Loslassen und mitmachen -...

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Loslassen und mitmachen SIE LESEN AB S. 46, welche Trends und Entwicklungen das Dialogmarketing bestimmen und warum digitale Kanäle an Bedeutung gewinnen S. 50, was erfolgreiche Kampagnen auszeichnet und wie sie den Kundendialog verbessern S. 53, was ddp-Juryvorsitzender Michael Koch über Social Media und Kontrollverlust denkt S. 54, warum sich Callcenter neu erfinden (müssen) © Fotolia Digitale Kommunikation verändert das Dialogmar- keting. Nicht nur technisch, sondern vor allem in der Art, wie sich Marken und Menschen begegnen, bewegen und bewerten. Ähnlich wie bei den klassi- schen Medien, wird Print auch im Dialogmarketing dort bestehen, wo es seine besonderen Stärken hat. Ansonsten gilt: Die Kanäle sind offen, im Netz bilden sich immer neue Gruppen, Interaktion ist der Schlüssel zum Kunden. Dazu müssen Unterneh- men manch alte Gewohnheit aufgeben. Lernen, sich öffnen und mitmachen sind das Gebot der Stunde. absatzwirtschaft 6/2011 45 MEDIA & KOMMUNIKATION Dialogmarketing

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SieLeSenab

→ S. 46,welcheTrendsundEntwicklungendasDialogmarketingbestimmenundwarumdigitaleKanäleanBedeutunggewinnen

→ S. 50,waserfolgreicheKampagnenauszeichnetundwiesiedenKundendialogverbessern

→ S. 53,wasddp-JuryvorsitzenderMichaelKochüberSocialMediaundKontrollverlustdenkt

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Digitale Kommunikation verändert das Dialogmar-keting. Nicht nur technisch, sondern vor allem in der Art, wie sich Marken und Menschen begegnen, bewegen und bewerten. Ähnlich wie bei den klassi-schen Medien, wird Print auch im Dialogmarketing dort bestehen, wo es seine besonderen Stärken hat. Ansonsten gilt: Die Kanäle sind offen, im Netz bilden sich immer neue Gruppen, Interaktion ist der Schlüssel zum Kunden. Dazu müssen Unterneh-men manch alte Gewohnheit aufgeben. Lernen, sich öffnen und mitmachen sind das Gebot der Stunde.

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Als Unternehmen noch auf der Ein-bahnstraße unterwegs waren, funkti-onierte Kommunikation ungefähr so: Botschaften wurden zur Zielgruppe – oder jedenfalls in ihre Nähe – gef lo-gen, dort abgeworfen und dann aber nix wie weg. Diese Art von Helikopter-Marketing gefällt manchen Managern heute noch. Das sind jene, die sich öfter fragen, warum früher alles besser war.

Der Hubschrauber trudelt durch die Lüfte. Längst ist der Zug in die Zukunft abgefahren, seine Route führt über Di-gitalien. „Gedruckte Mailings und all die gewohnte Klassik werden nicht ver-schwinden“, sagt Oliver Rosenthal, „aber durch die digitalen Kanäle marginali-siert.“ Der Geschäftsführer Beratung

bei Ogilvy One in Frankfurt am Main schreibt Print im Dialogmarketing eine deutlich veränderte Rolle zu. „Papier könnte zum Premiummedium werden.“

Das lässt sich heute schon beobachten. Die Lufthansa zum Beispiel schickt ihren rund 4 000 Inhabern der HON- Circle-Karte Geburtstagsgrüße. Ein exklusiver Kreis, schließlich muss man in zwei Jahren mindestens 600 000 Meilen mit der Airline gef logen sein, um dazuzugehören. Ein gewöhnli-ches Glückwunschbriefchen kommt da natürlich nicht infrage. Die Agentur Wunderman entwarf daher „Kommu-nikation à la Karte“: Sämtliche Flüge eines Jahres verarbeitete eine eigens ent-wickelte Software zu einer besonderen Grafik. So entstand ein individueller, künstlerischer Flugausweis. Ein Uni-kat, eingebunden in ein Passepartout, nobel verpackt und zum persönlichen Feiertag verschickt. Doch Gedrucktes wird im Dialogmar-keting nicht mehr die Masse erreichen

wie früher. „Vor wenigen Jahren bestand unser Geschäft noch zu zwei Dritteln aus Print-Mailings, heute dominieren digitale Medien mit einem Anteil von rund 90 Prozent“, berichtet Ogilvy-One-Chef Rosenthal. Ein radikaler Schwenk. Nicht repräsentativ, weil das Beispiel eine Agentur betrifft. Aber ein unbe-streitbarer Trend, weil es viele ähnliche Beispiele gibt.

Wenn es noch eines Signals bedurft hätte, liefert es der Deutsche Dialogmar-keting Verband (DDV). Dort wurde die Position des „Vizepräsidenten Digital“ neu geschaffen und mit Thomas Duhr von United Internet Dialog gleich bran-chenprominent besetzt. „Gerade an der Schnittstelle zu den Social Media, die ja nichts anderes als reine Dialogmarke-tingplattformen sind, wird es eine Reihe von neuen Dienstleistungen geben, etwa rund um Social-Media-Monitoring“, sagt DDV-Präsident Dieter Weng. Weil digitales Dialogmarketing hin-sichtlich Datenschutz unter strenger

Digitale Kommunikation erweitert den Dialog mit Kunden erheblich. Neben-wirkungen inklusive.

»Vielen Unternehmen fällt es schwer, sich auf digital geführten Dialog einzulassen und souverän damit umzugehen.«Oliver Rosenthal, GeschäftsführerBeratungOgilvyOne,FrankfurtamMain

Weg in die Zukunft führt über Digitalien Autor: Roland Karle

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Beobachtung der Politik steht, will sich der Verband auch auf europäischer Ebene durch Lobbyarbeit in Brüssel für seine Position „einer verantwortlichen Selbstregulierung der Wirtschaft“ ein-setzen. Social Media – die Zukunft des Kun-dendialogs? Viele würden eher ein Ausrufezeichen setzen hinter diesen Satz, der bei den Mailingtagen am 8. und 9. Juni ganz oben auf der Agenda steht. „Ohne digitales Dialogmarketing funktioniert der Kundendialog heute nicht mehr“, sagt DDV-Präsident Weng. Und Manfred Schmidt, Direktor des Instituts für Markentechnik Genf, ist überzeugt: „Künftig wird man die Mög-lichkeiten des Dialogmarketings besser nutzen, um mehr Informationen zum Kunden zu bringen.“ Markenbildung sei ohne direkten Dialog mit Kunden nicht denkbar.

Nun rätseln die Unternehmen, wie sie diesen Dialog sinnvoll und erfolgreich gestalten sollen. Durch Social Media, so Eugen Kern, erreiche die Kommunikati-

on eine neue Stufe der Dialogform und -intensität. „Immer häufiger werden Kaufentscheidungen von Erfahrungen anderer Nutzer beeinf lusst, die sich in sozialen Netzwerken austauschen. Ein positives Stimmungsbild und eine star-ke Präsenz der Marke in den Netzwerken werden künftig eine bedeutendere Rolle spielen“, prognostiziert der Geschäfts-führer Argonauten G2 in Frankfurt am Main. Dass sich noch immer viele Menschen eher passiv verhalten und sich im Internet informieren, ohne sich selbst aktiv zu beteiligen, ändert an dieser Einschätzung nichts. DDV-Präsident Weng pf lichtet bei: „Ohne digitales Dialogmarketing funktioniert der Kundendialog heute nicht mehr.“

Wie man sich in Communitys bewegt, was funktioniert und was nicht, wo Gewinne winken und wo Fallen lauern – das ist ein großes Experimentierfeld. „Vielen Unternehmen fällt es schwer, sich auf digital geführten Dialog ein-zulassen und souverän damit umzuge-hen“, sagt Agenturmanager Rosenthal.

»Eine Community funktioniert nur, wenn sie exklusive Mehr-werte bietet. Da muss man mit harter Kritik umgehen können.«Eugen Kern, GeschäftsführerArgonautenG2,FrankfurtamMain

In etlichen Firmen sieht die Realität so aus, dass man einen Verantwortlichen für Social Media bestimmt. Und der soll dann mal machen. Da stößt Kommuni-kation über Facebook & Co. natürlich rasch an Grenzen. „Social Media ist kein Job für einen Einzelnen“, betont Rosenthal. Man müsse handeln und lernen, immer wieder von Neuem.

So betreut Ogilvy One zum Beispiel die Ikea Family hej-Community. Der Ansatz: Hier treffen sich Menschen, die Spaß haben am Wohnen, Leben und Dekorieren, Ideen austauschen und sich inspirieren lassen wollen. Man habe an-fangs gelernt, dass diese Gruppe im Netz nicht nur unter sich sein, sondern auch einen direkten Draht zu kompetenten Ikea-Beratern nutzen will, berichtet Rosenthal. „Man muss schnell lernen und bereit sein, überholte Annahmen zu revidieren. In Marken-Communitys wird ein ausgeprägter Servicecharakter erwartet.“ Wer sich auf Dialog im Netz einlässt, muss einstecken können, ohne zu la-

Print ist prädestiniert für Premium: VielfliegerderLufthansaerhieltenzumGeburtstageinexklusivgestaltetesMailing.

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mentieren. Beispiel Deutsche Bahn: Als sie im vergangenen Herbst das günstige „Chefticket“ über Facebook auf die Schiene setzte, lockte sie binnen 24 Stunden rund 5 000 Leute an. Die waren nicht allesamt begeisterte Bahnfreunde, wie an teilweise grob unfreundlichen Kommentaren zu Stuttgart 21, Lüf-tungspannen und Pünktlichkeitsde-fiziten zu erkennen war. „Den Unter-nehmen wird die Kommunikation ein Stück weit aus der Hand genommen“, sagt Ogilvy-Mann Rosenthal. Auch Kern sieht das so: „Eine Community funktioniert nur, wenn sie exklusive Mehrwerte bietet. Da muss man auch mit harter Kritik umgehen können. Wer versucht, Dialog zu zensieren, wird Schiff bruch erleiden.“

Im neuen Kosmos der Kommunika-tion müssen sich Unternehmen und Agenturen erst einmal zurechtfinden. Schließlich sind sie in der digitalen Netzwelt möglichen Angriffen von Gegnern, Andersdenkenden und Kri-tikern ausgesetzt. „Wer davor Angst hat, wird scheitern“, warnt Kern. Auch

die Mitarbeiter brauchen das nötige Rüstzeug, um sich gekonnt und sicher auf Facebook und anderen Plattformen zu bewegen. „Die Mitarbeiter verste-hen die sozialen Netzwerke nur, wenn sie darin leben“, betont Kern. Seinem

Personal den Zugang zum Web und zu Communitys während der Arbeitszeit zu sperren, hält er daher für kontrapro-duktiv. „Hier gibt es täglich Neuerungen und Entwicklungen, davon kann die Off line-Welt nur träumen.“ ←

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*jeweilsimVergleichzumVorjahr;AngabeninProzent;Basis:111Antwortgeber(DDV-Mit-glieder).Quelle:D-A-CHKonjunkturbarometer