Tür. Eine Ursache für die „Krise“ scheint ein hoher Li-quiditätsbedarf der Stadtwerke zu sein. Nach einer Stammkapitalerhöhung von 200 Mio. Euro erwarb die Stadt in dieser Sitzung mehrere Grundstücke und Gebäude zu einem Verkehrswert von mehr als 200 Mio. Euro. Für die Stadt wird sich das künftig rentieren – für die Stadtwerke ist es eher ein Ver-lustgeschäft. Vollversammlung, 21.10.2015

Naturschutzgebiet Fröttmaninger Heide. (BW) Breiten Raum nahm in der Vollversammlung die geplante Unterschutzstellung der Fröttmaninger Heide ein. Herrin des Verfahrens ist die Regierung von Oberbayern (ROB), die Stadt München muss zum geplanten Naturschutzgebiet und den künfti-gen Regelungen eine Stellungnahme abgeben.Hier besteht ein starker Konflikt zwischen den Erfordernissen des Naturschutzes und den Forde-rungen der Anwohnerschaft, die die Fröttmanin-ger Heide weiterhin als Naherholungsgebiet nutzen wollen – und zwar auch mit ihren Hunden. Die ur-sprüngliche Vorlage aus dem Planungsreferat stieß parteiübergreifend auf Kritik im Stadtrat. Tobias Ruff (ÖDP) als ortskundigster Stadtrat meinte, dass sich die strengen Regelungen des Referats niemals durchsetzen ließen. Die Anwohner würden sie ein-fach ignorieren, so wie sie auch früher schon die Verbote der Bundeswehr und die Feldjäger ignoriert hätten. Auch deshalb fand sich eine parteiübergrei-fende Arbeitsgruppe, die eine Änderung der Stel-lungnahme ausarbeitete. So soll es jetzt eine 35 m breite Pufferzone geben, die die Anwohner relativ frei nutzen können. Zudem soll das Wegenetz aus-gebaut werden, damit die Spaziergänger besser ge-steuert werden – und zwar weg von den besonders schützenswerten Teilen der Heide.Sowohl der BA-Vorsitzende Lederer-Piloty als auch Stadträtin Krieger von den Grünen sprachen sich vehement für die ursprüngliche Stellungnah-me aus. Neben den Befürchtungen in Bezug auf den Naturschutz kritisierten die beiden vor allem, dass der zweijährige Beteiligungsprozess und der

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darin gefundene Kompromiss durch das Vorgehen des Stadtrats ausgehebelt werden. Beide hoffen nun darauf, dass die ROB den Änderungswünschen des Stadtrats nicht nachkommen wird.Wir LINKE verließen uns bei diesem Thema auf die Sach- und Verfahrenskenntnis von Tobias Ruff, mit dem wir im Rahmen unserer Ausschussgemein-schaft produktiv zusammenarbeiten. Deshalb ha-ben auch wir uns dem parteiübergreifenden Ände-rungsantrag angeschlossen.

Vollversammlung, 21.10.2015

Erziehungsberatung. (ÇO) Viele Familien sind in äußerst schwierigen Lebenslagen, haben selbst oft nicht die soziale Kompetenz, mit den Problemen al-lein fertig zu werden. Die Erziehungsberatungsstel-len können auf Basis dieses Beschlusses langfristig eine vernünftige Kapazität auch für die sehr ver-schiedenen Zielgruppen – u. a. auch für die Prob-leme der Sinti und Roma – aufbauen. Gleichzeitig dürfte damit die Illusion ständiger weiterer Aufsto-ckungen nicht weiter genährt werden. Die Träger begrüßen sehr, dass es nun Maßstäbe für eine Min-destausstattung gibt, dass ein Defizitausgleich je Versorgungssituation eingeführt wird, dass Fach-kräfte für Problemfelder wie Alkohol, Sucht und psychische Erkrankungen ermöglicht werden. Kinder- und Jugendhilfeausschuss, 27.10.2015

Die Finanzierung von Kindertageseinrichtungen wird neu konzipiert. (ÇO) In einem langfristigen und umfänglichen Diskussionsprozess mit den verschie-denen Trägern, insbesondere der Arbeitsgemein-schaft der freien Wohlfahrtspflege, wurde ein neues Finanzierungsmodell (Münchner Förderformel) für die städtischen und freien Kindertagesstätten ent-wickelt. Die unterschiedlichsten Faktoren muss-ten berücksichtigt werden. Dazu gehören Anteil an Kindern mit Migrationshintergrund, Standort/Versorgungsgrad, besondere pädagogische Ausrich-tungen, Behinderung/Inklusion usw. Gelobt wird, dass jenseits aller Formelhaftigkeit, für besondere Lagen einer Einrichtung eine Einzelfallprüfung vorgesehen ist – nicht alles ist in einer Formel ab-bildbar. Damit ist die Münchner Förderformel nun einstimmig das neue Finanzierungsmodell. KJHA gemeinsam mit Bildungsausschuss, 27.10.2015

Begrünung in München als Notwendigkeit der Kli-maanpassung in einer immer dichter werdenden Stadt. (SH) Am Ende des Jahres wird im Umwelt-ausschuss immer über die geförderten Umwelt-projekte berichtet. Neben Umweltbildung wie z. B. die Workshops für Kinder zur Reduzierung von Lebensmittelabfall oder Exkursionen zu Biobau-ernhöfen gibt es Projekte zum urbanen Gärtnern, das urbane Natur-Netz Münchens und viele weitere Projekte. Um in München den höheren Temperatu-ren und den Starkregenereignissen etwas entgegen-zusetzen und Grün in immer dichterem Umfeld zu fördern, unterstützt das RGU das Begrünungsbüro von Green City e.V. Die Diskussion zeigte, dass die städtischen Referate durchaus als Vorbild vorange-hen sollten, allerdings sollte hierfür keine Beratung von außen notwendig sein. Das Begrünungsbüro sollte sich auf private Hauseigentümer und Firmen-gebäude konzentrieren. Umweltausschuss, 27.10.2015

Bildungscampus und Sportpark Freiham. (ÇO) Rechtzeitig bei der Planung werden Inklusion und Leistungssport beim Raumprogramm einbezogen. Durch eine Vielzahl auch kleinerer Einzelmaß-nahmen konnten erhebliche Verbesserungen erzielt werden. Bildungsausschuss, 28.10.2015

Rainer-Werner-Fassbinder-Fachoberschule wird endlich geteilt. (ÇO) Um am neu eingerichteten Standort arbeitsfähig zu sein, müssen zumindest zwei Stellen mit insgesamt 35 Stunden genehmigt werden. Hinzu kommt, dass dazu Zuschüsse des Freistaats fällig werden.

Bildungsausschuss, 28.10.2015

WLAN für die öffentlichen Münchner Schulen? (ÇO) Die städtischen Münchner Schulen, die dies möchten, können mit den erforderlichen IT-Aus-stattungen versehen werden: Dadurch könnte auch auf Allgemeinflächen WLAN von Schülerinnen und Schülern genutzt werden. Warum allerdings eine drahtlose Internetverbin-dung z. B. für ein Tablet ein neuer Ansatz im „medi-enpädagogischen Kontext“ sein soll – im Gegensatz zum Kabelanschluss eines Laptops – erschloss sich verschiedenen Stadträten nicht. Wieso kann Hard-ware installiert werden, ohne darzustellen, welches

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pädagogische Konzept dahinter steht? Nicht geklärt ist, wer in der Schule welches Gerät verwenden (bzw. sich leisten) kann – dennoch fordern die meis-ten Schulleiter mit Vehemenz diese Installation. Über die Stadtwerke wird nun zunächst über M-WLAN eine Probephase an Schulen, die dies wün-schen, gestartet. Dabei sollen den Schülern städ-tische Tablets zur Verfügung gestellt werden. Für die einjährige Probephase fallen Projektkosten von rund 2,5 Mio. Euro an, später entstehen Kosten von jährlich rund 1,5 Mio. Euro.

Bildungsausschuss, 28.10.2015

Schulbauoffensive – woher kommen die unter-schiedlichen Kostenschätzungen? (ÇO) Die Grünen haben in einem Dringlichkeitsantrag Aufklärung über die höchst unterschiedlichen Kostenangaben gefordert: Zu Beginn der Schulbauoffensive ging man noch von einem Betrag von 2 Mrd. aus, zum Schuljahresbeginn 2015/16 wurde von 4,5 Mrd. Eu-ro gesprochen, in der Presse kursierte nun der Be-trag von 9 Mrd. Euro.In der Antwort wurde auf die erhebliche „Dyna-mik“ hingewiesen, die bei 120 dringlichen und unabweisbaren Schulbauprojekten – von rund 350 Schulen auf 1700 Grundstücken – zustande kommt. Außerdem werde ein Zeitraum von nahezu 15 Jah-ren betrachtet (Bürgermeisterin Strobl: „Ein sehr mutiger Prognosezeitraum!“). Gerade bei Gene-ralsanierungen können sich Kosten aufgrund des Zustands der Bausubstanz und der Anforderungen auch einmal verdoppeln. Im Mittelfristigen Investi-onsplan (MIP) sind nun für die nächsten 5 Jahre für 28 große Neubaumaßnahmen 1,5 Mrd. Euro einge-stellt. In einer späteren Phase werden auch Sanie-rungen in Höhe von 1,2 Mrd. Euro mit einbezogen.Ausführlicher wird dazu aufgrund der Daten aus einer gemeinsamen Sitzung der beteiligten Refe-rate mit der Kämmerei bei Bürgermeisterin Strobl berichtet. Bildungsausschuss, 28.10.2015

Gedenkstein für Gustav Landauer im Waldfriedhof.(BW) Einhellig hat sich der Gesundheitsausschuss für die Errichtung eines Gedenksteins für den 1919 in Stadelheim ermordeten Anarchisten und Pazifis-ten Gustav Landauer im Waldfriedhof ausgespro-chen. Auch der Ältestenrat hatte sich zuvor bereits auf eine Initiative der Piraten hin positiv positio-niert. Das Thema wurde im Gesundheitsausschuss behandelt, weil dieser für die städtischen Fried-höfe zuständig ist. Dennoch wurde die Beschluss-fassung in die Vollversammlung vertagt, weil eine Jury berufen werden soll, die über die Gestaltung des Gedenksteins entscheiden soll. Und der Stadt-rat möchte in dieser Jury gemäß den üblichen Regu-larien beteiligt werden.

Gesundheitsausschuss, 12.11.2015

Ringtunnel werden vorangetrieben. (BW) Letzt-lich gegen die Stimmen von Grünen und LINKE beschloss der Planungsausschuss die Planungen an drei weiteren Ringtunneln voranzutreiben: Der Tunnel an der Landshuter Allee soll beschleunigt werden, das Baureferat wurde beauftragt, hier be-reits die Vorplanung für einen langen Tunnel zu be-ginnen. Und zwar bevor klar ist, ob und wie hier ein verkehrlicher Nutzen entstehen wird. Und damit auch bevor klar ist, ob es Mittel von Bund und Land geben kann. Der Tunnel in Giesing (Tegernseer Landstraße) soll weiter geplant werden, obwohl er

DOK: Antrag von Brigitte Wolf (DIE LINKE)

Änderungsantrag zum TOP 9 (Öffentlich): Handlungsprogramm Mittlerer RingDer Antrag der Referentin wird wie folgt geändert:Ziffer 1: wie im Antrag der Referentin

Ziffer 2 neu: Der vorgeschlagene Tunnel an der Landshuter Allee wird nicht weiter verfolgt. Statt dessen wird die Verwaltung beauftragt, das Konzept aus einer Reihe von Einzelmaß-nahmen zur Lärmminderung sukzessive umzu-setzen.

Ziffer 3 neu: Die vorgeschlagenen beiden Tun-nelvarianten an der Tegernseer Landstraße werden nicht weiter verfolgt. Die Lärmschutz-maßnahmen im Bereich der Candidbrücke (Ver-längerung Lärmschutzmaßnahmen, lärmarmer Asphalt) werden als eigene Vorhaben sukzessive umgesetzt.

Ziffer 4 neu: Der Tunnel durch den Englischen Garten wird erst weiter verfolgt, wenn der Frei-staat Bayern, ggf. der Bund und private Spon-soren bereit sind, sich in einem erheblichen Ausmaß an der Finanzierung zu beteiligen. Die Stadt München ist dann bereit, bis zur Hälfte der Baukosten aufzubringen.

Ziffer 5 - 16: wie die Ziffern 9 - 20 im Antrag der Referentin

Begründung:

Keine der vorgeschlagenen weiteren Ringtun-nel bringen einen ausreichenden verkehrlichen Zusatznutzen. Ein städtebaulicher Gewinn an der Oberfläche ist an der Landshuter Allee kaum und an der Tegernseer Landstraße nicht gegeben, da zahlreiche Verkehrsbeziehungen oberirdisch bestehen bleiben. Zudem ist der Tunnel an der Tegernseer Landstraße bauphy-sikalisch kaum zu realisieren. Deshalb sollen an diesen beiden Ringabschnitten lediglich kleinteilige Lärmschutzmaßnahmen umgesetzt werden, wo dies sinnvoll ist. Durch den Stopp der Tunnelplanungen können nicht nur aktu-ell Planungskosten eingespart werden, zudem entfällt die massive Belastung künftiger städ-tischer Haushalte.Der Tunnel durch den Englischen Garten hät-te unzweifelhaft eine große positive Wirkung auf das Landschaftsdenkmal Englischer Gar-ten. Allerdings ist nicht einzusehen, dass der Freistaat als Eigentümer des Englischen Gar-tens nicht bereit ist, sich an der Finanzierung zu beteiligen. Möglicherweise können auch Städtebauförderungsmittel des Bundes genutzt werden. Aus der „Portotasche“ kann die Stadt dieses Projekt jedenfalls nicht finanzieren.

An den Oberbürgermeisterder Landeshauptstadt MünchenHerrn Dieter ReiterRathaus, Marienplatz 880331 München

München, 11.11.2015

Änderungsantrag zum TOP 9 (Öffentlich):Handlungsprogramm Mittlerer Ring

Der Antrag der Referentin wird wie folgt geändert:

Ziffer 1: wie im Antrag der Referentin

Ziffer 2 neu: Der vorgeschlagene Tunnel an der Landshuter Allee wird nicht weiter verfolgt. Statt dessen wird die Verwaltung beauftragt, das Konzept aus einer Reihe von Einzelmaßnahmen zur Lärmminderung sukzessive umzusetzen.

Ziffer 3 neu: Die vorgeschlagenen beiden Tunnelvarianten an der Tegernseer Landstraße werden nicht weiter verfolgt. Die Lärmschutzmaßnahmen im Bereich der Candidbrücke (Verlängerung Lärmschutzaßnahmen, lärmarmer Asphalt) werden als eigene Vorhaben sukzessive umgesetzt.

Ziffer 4 neu: Der Tunnel durch den Englischen Garten wird erst weiter verfolgt, wenn der Freistaat Bayern, ggf. der Bund und private Sponsoren bereit sind, sich in einem erheblichen Ausmaß an der Finanzierung zu beteiligen. Die Stadt München ist dann bereit, bis zur Hälfte der Baukosten aufzubringen.

Ziffer 5 – 16: wie die Ziffern 9 – 20 im Antrag der Referentin

Begründung:Keine der vorgeschlagenen weiteren Ringtunnel bringen eine ausreichenden verkehrlichen Zusatznutzen. Ein städtebaulicher Gewinn an der Oberfläche ist an der Landshuter Allee kaum undan der Tegernseer Landstraße nicht gegeben, da zahlreiche Verkehrsbeziehungen oberirdisch bestehen bleiben. Zudem ist der Tunnel an der Tegernseer Landstraße bauphysikalisch kaum zu realisieren. Deshalb sollen an diesen beiden Ringabschnitten lediglich kleinteilige Lärmschutzmaßnahmen umgesetzt werden, wo dies sinnvoll ist. Durch den Stopp der Tunnelplanungen können nicht nur aktuell Planungskosten eingespart werden, zudem entfällt die massive Belastung künftiger städtischer Haushalte.

Der Tunnel durch den Englischen Garten hätte unzweifelhaft eine große positive Wirkung auf das Landschaftsdenkmal Englischer Garten. Allerdings ist nicht einzusehen, dass der Freistaat als Eigentümer des Englischen Gartens nicht bereit ist, sich an der Finanzierung zu beteiligen. Möglicherweise können auch Städtebauförderungsmittel des Bundes genutzt werden. Aus der „Portotasche“ kann die Stadt dieses Projekt jedenfalls nicht finanzieren.

Brigitte Wolf (DIE LINKE)

DIE LINKE StadtratsgruppeRathaus, Marienplatz 8 ● Stadtratsbüro: Zimmer 176 ● 80331 München

DIE LINKE: Telefon: 089 / 233 – 252 35 ● E-Mail: [email protected]

mitlinks nr. 54 – Dezember 2015  13

Gustav landauer Von stefan breit

Georg Landauer wurde am 7. April 1870 als Sohn eines jüdischen Kaufmanns in Karlsruhe geboren. Er studierte Germanistik und Philosophie in Hei-delberg, Berlin und Straßburg. 1892 musste er das Studium aus finanziellen Gründen abbrechen. Ein Studium der Medizin wurde ihm verwehrt, nachdem er von allen preußischen Universitäten und von der Universität Freiburg abgelehnt worden war. Schon früh stand er den herrschaftlichen Eliten des deutschen Kaiserreiches kritisch gegenüber und be-fasste sich mit anarchistischen Theorien. 1892 trat er dem „Verein Unabhängiger Sozialisten“ bei, einer Oppositionsgruppe von jungen Sozialdemokraten, die 1891 beim Erfurter Parteitag aus der SPD aus-geschlossen worden waren. Er arbeitete bei ihrer Zeitung „Der Sozialist. Organ der unabhängigen So-zialisten“ mit und übernahm von 1893 bis 1897 ihre Redaktion. 1892 gründete er zusammen mit Bruno Wille und Fritz Mauthner die „Neue freie Volksbühne“ in Berlin. 1893 nahm er als Dele-gierter der Berliner Anarchis-ten an dem „Internationalen Sozialistischen Arbeiterkon-gress“ der II. Internationale in Zürich teil und trat dort für einen „anarchistischen Sozialismus“ ein. Bei diesem Kongress wurden die Anar-chisten aus der II. Internatio-nalen ausgeschlossen. In der Folgezeit zog er sich aus der aktiven Politik zurück. Er widmete sich verstärkt der Literatur und der Philoso-phie. Unter dem Einfluss von Nietzsche standen seine ers-ten literarischen Veröffent-lichungen. Während eines Gefängnisaufenthaltes be-fasste sich Landauer mit der mittelalterlichen Mystik eines Meister Eckharts. Die Freundschaft mit Martin Bu-ber, seinem späteren Nachlassverwalter, brachte ihn dazu, sich mit den ketzerisch-mystischen Traditionen des Judentums auseinanderzusetzen.1899 reiste er für einen längeren Aufenthalt zusam-men mit seiner späteren Frau, der Lyrikerin und Übersetzerin Hedwig Lachmann, nach England. Dort entstand ein freundschaftliches Verhältnis zu Fürst Kropotkin, einem führenden Theoretiker des Anarchismus. 1908 besuchte er die anarchistische Siedlung am Monte Verità bei Ascona.Seine Familie ernährte Landauer mit der Tätigkeit als Buchhändler, Rezensent, Theaterkritiker und Übersetzer (u.a. von Walt Whitman, Bernhard Shaw, Meister Eckhart und Rabindranath Tagore) und durch Vorträge vor privatem Publikum.Im Frühjahr 1908 kehrte er in die aktive Politik zu-rück. Er gründete u.a. mit Erich Mühsam und Martin Buber den „Sozialistischen Bund“. Die wiederbe-gründete Zeitschrift „Sozialist“ wurde das Kamp-

forgan dieses Bundes. 1911 wurde Landauers Buch „Aufruf zum Sozialismus“ publiziert. Darin forderte er den sofortigen Beginn eines praktischen Sozia-lismus in Form von kleinen Bünden wie ländlichen Siedlungen und Genossenschaften. Landauers Ideen standen in starkem Widerspruch zu dem Marxismus der Sozialdemokratie, den er des Determinismus, Bü-rokratismus und autoritären Zentralismus beschul-digte. Beim Ausbruch des Ersten Weltkrieges erlag er nicht wie viele Sozialdemokraten der Kriegsbegeisterung, sondern er blieb den ganzen Krieg hindurch ein strikter Pazifist. Unmittelbar nach der November-revolution 1918 forderte ihn der neue bayerische Mi-nisterpräsident Kurt Eisner auf, an der Revolution in München mitzuwirken. Nach der Wahlniederlage der USPD geriet Landauer in Konflikt mit Eisner, der zur Einberufung des Landtages und zum Rücktritt bereit war. Bei dem Begräbnis von Eisner hielt Landauer die Totenrede. Er hoffte, durch die Reaktivierung der Arbeiter-, Soldaten- und Bauernräte die Errichtung einer autonomen bayerischen Räterepublik zu ver-wirklichen.

Als am 7. April 1919 die Räterepublik ausgerufen wurde, übernahm er das Amt des „Volksbeauftragten für Volksaufklärung“. Als die Kommunisten die Rä-teregierung übernahmen, ging Landauer in Distanz zu ihnen, nachdem sein Kulturprogramm abgelehnt worden war. Beim Einmarsch der gegenrevolutionä-ren Truppen am 1. Mai 1919 wurde Landauer verhaf-tet und nach Stadelheim gebracht. Dort wurde er am folgenden Tag brutal ermordet.Seine Urne wurde 1923 auf dem Münchener Wald-friedhof beerdigt. Dort wurde auf Initiative der Mitglieder der Freien Arbeiter-Union Deutschlands (FAUD) und prominenter Persönlichkeiten wie z. B. der Frauenrechtlerinnen Anita Augspurg und Lida Gustava Heymann 1925 ein Obelisk zu Landauers Gedenken errichtet. Dieses Denkmal zerstörten die Nazis nach ihrer Machtergreifung. Die Urne wurde der jüdischen Gemeinde gesandt, die sie auf dem Neu-en Israelitischen Friedhof an der Garchinger Straße in einem Erdgrab an der Seite Kurt Eisners beisetzte.

Literatur: Norbert Altenhofer: Landauer, Gustav. In: Neue Deutsche Biographie (NDB) Band 13, S. 491–493. htt-ps://de.wikipedia.org/wiki/Gustav_Landauer. http://gutenberg.spiegel.de/autor/gustav-landauer-352

Das von den Nazis zerstörte Grabmal Gustav Landauers. Datum 1. Januar 1933. Quelle Archiv Gerstenberg. Urhe-ber Martha Wüstemann. Bei: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Gustav_Landauers_Grab.jpg?uselang=de. New Jewish cemetery in Munich – symbolic grave of Kurt Eisner and Gustav Landauer. Datum 7. Juni 2012. Quelle Eigenes Werk, Urheber Nikodem Nijaki. Bei: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:New_Jewish_cemete-ry_Munich_IMGP3686.jpg?uselang=deGutav Landauer, Jugendporträt. English: National Library of Israel, Schwadron collection. Author Oscar Suck Bei: https://de.wikipedia.org/wiki/Gustav_Landauer#/media/File:Gustav_Landauer.jpg

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bautechnisch kaum möglich ist und vor allem gar nichts zur Verkehrsentlastung beitragen kann. Und der Tunnel im Englischen Garten soll davon unabhängig betrachtet werden. Alle Parteien haben im Planungsausschuss Anträge einge-bracht, durchgesetzt hat sich aber nur die GroKo mit ihrer Tunnelbeschleuni-gung. In der Vollversammlung stellten Grüne/RL das Thema erneut zur Diskussion, aber diesmal entspann sich ein Schlagabtausch über die Finanzierung des Tun-nels im Englischen Garten. Der Freistaat (bzw. zahlreiche Landtagspolitiker) finden dieses Projekt zwar ganz toll, wollen sich aber an der Finanzierung über-haupt nicht beteiligen. Klar ist, dass ein Tunnel gegenüber einem oberirdischen Ausbau verkehrsmäßig keine Vorteile bringt. Deshalb kann es dafür keine För-derung aus den Verkehrstöpfen geben. Aber natürlich könnte der Freistaat sich als Eigentümer des Englischen Gartens an diesem Landschaftsreparaturprojekt beteiligen – sofern er es denn will. Aktuell versucht die CSU aber, die Stadt und Oberbürgermeister Reiter als Schuldigen darzustellen: Er hätte den Antrag anders formulieren müssen, dann gebe es auch Geld vom Freistaat. Damit soll wohl Druck ausgeübt werden, dass die Stadt die ca. 125 Mio. Euro allein finanzieren soll. Fortsetzung folgt …In der Vollversammlung lehnten noch ÖDP und Alfa den Tunnelweiterbau ab.

Planungsausschuss, 11.11.2015 und Vollversammlung, 19.11.2015

Radverkehr: Unsinnige Planung wird Situation verschlechtern. (BW) In einem langen Planungs- und Beteiligungsprozess hat das Planungsreferat versucht, ei-ne bessere Nord-Süd-Querung für die Radverkehrsroute zu ermitteln, auf der die Nord-Süd-Querung der Altstadt für den Radverkehr beschleunigt wird, und gleichzeitig die bisherige Route über Dienerstraße Rindermarkt entlastet wird. Auf Betreiben von CSU und SPD ist nun eine Variante beschlossen worden, die den Radverkehr weder beschleunigt, noch sicherer macht für Rad- und Fuß-verkehr:Radverkehr, Taxis und Busse sollen aus der Dienerstraße vollständig verlagert werden, die Fußgängerzone wird vergrößert bis zum Beginn des Tals. Sämtli-cher Radverkehr, Taxis und Busse sollen am Viktualienmarkt entlang geführt werden („Kustermann-Fahrbahn“). Der Radverkehr soll dann über die Sparkas-senstraße als Fahrradstraße geführt werden, die Maximilianstraße auf Höhe der Alfons-Goppel-Straße queren und dann über den Hofgarten zum Odeonsplatz geführt werden. Dies ist ein ziemlich großer Umweg, der die Probleme aus der Fußgängerzone lediglich auf den Viktualienmarkt verlagert. Dort soll sich künf-tig alles ballen: Fußgänger, Taxis, Busse, Rikschas, Radler. Und das, obwohl dort schon jetzt höchste Aufmerksamkeit aller Verkehrsteilnehmer erforderlich ist.Die vorgeschlagenen Verbesserungen an der nördlichen Dienerstraße hat die GroKo dann gleich noch mit auf Eis gelegt: Dort entfallen weder Taxi- noch Standplätze, der Abschnitt bis zur Schrammerstraße wird nicht verändert – laut Stadtrat Dr. Mittermeier (SPD) „nicht vor dem Bau der 2. Stammstrecke“ – und damit wohl nie. Auch in der Vollversammlung fanden SPD und CSU für diese Fehlplanung keine weitere Unterstützung. Planungsausschuss, 11.11.2015

und Vollversammlung, 19.11.2015

Von Rostock lernen: neuer Name für die Ausländerbehörde München? (ÇO) Der Vorschlag geht auf einen Antrag der Grünen zurück. Intention war, den neuen Verhältnissen zu entsprechen, etwa der großen Zahl der Eingewanderten und derjenigen, die zwar noch formal Ausländer, aber auch schon hier geboren sind. Auch die SPD findet, dass die veränderten Zeiten sich auch in einer veränderten Terminologie niederschlagen sollten. Viele der Zugewanderten betrachten sich längst als Münchner – und nicht als Ausländer.Zwar hat auch das KVR selbst schon nachgedacht über eine Umbenennung an-lässlich der neuen gesetzlichen Grundlagen. Es lehnt dies jedoch im Augenblick aus organisatorisch-technischen Gründen ab. Insbesondere sei der Wiedererken-nungswert bei einem neuen Namen z. B. Einwanderungsbehörde nicht mehr ge-geben. Es wird weiter über einen neuen Namen nachgedacht, der Antrag bleibt aufgegriffen. Kreisverwaltungsausschuss, 17.11.2015

Kulturstrand. (ÇO) Der Punkt wurde vertagt in den nächsten Kreisverwaltungs-ausschus (KVA) am 15.12.15, also nach Redaktionsschluss dieser mitLinks-Aus-gabe. DIE LINKE steht dem Ansinnen insgesamt sehr kritisch gegenüber: Immer wieder stellt sich heraus, dass hinter der Oberfläche von angeblicher „Urbani-sierung“ und Belebung eigentlich nur schnöder Kommerz lauert. Die wirklich belebenswerten Plätze, wie etwa im Münchner Norden der Platz vor dem „Mira-Einkaufszentrum“ oder der Ratzingerplatz werden nicht ins Kalkül gezogen.

Kreisverwaltungsausschuss, 17.11.2015

Haushalt 2016 :

es wird spannend

Von brigitte Wolf

M ehrere Stunden lang debattierte die

Stadtratsvollversammlung über den Haushaltsentwurf 2016, der am 19. November eingebracht wurde. Regulär wäre dies bereits im Oktober erfolgt, doch der Kämmerer sah sich gezwungen, seinen ersten Entwurf (höchst öffentlichkeitswirksam) kurzfristig zurückzuziehen. Dies führte und führt immer noch zu (reichlich nebensäch-lichen) Nachfragen, wer was wann wusste … In den Diskussionsbeiträgen schälte sich immerhin her-aus, dass eine breite Mehrheit an den Investitionen in Schu-len, Kindergärten und den Wohnungsbau festhalten will. Auch die Aufnahme neuer Kredite ab 2017 wird hierfür nicht mehr ausgeschlossen, auch Stadtrat Kuffer (CSU) hat ihre kategorische Ableh-nung aufgegeben. Dies liegt sicherlich auch daran, dass die CSU unverändert an den teuren Autotunneln und dem weiteren teuren U-Bahn-Ausbau festhalten will. Und es schwant wahrscheinlich auch der CSU, dass das nur über neue Schulden finan-ziert werden kann.Meiner Analyse, dass die Hauptrisiken für den städ-tischen Haushalt aktuell aus Entwicklungen bei den Stadtwerken München drohen, – siehe dazu auch die nebenstehende dokumentier-te Haushaltsrede – wurde von niemandem widersprochen. Hier würde ich mich aus-nahmsweise gerne irren.

mitlinks nr. 54 – Dezember 2015  15

Woher kommt die „krise“ ? redebeitrag von brigitte Wolf in der Haushaltsdebatte der Vollversammlung vom 19.11.2015, (konzept)Mit 2,4 Mrd. Euro die höchsten Gewerbesteuer-einnahmen aller Zeiten, Ende September noch 900 Mio. Euro jederzeit verfügbar in der Kasse, auch für die nächsten Jahre erwartet die Stadt Gewerbe-steuern von mehr als 2 Mrd. Euro – und trotzdem ruft der Kämmerer die Haushaltskrise aus? Und zur Haushaltskosmetik werden z.T. unverzichtbare Personalbeschlüsse in das nächste Frühjahr gescho-ben, damit sie zur Genehmigung noch nicht in den Haushalt gestellt werden müssen? Dadurch geht in vielen Bereichen Zeit verloren, die Stadt kann nicht mit ihren Aufgaben mitwachsen. In der kameralen Betrachtung schaut das wie ein Gewinn aus – aber nur dort!

I) Was ist wirklich geschehen?

Spätestens zum Jahresende werden zahlreiche Aus-gaben bzw. Mindereinnahmen fällig, die so nicht eingeplant waren. Diese mindern alle den Kassen-bestand:

• 200 Mio. Stammkapitaleinlage bei den Stadtwer-ken

• Mehr als 200 Mio. für den Ankauf von Gewerbe-gebäuden von den Stadtwerken

• 100 Mio. Gewinnausschüttung der Stadtwerke, die nicht kommen wird

• 109 Mio. Steuer- und Zinsnachzahlung im Baure-ferat, die zwar an die Stadtwerke weiter gereicht werden, aber dann dort bezahlt werden müssen.

• Ca. 40 Mio. Euro (netto) für den Ankauf der Grundstücke vom Zweckverband Freiham

• Anstehende Stammkapitalerhöhungen der Woh-nungsbaugesellschaften: ca. 100 Mio.

• Dazu sollte ursprünglich noch eine Sondertil-gung in Höhe von 109 Mio. Euro erfolgen.

Dass bei diesen Ausgaben von über 800 Mio. Euro der Kämmerer die Notbremse zog, ist verständlich – wenn man lediglich den Kassenbestand und den Geldfluss betrachtet. Aber was ist denn ökonomisch geschehen? Fast all diese Maßnahmen sind Investi-tionen in das Vermögen der Stadt oder der Abbau von Schulden. In Freiham wird ein neues Stadt-viertel entstehen, unsere Wohnungsbaugesellschaf-ten sollen künftig jährlich 1250 Wohnungen bauen. Auch die von den Stadtwerken erworbenen Ge-bäude werden sich für die Stadt rentieren. Was im Ergebnishaushalt wirklich wehtut, sind die fehlen-de Gewinnausschüttung, indirekt die Steuer- und Zinsnachzahlung und das Unbehagen, dass von den Stadtwerken weitere Probleme auf uns zukommen können.

II) Was wird nun diskutiert?

Der Stadtkämmerer bleibt sich leider weiter treu: Er setzt (zumindest öffentlich) lediglich die kamerale Brille auf. Er möchte die Finanzreserven der Stadt nicht antasten – lobenswert, aber Finanzreserven sind eigentlich schon dazu da, sie auch einmal zu verwenden. Immerhin: Die Sondertilgung unter-bleibt (leider nicht völlig), also ist das „Loch in der Kasse“ schon einmal um 79 Mio. kleiner geworden. Und beim Haushaltsentwurf 2016 wird „die Luft

raus gelassen“, d. h. Reserven in den Budgets wer-den reduziert. Und mit der Verschiebung von Stel-lenschaffungen in den 1. Nachtragshaushalt 2016 erfolgt ein Griff in die kameralistische Trickkiste. Zudem werden pauschal die Stellenschaffungen seit Mai 2014 kritisiert, die aber zum Teil auch nur ein Nachholen aus vielen Jahren Deckelung der Perso-nalbudgets waren und sind. Und andererseits zum großen Teil dem Wachstum der Stadt folgen, z. B. beim Ausbau der Kitas.Was ich hierbei wirklich für schädlich halte, ist die Tatsache, dass wir sehr viel Geld für die Umstellung auf die kaufmännische Buchhaltung ausgegeben ha-ben, aber offensichtlich in der Stadtkämmerei und beim Oberbürgermeister nicht in diesem Rahmen gedacht wird: Kameral (d. h. für die Kasse) ist eine Stammkapitaleinlage oder ein Ankauf von Grund-stücken ein Problem – kaufmännisch betrachtet sind dies Investitionen für die Aufgabenerfüllung der Stadt. Eine Tilgung von Schulden ist kameral betrachtet ein Problem, wenn man anschließend möglicherwei-se zur Sicherung der Liquidität erneut Kredite auf-nehmen muss und diese vielleicht nicht genehmigt werden. Kaufmännisch betrachtet hängt es eher von den erwarteten Zinsentwicklungen ab, ob man Schulden tilgt oder das Geld in der Kasse belässt. D. h. die Kameralistik zwingt uns Diskussionen auf, die ökonomisch völlig sinnlos sind.Nun ist es leider so, dass der Freistaat zur Genehmi-gung eines Haushalts auf der kameralistischen Be-trachtungsweise besteht, so dass der Griff der Stadt in die haushälterische Trickkiste verständlich ist. Aber wo bleibt denn von Ihnen, von SPD oder CSU, die politische Forderung, die politische Initiative, dass ein Doppischer Haushalt auch nach Kriterien der Doppik (z. B. der Entwicklung des Eigenkapi-tals der Stadt) zu genehmigen ist? Warum besteht der Freistaat auf der undurchsichtigen und ökono-misch irreführenden Kameralistik? Vielleicht weil er selbst so handelt und die eigenen Haushaltsrisi-ken gern verschleiert?

III) Wo sind die wahren Risiken für die Stadt?

Auch wenn es im aktuellen Haushalt in meinen Au-gen keinen Grund für panikartige Debatten und Ak-tionen gibt, so gibt es dennoch Grund zur Besorgnis.Aber nicht in erster Linie wegen der wachsen-den Personalbudgets, München ist schließlich eine wachsende Stadt. Sondern wegen der Unfähigkeit von SPD und CSU, bei den notwendigen städtischen Investitionen eine vernünftige Prioritätensetzung vorzunehmen und nicht finanzierbare Projekte auch einmal einzustellen oder zumindest auf Eis zu legen.Unstrittig ist, dass die Stadt das endlich erarbei-tete Schulbausanierungs- und -neubauprogramm ohne Abstriche umsetzen muss. Dieses Programm wird zwar mehrere Milliarden Euro kosten, aber es wird sich über mindestens 20 Jahre hinziehen. Und dann sind die Jahresraten schon nicht mehr so schrecklich. Und auch die Investitionen für bezahl-baren Wohnraum sind unerlässlich angesichts der Entwicklungen am völlig aus dem Ruder gelaufenen „Wohnungsmarkt“. Dies sind Investitionen, die nötig

16  mitlinks nr. 54 – Dezember 2015

sind für die Produktivkraftentwicklung der Stadt – und ich hoffe, dass sie auch im Stadtrat mehr-heitsfähig bleiben, selbst wenn hierfür vorüberge-hend neue Schulden nötig werden. Zu diesen für die Zukunft der Stadt wichtigen Investitionen zähle ich auch die kulturelle und soziale Infrastruktur – auch Kindergärten, Bürgerzentren, Gasteig, Volks-theater und Stadtmuseum sind entscheidend für das Funktionieren der Stadt. Und das Planungsre-ferat muss ausreichend ausgestattet werden, damit es der Stadtplanung gelingt, den Überblick zu be-halten.Bei den Investitionen in die Mobilität ist eine Po-litik „sowohl als auch“ allerdings nicht bezahlbar. Hier ist eine zukunftsfähige Prioritätensetzung zugunsten von ÖPNV, Fuß- und Radverkehr un-bedingt erforderlich. An zwei Ringtunneln festzu-halten, die so gut wie keinen verkehrlichen Nutzen haben, ist unvernünftig. Zumal auch die städtebau-lichen Gewinne an der Oberfläche kaum oder gar nicht entstehen werden. Und auch für den U-Bahn-Ausbau gilt: Es fehlt eine durchdachte Zielplanung für das künftige Verkehrsnetz der Stadt, an Hand derer dann auch der gewünschte Endausbau des U-Bahn-Netzes definiert wird. Die U-Bahn-Verlänge-rung nach Pasing halte ich für sinnvoll, schon um (bald) eine Ausweichmöglichkeit zu erhalten, wenn wieder einmal der Stammstreckentunnel gesperrt ist. Aber eine Verlängerung nach Freiham? Hier se-he ich noch keine Argumente, mit denen eine solch hohe Investition begründet werden könnte. Und für Netzergänzungen und Tangentialverbindun-gen werden wir viel öfter auf Trambahnen, Busse und eben auch auf ein leistungsfähiges, menschen- und naturfreundliches Fuß- und Radwegenetz zu-rückgreifen müssen – denn diese sind viel leichter finanzierbar und auch flexibler anzupassen. Bei U-Bahnhöfen und -strecken muss in den nächsten Jahren viel in den Bestand investiert werden. Und ob das z. B. die Stadtwerke aus eigener Kraft stem-men können, ist nicht gesichert.

Und damit sind wir bei dem wahren Risikobringer für die nächsten städtischen Haushalte angekom-men, über den bisher leider kaum gesprochen wird: die Lage der Stadtwerke München.

500 Mio. des vorhin genannten Finanzbedarfes werden von den Stadtwerken ausgelöst. Verluste, die die Stadtwerke München GmbH im Jahres-abschluss ausweist, müssen von der Stadt im An-schluss aufgrund der steuerlichen Organschaft ausgeglichen werden. Denn der Gewinnabfüh-rungsvertrag, von dem die Stadt lange profitiert hat, ist gleichzeitig ein Verlustabdeckungsvertrag. So führt z. B. der Kauf der Gewerbegebäude bei den Stadtwerken zur Aufdeckung von Bewertungs-reserven, die helfen, den Verlust der Stadtwerke zu reduzieren, bzw. vielleicht sogar zu vermeiden. Die Vorgänge zeigen aber, dass die Stadtwerke einen sehr hohen Finanzbedarf haben. Und sollte sich dieser noch einige Jahre wiederholen, so werden wir ein ernstes Problem im städtischen Haushalt haben, der sich dann weder über die Beschäftigten noch mittels haushälterischer Tricks bewältigen lässt.Deshalb ist es höchste Zeit, sich mit den Problemen der Stadtwerke zu beschäftigen. Was sind die Ursa-

chen der möglichen Verluste? a) Da ist einmal die Rückstellung für die Entsor-gung des Atomkraftwerks Isar 2. Hier mussten 100 Mio. Euro neu zugeführt werden, weil das Zins-niveau jetzt schon seit Jahren im Keller ist. Nicht zu vergessen die gesamtschuldnerische Haftung für Entsorgung und Rückbau des Kernkraftwerks. Falls EON ausfallen sollte, müssten die Stadtwer-ke (und damit die Stadt) dafür allein geradestehen. Handlungsmöglichkeiten zur Reduzierung dieses Risikos sehe ich aktuell nicht.b) Mit Zustimmung einer ganz großen Mehrheit des Münchner Stadtrats sind die Stadtwerke in das Gas- und Erdölgeschäft in der Nordsee eingestie-gen. Dies war eine höchst riskante Entscheidung, die von der Erwartung getragen wurde, dass der Ölpreis steigen wird. Nur dann rentieren sich die-se Investitionen wirklich – mal abgesehen von den Fündigkeitsrisiken, die sowieso immer gegeben sind. Und hier sitzen die Stadtwerke jetzt in der Falle: Der Ölpreis sinkt, die Quellen sprudeln zwar, aber auch mit Zeitverzögerung, und die Rendite ist lange nicht so hoch wie erforderlich – um z. B. die weiteren Bohrungen aus eigener Kraft zu finanzie-ren. 1,4 Mrd. Euro haben die Stadtwerke bisher in die Bayerngas Norge gesteckt – und diese Finan-zierung mussten die Stadtwerke aus eigener Kraft stemmen. Es ist eine Situation entstanden, wo sich die Stadtwerke und damit die Stadt um die aktu-elle Entwicklung des Ölpreises sorgen muss – und das ist definitiv nicht unsere Aufgabe. Wir müssen die städtischen Aufgaben schultern, unabhängig davon, ob ein Bohrloch in der Nordsee fündig wird oder nicht, wie sich der Ölpreis entwickelt oder Ähnliches. Und es sollte auch nicht die Aufgabe der Stadtwerke sein. Aus diesen Investitionen ist eine Exit-Strategie dringend erforderlich, die den Fi-nanzbedarf reduziert und auch die möglichen Ver-luste verringert. c) Auch der Ausbau der Erneuerbaren Energien ist auf Zukunftserwartungen gebaut, damit auf eine wirtschaftlich riskante und subventionierte Ent-wicklung, die politisch gewünscht ist. Zwar sind diese Investitionen im Großen und Ganzen noch keine Verlustbringer, aber Erlöse für den schnel-len weiteren Ausbau werfen sie eben auch nicht ab. Deshalb sollte hierbei geprüft werden, ob die Zielsetzung, bis 2025 so viel Strom aus eigenen er-neuerbaren Quellen zu erzeugen, dass der Strom-verbrauch in München rechnerisch gedeckt ist, wirklich zu stemmen ist. Und ob die Stadtwerke z. B. nicht nur andere Investoren verdrängen, die gleichfalls investieren wollen, so dass ein Zurück-fahren der Stadtwerke-Investitionen gar nicht zu einem Rückgang bei der Erzeugung Erneuerbarer Energien führen muss.

IV) Was sollte der Stadtrat tun?

• Den städtischen Haushalt ökonomisch korrekt analysieren und diskutieren.

• Die Leistungsentwicklung der städtischen Ein-richtungen fördern und nicht beschneiden.

• Investitionen in Ringtunnel beenden, bei U-Bah-nen realistisch zurückhaltend planen, verstärkt auf Trambahn, Busse, Fuß- und Radverkehr set-zen.

• Und vor allem: Risiken bei den Stadtwerken München zurückfahren.

Haushalt 2016 : es wird spannend

mitlinks nr. 54 – Dezember 2015  17

bomben auf Friedensdemo in Ankara Çetin Oraner bei der trauerkundgebung in münchen12.10.2015. Unsere Trauer um die Opfer des schreckli-chen Bombenanschlags in Ankara ist groß, aber noch größer ist unsere Empörung gegen die feigen barbari-schen Täter und ihre Hintermänner. Der abscheuliche Bombenanschlag in Ankara ist der dritte Anschlag in 5 Monaten. Ziel bzw. Opfer dieser Anschläge waren kurdische, türkische, tscherkessische und arabische Menschen, die zusammenkamen, um ihre Forderung für Frieden und Demokratie in der Türkei und Kurdis-tan zum Ausdruck zu bringen. Genauso wie nach den Anschlägen in Diyarbakir und Suruc, so auch nach dem Massaker in Ankara, sehen wir, wie das Erdogan-Regime versucht, aus Opfern Täter zu machen. Kein einziger Hintermann wurde bis heute verhaftet. Ganz im Gegenteil. Hundertschaften der Polizei, die bis zu den Bombenanschlägen in Diyarbakir, Suruc und ge-nauso in Ankara sich von den Kundgebungen fernhiel-ten, griffen nach den Anschlägen massiv mit Wasser-werfern und Pfeffergas die Überlebenden und Verletz-ten an, knüppelten sie brutal nieder und nahmen einige hundert Menschen fest. Bisher wurde kein einziger der Hintermänner dieser Anschläge verhaftet. Der türki-sche Ministerpräsident hat vor vier Tagen erklärt sie hätten zwar die Liste der Selbstmordattentäter, aber sie könnten nichts unternehmen, solange sich die Attentä-ter nicht in die Luft sprengen. Seit Monaten sind meh-rere kurdische Städte von Armee und Polizei belagert. Bisher wurden über 70 kurdische Zivilisten, darunter 25 Kinder, von türkischer Polizei und Armee getötet. Achtzehn vom Volk gewählte kurdische Bürgermeiste-rinnen und Bürgermeister, hunderte Stadträtinnen und Stadträte wurden bisher wegen Landesverrats verhaf-tet. Kurdische Gräber und die dazu gehörigen Gebets-

häuser werden von der türkischen Luftwaffe bombar-diert. Die Botschaft, die von diesen feigen Anschlägen und der menschenfeindlichen Politik des Erdogan-Re-gimes ausgeht, ist deutlich: „Wer sich mit der Forderung der Kurden für eine demokratische Selbstverwaltung solidarisiert und sich für Frieden und Demokratie ein-setzt, ist Staatsfeind und wird getötet. „Trotz dieser massiven Menschenrechtsverletzungen und Kriegsver-brechen der türkischen Regierung wurde gestern bei dem Treffen der EU erklärt, die Türkei sei ein sicherer Drittstaat. Die Türkei soll eine Milliarde Finanzspritze bekommen. Im Gegenzug soll sie dafür sorgen, dass sy-rische Flüchtlinge nicht mehr in die EU gelangen. Das ist ein Skandal, das ist Beihilfe zum Massenmord. So lange Erdogan, der nachweislich seit Jahren den ver-brecherischen Islamischen Staat unterstützt und für seinen Machterhalt Krieg gegen die eigene Bevölkerung führt, an der Macht ist, ist die Türkei für keinen Men-schen ein sicherer Staat bzw. Drittstaat. Weder für syri-sche Flüchtlinge noch für die Völker in der Türkei und Kurdistan. Aber mit dieser Beihilfe haben uns die EU und allen voran die Bundesregierung ein weiteres Mal gezeigt, was für eine „Werte-Gemeinschaft“ sie sind. Menschenrechte und das Recht auf Asyl beinhalten diese Werte nicht. Trotz alledem sagen wir, wir wollen Frieden. Der Tag wird kommen, an dem Erdogan ver-urteilt wird und den Rest seines Lebens hinter Gefäng-nismauern verbringen wird. Aber wir werden nicht vergessen, dass dieser Despot, wirtschaftlich, politisch wie militärisch und vor allem mit deutschen Waffen ak-tiv von der Bundesregierung unterstützt wurde. Wir werden dies unermüdlich in unserem Kampf für Frie-den und Demokratie zum Ausdruck bringen.

Gedenkkundgebung für die Opfer der is-Anschläge in Paris redebeitrag von Çetin Oraner19.11.2015. Münchnerinnen und Münchner, liebe Freundinnen und Freunde, wir sind in tiefer Trauer um die Opfer der barbarischen Anschläge des soge-nannten Islamischen Staates in Paris. Unsere ganze Anteilnahme gilt den Familien und den Freunden der Opfer und dem französischen Volk. Die grausame Blutspur des verbrecherischen IS zieht sich seit Jahren vom Irak nach Syrien, von Shengal nach Kobane, von Suruc nach Ankara. Zehntausende Menschen, Kur-dInnen, AraberInnen, AssyrerInnen und TürkInnen, die sich nicht unterwerfen wollten, wurden von den Terrorbanden des Islamischen Staates getötet. Nun auch Französinnen und Franzosen. Unsere Trauer ist groß, aber genauso groß ist unsere Empörung.Liebe Freundinnen und Freunde, es ist nicht leicht für mich, hier vor Ihnen zu stehen, als Münchner und Stadtrat mit türkischem Migrationshintergrund, als jemand, der aus der muslimischen Kultur kommt, dies zum Ausdruck zu bringen. Aus diesem Grund bin ich Ihnen und meinen Vorrednerinnen und -rednern un-endlich dankbar, dass sie differenzieren zwischen den islamistischen Terroristen und den unzähligen Mus-liminnen und Muslimen, die in Syrien, im Irak, in der Türkei, in Europa und auch hier in München sich für Demokratie und Menschenrechte einsetzen. Gerade deshalb ist es wichtig, die Namen derer zu erwähnen, die den islamistischen Terror unterstützen. Vielleicht sind einige der Meinung, dass dies bei dieser Gedenk-veranstaltung nicht passend ist. Doch das muss sein, und gerade hier und heute muss dies deutlich zum Ausdruck gebracht werden.Wir wissen alle, von welchen Ländern der islamis-

tische Terror unterstützt wird. Es ist vielfach belegt und erwiesen, dass Saudi-Arabien, Katar und vor al-lem die Türkei seit Jahren den Terror vor den Augen der ganzen Weltöffentlichkeit unterstützen. Aus die-sem Grund hat die Türkei unzählige Waffen an der IS geliefert. Deshalb konnten seit Jahren Dschihadisten ungehindert über die türkische Grenze nach Syrien gelangen und sich dem Islamischen Staat anschließen. Der IS „exportiert“ seit Jahren das von ihm geförder-te Erdöl in das Nato-Land Türkei. Die Schwarzgelder aus diesem Geschäft werden von Saudi-Arabien und Katar gewaschen. Damit finanziert der IS seit Jahren seinen Krieg gegen die Menschheit. Solange dieses schmutzige Geschäft weiter geht, wird der IS seinen barbarischen Terror in Syrien, in Kurdistan, im Irak weiterführen und auch verstärkt nach Europa und in die ganze Welt tragen.Deshalb fordern wir die Bundesregierung auf: Hören Sie endlich auf, aus geostrategischen Interessen, um die Flüchtlinge von der EU fernzuhalten, die men-schenfeindliche Politik Erdogans stillschweigend zu tolerieren. Üben Sie endlich gemeinsam mit Ihren EU-Partnern unmissverständlichen Druck aus auf Erdogan, Saudi-Arabien und Katar. Schluss mit den Waffenexporten in die Türkei, nach Katar und nach Saudi-Arabien.Im Gedenken an die Opfer des IS in Shengal, Rojava, Suruc, Ankara, Beirut und in Paris, in unserer Ver-bundenheit mit den Werten der Demokratie, der Men-schenrechte und der Aufklärung, im Widerstandsgeist von Kobane, für Frieden und Toleranz gilt unsere gan-ze Solidarität dem französischen Volk.

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lebe. liebe. lACHe. H-teAm e.V. – ein Verein aus sendling, der viel Gutes tut Von tino krense

Unweit des Harras, in der Plinganserstraße 19, ist das Zuhause des Vereins H-Team, den Peter Pe-schel 1990 mit sechs weiteren Mitstreitern grün-dete. Sieben Personen, mindestens so viele braucht man, um einen Verein aufzumachen. Peschel ist als einer von zwei Geschäftsführern heute noch dabei, und das H-Team hat mittlerweile knapp 60 Mitar-beiterinnen und Mitarbeiter. „LEBE. LIEBE. LACHE.“ – Diese drei schönen Worte finden sich wie ein Motto auf vielen Flyern der Sendlinger. Sie meinen „Die Würde des Men-schen ist unantastbar.“ und drücken dies deutlich lebendiger aus. Als Münchner Bürger hatte ich zweimal mit dem Verein H-Team zu tun: Als Betreuer meines Va-ters, der krankheitsbedingt seine Angelegenhei-ten nicht mehr alleine regeln konnte, war ich im Sommer 2013 auf der Suche nach kompetenten Ratschlägen. Ich fand das H-Team, bekam zeitnah einen Termin und in einem netten Beratungsge-spräch wirklich gute Tipps. Alles zudem auch noch kostenlos, was mich damals sehr freute und ebenso wunderte. Ein knappes Jahr später war ich wieder dort, um einen Vortrag von Robert Andreasch über die Rechte im Münchner Kommunalwahlkampf anzuhören. Als Mitarbeiter der Stadtratsgruppe DIE LINKE. München kam ich diesen Sommer wieder mit dem Verein zusammen. Er hatte viele kommunalpolitische Vertreter zu seinem 25. Ge-burtstag eingeladen, der im EineWeltHaus gefeiert wurde. Da ich bisher einen guten Eindruck hat-te, bin ich gerne hingegangen. Es war ein schönes Fest, bei dem ich erst so richtig mitbekam, was das H-Team so alles tut. Im obenstehenden Kasten finden sich die vielen Aufgabenbereiche übersichtlich zusammengefasst. Bei der Geburtstagsfeier fasste ich auch die Idee, mit Vereinsverantwortlichen bei Gelegenheit ein Interview für unsere Stadtratszeitschrift zu füh-ren. Peter Peschel und Torsten Sowa, der sich um die Öffentlichkeitsarbeit kümmert, standen mir für diese Ausgabe Rede und Antwort:

mitLiNKS (mL): Sie konnten heuer Ihr 25-jähriges Jubiläum feiern. Wenn Sie zum Geburtstag drei Wünsche freihätten, welche wären das dann? H-team: Erstens, dass die Landeshauptstadt Mün-chen auch in Zukunft keine Kürzungen bei den So-zialausgaben vornimmt und sich das Qualitätssiegel „Soziale Stadt München“ vom Bündnis München Sozial verdient. Zweitens, dass wir immer über ge-nügend sehr gut qualifizierte MitarbeiterInnen ver-fügen. Und drittens, dass wir auch weiterhin mög-lichst schnell da helfen können, wo Hilfe dringend gebraucht wird.

mL: Auf welches Ereignis blicken Sie am liebsten zurück? H-team: Diese Frage habe ich mir noch nie gestellt, und es gibt viele Ereignisse, die es verdienen, ge-nannt zu werden. Angefangen von erfolgreichen Entschuldungen in unserer Schuldnerberatung über die Vermeidung von Kündigungen durch un-sere Ambulante Wohnungshilfe oder Betreuungs-aufhebungen von gesetzlichen Vertretungen, weil die Hilfe zur Selbsthilfe uns überflüssig machte ,bis zu guten Personal- und sonstigen Entscheidun-gen, die zu treffen sind. Zwei Ereignisse möchte ich hervorheben. Das eine ist: Wir haben seit 1997 die Anerkennung vom Landesjugendamt zur Führung von Vormundschaften. Seit diesem Zeitpunkt stell-ten wir einen Antrag beim Stadtjugendamt für eine Förderung. Dieser wurde immer abgelehnt mit der Begründung, dass kein neuer, weiterer Träger in die Förderung aufgenommen werden kann. Nach über 17 Jahren erhielt ich einen Anruf vom Stadtjugend-amt, dass nun die Möglichkeit vorhanden wäre, so-weit die entsprechenden städtischen Gremien dann zusagen. So sind wir nun seit 2015 in die Förderung hineingekommen. Das zweite Ereignis war die Vorstellung einer eh-renamtlichen Rechtsberaterin. Sie meinte, da es das Schicksal bisher gut mit ihr gemeint habe, möchte sie nun der Gesellschaft etwas zurückgeben, indem sie sich als Ehrenamtliche engagiert.

Torsten Sowa

Peter Peschel

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mL: Hat Ihr Verein ein Motto? Falls ja, welches und warum? H-team: Ja, das Hauptmotto ist „Hilfe für Menschen in Not“. Wir wollen in Not geratenen Menschen eine Ansprechstelle sein und können auch selbst in eini-gen Bereichen diese Not lindern. Das weitere Motto lautet: „Schnelle Hilfe ist doppelte Hilfe.“ Diese Er-fahrung machten wir von Anfang an, weil sich oft die Not und das Leiden verschlimmern, wenn nicht schnell geholfen wird. Und unser drittes Motto ist: „Lebe, Liebe, Lache.“

mL: Wie viele Personen arbeiten insgesamt beim H-Team? H-team: Jetzt im November 2015 beschäftigen wir 49 feste MitarbeiterInnen, 8 Ehrenamtliche im engeren Sinne sowie eine Honorarkraft.

mL: Wie finanziert sich Ihr Verein? H-team: Der Hauptteil wird durch die Erbringung unserer Dienstleistungen erwirtschaftet, wobei man dazu sagen muss, dass diese wegen der Mittellosig-keit fast aller Klienten durch Mittel der öffentli-chen Hand finanziert werden. Ein weiterer Teil wird durch Förderungen der öffentlichen Hand und ein kleinerer Teil, der aber immer mehr an Bedeutung gewinnt, durch Spenden gewonnen. Allerdings ist klar zu erkennen, dass die eingeworbenen Spenden gerade mal ausreichen, um Projekte anzuschieben und für eine recht kurze Zeit zum Teil zu finanzie-ren. Einen wichtigen Beitrag für Einzelfallhilfen und Projekte steuern Stiftungen bei. Ohne deren Hilfe könnten wir viele direkte Hilfen für die Betrof-fenen nicht leisten.

mL: Sie haben sehr viele und auf den ersten Blick durchaus verschiedene Hilfe-Angebote. Wie sind diese untereinander vernetzt? H-team: Unsere aktuellen 7 Fachabteilungen ar-beiten jeweils eigenständig, sind räumlich sehr eng zusammen und in fachlichem und kollegialem Aus-tausch. Die Leitungen treffen sich regelmäßig. Auch gibt es MitarbeiterInnen, die nicht nur in einer Ab-teilung tätig sind. Unser Verein hat im Laufe der letzten 25 Jahre von ganz kleinen Anfängen bis zur heutigen Größe ei-gentlich immer davon profitiert, dass dann eine neue Abteilung ihre Arbeit aufgenommen hat, wenn dies

die praktische Arbeit angezeigt hatte. Als wir mit der Hilfe für chaotische Haushalte begonnen haben, gab es kaum Hilfen für Messies. Die Erfahrung hat uns gezeigt, dass es mit einer ersten Ordnung nicht getan ist, sondern nach dem ersten Schritt weitere Hilfen notwendig sind, will man den Erfolg der Ak-tion nicht gefährden. Daraus entstand die Abteilung Ambulantes Wohntraining. Da wir gemerkt haben, dass Vormundschaften und Pflegschaften im Jahre 1990 sehr unbefriedigend geführt wurden, wollten wir einen Beitrag leisten, dies zu ändern. So wurde der Betreuungsverein aufgebaut.

mL: Sind Ihre Angebote wirklich so verschieden oder ergänzen sie sich an manchen Punkten auch? H-team: Wir bieten Hilfe aus einer Hand an, wo-bei wir aus Gründen von Interessenskollisionen uns nicht selber beauftragen. Die ambulanten Ab-teilungen haben immer wieder auch gemeinsame Klienten, nicht parallel, sondern nacheinander. Die Schuldner- und Insolvenzberatung hat eine enge Verknüpfung zur Rechtsberatung. Der Betreuungs-verein hat wiederum immer wieder eine inhaltliche Nähe zu den beiden vorgenannten Abteilungen. Un-sere Hauptzielgruppe sind Menschen in Wohnungen, die nicht oder nur sehr schlecht in der Lage sind, den eigenen Haushalt zu führen und drohen, im Chaos zu versinken. Wir bieten Hilfen für sogenannte Mes-sies an. Diese Hilfen sind sehr gut aufeinander ab-gestimmt und haben eine große Bandbreite. Unsere Projekte ergänzen und unterstützen diese zentralen Aufgabenbereiche.

mL: Man sagt, dass es den typischen Messie nicht gebe. Schildern Sie doch bitte dennoch kurz Ihre Arbeit anhand eines Falles, welcher auch Rück-schlüsse auf andere zulässt.H-team: Richtig, den typischen Messie gibt es nicht. Die Gründe, warum ein Mensch Dinge in solchen Umfängen sammelt, dass dies zu einem gravierenden Problem beim Erhalt der Wohnung wird, sind sehr unterschiedlich und haben immer mit dem Aufwach-sen und Werden der Betroffenen zu tun. Es gibt noch keine gesicherten Forschungsergebnisse, die belegen, warum und wer betroffen sein könnte. Es ist bislang auch nicht gelungen, Messie als Krankheit durchzu-setzen. Im Prinzip muss der Außenstehende davon ausgehen, dass Menschen mit überbordender Sam-

Wir suchen ehrenamtliche rechtliche betreuerinnen / sowie menschen mit migrationshintergrund, deren interesse es ist, berufsbetreuer zu werden.Für die Übernahme einer rechtlichen Betreuung für einen kranken, alten oder behinderten Menschen. Rechtliche Betreuer kümmern sich im Rahmen der vom Betreuungsgericht übertragenen Aufgaben-kreise um die Angelegenheiten, die der Betroffene selbst nicht mehr regeln kann. Diese können bspw. sein: Geldverwaltung, Abschluss eines Heimvertrages, Interessenvertretung gegenüber dem Heim, Überwachung der Pflege oder Einwilligung in ärztliche Maßnahmen. Der/Die rechtliche Betreuer(in) ist verpflichtet, bei der Betreuungsführung die Wünsche und das Wohl des Betreuten zu berücksichtigen.

Zeitrahmen: Im Ehrenamt ca. zwei Stunden wöchentlich, Anforderungen: Hohes Maß an Verantwor-tungsbewusstsein, Toleranz und Offenheit, Respekt vor dem Willen des Betreuten, Konfliktfähigkeit, Fortbildungsbereitschaft, Volljährigkeit, Vorlage eines Führungszeugnisses und Schufa, Selbstauskunft. Unser kostenloses Angebot:

Beratung und Unterstützung in allen Betreuungsangelegenheiten, Schulungen, Fortbildungen, Erfahrungsaustausch.

Kontakt: Maria Beer, H-TEAM e.V. Tel: 0 89 / 7 47 36 20 E-Mail: [email protected] Tiergestützte Pädagogik und Therapie: Wedigo von

Wedel (links) im Einsatz beim Klienten

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melleidenschaft zumindest ein Problem beim Loslas-sen und Wegwerfen von Dingen, Gegenständen, Essen oder Zeitungen haben. Außerdem kann man eigent-lich immer davon ausgehen, dass diese Menschen mit ihrem Sammeln ein eigenes Ordnungssystem entwi-ckelt haben, das nur mit sehr viel Mühe aufgelöst und durch ein anderes ersetzt werden kann. Hierin liegt unsere Aufgabe. Wir versuchen, dabei mitzuwirken, dass dies der Betroffene zulässt und das neue Sys-tem als das Seine anerkennt. Hinzu kommt der gro-ße Stress, unter dem die Betroffenen extrem leiden. Sie versuchen jeden Tag, Ordnung in ihr Chaos zu bringen, schaffen es aber nicht, anzufangen. Daraus ziehen sie ein deutlich spürbares Misserfolgserlebnis, verbunden mit Niedergeschlagenheit und geringem Selbstwertgefühl. Mit all diesen Voraussetzungen müssen wir rechnen und haben damit zu tun, wenn wir in diese Haushalte „eindringen“ und anbieten, dabei zu helfen, Ordnung zu schaffen.

mL: Im Jahr 2013 wurde ein bundesweites Messie-Hilfe-Telefon eingerichtet, welches einmalig in Deutschland ist. Wie wurde dieses Hilfe-Angebot seitdem angenommen? H-team: Noch ist das Messie-Hilfe-Telefon ein rein spendenfinanziertes Angebot. Sollten diese Spenden nicht im ausreichenden Umfang gesammelt werden können, müssen wir dieses überaus wichtige und sehr innovative Angebot wieder einstellen. Zwei Mal pro Woche können für jeweils 3 Stunden Menschen aus dem deutschsprachigen Raum anrufen. Wir bieten erste Hilfestellungen an, vermitteln an Hil-feeinrichtungen und geben Tipps für die nächsten Schritte. Die Telefonzeit ist immer voll ausgelastet mit aktuellen Anrufen oder mit Rückrufen von uns an Betroffene, die auf den Anrufbeantworter ge-sprochen und Hilfe nachgefragt haben. Hätten wir die Mittel, könnten wir das Telefon bestimmt an 5 Tagen die Woche für 8 Stunden besetzen. Für diese Hilfe gibt es bundesweit kaum andere Anbieter, aber eine große Zahl von Betroffenen, Angehörigen von Betroffenen und Einrichtungen, die sich schwertun, konkrete Hilfe für Messies anzubieten.

mL: In den Medien war in letzter Zeit zu lesen, dass die Finanzierung dieses Projektes noch bis März 2016 gesichert ist, weil sich verschiedenste Stellen nicht dafür zuständig fühlen. Schildern Sie doch bitte kurz die Hintergründe dazu. Ist das Problem gelöst oder besteht weiterhin akuter Finanzbedarf? H-team: Dank der finanziellen Hilfe durch den Ver-ein BISS e.V. können wir dieses Angebot sicher bis März 2016 und wahrscheinlich noch bis zum Herbst 2016 aufrechterhalten. Sollten dann keine weiteren Finanzzusagen eintreffen, müssen wir es leider wie-der vom Markt nehmen. Wir haben uns auf Bundes-, Landes- und auf lokaler Ebene um die Finanzierung dieses Angebotes bemüht. Immer gab es Absagen. Entweder war eine Finanzierung nicht möglich, weil nicht nur auf lokaler Ebene angeboten wird, oder es wurde abgelehnt, weil dieses Problem nicht so gra-vierend sei, dass Bundes- oder Landesmittel dafür aufgebracht werden könnten. Vor allem aber machen die Betroffenen nicht groß von sich reden, und die Menschen, die sich für sie einsetzen, sind auch nicht in großer Zahl vorhanden. Messies haben schlicht keine oder nur eine sehr kleine Lobby. Unser Finanz-bedarf für ein Jahr beläuft sich auf 12.000,00 Euro. Damit können wir das Angebot, so wie es jetzt ange-boten wird, halten, nicht aber ausweiten.

mL: Sind auch andere Ihrer Angebote finanziell ge-fährdet? H-team: Nein.

mL: Eine Ihrer Abteilungen heißt „Rechtliche Be-treuungen/Vormundschaften. Wie viele Personen betreuen Sie aktuell? H-team: Die MitarbeiterInnen des Betreuungsver-eins führen derzeit 51 gesetzliche Vertretungen. Die MitarbeiterInnen, die als Vormund für unbeglei-tete minderjährige Flüchtlinge vom Gericht bestellt sind, betreuen 61 Minderjährige. Zudem ist unsere Aufgabe als Betreuungsverein, Ehrenamtliche zu werben, fortzubilden und zu be-gleiten. Zusätzlich führen wir noch das sogenannte Migrationsprojekt durch: Gewinnung und Beglei-tung von BerufsbetreuerInnen mit Migrationshin-tergrund. Bereits im Jahr 2002 hatte das Sozialreferat der Landeshauptstadt München den Bedarf an Betreu-erInnen mit Migrationshintergrund erkannt und in Zusammenarbeit mit dem Betreuungsverein des H-TEAM e.V. das Projekt „Migranten als rechtliche Be-treuer für Migranten“ ins Leben gerufen. In enger Zusammenarbeit mit der Betreuungsstelle München beraten und begleiten wir die BetreuerIn-nen mit Migrationshintergrund. Der Betreuungsver-ein bietet mehrmals jährlich zweitägige Schulungen an. Interessenten werden über das deutsche Betreu-ungsrecht informiert und in die Betreuungsarbeit eingeführt. Geeignete Betreuer werden mit fachli-cher Begleitung und Beratung während der ehren-amtlichen Betreuungsführung sowie der ersten zwei Jahre als Berufsbetreuer unterstützt. Hierfür suchen wir regelmäßig geeignete InteressentInnen mit Mi-grationshintergrund. Besonders gefragt sind derzeit BetreuerInnen mit Sprachkenntnissen aus dem ara-bischen, afrikanischen und asiatischen Kulturkreis.Zudem informiert der Betreuungsverein auch über betreuungsvermeidende Maßnahmen. Hierunter fallen Vorträge über die Vorsorgevollmacht und die Aufklärung über sonstige Hilfen, damit es nicht zur Betreuung kommt. Im Betreuungsverein haben wir derzeit (Stand Okto-ber 2015) 35 angebundene ehrenamtliche rechtliche BetreuerInnen im Querschnittbereich. Die Ehren-amtlichen werden vom Gericht bestellt. Wir haben keine Aufsichts- und Kontrollpflichten, die hat das Gericht. Von uns werden sie im Rahmen der Quer-

Zweitausendste kostenlose Rechtsberatung beim H-TEAM e.V für arme Münchner Bürgerinnen und Bürger: Rechtsanwalt Gerhard Grossmann (links) mit dem Klienten (Oktober 2015).

mitlinks nr. 54 – Dezember 2015  21

schnittarbeit bei ihrer Tätigkeit unterstützt und be-gleitet.

mL: Was gibt es dabei vor allem zu tun? H-team: Eine Betreuung wird nur dann eingerichtet, wenn bei dem Klienten eine geistige Behinderung oder psychische Erkrankung vorliegt, darunter fal-len auch Demenzerkrankungen. Die Betreuung wird genau für den Bereich festgelegt, in dem der zu Betreuende Hilfe benötigt. Zum Bei-spiel kann es sich um eine Vermögenssorge (Bank, Überweisungen) oder um eine Gesundheitsvorsorge (Arztbesuche, Therapie, Vorsorge) handeln. Oft ist eine ambulante Versorgung zu organisieren.

mL: Zurzeit kommen viele Menschen aus Kriegsge-bieten nach Deutschland, um Hilfe und Schutz zu suchen, darunter auch viele minderjährige Flücht-linge, die Sie bereits erwähnt haben. Wie sieht ein solcher Fall aus? Wie klappt der Umgang mit den Mündeln? Wie überwinden Sie Sprachbarrieren?H-team: Unbegleitete minderjährige Flüchtlinge kommen ohne ihre Eltern in Deutschland an, haben in ihren Heimatländern Krieg, Verfolgung und gro-ße Not erlebt und oft eine lange traumatische Flucht hinter sich. Da sich ihre Eltern nicht in Deutschland befinden, wird ein Vormund bestellt. Das Amt des Vormundes ist dem Elternrecht nachgebildet. Der Vormund übt die gesetzliche Vertretung aus und ist eine zentrale Figur im Leben des Mündels, gerade weil er wichtige Entscheidungen, die die Gesundheit, die schulische Laufbahn, den beruflichen Werde-gang und alle Behördenangelegenheiten, insbeson-dere das Asylverfahren, betreffen, für sein Mündel fällt. H-TEAM e.V. engagiert sich, um diesen jungen Menschen, die sich ein Leben in Deutschland auf-bauen möchten, einen kompetenten Vormund, der auf die besonderen Bedürfnisse von Kindern und Jugendlichen eingehen kann, zur Seite zu stellen. Mittels Dolmetscher werden akute Sprachbarrieren überwunden. Natürlich ist auch das Ziel, dass die Minderjährigen sehr schnell in Deutschkurse kom-men bzw. Deutsch lernen.

mL: Sie kümmern sich zudem um verschuldete oder von Insolvenz bedrohte Menschen. Wie gelingt es hier, den Betroffenen langfristig zu helfen? H-team: Unsere Hilfe richtet sich an überschuldete oder von Überschuldung bedrohte Bürgerinnen und Bürger in der Landeshauptstadt München. Das Pro-jekt wird aus Mitteln des Bayerischen Staatsminis-teriums für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen gefördert sowie von der Landeshauptstadt München, Sozialreferat, finanziert. Ebenfalls leisten wir Schuldenprävention für Kinder und Jugendliche an Münchner Förderschulen. Eine nachhaltige und erfolgreiche Schuldner- und Insolvenzberatung setzt eine aktive und zuverlässige Mitarbeit des Schuldners voraus. Dies bedeutet im Wesentlichen, Termine und Vereinbarungen einzu-halten, alle Unterlagen und Schulden offenzulegen und vor allem keine neuen Schulden zu machen. Wir beraten, helfen und unterstützen bei der Klä-rung der finanziellen und persönlichen Situation, der Haushaltsplanung, bei Pfändungsschutzmaßnah-men, der P-Konto-Bescheinigung, der Überprüfung von Versicherungen, der Prüfung von Forderungen, bei Verhandlungen mit den Gläubigern, Fragen zum Verbraucherinsolvenzverfahren, der Durchführung des außergerichtlichen Verbraucherinsolvenzver-

fahrens sowie der Einleitung und Begleitung des ge-richtlichen Verbraucherinsolvenzverfahrens. Wir versuchen gemeinsam mit unseren KlientInnen, einen Lösungsweg aus der Überschuldung heraus zu erarbeiten, so dass diese vor den unangenehmen Fol-gen von Überschuldung möglichst bewahrt bleiben. Alle Beratungsgespräche erfolgen kostenfrei und vertraulich.

mL: Als Prävention für Kinder und Jugendliche ha-ben Sie die Wanderausstellung „Schulden sind doof und machen krank“ zusammengestellt. Was gibt es da zu sehen? Wo wird sie gezeigt? H-team: Mit Schulden wird aus der „coolen Sau“ schnell ein „armes Schwein“ und aus der „Fashion Princess“ eine „Drama Queen“. Dies zeigt unsere Comic-Ausstellung auf witzige, aber auch nachdenk-lich stimmende Weise. Sie ging aus einem Comic-Wettbewerb von uns hervor, greift das Thema Schul-den spielerisch auf und ist ansprechend aufbereitet. Kurze, informative Texte wechseln sich mit vielen bunten Comics ab, die die Inhalte bildlich aufneh-men. Die Wanderausstellung umfasst 20 Rollups zur ganzen Spannbreite des Themas wie zum Beispiel eigenes Konto, Verträge, Schufa, Schulden, Kredit, Werbung, Handyvertrag, krank durch Schulden, Einnahmen/Ausgaben, Überschuldungsfaktoren, Schuldnerberatung. Sie kann gegen eine geringe Ge-bühr ausgeliehen werden. In den vergangenen Mona-ten tourte sie zum Beispiel in Lübeck, Neumünster und Darmstadt. Auch war sie im Jobcenter München oder der Raiffeisenbank München Süd eG.

mL: Für Menschen in schwierigen Lebenssituati-onen bieten Sie eine tiergestützte Pädagogik und Therapie an. Welche Zielgruppen sollen dabei erreicht werden und was sollen die Tiere bei den Betroffenen bewirken? H-team: Zum einen sollen KlientInnen unserer am-bulanten Abteilungen erreicht werden. Zum anderen oftmals ältere, vereinsamte Menschen mit besonders stark ausgeprägten Isolationstendenzen und/oder Handlungsblockaden. Schon den Erstkontakt in der eigenen Wohnung versuchen viele Hilfsbedürftige zu vermeiden oder erleben diesen unter hohem Stress als bedrohlich. Gerade in der Anfangsphase der re-gelmäßigen Unterstützung dieser Personengruppe erschweren grundlegendes Misstrauen gegenüber Mitmenschen, Ängste, Zwangsmuster und fehlende Einsichtsfähigkeit sowohl den Aufbau einer Vertrau-ensbasis als auch die notwendigen Veränderungen in der Wohnung. Die zum dauerhaften Erhalt des Miet-verhältnisses notwendigen Veränderungen in der Privatsphäre Wohnung können aber ausschließlich mit Einwilligung und Mitwirkung der Betroffenen erfolgen. Gerade dieser Personenkreis weist in gro-ßer Auffälligkeit eine hohe Affinität zu Tieren auf. Der Wunsch nach (Sozial-) Kontakt zu einem Tier ist auch wegen der Meidung von Kontakt zu Mitmen-schen besonders groß. In vielen Studien konnte nachgewiesen werden, dass Hunde als Angst- und Spannungsminderer wirken und ihnen eine Du-Evidenz zukommt. Das bedeu-tet, dass auf der sozio-emotionalen Ebene von Ein-stellungen und authentischen Gefühlen echte Part-nerschaft empfunden wird. Hunde können positive Verstärker und soziale Mittler sein. Sie eignen sich besonders für die Projektion von Gedanken und Emotionen. Durch die sprachliche und emotionale Interaktion mit dem Hund findet ein Austausch auf

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der Beziehungsebene statt, ein Dialog des Tuns und Reagierens. Die Begegnung mit dem Hund fördert das Gefühl des Angenommenseins, der Nähe und Wärme. Durch den planvoll gestalteten Einsatz eines Hundes kann für Hilfsbedürftige Stress gemindert und als bedrohlich empfundene Situationen können positiv angereichert werden. Konkrete Ziele sind die Kontaktherstellung (Begeg-nung zulassen, Einlass in Wohnung gewähren), Angst und Spannung zu mindern, das Training sozialer Kompetenzen (zum Beispiel Übungen im Umgang mit Konflikten, Förderung der Kommunikation, Be-ziehungsgestaltung und -aufbau), ein Entgegenwir-ken von Rückzugstendenzen und Isolation, die Be-reitschaft, regelmäßigen Besuch und Veränderungen in der Wohnung zuzulassen, das Verbalisieren von

Gefühlen, Gedanken und Wünschen, im Sinne ex-emplarischen Lernens, die Erfahrung eines als po-sitiv empfundenen Sozialkontaktes auf Mensch und Mitmenschen zu übertragen, sowie die Erhöhung der Bereitschaft zu praktischem Tun und der Ausdau-er. Die tiergestützte Therapie kann unter anderem bei Wahrnehmungsstörungen (zum Beispiel ADS, ADHS), psychischen Störungen, Angststörungen, Depressionen, Traumata, Konzentrationsstörungen, niedrigem Aktivitätsniveau sowie Störungen in der sozialen und emotionalen Entwicklung eingesetzt werden.

mL: Herr Peschel, Herr Sowa, ich bedanke mich für das ausführliche Gespräch und wünsche Ihrer wichtigen und vielschichtigen Arbeit weiterhin viel Erfolg.

zur Arbeit im bezirkstag 2015 Von beate Jenkner

Unbegleitete minderjährige Flüchtlinge (UMF)

Das Thema Flüchtlinge betrifft den Bezirk beson-ders. Es gibt noch keine genauen Zahlen, wie viele unbegleitete Minderjährige versorgt werden müs-sen. Die Schätzungen gehen aber von einer hohen Steigerung aus. Vermutlich sind ca. 30 % der min-derjährigen Flüchtlinge traumatisiert. Der Bezirk steht in der Verantwortung, diese Kinder und Ju-gendlichen in entsprechenden Einrichtungen mit psychologischer Betreuung unterzubringen. Dies ist eine enorme Herausforderung. Die Einrichtungen und Kliniken sind jetzt bereits an ihrer Kapazität angelangt. Dolmetscher und geschulte Fachkräf-te werden auch in Zukunft dringend benötigt. Vor allem in den ländlichen Gebieten und kleinen Ge-meinden, wo generell Ärztemangel herrscht, ist die Situation nicht tragbar.Normalerweise bleiben psychisch Kranke oder traumatisierte Jugendliche bis zum 21. Lebensjahr beim Bezirk angesiedelt, damit sie entsprechende Hilfen und Ausbildungen durchlaufen können. Bei den UMF will das Sozial-und Finanzministerium die Grenze auf 18 Jahre legen. Das bedeutet, die Be-trauung der UMF wird dann an andere Sozialsyste-me abgegeben. Das könnte für sie Obdachlosigkeit oder Abbruch der Behandlung oder Ausbildung be-deuten. Diese Entscheidung ist völlig unverständ-lich. Der Freistaat hat Finanzhilfe zugesichert, aller-dings ist nicht klar, wieviel. Dies kennzeichnet die ganze Flüchtlingspoli-tik. Es fehlt in Bund und Ländern an Konzep-ten und dem Willen, genug Geld in die Hand zu nehmen. Die Linke fordert daher, dass der Frei-staat hier endlich in die Pflicht genommen wird.

UMF und Inklusion von Menschen mit HandicapDie stark ansteigende Zahl der UMF bringt ein weiteres Problem mit sich, an das man nicht so-fort denkt. Durch die hohe Zahl an Beschäftigten mit Minijobs, Zweitjobs etc. ist die Integration von Menschen mit Handicap auf den 1. Arbeitsmarkt sehr schwierig. Es gibt nicht genügend Stellen, die besetzt werden können. Dazu kommen jetzt die UMF, die ebenfalls ausgebildet werden müssen und dann ebenfalls auf den Arbeitsmarkt drängen. Es gibt Befürchtungen, dass sich die Situation der Menschen mit Handicap dadurch verschlechtert. Es werden auch mehr finanzielle Mittel nötig sein, um die sozialen und psychiatrischen Hilfen sicher-zustellen. Ob dazu die Mittel des Bezirks ausreichen werden, bleibt abzuwarten.Sicher ist, dass die Integration aller Menschen, die auf die Hilfe des Bezirks angewiesen sind, eine ge-samtgesellschaftliche Aufgabe ist, die nicht isoliert gelöst werden kann.

Bezirk Oberbayern stärkt wohnortnahe Beratung

Der Sozial-und Gesundheitsausschuss hat be-schlossen, die ambulante Beratung in Oberbayern weiter zu verbessern und personell zu stärken. Da-durch erhalten Ambulante Dienste 1,3 Millionen Euro zusätzlich für Tagesstätten, Zuverdienst-Pro-jekte, Kontaktläden und sozialpsychiatrische Ver-sorgung.Die wohnortnahen Beratungsangebote für Men-schen mit seelischen Behinderungen werden ausge-baut. Dies ist dringend nötig, da in den letzten Jahre nein starker Zuzug nach Oberbayern stattgefunden hat. Die zusätzlichen Mittel kommen Tagesstätten, sozi-al- und gerontopsychiatrischen Diensten, psychoso-zialen Suchtberatungsstellen sowie Kontaktläden für Drogenabhängige in den Landkreisen Berch-tesgadener Land, Freising, Mühldorf, Ebersberg, Fürstenfeldbruck, Garmisch und Neuburg-Schro-benhausen sowie in den Städten München und Ro-senheim zugute.Es wird sich zeigen, ob diese Mittel ausreichen, um den benötigten Mehrbedarf zu decken.

mitlinks nr. 54 – Dezember 2015  23

PsychiatrieDas letzte Jahr war geprägt von mehreren Presse-berichten über die Missstände in der Psychiatrie, von Fixierungen über Isolation bis hin zu mangeln-der ärztlicher Behandlung. Die Linke im Bezirks-tag weist seit 2009 auf diese Missstände hin. Immer wieder wird vom Bezirk versichert, den Vorwürfen nachzugehen. Bis heute hat es aber keine nennens-werten personellen Konsequenzen gegeben. Ob und

in welchem Umfang der Bezirk hier Untersuchun-gen durchgeführt hat, ist nicht transparent. Es fehlt auch an Vorschlägen, wie der Bezirk diese Missstände beseitigen will und ob Kontrollmecha-nismen eingeführt werden.Die Linke im Bezirkstag wird dieses Thema weiter als einen Schwerpunkt der Arbeit verfolgen und darauf drängen, dass der Bezirk seine Kontroll-funktion ernst nimmt.

Die UeFA zwischen sport und kommerz – oder nur noch zwischen banden-Werbung und korruption? Von Jürgen lohmüller

Bereits zweimal wurde bis Redaktionsschluss der Tagesordnungspunkt „UEFA EURO 2020“, zu be-handeln im Sportausschuss, wieder gestrichen – einmal entfiel der ganze Sportausschuss, einmal nur der Punkt, nun wird der Februar 2016 ange-peilt. Verständlich, denn dass man in diesen Tagen ein Sportereignis, das von einem Verband namens UEFA ausgerichtet wird, nicht einfach als „För-derung des Fußballs“ durchwinken kann, versteht sich wohl von selbst.

Wir erinnern uns: Im April 2014 stimmte der Stadt-rat – es war noch der alte, der neue hatte sich nach der Wahl noch nicht konstituiert – der Bewerbung für die „UEFA EURO 2020“ (früher hätte man schlicht Fußball-Europameisterschaft gesagt) zu. Damit war auch die Unterzeichnung eines „Host-City-Vertrages“ verbunden mit einer Fülle von Ver-pflichtungen für die Stadt – um drei Vorrunden- und ein Viertelfinalspiel ausrichten zu dürfen! 11,5 Mio. Euro soll dieser Host-City-Vertrag mit der UEFA die Stadt kosten. Diese Summe ist angeblich notwendig, um alle vereinbarten Verpflichtungen erfüllen zu können. Angesichts der Fülle von Schilderungen und Mut-maßungen in der Presse – und das nicht nur in den Sportteilen, sondern bezeichnenderweise auch in den Wirtschaftsteilen – über Sponsorenverträge, Geldflüsse, Abhängigkeiten und Gefälligkeiten ist eine Überprüfung dieser vertraglichen Vereinba-rungen dringend geboten, schon allein um die Lan-deshauptstadt nicht der Gefahr auszusetzen, hier in kriminelle Machenschaften verwickelt zu werden.Bei der Suspendierung von UEFA-Präsident Michel Platini durch die FIFA-Ethik-Kommission (nun-mehr sogar lebenslang) steht vor allem eine Zahl im Mittelpunkt: die 6,7 Mio. Euro, die irgendwann nach dem Jahr 2000 hin und her geflossen sind – wahr-scheinlich, um die WM 2006 nach Deutschland zu holen. Die UEFA und das damalige für die Organisa-tion 2006 zuständige OK sind eng verwoben, überall tauchen dieselben Namen auf. FIFA, UEFA und DFB gleichen einem Verschiebebahnhof für Namen und Finanzen – und im Stellwerk sitzt der Hauptsponsor Adidas. Gemäß dem bis Ende 2018 laufenden Spon-sorenvertrag zahlt Adidas jährlich 25 Mio. Euro an den DFB. Immerhin macht Adidas allein mit dem Verkauf von Trikots, Fußballschuhen und Fußbäl-

len einen Umsatz von 2,1 Mrd. Euro – gut 12% seines Gesamtumsatzes. Dafür muss man sich schon mal um das entsprechende Personal kümmern: So schlug Adidas-Chef Herbert Hainer noch im Sommer den ehemaligen Adidas-Vertragsspieler Michel Plati-ni als neuen Fifa-Chef vor. Als die Luft für Platini dünn wurde, favorisierte der Adidas-Chef ausge-rechnet Wolfgang Niersbach als neuen UEFA-Präsi-denten. Dumm nur, dass die dubiosen 6,7 Mio. Euro, die wohl zunächst auch aus den Kassen von Adidas flossen, aber deren verschlungene weitere Wege – auch den um das Finanzamt herum – eng mit dem Namen Wolfgang Niersbach verbunden sind. (Quelle der Zahlen: FAZ, 19.10.2015)Da keiner weiß und keiner, der was weiß, etwas Sub-stanzielles sagt, was da von wem an wen – adidas an DFB an FIFA und wieder zurück – und vor allem wo-zu die Millionen geflossen sind, müssen wir uns wohl mit der Erkenntnis begnügen, es handelt sich halt um ein Sommermärchen!Aber auf der Basis geballter Märchen einen kostspie-ligen Vertrag abschließen? Und das mit einem Ver-band, von dem Kenner der Szene sagen, seine Art der Buchführung falle weit hinter die eines jedes Kegel-clubs oder Schrebergartenvereins zurück, sollen wir jetzt einen millionenschweren „Host-City-Vertrag“ abschließen? Auch wenn die Süddeutsche (SZ vom 24./25.10.15) anlässlich der Eröffnung des Fußball-museums kommentierte „Der internationale Fußball steht nicht nur im Museum – er ist sakralisiert. Was soll ihm da ein dubioses Geldgeschäft … anhaben?“ sollte sich der Münchner Stadtrat bzw. im Vorfeld sein Sportausschuss – spätestens im Februar – nicht scheuen, auch einmal an einem Heiligtum zu rütteln.Wie formulierte es die US-Justizministerin im Mai bei der Vorlage ihrer Klageschrift gegen die Fifa? Sie sprach von „systematischer Korruption“, „wieder und wieder“ hätten sich Verantwortliche bestechen lassen, „Jahr für Jahr, Turnier für Turnier“.Daher fordert die Stadtratsgruppe DIE LINKE, alle Zusagen zumindest auf Eis zu legen, bis aufgrund der Ermittlungsergebnisse von verlässlichem Per-sonal auf Seiten der UEFA ausgegangen werden kann. Denn allgemein gilt unter Juristen bei Ver-trägen der Grundsatz, dass bei einer grundsätzli-chen Änderung der Geschäftsbedingungen die Ver-tragspartner nicht mehr an solche Abmachungen gebunden sind.

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Im Lichte der vorangegangenen überdrehten Der-by-Einsätze wollten die SPD-Stadtratsfraktion und der Bezirksausschuss 18 Untergiesing-Harlaching (BA) einerseits vermitteln, andererseits auch den Fan (SPD) sowie den Bürger (BA) einbeziehen. Die SPD initiierte einen runden Tisch zwischen Verei-nen, Polizei, Fanprojekt und anderen Gruppen. Der BA 18 organisierte eine Anwohnerversammlung mit Stadt, Polizei, Vereinen und Fans. Die Bürger wollten nicht nur wegen des Münchner Derbys und seinen Auswirkungen Dampf ablassen, sondern auch wissen, was 1860 in der Stadionfrage plant. Doch 1860 weiß dies selbst noch nicht genau. Daher stellten Mitglieder in einer Mitgliederversammlung dazu Anträge. Das nächste Derby in Giesing fand im Novem-ber fast ohne Sensationsgier der Medien statt. Es sollte im Angesicht des IS-Terrors in Europa, der bei einem Länderspiel zwischen Frankreich und Deutschland auch den Fußball erreichte, das fried-lichste Lokalderby seit Jahren sein.

Derbydiskussionen und Stadionfragen in Giesing

Auch wenn beim ersten Regionalliga-Derby der Sai-son 15/16 im August 2015 am Spielort Giesing we-niger Polizei eingesetzt wurde als davor (siehe letzte Ausgabe von mitLinks), so sollte doch die Diskus-sion darüber weitergehen. Da im November bereits das zweite Derby der Saison angesetzt war, gab es im Oktober viele Treffen zu diesem Thema. Den An-fang machte ein runder Tisch der SPD-Fraktion im Stadtrat. Hier waren neben den Vertretern der bei-den Fußballvereine das Fanprojekt München, das Polizeipräsidium und unser Verein der Freunde des Sechz’ger Stadions (FDS) eingeladen. Im Dialog wurde deutlich, dass die Polizei sehr unglücklich ist, weil Teile der Fanszene nicht mit ihr sprechen möch-ten. Das Fanprojekt erwiderte dazu, dass die Polizei dies nicht als Beleidigung auffassen möge, sondern stattdessen den Kontakt zu denen suchen sollte, die das Vertrauen der Fanszene haben, also beispiels-weise dem Fanprojekt selbst. Die Fanszene sei eben nichts Hierarchisches, es gibt es keinen Sprecher, der im Namen aller Beschlüsse fassen wür-de. Darüber hinaus sei die Polizei selbst schuld an der Entwicklung, weil man den Fanrat beim TSV 1860 vergrault hat, weil dieser das Gefühl habe, dass seine Vorschläge nicht ernst genommen würden, und Treffen mit der Polizei meist in einen Monolog der Ordnungs-hüter darüber ausarten, was man darf und nicht darf. Die Vereinsvertreter von 1860 kriti-sierten, dass das Derby in der Presse zuletzt sehr hochstilisiert wurde. Dies lag auch daran, dass die Pressestelle der Polizei die Meinungshoheit in der Vorberichterstattung mit reißerischen Angaben zu Polizeikräften und Prob-lemfans zu haben schien. Höhepunkt war nach dem Derby am Ostermontag 2015, bei dem außerhalb des Stadions

fast nichts passierte, ein Bericht des FOCUS, der von bürgerkriegsähnlichen Zuständen sprach, die nur durch das Eingreifen der Polizei eingedämmt werden konnten. Dies klang sehr nach einer Presse-erklärung der Polizei. Andere Zeitungen sprachen von einem friedlichen Derby – hier hatten auch Journalisten das Wort, die als Augenzeugen vor Ort waren. Als die FDS-Vertreter die Polizeitaktik mit einer seltsamen Verteilung der beiden Fangruppen auf zwei verschiedene U-Bahn-Stationen, die aber bei-de an der gleichen Linie U1 liegen, kritisierte, wur-de dies schnell mit der Aussage „Mit Detailfragen brauchen wir uns nicht beschäftigen, ein Fehler kann immer passieren“ abgebügelt. Bei den letzten beiden Derbys wurden die Bayernfans zum Wetter-steinplatz geleitet, die Löwenfans zum Candidplatz. Als die Löwenfans dann die U-Bahn erreichten, wurden sie mit teilweise barschen Worten vom USK abgehalten und wieder weggeschickt. Alles in allem zeigte dieses Treffen, dass sich die Polizei am liebs-ten nichts sagen lässt. Zumindest die Bereitschaft, sich so einem Treffen zu stellen, lässt jedoch die Hoffnung, dass Selbstkritik vielleicht doch Einzug hält bei der Polizeiführung. Am Tag nach dem SPD-Treffen ging es nach Gie-sing zu einer vom Bezirksausschuss 18 im Mai bereits angekündigten Anwohnerversammlung. Neben Vereinsvertretern kamen hier diverse städ-tische Stellen (Sportamt, Planungsreferat, Baure-ferat), die lokalen Vertreter der Polizeiinspektion 23 sowie natürlich die anwesenden Bürger zu Wort. Die Polizei schilderte, dass man von den meisten Spielen im Stadion nicht viel mitbekäme und nur zweimal im Jahr größere Einsätze wegen der Der-byspiele fahren müsse. Die Polizei würde dabei immer zwischen notwendigem Übel und wichtigen Maßnahmen abwägen. 1860-Geschäftsführer Rejek meinte, dass die Regionalliga-Derbys insbesondere in Ermangelung an Duellen der Profimannschaften einen so hohen Fanzuspruch haben. Von den Bürgern wurde Rejek dann aufgefordert, zu Umzugsgedanken der Profimannschaft des TSV 1860 aus der Fröttmaninger Arena nach Giesing

Vorfühlen bei Anwohnern und Polizei – Anträge auf mitgliederversammlungen – stadionfrage bei 1860 weiter ungeklärt, aber in bewegung Von Dr. markus Drees – Freunde des sechz’ger stadions e.V. (FDs)

mitlinks nr. 54 – Dezember 2015  25

Stellung zu beziehen. Hier stellte er klar, dass man nach der letzten Saison im Falle des Abstiegs in die 3. Liga definitiv alles bei der Stadt versucht hätte, um mit der 1. Mannschaft im Grünwalder Stadion zu spielen. Das gelte angesichts des Tabellenplat-zes in dieser Saison 15/16 unverändert weiter. Die Kostensituation in Fröttmaning in der 3. Liga wäre nicht vermittelbar. Fragen nach Umzugsplänen bei Verbleib in der 2. Liga wich Rejek aus und verwies auf Verhandlungen mit der Stadt, über die er im jet-zigen Status noch nichts an die Öffentlichkeit tra-gen würde. Er betonte aber, es sei der Wunschtraum vieler Löwenfans, auch in höheren Ligen in Giesing zu spielen. Zum Sicherheitsaspekt erklärten Polizei und Vereinsvertreter unisono, dass normale Spiele selbst gegen die Ostvereine in der 3. Liga im Grün-walder Stadion weniger Probleme im Hinblick auf eine Fantrennung darstellen als das Derby. Es wür-den ja nur 10% der Kapazität an Gästefans gehen. Die Bürger äußerten zwei ernsthafte Kritikpunk-te, einen an der Polizei, den anderen am Stadion an sich. Ein Anwohner der Martin-Luther-Straße be-schwerte sich, dass er im August im Zuge des Poli-zei-Einsatzes an der Kastanienklause, bei dem unter anderem auch die Rockergruppe Hells Angels zuge-gen war, vier Stunden lang nicht das Haus verlassen durfte, und wollte wissen, ob dies denn wirklich nötig gewesen wäre. Anwohner aus der Tegernseer Landstraße berichteten, dass bei einem Derby mit 1860-Heimrecht der Bereich vor ihren Häusern als Parkplatz für Busse mit Bayernfans genutzt wurde, die sich dann in Ermangelung von Toiletten in den Hausfluren erleichtert hätten. Da er nichts gegen den Spielbetrieb im Grünwalder Stadion an sich hätte, bitte er darum, doch mobile Toilettenanlagen an sol-chen Sonderparkflächen aufzustellen. Eine eher befremdlich anmutende Wortmeldung gab es auch noch. Ein Anwohner sagte, er sei 2002 nach Giesing gezogen, weil man ihm versichert habe, dass das Stadion abgerissen werde. Doch nichts in dieser Hinsicht sei passiert – jetzt müsse er mit dem Flut-lichtschein im Wohnzimmer leben. Am schlimmsten seien die Basstrommeln, die die Zuschauer benutzen. Er forderte alle auf, die Trommeln zu verbieten. Hier

war dann sogar die Polizei auf Seiten der Fans und der Inspektionsleiter beschwichtigte, dass das Trom-meln zur Fankultur gehört, was von 1860-Funktio-när Rejek bestätigt wurde. Es gab aber auch Stimmen von Anwohnern, die das Stadion als Gegenpol zur Gentrifizierung des Viertels sehen und daher unbedingt wollen, dass es weiter in Benutzung bleiben soll, damit die Mie-ten nicht noch weiter ansteigen. Den Schlusspunkt setzte ein flammendes Plädoyer von Ex-Bürger-meister Klaus Hahnzog, ebenfalls wohnhaft in Gie-sing, der das Stadion vehement verteidigte, auch mit einem Blick in die Vergangenheit, als jeder noch stolz war, dass hier was los war, und die Einschrän-kungen am Spieltag gerne in Kauf genommen hat. Damals waren deutlich mehr Zuschauer vor Ort als bei einem Derby heutzutage und trotzdem waren negative Stimmen nirgends zu hören. Der eher spärliche Besuch bei der Veranstaltung zeigte, dass im Zweifelsfall die Anwohner mit ei-nem Umzug der ersten Mannschaft des TSV 1860 leben könnten, sofern die Auswirkungen am Spiel-tag auf sie einvernehmlich geregelt sind.

Erneute Mitgliederversammlung beim TSV mit Anträgen zur Stadionfrage

Die Satzung des Vereins sieht vor, dass ein vom Verwaltungsrat vorgeschlagenes Präsidium durch Mitgliedervotum ins Amt zu befördern ist. In ei-ner außerordentlichen Mitgliederversammlung am 15. November 2015 wurden zudem noch Anträge behandelt, die auf der ordentlichen Mitgliederver-sammlung zuvor aus Zeitgründen zurückgestellt werden mussten. Darunter waren auch zwei zur Stadionfrage. Der erste beinhaltete die Rückkehr nach Giesing, aber unter der Bedingung, dass man zuschauerträchti-ge Spiele wie gegen Nürnberg oder Kiel in der letz-ten Saison weiter in der Arena austrägt. Man habe schließlich als Miterbauer der Arena dafür gesorgt, dass die Infrastruktur in Fröttmaning von öffent-licher Hand bezahlt werden durfte und sich nicht erhöhend auf die Baukosten niederschlug. Somit sollte man das Recht haben, dort bei Bedarf weiter zu spielen. Dieser Antrag traf aber nicht so sehr den Zeitgeist. Wenn man aus der Arena, dem Inbegriff der roten Übermacht des FC Bayern, auszöge, dann komplett, nicht nur halb. Somit gab es keine Mehr-heit. Die fand aber ein anderer Antrag mit dem Ziel, den Ausstieg aus der Arena zur Saison 16/17 zu fi-xieren. Dabei sollte Giesing immer als Übergangs-spielort ins Auge gefasst werden – vielleicht sogar als längerfristiger Spielort, im Zweifelsfall könn-te man sich jedoch auch einen Neubau vorstellen. Ansonsten wurde das neue Präsidium gewählt, das im Vorfeld ebenfalls verlauten ließ, dass die Arena nicht mehr das geeignete Stadion sei.

Derbysieg für Blau – sogar der Investor aus Abu Dhabi war Augenzeuge

Überraschend hatte sich Hasan Ismaik, der 1860-Investor aus Abu Dhabi, zu Besprechungen angekündigt. Viele neue Personen seien nun bei 1860 am Werk (Präsidium, Sportdirektor, Trainer),

Vorfühlen bei Anwohnern und Polizei – Anträge auf mitgliederversammlungen – stadionfrage bei 1860 weiter ungeklärt, aber in bewegung Von Dr. markus Drees – Freunde des sechz’ger stadions e.V. (FDs)

Oben: Derbysieger 1860: Grüße der Spieler vom Zaun in Richtung Westkurve zu den Bayernfans. Foto: Anne Wild, neue formateLinks: Vor dem Derby: Löwenfans verhindern am Candidplatz, dass sich Bayern-fans dort treffen. Das USK war zahlreich vor Ort. Foto: Anne Wild, neue formate

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also sollte man sich kennenlernen. Der Fußballgott bescherte dem Gast aus dem Mittleren Osten zwei schöne Spiele. Die erste Mannschaft gewann gegen den Aufstiegsaspiranten St. Pauli und am nächsten Tag stand das Regionalligaderby an. Gezeichnet von den Anschlägen eine Woche zuvor in Paris, bei dem sich Attentäter vor dem Stade de France wäh-rend des freundschaftlichen Länderspiels Frank-reich gegen Deutschland in die Luft sprengten, war es das friedlichste Derby aller Zeiten. Im Stadion wurde keine Pyrotechnik gezündet und die Rivali-tät mit Worten und Gesängen ausgetragen. Ledig-lich der geplante Treffpunkt der FC Bayern-Fans am Candidplatz wurde durch das frühzeitige „Be-setzen“ des Platzes durch Löwenfans vereitelt. Die Polizei leitete die Bayernfans dann eben um zum Wettersteinplatz. Für die Anreise der Löwenfans hatte die Polizei erstmals die U2 an der Silberhorn-straße auserkoren – man lernt ab und zu auch als Ordnungshüter dazu. Sportlich hatten sich die „kleinen“ Löwen in der bisherigen Regionalliga-Saison etwas unter Wert verkauft. Doch im Derby schlugen sie die von der Regionalliga-Meisterschaft träumenden „kleinen“ Bayern mit 2 : 0. Auch dank dem Wintereinbruch blieben einige Bereiche in der Westkurve und auf der Osttribüne leerer als sonst, aber es waren im-merhin noch über 10.000 Zuschauer im Giesinger Fußballtempel. Einer davon war auch Investor Is-maik, der zum ersten Mal im Grünwalder Stadion war und sicher von der Stimmung beeindruckt war. Vollgepackt mit diesen Eindrücken besuchte Ismaik am nächsten Tag noch OB Dieter Reiter und disku-tierte mit ihm, welche Stadionstandorte aus Sicht der Stadt möglich seien, wenn der Arenaauszug an-gepackt werden würde. Einem Neubau in Giesing wurde vom OB eine Ab-fuhr erteilt, allerdings wäre ein partieller Ausbau auf circa 20.000 Zuschauer für ihn denkbar und reizvoll. Am liebsten wäre dem OB zwar eine Rück-kehr der Löwen ins Olympiastadion, er habe aber Verständnis, wenn 1860 dies wegen der geringen Akzeptanz dieser großen Schüssel bei der Fansze-ne nicht in Erwägung ziehe. Andere Standorte im Olympiapark seien wiederum der Öffentlichkeit nur schwer zu vermitteln. Ein Neubau in Riem würde nicht an der Stadt scheitern, der OB sieht es aber als teuerste Lösung an. Außerdem scheint sich auch bei Ismaik die Erkenntnis durchgesetzt zu haben, dass Riem auch wieder nur eine Stadtrandlösung ist, die in einer bisher nur wenig erschlossenen trostlosen Gegend entsteht und Ähnlichkeiten zum Arena-standort Fröttmaning hat. Auf alle Fälle ist die Stadiondiskussion nun wieder in vollem Gange. Man wird gespannt verfolgen dür-fen, zu was und vor allem wann sich die Entscheider bei 1860 zu einer Lösung durchringen.

Neuauflage des Rockkonzerts im Januar

Zu guter Letzt noch eine Veranstaltungsankündi-gung: Wegen des großen Erfolgs eines ersten Rock-konzerts im Februar 2015 veranstalten die Freunde des Sechz ger Stadions am 30. Januar 2016 ein zwei-tes mit den Bands Mötörblock und Maidenhead. Das Spektakel startet sinngemäß wieder um 18.60 Uhr. Karten zu 10 EUR gibt es (nur) an der Abendkas-se. Da lediglich 180 Rockfans in den VIP-Raum der neuen Wirtschaft im Grünwalder Stadion passen, empfiehlt sich eine pünktliche Anreise.

sanchaba 1860 Unitedlöwenfans gegen rechts unterstützen Fußballer in Gambia

Von Herbert schröger, löwenfans gegen rechtsGambia in Westafrika ist der kleinste Staat des af-rikanischen Festlandes und mit Ausnahme eines et-wa 40 Kilometer breiten Küstenstreifens vollständig von seinem großen Nachbarn Senegal umschlossen. Die allermeisten der etwa 1,8 Millionen Einwohner sind sehr arm, es fehlt an allem, was nach hiesigen Maßstäben zu einem minimalen Lebensstandard ge-hört.Die Begeisterung der Gambier für den Fußball ist hingegen sehr groß, gespielt wird praktisch überall, auf staubigen Lehmböden ebenso wie am Strand. 2005 im eigenen Land durch ein 1:0 gegen Ghana so-wie 2009 durch ein 3:1 gegen den Gastgeber Algeri-en konnte Gambia die U 17 Afrikameisterschaft für sich entscheiden – zwei sensationelle Erfolge für die jungen Skorpione („Scorpions“), wie die gambischen Nationalspieler im Volksmund genannt werden. Die „Löwenfans gegen Rechts“ unterstützen seit 2011 durch Sach- und Geldspenden den gambischen Drittligisten Sanchaba, der sich aus Begeisterung und Stolz über diese Partnerschaft mittlerweile in Sanchaba 1860 United umbenannt hat. Im November 2013 erreichte Sanchaba das Play-off-Finale um den Aufstieg in die zweite Liga Gambias. Der Gegner war ein Klub aus der größten gambi-schen Stadt Serrekunda, der sich angelehnt an einen anderen Münchner Verein „Bayern Central Serre-kunda“ nennt. Trotz drückender Überlegenheit ver-lor Sanchaba 1860 dieses „Stellvertreter-Derby“ in Westafrika vor zahlreichen Zuschauern durch ein Kontertor kurz vor Spielende höchst unglücklich mit 0:1. Seither hoffen die Löwen aus Gambia natürlich, diese Scharte möglichst bald wieder auswetzen zu können, und bauen hierzu auch weiterhin auf die Hilfe ihrer Freunde von 1860 München. Die „Löwenfans gegen Rechts“ bedanken sich an dieser Stelle ganz herzlich bei dem früheren Sport-direktor Florian Hinterberger, bei der Leitung des Jugendinternats, bei den Eltern der Kinder- und Jugendmannschaften und bei der Fußballabteilung des TSV 1860 München, für die vielen Sachspenden

Wer möchte, kann Sanchaba United 1860 gerne mit

einer Spende unterstützen:

Fußballverein Löwenfans gegen Rechts e.V.

IBAN: DE92 7001 0080 0665 5068 06 BIC: PBNKDEFF

Postbank München Verwendungszweck: Sanchaba 1860

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in Form von Trikots, Hosen, Stutzen und Bällen, die diese so großzügig zur Verfügung gestellt haben und weiterhin zur Verfügung stellen. Wir haben bei San-chabas Manager Fa Kebbe Jaiteh nachgefragt, was diese Hilfe für seinen Verein bedeutet:

Herbert Schröger (HS): Ein herzliches Servus von 1860 München an Sanchaba 1860 nach Gambia!Wie ist eure sportliche Situation? In welcher Liga spielt ihr mit eurer ersten Mannschaft?fa keBBe jaiteH: Wir spielen in der dritten Liga als eines von 24 Teams um den Aufstieg in die zweite Li-ga. Nur zwei Vereine steigen auf. HS: Seid ihr zufrieden mit der Entwicklung von Sanchaba 1860? fa keBBe jaiteH: Absolut! Wir versuchen, uns mit der Unterstützung durch 1860 München weiter zu entwi-ckeln und 1860 in ganz Gambia einen guten Ruf zu verschaffen. Wir haben eine Fußball-Akademie für talentierte Kinder und Jugendliche gegründet. Wir alle wissen, dass man das Fußballspielen von Kin-desbeinen an erlernen und sozusagen mit der Mut-termilch aufsaugen sollte. Unsere Akademie hilft den jungen gambischen Spielern ebenso wie Sancha-ba 1860.

HS: Was bedeutet es für euch, wenn ihr von Zeit zu Zeit unsere Pakete erhaltet?fa keBBe jaiteH: Nun, das ist wirklich mehr als großzügig, was uns 1860 München aus Deutschland zukommen lässt. Es ist kaum möglich, im Fußball Fortschritte zu machen, wenn es an den einfachsten Dingen mangelt.

HS: Wir Münchner Löwen fühlen uns sehr geehrt, dass ihr unsere „magische“ Zahl 1860 in eueren Vereinsnamen übernommen habt. Wie seid ihr auf die Idee gekommen?fa keBBe jiaiteH: Wir wollten uns dadurch bei 1860 München bedanken, für all die Trikots, Hosen, Stut-zen und Schuhe, die wir so dringend benötigen. Die-se Sachen sind hier in Gambia sonst unerschwing-lich teuer für uns. Nie zuvor haben wir eine solche Hilfestellung von irgendwem erhalten, bis uns die Unterstützung durch 1860 München zu einer richtig ernst zu nehmenden Mannschaft gemacht hat. Aus diesem Grund haben wir unseren Vereinsnamen mit der „magischen“ Zahl 1860 ergänzt.

HS: War der eine oder andere von euch schon mal in Europa oder gar in Deutschland?fa keBBe jaiteH: Einer unserer ehemaligen Spieler ist schon einmal in Europa gewesen. Sein Name ist Hamza Barry, er gewann 2009 mit der U 17 Gambias die Afrikameisterschaft und hat es bis zum A-Nationalspieler gebracht.

HS: Wäre es nicht ein echter Traum, wenn Mann-schaften unserer Vereine eines Tages in München oder in Gambia ein Freundschaftsspiel austragen würden? Wie denkt ihr darüber und glaubt ihr, dass dieser Traum irgendwann wahr werden könnte?fa keBBe jaiteH: Da glauben wir ganz fest daran! Es wäre wirklich eine Ehre für uns, gegen einen so gro-ßen Klub wie 1860 spielen zu dürfen und es würde unseren Fußball in seiner Entwicklung wieder ein großes Stück weiter bringen.

Kinder- und Jugendakademie Trainingslager vor dem Finale

Fahrt zum Finale Das Endspiel beginnt Fankurve Sanchaba 1860

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ΜΗΤΡΟΠΟΛΙΤΙΚΟ ΚΟΙΝΩΝΙΚΟ ΙΑΤΡΕΙΟ ΕΛΛΗΝΙΚΟΥ (ΜΚΙΕ)entstehungsgeschichte und ziele der „sozialen Praxis ellinikon“Aufgabe der „Sozialen Praxis Ellinikon“ (MKIE) im Süden von Athen ist es ihrem Selbstverständnis nach, ohne Ausgrenzung allen Arbeitslosen, Armen, Mi-grant_innen, Menschen ohne Krankenversicherung usw. kostenlose medizinische und pharmazeutische Grundversorgung anzubieten.Das wichtigste Ziel ist es, den Menschen zu dienen. Das MKIE und seine freiwilligen Helfer_innen kön-nen und wollen nicht das öffentliche Gesundheitssys-tem ersetzen. Ganz im Gegenteil, sie engagieren sich politisch da-für, dass das darniederliegende öffentliche Gesund-heitssystem Griechenlands für alle zugänglich bleibt und allen Menschen Dienst-leistungen auf höchstem Ni-veau anbieten kann.Die Idee für die Gründung des MKIE wurde vom Kar-diologen Giorgos Vychas und seinen Freunden bei den Demonstrationen der „Empörten“ im Sommer 2011 auf dem „Syntagma-platz“ entwickelt.Den „Startschuss“ für die Gründung der sozialen Pra-xis hat ein Satz von Mikis Theodorakis vor seinem Konzert auf dem Gelände

des ehemaligen Flughafens Ellinikon im September 2011 gegeben: „Kein Mensch darf hungern, kein Mensch darf ohne medizinische Versorgung bleiben.“Die Gruppe der Aktivisten um Giorgos Vychas hat die Zusammenarbeit und Unterstützung der Stadt-verwaltung Ellinikon/Argyroupoli erbeten. Mit deren Unterstützung u.a. durch kostenlose Raumüberlas-sung in Baracken auf dem ehemaligen Flughafen und der Hinzugewinnung von weiteren aktiven Menschen konnte die Idee in die Praxis umgesetzt werden. Die Räume und die angrenzenden freien Flächen sind

geeignet, neben der Unter-bringung der Praxis auch zahlreiche unterstützende Aktivitäten, z.B. kulturelle Veranstaltungen, durchzu-führen.Mit dem Namen „Metro-politane Soziale Praxis El-linikon“ soll der Wille der freiwilligen Helfer_innen des MKIE unterstrichen werden, dass das Gelände des ehemaligen Flughafens Ellinikon den Bedürfnissen der großen Mehrheit und nicht den Interessen der „Wenigen“ zu gute kommen soll.

Das MKIE wurde auf folgende Säulen aufgebaut und arbeitet nach folgenden Prinzipien:1) Es nimmt keine Geldbeträge, sondern nur Sach-

spenden entgegen;2) es arbeitet überparteilich und erlaubt keine par-

teipolitische Aktivität innerhalb s e i n e r Programme;

3) es macht keinerlei Werbung für seine Förderer und Unterstützer.

Auf Grundlage dieser Prinzipien:* nimmt es nur Sachspenden oder Dienstleistun-

gen entgegen;* erlaubt es keiner Partei, die Ergebnisse der Ar-

beit der inzwischen fast 300 freiwilligen Helfer_innen für parteipolitische Zwecke zu missbrau-chen.

* Alle Spender, Förderer (einzelne Personen oder Firmen) können helfen, ohne dass dies in der Werbung erwähnt wird.

Die Soziale Praxis wird von niemandem finanziert (abgesehen von der Raumüberlassung durch die Stadt Ellinikon/Argyroupolis). Dadurch wird ihre Unabhängigkeit und Autonomie gewahrt.Die Mitarbeiter_innen legen großen Wert auf Trans-parenz. Alle wesentlichen Entscheidungen werden gemeinsam getroffen, das wichtigste Gremium ist die Vollversammlung. Alle freiwilligen Helfer_in-nen sind untereinander gleich. Unterschiedliche

Aufgaben und Zuständigkeiten sind nur aus orga-nisatorischen Gründen möglich.Die Metropolitane Soziale Praxis Ellinikon be-gann ihre Arbeit im Dezember 2011. Seither wur-de sie von fast 30.000 Menschen zur medizinischen Versorgung aufgesucht. Diese Dienstleistung wird durch die unbezahlte aktive Mitarbeit von vielen Menschen und der Tätigkeit von den zahlreichen freiwilligen Helfern_innen ermöglicht.Darunter findet man: Ärzte vieler Fachrichtungen, z.B. Kardiologen, Orthopäden, Neurologen, HNO-Ärzte, Frauen- und Kinderärzte, Psychologen, Phy-siotherapeuten, Zahnärzte, Ernährungsberater u.a.In ihrer Apotheke findet man: zahlreiche Medika-mente für die wichtigsten Erkrankungen, Mittel zu Versorgung von Kleinkindern wie Babynahrung und Windeln. Seit über vier Jahren bestehen Kontakte zwischen dem Forum Eurokrise im Sozialforum München und der Sozialen Praxis Ellenikon. Inzwischen wurden über eine Postkartenaktion und zahlreiche Infostände über 14.000 Euro für dieses Zentrum ge-sammelt. Dafür wurden in einer sozialen Apotheke dringend benötigte Medikamente eingekauft und übergeben.

Bitte unterstützen Sie unsere Hilfsaktionen durch Spenden und Mitarbeit! Spendenkonto: Hans-Peter Gase, Konto 40 160 52 32, BLZ 700 905 00, Sparda-Bank München, Verwendungszweck „Griechenland“.

Email: [email protected] • Aktuelle Informationen unter: mki-ellinikou.blogspot.gr V.i.S.d.P.: P. Kleiser, Holzhofstr. 8, 81667 München, E.i.S.

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sechs Jahre Austerität: Die dramatischen Folgen für die soziale lage und die gesundheitliche Versorgung der menschen in Griechenlandzusammengestellt von Pavlos Delkos und Paul kleiser

Die von der Troika (aus EU-Kommission, Europäi-scher Zentralbank und Internationalem Währungs-fond) aufgezwungene Sparpolitik hat Griechenland in eine tiefe Krise geführt, die nur mit der Zeit der deutschen Besatzung und des anschließenden Bür-gerkriegs verglichen werden kann.Zwischen 2010 und 2014 (fünf Jahre Rezession in Folge) ist die Wirtschaftsleistung (BSP) um mehr als 25 % geschrumpft. Auch für das Jahr 2015 wird wegen des Sparzwangs mit einer weiteren leichten Rezession um etwa ein Prozent gerechnet.Die Arbeitslosigkeit hatte Ende 2013 die Marke von fast 30 Prozent erreicht, drei Mal so viel wie noch 2009 (vor der Krise); bei den jungen Leuten unter 25 lag sie bei etwa 60 Prozent. Die schmale Arbeitslo-sen-Unterstützung wird – wenn überhaupt – höchs-tens ein Jahr lang bezahlt und liegt zwischen 180 und 468 Euro. Seit 2010 sind die Löhne und Renten zwischen ei-nem Drittel und 60 % gefallen. Der Mindestlohn wurde von 751 Euro auf 586 Euro, für die unter 25 Jährigen sogar auf 511 Euro zusammengestrichen. Aber in Wirklichkeit gibt es kaum noch reguläre Arbeitsverhältnisse und kaum ein Arbeitnehmer im privaten Sektor bekommt den Mindestlohn. Viele Arbeitgeber nutzen die Krise aus und führen keine Sozialabgaben ab. Gleichzeitig wurden die Steuern massiv erhöht. Die Mehrwertsteuer stieg auf 23%; für den Öffentlichen Dienst wurde eine zusätzliche „Solidaritätssteuer“ eingeführt und alle Eigenheimbesitzer (83% der Be-völkerung) haben nun eine neue Immobiliensteuer zu bezahlen.Die Kaufkraft der Bevölkerung wurde in fünf Jah-ren um 40% reduziert. Fast ein Drittel der Bevölke-rung lebt unterhalb der Armutsgrenze (665 Euro). Diese schlechte wirtschaftliche Situation, der Sparzwang des Staates, die hohe Arbeitslosigkeit usw. führten auch zu einer dramatischen Ver-

schlechterung der gesundheitlichen Versorgung der Bevölkerung. Arbeitslose verlieren nach einem Jahr die Krankenversicherung; kleine Selbständige können ihre Versicherungsbeiträge nicht mehr be-zahlen, daher hat fast die Hälfte der Bevölkerung keinen Zugang zum öffentlichen Gesundheitswesen mehr. Viele Schwerkranke bekommen die notwen-digen Medikamente nicht auf Rezept, müssen die-se selbst bezahlen. In den vergangenen Jahren hat mehr als die Hälfte der Bevölkerung keinen Arzt gesehen, nicht, weil sie so gesund wären, sondern weil sie einfach nicht über die nötigen Mittel ver-fügen.Angesichts dieser Situation sind überall in Grie-chenland Formen der Selbsthilfe und der Selbstor-ganisation entstanden. Bauern verkaufen ihre Pro-dukte direkt an die Verbraucher, Menschen schlie-ßen sich zusammen, um Suppenküchen zu organi-sieren, es gibt Formen des geldlosen Austausches von Gütern und Dienstleistungen usw.Da sich das Gesundheitswesen in einer tiefen Kri-se befindet, sind in vielen Städten Formen der Hilfe für Arme und Unversicherte entstanden. Im ganzen Land und in vielen Städten sind insgesamt über 50 selbstorganisierte ambulante Gesundheitszentren eingerichtet worden. Sie firmieren unter dem Na-men „Soziale Praxis und Apotheke der Stadt X“ und werden von freiwilligen Helfern betrieben.Auch unter der neuen von SYRIZA geführten Re-gierung hat sich die gesundheitliche Versorgung der Menschen nicht spürbar verbessert. Die strukturel-len Probleme des Gesundheitssystems (chronische Unterfinanzierung, stark reduzierte Kapazitäten im Personal- und Sachmittelbereich) können nicht so schnell behoben werden.Laut Aussagen des neuen Gesundheitsministers steht das Gesundheitssystems am Rande des Zu-sammenbruchs. Nur dank des großartigen Einsat-zes des verbliebenen Personals konnte bisher ein

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„Black Out“ des Systems vermieden werden.Es fehlen laut Gesundheits-minister Andreas Xanthos etwa 25.000 Pflegekräfte und über 6.000 Ärzte. Die geplanten bzw. be-reits beschlossenen Maß-nahmen haben noch keine Wende bewirken können. Die Rücknahme der Zuzahlung von 5.- Euro bei je-dem Krankenhausbesuch und die 1.- Euro Rezept-gebühr und der bedingungslose Zugang von allen Menschen (auch der Unversicherten) zum öffentli-chen Gesundheitssystem haben zu weiteren Über-lastungen der geringeren personellen Kapazitäten geführt. Doch diese Maßnahmen sollen nach dem Willen der Kreditgeber sogar zurückgenommen werden bzw. mit alternativen Sparmaßnahmen fi-nanziert werden.Das Vorhaben der Regierung, 4.500 Kräfte (Medi-zin u. Pflege) einzustellen, konnte wegen des zeit-raubenden Einstellungsverfahren im Öffentlichen

Dienst und vermutlich des heftigen Widerstandes der Kreditgeber noch nicht umgesetzt werden. Die ersten 1.000 zusätzlichen Kräfte sollen erst ab Ja-nuar 2016 eingestellt werden. Weitere 2.440 Stellen sind bereits von den Ministerien genehmigt worden.Noch im Dezember 2015 soll das „Krankenversiche-rungsheft“ (Nachweis der Krankenversicherung) für alle bisher nicht versicherten Menschen (ein-schließlich Migranten und Flüchtlinge) eingeführt werden, das einen allgemeinen, gleichberechtigten Zugang zum öffentlichen Gesundheitssystem für alle Menschen ermöglicht. Das Forum Eurokrise im Sozialforum München un-terstützt das selbstorganisierte und selbstverwal-tete Gesundheitszentrum von Ellinikon am alten Flughafen von Athen. Dort helfen fast 300 ÄrztIn-nen, ZahnärztInnen, Krankenschwestern usw. in ihrer Freizeit und unentgeltlich den Mittellosen. Nicht nur aus Griechenland, sondern aus vielen an-deren Ländern treffen mittlerweile private Geld- und Sachspenden zur Unterstützung dieser exem-plarischen Initiativen ein.(Siehe dazu ausführlich Kasten S. 28)

Wie in den Vorjahren unterstützt die LINKE im Stadtrat die Proteste gegen die Nato-„Sicherheits“konferenz. Hier der Aufruf der Veranstalter:

A u f r u f z u P r o t e s t e n g e g e n d i e n A t O „ s i c h e r h e i t s “- k o n f e r e n z a m s a m s t a g , 13 . F e b r u a r 2 0 1 6 i n m ü n c h e n

Gegen Aufrüstung und krieg – nAtO abschaffen no Justice - no Peace – Ohne Gerechtigkeit gibt es keinen Frieden bleiberecht für alle Geflüchteten – kein mensch ist illegalBei der sogenannten Münchner Sicherheitskonfe-renz (SIKO) im Februar 2016 versammeln sich die politischen, wirtschaftlichen und militärischen Machteliten, vor allem aus NATO-Staaten, die Haupt-Verantwortlichen für das Flüchtlingselend, für Krieg, Armut und ökologische Katastrophen. Ihnen geht es nicht um Sicherheit für die Menschen auf dem Globus, sondern um die Aufrechterhaltung ihrer weltweiten Vorherrschaft.Weltweit sind sechzig Millionen Menschen aus Kriegs- und Armutsregionen auf der Flucht, doch nur die wenigsten von ihnen erreichen Europa. Sie fliehen vor den Folgen einer ausbeuterischen Welt-ordnung, vor Krieg, Zerstörung, Not und Tod.

Solidarität mit allen Geflüchteten

Elend, Zerstörung und massenhafte Flucht sind die dramatischen Folgen der Politik des Westens. Die meisten Geflüchteten kommen aus den durch NA-TO-Interventionen ins Chaos gestürzten Ländern.

• Die Kriege der NATO-Staaten – Jugoslawien, Af-ghanistan, Irak und Libyen – haben die Lebens-grundlagen der Menschen in diesen Ländern ver-nichtet und zum Erstarken des verbrecherischen IS geführt.

• Konflikte und Bürgerkriege werden angeheizt und durch Waffenlieferungen befeuert. Reaktio-näre und autoritäre Staaten wie die Türkei, Sau-di-Arabien und Katar sind Bündnispartner des „Westens“ und werden militärisch hochgerüstet.

NO to NATO

Bei den Kriegen der NATO-Staaten ging und geht es nicht um Verteidigung gegen einen Angriff an-

derer Staaten. Es geht um Regimewechsel, um die Kontrolle der Energieressourcen und um geostra-tegische Interessen. Kaum ein Land ist sicher vor „westlichen“ Militärinterventionen, wenn es sich nicht bedingungslos den Spielregeln der imperia-listischen Staaten unterwirft. Nach dem Scheitern der NATO im Irak, in Afgha-nistan und Libyen wird Russland als Feindbild wiederbelebt und ein brandgefährlicher Konfron-tationskurs in Gang gesetzt. Die NATO rückt bis an die Grenzen Russlands vor.

Gegen den NATO-Konfrontationskurs und militärische Aufrüstung

• gegen die Ausweitung der NATO-Militärstütz-punkte in osteuropäischen Ländern, zusätzlich zu den rund 800 US-Stützpunkten weltweit,

• gegen die NATO-Raketenabwehr und den Ein-satz von Killerdrohnen,

• gegen NATO-Truppenmanöver in der Ukraine und die militärische Aufrüstung Kiews,

• gegen die weitere Verschärfung des Konfliktes in Syrien – für eine politische Lösung,

• Abzug der in Deutschland stationierten US-Atomwaffen – Beendigung der Bundeswehr- Trainingsflüge für den Abwurf der Atomwaffen und Kündigung der Stationierungsverträge,

• Schluss mit militärischer Aufrüstung und allen Waffenexporten,

• Keine Auslandseinsätze der Bundeswehr.

Von deutschem Boden geht nicht Frieden, sondern Krieg aus

Deutschland ist einer der weltweit größten Waf-fenexporteure. Deutschland ist – unter Bruch der

Andreas Xanthos

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Wir dürfen von einander nicht abhängig sein, sondern müssen solidarisch verbunden seinredebeitrag Çetin Oraner zum 5. Panafrikanismus kongress

Der 5. Panafrikanismus-Kongress findet zu einer Zeit statt, in dem sich die grundlegenden Probleme der Menschheit wie Krieg, Unterdrückung, Armut und ökologische Zerstörung in einem noch nie da gewese-nen Ausmaß dramatisch abzeichnen. Annähernd 30 Millionen Menschen aus Afrika, aus dem Mittleren Osten und Asien sind derzeit auf der Flucht vor einer Weltwirtschaftsordnung, die die Reichen noch reicher und mächtiger macht, als sie es schon sind. Die Folgen sind millionenfacher Tod, unermessliches Leid, Zer-störung und Hunger. Am Beispiel des afrikanischen Kontinents können wir sehen, wie seit Jahrhunderten Kolonialismus und gegenwärtig der Neoliberalismus auf der Erde wüten. Seit Jahrhunderten werden die Ressourcen eines Kontinents systematisch geplündert und seine Menschen ausgebeutet. Völkermorde wer-den praktiziert, ökologische Schäden, die fast nicht mehr wieder gut zu machen sind, angerichtet. Einzig-artige Kulturen wurden und werden vernichtet. Jeder Versuch der afrikanischen Völker, besonders im 20. Jahrhundert, bei der Erkämpfung nationaler Unab-hängigkeit und der darauf folgende Versuch, gesell-schaftlich demokratische Alternativen zu verwirkli-chen, wird bis in unsere Gegenwart mit militärischer Intervention von außen oder mit Staatsstreichen und provoziertem Bürgerkrieg von innen verhindert. In den letzten Wochen sehen wir dies am Beispiel der dramatischen Entwicklungen in Burkina Faso. Der Neoliberalismus will keine selbstbestimmte demo-kratische, wirtschaftliche Entwicklung in Afrika, so wie er es nirgendwo auf der Welt will. Jede Grundlage für ein menschenwürdiges Dasein wird vernichtet.

Deshalb sagen wir: Die Ursache für die gegenwärtig Millionen Flüchtlinge aus Afrika und dem Mittleren Osten ist das Ergebnis dieser menschenverachten-den, neoliberalen Machtpolitik. Wenn das Mittel-meer, wenn die Ägäis zu einem Massengrab geworden ist und wenn die Grenzen für flüchtende Menschen dichtgemacht werden sollen, dann ist dies die Fort-führung dieser unmenschlichen Politik, die wir aufs Schärfste verurteilen. Die Idee des Panafrikanismus, Afrikanerinnen und Afrikaner, gleich welcher Religion, gleich welcher ethnischen Zugehörigkeit, ob in Afrika, ob in der Di-aspora, mit einer gemeinsamen kulturellen Identität zu vereinen, kann nur gelingen, wenn zeitgleich auf dem afrikanischen Kontinent die Völker Afrikas auf einer demokratischen Basis sich verständigen, um politisch, kulturell wie ökonomisch eine Alternati-ve zum Neoliberalismus zu bilden. Um dies mit den Worten Patrice Lumumbas auszudrücken: „Schafft neue Strukturen, angepasst an die Bedürfnisse einer wirklichen afrikanischen Entwicklung, und kehrt die Methode um, die uns aufgezwungen worden ist.“ Die-ser kurze Satz beinhaltet Vision und Weg einer neuen demokratischen Gesellschaft, die nicht nur für Afrika Gültigkeit haben, sondern für die ganze Menschheit. Wenn wir die Strukturen der kapitalistischen Moder-ne in Form von nationalstaatlicher bzw. zentralisti-scher Verwaltung übernehmen, dann regieren sie uns. Wenn wir das produzieren, was sie wollen und wie sie es wollen, dann kontrollieren sie uns. So schaffen wir ihre Gewinne, stärken wir ihre Macht, schaffen wir ihre Grenzen und führen wir mit ihren Waffen, die sie

Verfassung – die militärische Drehscheibe für die US- und NATO-geführten Aggressionskriege: Über den US-Militärstützpunkt Ramstein werden Mili-tärtransporte der US-Streitkräfte in den Mittleren Osten und nach Afrika abgewickelt und der Einsatz von Killerdrohnen gelenkt, durch die weltweit be-reits Tausende Menschen ermordet wurden. Diese Beihilfe und die Kriegsbeteiligung Deutsch-lands stehen im Widerspruch zum Friedensgebot des Grundgesetzes und zur Verpflichtung im deut-schen Einigungsvertrag (Zwei-plus-Vier-Vertrag, Art. II), „dass von deutschem Boden nur Frieden ausgehen wird“.

TTIP, CETA, TISA dürfen nicht durchkommen

Mit diesen Investorenschutz-Abkommen werden soziale und demokratische Standards abgebaut, al-le Lebensbereiche den Profitinteressen der transna-tionalen Konzerne ausgeliefert und immer größere

Armut und weitere Fluchtgründe geschaffen. Die globale Macht der großen Konzerne, ihre poli-tischen Handlanger und die Kriegsallianz NATO sind eine Bedrohung für die gesamte Menschheit. Sie zementieren eine Weltordnung, in der das reichste Prozent der Weltbevölkerung im Jahr 2016 mehr besitzen wird als die übrigen 99 Prozent zu-sammengenommen (OXFAM-Studie, 20. Jan. 2015). Mit ihrer am Profit orientierten Wirtschaftsord-nung zerstören sie die Lebens- und Existenzgrund-lagen der ganzen Menschheit.

Als Teil einer weltweit wachsenden Widerstandsbe-wegung treten wir ein für Frieden und Gerechtig-keit in einer Welt ohne Ausbeutung von Menschen und Zerstörung der Natur. Wir erklären deshalb den auf der SIKO versammel-ten Machteliten: Ihr und eure Politik seid hier und überall auf der Welt unerwünscht.

Wir rufen auf zum Protest gegen die sogenannte Sicherheitskonferenz am Samstag, 13. Feb. 2016 in München13:00 Uhr: Auftaktkundgebung – Stachus/Karlsplatz 13:45 Uhr: Umzingelung des Tagungsortes der NATO-Kriegs-StrategenDemonstration - über Lenbachplatz - Platz der Opfer das Nationalsozialismus - Odeonsplatz - zum Marienplatz Protest-Kette - über Neuhauser Str. - Kaufingerstr. - zum Marienplatz 15:00 Uhr: Schlusskundgebung – MarienplatzAKTIONSBÜNDNIS GEGEN DIE NATO-SICHERHEITSKONFERENZ www.sicherheitskonferenz.de

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Rotterdam von oben mit deutlich sichtbaren, roten Fahr-radwegen

Und so sieht die Vorschlag des holländischen Planers für den Karolinenplatz aus

shabby shabby apartments ein Projekt der kammer- spiele münchen mit dem raumlaborberlin

Von katharina Horn

Kann man überhaupt mit 24 Designerbuden, die je-weils nur 250 Euro an Materialgeld gekostet haben und vom 12. September bis 13. Oktober für 35 Euro nächteweise für zwei Personen zu mieten waren, auf die prekäre Wohnsituation in München aufmerksam machen? Darf man das, im reichen München? Aus ei-ner Reihe von 258 Entwürfen hatte die Jury 24 Ent-würfe herausgepickt, die dann auch umgesetzt wur-den. Leider waren es schließlich nur noch 23 bewohn-bare Behausungen, denn ein Objekt wurde gleich zu Beginn Opfer eines Brandanschlages. Seitdem wohnte es sich in einem shabby shabby apartment so exklusiv wie sonst nirgends: Es gab nämlich einen Wachdienst, der herumfuhr und die Apartments und ihre jeweili-gen Bewohner bewachte. An den einsameren Stand-orten gab es sogar einen persönlichen Wachmann, der eine Nachtwache vor Ort hielt.Die Frage, die sich also Matthias Lilienthal, der neue Intendant der Kammerspiele in München stellen las-sen musste, ist also klar: Ist das erlaubt, so zu tun als wäre shabby nicht nur chic, sondern auch nachhaltig? Nachhaltig in dem Sinne, dass sich die Öffentlichkeit mit dem Thema Wohnungsnot in München auseinan-dersetzt und vielleicht dazu angeregt wird, etwas zu ändern? Die Frage drängte sich geradezu auf, fiel doch der Start der Aktion zufällig auf das Wochenende, an dem in München 20.000 Flüchtlinge erwartet wur-den und die Stadt München anfangs überhaupt nicht

wusste, wo man die denn alle unterbringen soll. Für mich als Münchnerin mit ganz festem Wohnsitz stellt sich wiederum die Frage, ob es eingedenk der wirk-lich schlimmen Erlebnisse der Flüchtlinge überhaupt statthaft ist, an so einer Aktion teilzuhaben und mal so für einen Tag zu tun, als wolle man wirklich in einem shabby apartment leben? Andererseits kann man das Projekt auch von einer ganz anderen Seite betrachten – dass es nämlich darum ging, überhaupt einen Denkanstoß zu bekommen, wie und wo wir alle denn nun leben wollen und was dazu eigentlich nötig ist. Fakt ist: München ist teuer und der Wohnraum ist sehr rar. Wer keinen Top-Leumund hat, der hat es so-wieso schwer, etwas zu mieten; selbst ich musste bei meinen letzten Mietverträgen immer eine Bürgschaft meiner Mutter beibringen (eigentlich lachhaft – ich war da schon über 40 und seit mehr als 15 Jahren be-rufstätig!). Wenn man dann auch noch Wünsche wie Balkon oder Ähnliches hat, dann wird man mittler-weile schon fast ausgelacht. Ich habe mich allerdings dazu entschieden, an den shabby apartments teilzunehmen und erst danach, wenn überhaupt nötig, zu meckern. Schwupps, schon hatte ich meinen Freund auch schon davon überzeugt, mit mir mitten in München, also IM ISARTOR (Isar-tor 1.1) zu übernachten. Damit es nicht nur bei einem Zufallserlebnis bleibt, buchte er noch ein anderes Apartment, das „A House of Simple Pleasures“ im

uns verkaufen, ihre Kriege. Was uns bleibt, ist neue Abhängigkeit, Korruption, Armut, Unterdrückung, oft genug Krieg bzw. Bürgerkrieg, Zerstörung und schließlich die Flucht. Aber wenn wir diesen Teufelskreis bzw. diese Me-thode umkehren und unsere eigenen demokratischen Strukturen in der Verwaltung, in der Wirtschaft, in der Politik aufbauen, jeden einzelnen Menschen in die Entscheidungs- bzw. Umsetzungsprozesse mit ein-beziehen, die Befreiung und Gleichberechtigung der Frauen innerhalb unserer Strukturen unermüdlich vorantreiben, kulturelle Vielfalt gegen Nationalismus und religiösen Fundamentalismus stärken, dann ha-ben wir eine Chance. Eine Chance, eine gerechtere, ei-ne friedliche Gesellschaft aufzubauen in Afrika, Asi-en, Südamerika und im Nahen Osten. Großartige Ver-suche und wichtige Ansätze dafür gibt es in Afrika. Es ist ein langer, beschwerlicher Weg, den wir zusam-men gehen müssen. Dabei dürfen voneinander nicht abhängig sein, aber solidarisch verbunden. Nur so können wir die Ursachen für Krieg, Unterdrückung, Armut, Zerstörung der Ökologie und Massenflucht bekämpfen. Jeder Schritt auf dem afrikanischen Kontinent in diese Richtung wird alle afrikanischen

Menschen – auch die, die hier in Europa, in der BRD und in München leben, arbeiten, studieren – in ihrem Selbstbewusstsein gegen Rassismus, für Gleichbe-rechtigung um ein Vielfaches stärken und ihnen somit auch Impulse für eine gesellschaftlich positive Verän-derung für uns alle, auch hier in München, geben.Sie haben viele Freunde in München. Sie haben Freun-de in der Verwaltung der LHM und im Stadtrat. Als Stadtratsgruppe DIE LINKE München werden wir uns gemeinsam mit unseren afrikanischen FreundIn-nen, besonders in dieser Zeit, wo Tausende Flüchtlin-ge auch aus Afrika unsere Solidarität brauchen, für menschenwürdige Unterbringung, für Bildung, für Arbeit, gegen Rassismus, für ein Bleiberecht und ein solidarisches München einsetzen. Im Geiste von Patrice Lumumba, Miriam Makeba, Thomas Sankara, Steve Biko, Nelson Mandela, Dr Maya Angelou, Dr. Cheikh Anta Diop und vielen an-deren afrikanischen Frauen und Männern, die im Sinne einer freien Gesellschaft für Gleichberechti-gung und den Frieden für alle friedliebenden Men-schen eingetreten sind, wünschen wir dem 5. Panafri-kanismus-Kongress ein gutes Gelingen und uns allen in unserem gemeinsamen Kampf viel Erfolg.

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Münchner Rosengarten dazu. So weit so gut, denn wir wussten überhaupt nicht, worauf wir uns da eingelas-sen hatten, es waren ja nur Entwürfe und bei der Kar-tenbestellung noch keine realisierten Apartments, die wir da beherzt buchten. Für die wirklich sehr charmante Altkleiderjurte vor Hermès direkt auf der Maximilianstraße, also auch direkt neben den Tram-gleisen, war selbst ich etwas zu feige. Ich hatte ehrlich gesagt Angst vor dem Muff der alten Klamotten und dem Lärm der Tram, aber gefallen hätte es mir schon, so leicht zerstrubbelt am Morgen vor DEM Luxusshop aufzustehen und dann in die Arbeit zu gehen. Am 16.9.2015 um 17 Uhr war es dann aber so weit, das erste „Erlebnisbett“ stand an. Wir bezahlten die Kau-tion, erhielten die Schlüssel und eine Taschenlampe mit Dynamo und radelten hin. In den Rosengarten. Das Holzhäuschen mit durchsichtiger Plastikfolie bespannt, lag malerisch an dem kleinen Bach, der durch den Rosengarten führt. Malerisch die Lage, durchsichtig das Häuschen und zu Öffnungszeiten des Rosengartens waren natürlich auch schon einige Personen im Haus. In UNSEREM Haus – tja, da war sie schon, die 1. Erkenntnis: Wir dürfen zwar heute al-lein drin schlafen, aber ansonsten ist es frei zugäng-lich; und das ist auch gut so, öffentlicher Raum gehört nun mal der Öffentlichkeit, auch wenn sich die Sicht der Dinge ganz schnell ändert, wenn man persönlich betroffen ist. Das Haus, eigentlich sind es ein paar Balken mit Plastikfolie bespannt und einem kleinen hauchdünnen Vorhang und einer Art Tisch sowie zwei Stühlen. Daher also simple pleasure, eindeutig, aber für eine Nacht lang eben unseres. Wir betrach-teten die Hütte und wollten später, wenn der Rosen-garten geschlossen hat, wiederkommen – den eigenen Schlüssel hatten wir ja schon bekommen – ganz schön exklusiv für 35 Euro inklusive Frühstück. Während wir aber bei dem Haus standen, kamen immer wie-der Menschen vorbei, die das Gespräch suchten: „Ach Sie übernachten hier?“, „Was meinen Sie, worum geht es?“, „Wie finden Sie das?“, „Ja“, sagte eine Be-sucherin, Sie habe sich auch gleich vier Apartments gebucht, „jeweils mit einer anderen Freundin zusam-men“ – auch so kann man sich das Leben in München besonders machen! Als wir dann später nach Einbruch der Dunkelheit wiederkamen, regnete es nicht nur, nein der Rosen-garten war, entgegen der Vorhersage auch noch sperr-angelweit offen und es fehlte in unserem Bett eine Decke – vorher war sie aber eindeutig noch drin. Er-kenntnis Nummer 2: Für ein Zuhause braucht es ein-deutig eine Decke, egal wie shabby das Ganze ist! Tja, zuerst war ich etwas ängstlich, aber dann habe ich gedacht, dass sie hoffentlich jemand genommen hat, der sie dringender woanders brauchte und dahin mit-genommen hat. Wir bekamen dann netterweise noch eine nachgeliefert. Die Matratzen und Decken sowie die Taschenlampen hat übrigens Ikea gesponsort, sehr gut platzierte Eigenwerbung. Den recht kernigen Wachmann, der den Rosengarten um 21 Uhr dann ab-schließen sollte, haben wir übrigens auch noch in ein Gespräch über das Projekt verwickelt, fand er doch, dass die obdachlosen Flüchtlinge in der Unterkunft, in der er sonst noch seinen Dienst tut, den deutschen Obdachlosen die Betten wegnähmen. Mein Freund, der Harmoniebedürftigere von uns beiden, wollte es dabei belassen, aber ich habe mir trotz Dunkelheit und eindeutig schwächerer Position ein Herz genom-men und ihm entgegnet, dass es sich doch bei beiden geschilderten Situationen eindeutig um Schicksale von Menschen handelt, ganz egal woher oder wohin,

einfach ohne Bleibe und die könne und dürfe man nun mal nicht sich selbst überlassen. Tja, da konnte auch er nichts mehr entgegnen. Erkenntnis Nummer 3: Man kommt mit Menschen ins Gespräch, mit de-nen man sonst nie sprechen würde – bei Sätzen wie „ich bin ja kein Nazi, aber…“ hört bei mir nämlich die Konversation normalerweise auf, hier ging sie eben mal weiter. Nach der etwas feuchten, aber sehr schönen Nacht, fast im Freien, standen am Morgen auch schon wie-der Rosengartenbesucher neben unserem fast durch-sichtigen Apartment und haben uns locker in ein Ge-spräch verwickelt … auch das haben wir überstanden, und dann haben wir uns auf den Weg zum gemein-samen Frühstück aller shabby-Mieter dieser Nacht in die Kantine der Kammerspiele aufgemacht. Dort hat-ten die meisten das starke Bedürfnis, die Erlebnisse der Nacht mitzuteilen, wir ehrlich gesagt auch. Es wa-ren sehr schöne Gespräche und eindeutig ein weiterer Teil der Erkenntnis Nr. 3: Die Kommunikation ist ein ganz wichtiger Bestandteil dieses Projekts! Bei unserer zweiten Apartmentnacht, eine Woche spä-ter, in einem Holzhäuschen, eingebaut in einen Bogen des Isartors, fanden wir uns in einer sehr schönen und wohnlichen Unterkunft wieder. Es gab sogar eine Art Wohnzimmer mit Schaukel. Wir hatten ein paar neu-gierige Freunde und Familienmitglieder eingeladen, und so konnten wir den Abend stimmungsvoll begin-nen – bei Kerzenschein und mit Rotwein schaukelnd auf einem Brett, das unverputzte alte Gemäuer des Is-artors vor Augen. Natürlich klopfte es ab und zu wie-der an die Tür, und herein stürmten uns unbekannte Gesichter, die wissen wollten, wie es so aussieht im Isartor, und den Kontakt suchten – sie waren unter anderem Gäste im gegenüberliegenden Brunnen (zum Glück mit Bett und ohne Wasser) und in der sogenann-ten „Besenkammer“ auf der Verkehrsinsel auf dem Isartorplatz. In der Nacht hatten wir übrigens unse-re Erkenntnis Nummer 4: Ist diese Stadt laut! LKWs, Busse und Motorräder sind einfach die Pest, besonders wenn sie direkt neben dem Ohr vorbeifahren. Wir wa-ren am Morgen im wahrsten Sinne des Wortes wie ge-rädert. Trotzdem war es etwas Besonderes, überhaupt an so einem Ort mitten in München übernachten zu dürfen, und für eine Nacht nimmt man das natürlich gerne in Kauf. Ich kann mir jetzt aber noch besser vor-stellen, wie furchtbar es ist, wenn man noch nicht ein-mal eine Bretterwand zwischen sich und dem Verkehr hat, vom Wetter ganz zu schweigen.Nach all diesen Erlebnissen haben wir also folgendes gelernt: 1. Öffentlicher Raum gehört der Öffentlich-keit und die soll ihn auch nutzen können. 2. Ohne war-me Decke ist das Leben nichts; oder analog dazu: Eine Decke über/neben dem Kopf muss sein! 3. Der Aus-tausch mit anderen bereichert das Leben! Und 4. Wir müssen wirklich etwas gegen den verdammten Ver-kehrslärm machen! Das Wie müssen wir noch ausar-beiten, aber wir bleiben dran. Leider kam dann hin-terher, als wir hörten, dass dieses Projekt eine Aus-schreibung war, bei der die ausgewählten Künstler zwar realisieren durften, aber nichts verdient haben, auch noch Erkenntnis Nummer 5: Kunst ist schön, aber ganz ohne Geld geht es eben auch nicht. – Eine reiche Stadt wie München muss sich so ein Projekt, das in so vielen Medien Beachtung fand, auch etwas kosten lassen. Und zwar nicht nur für das Material, sondern auch für die Arbeit der Designer und Künst-ler, sonst sind die nämlich bald ohne Decke und ohne Dach über dem Kopf, und dass das gar nichts ist, wis-sen wir ja jetzt sehr genau!

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zum 100. todestag von max kolb am 25. november 2015 Von klaus bäumler*

Die offizielle Rathaus-Umschau hat gemeldet, dass die Stadt München zum 50. Todestag des Dirigenten Hans Knappertsbusch am 25. Oktober 2015 an sei-nem Grab im Bogenhausener Friedhof einen Kranz mit Stadtschleife niederlegt. Dass Knappertsbusch 1933 den bösartigen „Protest der Richard-Wagner-Stadt“ gegen Thomas Mann initiierte, wurde in der Meldung nicht erwähnt.Es ist unwahrscheinlich, dass die Stadt München am 25. November 2015 einen Kranz am Grab von Max Kolb niederlegen wird, um damit an sein verdienst-volles Wirken für diese Stadt und ihre Bürgerschaft zu erinnern. Das schon deshalb, weil Max Kolb, im Gegensatz zu seiner Tochter, der Schriftstellerin Annette Kolb, nicht im ehrenvollen Bogenhausener Friedhof seine letzte Ruhestätte gefunden hat, son-dern im Familiengrab Kolb-Danvin auf dem Fried-hof des Klosters Scheyern. Das war der ausdrückli-che Wunsch Max Kolbs. Anzumerken ist, dass sich im Kloster Scheyern die älteste Grablege der Wit-telsbacher befindet.Max Kolb ist heute nur noch wenigen bekannt. Zu-mindest einen offiziellen Nachruf zu seinem 100. Todestag sollte er von der Stadt München erhalten. Sein Name ist aufs Engste mit der Neuorganisation der Münchner Stadtgärtnerei verbunden. Diese war um 1870 dringend erforderlich, um den neuen städte-baulichen Anforderungen, die sich aus dem rasanten Wachstum Münchens ergaben, gerecht zu werden.Damit erhielt München als eine der ersten Städte in Deutschland ein zeitgerechtes kommunales „Gar-tenamt“ als Vorläufer der heutigen Abteilung Gar-tenbau im Baureferat.Max Kolb (1829-1915) wurde im Jahr 1869 vom Stadt-magistrat die Oberleitung der städtischen Grünanla-gen übertragen. Max Kolb, der zu diesem Zeitpunkt technischer Leiter des Botanischen Gartens war und damit in königlichen Diensten stand, hatte im Jahr 1868 im Auftrag des Magistrats ein umfassen-des Gutachten „über die in den städtischen Gärten vorzunehmenden Veränderungen“ erstattet. Kolb hatte in diesem Gutachten die bestehenden Defizite dargestellt und darauf hingewiesen, „dass die Spar-te der Promenaden und Pflanzungen (in München) verhältnismäßig ein wenig stiefmütterlich behandelt wurden und die Ausgaben nicht den Anforderungen der Zeit genügend entsprachen“. Auch benannte er die Tatsache, „dass es wohl keine andere Stadt von gleicher Bedeutung und Größe auf dem Continente gibt, welche so wenig für öffentliche Anlagen ver-ausgabt wie München“. Mit seiner Denkschrift zum

kommunalen Grün bewirkte Kolb eine entscheiden-de Weichenstellung. Seine Vorschläge zur Neuorga-nisation der Stadtgärtnerei und zur Gestaltung des urbanen Grüns, die er dem Magistrat unterbreitete, fanden Resonanz.Die Berufung Max Kolbs war für die Stadt München ein Glücksfall, denn sie hatte damit einen interna-tional erfahrenen Experten engagiert. Kolb hatte in Paris von 1853 bis 1859 in Kooperation mit dem Gartenarchitekten Jean Charles Alphand an der urbanen Grüngestaltung der Seinestadt in der Ära Haussmann mitgewirkt. Diese Erfahrungen konnte Kolb hier in München einsetzen, um eine zeitgemäße Neuordnung der „Stadtgärtnerei“ vorzunehmen. Mit dem raschen Wachstum der Stadt in dieser Zeit wa-ren eine bessere Verankerung des urbanen Grüns in der kommunalen Verwaltung und damit eine Neuor-ganisation der Stadtgärtnerei unverzichtbar gewor-den. Neben dem bisherigen Grün-Monopol des Hau-ses Wittelsbach erhielt das kommunale städtische Grün damit einen adäquaten Rang.Die Biographie Max Kolbs zeigt, dass er vom Hau-se Wittelsbach besonders gefördert wurde. 1829 geboren, besuchte er ab 1840 die Lateinschule des Klosters Scheyern. Eine erste Ausbildung erhält er in München vom Oberhofgärtner Karl Effner sen. (1791-1870). Kolbs Weg führt weiter nach Berlin zu Peter Joseph Lenne, wo er sich zusammen mit seinem Kollegen Karl von Effner jun. (1831-1884) fortbildet. 1853 kommt Kolb nach Paris, wirkt an derPariser Weltausstellung 1855 und der Neugestaltung des Bois de Boulogne mit. Beim Besuch von König Max II. in Paris im Jahr 1858 erhält Max Kolb den Ruf nach München an den Botanischen Garten. Da-mit ist die Existenzgrundlage für seine Heirat mit Sophie Danvin geschaffen. 1859 übernimmt Kolb die technische Leitung des Botanischen Gartens und re-sidiert mit seiner Familie in der Sophienstraße. Die Schriftstellerin Annette Kolb hat in ihren Werken ihrer Familie ein literarisches Denkmal gesetzt.

Klaus Bäumler ist zweiter Vorsitzender des Pro-grammaus-schusses und leitet den Arbeitskreis Öf-fentliches Grün im Münchner Forum.

Eine ausführliche Biographie von Max Kolb, in der seine Person und sein Wirken in und für München gewürdigt werden, hat Ludwig Wolf verfasst: Lud-wig Wolf: Der Münchner Max Kolb, ein gefragter Gartenarchitekt in Europa, Oberbayerisches Ar-chiv 120. Band (1996), S. 305-315.

* Der Beitrag wurde für die November-Ausgabe der Standpunkte der Münchner Forums verfasst. Nachdruck mit freundlicher Geneh-migung des Autors. Quelle: http://forummuenchen.de/wp-content/uploads/2015/11/Standpunkte_11_2015.pdf, S. 14., 1. Dez. 2015

1868 „Die städtischen Anlagen betr.“ vom Garteninspektor Max Kolb. Praes(entiert) 20. Oct. 1868.„Genau dem Wunsche des Hohen Magistrats entsprechend, hat sich der Unterzeichnete mit dem h. Baurath Zenetti ins Benehmen gesetzt und seiner Begleitung wie in der des h. Magi-stratsraths Ostermeyer die wesentlichsten Pflanzungen und Anlagen besichtigt … und das Ganze eingehend nach Kräften geprüft“. Anhang „Max Kolb, 100. Todestag 25. November 2015“. Auszug Standpunkte November 2015, Beitrag Klaus Bäumler. PDF in der Reihe Materi-alien zur Grün- und Freiraumplanung in München, 24.11.2015. Umfang 8+2 Seiten A4.http://forummuenchen.de/wp-content/uploads/2015/11/1868_MaxKolb_Denkschrift.pdf

Zum 100. Todestag von Max Kolb hat Klaus Bäumler die Denkschrift Kolbs vom 18. Oktober 1868 transkribiert. Sie ist als Datei auf die In-ternetseite des Arbeitskreises Öffentliches Grün eingestellt und bei „Materialien zur Grün- und Freiraumplanung in München“ abrufbar.

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I m Juni 2012 führte mitLiNKS ein Gespräch mit Mathias Raijmann zum Thema „Brücke am Gie-

siner Berg.“1 Die Verwirklichung des sorgfältig ausgeplanten und eigentlich überall freundlich auf-genommenen Vorhabens hängt jedoch in der „Prio-risierung“ fest, d.h. in dem Entscheidungsprozess, welches der vielen denkbaren Verbesserungspro-jekte tatsächlich angepackt wird. Solche Entschei-dungen werden durch die Fachverwaltung vorbe-reitet, letztlich fallen sie im Stadtrat. Die Bürge-rinnen und Bürger haben kaum Möglichkeiten, ein Projekt direkt durchzusetzen. Die lebhafte Anteil-nahme der Öffentlichkeit wird sich trotzdem auf die Entscheidung des Stadtrats auswirken. Belegt doch die Gründung der Brückenallianz, dass das geplan-te Bauwerk nicht nur für die Lebensqualität im Stadtviertel von Bedeutung ist, sondern weit darü-ber hinaus: Schließlich geht es darum, ob München ein Netzwerk für Fuß- und Radverkehr durchgän-giger Grünzüge gestaltet oder bloß ein Flickwerk aus Sackgassen und Barrieren. Martin Fochler

„brücken-Allianz Giesinger berg“ im münchner Forum gegründetAm 28. Oktober 2015 fand die Gründungsver-sammlung der „Brücken-Allianz Giesinger Berg“ in der Geschäftsstelle des Münchner Forums statt. Eingeladen hatte der Arbeits-kreis Öffentliches Grün im Münchner Forum

e.V. Das Ziel dieses losen Zusammenschlusses ist es, die bürgerschaftlichen Kräfte zu bündeln, um den, im Wortsinne, „wichtigen Brückenschlag“ am Gie-singer Berg im politisch-administrativen Kontext voranzubringen. Die Verknüpfung des Fuß- und Radwegesystems im Bereich Giesinger Berg hat ho-hen Rang für die gesamte östliche Isarhangkante zwischen Oberföhring und Großhesselohe. Dies gilt gerade auch für die Alltags-Radler auf dem Weg zu ihrer Arbeit. Die erleichterte und erheblich siche-re Erreichbarkeit der wichtigen und traditionellen Münchner Erholungsbereiche entlang der östlichen Isarhangkante Richtung Süden Harlaching – Groß-hesselohe – Grünwald ist für Fußgänger und Radler ein besonderer städtebaulicher Gewinn. Mit der Weiterentwicklung des Paulaner-Quartiers durch den Bebauungsplan Nr. 2076 erhält der ange-strebte Brückenschlag über den mehr als zehnspu-rigen Giesinger Berg von der Giesinger Kirche zur

Lutherkirche hohe Priorität.An der Gründungsversammlung haben u.a. teilge-nommen Vertreter von GreenCity e.V., ADFC Mün-chen e.V., des Bezirksausschusses Au-Haidhausen, der Initiator des Brückenprojekts Mathias Rajmann und Mitglieder des AK Öffentliches Grün. Weitere Institutionen haben bereits ihre Mitarbeit und Un-terstützung zugesagt.Die tz (Redakteur Sascha Karowski) hat in ihrer Ausgabe vom 9. November ausführlich über die Gründung der Brückenallianz berichtet.*Nach dem derzeitigen Sachstand wird das Pla-nungsreferat im Frühjahr 2016 einen stadtweiten Prioritätenkatalog für die Fortentwicklung des Rad- und Fußwegnetzes durch Brückenbauwerke vorlegen. Diesen Auftrag hatte der Bauausschuss bereits 2009 dem Planungsreferat erteilt.Die Brückenallianz Giesinger Berg hat es sich zur Aufgabe gemacht, die besondere Bedeutung des Projekts, das durch eine beispielhafte bürger-schaftliche Intervention durch Mathias Rajmann schon vor Jahren auf den Weg gebracht wurde, für die anstehenden Entscheidungen im Stadtrat her-auszuarbeiten.

* tz: http://forummuenchen.de/wp-content/uploads/2015/11/003_TZ_0_1_091115_2.pdfInternetquelle: http://forummuenchen.de/2015/11/20/bruecken-allianz-giesinger-berg-im-muenchner-forum-gegruendet/

Abbildungen aus mitLinks Nr. 40 vom Juni 2012.1 Dort mit Dank für die Genehmigung zum Abdruck der Fotos/Zeichnungen: Karl + Probst Architekten © 2011. 1 www.flink-m.de/uploads/media/120626_A_MitLinks40.pdfS.14 | Das Problem am Giesinger Berg: Die Lösung – eine Brücke.

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36  mitlinks nr. 54 – Dezember 2015

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Steinkohle!Raus aus der

CO2

Die 9 Hauptargumente für den Ausstieg Münchens aus der Steinkohleverbrennung

Raus aus der Steinkohle!98% der in München und Umland erzeugten Energie der SWM stammt aus fossilen Energieträgern, die bei ihrer Verbrennung CO

2 erzeugen. Vielen Münchnern ist nicht bekannt, dass die Stadtwerke München (SWM)

das Heizkraftwerk „HKW München Nord Block 2“ noch bis 2035 mit Steinkohle betreiben wollen. Somit wird München weiterhin zu über 40 % mit klimaschädlichem Kohlestrom und Kohlewärme versorgt.

Die folgenden Tatsachen belegen, dass dies unverantwortlich ist und der schnellstmögliche Ausstieg aus der Kohleverbrennung bis spätestens 2022 notwendig und zudem durchaus machbar ist:

1 Das Steinkohlekraftwerk ist der Klimakiller Nr. 1 in München. Es emittiert 17% der CO2-Emissionen

Münchens und damit mehr als alle Autos und LKWs in München zusammen.

2 Das Steinkohlekraftwerk ist ein großes finanzielles Risiko für München. Sobald die CO2-Emissi-

onspreise steigen oder ein Kohleausstiegsgesetz beschlossen wird, drohen den SWM erhebliche Belas-tungen in Millionenhöhe.

3 Laut SWM ist die Fernwärmeversorgung bei vorzeitiger Abschaltung gewährleistet. Der Ausstieg bis 2022 lässt den SWM genug Zeit, um die Alternativen umzusetzen (s. SMW/Ökoinstitut Gutachten).

4 München kann sich durch die Lage im für Geothermie geeigneten Gebiet bis zu 100% regenerativ versorgen. Der von den SWM geplante Umstieg auf Geothermie und die Umstellung des Fernwärme-netzes auf Heißwasserbetrieb muss beschleunigt werden. Pro Jahr ist mindestens eine Geothermieanla-ge realisierbar (s. Auskunft SWM).

5 Die Abschaltung des Steinkohlekraftwerks ist die mit Abstand günstigste CO2-Einsparmaßnahme für die Münchner Bürgerschaft.

6 Bei der Steinkohleverbrennung wird hochgiftiges Quecksilber freigesetzt, das von Mensch und Tier aufgenommen wird.

7 Der Steinkohleabbau zieht weltweit massive Naturzerstörung und Menschenrechtsverletzungen nach sich. In München wird ausschließlich importierte Kohle verbrannt.

8 Wenn wir den weltweiten Klimaschutz JETZT nicht ernst nehmen, werden die zu erwartenden Natur-katastrophen und Hungersnöte mehrere Hundert Millionen Menschen ihrer Lebensgrundlage berau-ben. Wir machen sie damit zu „Klimaflüchtlingen“ (s. Bericht der UN und IOM).

9 Bei der Umstellung auf erneuerbare Energien sind zum Ausgleich von Schwankungen im Energie- verbrauch flexibel arbeitende Kraftwerke notwendig. Steinkohlekraftwerke sind sehr unflexibel. Ihre Leistung kann nur sehr langsam hoch- und wieder heruntergefahren werden. Die Stadtwerke München tun gut daran, ihren Kraftwerksbestand schnellstens zukunftstauglich zu machen (z.B. mit Geothermie, Photovoltaik, Power-to-Gas).

Weitere Hintergrundinformationen: www.Raus-aus-der-Steinkohle.de

Dieses Bürgerbegehren wird möglich durch die ehrenamtliche Arbeit vieler Menschen, die sich im sozial-ökologischen Bereich engagieren. Über finanzielle Unterstützung bei den Kosten für die Materialien würden wir uns sehr freuen. Ihre Spende ist steuerlich absetzbar. Spendenkonten:WissenLeben e.V. ödp Stadtverband MünchenIBAN: DE37 4306 0967 8218 2169 00 IBAN: DE77 7025 0150 0028 2868 70Zweck: Bürgerbegehren Kohlekraftwerk Zweck: Bürgerbegehren KohlekraftwerkV.

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Raus aus der Steinkohle!98% der in München und Umland erzeugten Energie der SWM stammt aus fossilen Energieträgern, die bei ihrer Verbrennung CO

2 erzeugen. Vielen Münchnern ist nicht bekannt, dass die Stadtwerke München (SWM)

das Heizkraftwerk „HKW München Nord Block 2“ noch bis 2035 mit Steinkohle betreiben wollen. Somit wird München weiterhin zu über 40 % mit klimaschädlichem Kohlestrom und Kohlewärme versorgt.

Die folgenden Tatsachen belegen, dass dies unverantwortlich ist und der schnellstmögliche Ausstieg aus der Kohleverbrennung bis spätestens 2022 notwendig und zudem durchaus machbar ist:

1 Das Steinkohlekraftwerk ist der Klimakiller Nr. 1 in München. Es emittiert 17% der CO2-Emissionen

Münchens und damit mehr als alle Autos und LKWs in München zusammen.

2 Das Steinkohlekraftwerk ist ein großes finanzielles Risiko für München. Sobald die CO2-Emissi-

onspreise steigen oder ein Kohleausstiegsgesetz beschlossen wird, drohen den SWM erhebliche Belas-tungen in Millionenhöhe.

3 Laut SWM ist die Fernwärmeversorgung bei vorzeitiger Abschaltung gewährleistet. Der Ausstieg bis 2022 lässt den SWM genug Zeit, um die Alternativen umzusetzen (s. SMW/Ökoinstitut Gutachten).

4 München kann sich durch die Lage im für Geothermie geeigneten Gebiet bis zu 100% regenerativ versorgen. Der von den SWM geplante Umstieg auf Geothermie und die Umstellung des Fernwärme-netzes auf Heißwasserbetrieb muss beschleunigt werden. Pro Jahr ist mindestens eine Geothermieanla-ge realisierbar (s. Auskunft SWM).

5 Die Abschaltung des Steinkohlekraftwerks ist die mit Abstand günstigste CO2-Einsparmaßnahme für die Münchner Bürgerschaft.

6 Bei der Steinkohleverbrennung wird hochgiftiges Quecksilber freigesetzt, das von Mensch und Tier aufgenommen wird.

7 Der Steinkohleabbau zieht weltweit massive Naturzerstörung und Menschenrechtsverletzungen nach sich. In München wird ausschließlich importierte Kohle verbrannt.

8 Wenn wir den weltweiten Klimaschutz JETZT nicht ernst nehmen, werden die zu erwartenden Natur-katastrophen und Hungersnöte mehrere Hundert Millionen Menschen ihrer Lebensgrundlage berau-ben. Wir machen sie damit zu „Klimaflüchtlingen“ (s. Bericht der UN und IOM).

9 Bei der Umstellung auf erneuerbare Energien sind zum Ausgleich von Schwankungen im Energie- verbrauch flexibel arbeitende Kraftwerke notwendig. Steinkohlekraftwerke sind sehr unflexibel. Ihre Leistung kann nur sehr langsam hoch- und wieder heruntergefahren werden. Die Stadtwerke München tun gut daran, ihren Kraftwerksbestand schnellstens zukunftstauglich zu machen (z.B. mit Geothermie, Photovoltaik, Power-to-Gas).

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Die folgenden Tatsachen belegen, dass dies unverantwortlich ist und der schnellstmögliche Ausstieg aus der Kohleverbrennung bis spätestens 2022 notwendig und zudem durchaus machbar ist:

1 Das Steinkohlekraftwerk ist der Klimakiller Nr. 1 in München. Es emittiert 17% der CO2-Emissionen

Münchens und damit mehr als alle Autos und LKWs in München zusammen.

2 Das Steinkohlekraftwerk ist ein großes finanzielles Risiko für München. Sobald die CO2-Emissi-

onspreise steigen oder ein Kohleausstiegsgesetz beschlossen wird, drohen den SWM erhebliche Belas-tungen in Millionenhöhe.

3 Laut SWM ist die Fernwärmeversorgung bei vorzeitiger Abschaltung gewährleistet. Der Ausstieg bis 2022 lässt den SWM genug Zeit, um die Alternativen umzusetzen (s. SMW/Ökoinstitut Gutachten).

4 München kann sich durch die Lage im für Geothermie geeigneten Gebiet bis zu 100% regenerativ versorgen. Der von den SWM geplante Umstieg auf Geothermie und die Umstellung des Fernwärme-netzes auf Heißwasserbetrieb muss beschleunigt werden. Pro Jahr ist mindestens eine Geothermieanla-ge realisierbar (s. Auskunft SWM).

5 Die Abschaltung des Steinkohlekraftwerks ist die mit Abstand günstigste CO2-Einsparmaßnahme für die Münchner Bürgerschaft.

6 Bei der Steinkohleverbrennung wird hochgiftiges Quecksilber freigesetzt, das von Mensch und Tier aufgenommen wird.

7 Der Steinkohleabbau zieht weltweit massive Naturzerstörung und Menschenrechtsverletzungen nach sich. In München wird ausschließlich importierte Kohle verbrannt.

8 Wenn wir den weltweiten Klimaschutz JETZT nicht ernst nehmen, werden die zu erwartenden Natur-katastrophen und Hungersnöte mehrere Hundert Millionen Menschen ihrer Lebensgrundlage berau-ben. Wir machen sie damit zu „Klimaflüchtlingen“ (s. Bericht der UN und IOM).

9 Bei der Umstellung auf erneuerbare Energien sind zum Ausgleich von Schwankungen im Energie- verbrauch flexibel arbeitende Kraftwerke notwendig. Steinkohlekraftwerke sind sehr unflexibel. Ihre Leistung kann nur sehr langsam hoch- und wieder heruntergefahren werden. Die Stadtwerke München tun gut daran, ihren Kraftwerksbestand schnellstens zukunftstauglich zu machen (z.B. mit Geothermie, Photovoltaik, Power-to-Gas).

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Die folgenden Tatsachen belegen, dass dies unverantwortlich ist und der schnellstmögliche Ausstieg aus der Kohlever-brennung bis spätestens 2022 notwendig und zudem durchaus machbar ist:

1 Das Steinkohlekraftwerk ist der Klimakiller Nr. 1 in München. Es emittiert 17% der C02-Emissionen Münchens und damit mehr als alle Autos und LKWs in München zusammen.

2 Das Steinkohlekraftwerk ist ein großes finanzielles Risiko für München. Sobald die C02-Emissionspreise steigen oder ein Kohleausstiegsgesetz beschlossen wird, drohen den SWM erhebliche Belastungen in Millionenhöhe.

3 Laut SWM ist die Fernwärmeversorgung bei vorzei-tiger Abschaltung gewährleistet. Der Ausstieg bis 2022 lässt den SWM genug Zeit, um die Alterna-tiven umzusetzen (s. SMW/Ökoinstitut Gutachten).

4 München kann sich durch die Lage im für Geother-mie geeigneten Gebiet bis zu 100% regenerativ versorgen. Der von den SWM geplante Umstieg auf Geothermie und die Umstellung des Fernwärme-netzes auf Heißwasserbetrieb muss beschleunigt werden. Pro Jahr ist mindestens eine Geothermie-anlage realisierbar (s. Auskunft SWM).

5 Die Abschaltung des Steinkohlekraftwerks ist die mit Abstand günstigste C02-Einsparmaßnahme für die Münchner Bürgerschaft.

6 Bei der Steinkohleverbrennung wird hochgiftiges Quecksilber freigesetzt, das von Mensch und Tier aufgenommen wird.

7 Der Steinkohleabbau zieht weltweit massive Natur-zerstörung und Menschenrechtsverletzungen nach sich. In München wird ausschließlich importierte Kohle verbrannt.

8 Wenn wir den weltweiten Klimaschutz JETZT nicht ernst nehmen, werden die zu erwartenden Natur-katastrophen und Hungersnöte mehrere Hundert Millionen Menschen ihrer Lebensgrundlage berau-ben. Wir machen sie damit zu „Klimaflüchtlingen“ (s. Bericht der UN und IOM).

9 Bei der Umstellung auf erneuerbare Energien sind zum Ausgleich von Schwankungen im Energiever-brauch flexibel arbeitende Kraftwerke notwendig. Steinkohlekraftwerke sind sehr unflexibel. Ihre Lei-stung kann nur sehr langsam hoch- und wieder he-runtergefahren werden. Die Stadtwerke München tun gut daran, ihren Kraftwerksbestand schnell-stens zukunftstauglich zu machen (z.B. mit Geo-thermie, Photovoltaik, Power-to-Gas).

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7 Der Steinkohleabbau zieht weltweit massive Naturzerstörung und Menschenrechtsverletzungen nach sich. In München wird ausschließlich importierte Kohle verbrannt.

8 Wenn wir den weltweiten Klimaschutz JETZT nicht ernst nehmen, werden die zu erwartenden Natur-katastrophen und Hungersnöte mehrere Hundert Millionen Menschen ihrer Lebensgrundlage berau-ben. Wir machen sie damit zu „Klimaflüchtlingen“ (s. Bericht der UN und IOM).

9 Bei der Umstellung auf erneuerbare Energien sind zum Ausgleich von Schwankungen im Energie- verbrauch flexibel arbeitende Kraftwerke notwendig. Steinkohlekraftwerke sind sehr unflexibel. Ihre Leistung kann nur sehr langsam hoch- und wieder heruntergefahren werden. Die Stadtwerke München tun gut daran, ihren Kraftwerksbestand schnellstens zukunftstauglich zu machen (z.B. mit Geothermie, Photovoltaik, Power-to-Gas).

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Studienreihe Zivilgesellschaftliche Bewegungen – institutionalisierte Politik nr. 31/2015

Rede von Angelika Lex bei der Überreichung des Georg-Elser-Preises 2015 der Landeshauptstadt München

Georg-Elser-Preis 2015 an Angelika Lex – Begründung der JuryAls Anwältin setzt sich Angelika Lex seit Jahrzehnten für die per-sönlichen Belange von Flüchtlingen, Migrantinnen und Migranten ein sowie strukturell gegen ein rigides Asyl- und Ausländerrecht. Sie verteidigt vor Gericht stehende Antifaschistinnen und Antifa-schisten gegen immer wiederkehrende Versuche, das politische Engagement mittels gel tenden Rechts zu diskreditieren und die Einzelnen zu kriminalisieren. Aktuell vertritt sie als Nebenklägeran-wältin die Witwe eines Opfers des so genannten „Nationalsozialisti-schen Untergrunds“ beim NSU-Prozess in München. Dabei geht es ihr nicht nur um die Verurteilung der mutmaßlichen Mit-Haupttä-terin und ihrer mutmaßlichen Unterstützer, sondern auch um die Offenlegung des neonazistischen Netzwerkes und die Rolle der Behörden. Nicht zuletzt ist sie seit mehr als 10 Jahren Richterin am Bayerischen Verfas sungsgerichtshof.Angelika Lex ist auch außerhalb der Gerichtssäle engagiert. Früher in der Initiative Baye rischer Strafverteidigerinnen und Strafvertei-diger sowie aktuell im Republikanischen An waltsverein, beides po-litische Anwaltsorganisationen, die sich als Teil der Bürgerrechts-bewegung verstehen. Mit ihrer Teilnahme an Podiumsdiskussionen und Fachveranstal tungen, mit ihren Auftritten als Rednerin auf Kundgebungen und Demonstrationen macht sie sich immer wieder stark gegen staatliche Repression, polizeiliches Fehlverhalten, für demokratische Grundrechte und Widerstand gegen Rassismus und Neonazismus.Mit diesem Engagement macht sich Angelika Lex nicht nur Freunde. Mehrfach erschie nen auf extrem rechten Internetseiten Schmähar-tikel über sie. Im Mai 2013 war ihre Kanzlei, neben dem Bayerischen Flüchtlingsrat und einem alternativen Wohnprojekt im Münchner Westend, Ziel eines neonazistischen Anschlags.Doch von solchen Einschüchterungsversuchen lässt sich die Rechtsanwältin nicht beein drucken.Angelika Lex zeigt in vorbildlicher Weise Zivilcourage und setzt sich engagiert für den Er halt demokratischer Errungenschaften ein. Durch ihr öffentliches Wirken und Auftreten übernimmt sie beispiel-haft gesellschaftliche Verantwortung.

Rede von Angelika Lex bei der Überreichung des Georg-Elser-Preises am 10. November 2015 im NS-Dokumentations-zentrum um 18 Uhr

Sehr geehrte Damen und Herren,liebe Freundinnen und Freunde,für diese Ehrung möchte ich mich beim Münchner Ober-bürgermeister Dieter Reiter, beim Kulturreferenten Dr. Küppers und bei meinem Laudator Bernd Kastner von der Süddeutschen Zeitung bedanken, aber auch bei den Musi-kerInnen von Refugio sowie natürlich bei der Jury des Ge-org-Elser-Preises.Mein Dank gilt natürlich auch Hella Schlumberger: Nur Ihrem 20-jährigen zivilgesellschaftlichen Engagement ist es zu verdanken, dass es diesen Preis gibt.Wenn ich über die Zuhörerreihen schaue, sind genau die Menschen da, mit denen ich die letzten 30 Jahre hier gear-beitet habe: gemeinsam und doch mit unterschiedlichen Ansätzen. Es ging immer darum, etwas zu erreichen, ohne dass es um Einstimmigkeit oder Mehrheitsfähigkeit ging. Es ging nicht um Parteimeinungen, sondern um Gerech-tigkeit. Mit KollegInnen wollten wir immer überzeugende Argumentationen führen. Mit den JuristInnen der höhe-ren Gerichte ging es auch bei unterschiedlichster rechtli-cher Auffassung um das Ausdiskutieren rechtlicher De-tails. Es ging um das Aufmerksam-Machen von Politike-rInnen aller Fraktionen auf Probleme, die in den Parla-menten sonst nur am Rande vorkommen. Es ging um die Zusammenarbeit mit JournalistInnen, die einen hohen Anspruch haben, und das Anliegen, diesen auch weiterzu-geben. Es ging um die Einbeziehung von Kulturschaffen-den in die Welt der Politik und der Juristerei. Es ging um Flüchtlinge und Menschen, die mit Flüchtlingen arbeiten, genauso wie um Menschen, die von den Behörden als Ver-fassungsfeinde bezeichnet werden, und darunter sind viele persönliche Freunde. Aber allen voran ging es natürlich immer um meine Familie.Als ich im Sommer 2014 wieder sehr krank wurde, wusste

Obwohl die Veranstaltung auch in die Galerie übertragen wurde, reichten die Räume des NS-Dokumentations-Zentrums nicht, um die Menschen zu fassen, die Angeli-ka Lex zum Georg-Elser-Preis gratulieren wollten. Um so schöner ist es, dass wir den Text der Rede, mit der sich Angelika Lex für diese Ehrung durch die Landeshaupt-stadt München bedankte, veröffentlichen können. Wir nehmen die Ansprache als Ermunterung, den Rechtsstaat nicht bloß als irgendwie erträglichere Form von Herrschaft hinzunehmen, sondern ihn als öffentliche Angelegenheit, aktiv im Sinn der Menschenrechte, der Bürgerrechte und der Demokratie zu nutzen und zu ge-stalten. – Herzlichen Dank

Georg-Elser-Preis. Mit dem Georg-Elser-Preis wird das Wirken und Handeln von Menschen mit Zivilcourage, die sich für die demokra-tischen Errungenschaften einsetzen, gewürdigt. Der Preis wird ab 2013 alle zwei Jahre im November als Preis der Landeshauptstadt München verliehen. Er ist mit 5.000 Euro dotiert. Im November 1939, kurz nach dem Beginn des Zweiten Weltkrieges, widersetzte sich der Schreiner Georg Elser der Diktatur und verübte im Münchner Bürgerbräukeller ein Attentat auf Hitler, das missglückte. Seine Tat ist heute ein Symbol für zivilen Ungehorsam und Zivilcourage geworden. Der Georg Elser-Preis zeichnet Menschen aus, die sich gegen undemokratische Strukturen, Organisationen und Entwicklungen auf ganz individuelle Weise zur Wehr setzen und durch unangepasstes Handeln den Blick auf aktuelle Gefährdungen der Demokratie richten.Vergabekriterien: Der Georg-Elser-Preis wird in der Regel an einzelne Personen vergeben. In Ausnahmefällen ist eine Verleihung an Grup-pen/Initiativen möglich. Der Preis kann an Menschen im deutschspra-chigen Raum überreicht werden und ist nicht auf München beschränkt. Der Georg-Elser-Preis wird auf Vorschlag einer vom Stadtrat der Lan-deshauptstadt München berufenen Jury verliehen; die Entscheidung über den Preisträger oder die Preisträgerin obliegt dem Stadtrat. Eine Eigenbewerbung ist nicht möglich. http://www.muenchen.de/rathaus/Stadtverwaltung/Kulturreferat/Kulturfoerderung/Preise/Georg-Elser.html

Angelika Lex bei der Preisverleihung

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ich nichts von den Überlegungen der Georg-Elser-Jury, mich für diesen Preis auszuwählen.Die Georg-Elser-Jury wusste auch nichts von meiner Er-krankung.Und so wurde eine Entscheidung getroffen, die mich im Krankenhaus genau einen Tag nach meiner Kopf-Operati-on im Juli 2015 völlig unvorbereitet erreicht hat:Das hat mich so sehr gefreut! Und es hat mir die Möglich-keit gegeben, die 30 Jahre politischer und juristischer Ar-beit Revue passieren zu lassen. Heute geht es um Zivilcourage, und das war schon immer mein Thema.

Als ich meine politische und juristische Tätigkeit begann, sah es in der Münchner Flüchtlingspolitik folgenderma-ßen aus:Der damalige Münchner OB Georg Kronawitter hatte 1992 dreihundert Flüchtlinge in Busse gesetzt und durch München fahren lassen, um zu beweisen, dass es für sie noch nicht einmal einen Platz in einer Turnhalle gibt.Sie wurden u.a. in Containern auf der Theresienwiese un-tergebracht, nach dem Motto: Nicht nur „das Boot“, son-dern auch die „Münchner Wies‘n“ ist voll.So wollte er den MünchnerInnen zeigen, was die Flücht-linge ihnen wegnehmen wollen.Hier agierte OB Kronawitter Schulter an Schulter mit dem CSU-Kreisverwaltungsreferenten Hans-Peter Uhl.Ein Mensch, den ich schon 1992 als „administrativen Rassisten“ bezeichnet habe.Und auch heute gibt es da nichts zurückzunehmen.Er und seine Ausländerbehörde haben keine Gelegenheit ausgelassen, die Menschen, die damals noch nicht „Flüchtlinge“, sondern „Asylanten“ hießen, zu demütigen, um ihnen zu zeigen, dass sie nicht Teil der Münchner Gesellschaft sind und auch niemals sein werden.In Rostock-Lichtenhagen und Hoyerswerda kämpfte da-mals das gleiche Pack, das heute wieder gegen Flüchtlinge unterwegs ist.Deutsche Polizisten schauten dem Treiben tatenlos zu, und der angeblich so linke SPIEGEL beflügelte die Men-schen jeden Montag mit der Kampagne: „Das Boot ist voll“ auf seinem hetzerischen Titelblatt.Gemeinsam mit einer rückgratlosen Mehrheit im Bundes-tag, wurde das Grundrecht auf Asyl durch den „Asylver-nichtungspakt“ von 1993 abgeschafft.Wir wollten das nicht hinnehmen, und ich habe gemein-sam mit anderen Kollegen viele tausend Asyl- und Auf-enthaltsverfahren geführt.Man kann viele Beispiele aufführen, wie ein Rechtsstaat funktioniert, aber man kann es auch recht kurz erklären:Wer z.B. die Rechtmäßigkeit eines Strafzettels von 10 Euro von bis zu drei gerichtlichen Instanzen überprüfen lassen möchte, kann das im deutschen Rechtssystem tun. Die Kosten trägt dann in der Regel die Rechtschutzversi-cherung des ADAC.Geht es aber um die Frage, ob ein Flüchtling bei der Rück-kehr in sein Heimatland gefoltert oder sogar getötet wird,

entscheidet in der Regel nur ein Richter, in einer Instanz, ob das richtig ist.Rechtsschutz in diesen Verfahren ist im übrigen bei allen Versicherern ausgeschlossen.Richter haben in der Regel keine Ahnung, was in den Ländern, über deren politische Verhältnisse sie urteilen sollen, überhaupt passiert.Ohne sich mit dem Schicksal des Betroffenen im Einzel-nen zu beschäftigen, wird aus anderen Urteilen einfach nur abgeschrieben.Manchmal wissen sie nicht einmal, wie man die Stadt ausspricht, aus der der Flüchtling stammt, in die er dann anhand ihres Urteils zurückgeschickt werden soll.Zum Beispiel Irak:Dachten denn diese Richter tatsächlich, sobald Saddam Hussein im Irak gefasst wird, schwebt die Demokratie dort mit einem Fallschirm ein?Ich bin Juristin, und ich glaube – trotz allem – an einen Rechtsstaat. Aber gerade im Umgang mit Flüchtlingen musste ich über Jahrzehnte erleben, dass er jeden Tag und in jeder Verhandlung neu erkämpft werden muss.Nirgendwo ist das bundesdeutsche Rechtssystem so will-fährig bereit, alle Standards über Bord zu schmeißen, denn wie wir wissen: „Das Boot ist ja voll.“Derzeit erleben wir wieder, wie der Gesetzgeber fast täg-lich neue Änderungen zum Asylrecht fabriziert.Wenn die Bundeskanzlerin sagt: „Wir schaffen das!“ – sagt das deutsche Rechtssystem: „Wir schaffen das ab!“Haben die Politiker tatsächlich geglaubt, alle Flüchtlinge würden für immer im Mittelmeer ertrinken und Deutschland nie erreichen?Menschen, deren einziges Verbrechen es ist, geflohen zu sein, werden in Abschiebeknäste gesteckt. Und viele ha-ben sich lieber das Leben genommen, als in ihr Her-kunftsland zurückzukehren.Man braucht schon viel Sturheit, Verbissenheit und Kom-promisslosigkeit, wenn man hier gegen arbeiten und ge-winnen will.Die letzten Jahrzehnte waren für ein Zuwanderungsrecht verlorene Jahre.Seltsamer Weise überrascht, stehen nun die politisch Ver-antwortlichen vor den Flüchtlingszahlen 2015.Und jetzt?Wir sehen einen vollkommen unfähigen Bundesinnenmi-nister, der nichts über Flüchtlingspolitik weiß und sich auch noch jemanden zur Unterstützung holt, der bisher noch nie einen Asylantrag auf seinem Schreibtisch hatte.Behörden, die seit Jahrzehnten behaupten, man müsse nur genug Beschleunigungen einführen und schon würden die Flüchtlinge kapieren, dass sie doch besser zuhause bleiben sollen: Die müssten doch verstehen, dass das Land, aus dem sie kommen, gerade als sicheres Herkunfts-land eingestuft wurde.Aber gibt es nicht doch momentan eine Chance auf etwas Neues?Zumindest Einige wagen sich vor, und ich meine, man muss es als ein gutes Zeichen werten:Es gibt zum ersten Mal eine Kanzlerin, die sagt: „Wenn wir

https://de.wikipedia.org/wiki/Angelika_Lex ist eine deutsche Juristin in München. Sie ist seit 1998 Richterin am Bayerischen Ver-fassungsgerichtshof [1] Lex ist eine selbständige Rechtsanwältin, die in München praktiziert. Von 1990 bis 1995 war sie in München Stadträtin. Im Dezember 2013 wurde sie vom Bayrischen Landtag auf Vorschlag von Bündnis90/Die Grünen zum nichtberufsrichterlichen Mitglied des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs wiedergewählt. [2] Als Anwältin ist Lex auf die Vertretung von Bürgerrechtsgruppen spezialisiert und tritt als Anklägerin bei staatlichen Übergriffen gegen das Bayrische Innenministerium und die Polizei auf. Lex vertritt in der Nebenklage die Witwe des am 15. Juni 2005 in der Münchner Trappentreustraße vom NSU ermordeten Theodoros Boulgarides.[3]* Sie ist Vorsitzende der Initiative Bayrischer Strafverteidigerinnen und Strafverteidiger. Lex ist mit dem ehemaligen Vorsitzenden der Fraktion von Bündnis90/Die Grüne im Münchner Stadtrat, Siegfried Benker, ver-heiratet. Sie hat zwei Kinder. – 1. Internetseite Bayrischer Verfassungsgerichtshof; 2. Drucksache des Bayrischen Landtags vom 4. Dezember 2013; 3. http://www.tz.de/muenchen/stadt/nsu-prozess-angelika-kaempft-witwe-muenchner-opfers-tz-2840813.html. *Inzwischen musste Angelika Lex dieses Mandat aus gesundheitlichen Gründen niederlegen.

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in Notsituationen nicht helfen, dann ist das nicht mein Land!“Es gibt zum ersten Mal einen Münchner OB, der ohne Frage nach seiner juristischen Zuständigkeit, von einem Tag auf den anderen, Tausende von Schlafplätzen für Flüchtlinge organisieren konnte, weil es sein musste!Und das Wichtigste: Es gab und gibt eine Münchner Be-völkerung, die einfach aktiv wurde, statt auf staatliche Unterstützung zu warten oder auf jemanden, der ihnen Aufgaben zuteilte.1992 standen viele in der Lichterkette mit einer Kerze am Straßenrand – unter anderem auch Kronawitter und Uhl – und es gibt viele schöne Fotos von damals, aber nur die Wenigsten waren hinterher weiter aktiv.Jetzt hat man doch manchmal das Gefühl, viele sind aufge-wacht, weil Menschen die Flüchtlingspolitik jetzt auch selbst in die Hand nehmen.Denn nach den Ereignissen der letzen Wochen, als Flücht-linge die Außengrenzen Europas von Griechenland, Itali-en und Ungarn bis zum Münchner Hauptbahnhof zu-rückgeschoben haben, verstehen manche Menschen viel-leicht besser, warum die halbe Welt auf der Flucht ist.Nicht deshalb, weil ein paar Leute auf der anderen Seite der Welt es auch so gut haben wollen wie wir, sondern weil wir uns seit vielen Jahren das Beste von dieser Welt holen, und die Anderen, denen das nicht möglich ist, dort einfach vergessen.Das können nur die verstehen, die wirklich helfen wollen. Und das wird nur dann funktionieren, wenn die sich von diesen Behörden lösen und die Initiative dafür selbst in die Hand nehmen. Jetzt ist die Zeit dazu.Heute wäre Georg Elser Fluchthelfer!

Aber nicht nur die Rechte der Flüchtlinge waren mir im-mer ein wichtiges Thema:Die ganzen Jahre habe ich mit meinem Mann und vielen Anderen immer für Freiheiten gekämpft: für Demonstra-tionsfreiheit, für Meinungsfreiheit und gegen Überwa-chung.Wir haben Themen diskutiert, Versammlungen angemel-det, gegen unsinnige Beschränkungen geklagt, und wenn wir das Ergebnis nicht überzeugend fanden, sie schlicht und einfach nicht eingehalten.Wir haben uns gegen illegale Polizeiübergriffe verteidigt, gegen prügelnde Polizisten gewehrt, die ihre illegalen Vi-deoaufnahmen genau an den Stellen gelöscht hatten, wo ihre Übergriffe stattfanden.Aber auch hier lassen sich die Münchner und Münchne-rinnen nicht einschränkenAls 2002 wegen der Demonstration zur Sicherheitskonfe-renz die Gerichte, der sog. Verfassungsschutz sowie auch die Presse wieder einmal behaupteten, in München wür-den – wie schon beim Münchner Kessel 1992 – 3000 Ge-walttäter die Innenstadt kurz und klein schlagen, wurde ein vollständiges Demonstrationsverbot über die Stadt verhängt.Und trotzdem: Die geplante Kundgebung auf dem Mari-enplatz fand statt:Friedlich von Seiten der angeblich 3000 gewalttätigen DemonstrantInnen, gewalttätig von Seiten der Polizei. 800 Gewahrsamnahmen sind damals erfolgt.Und viele Jahre später haben wir diese Verfahren gegen die Polizei gewonnen.Aber: Wir haben uns damals nicht einschüchtern lassen.Da, wo es wichtig war, haben wir unsere Grundrechte vor Ort und zum richtigen Zeitpunkt durchgesetzt.

Mein größter Erfolg war aber sicherlich, das Bayerische Innenministerium zu zwingen, a.i.d.a. e.V. – das Antifa-schistische Informations- und Dokumentationsarchiv –

aus dem Bayerischen Verfassungsschutzbericht zu strei-chen. In Zeiten, wo Rassismus und Neonazismus immer deutli-cher wurden, haben Menschen den Aussagen von Behör-den nicht mehr geglaubt, dass sie alles im Griff haben und wollten die Informationen selbst überprüfen.Nach vielen Jahren harten Kampfes haben wir hier gesiegt:Der gedruckte Text musste geschwärzt werden – ein ein-maliger Vorgang in Bayern – der online-Text wurde ge-löscht.Wie viel Kraft kostet es doch oft, diesen Rechtsstaat zu retten!

Es gibt aber auch immer noch Organisationen, die zu Un-recht im VS-Bericht stehen. Sie machen wichtige Arbeit, aber sie werden in Misskredit gebracht, ihnen wird ihre Gemeinnützigkeit genommen und ihre politischen Frei-heiten werden eingeschränkt.

In den letzten Jahren habe ich die Witwe des in München ermordeten Theo Boulgarides im NSU-Verfahren vertre-ten.Als NebenklagevertreterInnen haben wir versucht, die bundesweiten und lokalen Strukturen des rechtsterroristi-schen Netzwerkes im Hintergrund auszuleuchten:• Aber:HättenichtderNSUdiePaulchen-Panther-CD

selbst verteilt• hätten nicht Journalisten ihre Aufgabe ernst genom-

men und versucht, alles, was möglich war, aufzudecken• hättennichtInitiativenwieNSU-Watch,a.i.d.a.,Apa-

biz und andere Gruppen vor Ort und bundesweit die eigentliche Arbeit der Behörden übernommen:

Nichts wäre passiert !Das Hauptanliegen aller Behörden bestand doch darin, zu vertuschen, zu schreddern, zu vernichten und zu leugnen.Weder die Ermittlungsbehörden und schon gar nicht der sog. „Verfassungsschutz“ hatten das geringste Interesse, Aufklärung zu leisten.Leider hat sich auch hieran nichts verändert:•Wie kann es sein, dass nach all den vorliegenden Er-

kenntnissen weder die Bundesanwaltschaft noch der angebliche Verfassungsschutz wirklich ernsthaft bereit sind, tätig zu werden?

•Wiekannessein,dassNazi-Zeugenhier,wieinkeinemanderen Prozess, bodenlos und folgenlos lügen dürfen, aber Beweisanträge der Nebenklage, die Aufklärung bringen könnten, abgelehnt werden?

Die Behörden haben beim NSU bestenfalls weggeschaut.Nur eine konsequente Überprüfung ihrer rassistisch ge-prägten Ermittlungs- und Sichtweise könnte hier Verände-rungen bringen.Aber dass sie nichts gelernt haben, zeigt alleine schon der letzte Überfall auf eine von einem Afghanen betriebene Imbissbude am Ebersberger Bahnhof:Obwohl der Angriff keineswegs der erste war, obwohl er mit einem Messer, mit Hämmern und einem Baseball-schläger erfolgt ist, obwohl zwei Leute verletzt wurden und der Überfall im Zusammenhang mit jeder Menge rechtsextremer Schmierereien stand, sagte der ermittelnde sog. „Staatschutzbeamte“ zum Sachstand:Zitat: „Es gibt überall welche, die zu stark rechts tendieren, genauso – wie nach stark links.“Bitte schickt diesen Menschen an einen Baumarkt-Park-platz und lasst ihn dort Autos nach rechts und nach links einweisen, aber nehmt ihm seinen Titel als „Staatsschutz-beamter“ weg!Auch seinen Kollegen von der politischen Staatsanwalt-schaft kann er gleich mitnehmen: Dieser hat die vier Tatverdächtigen nämlich wieder auf

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freien Fuß gesetzt, da angeblich keine Tötungsabsicht er-kennbar sei:Zitat: „Nur weil jemand ein Messer mitbringt, ist er noch kein versuchter Totschläger.“Erst 4 Tage später wurden Hausdurchsuchungen angeord-net.Aber: Wie blöd muss denn der letzte Nazi sein, dass er nach 4 Tagen immer noch nicht weiß, was er wegwerfen muss, um nicht mehr verdächtig zu sein.Jede der Meldungen, dass wieder eine Gemeinschaftsun-terkunft von Flüchtlingen angegriffen wurde, dass es ge-brannt hat, dass Schmierereien an die Wände angebracht wurden, fängt damit an, dass es „keinen Beleg für einen ausländerfeindlichen Hintergrund“ gibt.Denn diesen gibt es anscheinend nur dann, wenn der Täter seine Nazigesinnung schon auf dem Hirn tätowiert hat.Ich bin nicht mehr bereit, hier an die politische Blindheit Einzelner zu glauben.Das was hier erkennbar wird, ist ganz eindeutig ein struk-turelles Versagen.

Mit welcher Akribie der Rechtsstaat aber bereit ist, konse-quente Nazigegner zu verfolgen, das habe ich hier sehr oft erleben müssen.Vor allem bei meiner schlimmsten Strafverteidigung: der Verteidigung von Martin Löwenberg.Im Jahr 2003 gab es – wie immer wieder – eine Vielzahl von Neonaziaufmärschen, gegen die immer wieder Gegen-veranstaltungen stattfanden.Gegen Christiaan Boissevain, Sigi Benker und Martin Löwenberg wurden Strafbefehle verschickt:Martin Löwenberg hatte gesagt: „Es ist legitim, ja es ist le-gal, sich den Totengräbern der Demokratie entgegen zu stellen. Eine solche Handlung, eine solche Aktion, ist kei-nesfalls verfassungswidrig oder ein Verstoß gegen das Grundgesetz: Gegen das Grundgesetz verstoßen alle dieje-nigen, die den Neonazis den Weg freimachen.“Martin Löwenberg hat in der Hauptverhandlung in aller Ausführlichkeit die Geschichte des jüdischen Teils seiner Familie geschildert, die vielen Toten in den KZs.Beeindruckt hat das die Juristen dieses Verfahrens nicht.Martin Hofmann, damals Staatsanwalt der politischen

Abteilung des Landgerichts München I, hat in seinem Plädoyer Folgendes von sich gegeben:Zitat: „Das was Martin Löwenberg gesagt hat, ist eine Aufforderung zur Straftat. Wir leben in einem Staat, auf den man sich verlassen kann. Martin Löwenberg stellt sein eigenes Handeln über die Rechtsordnung. Folgen wir sei-ner Maxime, dann wird es der Mob auf der Straße genauso machen und bestimmen, wer seine politische Meinung äußern darf.“Das hat mich dazu gebracht, mein Plädoyer so zu begin-nen: „Ich schäme mich für diesen Rechtsstaat, der mich zwingt, einen Mann wie Martin Löwenberg hier vor die-sem Gericht verteidigen zu müssen.“Aber natürlich wurde Löwenberg durch die Justiz verur-teilt.Aber dagegen haben wir uns bitter gerächt:Wir konnten die Anklageschriften in den Grundstein des Jüdischen Zentrums legen, damit spätere Generationen die Möglichkeit haben, nachzulesen, welche furchtbaren Juris-ten auch 60 Jahre nach Kriegsende in München tätig wa-

ren.In den vergangenen dreißig Jahren sind viele staatsanwaltschaftliche und gericht-liche Verfahren gegen meine Familie an-gestrengt worden.Allein in den 18 Jahren der Stadtratstä-tigkeit von Sigi Benker wurde 12 Jahre lang gegen ihn ermittelt.Aber dafür haben wir uns nie geschämt.Im Gegenteil, jede neue Anzeige war ein Beweis, wie wichtig zivilgesellschaftliches Engagement, wie wichtig Widerstand ist.Seit mehr als eineinhalb Jahren wird z.B. wegen unserer Aktivitäten gegen das „Braune Haus“ in Obermenzing, in dem sich auch Mittäter des NSU herumgetrie-ben haben, ermittelt.Vor Ihnen stehen also nach wie vor Tat-verdächtige:Verdächtig sich gegen Neonazis zu weh-ren und Verdächtige gegen illegale poli-zeiliche Ermittlungsmethoden vorzuge-hen.

Deshalb möchte ich allen, die wissen, wie wichtig der zivile Ungehorsam und der Widerstand in dieser Gesellschaft ist, noch viel Kraft und Zuversicht bei ihrer Arbeit wün-schen.Die Zeiten sind oft sehr mühsam, aber auch immer wieder erfolgreich und wir brauchen Sie und Euch.Wir brauchen keinen Verfassungsschutz, sondern wir brauchen Menschen, die ihre Verfassung selber schützen, sie ernst nehmen, weil Meinungs-, Presse- und Demonstra-tionsfreiheit fundamentale Freiheitsrechte sind.Wir brauchen Zivilcourage und Menschen, die sich nicht einschüchtern lassen. Wir brauchen Menschen, die gegen Nazis, Faschisten und Rassisten arbeiten.Wenn jeder von uns einen Schritt weiter geht, als er sich ursprünglich vorgenommen hat, dann mache ich mir auch keine Sorgen!

Vielen Dank Ihnen und Euch allen für diesen Abend.Und jetzt hoffe ich, dass wir heute noch etwas haben, was wir oft bei unseren schweren Aktivitäten vermissen:Nämlich Spaß, Freude und Hoffnung bei unserer Arbeit.

Impressum: Studienreihe Zivilgesellschaftliche Bewegungen – Institutionalisierte Politik Nr. 31, Dezember 2015. Thema: Rede von Angelika Lex bei der Über-reichung des Georg-Elser-Preises 2015 der Landeshauptstadt München. Diese Ausgabe wird gefördert durch den Kurt-Eisner-Verein für politische Bildung – Rosa-Luxemburg-Stiftung Bayern, www.kurt-eisner-verein.de und durch das Forum Linke Kommunalpolitik München e.V., Breisacher Straße 12, 81667 München (E.i.S.), www.flink-m.de. Redaktion dieser Ausgabe: Stefan Breit, Martin Fochler (V.i.S.d.P.), Julia Killet, Brigitte Wolf. Sämtliche Ausgaben der Studienreihe sind auch unter www.flink-m.de/studienreihe.0.html abzurufen.

München ist bunt — In der Mitte Angelika Lex, Martin Löwenberg, Siegfried Benker