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Geowissenschaftliche Dipl.-Geogr. Frank Jacobs
Beratungen Glockengießer Straße 1
Nordharz 38640 Goslar
Lokalisierung einer Altablagerung auf dem Gelände des
ehem. Fliegerhorstes Goslar
Auftraggeber: Bundesanstalt für Immobilienaufgaben – BIMA Otto von Guericke Straße 4 39104 Magdeburg
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Inhaltsverzeichnis
Seite
1. Veranlassung und Durchführung ........................................................................ 2
2. Ergebnisdarstellung ................................................................................................ 3
3. Zusammenfassung ………………………………………………….................... 21
4. Literaturverzeichnis .............................................................................................. 24
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1. Veranlassung und Durchführung
Am 23.1.2015 beauftragte die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben – BIMA über die Stadt
Goslar, Fachdienst 3.1.3, das Büro Geowissenschaftliche Beratungen Nordharz auf Grundlage
des Angebotes vom 21.1.2015 mit der Durchführung einer Kurzrecherche zur Lokalisierung
einer Altablagerung auf dem Gelände des ehem. Fliegerhorstes Goslar.
Zur Klärung dieser Fragestellung wurden umfangreiche Unterlagen aus dem Akten- und
Archivbestand des Verfassers gesichtet und ausgewertet sowie eine multitemporale Karten-
und Luftbildauswertung durchgeführt, mehrere Zeitzeugen befragt und Ortsbegehungen
vorgenommen. Zusätzlich wurden die im Rahmen der Konversion des Fliegerhorstgeländes
erstellten Gutachten der AWIA (AWIA UMWELT GMBH, 2013) sowie die von der OFD
durchgeführte Luftbildauswertung (OFD NIEDERSACHSEN – BAU UND
LIEGENSCHAFTEN, 2013) ausgewertet.
Der Verfasser hat bereits 1994 im Rahmen des Niedersächsischen Rüstungsaltlastengramms
eine umfangreiche Recherche zum Standort Fliegerhorst Goslar mit dem Schwerpunkt
Unterflur-Flugfeldtankanlagen durchgeführt (GEOWISSENSCHAFTLICHE BERA-
TUNGEN NORDHARZ, 1994). In diesem Zusammenhang ergaben sich auch erste Hinweise
zu dieser bislang nicht erfassten Altablagerung, denen zum damaligen Zeitpunkt aber nicht
weiter nachgegangen wurde, da der Standort seinerzeit noch durch die Bundeswehr genutzt
wurde und für diese Altablagerung kein spezifischer Kampfmittelverdacht vorlag, der einen
zeitnahen Handlungsbedarf erfordert hätte.
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2. Ergebnisdarstellung
Zur möglichst genauen Rekonstruktion von räumlicher Lage, Ausdehnung und
stofflicher Zusammensetzung dieser Altablagerung werden im Folgenden kurz die
historisch relevanten Fakten dargestellt.
Während der Nutzungsphase von 1937 bis Frühjahr 1945 durch die deutsche Luftwaffe
gab es auf dem Fliegerhorst eine geregelte Abfallentsorgung. Aus dem militärischen
Regelbetrieb anfallender Hausmüll wurde durch die kommunale Müllabfuhr der Stadt
Goslar abgeholt und entsorgt. Ein entsprechender Belegt findet sich in
Archivunterlagen.
Sofort nach der kampflosen Übergabe der Stadt Goslar am 10.4.1945 wurde der
Fliegerhorst Goslar von amerikanischen Truppen besetzt, die dort bis ins Jahr 1946
stationiert blieben und die sofort nach der Übernahme zunächst im Gebäude der
Flugleitung das "Hospital No. 1, Fliegerhorst Goslar" einrichteten.
Ab Juni 1945 wurden dann zusätzlich englische Streitkräfte auf dem Fliegerhorst stationiert.
Nach dem Zusammenbruch des Dritten Reichs trafen immer mehr Flüchtlinge und
Verwundete in Goslar ein, die überall im Stadtgebiet verteilt wurden. Der Fliegerhorst wurde
schließlich für die Einrichtung eines deutschen Lazaretts freigegeben. Nach einer Aufstellung
vom 20.6.1945 (STADTARCHIV GOSLAR) waren die dort als Lazarett umfunktionierten
Gebäude 17, 18, 19, 20, 21, 30, 31, 32, 33, 34, 35, 66, 68 und 69 zu diesem Zeitpunkt mit
1.400 Personen belegt. Diese Nutzung als Lazarett wird durch eine Auswahl von
Fotoaufnahmen und einer Ausweiskopie in Abbildung 1 dokumentiert. Nachweislich wurden
Gebäude auf dem Fliegerhorst mindestens bis 1947 als Lazarett genutzt.
Abbildung 2 zeigt die zu Lazarettgebäuden umfunktionierten Gebäude (rot dargestellt). Das
zunächst von den Amerikanern im Flugleitungsgebäude eingerichtete Hospital No. 1 ist dort
grün markiert.
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Abb. 1: Nutzungsphase des Fliegerhorstes als Lazarett - dargestellt in Fotoaufnahmen und
einer Ausweiskopie.
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Abb. 2: Darstellung der ab 1945 als Lazarett genutzten Gebäude auf dem Fliegerhorst.
Zumindest für die Anfangsphase des nun unter alliierter Verwaltung stehenden Fliegerhorsts
Goslar ist für den Zeitraum Frühjahr/Frühsommer 1945 zunächst noch von einer
ungeordneten Abfallentsorgung beim Lazarettbetrieb auszugehen.
Einen Beleg dafür lieferten die Befunde aus zahlreichen intensiven Ortsbegehungen, die
seinerzeit vom Verfasser im Rahmen der Grundlagenermittlung für die 1994 erstellte
historisch-deskriptive Untersuchung des Fliegerhorstes durchgeführt wurden.
Bei einer dieser Ortsbegehungen in der Osthälfte der Liegenschaft (Ruhezone mit
Offiziersheim, Offizierswohnungen und Randbereiche) im Oktober 1993 wurden an der
nordöstlichen Grundstücksgrenze oberflächlich zutage tretende Krankenausabfälle mit
Glasampullen und Verbandsmaterialresten (Mullbindenreste) gefunden. Außerdem wurden
damals in diesem Bereich zwischen Böschung der ABC-Hindernisbahn und dem Grenzzaun
sehr umfangreiche Altablagerungen in Form von Bauschutt (u.a. Reste von Teerpappe,
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Schwarzdecke aus Straßenaufbruch, Brandschutt, Ziegel, Betonreste etc.) durchsetzt mit
hohen Hausmüllanteilen (Porzellangeschirr- und Keramikscherben, Reste von
Emaillegeschirr, Töpfe, Metallschrott etc.) angetroffen.
Da sich hieraus jedoch kein gezielter Kampfmittelverdacht ableiten ließ, wurde dieser Bereich
seinerzeit nicht als eigenständige gesonderte Kontaminationsverdachtsfläche im Sinne einer
Rüstungsaltlast ausgewiesen.
Alle damals befragten Zeitzeugen, die Angaben zur kleinräumigen Geländenutzung in diesem
Bereich während der Kriegszeit und der unmittelbaren Nachkriegszeit machen konnten, sind
zwischenzeitlich verstorben. Um die Veränderungen der Geländesituation nachvollziehen zu
können, wurde eine multitemporale Kartenauswertung durchgeführt. In Abbildung 3 sind die
entsprechende Kartenausschnitte dargestellt, welche die Situation in den Jahren 1876, 1919,
1923, 1954, 1961 und 1992 dokumentieren.
Anhand des Kartenausschnittes von 1876 ist die Existenz einer großen Mergelgrube
unmittelbar südöstlich des Görgweges belegbar. Die Kartenausschnitte von 1919 und 1923
zeigen, dass sich zu diesem Zeitpunkt ein Teich in der Mergelgrube befand, der durch einen
arthesischen Grundwasserzutritt gespeist wurde, so dass dieser Teich in den Graben
entwässerte, der nach Gut Grauhof führte. Der Kartenausschnitt aus der topographischen
Karte TK25, Ausgabe 1954 belegt, dass Mergelgrube und Teich zur Hälfte auf dem Gelände
des Fliegerhorstes lagen. Auf einem weiteren Kartenausschnitt aus dem offiziellen Lageplan
des Vermessungsamtes der Stadt Goslar – ebenfalls von 1954 – ist ein rechtwinkliger
Einschnitt im Grenzverlauf des Fliegerhorstes im Bereich der Mergelgrube erkennbar.
Der Ausschnitt aus der Grundkarte von 1961 zeigt, dass der nordöstliche Teil der
Mergelgrube verfüllt wurde. Für den auf dem zum Fliegerhorstgelände gehörenden
Geländeabschnitt und den außerhalb liegenden Teil bis zum Hohlweg ist auf der Karte
Sumpfgelände eingetragen.
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Auf dieser Kartendarstellung ist außerdem noch das südwestlich der ehemaligen Mergelgrube
gelegene T-förmige Gebäude 89 (siehe a. Abb. 6 auf S.10) verzeichnet. Bei diesem Gebäude
(in Abb. 2 mit Nr. 1 bezeichnet) handelte es sich um die ehemalige Bauleitung des
Fliegerhorstes, das ab 1945 als Wohngebäude für Zivilisten (auch als „Polenhaus“ bezeichnet)
genutzt wurde. Dieses Gebäude brannte am 2. Februar 1959 vollständig bis auf die
Grundmauern ab und wurde danach nicht wieder aufgebaut.
Der Ausschnitt der Grundkarte von 1991 zeigt die Situation nach Anlage der ABC-
Übungsbahn über dem Gelände der verfüllten Mergelgrube. Auch das 1959 durch Brand
vollkommen zerstörte Gebäude der ehemaligen Bauleitung ist nicht mehr auf diesem
Kartenausschnitt verzeichnet. Nur noch der knapp außerhalb der Fliegerhorstgrenze
verlaufende Hohlweg im Bereich der vollständig verfüllten Mergelgrube ist auf diesem
Kartenausschnitt dargestellt.
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Situation 1876 Situation 1919 Situation 1923 Situation 1954
Situation1954 Situation1961 Situation 1992
Abb. 4: Veränderung der Geländesituation zwischen 1876 und 1992 - dargestellt in 7 Kartenausschnitten.
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Abbildung 5 zeigt einen Detailausschnitt aus dem offiziellen Stadtplan von Goslar, Stand
1954. Dieser Kartenausschnitt dokumentiert, dass es zu diesem Zeitpunkt im Bereich der
Mergelgrube eine Veränderung im Grenzverlauf des damals noch unter britischer Verwaltung
stehenden Fliegerhorstgrundstücks gegeben haben muss, da im Unterschied zu allen älteren
Lageplänen des Fliegerhorstes die Grundstücksgrenze in diesem Bereich rechtwinklig nach
Süden verspringt.
Abb. 5: Detailausschnitt aus dem offiziellen Stadtplan von Goslar, Stand 1954.
Diese zeitweilige Veränderung im Grenzverlauf ist auch durch einen weiteren
Lageplanausschnitt aus einem Lageplan des Fliegerhorstes der frühen 1960er Jahre
dokumentiert, der in Abbildung 6 dargestellt ist. Demnach gab es gab einen südwestlichen
Grenzverlauf (-- x -- x -- x -- / mit roten Strichen versehen), der dann später aber wieder dem
früheren Grenzverlauf angepasst wurde (– x – x – x –/ frühere bzw. wieder umgelegte neue
Grenze in Blau). Sicherlich ist die zu diesem Zeitpunkt zumindest teilverfüllte Mergelgrube
die Ursache für diese Maßnahme. Vermutlich steht diese Änderung auch in Zusammenhang
mit Abzug der britischen Einheiten und der anschließenden Übernahme durch die
Bundesvermögensstelle am 28.6.1958.
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Abb. 6: Lageplanausschnitt mit dem veränderten Grenzverlauf – vermutlich um 1960.
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Auf dem in Abbildung 6 dargestellten Lageplanausschnitt ist die Lage der zu diesem
Zeitpunkt zumindest teilverfüllten Mergelgrube im Bereich des Fliegerhorstgeländes sowie
die in Planung/Bau befindliche ABC-Übungsbahn schemenhaft skizziert. Der ABC-
Übungsraum (Geb. 50) war zu diesem Zeitpunkt noch nicht vorhanden. Eingezeichnet ist
jedoch noch das im Februar 1959 vollständig abgebrannte und zu diesem Zeitpunkt als
Wohnhaus genutzte Gebäude (89). An der Nordostecke dieses Gebäudes befand sich nach
einem handschriftlichen Vermerk von Frau I. Flügge vom 24.1.1992 (Vermerk mit
Lageskizze aus dem Gedächtnis ohne Vorliegen eines Lageplans gefertigt, Archiv Dr.
Giesecke) ein „Schrottplatz“, der als wilde Müllkippe genutzt wurde (siehe Abb. 7).
Abb. 7: „Schrottplatz“ bei Geb. 89.
Anhand der durchgeführten multitemporalen Kartenauswertung wird allerdings auch deutlich,
dass die Karteninhalte nicht konsequent zeitnah aktualisiert wurden, wie das auf dem
Kartenausschnitt von 1961 noch verzeichnete Gebäude 89 belegt, welches bereits im Februar
1959 durch Brand vollkommen zerstört wurde. Erschwerend kommt hinzu, dass es sich bei
dem Fliegerhorst zudem um einen militärischen Sicherheitsbereich handelte, und daher
entsprechende Veränderungen in der Geländesituation und beim Gebäudebeständ teilweise
erst mit erheblicher zeitlicher Verzögerung in frei zugängliche amtliche Kartenwerke
aufgenommen wurden.
Die einzig belastbaren Datenquellen, die in diesem Fall verlässlich die Realität abbilden, sind
daher zeitlich exakt datierbare Fotos und Luftbilder. Um die Geländesituation im Bereich
Nordostgrenze des Fliegerhorstes und der dort befindlichen Mergelgrube zu rekonstruieren,
wurde deshalb eine Luftbildauswertung durchgeführt (Abb. 8).
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Abb.8: Vergleich der Luftbildausschnitte vom 10.4./11.4.1945 (OFD-Luftbildauswertung - links) und dem 9.5.1944 (rechts).
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Ein Vergleich der Luftbildausschnitte vom 10.4./11.4.1945 aus der aktuellen
Luftbildauswertung der OFD mit einem Luftbild vom 9.5.1944 aus dem Bestand des
Verfassers belegt, dass eine weitgehende Verfüllung der Mergelgrube bereits vor dem
Frühjahr 1944 erfolgt sein muss. Das Luftbild vom 9.5.1944 wurde vor dem ersten großen
Angriff auf den Fliegerhorst am 5.8.1944 aufgenommen und zeigt das Fliegerhorstgelände
ohne Kriegseinwirkungen. Die nierenförmige Struktur auf Luftbild 1945 ist somit kein
Bombentrichter, sondern es handelt sich hierbei um eine vermutlich als Abfallgrube genutzte
Hohlform (siehe rote Markierung in Abb. 8).
Beim Vergleich der beiden Luftbildausschnitte mit einem Kartenausschnitt aus dem
offiziellen Goslarer Stadtplan von 1967 fällt auf, dass der auf der auf dem Stadtplan
dargestellte Hohlweg bereits auf den Luftbildern von 1944/45 mit identischem Verlauf
erkennbar ist (siehe auch Overlaydarstellung in Abbildung 9).
Abb. 9: Overlaydarstellung aus Luftbild vom 9.5.19944 und Ausschnitt aus dem Goslarer
Stadtplan, Stand 1967.
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Dies legt die Vermutung nahe, dass die ursprünglich vorhandene Mergelgrube bereits mit
Errichtung des Fliegerhorstes als zentrale, fliegerhorstinterne Bauschuttdeponie genutzt wurde
und der Bereich später im militärischem Regelbetrieb zunächst durch die Luftwaffe und
später durch die alliierte Besatzungsmacht zur Deponierung weitergenutzt wurde. Dafür
spricht auch die auf dem Luftbild vom 9.5.1945 erkennbare Grube und die angrenzende hell
reflektierende Fläche.
Nach der Übernahme und Belegung des Fliegerhorstes durch die Bundeswehr im Oktober
1958 wurde Anfang der 1960er Jahre mit Anlage der ABC-Übungsbahn und Errichtung des
ABC-Übungsraumes der gesamte Bereich weiter deutlich aufgefüllt und dadurch massiv
umgestaltet.
Eine Untersuchung mittels flachgründiger Baggerschürfe dieser Anfang der 1960er Jahre mit
Anlage der ABC-Übungsbahn aufgefüllten Fläche über der verfüllten Mergelgrube erfolgte
im Rahmen der Flächenkonversion Phase 1 durch die AWIA (AWIA UMWELT GMBH
2013). Dort heißt es auf den Seiten 110/111wie folgt:
„5.2.11 Durchführung von Schürfen im Bereich des ABC-Übungsraums (Geb. 50)
Nach Aussage von Mitarbeitern des Staatlichen Baumanagements Südniedersachen, Standort Goslar, wurden im
Bereich östlich des ABC-Übungsraumes Materialien aus Bautätigkeiten vom Kasernengelände abgelagert (wilde
Ablagerung). Hinweise auf die Ablagerung von z. B. Asphalten wurden gegeben.
Die Aussage wurde in Verbindung mit den Geländearbeiten überprüft. Hierbei wurden Bauschuttmaterialien (v.
a. Basaltpflastersteine, Ziegel und Beton) vorgefunden, welche direkt östlich des Gebäudes in die
Untergrundbefestigung der ABC-Übungsbahn eingearbeitet wurden.
Nach Abstimmung mit der OFD Niedersachsen, Hannover, Frau Plum, waren die betroffenen Bereiche mittels
Baggerschürfen anzuschließen, um eine detaillierte Aufnahme der abgelagerten Materialen und ggf.
Schadstoffanalysen vornehmen zu können.
Die Geländearbeiten wurden am 17.12.2013 durch das Tiefbauunternehmen Rauser, Goslar, unter
gutachterlicher Begleitung durch die AWIA durchgeführt (vgl. Plandarstellung in Anlage 4.21). Im Bereich des
ABC-Übungsgeländes wurden insgesamt drei Baggerschürfe angelegt, in denen Bauschttablagerungen
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vorgefunden wurden, die im Wesentlichen aus Basalt-Pflastersteinen, Ziegel, Beton und Erde bestanden.
Punktuell wurden Asphaltschollen vorgefunden, deren Anteil auf < l % an der gesamten Ablagerungsmasse
abgeschätzt wurde. Aufgrund der Zusammensetzung der angetroffenen Stoffe wurde hier kein Altlastverdacht
vermutet. Sofern die Materialien zu einem späteren Zeitpunkt entfernt werden sollen, sind jedoch entsprechende
Deklarationsanalysen gem. LAGA durchzuführen.
Im Zuge der Aufschlussarbeiten wurde zusätzlich die ca. 50 m östlich des ABC-Übungsgeländes liegende
Böschungskante zum Fließgewässer (Graben) mit vier Baggerschürfen aufgeschlossen. Hier wurde ebenfalls
punktuell oberflächennah das Vorhandensein von Bauschuttmaterialien festgestellt. Hier wurden jedoch nur
geringe Anteile an Bauschutt vorgefunden. Bodenproben wurden nicht entnommen. Ein Altlastverdacht war an
den Schurfpunkten nicht abzuleiten.“
Bei einer aktuellen Ortsbegehung im Bereich der verfüllten Mergelgrube und nördlich des
abgebrannten Gebäudes 89 wurden bereits oberflächlich u.a. Keramik- und
Geschirrbruchstücke, Teerpappenreste, Asbestplattenstücke und Reste von
Straßenaufbruch/Schwarzdecke, Metallschrott angetroffen. Frische Bruchflächen der
Schwarzdecke zeigten deutlichen Teergeruch (PAK-haltig). Eine Auswahl der dabei
aufgefunden Materialien sind beispielhaft in Abbildung 10 dargestellt.
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Abb. 10: Exemplarische Darstellung der bei der aktuellen Ortsbegehung aufgefundenen
Materialien (Geschirrreste und Teerbruchstücke, Teerpappenreste, Asbestplatten,
Schwarzdecke).
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Die in dem Streifen zwischen dem Böschungsfuß der ABC-Übungsbahn und dem Grenzzaun
des Fliegerhorstes bereits oberflächlich erkennbaren Bauschuttauffüllungen setzen sich auch
außerhalb des Fliegerhorstgeländes bis zu dem nördlich der Fliegerhorstgrenze verlaufenden
Hohlweg fort. Dieser Weg zeigt an seiner tiefsten Stelle eine permanente Vernässung, die auf
einen kontinuierlichen artesischen Grundwasserzustrom in diesem Bereich hindeutet. Somit
ist davon auszugehen, dass die Sohle der verfüllten Mergelgrube in ständigem
Grundwasserkontakt steht. Schadstoffauswaschung sind daher in Abhängigkeit der
eingebrachten Verfüllungsmaterialien zu besorgen.
Eine weitere, bislang ebenfalls nicht erfasste Altablagerung mit großen Mengen Bauschutt
befindet sich an der Böschung der PKW-Parkfläche im Kurvenbereich unmittelbar nördlich
des Offiziersheims. Der in Abbildung 11 dargestellte Kartenausschnitt aus einem Lageplan
vom 20.11.1944 belegt, dass diese Parkfläche seinerzeit bereits vorhanden war. In Abbildung
12 ist ein Luftbildausschnitt vom 22.3.1945 dargestellt, der die Anschüttungen für die
Parkplatzfläche dokumentiert. Die aktuelle Situation zeigt ein Foto, das in Abbildung 13
dargestellt ist.
Hergestellt wurde diese Parkplatzfläche durch eine künstliche Anschüttung an das natürliche
Gelände. Kenntnisse über Aufbau und Zusammensetzung dieser Anschüttung liegen nicht
vor. Der oberflächlich bereits erkennbare und flächenhaft in die Böschung eingelagerte
Bauschutt könnte möglicherweise auch im Rahmen von späteren Baumaßnahmen von der
Parkfläche aus über die Böschungskante abgekippt worden sein.
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Abb. 11: Kartenausschnitt mit der aufgeschütteten Parkplatzfläche unmittelbar nordwestlich
des Offiziersheims („H. 2“).
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Abb.12: Luftbildausschnitt LB4194 vom 22.3.1945 mit erkennbaren Anschüttungen (rot markiert) in der Kurve vor dem Offiziersheim.
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Abb. 13: Blick nach Osten auf die angeschüttete Parkfläche – im Hintergrund das
Offiziersheimgebäude.
Bei der aktuellen Ortsbegehung wurde in der Böschung Bauschutt mit wechselnden Anteilen
von Ziegel, Betonstücken, Ofenschlacken und Metallschrott angetroffen. Frische
Bruchflächen der Schwarzdecke und des Straßenaufbruchs zeigten bei organoleptischer
Überprüfung deutlichen Teergeruch (PAK-haltig). Das in Abbildung 14 exemplarisch
dargestellte Foto vermittelt einen Eindruck der mit Bauschutt durchsetzten Böschung.
Abb. 14: Detailaufnahme aus dem Böschungsbereich der Parkplatzfläche.
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3. Zusammenfassung
Eine Overlaydarstellung aus dem Luftbildausschnitt vom 9.5.1944, dem
Grundkartenausschnitt von 1961 und dem aktuellen Kontaminationsflächenplan aus dem
AWIA-Gutachten ist in Abbildung 15 dargestellt.
Abb. 15: Overlaydarstellung aus Luftbildausschnitt 1944 , Grundkartenausschnitt 1961 und
aktuellem Kontaminationsflächenplan aus dem AWIA-Gutachten.
Aus dieser Overlaydarstellung ist die genaue räumliche Lage der im Zuge der Kurzrecherche
erkannten und beschriebenen neuen Kontaminationsflächen ersichtlich.
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Die im Rahmen der vorliegenden Kurzrecherche zusätzlich neu lokalisierten
Kontaminationsverdachtsflächen sind auf einem Lageplanausschnitt in Abbildung 16
dargestellt.
Abb. 16: Lage der neu lokalisierten Kontaminationsverdachtsflächen (blau markiert).
Eine flächenmäßig große Mergelgrube im nordöstlichen Grenzbereich des
Fliegerhorstgeländes mit Grundwasserkontakt war nach Luftbildbefund bereits im Frühjahr
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1944 zumindest bereits teilverfüllt. Archivquellen die Rückschlüsse über die
Zusammensetzung des zur Verfüllung verwendeten Materials erlauben, liegen nicht vor. Es ist
allerdings naheliegend, dass diese Mergelgrube bereits mit Errichtung des Fliegerhorstes als
zentrale interne Bauschuttdeponie des Fliegerhorstes verwendet wurde und anschließend auch
während der alliierten Verwaltung zur Deponierung weitergenutzt wurden. Zumindest
teilweile wurde dieser Bereich auch als wilde Hausmülldeponie genutzt. Durch eine
Zeitzeugenaussage sicher belegt ist die Deponierung von Hausmüll für den Bereich
nordöstlich des ehemaligen, 1959 komplett abgebrannten Gebäudes 89 (ehem. Bauleitung, in
der Nachkriegszeit zivile Wohnnutzung).
Nach Übernahme durch Bund im Jahr 1958 wurde das Gelände über der Mergelgrube dann
mit Anlage der ABC-Übungsbahn in diesem Bereich weiter aufgefüllt und in seiner
Morphologie umgestaltet. 1994 wurden im Rahmen einer Ortsbegehung durch den Verfasser
im Bereich unterhalb von Gebäude 89 außer Brandschuttresten, Porzellan- u.
Keramikscherben auch punktuell Krankenhausabfälle aufgefunden.
Bei einer im Rahmen der Flächenkonversion durch AWIA durchgeführten Untersuchung der
ABC-Übungsbahn wurde für den Untergrund der Übungsbahn kein Altlastenverdacht
abgeleitet. Diese Einschätzung ist nach den neuen Erkenntnissen aus hier der vorliegenden
Untersuchung zu überprüfen. Eine Grundwasserverunreinigung durch eine
Schadstoffauswaschung aufgrund der lokalen Situation (permanenter artesischer
Grundwasserzutritt in die Sohle der verfüllten Mergelgrube) ist nicht auszuschließen.
Ein Hinweis auf eine weitere potentielle Kontaminationsverdachtsfläche (Bauschutt
durchsetzt mit Schlacken, Schwarzdecke, Teerklumpen, Metallschrott) im Bereich
angeschütteter Parkplatz nordöstlich vor dem Offiziersheimgebäude wurde gegeben.
Goslar, 3.2.2015
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4. Literaturverzeichnis
AWIA UMWELT GMBH (2013): Ehem. Fliegerhorst Goslar – Phase IIa:
Orientierende Untersuchung – Kontaminationsverdachtsflächen – (WE
145820 und WE 107712) Gutachten vom: 24.3.2014, Projekt-Nr. 41080.-
115. S., unveröff. Gutachten, Göttingen
GEOWISSENSCHAFTLICHE BERATUNGEN NORDHARZ (1994):
Historisch-deskriptive Untersuchung zur Gefährdungsabschätzung der
Betriebsflächen des ehemaligen Flugplatzes Goslar, (Landkreis Goslar).-
unveröff. Gutachten, Goslar, 5.1.1994
OFD NIEDERSACHSEN – BAU UND LIEGENSCHAFTEN (2013): Historische
Erkundung, Vorrecherche - Bewertung des Kampfmittelverdachts –
Ehemaliger Fliegerhorst Goslar – Kurzbericht.- 13. S., 6 Anl. , 2 Abb., 2
Tab., unveröff. Gutachten, Hannover
STADTARCHIV GOSLAR: Reponierte Registratur, Abt. 5, Fach 36, Nr. 9