Länger gesund und selbstständig im Alter – aber wie? · Impressum Herausgeber...

84
Länger gesund und selbstständig im Alter – aber wie? Potenziale in Kommunen aktivieren www.in-form.de

Transcript of Länger gesund und selbstständig im Alter – aber wie? · Impressum Herausgeber...

Page 1: Länger gesund und selbstständig im Alter – aber wie? · Impressum Herausgeber Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-Organisationen e. V. (BAGSO) Bonngasse 10 – 53111 Bonn 02

Länger gesund und selbstständigim Alter – aber wie?Potenziale in Kommunen aktivieren

www.in-form.de

Page 2: Länger gesund und selbstständig im Alter – aber wie? · Impressum Herausgeber Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-Organisationen e. V. (BAGSO) Bonngasse 10 – 53111 Bonn 02
Page 3: Länger gesund und selbstständig im Alter – aber wie? · Impressum Herausgeber Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-Organisationen e. V. (BAGSO) Bonngasse 10 – 53111 Bonn 02

Länger gesund und selbstständig im Alter – aber wie?Potenziale in Kommunen aktivierenErfahrungen aus vier Pilotkommunen mit Empfehlungen zur Umsetzung für Entscheidungsträger und Verantwortliche in der Seniorenarbeit

Page 4: Länger gesund und selbstständig im Alter – aber wie? · Impressum Herausgeber Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-Organisationen e. V. (BAGSO) Bonngasse 10 – 53111 Bonn 02

Impressum

Herausgeber Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-Organisationen e. V. (BAGSO)

Bonngasse 10 – 53111 Bonn 02 28 / 24 99 93-0 02 28 / 24 99 93-20 Förderung Der vorliegende Erfahrungsbericht wurde gefördert durch das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages. Autoren Diese Handreichung zur Verbesserung der Gesundheits- förderung für Seniorinnen und Senioren wurde im Rahmen des BAGSO-Projektes „In Alter IN FORM – Gesunde Lebensstile fördern“ von Anne v. Laufenberg- Beermann und Gabriele Mertens-Zündorf erarbeitet. Gastbeiträge sind ausgewiesen.

Wichtige Information Die Hinweise und Empfehlungen in dieser Broschüre wurden von den Autorinnen und der Herausgeberin nach bestem Wissen und Gewissen erarbeitet und sorgfältig geprüft. Dennoch kann eine Garantie nicht übernommen werden. Eine Haftung der Autorinnen, der Herausgeberin oder ihrer Beauftragten für Perso- nen-, Sach- oder Vermögensschäden ist ausgeschlossen.

Die Inhalte sind urheberrechtlich geschützt. Eine Vervielfältigung ist ohne Zustimmung der BAGSO unzulässig. Die CD-Inhalte sind ausdrücklich zur Verwendung freigegeben. Die zitierten Internet- quellen basieren auf dem Stand von August 2014.

Zur Handhabung der Broschüre Im Innenteil der Broschürenrückseite befindet sich eine CD-ROM. Sie enthält Arbeitshilfen zu den in der Handreichung behandelten Themen, die die Umset-zung in die Praxis erleichtern. Auf die Texte der CD wird in der Broschüre durch ein Symbol mit Numme- rierung hingewiesen. Die jeweilige Nummer findet sich zu Beginn jeder Datei auf der CD wieder.

Page 5: Länger gesund und selbstständig im Alter – aber wie? · Impressum Herausgeber Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-Organisationen e. V. (BAGSO) Bonngasse 10 – 53111 Bonn 02

Besonders zu beachtende Merksätze sind als Pfeile gestaltet.

Praxisbeispiele aus den Pilotkommunen heben sich durch eine farbige Unterlegung von dem übrigen Text ab. Konzept und Bearbeitung Anne v. Laufenberg-Beermann, Dipl. Troph., Assessorin der Landwirtschaft, BAGSO Gabriele Mertens-Zündorf, Dipl. Oec. Troph., Master Nonprofit Administration, BAGSO Redaktionelle Bearbeitung Ursula Lenz, BAGSO Korrektorat Helga Vieth Gestaltung und Satz GDE | Kommunikation gestalten

Fotos Titel: shutterstock @ Rusian Guzov, Voronin76 fotolia @ Olga Galushko; istockphoto; 123rf @ auremar Seite 13: istockphoto; Seite 18: 123rf @ auremar; Seite 27: fotolia @ Olga Galushko; Seite 28: fotosearch @ meinzahn; Seite 45: istockphoto; Seite 47: Portrait Benno Baumeister Fotonachweis SEZ Status frei- gegeben; Seite 64: shutterstock @ Rusian Guzov; Seite 66: fotolia @ Janina Dierks; Seite 82: shutterstock @ Voronin76

Das Projektteam dankt den Verantwortlichen in den Pilotkommunen Bad Windsheim, Sondershausen, im Landkreis Peine und in der Verbandsgemeinde Diez für die konstruktive und gute Zusammenarbeit und wünscht allen weiterhin viel Erfolg.

Page 6: Länger gesund und selbstständig im Alter – aber wie? · Impressum Herausgeber Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-Organisationen e. V. (BAGSO) Bonngasse 10 – 53111 Bonn 02

Inhalt

6

Grußwort des Bundesministers für Ernährung und Landwirtschaft 8

Grußwort des Deutschen Landkreistages 9

Einführung 10

Fachliche Aspekte der Gesundheitsförderung im Alter 13

1. Gesundes Älterwerden 14 Langlebigkeit verpflichtet zu einem gesunden und kompetenten Älterwerden – eine Herausforderung auch für die Seniorenarbeit Prof. Dr. Dr. h.c. Ursula Lehr Vorsitzende der BAGSO

2. Förderung gesunder Lebensstile zur Erhaltung der Leistungsfähigkeit älterer Menschen 19

2.1 Die Vielfalt des Alters als Chance 19

2.2 Die Bedeutung einer ausgewogenen Ernährung für ältere Menschen Ricarda Holtorf, Deutsche Gesellschaft für Ernährung 20

2.3 Bewegung tut jedem gut! Miriam Schreck, Deutscher Turner-Bund 22

2.4 Sachgerechte Mund- und Zahnpflege Dr. Hans-Peter Huber, Deutsche Gesellschaft für AlterszahnMedizin 25

2.5 Unterstützende Dienste und gesundheits- fördernde Angebote für ältere Menschen 26TEIL

I

Page 7: Länger gesund und selbstständig im Alter – aber wie? · Impressum Herausgeber Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-Organisationen e. V. (BAGSO) Bonngasse 10 – 53111 Bonn 02

7

Prozess zur Gesundheitsförderung in vier Pilotkommunen 29

3. Das BAGSO-Konzept zum Aufbau gesundheitsfördernder Angebote 32

Schritt Analyse erforderlicher Daten und Fakten 34

Schritt

Etablierung einer Steuerungsgruppe 38

Schritt

Informations- und Öffentlichkeitsarbeit 42

Schritt

Einbindung der Akteure / Werkstattveranstaltung I 43

1. Stärken- und Schwächen-Analyse 43

2. Erarbeitung von Ideen 44

Schritt

Schulung von Akteuren 51

Schritt

Einbindung der Akteure/ Werkstattveranstaltung II 55 1. Erarbeitung einer Prioritätenliste

der Ideen und Ziele 55

2. Planung der Vorhaben 57

Schritt

Evaluierung der Ergebnisse sowie Planung der Verstetigung 63

1. Erfahrungen aus dem Prozess in der Stadt Bad Windsheim 67

2. Auswertung der Vorhaben und Sachstand in der Stadt Sondershausen 69

3. Auswertung der Vorhaben und Sachstand im Landkreis Peine 71

4. Auswertung der Aktivitäten in der Verbandsgemeinde Diez 75

4. Evaluierung des Prozesses 78

5. Schlussbetrachtung 79

6. Verzeichnis der Abbildungen und Abkürzungen 80

7. Inhalt der beigefügten CD 81

TEILII

Page 8: Länger gesund und selbstständig im Alter – aber wie? · Impressum Herausgeber Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-Organisationen e. V. (BAGSO) Bonngasse 10 – 53111 Bonn 02

8

Liebe Leserinnen und Leser,

Gesundheit ist ein hohes Gut für uns alle. Wir möchten heute gesund sein und wünschen uns, im Alter lange gesund zu bleiben. Gesundheit hängt eng mit Bewe-gung und Ernährung zusammen. Die Bundesregierung setzt daher einen Schwerpunkt ihrer Arbeit auf die Förderung eines gesunden Lebensstils, der ausreichend Bewegung und eine ausgewogene Ernährung umfasst.

Mit dem Nationalen Aktionsplan „IN FORM – Deutschlands Initiative für gesunde Ernährung und mehr Bewegung“ trägt die Bundesregierung dazu bei, dass Menschen in jedem Alter eine höhere Lebens- qualität und Leistungsfähigkeit im privaten und be- ruflichen Bereich erzielen. Wir fördern hierzu gezielt Organisationen, Vereine und Verbände, die mit vor-bildlichen Projekten im Sinne von IN FORM aktiv sind. Die BAGSO ist hierfür ein sehr gutes Beispiel. Mit dem Projekt zu einem längeren gesunden und selbstständigen Leben im Alter hilft sie Kommunen, Potenziale in der Seniorenarbeit zu erkennen und zu aktivieren.

Denn es sind maßgeblich die Kommunen und Träger von Einrichtungen und Institutionen, die die Lebens-welten der Bürgerinnen und Bürger gestalten. Hier müssen Rahmenbedingungen geschaffen werden, die für Menschen aller Altersgruppen ausreichende, ge-sundheitsfördernde Angebote bereithalten. Informa-tions- und Beratungsangebote gehören hierzu ebenso wie gesunde Verpflegungs- und personengerechte Bewegungsangebote. Speziell in der Seniorenpolitik können Kommunen einen bedeutenden Beitrag zur Vernetzung der Angebote für ältere Menschen leisten.

Ich würde mich freuen, wenn sich die Kommunen in Deutschland die Gesundheitsprävention – generationen- übergreifend und speziell für ältere Menschen – zur Herzensangelegenheit machten. Dies liegt im Interesse jedes einzelnen Menschen und unserer gesamten Ge- sellschaft. Die BAGSO zeigt Wege zur Umsetzung auf.

Ihr

Christian Schmidt MdB Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft

Grußwort des Bundesministersfür Ernährung und Landwirtschaft Christian Schmidt

© BMEL „Bundesregierung/Kugler

Page 9: Länger gesund und selbstständig im Alter – aber wie? · Impressum Herausgeber Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-Organisationen e. V. (BAGSO) Bonngasse 10 – 53111 Bonn 02

9

Das durchschnittliche Lebensalter nimmt erfreulicherweise weiter zu und der Gesundheitszustand vieler Menschen ist sehr gut. Aller-dings steigt zugleich auch die Zahl von Erkrankungen, insbesondere Demenzerkrankungen, Pflegebedürftigen sowie älteren Menschen mit Behinderungen an. Länger gesund und selbstständig im Alter – wer will das nicht?

Das Projekt „Im Alter IN FORM – Gesunde Lebensstile fördern“ hat zu einer mehrjährigen fruchtbaren Zusammenarbeit zwischen der Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-Organisationen und dem Deutschen Landkreistag geführt. Kein Wunder – liegt es doch nicht nur im kommunalen, sondern im ureigenen Interesse jedes Bürgers, sich selbst um die eigene Gesundheit zu kümmern.

Die Landkreise erbringen, verantworten und initiieren zusammen mit ihren kreisangehörigen Gemeinden seit Jahrzehnten vielfältige Leistungen und Unterstützungsangebote für ältere und alte Men-schen. Sie fördern gesundheitliche Altersvorsorge z. B. durch Freizeit-, Gesundheits-, Kommunikations- und Bildungsangebote. Nicht alles muss von ihnen selbst gewährt oder organisiert werden. Hier kommt die Bedeutung der Kommune im doppelten Sinne zum Tragen: nicht nur als Gebietskörperschaft, sondern auch als Gemeinwesen, jeweils für den örtlichen Wirkungs bereich. Dies nehmen die Senio-ren-Organisationen gleichfalls in den Blick.

Ältere Menschen sind, wie andere Altersgruppen auch, keine homogene soziale Gruppe. Für alle aber geht es darum, ihre Selbstbestimmung und Teilhabe an der Gesellschaft zu sichern.

Dabei muss es gelingen, Menschen so früh wie möglich zu erreichen. Die Lebensbedingungen vor Ort müssen so gestaltet werden, dass sie dem Entstehen besonderer Hilfebedürftigkeit entgegen wirken. Die kommunale Altenhilfe ist im Sinne eines seniorenpolitischen Konzepts über den sozialen Bereich hinaus mit dem Wohnumfeld, den Dienstleistungs- und Unterstützungsangeboten wie der Nutzbar- keit des ÖPNV zur Sicherung der Mobilität etc. zu verbinden.

Dass dies nicht „top down“ erfolgen darf, sondern nur „bottom up“ Erfolg haben kann, zeigen vorliegend vier ganz verschie dene Pilot-kommunen: der niedersächsische Landkreis Peine, die bayerische Stadt Bad Windsheim, die thüringische Stadt Sondershausen und die rheinlandpfälzische Verbandsgemeinde Diez. Ausgehend von den unterschiedlichen Gegebenheiten vor Ort hat jede Kommune für sich den erforderlichen Prozess gewählt und ihre Potenziale entwickelt.

Ich danke allen Beteiligten und der BAGSO für ihr Engagement in unserem gemeinsamen Bemühen, Gesundheitsförderung im Alter noch stärker als bislang im ganz normalen Alltag zu verankern.

Dr. Irene Vorholz Beigeordnete des Deutschen Landkreistages

Grußwort des Deutschen LandkreistagesDr. Irene Vorholz, Beigeordnete

Page 10: Länger gesund und selbstständig im Alter – aber wie? · Impressum Herausgeber Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-Organisationen e. V. (BAGSO) Bonngasse 10 – 53111 Bonn 02

10

„Wenn das Altern positiv erlebt werden soll, muss ein längeres Leben mit der Aufrechterhaltung von Gesund-heit, Teilnahmemöglichkeit und Sicherheit einhergehen“ (Weltgesundheitsorganisation, WHO) 1

Die WHO veröffentlichte im Rahmen der Weltkon- ferenz der Vereinten Nationen zum Thema „Ageing“ im April 2002 in Madrid Politik-Empfehlungen zum „Aktiven Altern“. Sie stellt, wie aus dem Eingangszitat deutlich wird, folgende drei Schwerpunktbereiche in den Vordergrund:

nn Gesundheit

nn Soziale Teilhabe

nn Sicherheit.

Die „Aufrechterhaltung der Gesundheit“ bzw. die Gesundheitsförderung älterer Menschen ist auch in Deutschland zu einem zentralen gesellschaftspoliti- schen Thema geworden. Dies belegt die Vielzahl an Veröffentlichungen und Tagungen bundesweit. Expertengremien verschiedener Disziplinen erörtern beispielsweise Einflussgrößen auf die Gesundheit im Alter und erarbeiten Strategien zur Verbesserung der Gesundheit Älterer. Die Bewahrung der Gesundheit ist nicht nur ein gesellschaftspolitisches Ziel, um die Leistungsfähigkeit älterer Menschen so lange wie möglich zu erhalten und damit frühzeitigen

Pflegebedarf zu verhindern, es ist auch ein zentraler Wunsch der älteren Menschen selbst, wie die Gene- rali Altersstudie 2013 belegt 2. Um die genannten gesellschaftspolitischen Ziele zu erreichen, sind auf kommunaler Ebene konkrete politische Strategien umzusetzen.

Diese Handreichung zeigt in Teil I die Zusammen- hänge von Ernährung, Bewegung, Mund- und Zahn-gesundheit und der Gesundheitsförderung auf. In Teil II wird vorgestellt, wie auf kommunaler Ebene die Gesundheitsförderung älterer Menschen initiiert und dauerhaft etabliert werden kann. Zuvor werden kurz die aktuellen Initiativen und Strategien auf nationaler Ebene skizziert, auf die sich das im zweiten Teil vor- gestellte BAGSO-Konzept begründet.

Deutschlands Initiative IN FORM für die Zielgruppe der älteren Menschen

Im Jahr 2008 wurde „IN FORM – Deutschlands Initia-tive für gesunde Ernährung und mehr Bewegung“ auf Beschluss der Bundesregierung vom Bundesministe- rium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) und vom Bundesministerium für Gesundheit (BMG) ini- tiiert und ist seitdem bundesweit mit Projektpartnern für Menschen in allen Lebensbereichen aktiv. Ziel ist, das Ernährungs- und Bewegungsverhalten der Men-schen dauerhaft zu verbessern.

Einführung

1 Weltgesundheitsorganisation EUROPA: Gesundes Altern – Aufsuchende Aktivierung älterer Menschen, 2002, Vorwort

2 Generali Altersstudie: Generali Zukunftsfonds (Hrsg.) und Institut für Demoskopie Allensbach, 2012

Page 11: Länger gesund und selbstständig im Alter – aber wie? · Impressum Herausgeber Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-Organisationen e. V. (BAGSO) Bonngasse 10 – 53111 Bonn 02

11

Unter dem Stichwort „Fit im Alter“ werden Projekte und Maßnahmen in der Lebenswelt älterer Menschen gefördert und umgesetzt. Die BAGSO unterstützt die Ziele von IN FORM und „Fit im Alter“ mit bundes- weiten Schulungen und Fachtagungen. Deutschlands Initiative IN FORM zielt sowohl auf die Verhaltens3- als auch auf die Verhältnisprävention4, d. h. die ge-sundheitsfördernde Gestaltung des Wohnumfeldes in den verschiedenen Lebenswelten der Bürgerinnen und Bürger, ab.

Nationales Gesundheitsziel „Gesund älter werden“

In der vom Bundesministerium für Gesundheit im Jahr 2012 veröffentlichten Schrift „Nationales Gesundheits- ziel Gesund älter werden“ sind zentrale Informationen und Handlungsschritte zur Realisierung der Gesund-heitsförderung älterer Menschen dargestellt 3. Dieses Gesundheitsziel unterscheidet drei Handlungsfelder:

I. Gesundheitsförderung und Prävention: Autonomie erhalten

II. Gesundheitliche, psychosoziale und pflegerische Versorgung

III. Besondere Herausforderungen.5

Das zweite Kapitel „Gesundheit und Alter“ der Publika- tion stellt dar, in welchem gesellschaftlichen Kontext die Gesundheitsförderung älterer Menschen zu sehen ist und welche Bedeutung sie für die verschiedenen Entwicklungen hat. Vorrangig zu nennen sind demo- grafische, epidemiologische und soziale Veränderun- gen (s. Abb. 1), zunehmend veränderte Einstellungen

zur persönlichen Lebensweise und zur gesellschaft- lichen Teilhabe sowie neue Anforderungen sowohl an Versorgungsstrukturen als auch an die Gesellschaft.6

Wie kann Gesundheitsförderung auf kommunaler Ebene gelingen?

Diese Publikation der BAGSO zeigt auf, wie die Umsetzung des gesellschaftspolitischen Ziels im Handlungsfeld I „Gesundheitsförderung und Präven-tion: Autonomie erhalten“ auf kommunaler Ebene konkret realisiert werden kann. Sie richtet sich an verantwortliche Akteure in der Seniorenarbeit bzw. Seniorenpolitik.

3 Verhaltensprävention will die Ver- meidung von gesundheitsgefährden- dem Verhalten (z. B. ungesundes Essen, vernachlässigte Zahnpflege) erzielen

4 Verhältnisprävention befasst sich mit technischen, organisatorischen und sozialen Bedingungen des ge- sellschaftlichen Umfeldes und der Umwelt sowie deren Auswirkung auf die Entstehung von Krankheiten 3 Bundesministerium für Gesundheit: Nationales Gesundheitsziel Gesund älter werden, 2012, S. 28

5 Vgl. ebd., S. 46 Vgl. ebd., S. 117 „Alt sind immer die anderen“ Bun-

deszentrale für gesundheitliche Auf- klärung (BZgA), Flyer

Gesellschaftliche Entwicklungstendenzen im demograschen Wandel

Eingeneration- undSinglehaushalte

P�egebedürftigePersonen

Lebenserwarung

Zunahme

Mehrgenerationen-Haushalte

Häusliche familiäreP�egepersonen

Geburten

Rückgang

Abbildung 1: Gesellschaftliche Entwicklungstendenz im demografischen Wandel7

Page 12: Länger gesund und selbstständig im Alter – aber wie? · Impressum Herausgeber Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-Organisationen e. V. (BAGSO) Bonngasse 10 – 53111 Bonn 02

12

Die Ausführungen basieren auf Erkenntnissen, die das BAGSO-Team im Laufe des Projektes „Im Alter IN FORM – Gesunde Lebensstile fördern“ gewonnen hat. Es wurde im Rahmen von „IN FORM – Deutsch-lands Initiative für gesunde Ernährung und mehr Bewegung“ im Zeitraum von 2012 bis 2014 durch- geführt.

Die Erfahrungen in den verschiedenen Maßnahmen des Projektes zeigten, dass die Akteure in der kommu-nalen Seniorenpolitik häufig Fragen zur praktischen Umsetzung der Gesundheitsförderung in ihrem Auf- gabenfeld haben. Dies führte zur Entwicklung des „BAGSO-Konzeptes zur Verbesserung der Gesund-heitsförderung älterer Menschen auf kommunaler Ebene“. Es wurde im Zeitraum von Januar 2013 bis August 2014 in den vier vorwiegend ländlich struktu- rierten Pilotkommunen Bad Windsheim (Bayern), Sondershausen (Thüringen), Landkreis Peine (Nieder- sachsen) und der Verbandsgemeinde Diez (Rheinland- Pfalz) erprobt und ist auf andere Kommunen über-tragbar. Einen Überblick über Bevölkerung und demo- grafische Entwicklung gibt nebenstehende Tabelle.

Informationen über Besonderheiten der Pilot- kommunen sind der CD zu entnehmen.

Die Handreichung enthält Informationen zur methodischen Vorgehensweise, dem fachlichen/ wissenschaftlichen Hintergrund und zu möglichen „Stolpersteinen“, die beim Prozess zur Verbesserung der Gesundheitsförderung beachtet werden sollten.

Das BAGSO-Konzept besteht aus sieben Schritten, die im zweiten Teil dieser Broschüre ausführlich dar- gestellt werden. Die Beispiele aus den Pilotkommu-nen veranschaulichen die Umsetzung der Projekt-schritte in der Praxis. Detaillierte Ablaufpläne und Arbeitsmittel wie Checklisten und Präsentationen, die in den Pilotkommunen angewendet wurden, sind auf der beigefügten CD zu finden.

CD Nr. 7.1

Kommune Bad Windsheim

Bayern

Sonders- hausen

Thüringen

Landkreis Peine

Niedersachen

Verbands- gemeinde

Diez Rheinland-

Pfalz

Bevölkerung11.955 4) (2012)

21.907 5) (2013)

130.047 3) (2012)

25.196 1) (2010)

Vorausberechnung2029

11.670 4) (–2,5 %)

2030 17.710 5) (–24,5)

2030 116.7403) (–10,2 %)

2030 23.650 1) (–6,2 %)

Altenquotient 2030 53,05) 84,45) 58,75) 50,62)

Quellen:

1) Bevölkerungsstatistik Statistisches Landesamt Rheinland-Pfalz 2) eigene Berechnungen basierend auf Zahlen des Statistischen Landesamtes Rheinland-Pfalz 3) Landesamt für Statistik Niedersachsen (LSN) 4) Bayerisches Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung 5) www.wegweiserkommune.de

Tabelle 1: Statistische Daten der Pilotkommunen

Page 13: Länger gesund und selbstständig im Alter – aber wie? · Impressum Herausgeber Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-Organisationen e. V. (BAGSO) Bonngasse 10 – 53111 Bonn 02

13

CD Nr. 7.2

TEILI

Fachliche Aspekteder Gesundheits-förderung im Alter

Um die Bedeutung der Prävention zur Aufrechterhal-tung der Autonomie älterer Menschen verständlich zu machen, werden gemeinsam mit den Kooperations- partnern der BAGSO folgende fachliche Informationen und Zusammenhänge kurz vorgestellt:

Das Grundlagenwissen und Verständnis der Wechsel- wirkungen von Gesundheit, Ernährung und Bewe-gung wie auch von Mund- und Zahngesundheit sind für die Gestaltung der Gesundheitsförderung – sowohl in der Verhaltens- als auch in der Verhältnispräven- tion – unerlässlich.

Angaben zu weiterführenden Fachinformationen sind auf der beiliegenden CD zu finden.

Page 14: Länger gesund und selbstständig im Alter – aber wie? · Impressum Herausgeber Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-Organisationen e. V. (BAGSO) Bonngasse 10 – 53111 Bonn 02

14

TEILI

Fachliche Aspekteder Gesundheits-förderung im Alter

1 | Gesundes Älterwerden

Langlebigkeit verpflichtet zu einem gesun- den und kompetenten Älterwerden – eine Herausforderung auch für die Seniorenarbeit

Prof. Dr. Dr. h.c. Ursula Lehr Institut für Gerontologie der Universität Heidelberg Vorsitzende der BAGSO

Wir leben in einer Gesellschaft des langen Lebens. Noch nie zuvor haben so viele Menschen eine so lange Lebenszeit gehabt wie heute. Sehen wir darin nicht ein Problem, sondern eine Chance! Freuen wir uns über die zunehmende Langlebigkeit. Setzen wir uns ein für ein Älterwerden bei möglichst großem körperlichem und seelisch-geistigem Wohlbefinden.

Gesundheit – was ist das?

1. Gesundheit ist – der früheren klassischen WHO- Definition entsprechend – „körperliches, seelisch- geistiges und soziales Wohlbefinden“. Es ist also nicht nur von Bedeutung, ob man laut Arzturteil und Laborbefund gesund ist, sondern auch wichtig, ob man sich gesund fühlt. Der sogenannte „sub- jektive Gesundheitszustand“ ist, wie unsere und internationale Untersuchungen zeigen, ganz ent-scheidend für eine hohe Lebensqualität im Alter.

2. Gesundheit schließt aber auch die Fähigkeit ein, sich mit etwaigen Belastungen, mit Einschränkun-gen, mit Behinderungen – im körperlichen, aber auch im geistig-seelischen und sozialen Bereich – auseinanderzusetzen, adäquat damit umzugehen und dennoch ein zufriedenstellendes Leben zu führen.

Die WHO hat Gesundheit als „active state“ definiert und darunter die Fähigkeiten zur selbstverantwort- lichen, selbstständigen Lebensführung verstanden. Die Zeit des aktiven, relativ gesunden Alterns nimmt zu und wird weiter zunehmen, vorausgesetzt, optima- le Prävention und Gesundheitsvorsorge werden aus- gebaut. Altern ist ein lebenslanger Prozess! Die meisten Krankheiten im Alter sind keine Alterskrankheiten, sondern alternde Krankheiten, sie haben sich im frü-heren Leben über eine lange Zeit entwickelt. Das gilt insbesondere für die vier gesundheitlichen Haupt- probleme:

1. kardiovaskuläre Erkrankungen

2. Stoffwechsel-Erkrankungen (Diabetes II)

3. Erkrankungen der Wirbelsäule, Osteoporose, Gelenkprobleme

4. einige Tumorerkrankungen.

Page 15: Länger gesund und selbstständig im Alter – aber wie? · Impressum Herausgeber Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-Organisationen e. V. (BAGSO) Bonngasse 10 – 53111 Bonn 02

15

Gesundes Älterwerden

Dies sind Krankheiten, die sich weitgehend durch den Lebensstil beeinflussen lassen. Langlebigkeit verpflich- tet: Wir haben alles zu tun, um ein möglichst hohes Lebensalter bei psycho-physischem Wohlbefinden zu erreichen – und das ist eine lebenslange Aufgabe; Prävention ist eine Aufgabe von den ersten Lebens- tagen an.

Altern, Prävention, Rehabilitation und Pflegebedürftigkeit

Das Ausmaß der Pflegebedürftigkeit fällt vorwiegend in der Gruppe der über 80-Jährigen ins Gewicht und betrifft dort rund 20 %, bei den 85- bis 90-Jährigen 38 % und den über 90-Jährigen 57 %. Das heißt aber, dass noch rund die Hälfte der Hochbetagten in der Lage ist, allein kompetent ihren Alltag zu meistern.

Zunächst gilt es, Pflegebedürftigkeit zu vermeiden – und das ist eine Herausforderung für jeden Einzelnen und die Gesellschaft. Präventive Maßnahmen sollten weit stärker verankert werden. Dazu gehören ein ent- sprechender gesundheitsbewusster Lebensstil, die Förderung der Eigenverantwortung und die Teilnah-me an regelmäßigen Vorsorgeuntersuchungen.

Der Prävention ist weit mehr Bedeutung zuzumessen. Wir alle sollten an die Eigenverantwortung im Hinblick auf einen möglichst gesunden Lebenswandel appellie- ren, wir sollten Bewegung, Gymnastik und Sport in unseren Tagesablauf fest einbauen und auf eine gesun-de Ernährung achten. Der Arzt und all diejenigen, die in der Seniorenarbeit tätig sind, müssen erklären und

überzeugen, wie wichtig körperliche Bewegung und gesunde Ernährung, aber auch geistige und soziale Aktivität für ein Altwerden bei Wohlbefinden sind.

Die Bedeutung umweltbezogener Prävention

Wir leben heute in einer Welt, in der einem über 75-Jährigen nur noch weniger als zehn Menschen, die jünger als 75 sind, gegenüberstehen.

Wir haben z. B. Konzepte der Stadtentwicklung zu überdenken – von der Verkehrsführung bis hin zu Sportstätten und Sportmöglichkeiten für Ältere. Neben Kinderspielplätzen brauchen wir Sport- und Freizeitmöglichkeiten, Bewegungsparcours für Ältere. Warmbadetage in Schwimmbädern werden immer notwendiger. Wir müssen uns Gedanken über die Erreichbarkeit von Schwimmbädern, Sportstätten, Arztpraxen und Einkaufsmöglichkeiten machen.

Um Hinfälligkeit oder gar Pflegebedürftigkeit zu ver- meiden, gilt es, eine „präventive Umweltgestaltung“ oder auch eine „umweltbezogene Prävention“ zu ent- wickeln, die zum einen Stolpersteine, Barrieren erken- nen und ausräumen muss, zum anderen aber auch zu Aktivitäten motivieren und zu einem gesundheits-bewussten Lebensstil anregen sollte.

Page 16: Länger gesund und selbstständig im Alter – aber wie? · Impressum Herausgeber Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-Organisationen e. V. (BAGSO) Bonngasse 10 – 53111 Bonn 02

16

TEILI

Fachliche Aspekteder Gesundheits­förderung im Alter

Förderung eines gesundheits- bewussten Lebensstils

Zu einem gesunden und kompetenten Altern tragen bei:

nn gesunde Ernährung (Alkohol nur in Maßen, Verzicht auf Nikotin)

nn körperliche Aktivität, Sport

nn geistige Aktivität

nn Sozialkontakte, soziale Aktivität

nn und nicht zuletzt eine ausgeglichene Lebensbilanz.

Ernährungsverhalten

Beim Ernährungsverhalten spielt eine Reihe psycho-logischer Gesichtspunkte eine Rolle 8. Die Tiefenpsy-chologie und auch die Sozialisationsforschung bieten sowohl für eine „Nahrungsverweigerung“ als auch für „übermäßige Nahrungszufuhr“, Gefräßigkeit oder Naschsucht eine Reihe von Erklärungsmöglichkeiten an. Probleme der Mangelernährung (Malnutrition) wurden untersucht und neben psychischen Ursachen (Depressionen, Konfrontation mit kritischen Lebens- ereignissen) wurde vor allem auf physiologische Alternsveränderungen (Veränderung der Geschmacks- und Geruchsnerven, Kaubeschwerden, Schluckstö-

rungen, Medikamenteneffekte) – die u. a. zu Appetit- verlust, gestörtem Geschmacksempfinden und Mund- trockenheit führen können – hingewiesen. Aber auch Schwierigkeiten beim Einkauf durch eingeschränkte Mobilität und Probleme bei der Nahrungszubereitung sind zu nennen.

Älter werden – aktiv bleiben

Die Bedeutung der Aktivität für ein Altwerden bei psycho-physischem Wohlbefinden wurde in der Wis-senschaft schon lange erkannt. Spätestens seit Anfang der 1970er Jahre betonen Mediziner, Psychologen, Sportwissenschaftler und Experten anderer Diszipli- nen: Körperliche, geistige und soziale Aktivität ist den Erkenntnissen der gerontologischen Forschung zufol-ge die Voraussetzung für Lebensqualität in der dritten oder vierten Lebensphase.

Die WHO hat 2004 festgestellt: „Millionen Tote durch zu wenig Bewegung und zu viel Zucker, Fett, Salz!“

Der Nachweis, dass die für das einzelne Individuum „richtigen“ sportlichen Aktivitäten, in richtiger Dosie-rung ausgeübt, das psychische Wohlbefinden steigern und die relevanten physiologischen Werte auch beim 50-, 60-, 70- und sogar über 80-Jährigen noch ver- bessern können, ist mehrfach seitens der Sport- wissenschaft und Sportmedizin erbracht worden.8 Lehr, Ursula (2003):

Probleme des Alterns und Möglichkeiten der Einfluss- nahme: Altern in einer altern- den Welt – Langlebigkeit verpflichtet, Aktuelle Ernäh-rungsmedizin, 28, 2003, S. 219 – 226

Page 17: Länger gesund und selbstständig im Alter – aber wie? · Impressum Herausgeber Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-Organisationen e. V. (BAGSO) Bonngasse 10 – 53111 Bonn 02

17

Gesundes Älterwerden

Ebenso wurde gezeigt, dass körperliche Aktivität, Be-wegung und Sport kognitive Fähigkeiten beeinflussen. In Langzeitstudien haben die Seniorinnen und Senio- ren ihre intellektuellen Fähigkeiten, vor allem ihre Gedächtnisleistungen, am stärksten verbessert und über Jahre hinweg gehalten, die neben dem Gedächt-nis-Trainingsprogramm gleichzeitig ein körperliches Aktivierungsprogramm durchgeführt haben.9, 10

Bei MEUSEL heißt es: „Was bisher als Alternsprozess verstanden wurde, ist in hohem Maße Auswirkung mangelnden Trainings. Deshalb können sportliche Betätigung und Bewegungsaktivität überhaupt helfen, die Leistungsfähigkeit in allen motorischen Fähig- keiten bis ins hohe Alter zu erhalten.“11

Aber wir brauchen auch geistige Aktivität.

Unsere Forschungen belegen12: Geistig aktivere Men- schen, Personen mit einem höheren IQ, einem breite- ren Interessenradius, einem weitreichenderen Zu-kunftsbezug erlangen – wie auch die bekannten inter-nationalen Längsschnittstudien übereinstimmend feststellen – ein höheres Lebensalter bei psycho-phy-sischem Wohlbefinden als jene, die weniger Interessen haben und geistig weniger aktiv sind. Der Volksmund sagt schlicht, aber zutreffend: „Was rastet, das rostet.“

Aber wir brauchen auch soziale Aktivität, den Kon- takt zu anderen Menschen, über die Familie hinaus. Freilich, mit zunehmendem Alter schrumpft der

Freundeskreis mehr und mehr, viele nahestehende Menschen sterben, es können leicht Einsamkeits- gefühle auftreten. Daher ist die Förderung der sozia-len Teilhabe ein wichtiger Aspekt der Gesundheits- förderung.

Abschließende Bemerkung:

Lassen Sie mich kurz zusammenfassen: Wir leben in einer alternden Welt. Jeder Einzelne von uns, aber auch die Gesellschaft, die Kommunen haben alles zu tun, damit möglichst gesund und bei hoher Lebens-qualität ein hohes Alter erreicht werden kann. Dass – neben Vorsorgeuntersuchungen, richtiger Ernährung und Vermeidung sonstiger Risikofaktoren – Sport, Bewegung, körperliche Aktivität, aber auch geistige und soziale Aktivität dazu beitragen, ist heute durch viele Untersuchungen belegt. Prävention ist not- wendig und erspart Krankheits- und Pflegekosten. Doch unsere alternde Gesellschaft braucht auch eine „umweltbezogene Prävention“, die zu Aktivitäten motiviert. Hier sind die Kommunen gefordert, sich auf den demografischen Wandel einzustellen.

Aber das ist auch eine Herausforderung für Vereine, Altenclubs, Altenheime und Selbsthilfegruppen. Es gilt, zu informieren, zu motivieren, mögliche Hinder-nisse und Barrieren, die diesen Aktivitäten im Weg stehen, aufzuspüren und zu beseitigen und dann zu einem „aktiven Altern“ anzuleiten und geradezu „zu verführen“.

9 Oswald, Wolf D. et al.: Bedingungen der Erhaltung und Förderung von Selbst- ständigkeit im höheren Lebensalter (SIMA): Verlaufsanalyse des kogni- tiven Status, in: Zeitschrift für Gerontopsychologie und –psychiatrie 11, 2013, S. 202 – 2121

10 Mechling, Heinz: „fit für 100” – Prävention: Eine Heraus- forderung in unserer Zeit, Schriftenreihe der Senioren- Union der CDU NRW, Ausgabe Nr. 17, 2014, Recklinghausen: Medienagentur Sobiech

11 Meusel, H.: Bewegung, Sport und Gesundheit im Alter 1996, Wiesbaden: Quelle & Meyer

12 Lehr, Ursula: Psychologie des Alterns, 11. Auflage, 2007, Heidelberg: Quelle & Meyer

Page 18: Länger gesund und selbstständig im Alter – aber wie? · Impressum Herausgeber Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-Organisationen e. V. (BAGSO) Bonngasse 10 – 53111 Bonn 02

18

TEILI

Fachliche Aspekteder Gesundheits­förderung im Alter

„Aktiver leben – aktiv erleben“, das ist die Herausfor-derung in unserer Zeit des demografischen Wandels, in einer Zeit zunehmender Lebenserwartung.

Es gilt, nicht nur dem Leben Jahre zu geben,

sondern den Jahren Leben zu geben!

Es kommt nicht nur darauf an, wie alt man wird, sondern wie man alt wird!

Die ausführliche Version des Textes von Prof. Dr. Ursula Lehr ist auf der CD zu finden.

CD Nr. 7.4.26

Page 19: Länger gesund und selbstständig im Alter – aber wie? · Impressum Herausgeber Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-Organisationen e. V. (BAGSO) Bonngasse 10 – 53111 Bonn 02

19

2 | Förderung gesunder Lebensstile zur Erhaltung der Leistungsfähigkeit älterer Menschen

2.1 Die Vielfalt des Alters als Chance– AltersbilderIm Prozess des Älterwerdens – von der Geburt bis zum Tod – nehmen die Unterschiede zwischen den Menschen nicht ab, sondern zu. Die Biografie älterer Menschen zeigt aufgrund der unterschiedlichen fami- liären und sozialen Lebensumstände sowie der ver- schiedenen Bildungs- und Berufswege große Unter-schiede: im Gesundheitszustand, in der finanziellen Lage, den Lebensstilen wie beispielsweise der Tages-gestaltung, den Interessen und der sozialen Teilhabe. Die verschiedenen Lebensläufe und Lebensstile soll-ten in den gesundheitsfördernden Angeboten berück-sichtigt werden.13

Gerade in der gesundheitlichen Versorgung beein-flussen die Altersbilder der Mitarbeiterinnen und Mit- arbeiter der Pflegedienste ihr Handeln gegenüber den älteren Menschen – mit Auswirkungen auf deren Lebensqualität. Außerdem prägen sie das Selbstbild der älteren Menschen und damit ihr Verhalten.

Eher defizitorientierte Altersbilder auf Seiten der ehren- und hauptamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Seniorenarbeit können präventive Maßnahmen be- und verhindern.

Ein realistisches und individuelles Altersbild dagegen, das auch die Potenziale, die Produktivität und Akti- vität älterer Menschen berücksichtigt, wirkt sich posi-tiv aus – sowohl auf die Seniorinnen und Senioren als auch auf die Gesellschaft. Dies zeigt sich beispiels- weise in Bezug auf die Möglichkeiten der Beteiligung und Engagementförderung älterer Menschen.14 Es ist daher wichtig, dass die beteiligten Akteure ihre eige-nen „Bilder von älteren Menschen“ kritisch hinter-fragen, differenzieren und nicht nur einseitig, d. h. oftmals negativ, betrachten.

Eine Verständigung auf die verschiedenen Erschei-nungsformen, die Stärken, aber auch die Grenzen des Alters ist unverzichtbar, um eine gemeinsame Ziel- setzung und Ausrichtung der Gesundheitsförderung zu ermöglichen. Eine differenzierte Darstellung der vielfältigen Formen des Alterns entspricht am ehesten den vielfältigen Persönlichkeiten älterer Menschen. Ergänzend sollten sie auch in Beziehung zu ihrem unterschiedlichen sozialen, d. h. familiären, nach-barschaftlichen oder freundschaftlichen, Umfeld betrachtet werden. Den Beziehungen zwischen den Generationen kommt eine besondere Bedeutung für den verantwortungsvollen Umgang mit der Gestal-tung der Gesundheitsförderung auf kommunaler Ebene zu.

Förderung gesunder Lebensstile zur Erhaltung

der Leistungsfähigkeit älterer Menschen

13 Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend: „Eine neue Kultur des Alterns“ Alters- bilder in der Gesellschaft, Erkenntnisse und Empfeh- lungen des Sechsten Altenberichts, 2010, S. 16

14 Vgl. ebd., S. 18.

MERKEAkteure sollten ihre „Bilder von älteren Menschen“ differen-zieren und die Poten-ziale älterer Menschen sehen!

Page 20: Länger gesund und selbstständig im Alter – aber wie? · Impressum Herausgeber Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-Organisationen e. V. (BAGSO) Bonngasse 10 – 53111 Bonn 02

20

TEILI

Fachliche Aspekteder Gesundheits­förderung im Alter

15 Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, „Eine neue Kultur des Alterns“ Alters- bilder in der Gesellschaft, Erkenntnisse und Empfeh-lungen des Sechsten Alten-berichts, 2010, S. 28

Zu Unrecht werden viele gesundheitliche Probleme älterer Menschen auf das Alter allein zurückgeführt. Damit werden ihre Entfaltungsmöglichkeiten und ihre Potenziale nicht gesehen. Alter und Krankheit sind nicht gleichzusetzen. Bei der Gesundheitsförde- rung sollten alle Menschen bis ins hohe Alter in den Blick genommen und adäquate Angebote etabliert werden. Die Erhaltung der körperlichen, seelisch- geistigen und sozialen Gesundheit aller Seniorinnen und Senioren erfordert Konzepte der Gesundheits-förderung, die personen- und sachgerechte Angebote und Maßnahmen ermöglichen.15

2.2 Die Bedeutung einer ausgewogenen Ernährung für ältere MenschenRicarda Holtorf, Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE)

Essen und Trinken können Genuss und Lebensqua- lität vereinen und tragen wesentlich zur Erhaltung der körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit sowie der Gesundheit und Sturzprophylaxe bei älte-ren Menschen bei. Besonders im Alter sind die Mahl-zeiten oft die einzige Möglichkeit für soziale Kontak-te, z. B. beim Mittagstisch oder bei der Anlieferung des Menüs, sie sind strukturgebend und für viele die Höhepunkte des Tages.

Das Ernährungsverhalten hat sich über ein ganzes Leben entwickelt und ist von zahlreichen Erfahrun-gen geprägt. Das wachsende Lebensmittelangebot, Ernährungstrends und wissenschaftliche Erkenntnis-se im Ernährungsbereich haben Einfluss auf Vorlieben und Abneigungen. Sich selbst zu versorgen, Gäste zu bewirten, gemeinsam zu genießen und Freude am Essen und Trinken zu haben, trägt zum Wohlbefinden bei. Den Themen Ernährung und Verpflegung kommt bei der Planung der Versorgung älterer Menschen in der Kommune daher eine große Bedeutung zu. Das beinhaltet nicht nur die Organisation von Fahrdiens-ten, die es Seniorinnen und Senioren ermöglichen, sich zu Hause gut zu versorgen, sondern auch Ange-bote für gemeinsame Mittagstische zu schaffen.

Die Anbieter von „Essen auf Rädern“ können in Bezug auf eine ausgewogene Mittagsverpflegung motiviert und geschult werden. Qualitativ gute Angebote soll-ten in der Region bekannt gemacht werden. Beson-ders dann, wenn im Alter die körperliche Leistungs- fähigkeit nachlässt und das Einkaufen und Kochen der eigenen Mahlzeiten schwerfällt, kann eine ausge- wogene warme Mittagsmahlzeit am Tag einen wesent- lichen Beitrag zur Nährstoffversorgung leisten. Einen hohen Informationsbedarf bezüglich einer ausgewo-genen Ernährung und der Darreichung von Speisen bei Menschen mit besonderen Anforderungen bei der Pflege, haben auch Angehörige, für die ebenfalls An-gebote geschaffen werden sollten.

Page 21: Länger gesund und selbstständig im Alter – aber wie? · Impressum Herausgeber Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-Organisationen e. V. (BAGSO) Bonngasse 10 – 53111 Bonn 02

21

Förderung gesunder Lebensstile zur Erhaltung

der Leistungsfähigkeit älterer Menschen

Bei der Verpflegung älterer Menschen zu Hause und in stationären Senioreneinrichtungen besteht die Herausforderung darin, sowohl den individuellen Wünschen und lebenslang geprägten Vorlieben ge- recht zu werden als auch ein Verpflegungsangebot zu gestalten, dass eine ausreichende Nährstoffversor-gung gewährleistet und die Freude am Essen erhält.

Anforderungen an eine ausgewogene Verpflegung im Alter

Durch unterschiedlichste physiologische Verände-rungen im Prozess des Älterwerdens haben Seniorin-nen und Senioren ein erhöhtes Risiko für eine Fehler-nährung.16 Im Vergleich zur Altersgruppe der 51- bis 65-Jährigen verändert sich im Alter über 65 Jahre nicht viel. Der Energiebedarf sinkt, ist jedoch abhän-gig von der körperlichen Aktivität. Das bedeutet, dass auch im Alter eine angemessene Bewegung den Ener-giebedarf steigert und dem Abbau der Muskelmasse entgegenwirkt. Durch den niedrigeren Energiebedarf müssen bei nahezu gleichem Nährstoffbedarf, wie ihn die 51- bis 65-Jährigen haben, möglichst energiearme und gleichzeitig nährstoffreiche Lebensmittel ausge- wählt werden. Durch den geringeren Energiebedarf besteht zum einen ein erhöhtes Risiko für eine Über- ernährung, wenn die Energiezufuhr nicht entspre-chend eingeschränkt wird. Zum anderen können

altersbedingte Veränderungen wie nachlassende Sin-neswahrnehmungen, Appetitlosigkeit, Depressionen und zunehmende körperliche, geistige, psychische und soziale Beeinträchtigungen, aber auch die Ein-nahme von Medikamenten zu mangelndem Essen und Trinken führen, was Mangelernährung und Dehy- dratation zur Folge hat. Dies sollte unbedingt vermie-den werden, denn ein Gewichtsverlust im höheren Alter kann nur schwer ausgeglichen werden17 und eine Dehydratation hat gravierende Auswirkun-gen, auch auf die geistige Leistungsfähigkeit. Eine abwechslungsreiche Zusammenstellung des Speise-plans, die auf einer Auswahl aus allen sieben Lebens-mittelgruppen des Ernährungskreises der Deutschen Gesellschaft für Ernährung e. V. (DGE) basiert, sichert eine ausgewogene und vollwertige Verpflegung. Wie diese zu Hause – auch unterstützt durch eine Ver-pflegung mit „Essen auf Rädern“ und in stationären Senioreneinrichtungen – konkret umgesetzt werden kann, zeigen die beiden DGE-Qualitätsstandards für die Seniorenverpflegung: Der DGE-Qualitätsstan-dard für die Verpflegung in stationären Senioren-einrichtungen und der DGE-Qualitätsstandard für Essen auf Rädern wurden von der DGE im Auftrag des Bundesministeriums für Ernährung und Land-wirtschaft im Rahmen von „IN FORM – Deutschlands Initiative für gesunde Ernährung und mehr Bewe-gung“ entwickelt.

16 Volkert, Dorothee; Heseker, Helmut; Stehle, Peter: Ernährungssituation von Seniorinnen und Senioren mit Pflegebedarf in Privat-haushalten (ErnSiPP-Studie). In: Deutsche Gesellschaft für Ernährung (Hrsg.): 12. Ernährungsbericht 2012. Bonn (2012) S. 183 – 184

17 Volkert, Dorothee: Ernährung im Alter, Quelle & Meyer Verlag GmbH& Co., Wiesbaden, 1997

Page 22: Länger gesund und selbstständig im Alter – aber wie? · Impressum Herausgeber Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-Organisationen e. V. (BAGSO) Bonngasse 10 – 53111 Bonn 02

22

TEILI

Fachliche Aspekteder Gesundheits­förderung im Alter

18 Deutsche Gesellschaft für Ernährung (Hrsg.): DGE-Qualitätsstandard für Essen auf Rädern, 3. Auflage, Bonn 2014

Sie haben das Ziel, die Angebote der Gemeinschafts-verpflegung für ältere Menschen zu optimieren. Sie bieten eine praxisorientierte Hilfestellung für Fach-kräfte aus den Bereichen Küche, Hauswirtschaft, Ser- vice und für Mahlzeitendienste zur Umsetzung eines vollwertigen Verpflegungsangebots in stationären Senioreneinrichtungen und bei der Versorgung durch „Essen auf Rädern“. Eine Verpflegung – wie in den Qualitätsstandards beschrieben – leistet einen wich- tigen Beitrag zur Erhaltung der Gesundheit, der Leis-tungsfähigkeit und der Prävention vor Mangelernäh- rung. Im DGE-Qualitätsstandard für „Essen auf Rädern“ sind hilfreiche Angaben aufgeführt, wie das Speisenangebot über die Mittagsmahlzeit hinaus gestaltet werden kann.

Für ältere Menschen ohne spezielle Anforderungen an die Ernährung besteht eine gesundheitsfördernde Lebensmittelauswahl aus reichlich Gemüse, Obst, Getreideprodukten – möglichst Vollkornprodukten –, eher fettarmer Milch und Milchprodukten, gelegent-lich Fleisch und fettreichem Seefisch sowie einer mög- lichst fettarmen Zubereitung der Speisen. Dagegen gilt es bei mangelernährten Seniorinnen und Senio- ren, die eine energetische Unterversorgung haben, abwechslungsreiche, aber eher fettreichere Lebens-mittel auszuwählen. Grundsätzlich ist es sinnvoll, auf die Auswahl hochwertiger pflanzlicher Fette zu ach- ten, beispielsweise Raps-, Soja-, Walnuss- und Oliven- öl.18

Durch gezielte Angebote wie:

nn eine gute Infrastruktur zum Einkaufen

nn die Aufnahme von Speisenanbietern in lokale Informationsbroschüren für ältere Menschen

nn die Organisation gemeinsamer Mittagstische inklusive Fahrdiensten („Auf Rädern zum Essen“)

nn Fortbildungen für ältere Menschen und pflegende Angehörige zu den Themen „ausgewogene Ernäh-rung“ und „besondere Kostformen“

können Akteure in der Seniorenarbeit ganz wesentlich zu einer bedarfsgerechten Ernährung älterer Menschen beitragen.

2.3 Bewegung tut jedem gutMiriam Schreck, Deutscher Turner-Bund e. V. (DTB)

Wie sagt man im Volksmund so schön: „Bewegung ist die beste Medizin“, auch das Sprichwort „Wer rastet, der rostet“ trifft es auf den Punkt.

Der menschliche Körper braucht Bewegung und Bewegung ist gesundheitsfördernd!

Es ist allgemein bekannt, dass regelmäßige körper-liche Aktivität viele positive Effekte auf Körper und Geist hat. Sie erhält und verbessert die Leistungsfakto- ren Kraft, Beweglichkeit, Koordination und Ausdauer, die essenziell für die selbstständige Bewältigung des

Page 23: Länger gesund und selbstständig im Alter – aber wie? · Impressum Herausgeber Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-Organisationen e. V. (BAGSO) Bonngasse 10 – 53111 Bonn 02

23

Alltags sind. Bewegung wirkt positiv auf das Herz-Kreis- lauf-System und den Stoffwechsel, beugt Zivilisations- krankheiten wie Adipositas, Diabetes und Hypertonie vor, verbessert das Wohlbefinden und fördert die geistige Leistungsfähigkeit, um nur einige wichtige Auswirkungen zu nennen.

Es ist wissenschaftlich erwiesen, dass diese Wirkungen in allen Altersstufen, selbst im hohen Alter, eintreten können. Besonders bislang inaktive Ältere können mit regelmäßigem, moderatem Training starke Effek-te erzielen. In Studien konnte nachgewiesen werden, dass das Krafttraining auch bei 90-Jährigen positiv auf vielerlei körperliche und psychische Faktoren wirkt.

Bei Bewegung im Alter gilt grundsätzlich: Ein bisschen Bewegung ist besser als keine, und je früher mit regel-mäßiger Bewegung begonnen wird, umso besser.

Zu bedenken ist dabei, dass regelmäßige Bewegung zwar nicht das Älterwerden verhindern, aber den natürlichen Leistungsabfall hinauszögern und durch viele positive Effekte das Lebensgefühl steigern kann.

Selbst Menschen mit der einen oder anderen körper-lichen Einschränkung können durch Bewegung ihre Selbstständigkeit fördern und insgesamt positiv auf Körper und Geist einwirken. Es ist wichtig, dass jeder, ob jünger oder älter, ob mit oder ohne Einschrän-kung, das passende Bewegungsangebot für sich findet, das ihn fordert und fördert, bei dem er sich wohlfühlt

und an dem er gern teilnimmt. Dies setzt voraus, dass es unterschiedliche Angebote in der Kommune gibt und dass man über diese auch informiert ist.

Diejenigen, die in der Arbeit mit älteren Menschen tätig sind, tragen Mitverantwortung. Zusammen-schlüsse mit anderen Akteuren der Seniorenarbeit, der Kommune und besonders mit Turn- und Sport-vereinen sind sinnvoll und notwendig. Wenn jeder seine Kompetenzen einbringt, ist es mit einem relativ geringen Aufwand ein Leichtes, gesundheitsfördern-de Bewegungsangebote einzuführen und nachhaltig aufrechtzuerhalten. Dabei werden Herausforderun-gen zu meistern sein, wie eine gelungene Ansprache und Motivation der inaktiven Älteren. Gemeinsam mit anderen Netzwerkpartnern können jedoch für jede Situation passende Lösungen gefunden werden.

Zusätzlich zu den Vorteilen eines gesundheitsfördern- den Bewegungsangebots für jeden Einzelnen sollen die gesellschaftlichen und finanziellen Vorteile nicht außer Acht bleiben. Bewegung in einer (Vereins-)Gruppe fördert die soziale Teilhabe und somit auch die Bereitschaft, etwas für die Gemeinschaft zu tun. Teil einer Gruppe oder eines Turn- und Sportvereins zu sein, von der Umgebung wertgeschätzt zu werden, stärkt das Wohlbefinden und führt dazu, auch außer-halb der Sporthalle Treffen zu vereinbaren.

Förderung gesunder Lebensstile zur Erhaltung

der Leistungsfähigkeit älterer Menschen

Page 24: Länger gesund und selbstständig im Alter – aber wie? · Impressum Herausgeber Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-Organisationen e. V. (BAGSO) Bonngasse 10 – 53111 Bonn 02

24

TEILI

Fachliche Aspekteder Gesundheits­förderung im Alter

Bewegungsmangel

Körperliche und geistigeEinschränkungen

Soziale Isolation

Mehrkosten für dieAllgemeinheit

Ausreichend Bewegung

ErhöhteLebensqualität

Soziale Integration

Beitrag zurAllgemeinheit

Leistungs-fähigkeits-

erhalt

Erhöhungder Sicherheit

Mobilität

GeringesKrankheits-

risiko

Motivation

Aktivität

SelbstständigeAlltags-

bewältigung

Motivations-verlust

Inaktivität

ErhöhterLeistungs-fähigkeits-

abfall

Unsicher-heit, negativesEreignis (z.B.

Sturz)

Immobilität

Erhöhung derUnsicherheit

Abbildung 2: Auswirkungen von Bewegungsmangel und ausreichender Bewegung

Page 25: Länger gesund und selbstständig im Alter – aber wie? · Impressum Herausgeber Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-Organisationen e. V. (BAGSO) Bonngasse 10 – 53111 Bonn 02

25

Förderung gesunder Lebensstile zur Erhaltung

der Leistungsfähigkeit älterer Menschen

Zudem bleiben aktive Senioren insgesamt länger selbstständig, können länger zu Hause leben, benöti- gen weniger Hilfe und nehmen auch weniger bzw. später Pflege- und Altenheimplätze in Anspruch. Die Ausgaben der Kranken- und Pflegeversicherungen könnten möglicherweise reduziert werden.

Bislang sind nur etwa 37 % aller 60- bis 69-Jährigen und etwa 28 % aller über 70-Jährigen mindestens 2,5 Stunden pro Woche körperlich aktiv.19 In dieser Zielgruppe steckt noch großes Potenzial.

Davon profitieren auch die Akteure selbst. Ziel ist folglich die Förderung gesundheitsdienlicher Bewe-gungsangebote im eigenen Senioren-Umfeld!

2.4 Sachgerechte Mund- und ZahnpflegeDr. Peter Huber, Deutsche Gesellschaft für AlterszahnMedizin (DGAZ)

Ein gesunder Mund trägt zum allgemeinen Wohl- befinden und zum Erhalt des Selbstwertgefühls eines Menschen bei. Ein gesunder Mund verfügt über eine intakte Schleimhaut, ein funktionstüchtiges Gebiss und ist frei von Schmerzen und hat einen frischen Atem. Er besitzt u. a. die Fähigkeit, ein breites Spek-trum an Nahrungsmitteln zu kauen und zu essen, deutlich sprechen zu können.

Ist die Mundpflege nicht ausreichend, bilden sich Mundbeläge, die zu Geschmacksverlusten und Krank-heiten an den Zähnen (Karies), dem Zahnhalteapparat (Parodontitis) und der Mundschleimhaut führen.

Die Mund- und Prothesenpflege ist die einfachste und erfolgreichste präventive Maßnahme. Sie sollte täglich morgens und abends vor dem Zubettgehen durchgeführt werden. Der Zahnarzt berät bei der Zahnputztechnik, der Auswahl der Pflegemittel (Zahnbürste, Zahncreme, Mundspüllösung) und der Prothesenreinigungsmittel. Regelmäßig, ein- bis zweimal pro Jahr, sollte er den Putzerfolg kontrollie-ren sowie die Gesundheit der Zähne, des Zahnhalte-apparates, des Zahnfleisches, der Mundschleimhaut und ggf. die Funktionstüchtigkeit des Zahnersatzes überprüfen.

Im Mund wird die Speise mit all ihren lebenswichti-gen Bestandteilen zerkleinert, mit Speichel vermengt und gleitfähig gemacht, erst dann soll sie geschluckt werden. Die Kaumuskulatur und deren Kraft bestim- men die Kaufähigkeit. Abhängig von ihr wird die Nahrung ausgewählt. Erkrankungen der Zähne, des Zahnhalteapparates, des Zahnfleisches und der Mundschleimhaut, aber auch ein nicht funktionstüch- tiger Zahnersatz (z. B. unzureichender Halt, abgekau-te Zähne, abgebrochene Teile) schränken die Kau-fähigkeit ein. Es wird dann nur noch das gegessen,

MERKEMit Mut und Engage-ment kann durch Be-wegungsangebote den Senioren in Organisa-tionen bzw. Instituti-onen und Kommunen etwas Gutes getan werden.

19 Robert Koch-Institut (2012): Forschungsaktivitäten des Robert Koch-Instituts zum gesunden Älterwerden. URL: http://www.rki.de/DE/Cont-ent/Gesundheitsmonitoring/ Themen/Gesundheit_im_ Alter/Gesundheit_Alter_ 23032012.pdf;jsessionid= 44EF5AFFA19C5FDDC-039501CCB02B025.2_cid290 ?__blob=publicationFile

Page 26: Länger gesund und selbstständig im Alter – aber wie? · Impressum Herausgeber Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-Organisationen e. V. (BAGSO) Bonngasse 10 – 53111 Bonn 02

26

was problemlos gekaut werden kann. Die Ernährung wird einseitig und deshalb werden weniger Vitamine, Mineralien und Ballaststoffe aufgenommen. Das kann zu Mangelernährung und später zu Unterernährung führen. Dabei sinkt nicht nur die Lebensqualität, es steigt auch das Risiko zu erkranken.

Kauen ist ein hoch komplizierter Vorgang, der mehre- re Bereiche des Gehirns beansprucht und damit seine Blutversorgung steigert. So hilft ausreichendes Kauen auch, die Leistungsfähigkeit des Gehirns zu erhalten.

Der Speichel ist für die Mundgesundheit und für den Halt einer herausnehmbaren Prothese von essenziel-ler Bedeutung. Der Speichelfluss wird insbesondere durch die Massage der Speicheldrüsen beim Kauen angeregt. Eine ausreichende Menge Speichel kann je- doch nur dann produziert werden, wenn dem Körper täglich genügend Flüssigkeit zugeführt und der Kreis- lauf durch körperliche Bewegung aktiviert wird. Mit abnehmender Speichelmenge sinkt nicht nur die mundbezogene Lebensqualität, es steigt das Risiko, an einer Mund-, aber auch an einer allgemeinen Er- krankung zu leiden. Im Alter besonders häufig auftre-tende Störungen, wie Diabetes mellitus, hoher Blut-druck und neurologische Erkrankungen, können den Speichelfluss mindern. Eine Minderung der Speichel-produktion ist auch eine unerwünschte Nebenwir-kung von Medikamenten, mit denen die genannten Erkrankungen behandelt werden.

Der Mund ist ein Teil des menschlichen Körpers und über das Blutgefäßsystem eng mit ihm verbunden. Deshalb können allgemeine Erkrankungen auch Auswirkungen auf die Mundgesundheit haben und Munderkrankungen (z. B. Entzündungen) wiederum allgemeine Erkrankungen auslösen oder verstärken.

2.5 Unterstützende Dienste für ältere Menschen – Potenziale für die GesundheitsförderungAuf kommunaler Ebene sind vielfältige Dienstleis-tungsangebote etabliert, die älteren Menschen im eigenen Wohnumfeld bei Bedarf wertvolle Unter-stützung im Alltag bieten und so eine eigenständige Lebensführung ermöglichen. Weitere Angebote zielen auf Freizeitgestaltung, soziale Teilhabe, Weiterbildung oder Förderung der Bewegung. Die Dienstleistungen werden von professionellen Anbietern sowie im Rah- men der offenen Seniorenarbeit von ehren- und hauptamtlich Tätigen erbracht. Sie lassen sich in folgende Bereiche untergliedern:

nn gesundheitsbezogene Dienste durch ambulante Pflegedienste, den Lieferservice von Apotheken, Hausbesuche von Ärzten, Physiotherapeuten und auch Zahnärzten

nn haushaltsnahe Dienstleistungen (sachbezogene Dienstleistungen), z. B. „Essen auf Rädern“, Liefer- service des Einzel- und Lebensmittelhandels, Haushaltshilfen, Mittagstische

MERKEAusgewogene und zum Kauen „zwingende“ Ernährung, ausreichende tägliche Trinkmenge

MERKEAusreichend trinken und in Bewegung bleiben

MERKEZahnpflege am Morgen und Zahn- und Prothesen-pflege am Abend vor dem Zubettgehen und regelmäßige zahnärzt- liche Kontrolle

MERKEEine regelmäßige Mund- und Prothesenpflege erhält Lebensqualität und Gesundheit nicht nur bei Erwachsenen, sondern auch bei Seniorinnen und Senio-ren. Mund- und Zahnpflege sollte alle das ganze Leben lang begleiten.

Page 27: Länger gesund und selbstständig im Alter – aber wie? · Impressum Herausgeber Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-Organisationen e. V. (BAGSO) Bonngasse 10 – 53111 Bonn 02

27

Förderung gesunder Lebensstile zur Erhaltung

der Leistungsfähigkeit älterer Menschen

nn Betreuungsangebote (personenbezogene Dienst-leistungen) wie Besuchs- und Begleitdienste, Senio- rentreffs mit Freizeit-, Kultur- und Bewegungs- angeboten.

Die BAGSO sieht vor allem in Betreuungsangeboten und haushaltsnahen Dienstleistungen ein großes Potenzial, um ohne großen Aufwand die Gesundheits-förderung für ältere Menschen voranzubringen.

Eine von der BAGSO im Jahre 2012 durchgeführte bundesweite Online-Befragung zu vorhandenen Ser-viceangeboten (ausführliche Darstellung s. CD) zeigte, dass sich das Angebot an Alltagshilfen für ältere Men-schen von Kommune zu Kommune stark unterschei-det. Gründe dafür sind:

a) Die Leistungserbringer sind in den unterschied-lichsten Organisationsstrukturen angesiedelt. So- wohl der professionell tätige Wohlfahrtsverband und Dienstleister als auch engagierte Privatperso-nen im Verein und der „hilfsbereite Nachbar“ sind ehrenamtlich in dem Feld tätig.

b) Die verschiedenen Institutionen weisen höchst unterschiedliche Tätigkeitsschwerpunkte auf – von Unterhaltungsangeboten für Senioren bis zu Haus-meister-Leistungen.

c) Die Qualität der Leistungen variiert in Abhängig-keit von der ausübenden Person. In den vorhande- nen Dienstleistungsbereichen sind unterschiedli-che berufliche Anforderungen nötig, einerseits die qualifizierte Fachkraft der Hauswirtschaft oder Pflege, andererseits eine mehr oder weniger sach-kundige Person wie bei einem Menü-Lieferservice.

d) Die Finanzierungsformen der Dienste unterschei-den sich stark. Den marktüblichen Stundenlöhnen kommerzieller Anbieter steht die Finanzierung z. B. durch Spenden, Fördergelder oder Aufwands- entschädigungen für Ehrenamtliche gegenüber.

CD Nr. 7.4.27

Page 28: Länger gesund und selbstständig im Alter – aber wie? · Impressum Herausgeber Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-Organisationen e. V. (BAGSO) Bonngasse 10 – 53111 Bonn 02

28

TEILI

Fachliche Aspekteder Gesundheits­förderung im Alter

Um auch bei gesundheitlichen Einschränkungen (Sehbehinderung, mangelnder Mobilität, demenziel- ler Veränderungen, Depressionen) den Verbleib im eigenen Wohnumfeld so lange wie möglich zu arran-gieren, ist neben einer angepassten Wohnraumsitua- tion ein strukturiertes, qualitativ hochwertiges und gut vernetztes Dienstleistungsangebot auf kommu- naler Ebene notwendig. Dieses muss sich dem sich stetig ändernden individuellen Bedarf älterer Men-schen, z. B. bei zunehmenden körperlichen und men-talen Einschränkungen, anpassen und stets zeitnah verfügbar sein.

Gesundheitsfördernde Dienstleistungen sollten ältere Menschen so früh wie möglich erreichen. Um Synergie- effekte zu nutzen und Doppelangebote zu vermeiden, sollten die Angebote transparent, effektiv und effizi-ent vernetzt sowie strukturiert werden.

Die Befragungsergebnisse zeigen, dass trotz bereits bestehender vielfältiger Dienstleistungsangebote noch ein großer Handlungsbedarf besteht. Die vor-handenen Angebote sollten im Sinn der Gesundheits-förderung und der Versorgung qualitativ verbessert und ggf. ergänzt werden und sie sollten für möglichst viele Ältere erreichbar sein.

Die Erhebungen belegen, dass der Aspekt der Gesund- heitsförderung älterer Menschen noch zu wenig Be-rücksichtigung in den vorhandenen haushaltsnahen Dienstleistungen und Betreuungsangeboten findet. Hier liegt jedoch ein großes Potenzial: Gesundheits-fördernde Maßnahmen können einfließen, ohne dass zusätzliche Dienste etabliert werden müssen. Sofern Dienstleistungsangebote nicht ausreichend und flächendeckend vorhanden sind, sollten sie in Ab-stimmung mit allen Verantwortlichen ergänzt und vernetzt werden. Ein neutrales Informations- und Beratungsangebot für ältere Menschen und ihre Angehörigen ist erforderlich.

MERKEUm Synergieeffek-te zu nutzen und Doppelangebote zu vermeiden, sollten die Angebote transparent, effektiv und effizient vernetzt und struktu-riert werden.

Page 29: Länger gesund und selbstständig im Alter – aber wie? · Impressum Herausgeber Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-Organisationen e. V. (BAGSO) Bonngasse 10 – 53111 Bonn 02

29

TEILII

Prozess zur Gesundheitsförderung in vier Pilotkommunen

Ausgangssituation zur Gesundheits- förderung in Kommunen

Die rechtliche Situation für die Kommunalverwal-tung in Bezug auf gesundheitsfördernde Aktivitäten ist nicht klar. „Altenpolitik und Altenhilfe sind in der Bundesrepublik – im Unterschied etwa zur Jugend-hilfe – nur bruchstückhaft, unsystematisch und zum guten Teil widersprüchlich sozialrechtlich normiert“.20

Gemäß Artikel 28 II des Grundgesetzes tragen die Kommunen jedoch Verantwortung für die Daseins-vorsorge und sind somit auch den älteren Bürgerin-nen und Bürgern verpflichtet. Die Gesundheitsför- derung älterer Menschen ist als freiwillige Aufgabe im Rahmen der Daseinsvorsorge zu betrachten.

Die Bevölkerungsentwicklung verläuft in den Kommunen sehr unterschiedlich: Wachstum und Schrumpfung liegen oft eng nebeneinander, Alterung und Migration verändern die Zusammensetzung der Bevölkerung.21

Mit der wachsenden Zahl älterer Menschen und den damit verbundenen neuen Anforderungen an die Kommunen bezüglich der Sicherung der Gesund-heitsdienste und der Pflege wächst ihr Interesse an einer aktiven Gesundheitsförderung, um eine früh- zeitige Pflegebedürftigkeit – im Sinn der Seniorinnen und Senioren und der Gesellschaft – zu verhindern.

20 Bertelsmann Stiftung (Hrsg.) Initiieren – Planen – Umsetzen, Verlag Bertels-mann Stiftung, 2009, S. 16

21 http://www.wegweiser- kommune.de/ demographischer-wandel

Page 30: Länger gesund und selbstständig im Alter – aber wie? · Impressum Herausgeber Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-Organisationen e. V. (BAGSO) Bonngasse 10 – 53111 Bonn 02

30

Prozess zur Gesundheitsförderung in vier Pilotkommunen

TEILII

Die Beteiligung möglichst vieler ehrenamtlich und hauptamtlich Tätigen in der Seniorenarbeit ist sinn-voll, da nur sie die konkreten Angebote und Maßnah-men in ihrem Arbeitsfeld umsetzen können. Vor allem aber, weil sie über ein großes Potenzial verfügen, das für den Prozess sehr wertvoll ist, z. B. detailliertes Wis- sen über die Zielgruppe, über aktuelle Angebote, aber auch über Probleme in der Seniorenarbeit. In der Kommune unterstützen sie die Entwicklung von Ideen für Verbesserungen und beteiligen sich an den Lösungsmöglichkeiten. Fritz Vilmar definiert diesen beteiligungsorientierten Ansatz – Partizipation – so:

„Die Beteiligung der Bürger an gesellschaftlichen Prozessen, und zwar sowohl an Meinungsbildungs- und Entscheidungsprozessen als auch an sozialen und politischen Aktivitäten selbst wird als Partizipa-tion bezeichnet“ 22.

Die Beteiligung möglichst vieler Akteure erfordert sowohl in fachlicher als auch in strategischer Hin- sicht eine sorgfältige Vorbereitung und verlangt sehr viel Engagement der verantwortlichen Akteure.

Gründe für die Gestaltung der Gesundheits-förderung auf kommunaler Ebene

Zusammenfassend sprechen folgende Fakten und Zusammenhänge für die Verbesserung der Gesund-heitsförderung:

nn die Anzahl älterer Menschen wird deutlich zunehmen

nn ihre Betreuung und Versorgung durch Familien- angehörige werden weiter abnehmen

nn körperliche Funktionen, die von älteren Menschen nicht genutzt werden, werden automatisch abge-baut (biologisches Grundgesetz)23

nn gesunde Lebensstile verbessern die Lebensqualität älterer Menschen

nn eine gesunde Ernährung, tägliche Bewegung und soziale Teilhabe fördern den Erhalt der körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit

nn der Erhalt der Selbstständigkeit ist entscheidend zur Vermeidung eines frühzeitigen Betreuungs- und Pflegebedarfs

nn die Einbindung gesundheitsfördernder Aktivi- täten in vorhandene Betreuungsangebote für ältere Menschen ist oftmals kostenneutral möglich

22 Vilmar, Fritz: www.sozialraum.de/ organisations-und- partizipationsformen- aelterer-zugewanderter.php? searched=Vilmar&advsearch= oneword&highlight= ajaxSearch_highlight+ajax Search_highlight1, 1986

23 Fit im Alltag / Aktiv gegen Stürze, DTB, S. 3, 2012

Page 31: Länger gesund und selbstständig im Alter – aber wie? · Impressum Herausgeber Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-Organisationen e. V. (BAGSO) Bonngasse 10 – 53111 Bonn 02

31

nn Angebote für Senioren können ggf. besser auf- einander abgestimmt und vernetzt werden, Synergien sind möglich

nn Lücken in der Angebotsstruktur können erkannt und gemeinsam durch ergänzende Maßnahmen geschlossen werden

nn Informations- und Öffentlichkeitsarbeit wird im Rahmen eines speziellen Prozesses eher wahrgenommen

nn gemeinsame Informationen und Initiativen aller Organisationen sind wirkungsvoller und entlasten die Einzelnen

nn im Rahmen des Prozesses können sich Akteure in der Seniorenarbeit kennenlernen, Erfahrungen austauschen und neue Ideen gemeinsam umsetzen

nn nicht zuletzt werden Kommunen, die häufig für die „Hilfe zur Pflege“ aufkommen müssen, ent- lastet, denn investiert man in Prävention und Rehabilitation, werden ältere Menschen seltener oder zumindest weniger pflegebedürftig. 24

Rechts stehende Darstellung zeigt den Kontext des BAGSO-Konzeptes!

Abbildung 3: Kontext des BAGSO-Konzeptes

Demogra�scheEntwicklungen –

Folgen für dieDaseinsfürsorge in

Kommunen

AmbulanteDienstleistungs-

angebote zurFörderung der

Prävention

Erhaltung derLeistungsfähigkeitälterer Menschen

im eigenenWohnumfeld

24 www.vdk.de/deutschland/pages/presse/vdk-zeitung/ 67820/kommentar_kleines_ einmaleins

Page 32: Länger gesund und selbstständig im Alter – aber wie? · Impressum Herausgeber Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-Organisationen e. V. (BAGSO) Bonngasse 10 – 53111 Bonn 02

32

Prozess zur Gesundheitsförderung in vier Pilotkommunen

TEILII

Das im Folgenden dargestellte siebenstufige, partizi- pative BAGSO-Konzept wurde in den vier Pilotkommu- nen unter Beteiligung vieler Akteure erprobt. Ausge-hend von der zentralen Zielsetzung zeigt die Abbil-dung 4 den Ablauf der sieben Schritte.

Welche Ziele werden mit den sieben Schritten des BAGSO-Konzeptes erreicht?

Schritt Analyse erforderlicher Daten und Fakten

Dieser erste Schritt zielt auf die Zusammenstellung wichtiger Daten und Fakten. Sie ermöglichen es, die Zahl der Haushalte älterer Menschen zu kennen und die aktuelle Struktur der Angebote zur Gesundheits-förderung in der Kommune zu erfassen. Die Auswer-tung der Daten legt offen, wie die Gesundheitsförde-rung gestaltet ist und ob eine Verbesserung sinnvoll erscheint. Ist dies der Fall, folgt

Evaluierungder Ergebnisse

Etablierungeiner

Steuerungsgruppe

Werkstatt II1) Erarbeitung einer Prioritätenliste der

Ideen und Ziele2) Planung

der Vorhaben

Werkstatt I1. Stärken- und

Schwächen-Analyse2. Erarbeitung

von Ideen

Schulungvon Akteuren

Informations-und Öffentlich-

keitsarbeit

Analyseerforderlicher

Daten und Fakten

7

1

2

3

45

6

Förderung der Gesundheit Erhaltung der Leistungsfähigkeit

älterer Menschenauf kommunaler Ebene

3 | Das BAGSO-Konzept zur Verbesserung gesundheitsfördernder Angebote

Abbildung 4: Prozessverlauf zur Optimierung und Vernetzung von Dienstleistungsangeboten zur Förderung der Gesundheit und Leistungsfähigkeit älterer Menschen auf kommunaler Ebene in den Bereichen: ausgewogener Genuss (Ernährung), ausreichende Bewegung, soziale Teilhabe und sachgerechte Zahnpflege

Page 33: Länger gesund und selbstständig im Alter – aber wie? · Impressum Herausgeber Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-Organisationen e. V. (BAGSO) Bonngasse 10 – 53111 Bonn 02

33

Das BAGSO-Konzept zur Verbesserung

gesundheits- fördernder Angebote

Schritt Etablierung einer Steuerungsgruppe

Die Bildung einer Steuerungsgruppe mit fünf bis circa acht Führungspersonen in der Seniorenarbeit ist sinn- voll. Entsprechende Verantwortungsträger kennen zumindest in Teilbereichen die aktuellen Strukturen und Bedingungen der Seniorenarbeit. Sie können ge- meinsam weitere Akteure für den Prozess aktivieren und diesen aus verschiedenen Perspektiven lenken, Kooperationen initiieren und zu Lösungen beitragen.

Schritt Informations- und Öffentlichkeitsarbeit

Eine gute Informations- und Öffentlichkeitsarbeit kann den Akteuren und Bürgerinnen und Bürgern die gesellschaftspolitische und die individuelle Bedeu- tung der Gesundheitsförderung aufzeigen und be-wusst machen. Sie dient auch der Motivation zur Mitwirkung an dem Prozess.

Schritt Einbindung der Akteure/ Werkstattveranstaltung I Stärken- und Schwächen-Analyse und erste Ideen

Möglichst viele Akteure beteiligen sich an dem Pro-zess. Sie erkennen die Bedeutung der Gesundheits-förderung auf kommunaler Ebene. Sie erarbeiten, in welchen Bereichen der Seniorenarbeit Verbesserun-gen möglich und notwendig sind, und erörtern Ideen und Ansätze für sinnvolle Angebote.

Schritt Schulung von Akteuren Schulungsangebot für haupt- und ehrenamtliche Personen in der Seniorenarbeit

Zielsetzung des Schulungsangebotes ist es, ehren- und hauptamtlich Tätige zu befähigen, die Zusammenhän-ge einer ausgewogenen Ernährung, ausreichenden Bewegung sowie der sachgerechten Mund- und Zahn-pflege für die Gesundheit zu verstehen und entspre-chende Empfehlungen in ihrer Arbeit umzusetzen.

Schritt Einbindung der Akteure/ Werkstattveranstaltung II 1. Erarbeitung einer Prioritätenlisten der Ideen und Ziele2. Planung der Vorhaben

Die Akteure verständigen sich über die wichtigsten Ziele zur Verbesserung der Gesundheitsförderung in der Kommune und planen, wie diese erreicht werden können. Die gemeinsame Erarbeitung fördert die Motivation und das Engagement. Die Umsetzung der Vorhaben erfolgt entsprechend den gemeinsam er- arbeiteten Ablaufplänen durch die Akteure vor Ort.

Schritt Evaluierung der Ergebnisse und Verstetigung des Prozesses

Die Abläufe, Ergebnisse und Erfahrungen in den ein- zelnen Prozessschritten, vor allem aber die Umset-zung der beschlossenen Maßnahmen, sollten kritisch betrachtet und bewertet werden. Nur so können Fort- schritte erkannt und ggf. erforderliche Nachbesserun- gen vorgenommen werden. Eine weitere Zusammen-

CD 1 Nr. 7.4.6 - 7.4.10

Page 34: Länger gesund und selbstständig im Alter – aber wie? · Impressum Herausgeber Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-Organisationen e. V. (BAGSO) Bonngasse 10 – 53111 Bonn 02

34

Prozess zur Gesundheitsförderung in vier Pilotkommunen

TEILII

arbeit der Akteure zur ständigen Anpassung der Ge-sundheitsförderung an die fortschreitenden Entwick-lungen sollte etabliert werden, um diese in der Kom-mune zu verstetigen.

Planung der Prozessschritte

Einen Überblick über die sieben Prozessschritte des BAGSO-Konzeptes, die jeweiligen Ziele, empfohlene Vorgehensweisen und besondere Hinweise geben die detaillierten Ablaufpläne sowie Checklisten auf der beigefügten CD. Sie erleichtern die Planung und Vorbereitung der Prozessschritte. In den folgenden Abschnitten werden die Vorbereitung und Durch- führung der sieben Prozessschritte auf der Basis der Erfahrungen in den Pilotkommunen betrachtet, mögliche Störfaktoren und sinnvolle Interventionen aufgezeigt.

Aspekte zum Einstieg in den Prozess

Sicherstellung erforderlicher personeller, materieller und finanzieller Ressourcen

Zielführende und ergebnisorientierte Prozesse unter Beteiligung der Akteure erfordern Zeit, die nicht unterschätzt werden sollte, z. B. für:

nn terminliche, organisatorische und inhaltliche Abstimmungen

nn Klärung fachlicher Aspekte

nn Meinungs- und Erfahrungsaustausch

nn Öffentlichkeitsarbeit

nn Einladungen zu Abstimmungsgesprächen,

Veranstaltungen, Erstellen von Protokollen und Dokumentationen

nn Vorbereitung, Durchführung und Nachbereitung von Veranstaltungen z. B.:

– Räumlichkeiten für Gruppengespräche und größere Versammlungen mit drei bis vier Gruppenräumen

– Moderationstechnik, z. B. fünf bis sieben Pinn-wände, ein Flipchart, entsprechendes Modera- tionsmaterial

– Präsentationstechnik, Beamer, Laptop etc.

Je nach Umfang der Maßnahmen sollten finanzielle Mittel kalkuliert werden. Neben den Kosten für ggf. Raummiete, Technik, Honorare und Reisekosten für Expertinnen oder Experten – sofern aus strategischen oder Motivationsgründen gewünscht bzw. sinnvoll – sollten für die Teilnehmenden an den Gesprächskrei-sen oder bei den größeren Veranstaltungen für alle Akteure Getränke und ggf. kleine Snacks, Suppen so-wie Demonstrationsmaterial kalkuliert werden, s. CD.

Es empfiehlt sich, vor Ort zu prüfen, wer als verant-wortliche Person für den Prozess in der Kommune gewonnen werden kann.

Einstieg in den Prozess: Schritt Analyse erforderlicher Daten und FaktenIm Bereich der Seniorenarbeit sind – wie bereits er-läutert – viele verschiedene Träger und Akteure tätig.

CD 2 Nr. 7.4.15

Page 35: Länger gesund und selbstständig im Alter – aber wie? · Impressum Herausgeber Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-Organisationen e. V. (BAGSO) Bonngasse 10 – 53111 Bonn 02

35

Es stellt sich daher die Frage: Wer kann oder sollte einen entsprechenden Prozess initiieren und ver- antwortlich durchführen?

Aus den Erfahrungen in den Pilotkommunen lässt sich festhalten: Die Initiatoren sollten mit der Senio-renarbeit und Seniorenpolitik vor Ort vertraut sein.

nn Sie sollten Kontakte zu möglichst vielen Gruppen und Netzwerken im Bereich Senioren bzw. Gesund-heit haben und insbesondere zur Kommunal- verwaltung.

nn Die Initiatoren sollten sowohl Ansehen als auch Einfluss haben.

nn Sie sollten in der Lage sein, möglichst viele Akteure zu motivieren und zu aktivieren.

nn Einzelpersonen ohne Einbindung in lokale Organi- sationen oder Netzwerke müssten über Kontakte zu entsprechenden Institutionen und Netzwerken verfügen, um über diese den Prozess anzustoßen.

nn Der Prozess kann sowohl über die Zivilgesellschaft (Träger, Vereine, Organisationen) als auch über die kommunale Fachverwaltung (z. B. Sozial- bzw. Ge-sundheitsamt) in die politischen Gremien getragen werden.

nn Ohne die Einbindung der Fachverwaltung und deren Mitverantwortung und Unterstützung wird der Prozess kaum gelingen können.

nn Eine wichtige Voraussetzung für das Gelingen des Prozesses ist, dass die Fachverwaltung sowohl von den Vorgesetzten als auch von der Bürgermeiste-

rin/dem Bürgermeister bzw. der Landrätin/dem Landrat Unterstützung erfährt. Ist ein Senioren- beirat oder ein Seniorenbüro vorhanden, sollten diese unbedingt in die Entscheidungsfindung eingebunden werden.

In Sondershausen und Bad Windsheim haben Träger der Seniorenarbeit – die Leitung eines Mehrgenera-tionenhauses bzw. der regionalen Geschäftsführung eines Wohlfahrtsverbandes – die Initiative ergriffen und den Prozess angestoßen. In beiden Fällen wurde die Kommunalverwaltung von den Initiatoren ein-bezogen bzw. die Kommunen haben jeweils bei der Gründung der Steuerungsgruppe die Federführung übernommen. In der Verbandsgemeinde Diez und dem Landkreis Peine ging die Initiative von den Fachreferenten der Kommunalverwaltungen aus.

Sinnvolle Kompetenzen und Erfahrungen der Leitungsperson(en)

Hinsichtlich der methodischen Anforderungen und der erforderlichen gruppendynamischen Steuerungs-aufgaben im Lauf des Prozesses ist es sinnvoll, wenn die verantwortlichen Personen Kompetenzen und Erfahrungen in folgenden Aufgabenfeldern besitzen bzw. entsprechende Fachkräfte vor Ort vorhanden sind, die eingebunden werden können:

nn Öffentlichkeitsarbeit

nn ergebnisorientierte Moderation von Gruppen unter Anwendung unterschiedlicher Techniken

Das BAGSO-Konzept zur Verbesserung

gesundheits- fördernder Angebote

Page 36: Länger gesund und selbstständig im Alter – aber wie? · Impressum Herausgeber Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-Organisationen e. V. (BAGSO) Bonngasse 10 – 53111 Bonn 02

36

Prozess zur Gesundheitsförderung in vier Pilotkommunen

TEILII

nn Leitung größerer Veranstaltungen

nn Gestaltung partizipativer Prozesse nach dem Bot-tom-up-Prinzip, d. h. die Ziele und Maßnahmen werden von der Zielgruppe selbst, hier den Akteu-ren, erarbeitet und beschlossen

nn grundsätzliches Verständnis der Zusammenhänge von Gesundheitsvorsorge durch ausgewogene, genussvolle Ernährung, ausreichende Bewegung und soziale Teilhabe zur Erhaltung der Leistungs- fähigkeit und Selbstständigkeit im Alter.

Wichtige Daten – Grundlage für eine zielorientierte Prozessplanung

Als Basis für den Einstieg in den Prozess ist die Zu-sammenstellung wesentlicher Daten und Fakten zur Lebenssituation der älteren Bürgerinnen und Bürger in der Kommune sinnvoll. Oftmals liegen diese in den Kommunalverwaltungen vor oder lassen sich durch Recherche ermitteln. Auf der Internetseite der Bertels- mann Stiftung www.wegweiserkommune.de kann man einen Demografiebericht für jede Kommune über 5.000 Einwohner abrufen. Dieser gibt Einblicke in die Situation und Entwicklung der Kommune be- züglich der Anzahl älterer Menschen und ihrer Rela-tion zu jüngeren Bevölkerungsgruppen. Indikatoren zur demografischen Entwicklung sind hier ebenfalls benannt.

Darüber hinaus ist es sinnvoll, Daten zu erhalten über spezielle Personengruppen, für die ggf. gesonderte Angebote etabliert werden sollten:

nn die Zahl älterer Menschen mit demenziellen Verän-derungen, die nicht in stationären Einrichtungen leben

nn die Zahl älterer Migrantinnen und Migranten

nn die Wohnsituation älterer Menschen

– allein lebend

– im Zwei-Personen-Haushalt

– im Betreuten Wohnen

– in stationären Einrichtungen

– ggf. Dienstleistungsangebote für ältere Menschen durch Wohnungsbaugenossenschaften o. Ä.

Sehr hilfreich ist darüber hinaus eine Zusammenstel-lung aller Träger von Dienstleistungsangeboten und der von ihnen erbrachten Leistungen. Die Checklisten „Teilnehmer der Steuerungsgruppen und Werkstatt-veranstaltung“ und „Sinnvolle Dienstleistungsange-bote“ auf der CD geben Hilfestellung zur Ermittlung vorhandener Angebote und möglicher Akteure in der Seniorenarbeit. Sofern aufgrund fehlender Daten die Zusammenstellung der Listen nicht möglich ist, kann dies mit den Teilnehmenden im vierten Schritt des Prozesses erfolgen.

In den Pilotkommunen lagen aktuelle Zahlen über die Altersstruktur der Bevölkerung vor. In zwei Kommu-nen waren auch Listen mit verantwortlichen Trägern in der Seniorenarbeit vorhanden. Unter dem Aspekt der Gesundheitsförderung wurden diese entsprechend der BAGSO-Checkliste ergänzt.

CD Nr. 7.4.1 + 7.4.2

MERKEAusgangssituation der jeweiligen Kommunen kennen

Page 37: Länger gesund und selbstständig im Alter – aber wie? · Impressum Herausgeber Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-Organisationen e. V. (BAGSO) Bonngasse 10 – 53111 Bonn 02

37

Verfügbarkeitder erforderlichen

materiellen undpersonellenRessourcen

Fähigkeit,Beteiligungsprozessezu moderieren und

zu gestalten

Unterstützungdurch kommunale

und politischeEntscheidungsträger

Verständigung aufein realistisches

Altersbild mit denAkteuren

Kenntnis derDaten zur

soziodemogra�schenEntwicklung der

Kommune

Gute Kenntnisund Kontakte zu

Akteuren, Gremien,Netzwerken

Gestaltungeines partizipativen

Prozesses zurVerbesserung der

Gesundheitsförderungälterer Menschenauf kommunaler

Ebene

Einschätzungder Angebote

und künftigen Bedarfeder verschiedenen

Zielgruppen

Verständnis derZusammenhänge zwischen

Gesundheitsförderungund der Erhaltung

der Gesundheit

Abbildung 5: Positive Aspekte und Einflussfaktoren auf den Prozess zur Verbesserung der Gesundheitsförderung älterer Menschen auf kommunaler Ebene

Das BAGSO-Konzept zur Verbesserung

gesundheits- fördernder Angebote

Page 38: Länger gesund und selbstständig im Alter – aber wie? · Impressum Herausgeber Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-Organisationen e. V. (BAGSO) Bonngasse 10 – 53111 Bonn 02

38

Prozess zur Gesundheitsförderung in vier Pilotkommunen

TEILII

Sobald alle verfügbaren Daten vorhanden sind und die Auswertung deutlich macht, dass eine Verbesse-rung gesundheitsfördernder Angebote sinnvoll bzw. notwendig ist, kann mit den Vorbereitungen zur Durchführung des Prozesses begonnen werden.

Im zweiten Schritt geht es um die Unterstützung und die Abstimmung mit wichtigen, wirkungsmächtigen Akteuren in der Seniorenarbeit. Die Grafik auf Seite 37 fasst wichtige Einflussfaktoren und Voraussetzungen für eine erfolgreiche Durchführung des Prozesses zusammen.

Schritt Etablierung einer SteuerungsgruppeDie Initiative, den Prozess anzustoßen, kann wie erwähnt von verschiedenen Akteuren ausgehen. Bei- spielsweise kann sie sich im Rahmen der kommuna- len Senioren- oder Gesundheitspolitik und aus Erkenntnissen der offenen Altenarbeit entwickeln, ebenso kann sie ein Baustein bei der Gestaltung des demografischen Wandels sein oder auf der Um-setzung vorhandener Gesundheitsziele (s. Seite 11) beruhen.

Die erfolgreiche Gestaltung eines solchen Prozesses erfordert die Akzeptanz und Unterstützung durch die Hauptbeteiligten in der Arbeit mit älteren Menschen. Ihre Einbindung in eine Lenkungs- oder Steuerungs-gruppe ist eine bedeutsame Voraussetzung für eine nachhaltige Etablierung gesundheitsfördernder Ange-

bote. Die Lenkungsgruppe mit allen entscheidungs-mächtigen Akteuren wird gemeinsam die Verantwor-tung für den Prozess und seinen nachhaltigen Erfolg übernehmen.

Je nach gegebenen Träger- und Vernetzungsstruktu-ren sind Personen einzuladen bzw. anzusprechen, die gut mit vielen Akteuren in den verschiedenen Hand-lungsfeldern der Seniorenarbeit zusammenarbeiten, auch anerkannt sind und außerdem Verantwortung übernehmen können und möchten.

Im besten Fall besteht bereits ein geeignetes Gremium oder eine Arbeitsgruppe, die für die Gesundheitsförde- rung offen ist und sich dieser Aufgabe widmen möch-te. Jedoch sollte dann die Verbesserung der Gesund-heitsförderung im Alter ein Schwerpunkt ihrer Arbeit in den nächsten Monaten und den folgenden Jahren sein. Bei der Einberufung einer neuen Lenkungsgrup-pe kommen Personen bzw. Verantwortungsträger aus folgenden Bereichen in Betracht:

nn Seniorenpolitik, z. B. Seniorenrat, Beigeordnete

nn Träger der offenen Altenarbeit

nn Träger der ambulanten und stationären Altenpflege

nn Kommunalverwaltung, Bereich Seniorenarbeit/Gesundheitsförderung

nn Mehrgenerationenhaus

nn Bildungsträger

nn medizinische Versorgung (Ärztevertreter, Kliniken, Krankenkassen)

MERKEDie richtige Auswahl bzw. Zusammenset-zung der Mitglieder der Steuerungsgruppe ist entscheidend für den Verlauf des Pro-zesses.

Page 39: Länger gesund und selbstständig im Alter – aber wie? · Impressum Herausgeber Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-Organisationen e. V. (BAGSO) Bonngasse 10 – 53111 Bonn 02

39

nn Sportbereich

nn Wohnungsbaugenossenschaften.

Die persönliche Ansprache ist erfahrungsgemäß effektiver als eine schriftliche Einladung. Im Gespräch können die Hintergründe und die Intention des Pro- zesses zur Verbesserung der Angebote zur Gesund-heitsförderung älterer Menschen erläutert und die Bedeutung der Mitarbeit der anzusprechenden Per- sonen hervorgehoben werden.

Stolpersteine

Oftmals sind die einflussreichen Personen bereits in verschiedenen anderen Gremien engagiert und haben einen dichten Terminplan. Ihre Bereitschaft, sich ein-zubringen, ist dadurch möglicherweise zunächst nur bedingt vorhanden.

Vorbeugung/Erfolgsfaktoren

Eine klare Darstellung

nn der groben Zielrichtung

nn der Relevanz der Gesundheitsförderung für die Menschen, die Träger und die Kommune

nn des geplanten Prozessverlaufs

nn der Rolle und der Aufgaben der Steuerungs- bzw. Lenkungsgruppe

ist für die Motivation und Überzeugung der anzusprechenden Personen sehr wichtig.

Nach der persönlichen Ansprache, verbunden mit einer konkreten Terminabsprache, erfolgt eine schrift-liche Einladung mit Tagesordnung zur ersten Bespre-chung.

In einer Pilotkommune bestand bereits eine „Arbeitsgruppe Gerontopsychiatrie und Sozial- psychiatrischer Verbund“, die weitere Personen aus den Bereichen Sport und Seniorenarbeit für den Pro- zess der Gesundheitsförderung gewinnen konnte. In allen anderen Pilotkommunen wurden Akteure für die Mitwirkung in eine neu gegründete Steue-rungsgruppe eingeladen.

Mustereinladung, s. CD[1]

Zielsetzung der ersten Arbeitsbesprechung

Die klare Formulierung der konkreten Ziele (s. Ablauf-planungen auf der CD[2]) für alle durchzuführenden Maßnahmen ist eine Grundvoraussetzung für den Fortschritt im Prozess. Eindeutig festgelegte Ziele ermöglichen die Messbarkeit der Ergebnisse und des Erfolgs der Aktivitäten.

Die Festlegung der Ziele der ersten Sitzung der Steue-rungsgruppe orientiert sich an folgenden Fragen:

Inwieweit

nn sind die Bedeutung der Gesundheitsförderung älte- rer Menschen und der Zusammenhang zwischen

CD[1] Nr. 7.4.3

CD[2] Nr. 7.4.6 – 7.4.10

Das BAGSO-Konzept zur Verbesserung

gesundheits- fördernder Angebote

Page 40: Länger gesund und selbstständig im Alter – aber wie? · Impressum Herausgeber Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-Organisationen e. V. (BAGSO) Bonngasse 10 – 53111 Bonn 02

40

Prozess zur Gesundheitsförderung in vier Pilotkommunen

TEILII

einer gesunden Ernährung, Mund- und Zahnge-sundheit, ausreichender Bewegung und sozialer Teilhabe zur Erhaltung der Gesundheit und Selbst-ständigkeit allen Beteiligten bewusst und bekannt?

nn sind die teilnehmenden Akteure mit der Lebens- situation älterer Menschen und ihren Problemen vor Ort vertraut (Wohnverhältnisse, soziale und ökonomische Lage)?

nn haben sie ein differenziertes Altersbild?

nn haben sich die Beteiligten mit den absehbaren Entwicklungen der Altersstruktur und deren Aus-wirkungen auf die Kommune auseinandergesetzt und kennen sie Daten über die künftige Anzahl

– älterer Menschen in ihrer Kommune bzw. in ihrem Quartier

– demenziell erkrankter Personen

– pflegebedürftiger Menschen und deren betreuende Angehörige?

nn kennen sie die Angebotsstrukturen der ambulanten und stationären Altenarbeit sowie die Dienstleister im Bereich Bewegung, Lieferservice bzw. Nachbar-schaftshilfen und andere Unterstützungsmodelle?

Sofern alle Beteiligten umfassend über die Hinter-gründe und Zusammenhänge informiert sind, müssen diese keinen großen Raum bei den Diskussionen ein- nehmen. Eine einführende zusammenfassende Kurz- präsentation der Fakten reicht dann aus, um eine ein- heitliche Einschätzung bezüglich der Herausforde-

rungen zu erhalten und ein gemeinsames Verständnis für den Ansatz des Prozesses zu entwickeln.

Sofern jedoch einzelne Mitglieder der Lenkungsgrup-pe die Ausgangssituation nicht kennen, z. B. Vertreter des Sports, oder ihnen die Bedeutung der Prävention für ältere Menschen nicht bekannt ist, empfiehlt es sich, diese Themen aufzugreifen. Bei der fachlichen Erarbeitung sollten die Informationen und Einsichten der Expertinnen und Experten aus ihrem beruflichen oder ehrenamtlichen Handlungsfeld eingebunden werden.

Bevor die Lenkungsgruppe an die Planung des gemeinsamen Vorhabens geht, muss sichergestellt sein, dass alle Beteiligten

nn ein gemeinsames realistisches Altersbild haben

nn der Gesundheitsförderung älterer Menschen in der Kommune einen hohen Stellenwert beimessen

nn sich gemeinsam für die Verbesserung der Gesundheitsförderung einsetzen wollen

nn die quantitative und qualitative Verbesserung der Dienstleistungsangebote zu ihrer Aufgabe machen

nn mit dem geplanten Verlauf des Prozesses, z. B. nach dem BAGSO-Konzept, einverstanden sind.

Page 41: Länger gesund und selbstständig im Alter – aber wie? · Impressum Herausgeber Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-Organisationen e. V. (BAGSO) Bonngasse 10 – 53111 Bonn 02

41

Zeitplanungwann

Veranstaltungensinnvoll sind

EinzubindendeInstitutionen,

Organisationen,ggf. Expertinnen

und Experten

Verantwortlich-keiten für

die Aktivitätenim Prozess

Ablaufplanungwas, wann, wo,

mit wemgeschieht

Konzeptzur Informations-

undÖffentlichkeits-

arbeitSteuerungsgruppe

EntscheidungsmächtigeAkteure vereinbaren:

Das BAGSO-Konzept zur Verbesserung

gesundheits- fördernder Angebote

Mögliche Stolpersteine

nn einzelne Personen stehen dem Vorhaben skeptisch gegenüber

nn es werden überzogene Erwartungen an den Prozess geknüpft

nn es werden Blockaden vermutet oder unüberwind-bare Hindernisse gesehen, z. B. Mangel an Geld oder Räumlichkeiten, eine zu hohe Arbeitsbelas-tung bei den Akteuren bzw. in der Verwaltung.

Auf dieser gemeinsamen Plattform sollten sich die Mitglieder der Steuerungsgruppe über die Durch- führung des Beteiligungsprozesses verständigen. Sie

nn vereinbaren klare Zielsetzungen und Ergebniserwartungen

nn stimmen sich bezüglich der einzubindenden Akteure ab

nn verständigen sich über die Vorgehensweise und Maßnahmenplanung

nn erarbeiten einen Ressourcenplan (Finanz- und Personalbedarf etc.)

nn verabschieden ein Konzept für die Öffentlichkeitsarbeit

nn legen Verantwortlichkeiten und Zuständigkeiten für den Prozessverlauf genau fest. (s. Abb. 6)

Abbildung 6: Aufgaben der Steuerungsgruppe

Page 42: Länger gesund und selbstständig im Alter – aber wie? · Impressum Herausgeber Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-Organisationen e. V. (BAGSO) Bonngasse 10 – 53111 Bonn 02

42

Prozess zur Gesundheitsförderung in vier Pilotkommunen

TEILII

Schritt Informations- und ÖffentlichkeitsarbeitDie vielen verschiedenen Organisationen und Perso- nen in der Arbeit mit älteren Menschen können wert- volle Beiträge zur Verbesserung der Prävention im Alter leisten und sollten daher in den Prozess einbe-zogen werden. Außerdem sollte die Zielgruppe, d. h. die älteren Menschen selbst, über die Bedeutung einer gesunden Lebensweise und deren Umsetzung infor-miert werden.

Gute Kontakte zur Tagespresse und zu anderen wich-tigen Informationskanälen wie Wochen- oder Monats- heften in der Kommune (z. B. das „Sondershäuser Hei- matecho“, das „Amtsblatt“ der Verbandsgemeinde Diez) ermöglichen es, die Aufmerksamkeit sowohl der ehren- und hauptamtlich Tätigen in der Senioren- arbeit als auch der älteren Menschen selbst auf die Gesundheitsförderung zu lenken und Diskussionen anzuregen.

Eine gute Presse- und Öffentlichkeitsarbeit ist sehr wichtig. Praxisbeispiele über gelungene gesundheits-fördernde Angebote aus dem kommunalen Umfeld – verknüpft mit zentralen Hintergrundinformationen – sowie Beiträge lokaler Expertinnen bzw. Experten aus den Bereichen Medizin, „gesunde Küche“ und Sport bieten Aufhänger, um die Initiative bekannt zu machen.

Die Einladung an die Akteure in der Arbeit mit älteren Menschen zu einer ersten „Werkstattveranstaltung“ sollte per Brief mit persönlicher Ansprache erfolgen. Die Steuerungsgruppe kann beraten, wer welche Kontaktdaten zur Verfügung stellen kann.

Die Einladung sollte beinhalten

nn Termin, Zeitpunkt und Ort der Veranstaltung

nn Hintergrund der Initiative – Bedeutung der Gesundheitsförderung

nn Zielsetzung der Veranstaltung

nn Zeit- und Ablaufplanung

nn Erläuterung, wie wichtig die Teilnahme des Angeschriebenen ist.

Beispiele zur Öffentlichkeitsarbeit und zu den Einladungen aus den Beispielkommunen, s. CD

Stolpersteine

nn ungenaue Darstellung der Zielsetzung

nn keine Berücksichtigung anderer Veranstaltungs- termine

nn schwierige Erreichbarkeit des Veranstaltungsortes

nn fehlende Motivation der Akteure.

CD Nr. 7.4.4 + 7.4.5

Page 43: Länger gesund und selbstständig im Alter – aber wie? · Impressum Herausgeber Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-Organisationen e. V. (BAGSO) Bonngasse 10 – 53111 Bonn 02

43

Schritt Einbindung der Akteure/Werkstattveranstaltung I1. Stärken- und Schwächen-Analyse

2. Erarbeitung von Ideen

Serviceleistungen und Angebote für ältere Menschen werden oftmals von einer großen Zahl unterschied- licher Träger durchgeführt. Es gilt, möglichst viele in den gesamten Prozess einzubinden und an den Hand- lungsschritten zu beteiligen. Die Teilnehmenden arbei-ten sowohl im Rahmen von moderierten Plenums- veranstaltungen als auch in Arbeitsgruppen.

Die größte Herausforderung besteht darin, dass die teilnehmenden Akteure der ersten Werkstattveran-staltung wie bereits die Akteure in der Steuerungs-gruppe zuvor:

nn ein Bewusstsein für die Bedeutung der Gesund-heitsförderung auch im Alter entwickeln und von der Notwendigkeit präventiver Angebote für ältere Menschen überzeugt sind

nn Chancen für die Gestaltung der Gesundheitsförde- rung sehen und sich engagiert in den Prozess ein-bringen möchten

nn Mitverantwortung für die Verbesserung der Angebote übernehmen wollen

nn Kooperationen mit anderen Akteuren offen gegen-überstehen, um neue Angebote zu realisieren.

Sowohl die Werkstattveranstaltungen als auch die Schulungen müssen organisatorisch, inhaltlich und methodisch gut vorbereitet werden, um die Ziele zu erreichen, (s. Ablaufpläne CD).

Ergänzend zu den fachlichen Inhalten der Veranstal-tung erarbeiten die Teilnehmenden folgende Auf- gabenstellungen: Sie

nn ermitteln die vorhandenen Dienste und Angebote für ältere Menschen

nn erarbeiten Stärken und Schwächen der Angebote der Gesundheitsförderung

nn entwickeln Ideen zur Verbesserung.

Vorbereitung der Werkstattveranstaltung

a) Äußere Bedingungen:

nn Terminplanung – Überschneidungen mit Konkur- renzterminen sollten vermieden werden und Uhr-zeiten für viele akzeptabel sein.

nn Die erste Werkstattveranstaltung sollte ganztägig geplant werden. Dies ermöglicht eine umfassende Information und die Erarbeitung erster Ideen, so- dass die Teilnehmenden ohne Zeitdruck konkrete Vorstellungen zum Fortgang des Prozesses ent- wickeln können. Ohne diese Perspektive ist es schwierig, die Teilnehmenden für ein nächstes Treffen zu motivieren.

nn Ein Veranstaltungsort mit ausreichender Anzahl und Größe an Räumen für Plenum und Gruppen-arbeiten ist notwendig.

CD Nr. 7.4.8 - 7.4.10

Das BAGSO-Konzept zur Verbesserung

gesundheits- fördernder Angebote

Page 44: Länger gesund und selbstständig im Alter – aber wie? · Impressum Herausgeber Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-Organisationen e. V. (BAGSO) Bonngasse 10 – 53111 Bonn 02

44

Prozess zur Gesundheitsförderung in vier Pilotkommunen

TEILII

nn Technik, ggf. Mikrofon und Lautsprecher, Beamer und Laptop, Moderationsmaterial wie Flipchart, Pinnwände, Moderationskarten und Stifte sollten bereitstehen s. CD (2).

nn Getränke, ggf. Snacks als Erfrischung und Pausen- verpflegung haben sich als sinnvoll erwiesen, Beispiele s. CD (3).

b) Möglicher Programmablauf der ersten Werkstattveranstaltung:

nn Begrüßung z. B. durch Bürgermeisterin bzw. Bürgermeister, Landrätin oder Landrat

nn Erläuterung der Zielsetzung und des Ablaufs der Veranstaltung

nn Darstellung der Bedeutung und Zusammenhänge der Gesundheitsförderung in den Bereichen ausge-wogene Ernährung einschließlich der sachgerech-ten Zahn- und Mundpflege, ausreichend Bewegung und soziale Teilhabe für ältere Menschen durch eine anerkannte Expertin oder einen anerkannten Experten, z. B. aus der Fachrichtung Ökotropholo-gie, Gerontologie, Public Health, ggf. Altenpflege

nn Bewegungsübungen zur Auflockerung

nn Vorstellung der einzelnen Teilnehmenden (Name, Aufgaben im Tätigkeitsfeld ältere Menschen)

nn Moderierte Gruppenarbeit zur

– Erfassung der aktuellen örtlichen Angebote

– Ermittlung der Schwachstellen im Hinblick auf die Gesundheitsförderung

– Erarbeitung erster Ideen zur Verbesserung der Gesundheitsförderung

nn Präsentation der Gruppenergebnisse im Plenum mit Diskussion der Ideen

nn Bewegungsübungen zur Auflockerung

nn Vereinbarung der weiteren Vorgehensweise

und Verabschiedung.

c) Inhaltliche Schwerpunkte der ersten Werkstattveranstaltung:

Auch wenn die Zusammenhänge, d. h. die Wirkung einer ausgewogenen Ernährung, der Mund- und Zahn- pflege, ausreichender Bewegung und sozialer Teilhabe für die Erhaltung der körperlichen und geistigen Gesundheit, nicht neu sind, sind sie im Detail nicht allen Akteuren bekannt. Oftmals ist es auch schwer, verständlich zu machen, dass selbst im hohen Alter die Gesundheit, d. h. das Wohlbefinden der Menschen, durch entsprechende fördernde Verhaltensweisen verbessert werden kann.

CD Nr. 7.4.15

Page 45: Länger gesund und selbstständig im Alter – aber wie? · Impressum Herausgeber Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-Organisationen e. V. (BAGSO) Bonngasse 10 – 53111 Bonn 02

45

Es können negative einseitige Altersbilder vorherr-schen, die nicht offengelegt wurden, oder persönliche negative Einstellungen zu ausgewogener Ernährung und ausreichender Bewegung zu einem Vorbehalt gegen die Zielsetzungen der Gesundheitsförderung führen. Kritische Nachfragen oder Anmerkungen sollten in jedem Fall ernstgenommen und sachlich besprochen werden. Dafür sind sowohl kommunika-tive als auch fachliche Kompetenzen erforderlich. Nur mit einer zustimmenden Einstellung kann eine hohe Motivation der Akteure für die gesundheitsfördernde Ausrichtung ihrer Angebote erreicht werden und der Prozess erfolgreich verlaufen.

Die weiteren inhaltlichen Aspekte sollten durch eine methodisch gut geleitete Diskussion im Plenum oder in Arbeitsgruppen ermittelt werden, d. h., beste- hende Angebote in den Bereichen Verpflegung, Bewe- gung und soziale Teilhabe müssen erfasst und katego- risiert, Zielgruppen identifiziert, Lücken und Schwach- stellen im Angebot aufgedeckt und erste Ideen zur Verbesserung der Angebote gesammelt werden.

d) Methodische Überlegungen:

nn Wer könnte als Expertin oder Experte viele weitere Akteure motivieren, an der Veranstaltung teilzu-nehmen, und die Intention der Gesundheitsförde-rung gut vermitteln? Die Experten können aus dem kommunalen oder überregionalen Umfeld, aus Wissenschaft, Politik und Praxis kommen.

nn Auf welche Weise, durch welchen Anreiz kann die Motivation der Akteure zur Teilnahme gefördert werden?

nn Für die Leitung der Tagung sollte eine neutrale und erfahrene Person, die Zugang zu den Akteuren und zur Thematik hat, ausgewählt werden.

nn Best-Practice-Beispiele aus der eigenen Kommune oder aus anderen Kommunen können der Überzeu- gung dienen, wenn es schwierig werden sollte, Ak-teure bezüglich der Umsetzungsmöglichkeiten zu gewinnen, s. CD.

CD Nr. 7.3

MERKEDas gemeinsame Verständnis für die Bedeutung der Prä-vention für ältere Menschen und die Er- kenntnis, dass diese gemeinsam mit allen Beteiligten gestaltet werden kann, sollte das erste wichtige Ergebnis der ersten Werkstattveranstal-tung sein.

Das BAGSO-Konzept zur Verbesserung

gesundheits- fördernder Angebote

Page 46: Länger gesund und selbstständig im Alter – aber wie? · Impressum Herausgeber Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-Organisationen e. V. (BAGSO) Bonngasse 10 – 53111 Bonn 02

46

Prozess zur Gesundheitsförderung in vier Pilotkommunen

TEILII

nn Für die Gruppenarbeit sollten erfahrene Moderato-rinnen bzw. Moderatoren gewonnen werden, die

– die Teilnehmenden an allen Schritten des Prozesses beteiligen

– unterschiedliche Interessenslagen aufdecken

– Konfliktpunkte frühzeitig erkennen und auffangen

– Ziele gemeinsam erarbeiten

– Vorgehensweisen vereinbaren

– gemeinsam vielfältige Ideen entwickeln

– Prioritäten in der Gruppe abstimmen

– zusammen Lösungswege erkennen

– Ergebnisse festhalten.

nn Es hat sich bewährt, am Ende der ersten Werkstatt- veranstaltung bereits den Termin für die nächste Zusammenkunft zu vereinbaren (partizipativer Ansatz).

nn Die Presse sollte zur Veranstaltung eingeladen und mit Hintergrundinformationen versorgt werden.

nn Die Zielsetzungen und Ergebnisse der Veranstal-tung sollten in einer Presseerklärung veröffentlicht werden.

Eine ausführliche Darstellung der Grundlagen für eine erfolgreiche Moderation würde den Umfang dieser Schrift sprengen, es wird auf digitale Informa- tionen und weiterführende Literatur auf der CD[1] ver- wiesen. Die in den Pilotkommunen eingesetzten Prä- sentationen zur Bedeutung der Gesundheitsförderung sind der CD[2] zu entnehmen, ebenso die detaillierten Ablaufpläne der Werkstattveranstaltungen mit Hin-weisen auf Moderationstechniken.

e) Bewegungsübungen und Catering als Praxisbeispiel

In allen Veranstaltungen sollten beispielgebend sorg-fältig ausgewählte Bewegungsübungen, die Körper und Geist aktivieren und Freude machen, durchge-führt werden, z. B. „Jo schafft in der Knopffabrik“, s. CD[3]. Wenn möglich, sollte vorab eine teilnehmende Akteurin bzw. ein Akteur aus dem Bereich Sport oder Bewegung gebeten werden, Übungen auszusuchen, die auch bei Seniorengruppen eingesetzt werden kön-nen. Da für viele Teilnehmende Bewegungsübungen in einer Veranstaltung ungewohnt und befremdlich erscheinen, sollten durch entsprechende Erläuterun- gen Hemmungen abgebaut und Lust an der Bewe- gung geweckt werden. Gleichzeitig kann dieses Bei-spiel den Teilnehmenden Mut machen, Bewegungs-übungen in ihre Arbeit mit älteren Menschen einzu-binden.

CD[1] Nr. 7.2

CD[3] Nr. 7.4.14

CD[2] Nr. 7.4.12 + 7.4.13

Page 47: Länger gesund und selbstständig im Alter – aber wie? · Impressum Herausgeber Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-Organisationen e. V. (BAGSO) Bonngasse 10 – 53111 Bonn 02

47

Wenn kleine Snacks gereicht werden, so ist es im Sinn einer gesundheitsfördernden Ernährungsweise wünschenswert, Obst und Gemüsesticks mit Dips an-zubieten (s. auch Beispiele auf der CD)[4]. Mittagsmahl-zeiten sollten ansprechend sein, Salat und Gemüse, aber auch geringe Fleischanteile aufweisen.

Die Werkstattveranstaltung sollte wie alle Aktivitäten ausführlich dokumentiert werden. Das Protokoll mit dem Verlauf und den Ergebnissen sollte möglichst auch Fotos von den Gruppenarbeiten enthalten und allen Beteiligten und Teilnehmenden zeitnah zuge-sand werden.

Besondere Erfahrungen aus den ersten Werk-stattveranstaltungen in den Pilotkommunen

Stadt Bad Windsheim

Die Idee zur Teilnahme an dem BAGSO-Projekt ging vom Arbeiter-Samariter-Bund, Regionalverband Bad Windsheim, aus, der einen Ansprechpartner in der Stadtverwaltung zu gewinnen versuchte. Ein Zu- ständiger speziell für die Seniorenarbeit ist in der Ver- waltung bisher nicht vorhanden. Übergangsweise wurde der Prozess von Mitarbeitern aus anderen Be- reichen mitgestaltet, bis der Leiter des Hauptamtes damit beauftragt wurde. Der Beginn des Projektes verzögerte sich durch wechselnde Zuständigkeiten. Die zahleichen Teilnehmenden an der ersten Werk-stattveranstaltung unter Beteiligung des Bürgermeis-ters zeigten sich für das Thema sehr offen. Sie nutzten die Anwesenheit des Bürgermeisters, zusätzlich zum Thema Gesundheitsförderung den Bedarf an senioren- gerechten Wohnungen, die Problematik der neuen Straßenpflasterung und den Wunsch nach senioren-gerechten Einkaufsstätten anzusprechen. Für die wei-tere Arbeit kristallisierten sich vier Handlungsstränge heraus:

1. Informations- und Aufklärungsarbeit zur Sensibi- lisierung für gesunde Ernährung und personen- angepasste Bewegung

2. Auf- und Ausbau der Zusammenarbeit der ver- schiedenen Akteure

CD[4] Nr. 7.4.15

Das BAGSO-Konzept zur Verbesserung

gesundheits- fördernder Angebote

Page 48: Länger gesund und selbstständig im Alter – aber wie? · Impressum Herausgeber Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-Organisationen e. V. (BAGSO) Bonngasse 10 – 53111 Bonn 02

48

Prozess zur Gesundheitsförderung in vier Pilotkommunen

TEILII

3. Überblick über vorhandene Angebote schaffen und neue entwickeln

4. das Gewinnen weiterer Ehrenamtlicher.

Einstimmig beschlossen die 24 Teilnehmenden der ersten Werkstattveranstaltung, den Prozess in Bad Windsheim weiterzuführen.

Die Steuerungsgruppe, ergänzt um weitere Akteure, übernahm unter Vorsitz des Leiters des Hauptamtes der Stadtverwaltung die Verantwortung für die Ge-staltung der Gesundheitsförderung. Sie bezeichnet sich als Netzwerk „Senioren gesund aktiv“. Dieses stellt sich die Aufgabe, die gesundheitsfördernden Angebote durch vielfältige Maßnahmen in die Praxis umzusetzen.

Stadt Sondershausen

Zur Werkstattveranstaltung in Sondershausen wurde gemeinsam von der Stadt und der BAGSO eingela- den. Die Erste Beigeordnete begrüßte die Teilneh-menden und führte in das Thema ein. Sie motivierte die Anwesenden, sich engagiert in die Arbeitsgruppen einzubringen, und beteiligte sich auch an der Ideen-findung. Die Veranstaltung fand in den Räumlich-keiten der Volkssolidarität Sondershausen e. V. statt. Die Geschäftsführerin des Vereins ist gleichzeitig Vorsitzende des Seniorenbeirates. Vertreterinnen und Vertreter einiger Seniorengruppen bzw. Selbsthilfe-gruppen, z. B. der Osteoporose-Selbsthilfegruppe, des Hainleite-Wanderclubs und der Sportgruppe des Regionalverbandes für hörgeschädigte und von

Tinnitus betroffene Menschen, waren für das Thema Gesundheitsvorsorge sehr offen. Für andere war es zunächst schwer vorstellbar, wie sie Gesundheits-aspekte in ihre Arbeit integrieren oder wie sie in Sondershausen zur Gesundheitsförderung beitragen könnten. Die Vorsitzende des Blinden- und Seh-behindertenverbandes machte deutlich, dass für ältere Vereinsmitglieder die soziale Teilhabe große Bedeutung habe, denn oft sei Einsamkeit ein Pro - blem. Es wurde auch deutlich, dass Bewegungsübun-gen sehr präzise erläutert werden müssen, wenn seh-behinderte oder blinde Menschen teilnehmen. Un-erfahrene Übungsleiterinnen bzw. Übungsleiter und Moderatoren müssen darauf hingewiesen werden.

In der Werkstattveranstaltung zeigte sich außerdem, dass die Auseinandersetzung mit dem Thema Demenz und der Umgang mit demenziell beeinträchtigten Menschen nicht selbstverständlich sind.

Auffallend war, dass die Teilnehmenden vorwiegend Ideen für ihre Gruppen einbrachten. Es war schwierig, Vorschläge zu entwickeln, wie man ältere Menschen erreichen kann, die derzeit nicht in die Gruppen ein-gebunden sind.

Am Ende der Veranstaltung kristallisierten sich vier Schwerpunktfelder für die zukünftige Zusammen- arbeit heraus. Diese wurden in der zweiten Werk- stattveranstaltung konkretisiert und gemäß einer Prioritätenliste umgesetzt.

Page 49: Länger gesund und selbstständig im Alter – aber wie? · Impressum Herausgeber Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-Organisationen e. V. (BAGSO) Bonngasse 10 – 53111 Bonn 02

49

Landkreis Peine

Der Landrat im Landkreis Peine setzt sich persönlich für die Gesundheitsförderung älterer Menschen ein, dies machte er in seiner Begrüßung deutlich. Die Steuerungsgruppe hatte Prof. Dr. Ursula Lehr, Vor-sitzende der BAGSO, als Expertin zur ersten Werk-stattveranstaltung eingeladen. Sie konnte mit ihren Ausführungen die vielen Teilnehmenden voll und ganz von der Bedeutung der Gesundheitsförderung überzeugen. In den Gruppenarbeiten wurde deutlich, dass die Trägerstrukturen, die Bandbreite der Ange- bote und auch die Barrieren bei der Verbesserung der Gesundheitsförderung älterer Menschen in den ein- zelnen Gemeinden sehr unterschiedlich sind. Gleich-zeitig wurden interessante Anregungen und Erfah-rungen ausgetauscht. Dies führte zu vielen neuen Ideen und Perspektiven für die einzelnen Gemeinden, aber auch für den Landkreis. Die Initiierung eines Pro-zesses auf Landkreisebene sollte sehr sorgfältig und sensibel mit allen Verantwortlichen der Gemeinden erfolgen, z. B. über den Seniorenbeirat. Die einzelnen Gemeinden haben ihre eigene „Politik“ mit unter-schiedlichen Schwerpunkten und Rahmenbedingun-gen. Das Angebot des Landkreises, die Gesundheits- förderung in den Gemeinden zu unterstützen, darf nicht als Auftrag seitens des Landkreises missverstan-den werden. Dies könnte zu Widerstand und Blockade führen. Die selbstbewusste und eigenverantwortliche Teilhabe aller Akteure sollte daher auch ein Ziel der Werkstattveranstaltung auf Landkreisebene sein.

Die erste Werkstattveranstaltung (ebenso die zweite) im Landkreis Peine hat in den Arbeitsgruppen Akteu-re aus verschiedenen Gemeinden zusammengeführt, die im Erfahrungsaustausch und bei der gemein- samen Erarbeitung von Stärken und Schwächen so- wie der Entwicklung erster Ideen bereits wertvolle Anregungen für ihre Arbeit erhielten. Daraus erwuchs der Wunsch, sich zukünftig zu einem regelmäßigen Informations- und Erfahrungsaustausch zu treffen.

Der Kreissportbund Peine mit seinem dichten Netz von Sportvereinen in allen Gemeinden engagiert sich sehr stark im Prozess und sieht in der Gesundheitsför-derung älterer Menschen eine bedeutsame Zukunfts-aufgabe der Ortsvereine in den Gemeinden.

Verbandsgemeinde Diez

Ein Mitarbeiter der Verbandsgemeinde Diez gab den Impuls, sich an dem BAGSO-Projekt zu beteiligen. Der Erste hauptamtliche Beigeordnete der Verbands-gemeinde Diez erklärte die Seniorenarbeit zur „Chef-sache“ und übertrug die Koordination des Prozesses an die Fachabteilung Soziales mit Teilaufgabe Senio-renarbeit.

Die mit 38 Teilnehmenden gut besuchte erste Werkstattveranstaltung deckte fünf für die Verbands- gemeinde Diez zentrale künftige Handlungsbereiche auf:

Das BAGSO-Konzept zur Verbesserung

gesundheits- fördernder Angebote

Page 50: Länger gesund und selbstständig im Alter – aber wie? · Impressum Herausgeber Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-Organisationen e. V. (BAGSO) Bonngasse 10 – 53111 Bonn 02

50

Prozess zur Gesundheitsförderung in vier Pilotkommunen

TEILII

1. Informationen über Angebote und Möglichkeiten zur Gestaltung der Gesundheitsförderung sowie zur Verbesserung der Angebote zur Versorgung älterer Menschen im eigenen Wohnumfeld zu geben

2. alle Akteure, z. B. von Mehrgenerationenhaus, Bib-liothek, Kirchen- und Frauenkreisen, zu beteiligen sowie die Vernetzung der Akteure, die Veröffent-lichung aller Angebote und die Gewinnung neuer ehrenamtlicher Akteure zu gewährleisten

3. Angebote für Bewegung insbesondere auch für hochaltrige Menschen auszubauen

4. ältere Menschen zu motivieren und die Erreich- barkeit vorhandener Angebote durch Fahrdienste zu verbessern

5. generationenübergreifende Angebote und Koope- rationen mit Nachbargemeinden zu schaffen.

Das Thema Gesundheitsförderung war bis zu diesem Zeitpunkt wenigen Akteuren in der Arbeit mit älteren Menschen geläufig. Die praktische Umsetzung der Themen gesunde Ernährung, bedarfsgerechte Bewe- gung und soziale Teilhabe wurde als schwierig ange-sehen. Erst im Verlauf des Prozesses wuchs das Ver-ständnis dafür.

Der verantwortliche, sehr engagierte Verwaltungs- mitarbeiter aus dem Bereich Soziales erachtet die

Seniorenarbeit für die Verbandsgemeinde als sehr wichtig, ist aber durch seinen sonstigen Arbeits- bereich stark eingebunden und kann den Prozess nicht so effizient führen, wie es wünschenswert wäre.

Zeitgleich zum BAGSO-Projekt wurde der Verbands-gemeinde Diez vom Deutschen Turner-Bund ange- boten, sich am Projekt „AUF – Aktiv und Fit Leben“ zur Etablierung von Bewegungsangeboten für inak- tive Seniorinnen und Senioren und Menschen mit Demenz sowie deren Angehörige, zu beteiligen. Hier- bei bilden sich Kooperationen zwischen Kommune und (Sport-)Verein, die Träger mit Zugang zur Ziel-gruppe hochaltriger Menschen einbinden. Der Ver-antwortliche des federführenden Sportvereins VfL Altendiez nutzte sinnvollerweise die erste Werkstatt-veranstaltung dazu, den teilnehmenden Akteuren das Projekt vorzustellen und weitere gemeinsame Vorgehensweisen sowie Maßnahmen mit ihnen abzusprechen. Notwendige Mitstreiter, z. B. Kirchen-gemeinden oder ein Wohlfahrtsverband, konnten leicht aktiviert werden, um das Angebot für die Ziel- gruppe bekannt zu machen bzw. einen Fahrdienst ins Leben zu rufen. Wichtig war es, ergänzend zu dem Projekt AUF weitere gesundheitsfördernde Maßnahmen auch für andere Zielgruppen zu ent- wickeln.

Page 51: Länger gesund und selbstständig im Alter – aber wie? · Impressum Herausgeber Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-Organisationen e. V. (BAGSO) Bonngasse 10 – 53111 Bonn 02

51

Schritt Schulung von AkteurenSchulungskonzept zur Qualifizierung von Akteuren

Erkenntnisse aus den von der BAGSO seit mehreren Jahren durchgeführten bundesweiten Schulungen für Akteure in der Arbeit mit älteren Menschen, z. B. Übungsleiter, Seniorenkursleiter, Seniorenräte, Senio- renbegleiter, Mitarbeiter von Familienbildungsstätten und Repräsentanten von Gesundheits- oder Selbst- hilfevereinen, zeigen, dass gesundheitsfördernde The-men wie Bewegung und Ernährung gut in die beste-henden Bildungs-, Kultur- und Freizeitangebote für Ältere integriert werden können. Die Akteure in der Seniorenarbeit benötigen dafür in der Regel qualifi-zierte Schulungen, um

nn für das Thema Gesundheitsförderung im Alter sensibilisiert zu werden

nn Grundlagenwissen zu erwerben und praktische Anregungen für ihre Arbeit mit älteren Menschen zu erhalten.

Die BAGSO schult diese Multiplikatoren zu Themen wie „Ernährung im Alter“, „Personengerechte Bewe- gung und Sturzprävention“ sowie „Mund- und Zahn- gesundheit im Alter“. Die Schulungen werden mit Fachreferenten der BAGSO und der Kooperationspart- ner, dem Deutschen Turner-Bund (DTB), der Deutschen Gesellschaft für AlterszahnMedizin (DGAZ) und der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE), durch-geführt. Die Multiplikatoren sollen die Bedeutung der Eigenverantwortung jedes Einzelnen für die Erhaltung seiner Gesundheit erkennen und die Zusammenhänge zwischen einer ausgewogenen Ernährung, einer per-sonengerechten Bewegung sowie einer sachgerechten Mund- und Zahngesundheit für die Gesunderhaltung und das individuelle Wohlbefinden verstehen. Mit den Teilnehmenden wird diskutiert, welche Einflussfakto-ren bei informativen und aktivierenden Zusammen-künften für ältere Menschen beachtet werden sollten (siehe Abb. 8 und 9). Deutlich wird in den Schulungen auch die Wirkung sozialer Teilhabe auf das Wohlbefin- den, die körperliche, geistige und psychische Gesund- heit. Die Fachkräfte in der ambulanten und stationären Pflege erlernen praktische Umsetzungsmöglichkeiten einer ausgewogenen Ernährung, z. B. bei Demenz oder Kau- und Schluckstörungen, sowie präventive Maß-nahmen gegen Stürze.

Das BAGSO-Konzept zur Verbesserung

gesundheits- fördernder Angebote

Page 52: Länger gesund und selbstständig im Alter – aber wie? · Impressum Herausgeber Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-Organisationen e. V. (BAGSO) Bonngasse 10 – 53111 Bonn 02

52

Prozess zur Gesundheitsförderung in vier Pilotkommunen

TEILII

Die Schulungsteilnehmenden lernen die IN FORM MitMachBox kennen. Diese beinhaltet vier Ordner (WISSEN, BEWEGEN, ESSEN, QUIZ) mit Anleitungen und Anregungen zur praktischen Erarbeitung ver- schiedener Aspekte der Ernährung und Nahrungs-mittel sowie zur Durchführung ausgesuchter Bewe- gungsübungen. Die Box dient den ehren- und haupt-

amtlichen Akteuren als Informationsquelle und als Anregung für die Gestaltung von Veranstaltungen. Die IN FORM MitMachBox (vgl. Abb. 7) kann bei der BAGSO gegen eine Gebühr von 20 € bestellt werden. Die zweite Auflage wurde 2014 veröffentlicht (Infor-mationen unter http://projekte.bagso.de/fit-im-alter/

in-form-mitmachbox.html).

Abbildung 7: Die INFORM MitMachBox

Page 53: Länger gesund und selbstständig im Alter – aber wie? · Impressum Herausgeber Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-Organisationen e. V. (BAGSO) Bonngasse 10 – 53111 Bonn 02

53

LangesLeben Leben

genießen

Keine Ziele

KreativeTätigkeiten

Kontakte mitMenschen

Sozialer Typ

Braucht exakteAblaufplanung

und Detail-informationen

Interesse anFachinformationen

und Lösungen

1.Grundbedürfnisse

z.B. Essen

4.Selbst-

verwirklichung

2.Sicherheit

3.Soziale

Anerkennung

LeistungMacht

Wut

Freude

Ekel

Scham

Trauer

Furcht

Verhaltens-präferenzen

Gefühlslage

BedürfnisseEinstellung

zu Anforderungenund Fragendes Lebens

Motive

Ziele,z.B.

Abbildung 8: Individuelle Motivationsaspekte

Aspekte zur Motivation älterer Menschen zum gesunden Lebensstil:

a) die individuelle Persönlichkeit des älteren Men-schen geprägt durch unterschiedliche Gefühle, Bedürfnisse, Motive, Einstellungen und Verhaltens-stile bestimmt die Ansatzpunkte für die Motivation

Das BAGSO-Konzept zur Verbesserung

gesundheits- fördernder Angebote

Page 54: Länger gesund und selbstständig im Alter – aber wie? · Impressum Herausgeber Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-Organisationen e. V. (BAGSO) Bonngasse 10 – 53111 Bonn 02

54

Prozess zur Gesundheitsförderung in vier Pilotkommunen

TEILII

Ausstrahlung desMultiplikators oder Referenten

Verhalten gegenüberden Teilnehmenden

Ist dasräumliche und technische

Umfeld angenehm gestaltet?

zum Wohlfühlen?

bietet es erforderlichetechnische Voraussetzungen?

Menschen in der Gruppe

sind (nicht) offenfür neue Aktivitäten?

sind (nicht) offen fürneue Teilnehmende?

werden durch einigewenige dominiert?

Das Angebot in derSeniorenarbeit, z.B.

macht Freude oder Angst?

ist gut organisiert oderunvorbereitet?

erfordert Leistung?(Über- oder Unterforderung)

spricht die persönlichen Interessen,Bedürfnisse und Ansprüche

der Teilnehmenden an?Abbildung 9: Umweltbedingte Motivationsaspekte

b) das räumliche, technische, soziale Umfeld für ge-sundheitsförderliche Angebote einschließlich der individuellen Persönlichkeiten des Multiplikators

und die Stimmung bzw. das Verhalten der anderen Teilnehmenden sind bestimmende Faktoren für die Motivation älterer Menschen

Page 55: Länger gesund und selbstständig im Alter – aber wie? · Impressum Herausgeber Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-Organisationen e. V. (BAGSO) Bonngasse 10 – 53111 Bonn 02

55

Die Inhalte der Schulungsmodule sind der beige- fügten CD zu entnehmen.

Die BAGSO bietet folgende Schulungen kostenlos an:

nn zweitägige Intensivschulungen mit spezieller Aus- richtung auf die Zielgruppe der Leiterinnen und Lei- ter von Seniorengruppen, die sich regelmäßig tref- fen und dabei unterschiedliche Themen erörtern, Aktivitäten durchführen und nicht zuletzt das Zusammensein genießen

nn eintägige Basisschulungen für die Zielgruppe der Aktiven im Begleit- oder Besuchsservice älterer Menschen und für Gruppenleitende als Einstieg in das Thema Gesundheitsförderung

nn für eintägige Weiterbildungsschulungen für Fach-kräfte in ambulanten und stationären Alteneinrich-tungen aus den Bereichen Pflege, Hauswirtschaft und Küche ist eine Gebühr zu entrichten.

Für weitere Informationen wird auf die Website des BAGSO-Projektes „Fit im Alter“ verwiesen: http://pro-jekte.bagso.de/fit-im-alter/schulungsangebote.html.

In allen Pilotkommunen wurden Schulungen für Leiterinnen und Leiter von Seniorengruppen durch-geführt. Insgesamt nahmen über 90 Personen teil.

Schritt Einbindung der Akteure/ Werkstattveranstaltung II1. Erarbeitung einer Prioritätenliste

der Ideen und Ziele

Der Termin für die zweite Werkstattveranstaltung sollte, wie bereits ausgeführt, am Ende der ersten mit den Akteuren vereinbart werden. Die Einladung zu dieser Veranstaltung mit Angabe des Programm- ablaufs sollte an alle Teilnehmenden, aber auch an weitere potenzielle Akteure, die bisher nicht einge-bunden waren, verschickt werden.

In der ersten Werkstattveranstaltung wurden in Arbeitsgruppen bereits erste Ideen für die Verbesse-rung der Gesundheitsförderung erarbeitet und im Plenum erörtert. Die Zielsetzung der zweiten ist es, die Ideensammlung zu ergänzen und für die als vor-rangig angesehenen Ideen gemeinsam Umsetzungs-pläne zu entwickeln.

CD[ Nr. 7.4.9

Das BAGSO-Konzept zur Verbesserung

gesundheits- fördernder Angebote

Page 56: Länger gesund und selbstständig im Alter – aber wie? · Impressum Herausgeber Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-Organisationen e. V. (BAGSO) Bonngasse 10 – 53111 Bonn 02

56

Prozess zur Gesundheitsförderung in vier Pilotkommunen

TEILII

Der Programmablauf:

nn Begrüßung

nn Hintergründe und Zielsetzungen des Prozesses und der bisherigen Aktivitäten und Ergebnisse präsen-tieren

nn neue Teilnehmende vorstellen und weitere Ideen für die Verbesserung der Gesundheitsförderung älterer Menschen im eigenen Handlungsfeld, aber auch in der Gemeinde bzw. dem Quartier erfassen

nn Ideen thematisch zusammenfassen, Schwerpunkte erarbeiten und mögliche „Stolpersteine“ erkennen

nn auflockernde Bewegungsübung

nn Lösungsansätze zur Realisierung der Anregungen erarbeiten

nn Ergebnisse der Gruppenarbeiten vorstellen und Vorschläge nach Bedeutung bzw. Vorrang bewerten

nn Übernahme der Verantwortung zur Umsetzung der Handlungsvorschläge, ggf. Gründung spezieller Arbeitsgruppen mit den Akteuren vereinbaren

nn weitere Vorgehensweise abstimmen, Termine festlegen

nn motivierende Bewegungsübung

nn Verabschiedung.

a) Inhaltliche Hinweise

Es kann davon ausgegangen werden, dass sich durch eine gute Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, aber auch durch Mund-zu-Mund-Propaganda der teilnehmen-den Akteure weitere Personen bei der zweiten Werk-stattveranstaltung erstmalig in den Prozess einbringen.

Die „Neuen“ sollten über die fachlichen Hintergründe informiert und über den bisherigen Verlauf der Dis-kussionen sowie den aktuellen Stand des Prozesses in Kenntnis gesetzt werden.

Diese einführende Phase der zweiten Werkstatt- veranstaltung, die komprimiert die Inhalte der ersten zusammenfasst, bietet allen Teilnehmenden einen gedanklichen Wiedereinstieg in das Thema und er- leichtert den Start in die nächste. Selbst wenn keine neuen Teilnehmenden zu dem zweiten Termin dazu-kommen, ist eine kurze Darstellung der Zusammen-hänge zur Festigung bei den Akteuren sinnvoll.

Im Nachgang zur ersten Veranstaltung oder bei Durchsicht der zugesandten Dokumentation der ersten Werkstattveranstaltung bzw. anknüpfend an die Darstellung der Ergebnisse entwickeln die Teil-nehmenden möglicherweise weitere Ideen. Im Rah-men einer Abfrage im Plenum sollten diese abgerufen und in der vorhandenen Zusammenstellung ergänzt werden.

Page 57: Länger gesund und selbstständig im Alter – aber wie? · Impressum Herausgeber Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-Organisationen e. V. (BAGSO) Bonngasse 10 – 53111 Bonn 02

57

2. Planung der Vorhaben

In moderierten Arbeitsgruppen sollten für diese aus- gewählten Ideen detaillierte Pläne mit Zuordnung der Verantwortlichkeiten für die Umsetzung und die erwarteten Ergebnisse erarbeitet werden. Die Übertra-gung der Verantwortung für die Umsetzung an einen oder mehrere Träger oder Akteure kann kritisch sein. Angst vor Arbeitsüberlastung oder die Verantwortung für das Ergebnis können Widerstände der Akteure hervorrufen. Dies sollte aber offen angesprochen wer-den, ggf. sollten unterstützende Hilfestellungen oder Alternativen aufgeführt werden, um Widerstände betroffener Akteure zu vermeiden. Die notwendigen Ressourcen und wünschenswerte personelle Unter-stützung sollten festgehalten werden, ebenso mög- liche Stolpersteine bzw. Meilensteine, d. h. wünschens- werte Zwischenergebnisse.

Alle Vorschläge der Arbeitsgruppen sollten im Plen-um vorgestellt und von allen Teilnehmenden begut-achtet werden. Nach Abschluss dieser Arbeitsphase empfiehlt es sich zu prüfen, wo Überschneidungen hinsichtlich der Verantwortlichkeiten, der Zielgrup-pen und der Maßnahmen festzustellen sind, sodass ggf. Synergien genutzt und Doppelarbeit vermieden werden können.

Nach der kritischen Prüfung der Vorschläge sollte eine Prioritätenliste erstellt werden, um die zeitliche Reihenfolge zu vereinbaren, nicht um Ideen auszu-schließen.

Im letzten Schritt dieser Veranstaltung geht es darum zu vereinbaren, welche Akteure für die Umsetzung der einzelnen „Kleinprojekte“ Verantwortung über-nehmen und auf welche Weise die erforderlichen Ressourcen, Partner und Rahmenbedingungen zur Verfügung gestellt werden können, um die Maßnah-men erfolgreich durchzuführen.

Die vorgeschlagene Zeitschiene sollte ausdrücklich mit den verantwortlichen Trägern und Akteuren ab-gestimmt werden, um Arbeitsüberlastung zu vermei-den und realistische Perspektiven zugrunde zu legen.

Abschließend sollten alle Teilnehmenden ihre Bewer- tung zu dem erarbeiteten Maßnahmenkatalog und den anzustrebenden Ergebnissen darlegen. Es ist wichtig, dass allen deutlich wird, mit welchem Enga- gement an der Verbesserung der Präventionsange-bote für ältere Menschen gearbeitet wird und ob es eine Übereinstimmung in Bezug auf die miteinan-der erarbeitete Perspektive gibt. Eine „gemeinsame“ Motivation kann alle Akteure bestärken, sich für die Umsetzung der Gesundheitsförderung zu engagieren und sie zum Erfolg zu bringen.

Das BAGSO-Konzept zur Verbesserung

gesundheits- fördernder Angebote

Page 58: Länger gesund und selbstständig im Alter – aber wie? · Impressum Herausgeber Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-Organisationen e. V. (BAGSO) Bonngasse 10 – 53111 Bonn 02

58

Prozess zur Gesundheitsförderung in vier Pilotkommunen

TEILII

a) Methodische Hinweise, siehe erste Werkstatt- veranstaltung

Die Dokumentation aller erarbeiteten Inhalte, wenn möglich mit ergänzenden Fotos von Szenen aus der Veranstaltung und einem Gruppenfoto, sollte auch für diese Werkstattveranstaltung sichergestellt wer-den, ebenso die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit im Nachgang.

Alle Arbeitsgruppen sollten methodisch gut vorberei-tet werden, Anleitungen dazu siehe Arbeitsplanung und Arbeitsblätter auf der CD.

Auf eine detaillierte Erarbeitung der erforderlichen Maßnahmen und Aktivitäten für die Zielerreichung sollte großer Wert gelegt werden, damit die Umset-zung für alle Beteiligten klar definiert ist und sie eine Vorstellung von dem erforderlichen Arbeitsaufwand erhalten. Die Festlegung der wichtigen einzubinden-den Personen unterstützt die Akteure. Ggf. können schon während der Veranstaltung wertvolle Kontakte geknüpft und Vereinbarungen getroffen werden.

Ein zeitnaher Versand der Dokumentation ist von Bedeutung, damit alle Beteiligten wissen, was zu tun ist, und keine zu große Zeitverzögerung entsteht. Dies schafft Verbindlichkeit für alle.

Auch sollte allen Handelnden vermittelt werden, dass die Mitglieder der Steuerungsgruppe als An-sprechpartner bei Fragen und Problemen unterstüt-zend zur Verfügung stehen. Zwischenergebnisse aus

den Arbeitskreisen sollten der Steuerungsgruppe mit- geteilt werden. Inwieweit die Gruppen unabhängig oder „locker“ mit der Steuerungsgruppe zusammen-arbeiten, muss vor Ort entschieden werden. Je nach Zusammensetzung der Arbeitsgruppe, ob mit oder ohne entscheidungsmächtige Akteure, kann eine mehr oder weniger intensive Zusammenarbeit, z. B. bezüglich der Berichterstattung über Fortschritte, Verzögerungen oder Teilnahme an Besprechungen, vereinbart werden.

Auf welche Weise die Teilnehmenden nach der Um- setzung der erarbeiteten Verbesserungsvorschläge zukünftig zusammenarbeiten möchten, sollte in einer zu vereinbarenden Folgeveranstaltung erörtert werden. Unter Berücksichtigung der steigenden Zahl älterer Menschen und der damit verbundenen sich ändernden Anforderungen kann es sinnvoll sein, in bestimmten Zeitabständen gemeinsam eine erneute Stärken-Schwächen-Analyse vorzunehmen und für den ermittelten Handlungsbedarf Lösungen zu er- arbeiten und umzusetzen. Der Steuerungsgruppe kommt dabei eine führende Rolle zu. Sie sollte früh-zeitig entsprechende Entwicklungen erkennen und die Akteure dafür sensibilisieren. Die Zusammen- arbeit der Akteure kann auch mit dem Ziel eines Informations- und Erfahrungsaustausches und einer fachlichen Weiterbildung vereinbart werden.

CD Nr. 7.4.10; 7.4.17

Page 59: Länger gesund und selbstständig im Alter – aber wie? · Impressum Herausgeber Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-Organisationen e. V. (BAGSO) Bonngasse 10 – 53111 Bonn 02

59

Beispiele aus den Pilotkommunen

Stadt Bad Windsheim

In der zweiten Werkstattveranstaltung mit elf Vertre- tern von ASB, Kirchenkreisen, Stadtverwaltung, Senio- renrat, Pflegeeinrichtung, Klinik, Physiotherapiepraxis und Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten diskutierten und ergänzten die Teilnehmenden die vorhandenen Angebote und verständigten sich auf eine Rangfolge der gemeinsam entwickelten Ziele für Bad Windsheim:

1. Ausrichtung einer Ehrenamtbörse, um weitere ak-tive Freiwillige für die Seniorenarbeit zu gewinnen und über das Thema Gesundheit und Ehrenamt in Vorträgen aufzuklären

2. Aufbau eines Gesundheits-Netzwerkes mit den Aufgaben: Gesundheitsförderung, Informations- austausch sowie Transparenz schaffen, Ideen ent-wickeln, Projekte umsetzen und Informationen verbreiten

3. Angebote für pflegende Angehörige schaffen

4. Nachbarschaftshilfe organisieren

5. Kurse für Ältere zur Gesundheit in Schulen anbieten

6. Informationen über Essensangebote.

Für die ersten beiden Punkte wurde ein konkreter Maßnahmenkatalog ausgearbeitet.

Stadt Sondershausen

In der Stadt Sondershausen haben an der zweiten Werkstattveranstaltung 21 Akteure von 18 unterschied- lichen Trägern und Organisationen teilgenommen.

Auf der Basis der Analyse und der entwickelten Ideen wurden folgende drei Zielsetzungen vereinbart:

1. Informations- und Öffentlichkeitsarbeit: Alle Ange-bote zur Gesundheitsförderung mit Beschreibung der inhaltlichen Ausrichtung in einer Broschüre für ältere Menschen veröffentlichen

2. Aktionstag zur Gesundheitsförderung älterer Men- schen: Sensibilisieren der älteren Menschen für die Bedeutung einer gesunden Lebensweise und Vor-stellen der Angebote

3. Informations- und Erfahrungsaustausch der Akteure Zusammenarbeit verbessern, fachliche Fortbildung.

In der Stadt Sondershausen haben die Akteure für ihre zukünftige Zusammenarbeit vier Schwerpunkte vereinbart:

1. Bewusstseinsbildung für die Bedeutung der Gesundheitsförderung

2. gemeinsame Öffentlichkeitsarbeit für die vorhan-denen Angebote zur Gesundheitsförderung

3. Informations- und Erfahrungsaustausch

4. gemeinsame Fortbildung.

Das BAGSO-Konzept zur Verbesserung

gesundheits- fördernder Angebote

Page 60: Länger gesund und selbstständig im Alter – aber wie? · Impressum Herausgeber Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-Organisationen e. V. (BAGSO) Bonngasse 10 – 53111 Bonn 02

60

Prozess zur Gesundheitsförderung in vier Pilotkommunen

TEILII

Landkreis Peine

Die zweite Werkstattveranstaltung haben 40 Personen besucht. Einige Akteure nahmen zum ersten Mal teil. Die Ideen aus der ersten Werkstattveranstaltung wur- den von allen Akteuren als sinnvoll betrachtet, zusätz- liche Vorschläge wurden nicht eingebracht. In Arbeits- gruppen wurden die Anregungen hinsichtlich ihrer Vorzüge, Machbarkeit, erforderlicher Rahmenbedin-gungen und Auswirkungen durchleuchtet. Anschlie-ßend wurden die Ergebnisse im Plenum vorgestellt. Alle Teilnehmenden sollten gemeinsam die Ideen beraten und kategorisieren, z. B. für welche Zielgrup- pen sie sinnvoll sind, welche älteren Menschen nicht angesprochen werden, in welchem Bereich der Kom- mune die Angebote unzureichend sind, wo es Über-schneidungen gibt. Bei einer Vielzahl von Ideen, die nicht alle gleichzeitig umgesetzt werden können, sollten alle Teilnehmenden z. B. in einem Themenspei-cher über eine erste Auswahl bzw. eine Prioritätenliste abstimmen.

Alle von den Arbeitsgruppen erarbeiteten Vorhaben wurden im Themenspeicher aufgelistet. Dann wurden von allen Teilnehmenden die aus ihrer Sicht wichtigs-ten drei Aktivitäten mit einem Punkt markiert:

1. Durchführung einer allgemeinen Informations- und Motivationsoffensive zur Gesundheitsförderung für ältere Menschen (z. B. Vortragsreise durch alle Gemeinden mit Vorstellung sämtlicher, ggf. auch neuer Träger und Angebote vor Ort).

2. Vernetzung der Träger der Seniorenarbeit und Anbieter gesundheitsfördernder Maßnahmen in den Gemeinden, der Stadt Peine und überörtlich.

3. Zur nachhaltigen Förderung gesunder Lebens- weise älterer Menschen sollten folgende Ziel- gruppen besonders angesprochen werden:

nn allein lebende ältere Menschen ohne Zugang zu Seniorengruppen

nn mobile Senioren gewinnen für Teilnahme in Senio- rengruppen mit gesundheitsförderndem Pro-gramm

nn ältere Menschen mit Migrationshintergrund.

4. Im nächsten halben Jahr Informationen und Anre-gungen zur Gesundheitsförderung in sozialen und kulturellen Angeboten für Senioren durch Koope-

Page 61: Länger gesund und selbstständig im Alter – aber wie? · Impressum Herausgeber Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-Organisationen e. V. (BAGSO) Bonngasse 10 – 53111 Bonn 02

61

ration mit Übungsleitern und Fachkräften aus dem Bereich der Ernährung intensiv aufzugreifen.

5. Der Ausbau der Dienstleistungen sollte vorangebracht werden:

nn Lieferservice ausbauen

nn Besuchs- und Begleitservice erweitern mit Qualifizierung der ehrenamtlichen Kräfte

nn soziale Angebote verbessern, z. B. durch den flächendeckenden Ausbau von Nachbarschafts- hilfe (Qualifizierungsangebote für Ehrenamtliche zu unterschiedlichen Themen).

6. Welche zusätzlichen Ideen, Anregungen sollen umgesetzt werden?

nn Arbeitskreis Nachbarschaftshilfen

nn Seniorenwegweiser

nn Schulungen Seniorenkreisleiterinnen und -leiter

nn Runder Tisch der Multiplikatoren (örtlich).

nn zielgruppengerechte Bewegungsangebote schaffen mit einem niedrigschwelligen Ansatz, z. B. Spazier-paten.

Thema Anzahl Punkte Rang

Informations- und Motivationsoffensive 27 1.

Vernetzung der Akteure in der Seniorenarbeit 25 2.

Ansprache spezieller Zielgruppen 19 3.

Gesundheitsförderung in der Seniorenarbeit 16 4.

Ausbau von Dienstleistungen 7 5.

Das BAGSO-Konzept zur Verbesserung

gesundheits- fördernder Angebote

Page 62: Länger gesund und selbstständig im Alter – aber wie? · Impressum Herausgeber Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-Organisationen e. V. (BAGSO) Bonngasse 10 – 53111 Bonn 02

62

Prozess zur Gesundheitsförderung in vier Pilotkommunen

TEILII

Verbandsgemeinde Diez

In Diez nahmen 29 Akteure (Verwaltung, Politik, Sportvereine, Pflegestützpunkt, Kirchengemeinden, Hausfrauenbund, Bildungseinrichtungen, Apotheke und Pflegeeinrichtung) an der zweiten Werkstatt-veranstaltung teil. Sie verständigten sich auf sieben Hauptziele in der angegebenen Rangfolge:

1. Mobilität für ältere Menschen zu ermöglichen

2. bestehende Angebote für weitere Zielgruppen bekannt zu machen

3. die Zusammenarbeit der Akteure fortzusetzen, d. h. Aufbau eines Netzwerkes

4. über eine gesunde Lebensweise zu informieren und aufzuklären

5. die Zielgruppen in einer zielgruppengerechten Sprache anzusprechen und zu motivieren

6. Betreuung der ehrenamtlich Tätigen zu verbessern

7. niederschwellige Angebote für verschiedene Interessen- und Zielgruppen aufzubauen.

Zu den ersten drei Zielen wurden konkrete Maßnah-men erarbeitet:

1. Da parallel in der Verbandsgemeinde Diez im Rah-men eines Regionalentwicklungskonzeptes bereits Möglichkeiten zur Verbesserung der Mobilität dis- kutiert wurden, kam man zu der Erkenntnis, das Ziel im Rahmen dieses Prozesses nicht weiter zu verfolgen.

2. Ein weiteres Ziel war, die bestehenden Angebote jenen Zielgruppen näherzubringen, die bisher nicht teilgenommen haben und schwierig anzusprechen sind. Dies sollte durch einen gut lesbaren, senioren-gerechten Flyer geschehen, der über alle erlebnis- orientierten, gesundheitsdienlichen Angebote im unmittelbaren Lebensumfeld der älteren Menschen informiert.

Auf dem Flyer ist jeweils ein fester Ansprechpartner genannt, der die Angebote kennt und Auskunft geben kann. Dieser „Pate für die Belange der Älteren“ verteilt die Flyer persönlich in die jeweiligen Haushalte und erhält dadurch Zugang auch zu jenen älteren Men-schen, die nicht in das Sozialleben der Gemeinden eingebunden sind.

3. Die Idee eines Zusammenschlusses der Akteure in einem Netzwerk dient der Verstetigung des Prozes-ses und der begonnenen Maßnahmen. Die Teil- nehmenden formulieren ihre Erwartungen hierzu:

nn Nutzung von Kontakten für die Zielsetzungen der Akteure

nn ständiger Informations- und Erfahrungsaustausch

nn Bestandsaufnahme der Aktivitäten und Kennenler-nen der Akteure mit dem Wunsch nach Kontinuität

nn Information über aktuelle Projekte untereinander und Weiterentwicklung bestehender Angebote sowie Initiierung neuer Projekte.

Page 63: Länger gesund und selbstständig im Alter – aber wie? · Impressum Herausgeber Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-Organisationen e. V. (BAGSO) Bonngasse 10 – 53111 Bonn 02

63

Schritt Evaluierung der Ergebnisse sowie Planung der VerstetigungAuswertung der durchgeführten Maßnahmen

Die in der zweiten Werkstattveranstaltung vereinbar-ten Ziele und Maßnahmen wurden zwischenzeitlich entsprechend den erarbeiteten Ablaufplänen von den vereinbarten Arbeitsgruppen umgesetzt. Von der Steuerungsgruppe sollten von Zeit zu Zeit gemäß der Zeitplanung Informationen über den Stand der Aktivitäten und der Fortschritte der Arbeitsgruppen eingeholt werden. Ggf. sollte weitere Unterstützung eingebracht oder eine Korrektur des Ablaufplanes vorgenommen werden.

Nach Abschluss des vereinbarten Vorhabens bzw. ver- schiedener Einzelmaßnahmen sollten alle Akteure die durchgeführten Aktivitäten kritisch betrachten und Folgerungen für zukünftige Vorhaben ableiten. Je nach Zielsetzung und Aktivitäten sind dazu ver-schiedene Kriterien zu berücksichtigen, beispielsweise fachliche und methodische Aspekte, mögliche Ziel-gruppen, Zusammenarbeit der Akteure etc.

Für die Auswertung sind folgende Fragen von zentralem Interesse:

nn Wurden die Zielsetzungen erreicht?

nn Welche Verfahren, Methoden, Wege haben sich bewährt?

nn Welche Erfahrungen wurden gemacht?

nn Welche Ergebnisse konnten durch die Aktivitäten erreicht werden?

nn Welche Zielgruppe der älteren Menschen wurde erreicht?

nn Welche Anregungen könnten den Prozess verbessern?

Die Akteure sollten die Maßnahmen entsprechend den jeweils zutreffenden Aspekten beleuchten. Dies kann durch verschiedene Methoden erfolgen, bei-spielsweise durch

nn moderierte Kleingruppen

nn Einzelabfragen

nn Fragebögen.

Die Ergebnisse sollten mit allen Akteuren im Plenum diskutiert werden. Ein Resümee mit den Kernbot-schaften der Auswertung sollte für weitere Prozesse zur Verbesserung der Gesundheitsförderung festge-halten werden.

MERKEInsbesondere sollten wichtige Hinweise für die weitere Gestaltung der Gesundheitsförde-rung älterer Menschen den Akteuren bewusst gemacht werden.

Das BAGSO-Konzept zur Verbesserung

gesundheits- fördernder Angebote

Page 64: Länger gesund und selbstständig im Alter – aber wie? · Impressum Herausgeber Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-Organisationen e. V. (BAGSO) Bonngasse 10 – 53111 Bonn 02

64

Prozess zur Gesundheitsförderung in vier Pilotkommunen

TEILII

Bewertung des gesamten Prozesses

Neben der Bewertung der Einzelmaßnahmen sollten die Akteure, hier vor allem die Mitglieder der Steue-rungsgruppe, den gesamten Prozess kritisch betrach-ten und erörtern.

Auch wenn die einzelnen Stufen des Prozesses jeweils durch die teilnehmenden Akteure evaluiert wurden, sollte eine Rückschau auf die Ereignisse und vor allem auf die Wirkungen erfolgen.

Erkenntnisse aus dem Prozess zu den Fragen

nn Was war die Zielsetzung?

nn Wurden die Ziele erreicht?

nn Was hat zur Zielerreichung maßgeblich beigetragen?

nn Welche anderen Erkenntnisse konnten gewonnen werden?

nn Welche Hemmschwellen und Stolpersteine zur Erreichung der Zielsetzungen traten auf?

nn Wie sind die Chancen für weitere Verbesserungen?

nn Welche Änderungen in der Zusammenarbeit sind gewünscht?

können dabei angesprochen werden.

In regelmäßigen Zeiträumen sollten die Angebote zur Gesundheitsförderung an die sich ändernden Erfordernisse der Zielgruppen unter Federführung der Steuerungsgruppe partizipativ mit den Akteuren weiterentwickelt und angepasst werden.

Es obliegt den Mitgliedern der Steuerungsgruppe die Akteure immer wieder erneut sensible und zielgerich- tet für innovative Ansätze und Massnahmen zu moti-vieren.

Page 65: Länger gesund und selbstständig im Alter – aber wie? · Impressum Herausgeber Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-Organisationen e. V. (BAGSO) Bonngasse 10 – 53111 Bonn 02

65

Erfahrungen in den Pilotkommunen

In allen vier Pilotkommunen wurden sehr unterschiedliche Ziele beschlossen und verfolgt.

Die Auswertung der verschiedenen Maßnahmen ergab, wie unten dargestellt, vielfältige Ergebnisse. Grundsätzlich lässt sich berichten, dass die Akteure die einzelnen Aktivitäten sehr engagiert umgesetzt und viele Erkenntnisse gewonnen haben.

Die Akteure in allen vier Kommunen haben sich für eine weitere Zusammenarbeit ausgesprochen. Sie empfanden insbesondere den Informations- und Erfahrungsaustausch als sehr lehrreich und berei-chernd. Auch die gemeinsame Weiterbildung zu ver- schiedenen Themen der Prävention im Alter wurde als sinnvoll erachtet. Vor diesem Hintergrund konn-ten von den Akteuren in allen Pilotkommunen Ver- einbarungen für die Gestaltung der zukünftigen Zusammenarbeit getroffen werden.

Vereinbart wurden z. B.:

nn die Bezeichnung für die Zusammenarbeit, wie „Netzwerk Senioren aktiv gesund“ oder „Fit ins Alter in Sondershausen“

nn die Zielsetzung „Verbesserung der Angebote zur Gesundheitsförderung älterer Menschen“

nn die Beteiligung – Welche Akteure sind willkommen?

nn der Zweck:

– Informations- und Erfahrungsaustausch

– Verbesserung der Angebote durch Kooperation mit anderen Akteuren

– Durchführung gemeinsamer Aktionstage

– Weiterbildung der Akteure

– Nutzung von Finanzierungsmöglich- keiten gemeinsamer Aktionen

nn die Federführung: Wer übernimmt die Leitung der Zusammenarbeit?

nn die Zeiträume für Zusammenkünfte.

Aufgrund der sehr unterschiedlichen Zielsetzungen und Vorhaben in den vier Pilotkommunen waren auch die Erfahrungen bei der Umsetzung der Maß-nahmen sehr heterogen.

Als wichtige prozessfördernde Faktoren haben sich herausgestellt:

nn ein hohes Maß an Engagement vieler Akteure

nn kompetente, engagierte verantwortliche Fachkräfte in den Kommunalverwaltungen

nn eine konstruktive Zusammenarbeit der Verwaltung mit den Akteuren

nn eine gute Ausstattung der Räumlichkeiten für Zusammenkünfte

nn eine gute Zusammenarbeit mit der Tagespresse

Das BAGSO-Konzept zur Verbesserung

gesundheits- fördernder Angebote

Page 66: Länger gesund und selbstständig im Alter – aber wie? · Impressum Herausgeber Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-Organisationen e. V. (BAGSO) Bonngasse 10 – 53111 Bonn 02

66

Prozess zur Gesundheitsförderung in vier Pilotkommunen

TEILII

nn wiederkehrende Hinweise an die Akteure für die Zielsetzung der Gesundheitsförderung im Alltag älterer Menschen

nn Impulse für innovative Ansätze und Hinweise auf andere erfolgreiche Beispiele

nn Einbindung des Bürgermeisters oder Orts- vorstehers bei neuen Initiativen.

Als mögliche Stolpersteine erwiesen sich:

nn Kommunalwahlen führten zu Verzögerungen

nn Veränderungen von Zuständigkeiten in der Verwaltung

nn dominantes Verhalten von Akteuren (Nichtbetei- ligung der Teilnehmenden an der Willens- und Entscheidungsfindung in Arbeitsgruppen)

nn mangelnde Zeit durch vordringliche kommunal- politische Aufgaben, z. B. Versorgung und Betreu-ung von Flüchtlingen

nn unzureichende Kompetenz von Verantwortlichen im Prozess- oder Projektmanagement

nn mangelnde Berücksichtigung der Rahmenbedingun- gen vor Ort, z. B. Vereins- und Angebotsstrukturen

nn ortsübergreifende Maßnahmen durch Konkurrenz-projekte

nn unzureichende Verkehrsinfrastruktur.

In dem relativ kurzen verfügbaren Zeitraum für die Durchführung des Prozesses zur Verbesserung gesund- heitsfördernder Angebote in den vier Pilotkommunen wurden von den Akteuren verschiedene Vorhaben ge- meinsam realisiert. Darüber hinaus haben sie ihre be- stehenden Angebote verändert, z. B. wurden Aktivitä- ten zur Bewegungsförderung oder Ernährungsbildung integriert. Einige haben zusätzliche Angebote zur regel- mäßigen Bewegungsförderung etabliert. Die Erhebung bei allen Akteuren konnte bis zur Fertigstellung dieser Handreichung noch nicht abgeschlossen werden. Gleichermaßen liegen auch noch keine Ergebnisse aus den Befragungen der älteren Menschen vor, die an den veränderten oder neuen Angeboten teilnehmen.

Im Folgenden wird der derzeitige Stand der Auswir-kungen, der erzielten Ergebnisse bzw. Fortschritte im Rahmen des Prozesses in den vier Pilotkommunen näher erläutert.

Page 67: Länger gesund und selbstständig im Alter – aber wie? · Impressum Herausgeber Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-Organisationen e. V. (BAGSO) Bonngasse 10 – 53111 Bonn 02

67

1. Erfahrungen aus dem Prozess in der

Stadt Bad Windsheim

In Bad Windsheim war es zunächst kritisch, die Steu- erungsgruppe als Motor für den Prozess zu etablieren, die verschiedenen Akteure zu vernetzen, gemeinsam mit ihnen Schwerpunkte festzulegen und neue Impul- se zu setzen und vor allem Aktivitäten zu koordinieren. Im Frühjahr 2014 mit Erweiterung der Steuerungs-gruppe, die sich „Netzwerk Senioren aktiv gesund“ nennt, wurde dieser Motor geschaffen. Mitglieder der Gruppe sind der Arbeiter-Samariter-Bund (ASB), die Akutgeriatrie der Kliniken des Landkreises, die Berufs- fachschule für Krankenpflege der Kliniken des Land-kreises, der Seniorenrat der Stadt Bad Windsheim, die Stadtverwaltung Bad Windsheim, der Turnverein 1860 Bad Windsheim, der Vitalis Wohnpark Bad Windsheim. Die Hauptziele des Netzwerkes sind:

nn Verbesserung der Gesundheitsförderung älterer Menschen in Bad Windsheim

nn Förderung der Kooperation der Akteure in der Seniorenarbeit

nn Information über seniorengerechte Angebote zur Bewegung und Ernährung sowie deren Durchführung.

Durch eine verbesserte Öffentlichkeitsarbeit gelingt es zunehmend, die vorhandenen bzw. neu geschaffenen Angebote bekannt zu machen. Hier liegt ein Arbeits-schwerpunkt der Steuerungsgruppe.

Folgende Maßnahmen wurden in Bad Windsheim bislang erfolgreich durchgeführt bzw. befinden sich in der Umsetzung:

nn Die erste Bad Windsheimer Ehrenamtbörse fand im Mai 2014 erfolgreich statt. Organisiert wurde sie von einer Mitarbeiterin des ASB, Regionalverband Bad Windsheim, und einer Gerontologin der Klinik des Landkreises Neustadt an der Aisch – Bad Winds- heim. Elf Vereine und Organisationen präsentier-ten erstmalig ihre Angebote für Seniorinnen und Senioren und informierten Personen mit Interesse an einem Ehrenamt, wo und wie sie sich in der Seniorenarbeit einbringen können. Begleitend fan- den Vorträge von Vertretern des Landessozialminis- teriums, des Landkreises und der BAGSO rund um das Thema „Gesund älter werden“ statt und die Mit- arbeiterinnen einer Physiotherapiepraxis demons-monstrierten Bewegungsübungen zur Sturzprä- vention. Auch wenn man sich mehr Interessenten für freiwillige Tätigkeiten gewünscht hat, wurden das gegenseitige Kennenlernen und die koopera- tive Zusammenarbeit der Beteiligten als sehr posi- tiv wahrgenommen. Die Wiederholung der Ehren-amtbörse ist im Rahmen einer in Bad Windsheim stattfindenden größeren Veranstaltung geplant.

Das BAGSO-Konzept zur Verbesserung

gesundheits- fördernder Angebote

Page 68: Länger gesund und selbstständig im Alter – aber wie? · Impressum Herausgeber Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-Organisationen e. V. (BAGSO) Bonngasse 10 – 53111 Bonn 02

68

Prozess zur Gesundheitsförderung in vier Pilotkommunen

TEILII

nn Die Windsheimer Tageszeitung veröffentlicht in einer neu geschaffenen Rubrik „Senioren aktiv ge-sund“ einmal wöchentlich die Veranstaltungen für alle älteren Bürgerinnen und Bürger in Bad Winds-heim und den Nachbarorten. Grundlage ist das Halbjahresprogramm des Seniorenrates. Beim Text wird besonders auf eine gute Lesbarkeit geachtet.

nn Das Programmheft des Seniorenrates wird um die Angebote des Sportvereins TV 1860 Bad Windsheim ergänzt und zusätzlich bei Arztpraxen und anderen Anlaufstellen für ältere Menschen verteilt. Es wird ebenso erstmalig auf der Homepage der Stadt- verwaltung veröffentlicht.

nn In der Akutgeriatrie-Klinik Bad Windsheim erhalten Patientinnen und Patienten Gruppenangebote zur kognitiven Aktivierung, zu Bewegung und gesunder Ernährung. Bei der Entlassung von Patienten aus der akutgeriatrischen Abteilung der Klinik wird künftig besonders auf das Programm des Senioren-rates hingewiesen und eine Teilnahme ärztlicherseits empfohlen.

nn Neu aufgenommen in das Winterprogramm der Seniorenakademie 2014 werden kostenfreie Vorträge von Fachreferenten zu den Themen gesunde Ernäh- rung und Bewegung im Alter. Einige Seniorenein-richtungen in Bad Windsheim öffnen kostenlos ihre Bewegungsangebote für interessierte Seniorinnen und Senioren von außerhalb. Diese Maßnahmen werden von geschulten Fachkräften durchgeführt und begleitet.

nn Die Städte, Märkte und Gemeinden im oberen Aisch- grund (Bad Windsheim, Burgbernheim, Ergersheim, Gallmersgarten, Illesheim, Ipsheim, Marktbergel, Obernzenn) erstellen gemeinsam einen Senioren-wegweiser mit speziellen Angeboten zur Gesund-heitsförderung, der Anfang 2015 erscheinen wird.

nn Anlässlich des Bad Windsheimer-Seniorentages im Herbst 2014 befragen Schülerinnen und Schüler der Krankenpflegeschule Seniorinnen und Senio- ren u. a. zu gewünschten Angeboten für ältere Men- schen in der Stadt. Die Verantwortlichen des Netz- werkes möchten wissen, ob die bestehenden Ange- bote bekannt sind, welche im Bereich Sport, in geis- tig-kulturellen und sozialen Aktivitäten oder in Seniorenkreisen genutzt werden und welche Hemmnisse bestehen, mitzumachen. Um die Wei- chen für die Zukunft zu stellen, werden die Wün-sche zu Angeboten in den Bereichen Gesundheit und Prävention, Geselligkeit, geistige Fitness, Kul-tur und Freizeit erfragt.

nn Das „Netzwerk Senioren aktiv gesund“ berät die Stadt Bad Windsheim zum Thema barrierefreie Stadt. Die Stadt beteiligt sich als eine von 16 Mo-dellkommunen an dem Projekt „Bayern barriere- frei 2023“ des Freistaat’s Bayern.

Mit den in Bad Windsheim entwickelten Strukturen sind beste Voraussetzungen für die dauerhafte Fort-führung des Prozesses geschaffen. Es ist der feste Wille aller Beteiligten, an den oben dargestellten Zielen weiterzuarbeiten. Bezüglich des „Netzwerkes Senioren

Page 69: Länger gesund und selbstständig im Alter – aber wie? · Impressum Herausgeber Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-Organisationen e. V. (BAGSO) Bonngasse 10 – 53111 Bonn 02

69

aktiv gesund“ ist hervorzuheben, dass hier eine Zusammenarbeit verschiedener Einrichtungen und Institutionen geschaffen wurde, mit deren Hilfe Infor- mationen auf kurzem Weg ausgetauscht und Projekte initiiert werden können. Durch das Zusammenwirken der Mitglieder aus den unterschiedlichsten sozialen und gesellschaftlichen Einrichtungen ist ein effektives Arbeiten möglich.

2. Auswertung der Vorhaben und des Sachstandes in der

Stadt Sondershausen

Die Akteure haben detaillierte Ablaufpläne für die Umsetzung der Ziele festgelegt.

Eine Arbeitsgruppe übernahm die Vorbereitung und Durchführung eines Aktionstages.

Sie traf sich mehrfach, um die Details abzusprechen, z. B.

nn Finanzierung sichern

nn Veranstaltungsort wählen und buchen

nn Anmeldebogen für Akteure entwickeln und verteilen

nn Catering planen und buchen

nn Veranstaltungsprogramm festlegen

nn Öffentlichkeitsarbeit vorbereiten

nn Ehrengäste einladen

nn Standverteilung der teilnehmenden Akteure planen.

Die Federführung übernahm die Stadt Sonders- hausen. Alle Träger und Organisationen in der Arbeit mit älteren Menschen erhielten einen Anmeldebogen, in dem auch die inhaltliche Ausrichtung des Angebo-tes erfasst wurde, ebenso die Darbietung der Angebote bzw. Mit-Mach-Aktionen, die auf der Bühne vorge-tragen werden sollten. Das Interesse der Akteure, den Aktionstag mitzugestalten, war sehr groß.

Abbildung 10: Flyer zum Aktionstag in Sondershausen

Das BAGSO-Konzept zur Verbesserung

gesundheits- fördernder Angebote

Page 70: Länger gesund und selbstständig im Alter – aber wie? · Impressum Herausgeber Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-Organisationen e. V. (BAGSO) Bonngasse 10 – 53111 Bonn 02

70

Prozess zur Gesundheitsförderung in vier Pilotkommunen

TEILII

Im Rahmen eines Treffens wurden mit allen Akteuren Organisation und Ablauf des Aktionstages bespro-chen und individuelle Wünsche erfasst. Insbesondere wurde vereinbart, dass alle beteiligten Akteure mög-lichst viele ältere Menschen einladen und motivieren sollten, an dem Aktionstag teilzunehmen.

Der Aktionstag fand am 23.4.2014 in der Dreifelder-halle in Sondershausen mit 24 verschiedenen Trägern der Seniorenarbeit statt. Alle Akteure waren mit der Zahl der Besucher und dem Ablauf sehr zufrieden. Eine detaillierte Evaluierung fand mit 16 Akteuren im August 2014 statt.

Die Teilnehmenden bewerteten in der Einzelabfrage mit Karten die Organisation, den Programmablauf und die Präsentation der Angebote sehr positiv.

Besondere Anmerkungen

nn positive Resonanz, Wertschätzung und Zusammenhalt der Akteure

nn Synergieeffekte nach dem Aktionstag, verschiedene Akteure arbeiten bei ihren Angeboten zur Gesund-heitsförderung zusammen, z. B. die Tagespflege für Demenzkranke engagiert die Leiterin und einige Mitglieder der Gymnastikgruppe

nn Außenstehende haben sich lobend geäußert und über Möglichkeiten zum Mitmachen informiert

nn sehr gute Zusammenarbeit der Vereine

nn neue Kontakte zu betroffenen Familien und neue Mitglieder in der Gruppe.

Die Öffentlichkeitsarbeit, besonders die Darstellung des Aktionstages in der Presse, wurde als besonders gut bezeichnet.

Als Anregungen wurden folgende Hinweise mehrfach genannt:

nn künftig regelmäßige Treffen der Akteure zur Planung weiterer Aktionen

nn Vorträge und Ansprachen im Wechsel mit Vorführungen und Aktionen

nn mehr altersgerechte Sitzmöbel im öffentlichen Raum

nn für Vorträge mit Präsentationen einen speziellen Bereich vorsehen

nn Aktionstag in Zukunft weiterführen (jährlich oder alle zwei Jahre).

Rückblick auf den Prozess und weitere Vorgehensweise

Die Akteure sahen den Verlauf des Prozesses zur Ver-besserung der Gesundheitsförderung als sehr wertvoll an. Vor allem das Kennenlernen der anderen Angebote, die gemeinsame Schulung sowie die Zusammenarbeit beim Aktionstag und nicht zuletzt die neugegründeten Kooperationen wurden als bedeutsam für die Gestal-tung der eigenen Seniorenangebote angesehen.

Für die weitere gemeinsame Arbeit wurde beschlossen:

nn Die Erarbeitung und Veröffentlichung einer Bro-schüre mit allen Angeboten für ältere Menschen

Page 71: Länger gesund und selbstständig im Alter – aber wie? · Impressum Herausgeber Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-Organisationen e. V. (BAGSO) Bonngasse 10 – 53111 Bonn 02

71

sollte nicht weiterverfolgt werden, da zwischenzeit-lich eine Broschüre „Älter werden im Kyffhäuser-kreis“ vom Landkreis publiziert wurde und für alle verfügbar ist.

nn Um ältere Menschen in Sondershausen immer wie-der zu informieren und zu motivieren, beschlossen die Akteure, dass nach und nach jeder Träger sein Angebot zur Gesundheitsförderung im „Heimat- echo“ beschreibt und auf seine speziellen Angebote aufmerksam macht.

nn Bei der Neueröffnung des Mehrgenerationenhauses „Düne“ in der Cruciskirche wird das Thema Gesund- heitsförderung älterer Menschen aufgegriffen.

nn Der Seniorenbeirat strebt an, in den verschiedenen Ortsteilen der Stadt Sondershausen Initiativen für regelmäßige Spaziergänge für ältere Menschen zu starten.

nn Basierend auf den Überlegungen in der zweiten Werkstattveranstaltung sollte die Zusammenarbeit unter dem Motto „Fit ins Alter in Sondershausen“ fortgeführt werden. Dazu wurden Vereinbarun-gen zum Zweck der Zusammenarbeit getroffen in Bezug auf

– Informations- und Erfahrungsaustausch

– Durchführung von Aktionstagen und zur

– Information und Motivation älterer Menschen.

nn Kooperationen zur Verbesserung der Gesundheits-förderung sollen eingegangen werden.

nn Die Weiterbildung der Akteure zur Gesundheits- förderung und zur Arbeitsweise wird beschlossen.

Die Zusammenarbeit wird federführend vom Mehr-generationenhaus in Absprache mit dem zuständigen Fachbereich der Stadt Sondershausen koordiniert. Die Arbeitsbesprechungen, ggf. einschließlich Weiter-bildung, sollen zweimal pro Jahr stattfinden.

3. Auswertung der Vorhaben im

Landkreis Peine

Unter Federführung des Landkreises Peine wurde eine Steuerungsgruppe etabliert, die sich etwa viertel-jährlich trifft, um die in der Werkstattveranstaltung erarbeiteten Ziele und Aktivitäten voranzubringen.

Im November 2013 fand die zweite Werkstattveran-staltung statt. Aus den entwickelten Ideen sollen vier Vorhaben vorrangig umgesetzt werden:

nn In den Gemeinden Lahstedt und Wendeburg soll eine Nachbarschaftshilfe zur Förderung der sozialen Teilhabe und gesunder Lebensstile ins Leben geru-fen werden.

nn In den Gemeinden Vechelde und Ilsede soll in Kooperation mit dem Kreissportbund das Sport-angebot für Senioren erweitert bzw. bekannter gemacht werden.

nn Weitere Fortbildungen für Akteurewerden organisiert.

nn Die Gestaltung der zukünftigen Zusammenarbeit wird abgesprochen.

Das BAGSO-Konzept zur Verbesserung

gesundheits- fördernder Angebote

Page 72: Länger gesund und selbstständig im Alter – aber wie? · Impressum Herausgeber Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-Organisationen e. V. (BAGSO) Bonngasse 10 – 53111 Bonn 02

72

Prozess zur Gesundheitsförderung in vier Pilotkommunen

TEILII

Verbesserung der Gesundheitsförderung in Vechelde und Ilsede

Mit Akteuren in den Gemeinden Vechelde und Ilsede wurde unter Federführung des Kreissportbund, mit den Teilnehmenden erarbeitet, welche Angebote für ältere Menschen in den beiden Kommunen vorhan-den sind und welche Wünsche die Teilnehmenden zur Verbesserung der Gesundheitsförderung noch haben. Eine Einbindung der Akteure zur Vereinbarung der weiteren Vorgehensweise wurde nicht verfolgt, sodass ein erneuter Ansatz zur Verbesserung der Angebote initiiert werden musste.

In Ilsede verständigten sich die Akteure nach der Erarbeitung vorhandener Angebote und wünschens-werter Verbesserungen auf verschiedene Ansätze zur Umsetzung. Ein zentrales Ziel ist die Ausrichtung eines generationenübergreifenden Sporttages im Jahre 2015, an dem auch ältere Menschen die Vielfalt der Bewegungsangebote kennenlernen und auspro-bieren können. Die anderen erarbeiteten Vorhaben konnten bisher nicht weiter verfolgt werden, da die verantwortlichen Akteure vorrangig andere Aufgaben übernehmen mussten.

Etablierung von Nachbarschaftshilfen in Lahstedt und Wendeburg

In Gemeinden mit sehr aktiven Nachbarschaftshilfen hat sich gezeigt, dass die verantwortlichen Akteure oftmals nach und nach Angebote für ältere Men-schen im Umfeld entwickeln, die neben der sozialen Betreuung und sozialen Teilhabe auch Bildungsver-anstaltungen, Mittagstische und Bewegungsangebote im Sinn der Gesundheitsförderung umfassen. Daher wurde die Zielsetzung zum Aufbau von Nachbar-schaftshilfen in den Gemeinden Lahstedt und Wende-burg beschlossen.

40 Akteure erörterten, auf welche Weise in Lahstedt – einer Gemeinde bestehend aus verschiedenen Orten – für die gesamte Gemeinde oder nur für den Ort Gaden- stedt eine Nachbarschaftshilfe etabliert werden kann. Vorrangige Zielsetzung sollen die Verbesserung der sozialen Teilhabe und Betreuung älterer Menschen sein. Derzeit arbeitet eine Gruppe von zehn Akteuren an der Etablierung der Nachbarschaftshilfe. Erste Hürden wurden genommen und weitere ehrenamt- liche Helfer mobilisiert.

An der Auftaktveranstaltung „Aufbau einer Nachbar-schaftshilfe“ in Wendeburg waren ca. 40 Akteure be-teiligt. Hier bestand die Besonderheit, dass es bereits für die ganze Kirchenregion (Propstei) – einschließlich der Kommune Wendeburg – eine Nachbarschaftshilfe gibt, die von der Propstei organisiert wird und den Namen der Propstei „Alltagshilfen Vechelde“ trägt.

Page 73: Länger gesund und selbstständig im Alter – aber wie? · Impressum Herausgeber Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-Organisationen e. V. (BAGSO) Bonngasse 10 – 53111 Bonn 02

73

Diese Nachbarschaftshilfe wurde von den Bürgerinnen und Bürgern in Wendeburg nicht wahrgenommen, obwohl sie in der Gemeinde Vechelde sehr erfolgreich agiert. Nach einigen Diskussionen wurde mit allen Akteuren Einigkeit darüber erzielt, dass das Modell „Alltagshilfen Vechelde“ auf die gesamte Kirchen-region übertragen werden soll. Weitere Schritte zur Umsetzung sind geplant.

Ergänzend zu den dargestellten Vorhaben haben zahl- reiche Träger und Akteure in der Arbeit mit älteren Menschen ihre eigenen Angebote stärker gesundheits-fördernd ausgerichtet bzw. weitere Angebote etabliert.

Folgende kontinuierliche Angebote sind 2014 entstanden:

nn Angebote für Senioren im Seniorentreff in Vechelde (Tanzen und Gedächtnistraining)

nn Fortbildungsmodule in Kooperation mit der Kreisvolkshochschule (für Alltagsbegleiter, genannt DUO-Helfer, Seniorenkreisleiter usw.) zu den The- men Bewegung und soziale Teilhabe

nn Bei der Caritas hat sich eine Gruppe von Senioren gebildet, die nun wöchentlich ein zusätzliches Bewegungsangebot wahrnimmt

nn Die Tanzschule in Peine hat ein Tanzangebot für Senioren aufgelegt.

nn Eine Generationenhilfe bietet regelmäßig einen „Rollatoren-Lauf“ an. Hier treffen sich Menschen mit und ohne Rollator, um gemeinsam spazieren

zu gehen. Sofern jemanden die Kräfte verlassen, steht ein Fahrzeug des ASB zur Verfügung, um den Betreffenden zur Begegnungsstätte zurückzubrin-gen. Einmal war das Sanitätshaus zu Besuch und hat alle Rollatoren auf ihre Funktionsfähigkeit überprüft und Tipps gegeben.

nn Zwei andere Generationenhilfen haben das Angebot „Bewegung mit und ohne Musik“ ins Leben geru-fen, sie bewegen sich gemeinsam je nach Wetter- lage: walken, spazieren gehen, Indoor-Bewegungs-angebot.

nn Eine feste Gruppe fährt regelmäßig zum Schwim-men.

nn Die vorhandenen Seniorenkreise im Landkreis haben – sofern sie es noch nicht hatten – versucht, Bewegung in ihre Arbeit zu integrieren, was auf unterschiedliches Interesse bei den Teilnehmern stößt. In anderen Gemeinden wurde zusätzlich zum Seniorenkreis ein Bewegungsangebot (Sturz-prophylaxe) durch das DRK angeboten und gut angenommen.

nn Eine Tanzschule bietet erfolgreich zusammen mit einem privaten Träger (ambulanter Dienst, Tages- pflege, vollstationäre Pflege) einen Tanztee für alle Senioren an, nicht nur für eigene Kunden.

nn Die Gemeinden und einige stationäre Einrichtungen schafften sich die „Koffer“ (IN FORM MitMachBox) an und nahmen an BAGSO-Schulungen teil.

Das BAGSO-Konzept zur Verbesserung

gesundheits- fördernder Angebote

Page 74: Länger gesund und selbstständig im Alter – aber wie? · Impressum Herausgeber Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-Organisationen e. V. (BAGSO) Bonngasse 10 – 53111 Bonn 02

74

Prozess zur Gesundheitsförderung in vier Pilotkommunen

TEILII

Bestehende und neu initiierte Schnupperangebote:

nn Fortführung eines Sporttages in Vechelde (2014) und Ilsede (2015) – einmal im Jahr als Kooperation zwischen dem Kreissportbund, der Altenhilfepla-nung und dem Seniorenbeirat

nn Schulung zur praktischen Handhabung der IN FORM MitMachBox, September 2014

nn Wandern mit anderen, Oktober 2014.

Geplante Aktionen für 2015:

nn Schulungen zu Bewegungsangeboten für Alltags- begleiter und Betreuungskräfte im Heim, bei Gefallen ist hier eine Wiederholung geplant.

nn Für Fachkräfte in stationären Einrichtungen wird auf deren Wunsch eine Fortbildung zur Bewegungs- förderung durchgeführt.

nn Die Kreisvolkshochschule plant einen Kochkurs „Gesund kochen für wenig Geld“.

nn Die Öffentlichkeitsarbeit für die „neuen“ Nachbar- schaftshilfen wird ausgeweitet und Aktionen zur Ge- winnung weiterer Ehrenamtlicher werden initiiert.

nn Der Landkreis hat im August beantragt, „Gesund-heitsregion LK Peine“ in Niedersachsen zu werden. Im Juli 2014 wurden vom Landkreis erste Vorgesprä-che hierzu geführt. Das BAGSO-Projekt wird als ein wichtiger Baustein und Initialpunkt für die Gesund-heitsregion betrachtet, sodass die Gesundheitsför-derung älterer Menschen ein Arbeitsschwerpunkt der „Gesundheitsregion LK Peine“ werden wird.

nn Ggf. werden BUS-Gruppen (Bewegung-und-Spaß- Gruppen) vor Ort eingerichtet, dann aber eher als Projekt der „Gesundheitsregion LK Peine“.

Es gab im Zeitraum Januar bis August 2014 insgesamt sieben Treffen der Steuerungsgruppe, um Feinabstim-mungen vorzunehmen.

Eingebunden sind drei Vertreter des Landkreises, des Kreisseniorenrates und Vertreter des Kreisportbundes. Die Steuerungsgruppe im Landkreis Peine hat den Prozess zur Förderung der Gesundheit älterer Men-schen engagiert vorangebracht, die einzelnen Vorhaben initiiert und – soweit möglich – unterstützt.

In den Gemeinden sind die Strukturen der Akteure und der Angebote sowie die Zusammenarbeit sehr ver- schieden, daraus ergeben sich sehr unterschiedliche Ideen und Vorgehensweisen zur Umsetzung. Im Land- kreis Peine konnten im Rahmen des Prozesses zur Erprobung des BAGSO-Konzeptes umfassende Vor- haben wie der Aufbau bzw. die Erweiterung der Nach- barschaftshilfe auf den Weg gebracht werden. In Zu- sammenarbeit mit dem Kreissportbund wurden kreis-weit sportliche Angebote für ältere Menschen zum Kennenlernen verschiedener Sportarten realisiert. Die Verbesserung der Angebote zur Bewegungsförde-rung in zwei Gemeinden war im ersten Anlauf nicht so erfolgreich wie erhofft. Eine Ursache wird darin gesehen, dass die methodische und inhaltliche Gestal-tung nicht im Sinn eines Beteiligungsprozesses bei der Willens- und Entscheidungsfindung verlaufen ist.

Page 75: Länger gesund und selbstständig im Alter – aber wie? · Impressum Herausgeber Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-Organisationen e. V. (BAGSO) Bonngasse 10 – 53111 Bonn 02

75

Bemerkenswert sind die vielfältigen Initiativen der einzelnen Träger und Akteure, die ihre Angebote zum Ziel der Gesundheitsförderung verändert oder ergänzt haben. Bei der großen Anzahl der Träger und Akteure im Landkreis liegt hier noch ein großes Potenzial. Dies kann durch die Steuerungsgruppe ggf. auch im Rahmen der „Gesundheitsregion Landkreis Peine“ weiter vorangebracht werden.

Durch das große Engagement der Leiterin der Senio-renberatung wurden viele Akteure in den Gemeinden angesprochen und motiviert, den Prozess mitzuge-stalten.

4. Auswertungen der Aktivitäten in der

Verbandsgemeinde Diez

Die Implementierung von Bewegungsgruppen für Hochaltrige und Menschen mit Demenz kann als eine besonders erfolgreiche Maßnahme in der Verbandsge-meinde Diez bewertet werden. Dieses Angebot wurde im Rahmen des Pilotprojektes „AUF – Aktiv Und Fit“ des Deutschen Turner-Bundes e. V. (DTB) erarbeitet. In Kooperation von Kommune und Sportverein wur-den im Rahmen der Werkstattveranstaltungen Kon-takte zu den Akteuren und Trägern der Seniorenarbeit in der Verbandsgemeinde Diez aufgebaut und so ent-stand ein größeres lokales Netzwerk für ältere Men-schen. In kürzester Zeit initiierte der überaus enga-gierte örtliche Projektkoordinator eines Sportvereins mit ortsansässigen Sportvereinen in fünf Gemeinden jeweils eine Bewegungsgruppe. Derzeit nehmen 125 ältere Menschen das Angebot wahr und führen wö-

chentlich eine Stunde lang Bewegungsübungen zur Stärkung der Muskulatur, der Standfestigkeit und des Gleichgewichts durch. Stürze können so reduziert, die Gedächtnisleistung, die Konzentration und Koordi-nation sowie Bewegungsabläufe verbessert werden. Im Rahmen des Pilotprojektes „AUF – Aktiv Und Fit“ nahmen Übungsleiterinnen an einer speziellen Wei-terbildung des DTB teil. Sie unterweisen die älteren Teilnehmenden, die mit großem Eifer dabei sind. Viele ältere Menschen wurden durch das Angebot erstmals an Bewegungstrainings herangeführt. Auch Rollator- und Rollstuhlnutzer partizipieren an der Maßnahme. Neben der Verbesserung der körperlichen Fitness ist für die Teilnehmenden der Aufbau neuer sozialer Kontakte zunächst als wichtigster Erfolg zu nennen. Alle Teilnehmenden kommen regelmäßig und nutzen die Zeit vor und nach der Übungsstunde für den per-sönlichen Austausch. Die Maßnahme ist aufgrund von Projektmitteln für ein halbes Jahr kostenfrei, danach wird ein geringer Kostenbeitrag erhoben. Zwischen-zeitlich ist die bezuschusste Anlaufphase in einigen Ortsgemeinden ausgelaufen. Die Teilnehmenden konnten als Vereinsmitglieder gewonnen werden, was die Nachhaltigkeit der Maßnahme dokumentiert.

Die von der Verwaltung anfänglich geleistete organi-satorische und koordinierende Starthilfe, z. B. bei der Initiierung eines kostenlosen Fahrservices, war nach kurzer Zeit nicht mehr notwendig, da das Mobilitäts-problem durch Fahrgemeinschaften überwiegend behoben werden konnte. Das Angebot konnte in den allgemeinen Vereinsablauf integriert werden und

Das BAGSO-Konzept zur Verbesserung

gesundheits- fördernder Angebote

Page 76: Länger gesund und selbstständig im Alter – aber wie? · Impressum Herausgeber Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-Organisationen e. V. (BAGSO) Bonngasse 10 – 53111 Bonn 02

76

Prozess zur Gesundheitsförderung in vier Pilotkommunen

TEILII

wird in Eigenregie von den beteiligten Sportvereinen fortgeführt. Am Ende des Pilotprojektes wird der DTB Mitte des Jahres 2015 eine Broschüre herausgegeben, die Hilfestellungen aufzeigt, wie Bewegungsangebote für Hochaltrige und an Demenz erkrankte Personen in Kommunen eingeführt und umgesetzt werden kön-nen. Weitere Informationen zum Projekt: http://www.dtb-online.de/portal/gymwelt/aeltere/aufleben.html

Umsetzung weiterer Initiativen und Vorhaben in der Verbandsgemeinde Diez

Als weiteres Angebot konnte eine Bewegungsgruppe für Demenzkranke mit ihren Angehörigen ins Leben gerufen werden. Kooperationspartner sind das AWO Seniorenzentrum, das die Räumlichkeiten stellt, der Pflegestützpunkt Diez, der das Angebot organisiert und bewirbt, sowie die ebenfalls im Rahmen des AUF-

Projektes vom DTB speziell ausgebildete Übungs- leiterin eines Sportvereins. Etwa zwölf Teilnehmende nutzen die Möglichkeit, etwas für den Erhalt ihrer körperlichen und geistigen Beweglichkeit zu tun.

Sie können

nn vom Alltag abschalten, Kraft tanken und die Muskeln stärken

nn vorhandene Ressourcen aktivieren

nn Verloren-Geglaubtes wiederentdecken

nn gemeinsam Freude haben und das Wohlbefinden steigern.

Das Angebot ist für ein halbes Jahr kostenfrei und nicht an eine Mitgliedschaft im Verein gebunden.

In den Sommermonaten wurde vom Demenz-Netz-werk Diez-Hahnstätten-Katzenellenbogen erstmalig in Kooperation mit zwei Kirchengemeinden, Pflege-einrichtungen, Privatpersonen und einer Fachklinik eine offene Veranstaltungsreihe „Natur und Garten als Schlüssel zur Seele des Menschen“ für Menschen mit Demenz und ihre Angehörigen angeboten. Ziel war es, durch unterschiedliche Aktivitäten Garten und Natur- erlebnisse mit allen Sinnen aufzunehmen, Wahrneh-mung anzuregen, zu aktivieren und zu fördern. So fanden beispielsweise statt:

nn eine Vortragsveranstaltung zur geistigen Fitness

nn ein Kräuterworkshop mit gemeinschaftlicher Gestaltung eines Mehrgenerationen-Kräuterhoch-

Page 77: Länger gesund und selbstständig im Alter – aber wie? · Impressum Herausgeber Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-Organisationen e. V. (BAGSO) Bonngasse 10 – 53111 Bonn 02

77

beetes von Kindern eines Waldkindergartens und Bewohnern eines Seniorenstiftes mit Zubereitung einer Mahlzeit aus frischen Kräutern

nn ein Picknick im Garten eines Seniorenzentrums

nn der Bau und die Bepflanzung von Hochbeeten mit Kräutern, Essblumen, Obstbäumchen und Gemüse-sorten

nn die Herstellung von Pesto in privaten Gärten

nn die Erkundung des Gartens der Psychiatrischen Fachklinik mit allen Sinnen

nn der Besuch eines neu angelegten Duftbeetes mit duftenden Kräutern, Essblumen, Obstbäumchen und Gemüsesorten.

Bei diesen Aktionen geht es nicht nur um das gärtne-rische Tun, sondern um Kochen, Einkochen, die Hau-sapotheke, Lieder, Geschichten und Erinnerungen. Vor allem die gemeinschaftlichen Erfahrungen von Jung und Alt sowie die soziale Integration von an De-menz erkrankten Menschen stehen im Vordergrund.

Die Veranstaltungen stießen mit jeweils 20 bis 30 Teil-nehmenden nicht nur bei Gartenliebhabern auf eine sehr große Resonanz. Das positive Echo und die gute Stimmung während der Veranstaltungen motivierten die Verantwortlichen, die Veranstaltungsreihe erneut aufzulegen und auf andere Orte der Verbandsgemein-de auszudehnen.

Ein Vortrags- und Mitmach-Angebot für über 60-jäh-rige Seniorinnen und Senioren, die ihre Gesundheit verbessern möchten, findet künftig wöchentlich in der Stadtbücherei Diez statt. Entsprechend der Jah-reszeit werden Themen der INFORM MitMachBox ausgewählt und besprochen. Nach einem fachlichen Vortrag tauschen die Teilnehmenden ihr Wissen und ihre Erfahrungen über gesunde Ernährung oder all-gemeine Gesundheits- und Pflegefragen aus. Bewe-gungsübungen und Gesänge sowie Kreativangebote werden integriert und fördern das Aktivsein und die sozialen Kontakte. Durchgeführt wird das kostenfreie, zunächst auf ein Jahr ausgelegte Programm federfüh-rend von einer Apothekerin, die sich sehr engagiert für die Gesundheitsförderung älterer Menschen in der Verbandsgemeinde Diez einsetzt.

Das BAGSO-Konzept zur Verbesserung

gesundheits- fördernder Angebote

Page 78: Länger gesund und selbstständig im Alter – aber wie? · Impressum Herausgeber Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-Organisationen e. V. (BAGSO) Bonngasse 10 – 53111 Bonn 02

78

4 | Evaluierung des Prozesses

Bedeutung der Evaluierung

Eine umfassende begleitende Auswertung des Prozess- es zur Verbesserung der Gesundheitsförderung ist von großer Bedeutung, um festzustellen:

nn Was waren die Ziele?

nn Was wurde erreicht?

nn Sind die Ergebnisse zufriedenstellend?

nn Wo gibt es Nachbesserungsbedarf?

Die Instrumente der Evaluierung, hier die Erhebungs- und Befragungsbögen, wurden im Rahmen der beglei- tenden Evaluierung des BAGSO-Projektes entwickelt.

Alle Veranstaltungen, Sitzungen der Arbeitsgruppen und Maßnahmen im Projekt sollten kritisch durch-leuchtet werden im Hinblick auf den inhaltlichen und methodischen Verlauf, die Einbindung der Teilnehmen- den und ihre Befindlichkeiten in den verschiedenen Phasen, die Rahmenbedingungen sowie vor allem be- züglich der tatsächlichen Ergebnisse. Die Leitung des Gesamtprozesses sollte mit den Mitgliedern der Steu-

erungs- und Arbeitsgruppen offen die Evaluierung der Vorgehensweisen und Ergebnisse ihrer Arbeit dis-kutieren. Hemmschwellen, Fortschritte und Verbesse- rungsbedarf können so festgehalten und Ideen zur Optimierung eingebracht werden. Diese Auswertungen ermöglichen es auch, frühzeitig zu erkennen, wenn einzelne Akteure oder Gruppen von Teilnehmenden die Ziele oder Vorhaben nicht mehr mittragen.

Die Auswertung der verschiedenen Stufen des Pro-zesses und der unterschiedlichen Ebenen sowie die Einschätzungen der Mitglieder der Steuerungsgruppe, der Teilnehmenden an den Werkstätten und Arbeits- gruppen und nicht zuletzt der Seniorinnen und Senio- ren, die von den Angeboten profitieren sollen, sind für eine Beurteilung der Vorgehensweise, der Fortschritte und der Ergebnisse wertvoll.

Evaluierungsbögen sind der CD zu entnehmen.CD Nr. 7.4.18 – 7.4.24

Evaluierung des Prozesses

Page 79: Länger gesund und selbstständig im Alter – aber wie? · Impressum Herausgeber Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-Organisationen e. V. (BAGSO) Bonngasse 10 – 53111 Bonn 02

79

Schlussbetrachtung

Was Cicero zur Bedeutung der Bewegung feststellte: „Nichtaufhören, Weitermachen, ständiges Üben in allem, das sei die Maxime“, trifft auch auf alle Bemü-hungen zu, die Angebote zur Gesundheitsförderung für ältere Menschen im kommunalen Bereich stetig zu verbessern.

Die Erfahrungen in den vier Pilotkommunen haben gezeigt, dass es im ersten Zyklus des Beteiligungspro- zesses mit Akteuren in der Arbeit mit Senioren gelingt, ihnen die Bedeutung der Gesundheitsförderung für die Erhaltung der Leistungsfähigkeit bewusst zu machen und sie zu motivieren, im eigenen Umfeld As-pekte der Gesundheitsförderung mit in ihre Angebote für ältere Menschen aufzunehmen.

Es gelingt ebenso, wie die Beispiele zeigen, erste ge- meinsam erarbeitete und beschlossene Vorhaben zur Verbesserung gesundheitsfördernder Angebote erfolg- reich umzusetzen und als stetiges zusätzliches Ange-bot für ältere Menschen zu etablieren.

Ein besonderer Erfolg sieht das BAGSO-Team in dem Tatbestand, dass in allen Kommunen die Akteure die Zusammenarbeit als wertvoll und bereichernd erach- ten und diese fortführen möchten. In allen Pilotkom- munen haben die Akteure Strukturen geschaffen, um auch weiterhin die Gesundheitsförderung älterer Menschen voranzubringen. Beim erstmaligen

Prozessdurchlauf des Konzeptes können erste Erfolge verbucht werden. Man sollte sich jedoch bewusst ma- chen, dass der Weg bis zur bestmöglichen Gesundheits- vorsorge auf kommunaler Ebene lang sein kann.

Die Zusammenarbeit der Akteure ist dabei unbedingt erforderlich, um angesichts der Herausforderungen im Hinblick auf

nn die bevorstehenden Veränderungen der Altersstrukturen sowie

nn die erwartete Zunahme der Menschen, die an einer Demenzerkrankung leiden oder pflegebedürftig sind

möglichst vielfältige Angebote zu schaffen. Ältere Men- schen sind frühzeitig an die für sie geeigneten Angebote heranzuführen und zu motivieren, diese wahrzunehmen.

Akteure brauchen auch fachliche Unterstützung, die oftmals vor Ort vorhanden ist, um neue Bedarfslagen zu erkennen, auf Veränderungen zu reagieren oder Synergieeffekte zu nutzen. Die Zusammenarbeit der unterschiedlichen Akteure kann dazu dienen, die Pro- jekte besser aufeinander abzustimmen, um für alle Ziel- gruppen ein ausreichendes Angebot zu ermöglichen.

Jede Kommune hat ihre spezifischen Strukturen, Herausforderungen, Potenziale und Chancen. NUTZEN Sie sie!

Das BAGSO-Team wünscht viel Erfolg!

5 | Schlussbetrachtung

Page 80: Länger gesund und selbstständig im Alter – aber wie? · Impressum Herausgeber Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-Organisationen e. V. (BAGSO) Bonngasse 10 – 53111 Bonn 02

80

Abbildungen

Abb. 1 Gesellschaftliche Entwicklungstendenz im demografischen Wandel

Abb. 2 Auswirkungen von Bewegungsmangel und ausreichender Bewegung

Abb. 3 Kontext des BAGSO-Konzeptes

Abb. 4 Prozessverlauf zur Optimierung und Vernet- zung von Dienstleistungsangeboten zur Förde- rung der Gesundheit und Leistungsfähigkeit älterer Menschen auf kommunaler Ebene in den Bereichen ausgewogener Genuss (Ernäh-rung), ausreichende Bewegung, soziale Teil- habe und sachgerechte Zahnpflege

Abb. 5 Positive Aspekte und Einflussfaktoren auf den Prozess zur Verbesserung der Gesundheits-förderung älterer Menschen auf kommunaler Ebene

Abb. 6 Aufgaben der Steuerungsgruppe

Abb. 7 Die INFORM MitMachBox

Abb. 8 Individuelle Motivationsaspekte

Abb. 9 Umweltbedingte Motivationsaspekte

Abb. 10 Flyer zum Aktionstag in Sondershausen

Tab. 1 Statistische Daten der Pilotkommunen

Abkürzungen

Abb. AbbildungASB Arbeiter Samariter Bundbzw. beziehungsweiseca. circad. h. das heißtebd. ebendaet al. et alii (und andere)etc. et ceterae. V. eingetragener Vereinggf. gegebenenfallsHrsg. HerausgeberNr. Nummero. Ä. oder Ähnlicheso. g. oben genanntPPP Power Point PräsentationS. Seites. sieheTab. Tabelleu. a. unter anderemu. g. unten genanntusw. und so weiteru.v.a.m. und vieles andere mehrvgl. vergleichez. B. zum Beispiel

6 | Verzeichnis der Abbildungen und Abkürzungen

Verzeichnis der Abbildungen und Abkürzungen

Page 81: Länger gesund und selbstständig im Alter – aber wie? · Impressum Herausgeber Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-Organisationen e. V. (BAGSO) Bonngasse 10 – 53111 Bonn 02

81

Inhalt der beigefügten CD

7.1 Daten und Fakten zu den Pilotkommunen

7.2 Literaturhinweise

7.3 Beispiele guter Praxis

7.4 Checklisten, Mustertexte, Ablaufpläne und Evaluationsbögen

7.4.1 Checkliste sinnvoller Dienstleistungsangebote

7.4.2 Checkliste: Teilnehmende Steuerungs- gruppe und Werkstattveranstaltung

7.4.3 Mustereinladung Steuerungsgruppe

7.4.4 Texte Öffentlichkeits- und Pressearbeit

7.4.5 Mustereinladung Werkstattveranstaltung I

7.4.6 Schritt eins Prozessinitiierung: Analyse der Daten und Fakten

7.4.7 Ablaufplan Schritt zwei: Bildung einer Steuerungsgruppe

7.4.8 Ablaufplan Schritte drei und vier: Öffent- lichkeitsarbeit und Werkstattveranstaltung I

7.4.9 Schritt fünf: Schulungsübersicht

7.4.10 Ablaufplan Schritt sechs: Werkstattveranstaltung II

7.4.11 Einführungspräsentation: Steuerungsgruppe

7.4.12 Präsentation I: Dienstleistungsangebote zur Gesundheitsförderung für Steuerungs-gruppe und Werkstattveranstaltung

7.4.13 Präsentation II: Gesundheitsförderliche Aspekte zur Erhaltung der Selbstständig-keit für Steuerungsgruppe und Werkstatt-veranstaltung

7.4.14 Bewegungsübungen

7.4.15 Hinweise für Verkostungen

7.4.16 Gruppenarbeit Werkstatt I Fragestellungen

7.4.17 Gruppenarbeit Werkstatt II Aufträge

7.4.18 Selbstevaluation Steuerungs- und Arbeitsgruppen

7.4.19 Evaluierung von Werkstatt und Arbeits-gruppen durch Steuerungsgruppe

7.4.20 Evaluierung Werkstattveranstaltung durch Teilnehmer

7.4.21 Steuerungsgruppe Zwischenevaluation

7.4.22 Evaluierung des Angebotes durch die Anbieter

7 | Inhalt der beigefügten CD

Page 82: Länger gesund und selbstständig im Alter – aber wie? · Impressum Herausgeber Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-Organisationen e. V. (BAGSO) Bonngasse 10 – 53111 Bonn 02

82

7.4.23 Evaluierung des Angebotes durch die Nutzer

7.4.24 Evaluierung des Gesamtprozesses

7.4.25 Materialliste für Steuerungsgruppe und Werkstattveranstaltung

7.4.26 Ausführlicher Beitrag Prof. Lehr

7.4.27 Ergebnisse der Online-Befragung

7.4.28 Mustereinladung Werkstattveranstaltung II

Inhalt der beigefügten CD

Page 83: Länger gesund und selbstständig im Alter – aber wie? · Impressum Herausgeber Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-Organisationen e. V. (BAGSO) Bonngasse 10 – 53111 Bonn 02
Page 84: Länger gesund und selbstständig im Alter – aber wie? · Impressum Herausgeber Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-Organisationen e. V. (BAGSO) Bonngasse 10 – 53111 Bonn 02

Über IN FORM: IN FORM ist Deutschlands Initiative für gesunde Ernährung und mehr Bewegung. Sie wurde 2008 vom Bundesminis-terium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) und vom Bundes-ministerium für Gesundheit (BMG) initiiert und ist seitdem bundes- weit mit Projektpartnern in allen Lebensbereichen aktiv. Ziel ist, das Ernährungs- und Bewegungsverhalten der Menschen dauerhaft zu verbessern. Weitere Informationen unter: www.in-form.de.