Literaturrecherche Bibliographieren

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Ratschläge zum Bibliographieren und Recherchieren vo n Literatur

Das anscheinend übliche Verfahren sieht so aus: Sie gehen in die Institutsbibliothek, geben die gesuchten Schlagworte in den Computer ein odergehen gleich zum passenden Regal. Das ist natürlich schon einmal ein Anfang - mit schulgerechter Literaturrecherche hat es aber wenig zu tun...Wer professionell vorgeht, kann Literatur - vor allem Sekundärliteratur zu einem bestimmten Gegenstand oder Text - in unserem Fach (und nichtnur hier) grundsätzlich auf zwei verschiedene Arten und Weisen zu ermitteln, die sich freilich im allgemeinen ergänzen (und nicht ausschließen)sollten.

Das erste Verfahren ist pragmatisch und meist recht effektiv, aber von "glücklichen Fügungen" abhängig. Man könnte es als "Schneeball-Verfahren" bezeichnen, denn man sucht sich einen oder mehrere bekannte Ausgangspunkte, von deren Hinweisen und Literaturangaben aus manweiterrecherchiert.Als solche Ausgangspunkte eignen sich natürlich insbesondere die Literaturverzeichnisse in Kommentierte Ausgaben, umfassende Lexikon- oderHandbuchartikel, etwa aus 'Kindlers Neuem Literatur Lexikon' (KNLL ), Einführungen zu dem jeweiligen Gegenstand (Text, Autor, Epoche, Gattungusw.) und in (zufällig gefundenen, neueren) Forschungsmonographien und -Aufsätzen zum Gegenstand.Diese Schnellball-Recherche kann man dann auf Basis der so ermittelten Literatur (fast) beliebig oft wiederholen. Der Erfolg dieses Verfahrenshängt so natürlich wesentlich davon ab, ob es Literatur zu dem Gegenstand überhaupt gibt, von welcher (auch bibliographischer) Qualität sie istund ob man sie ausfindig macht, also einen geeigneten Einstieg in das Verfahren findet. Zumindest letzteres kann man selbst steuern, indem manmöglichst junge, möglichst themenspezifische und möglichst fundierende Literatur sucht.Für die Ermittlung dieser Ausgangsbasis selbst, vor allem aber für die der jüngsten Titel (die also nach der Ausgangsbasis erschienen sind) istman natürlich auf das zweite Verfahren angewiesen, das aber natürlich auch sonst das Schneeballverfahren ergänzen sollte und kann.

Das zweite Verfahren geht im Gegensatz dazu systematisch vor (und ähnelt insofern manchmal dem Jäger, der einfach auf alles schießt, waszuckt, um den einen Hasen zu erlegen). Früher war es ausgesprochen zeitaufwendig, heute ist es dank elektronischer Hilfsmittel und Datenbankenzum Teil etwas bequemer geworden. Bei dieser Form des klassischen Bibliographierens nutzt man umfassende und tendenziell Vollständigkeitbeanspruchende bibliographische Sammlungen und sucht mit ihrer Hilfe Literatur zum jeweiligen Thema.

Es gibt prinzipiell drei unterschiedliche Typen solcher Bibliographien :

1. abgeschlossene (d. h. auf einen bestimmten Erscheinungszeitraum zurückblickende) Fachbibliographien. Im Fall des Fachs Neuere deutscheLiteraturwissenschaft/-geschichte sind dies insbesondere:

Bibliographisches Handbuch der deutschen Literaturwissenschaft. 1945-69/72. Hg. von Clemens Köttelwesch. Mitarbeit H. Hüttemann und

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C. Maihofer. 3 Bde. Frankfurt/Main 1973-1979.

Handbuch der deutschen Literaturgeschichte. 2. Abteilung: Bibliographien. Hg. von Paul Stapf. Bern, München 1969-74.

Karl Goedeke , Grundriß zur Geschichte der deutschen Dichtung. Aus den Quellen. 2. bzw. 3. Auflage. 18 Bde. Dresden bzw. Berlin 1884ff.[Nachdruck der Bde. 1-15: Nendeln 1975ff.]

2. periodische (d. h. regelmäßig auf einen kurzen Erscheinungszeitraum zurückblickende) Fachbibliographien. Im Fall der NdL bzw. derGermanistik insgesamt sind das vor allem zwei:

Bibliographie der deutschen Sprach- und Literaturwissenschaft. Hg. von Hanns W. Eppelsheimer. Bearbeitet von Clemens Köttelwesch .Frankfurt/Main 1957ff.

Germanistik . Internationales Referatenorgan mit bibliographischen Hinweisen. Tübingen 1960ff.

Diese Fachbibliographien sind in den Universitäts- und (germanistischen / literaturwissenschaftlichen) Seminarbibliotheken zugänglich, so auch an inSaarbrücken.

Die internationale sprach- und literaturwissenschaftliche Literatur insgesamt ist dokumentiert im Organ der Modern Language Association:

MLA International Bibliography of Books and Articles on the Modern Languages and Literatures. New York (NY) 1921ff. (zumelektronischen Zugang siehe unten)

3. Hinzu kommen (zumeist abgeschlossene) spezifischere Bibliographien, die also nicht die Erscheinungen eines ganzen Faches über einenbestimmten Zeitraum dokumentieren, sondern nur die Literatur zu einem bestimmten Teil oder Gegenstand des Fachs. Im Fall derLiteraturwissenschaft handelt es sich dabei zumeist um Personal-, seltener um Epochen-, Gattungs- oder andere Sachbibliographien. EineAufstellung wichtiger spezifischer Bibliographien für das Fach Neuere deutsche Literaturwissenschaft findet sich neben anderen nützlichenHinweisen nicht nur zum Bibliographieren in:

Hansjürgen Blinn, Informationshandbuch Deutsche Literaturwissenschaft. 4., völlig neu bearb. und stark erw. Ausg. Frankfurt/Main 2003(Fischer Tb15268), S. 141 ff.

Diese unterschiedlichen Bibliographien sind zumeist nach Schlag- oder Stichworten organisiert, mit deren Hilfe Literatur zu einem bestimmten Text,Autor oder Kontext, zu einer bestimmten Gattung oder Epoche usw. zu finden ist. Für gewöhnlich sind diese am Ende in einem Registeralphabetisch aufgelistet und über ein Nummernsystem mit den jeweiligen bibliographischen Einträgen verknüpft, so daß diese zu finden sind.Die so (oder auch mit dem Schneeball-Verfahren) ermittelten Titel sind natürlich nicht alle wirklich hilfreich. Das wird sich zwar meist erst währendoder nach der Lektüre herausstellen (manchmal auch erst nach Erhalt der Korrekturen des der Hausarbeit), doch einige allgemeineVorauswahlregeln lassen sich dennoch formulieren: Neuere Beiträge sind älteren vorzuziehen, allgemeinere den spezielleren, solche aus denStandard-Zeitschriften denen aus obskureren Quellen usw. Allgemein gilt: Wenn es zu Ihrem Autor/Thema Bände in den Reihen: SammlungMetzler, Rowohlt Monographien (romono), Reclam Literatur-Studium gibt, sollten Sie die immer zuerst lesen (in der Regel lohnt der Kauf).

Da insbesondere die Suche in periodischen Bibliographien (wo man also einzelne Bände oder Jahrgänge durchforsten muß) zeitaufwendig undnervenaufreibend ist, hat sich der Einsatz elektronischer Datenbanken hier natürlich besonders aufgedrängt.

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Unter den oben erwähnten sind in Saarbrücken zur Zeit der Köttelwesch (bis 2001), das KNLL und die MLA-Bibliographie (bis 2003) im Internetverfügbar. Besonders hilfreich ist die MLA-Bibliographie , da sie (fast) alle relevante Sekundärliteratur zu allen wichtigen Nationalliteraturen von1963 bis zur Gegenwart verzeichnet und über eine gute Suchfunktion verfügt, die auch UND und ODER Verknüpfungen ermöglicht.

Damit ist sie der ideale Ausgangspunkt für Recherchen zu spezielleren Themen. Suchen Sie z. B. Literatur zu Rilkes Gedicht Der Panther, gebenSie ein (Groß- und Kleinschreibung müssen nicht unterschieden werden, nur die Verknüpfungen müssen in Großbuchstaben stehen): rilke ANDpanther; suchen Sie Literatur zu Rilkes Musikauffassung geben Sie ein: rilke AND music (das Schlagwort muß in Englisch eingegeben werden).Das Schlimmste, was Ihnen passieren kann, ist, daß Sie zu viele Angaben erhalten; dann gilt (wenigstens prinzipiell), was oben schon zur Auswahlgesagt worden ist.

Und wie kann ich im Köttelwesch, im KNLL und in der MLA-Bibliographie elektronisch recherchieren ? Ganz einfach: Von der Institutsbibliothekhaben Sie über den dortigen Computer Zugriff auf die CDs auf den Server der Universitätsbibliothek. Wenn Sie zuhause Internet-Zugang haben,geht es aber auch von dort. Sie müssen nur eingeschriebener Student sein und sich eine kleine Zugangssoftware installieren. Alle näherenInformationen dazu finden Sie auf den entsprechenden Seiten der UB: etwa hier (Zugangssoftware) und hier (Liste aller auf dem UB-Serververfügbaren CDs aus dem Bereich "Sprach- und Literaturwissenschaft).

Aber auch ganz ohne Bibliographien können Sie natürlich Literatur (samt Bibliotheksnachweisen) über die verschiedenen elektronischenBibliotheks- oder Bibliotheksverbundkataloge ausfindig machen. Die meisten solchen Kataloge führen allerdings nur Monographien auf (also keineeinzelnen unvollständigen Publikationen) und sind nur über Titelwörter oder Namen, mitunter aber auch über Schlagwörter zu durchsuchen.Als Ausgangspunkt empfiehlt sich hierbei der "Karlsruher Virtuelle Katalog " (KVK): Hier können Sie mit einer einzigen Abfrage nicht nur imBestand der wichtigsten deutschsprachigen Bibliotheken recherchieren, sondern auch in vielen Landes- bzw. Nationalbibliotheken anderereuropäischer Länder und der USA. Bitte unbedingt ausprobieren! Und wenn Sie sich nicht auf die Fernleihe der UB verlassen wollen, können Siesich nach dieser Recherche über diverse Internet-Verleihdienste (wie z.B. "Subito") auch gleich die gefundene Literatur bestellen. Besondershilfreich ist, daß man sich sich gegen eine geringe Gebühr Bilddateien von Aufsätzen (Sie müssen nur die Bibliothek finden, die die entsprechendeZeitschrift besitzt) in kürzester Zeit auf den eigenen Computer mailen lassen kann (oder auch, aber das ist etwas teurer, Bücher in die UB odersogar zu sich nach Hause kommen lassen kann).

Es muß also wirklich nicht immer nur der Gang ans IB-Regal sein...

Wenn Sie genauere Informationen zum schulgerechtem Bibliographieren und Recherchieren suchen, empfehlen wir das bereits genannte Büchleinvon Blinn (bes. S. 13-37), das ohnehin jeder Student der Neueren Deutschen Literaturwissenschaft besitzen sollte. Daher sei es hier abschließendnoch einmal genannt

Hansjürgen Blinn, Informationshandbuch Deutsche Literaturwissenschaft. 4., völlig neu bearb. und stark erw. Ausg. Frankfurt/Main 2003(Fischer Tb15268).

Uwe Spörl/Manfred Engel

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