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1 LRT 91E0* – Erlen-Eschen- und Weichholzauenwälder A. Beschreibung und Vorkommen a) Definition / Beschreibung Der im Anhang I der FFH-Richtlinie als prioritär (*) eingestufte Lebensraumtyp umfasst lt. SSYMANK et al. (1998) fließgewässerbegleitende Erlen- und Eschenauwälder sowie quellige, durchsickerte Wälder in Tälern oder an Hangfüßen. „In der planaren bis kollinen Stufe mit Schwarzerle (Alno-Padion), in höheren Lagen auch Grauerlenauenwälder (Alnion incanae). Ferner sind die Weichholzauen (Salicion albae) an regelmäßig und oft länger überfluteten Flussufern eingeschlossen. Als Sonderfall sind auch Erlenwälder auf Durchströmungsmoor im Überflutungsbereich der Flüsse in diesen Lebensraumtyp eingeschlossen“ (SSYMANK et al. 1998). b) Verbreitung / Vorkommen Erlen-Eschen- und Weichholzauenwälder sind weiträumig in Deutschland verbreitet. In der kontinentalen Region ist der Lebensraumtyp fast flächendeckend verbreitet. In der atlantischen Region kommt er bis auf die Küstenmarschen und Teilbereiche der Ostfriesisch- Oldenburgischen Geest und Dümmer-Geestniederung weit verbreitet vor (vgl. Abb. 1 und Tab. 1). Tab. 1: Anteile der Bundesländer am Verbreitungsgebiet und der Fläche des Lebensraumtyps in der atlantischen Region (BFN/BMUB 2013) Bundesland Anteil des Verbreitungsgebietes Fläche in ha HB 1 % 16,24 HH 1 % 336,76 NI 52 % k. A. NW 32 % 1.438,00 SH 10 % 732,00 ST 4 % 371,00

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LRT 91E0* – Erlen-Eschen- und Weichholzauenwälder

A. Beschreibung und Vorkommen

a) Definition / Beschreibung Der im Anhang I der FFH-Richtlinie als prioritär (*) eingestufte Lebensraumtyp umfasst lt. SSYMANK et al. (1998) fließgewässerbegleitende Erlen- und Eschenauwälder sowie quellige, durchsickerte Wälder in Tälern oder an Hangfüßen. „In der planaren bis kollinen Stufe mit Schwarzerle (Alno-Padion), in höheren Lagen auch Grauerlenauenwälder (Alnion incanae). Ferner sind die Weichholzauen (Salicion albae) an regelmäßig und oft länger überfluteten Flussufern eingeschlossen. Als Sonderfall sind auch Erlenwälder auf Durchströmungsmoor im Überflutungsbereich der Flüsse in diesen Lebensraumtyp eingeschlossen“ (SSYMANK et al. 1998). b) Verbreitung / Vorkommen Erlen-Eschen- und Weichholzauenwälder sind weiträumig in Deutschland verbreitet. In der kontinentalen Region ist der Lebensraumtyp fast flächendeckend verbreitet. In der atlantischen Region kommt er bis auf die Küstenmarschen und Teilbereiche der Ostfriesisch-Oldenburgischen Geest und Dümmer-Geestniederung weit verbreitet vor (vgl. Abb. 1 und Tab. 1). Tab. 1: Anteile der Bundesländer am Verbreitungsgebiet und der Fläche des

Lebensraumtyps in der atlantischen Region (BFN/BMUB 2013)

Bundesland Anteil des Verbreitungsgebietes Fläche in ha

HB 1 % 16,24

HH 1 % 336,76

NI 52 % k. A.

NW 32 % 1.438,00

SH 10 % 732,00

ST 4 % 371,00

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Abb. 1: Vorkommen und Verbreitung der Erlen-Eschen- und Weichholzauenwälder (LRT 91E0*) in der atlantischen Region gem. FFH-Bericht 2013

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B. Erhaltungszustand

a) Ergebnisse des Nationalen FFH-Berichts 2013 Erhaltungszustand (EHZ) in den biogeografischen Regionen (BGR) in Deutschland (BFN/BMUB 2013), in Klammern zum Vergleich der EHZ gem. FFH-Bericht 2007 (BFN/BMU 2007):

Atlantische BGR Kontinentale BGR Alpine BGR

U2 (U1) U2 (U1) FV (FV)

Bewertung der Einzelparameter in der atlantischen Region in Deutschland (BFN/BMUB 2013), in Klammern zum Vergleich die Parameterbewertungen der EHZ gem. FFH-Bericht 2007 (BFN/BMU 2007):

Verbreitungsgebiet Fläche Strukturen/ Funktionen

Zukunftsaussichten Gesamt Trend

FV (FV) U1 (U1) U2 (U1) U1 (U1) U2 (U1) =

FV = günstig U1 = ungünstig-unzureichend U2 = ungünstig-schlecht XX = unbekannt + = sich verbessernd - = sich verschlechternd = = stabil x = unbekannt

Der Parameter „Spezifische Strukturen & Funktionen“ wurde im FFH-Bericht 2007 noch mit ungünstig-unzureichend bewertet und hat sich im Bericht 2013 auf einen ungünstig-schlechten Zustand verschlechtert. Damit hat sich auch der Gesamt-Erhaltungszustand der Erlen-Eschen- und Weichholzauenwälder in ungünstig-schlecht verändert. Um eine Verbesserung des Gesamt-Erhaltungszustandes zu erreichen, sind vor allem bei den „Spezifischen Strukturen und Funktionen“ substantielle Verbesserungen nötig. b) Erhaltungsgrad in den wichtigsten FFH-Gebieten In 218 FFH-Gebieten der atlantischen biogeografischen Region Deutschlands sind Erlen-Eschen- und Weichholzauenwälder gemeldet. Der Lebensraumtyp nimmt dort eine Fläche von 5.148 ha ein. Die nachfolgende Tabelle beinhaltet die 24 FFH-Gebiete mit einer Mindestfläche des Lebensraumtyps von 50 ha. Tab. 2: FFH-Gebiete in der atlantischen biogeografischen Region mit einer Mindestfläche

des Lebensraumtyps 91E0 von 50 ha

(Bundesdatenbestand 2013, zu Grunde liegende Länderangaben können ältere Datenstände haben)

Gebietsname (Gebietsnummer) BL Gebietsfläche

(ha) LRT-Fläche

(ha) Rep. Rel. Erh. Ges.

Ilmenau mit Nebenbächen (DE2628331)

NI 5.382 813 A C B A

Schleswig-Holsteinisches Elbästuar und angrenzende Flächen (DE2323392)

SH 19.280 350 A C B A

Drömling (DE3533301) ST 4.328 174 C C B C

Oste mit Nebenbächen (DE2520331)

NI 3.720 165 A C B A

Böhme (DE2924301) NI 1.712 160 A C B B

Senne mit Stapelager Senne (DE4118301) NW 11.755 114 A C A A

Gewässersystem der Luhe und NI 2.479 110 A C A B

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Gebietsname (Gebietsnummer) BL Gebietsfläche (ha)

LRT-Fläche (ha)

Rep. Rel. Erh. Ges.

unteren Neetze (DE2626331)

Klüdener Pax-Wanneweh östlich Calvörde (DE3634301) ST 1.162 110 B C B B

Wümmeniederung (DE2723331) NI 8.579 105 A C A B

Bäche im Artland (DE3312331) NI 1.481 101 B C B B

Rhein-Fischschutzzonen zwischen Emmerich und Bad Honnef (DE4405301)

NW 2.336 96 B C C C

Unterelbe (DE2018331) NI 18.790 94 B C B C

Hachetal (DE3018331) NI 248 91 B - B -

Drömling (DE3431331) NI 4.224 90 C C C C

Geestmoor und Klosterbachtal (DE3118331)

NI 377 89 A - B -

Ems (DE2809331) NI 8.217 87 B C B B

Schwalm, Knippertzbach, Raderveekes u. Lüttelforster Bruch (DE4803301)

NW 719 87 A C B B

Schwingetal (DE2322301) NI 1.961 77 A C B B

NSG Bislicher Insel, nur Teilfläche (DE4305301) NW 1.002 72 A C B B

Este, Bötersheimer Heide, Glüsinger Bruch und Osterbruch (DE2524331) NI 1.128 66 A C A A

Lutter, Lachte, Aschau (mit einigen Nebenbächen) (DE3127331) NI 5.114 65 B C B B

Aller (mit Barnbruch), untere Leine, untere Oker (DE3021331) NI 18.031 50 A - C -

Wiestetal, Glindbusch, Borchelsmoor (DE2820301) NI 837 50 B C A B

Ecker- und Okertal (DE4029301) ST 267 50 A C A B Rep. = Repräsentativität: A = hervorragende Repräsentativität, B = gute Repräsentativität, C = signifikante Repräsentativität, D = nicht signifikant.

Rel. = relative Flächengröße (die vom Lebensraumtyp im gemeldeten Gebiet eingenommene Fläche in Bezug zur Gesamtfläche des betreffenden Lebensraumtyps in Deutschland): A = > 15 %, B = > 2–15 %, C = ≤ 2 %.

Erh. = Erhaltungsgrad der Struktur und der Funktionen des betreffenden natürlichen Lebensraumtyps und dessen Wiederher-stellungsmöglichkeit: A = hervorragend (sehr guter Erhaltungsgrad, unabhängig von der Wiederherstellungsmöglichkeit), B = gut (guter Erhaltungsgrad, Wiederherstellung in kurzen bis mittleren Zeiträumen möglich), C = durchschnittlich oder eingeschränkt (weniger guter Erhaltungsgrad, Wiederherstellung schwierig oder unmöglich).

Ges. = Gesamtbeurteilung des Wertes des Gebietes: A = hervorragend, B = gut, C = signifikant (mittel-gering).

Der „Erhaltungsgrad der Strukturen und der Funktionen“ wurde in 117 FFH-Gebieten der atlantischen Region mit gut bewertet. 27 Gebiete wurden bezüglich des Erhaltungsgrads als hervorragend bewertet. 56 Gebiete wurden diesbezüglich als durchschnittlich bis eingeschränkt beurteilt. 19 Gebiete wurden nicht bewertet.

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C. Gefährdungen und Beeinträchtigungen

a) Gefährdungsgrad und Bestandsentwicklung Nach der Roten Liste der gefährdeten Biotoptypen Deutschlands (RIECKEN et al. 2006) werden Weichholzauenwälder mit natürlicher oder naturnaher Überflutungsdynamik als „von vollständiger Vernichtung bedroht“ eingestuft und werden als kaum regenerierbar eingeschätzt. Sie weisen aber noch einen stabilen Bestandstrend auf. Weichholzauenwälder mit einer fehlenden oder gestörten Überflutungsdynamik sind „stark gefährdet“. Weichholz-Tideauenwälder sind „von vollständiger Vernichtung bedroht“, weisen aber eine positive Bestandsentwicklung auf. Sie gelten ebenfalls als kaum regenerierbar. Weniger stark gefährdet sind hingegen Erlen- und Eschenwälder: Grauerlenauwälder werden als „gefährdet“ eingestuft. Eschenwälder und Schwarzerlenwälder an Fließgewässern gelten als „gefährdet“ bis „stark gefährdet“. Grauerlen- und Eschenwälder werden als kaum regenerierbar klassifiziert, Schwarzerlenwälder an Fließgewässern hingegen als schwer regenerierbar. Die Bestandstrends dieser Auenwälder sind unbekannt. b) Beeinträchtigungs- und Gefährdungsfaktoren Erlen-Eschen- und Weichholzauenwälder unterliegen einer Vielzahl an Gefährdungen (vgl. Tab. 3). Häufig kommt es zur Beseitigung von Tot- und Altholz. Problematisch für den Lebensraumtyp sind des Weiteren v. a. der Gewässerausbau, der zu Änderungen des hydrologischen Regimes führt, der Eintrag atmogener Schadstoffe, anthropogene Eingriffe und Störungen, Habitatfragmentierung und die Ausbreitung von invasiven nicht-einheimischen Arten (BFN/BMUB 2013, vgl. Tab. 3). Tab. 3: Beeinträchtigungen und Gefährdungen gem. FFH-Bericht 2013 (BFN/BMUB 2013)

Code Beeinträchtigung/Gefährdung Bedeutung als Beeinträchtigung

Bedeutung als Gefährdung

A11 andere landwirtschaftliche Aktivitäten gering gering

B02 Forstliches Flächenmanagement mittel

B02.01.02 Wiederaufforstung mit nicht autochthonen Gehölzen

gering

B02.02 Einschlag, Kahlschlag mittel mittel

B02.04 Beseitigung von Tot- und Altholz hoch mittel

B07 andere forstwirtschaftliche Aktivitäten mittel

D01 Straßen, Wege und Schienenverkehr mittel mittel

F03.01.01 Wildschäden (durch überhöhte Populationsdichten)

gering mittel

G01 Sport und Freizeit (Outdoor-Aktivitäten) gering mittel

G05 Andere menschliche Eingriffe und Störungen mittel

G05.06 Baumsanierungsmaßnahmen, Fällen aus Verkehrssicherungsgründen

hoch

H01 Verschmutzung von Oberflächengewässern (limnisch, terrestrisch, marin & Brackgewässer)

mittel mittel

H04 Luftverschmutzung und atmogene Schadstoffe hoch

H04.02 atmogener Stickstoffeintrag mittel

H06.01 Lärmbelastung gering

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Code Beeinträchtigung/Gefährdung Bedeutung als Beeinträchtigung

Bedeutung als Gefährdung

I01 invasive nicht-einheimische Arten mittel mittel

J02.02.01 limnische Sedimenträumung, Ausbaggerung hoch

J02.04 Änderungen der Überflutung, des Überstauens hoch mittel

J02.04.02 Ausfall/ Vermindern von Überflutung mittel

J02.05 Änderung des hydrologischen Regimes und Funktionen

hoch hoch

J02.05.02 Veränderungen von Lauf und Struktur von Fließgewässern

mittel mittel

J02.07 Nutzung/ Entnahme von Grundwasser mittel mittel

J02.10 Entfernen von Wasserpflanzen- u. Ufervegetation zur Abflussverbesserung

mittel mittel

J02.12.02 Deiche und Flutschutz in Inlandgewässersystemen

mittel

J03.02 Anthropogene Verminderung der Habitatvernetzung, Fragmentierung von Habitaten

hoch mittel

K04.03 Eingeschleppte Krankheiten bei Pflanzen gering mittel

Tab. 3 gibt einen Überblick über alle Beeinträchtigungen und Gefährdungen, die im letzten Nationalen FFH-Bericht (BFN/BMUB 2013) für diesen Lebensraumtyp angegeben wurden. Auf dieser Grundlage werden in Tab. 4 diejenigen Beeinträchtigungs- und Gefährdungsfaktoren genannt, für die bei der Literatur- und Projektrecherche geeignete gegensteuernde Maßnahmen ermittelt werden konnten. Da einige der im Bericht genutzten Faktoren z. T. stark pauschalisierte Kategorien darstellen, werden in Tab. 4 solche Faktoren in eckigen Klammern um Beispiele bzw. Erläuterungen zu denjenigen Aspekten ergänzt, auf die sich die empfohlenen Maßnahmen im Kontext des jeweiligen Faktors beziehen. Die einzelnen Diese Maßnahmen werden in Abschnitt E näher beschrieben und mit Angaben zu Beispielprojekten sowie weiterführender Literatur bzw. Internetlinks versehen.

Tab. 4: Ausgewählte Beeinträchtigungs- und Gefährdungsfaktoren mit Empfehlungen für

gegensteuernde Maßnahmen

Ausgewählte Faktoren Empfohlene Maßnahmen

Änderung des hydrologischen Regimes und Funktionen, Veränderungen von Lauf und Struktur von Fließgewässern

M.8

Einschlag, Kahlschlag [Flächenräumung ohne ausreichenden Verbleib von Altbäumen]

M.1, M.2, M.3

Forstliches Flächenmanagement [z. B. stellenweise Beeinträchtigungen der Kraut- und Strauchschicht durch Befahrung, Beseitigung von Tot- und Altholz]

M.1, M.2, M.3, M.4

Nutzung/Entnahme von Grundwasser M.8

Invasive nicht-einheimische Arten M.6

Anthropogene Verminderung der Habitatvernetzung, Fragmentierung von Habitaten

M.1, M.2, M.3, M.4, M.7, M.8, M.9

Landwirtschaftliche Aktivitäten und damit einhergehende Nähr- und Schadstoffeinträge

M.5

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D. Zukunftsaussichten

Die Zukunftsaussichten des Lebensraumtyps 91E0 werden in der atlantischen Region Deutschlands als weniger gut angesehen. Gründe hierfür liegen vor allem in den zum Teil schwer zu kontrollierenden Gefährdungen (v. a. atmogene Schadstoffeinträge, Änderung der Hydrologie, Ausbreitung invasiver nicht-heimischer Arten, Gewässerverschmutzung), die eine schlechte Ausprägung der „Spezifischen Strukturen und Funktionen“ bewirken.

E. Handlungsempfehlungen

a) Schwerpunkträume für Maßnahmen aus Bundessicht Die Maßnahmenumsetzung sollte sich aus Bundessicht schwerpunktmäßig auf größere, zusammenhängende Gebiete entlang der Fließgewässer beziehen, also insbes. Ems, Hase, Aller, Oker, Leine, Wümme, Este sowie Unterweser und Unterelbe. Vorteilhaft wäre dies im Hinblick auf den Artenaustausch (insbes. durch verbesserte Wanderungsmöglichkeiten), der im Zuge des Klimawandels immer wichtiger wird. b) Übergeordneter Maßnahmen- und Entwicklungsbedarf Für die nachhaltige Verbesserung des Erhaltungszustands der Erlen-Eschen- und Weichholzauenwälder in der atlantischen Region Deutschlands sind vor allem bei den „Spezifischen Strukturen und Funktionen“ Verbesserungen nötig (vgl. auch Auenzustandsbericht BRUNOTTE et al. 2010 und Kartendienst des BfN unter http://www.geodienste.bfn.de/flussauen, zuletzt aufgerufen am 21.06.2016). Folgende Faktoren sind dabei besonders relevant: – regelmäßige Überflutung bzw. naturnahe hydrologische Standortsverhältnisse – lebensraumschonende Waldbewirtschaftung mit Belassen eines ausreichenden Anteils an

Alt- und Totholz oder stellenweise Nutzungsverzicht. c) Einzelmaßnahmen Folgende Maßnahmen werden im Anschluss näher beschrieben: M.1 Lebensraumschonende Waldbewirtschaftung M.2 Erhaltung und Förderung eines ausreichenden Anteils an Alt- und Totholz sowie Habitat-

bzw. Biotopbäumen M.3 Förderung der Naturverjüngung M.4 Erhaltung und Förderung naturnaher Waldaußen- und Innenränder M.5 Anlage von Pufferzonen M.6 Zurückdrängen invasiver Neophyten M.7 Nutzungsverzicht M.8 Wiederherstellung einer naturnahen Abflussdynamik und eines gebietstypischen

Wasserhaushalts M.9 Neuentwicklung des LRT

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M.1 Lebensraumschonende Waldbewirtschaftung

Die Bewirtschaftung von Weichholzauenwäldern sollte im Hinblick auf die Erhaltung und Entwicklung eines günstigen Erhaltungszustands erfolgen. Grundsätzlich sollte dafür eine Verlängerung der Umtriebszeit zur Steigerung des Altersdurchschnitts und damit Erhöhung der Anzahl an Bäumen hoher naturschutzfachlicher Bedeutung angestrebt werden. Die forstliche Bewirtschaftung sollte daher auf das Produktionsziel Starkholz bzw. Wertholz ausgerichtet sein. Eine lange Umtriebszeit steht allerdings, aufgrund der hohen Anfälligkeit der Schwarz-Erle (Alnus glutinosa) gegenüber Kernfäule, im Widerspruch zur Produktion von Wertholz. So sind bereits im Alter von 100 Jahren über 80 % der Bäume von Kernfäule befallen. In den Grundlagen und Empfehlungen für eine nachhaltige Bewirtschaftung der Schwarz-Erle in Mecklenburg-Vorpommern wird daher empfohlen, den angestrebten Zieldurchmesser von 45 cm möglichst früh zu erreichen und einen Produktionszeitraum von ca. 70 Jahren anzustreben (vgl. RÖHE & SCHRÖDER 2010). Damit trotzdem ein ausreichender Anteil der Schwarz-Erlen-Bestände ein naturschutzfachlich hochwertiges Bestandesalter erreicht, sollten bei Hiebs- bzw. Verjüngungsmaßnahmen in qualitativ minderwertigeren Bestandesteilen lediglich einzelne qualitativ hochwertige, hiebsreife Einzelbäume entnommen werden und eine weitere Nutzung dieser Beständesteile anschließend nicht mehr stattfinden. Als Orientierung kann auch die Leitlinie „Naturschutzfachliche Anforderungen an forstliche Nutzungen in Erlenwäldern, die dem gesetzlichen Biotopschutz unterliegen“ des Ministeriums für Landwirtschaft, Umwelt und Verbraucherschutz Mecklenburg-Vorpommern herangezogen werden, wonach auf min. 10 % der Bestandesfläche Gruppen mit mind. je 10 Bäumen, darunter Biotop-, Alt- und Totholzbäume, ausgewiesen und „bis zum natürlichen Zusammenbruch“ erhalten bleiben (RÖHE & SCHRÖDER 2010). Bei der Esche nimmt bei einem Alter von 60–80 Jahren die Gefahr einer häufig stark wertmindernden Kernbildung zu, weswegen gängige Empfehlungen dazu raten, den gewünschten Zieldurchmesser von 60 cm bereits im Alter von 60 Jahren zu erreichen. Allerdings werden teilweise auch Eschen mit regelmäßig und großflächig ausgeprägtem Braunkern hochpreisig verkauft. Zudem wird gerade auf kalkreichen Standorten der Braunkern häufiger als sehr hochwertiger Olivkern ausgebildet. Das Risiko der Braunkernbildung verringert sich auch durch moderne Waldbauverfahren mit konsequenter und fortlaufender Kronenfreistellung. Weidenauenwälder werden i. d. R. nicht forstwirtschaftlich genutzt. Die in den Roten Listen zumeist als stark gefährdet eingestufte Schwarz-Pappel sowie die baumförmigen Weiden besitzen im Rahmen der Holzproduktion heute keinerlei wirtschaftliche Bedeutung mehr, eine Erhöhung des Bestandesalters ist daher konfliktlos möglich. Zur Förderung der Strukturvielfalt und Erhöhung der Naturnähe sollten außerdem folgende Aspekte berücksichtigt werden: – Belassen eines ausreichenden Anteils an Alt- und Totholz sowie an Habitat- bzw.

Biotopbäumen (zur Quantifizierung und Vorgehensweise siehe M.2), – Entwicklung strukturell vielseitig gestalteter Waldränder (zur Vorgehensweise siehe M.4), – Durchführung von Holzeinschlägen und Rückearbeiten nur im Zeitraum von Oktober bis

Februar, Befahrung des Waldbodens nur auf dauerhaft festgelegten und markierten

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Rückegassen im Abstand von 40 m sowie idealerweise bei gefrorenem Boden. Bei empfindlichen Nassstandorten empfiehlt sich der Einsatz von zwar i. d. R. kostspieligeren, jedoch äußerst bodenschonenden Seilkrananlagen zur Holzbringung.

– Jungbestandspflege nur außerhalb der Hauptvogelbrutzeit (März–Juli), idealerweise nur zwischen Oktober und Februar,

– Schrittweise Nutzung nicht standortsgerechter und/oder nicht autochthoner Baumarten und Umbau entsprechender Bestände unter Vermeidung von Naturverjüngung der standortsfremden Baumarten; Umwandlung nicht lebensraumtypischer, nicht autochthoner Forstbestände in Weichholzauenwälder (zur Vorgehensweise siehe M.8),

– Ausweisung von Horstschutzzonen bei Brutvorkommen störungsempfindlicher Großvögel, – Bevorzugung von Naturverjüngung vor Saat und Pflanzung (zur Vorgehensweise siehe

M.3), – Belassen natürlich entstandener Lichtungen und Bestandeslücken sowie anschließendes

Zulassen von Sukzession in Vor- und Pionierwaldstadien. Auf folgende, sich negativ auf die biologische Vielfalt auswirkende forstliche Maßnahmen sollte verzichtet werden: – Schirm- und Kahlschläge, – Einsatz von Pflanzenschutzmitteln, – Anbau und Förderung nicht standortsgerechter und/oder nicht autochthoner Baumarten wie

z. B. Hybrid-Pappel oder Fichte, – Befahren des Waldbodens abseits von Rückegassen und zu ungünstigen

Witterungsverhältnissen, d. h. bei feuchtem bzw. nassem Boden, – ganzjährige Durchführung forstlicher Maßnahmen, – Ausbau und Neubau von Wegen (falls unverzichtbar, Beschränkung auf minimal mögliche

Wegenetzdichte).

Praktikabilität Kosten/Nutzen Zeithorizont Durchführung hoch gut mittelfristig dauerhaft

Projekte und Quellen:

KAISER, T. & WOHLGEMUTH, O. (2002): Schutz-, Pflege- und Entwicklungsmaßnahmen für Biotoptypen in Niedersachsen. Beispielhafte Zusammenstellung für die Landschaftsplanung. − Informationsdienst Naturschutz Niedersachsen 04/2002: 170−242.

LAU (LANDESAMT FÜR UMWELTSCHUTZ IN SACHSEN-ANHALT) (Hrsg.) (2002): Die Lebensraumtypen nach Anhang I der Fauna-Flora-Habitatrichtlinie im Land Sachsen-Anhalt. − Naturschutz im Land Sachsen-Anhalt, Sonderheft 39: 1−368. http://www.lau.sachsen-anhalt.de/fileadmin/Bibliothek/Politik_und_Verwaltung/MLU/LAU/Naturschutz/ Publikationen/Dateien/Broschuere_AnhangI-LRT.pdf. Aufgerufen am 09.06.2016.

RÖHE, P. & SCHRÖDER, J. (2010): Grundlagen und Empfehlungen für eine nachhaltige Bewirtschaftung der Roterle in Mecklenburg-Vorpommern, 58 S. http://www.wald-mv.de/lib/media.php?id=2169. Aufgerufen am 26.03.2015.

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NLWKN (NIEDERSÄCHSISCHER LANDESBETRIEB FÜR WASSERWIRTSCHAFT, KÜSTEN- UND NATURSCHUTZ) (Hrsg.) (2009): Vollzugshinweise zum Schutz der FFH-Lebensraumtypen sowie weiterer Biotoptypen mit landesweiter Bedeutung in Niedersachsen. Teil 1: FFH-Lebensraumtypen und Biotoptypen mit höchster Priorität für Erhaltungs- und Entwicklungsmaßnahmen – Weiden-Auwälder. – Niedersächsische Strategie zum Arten- und Biotopschutz, Hannover, 15 S. http://www.nlwkn.niedersachsen.de/download/25851. Aufgerufen am 26.03.2015.

NLWKN (NIEDERSÄCHSISCHER LANDESBETRIEB FÜR WASSERWIRTSCHAFT, KÜSTEN- UND NATURSCHUTZ) (Hrsg.) (2010): Vollzugshinweise zum Schutz der FFH-Lebensraumtypen sowie weiterer Biotoptypen mit landesweiter Bedeutung in Niedersachsen. Teil 2: FFH-Lebensraumtypen und Biotoptypen mit Priorität für Erhaltungs- und Entwicklungsmaßnahmen – Erlen-Eschenwälder an Fließgewässern. – Niedersächsische Strategie zum Arten- und Biotopschutz, Hannover, 17 S. http://www.nlwkn.niedersachsen.de/servlets/download?C=61913171&L=20. Aufgerufen am 26.03.2015.

NÜSSLEIN, S. (2002): Waldbauliche Behandlung der Esche, 3 S.; erschienen in: Beiträge zur Esche – Fachtagung zum Baum des Jahres, Seite 41-43 http://www.lwf.bayern.de/waldbau-bergwald/waldbau/070929/index.php. Aufgerufen am 26.03.2015.

M.2 Erhaltung und Förderung eines ausreichenden Anteils an Alt- und Totholz sowie Habitat- bzw. Biotopbäumen

Habitat- oder Biotopbäume sind Bäume, „die aufgrund ihrer Beschaffenheit eine besondere Bedeutung für Fauna und Flora haben“ (LWF 2014, SCHWEIZER VOGELSCHUTZ SVS/BIRDLIFE

SCHWEIZ o. J.): – sehr alte Bäume und Baumriesen, – Höhlenbäume (Bäume mit aktiven/bewohnten Höhlen, inbes. von Spechten, Fledermäusen,

Bilchen etc.), – Bäume mit Mulmhöhlen, Stammfußhöhlen und Zwieseln, – Horstbäume, – Bäume mit abgestorbenen Ästen, Kronenbruch und Kronentotholz, – Bäume mit Stammverletzungen, Rissen und Rindentaschen, – Bäume mit starkem Moos-, Flechten- und Pilzbewuchs, – mit Efeu überwachsene Bäume, – schrägwüchsige Bäume und Weichhölzer (z. B. sind Salweide (Salix caprea) oder

Zitterpappel (Populus tremula) Raupenfutterpflanzen von Waldschmetterlingen und wichtig für zahlreiche Pilzarten).

Besonders bedeutsam sind starkes Totholz, totholzreiche Uraltbäume sowie Horst- und Höhlenbäume. Eine Untersuchung im schweizerischen Forstbetrieb Baden (Kanton Aargau), durchgeführt von der WSL (Eidgenössische Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft), ergab, dass Bäume mit einem BHD unter 40 cm im Mittel geringe naturschutzfachliche Bedeutung aufweisen. Ab 40 cm BHD können Bäume jedoch bereits eine sehr hohe naturschutzfachliche Bedeutung haben. Der ökologische Wert eines Baumes nimmt demnach mit zunehmendem Durchmesser statistisch signifikant zu (NIEDERMANN-MEIER et al. 2010). Zur Erhaltung der Biodiversität in Erlen-Eschen- und Weichholzauenwäldern ist es notwendig, Alt- und Totholz sowie Habitat- bzw. Biotopbäume in ausreichendem Maße im Bestand zu erhalten. Dieses sollte durch folgende Maßnahmen angestrebt werden:

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– Nutzungsverzicht auf Teilflächen, – Erhaltung eines ausreichenden Anteils an strukturreichen Altholzbeständen. In den

Vollzugshinweisen des NLWKN (2009, 2010) zum Schutz der FFH-Lebensraumtypen wird empfohlen, dass geschlossene Altholzbestände einen Anteil von mindestens 20 %, idealerweise > 35 % der LRT-Fläche eines FFH-Gebietes einnehmen sollten.

– Ausweisung von möglichst strukturreichen Altholzinseln bzw. Habitatbaumgruppen. Dabei ist auf eine möglichst hohe Gruppenstabilität zu achten, um eine hohe Lebensdauer bzw. langfristige Erhaltung zu gewährleisten.

– Ausweisung von besonders strukturierten Habitatbäumen bzw. Biotopbäumen. – Belassen von Altholzanteilen bei der Endnutzung. Wichtig dabei ist, dass die einzelnen Alt- und Totholzbestände sowie Habitatbäume bzw. Biotopbäume untereinander vernetzt sind; die Distanz sollte nur wenige 100 Meter betragen. Untersuchungen ergaben, dass vernetzte Gruppen von Totholz die Artenvielfalt in höherem Maße fördern als einzelne, voneinander isolierte Alt- und Totholzelemente. Ziel ist, für die auf die Alters- und Zerfallsphase des Waldes spezialisierten, also (Tot-)Holz bewohnenden Arten (Fledermäuse, höhlenbrütende Vögel, Insekten, Pilze, Flechten, Moose etc.), das Habitat zu erhalten bzw. zu verbessern. Die einzelnen Bundesländer in Deutschland bzw. die Schweiz sprechen unterschiedliche Empfehlungen bzw. für den Staatswald verbindliche Forderungen zwischen 3 und 10 Habitatbäumen pro Hektar aus. Für die Bewertung der Habitatstrukturen des Lebensraumtyps im Rahmen des bundesweiten FFH-Monitorings (PAN & ILÖK 2010) gelten folgende Grenzwerte: – Wertstufe A (hervorragende Ausprägung): mindestens 6 lebende Habitatbäume pro Hektar

und mehr als drei liegende und stehende Stücke starken Totholzes pro Hektar, – Wertstufe B (gute Ausprägung): mindestens drei lebende Habitatbäume pro Hektar und

mehr als ein liegendes oder stehendes Stück starken Totholzes pro Hektar. Die Angaben für Wertstufe B können als Minimalwerte angesehen werden, langfristig wären die Grenzwerte der Wertstufe A anzustreben.

Praktikabilität Kosten/Nutzen Zeithorizont Durchführung sehr hoch gut mittelfristig dauerhaft

Projekte und Quellen:

JEDICKE, E. (2006): Altholzinseln in Hessen. Biodiversität in totem Holz − Grundlagen für einen Alt- und Totholz-Biotopverbund. − Bing & Schwarz GmbH, Korbach.

JEDICKE, E. (2008): Biotopverbund für Alt- und Totholz-Lebensräume. Leitlinien eines Schutzkonzepts inner- und außerhalb von Natura 2000. − Naturschutz und Landschaftsplanung 40: 379−385.

KAISER, T. & WOHLGEMUTH, O. (2002): Schutz-, Pflege- und Entwicklungsmaßnahmen für Biotoptypen in Niedersachsen. Beispielhafte Zusammenstellung für die Landschaftsplanung. − Informationsdienst Naturschutz Niedersachsen 04/2002: 170−242.

LANDESBETRIEB FORSTBW (Hrsg.) (2010): Alt- und Totholzkonzept Baden-Württemberg. − Stuttgart, 37 S. http://www.fva-bw.de/publikationen/sonstiges/aut_konzept.pdf. Aufgerufen am 28.02.2013.

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MELFF (MINISTERIUM FÜR ERNÄHRUNG, LANDWIRTSCHAFT, FORSTEN UND FISCHEREI MECKLENBURG-VORPOMMERN) (Hrsg.) (2002): Richtlinie zur Sicherung von Alt- und Totholzanteilen im Wirtschaftswald mit erläuternder Einführung. − Schwerin, 18 S. http://www.wald-mv.de/style-a1/lib/media.php%3Fid%3D157&ei=JuDVSq6yLZ3ymwPi6vj9Ag&sa=X&oi=spell meleon_result&resnum=1&ct=result&ved=0CAYQhgIwAA&usg=AFQjCNHKcT2Jt1W545BWHzKy0JNpcMe3XA. Aufgerufen am 26.03.2015.

MULEWF (MINISTERIUM FÜR UMWELT, LANDWIRTSCHAFT, ERNÄHRUNG, WEINBAU UND FORSTEN RHEINLAND PFALZ) (Hrsg.) (2011): BAT-Konzept. Konzept zum Umgang mit Biotopbäumen, Altbäumen und Totholz bei Landesforsten Rheinland-Pfalz. − Mainz, 26 S. http://www.wald-rlp.de/fileadmin/website/downloads/angebote/bat_konzept.pdf. Aufgerufen am 26.03.2015.

NEFT, R. (2006): Biotopbäume und Totholz im bayerischen Staatswald schützen, erhalten und fördern. − LWF aktuell 55/2006: 28−30. http://www.lwf.bayern.de/mam/cms04/service/dateien/a55_biotopbaeume_und_totholz_im_bayerischen_staatswald.pdf. Aufgerufen am 26.03.2015.

NIEDERMANN-MEIER, S., MORDINI, M., BÜTLER, R. & ROTACH, P. (2010): Habitatbäume im Wirtschaftswald: ökologisches Potenzial und finanzielle Folgen für den Betrieb? Schweizerische Zeitschrift für Forstwesen; Ausgabe 10/2010; S.391-400. http://www.slf.ch/info/mitarbeitende/buetler/publications/SZF_161__2010__10_Niedermann-1.pdf. Aufgerufen am 26.03.2015.

NLF (NIEDERSÄCHSISCHE LANDESFORSTEN) (Hrsg.) (2011): Das LÖWE-Programm. 20 Jahre langfristige ökologische Waldentwicklung. − Braunschweig, 31 S. http://www.ml.niedersachsen.de/download/69004/Broschuere_der_Niedersaechsischen_Landesforsten_20_Jahre_langfristige_oekologische_Waldentwicklung_Das_LOeWE-Programm.pdf. Aufgerufen am 26.03.2015.

NLWKN (NIEDERSÄCHSISCHER LANDESBETRIEB FÜR WASSERWIRTSCHAFT, KÜSTEN- UND NATURSCHUTZ) (Hrsg.) (2009): Vollzugshinweise zum Schutz der FFH-Lebensraumtypen sowie weiterer Biotoptypen mit landesweiter Bedeutung in Niedersachsen. Teil 1: FFH-Lebensraumtypen und Biotoptypen mit höchster Priorität für Erhaltungs- und Entwicklungsmaßnahmen – Weiden-Auwälder. – Niedersächsische Strategie zum Arten- und Biotopschutz, Hannover, 15 S. http://www.nlwkn.niedersachsen.de/download/25851. Aufgerufen am 26.03.2015.

NLWKN (NIEDERSÄCHSISCHER LANDESBETRIEB FÜR WASSERWIRTSCHAFT, KÜSTEN- UND NATURSCHUTZ) (Hrsg.) (2010): Vollzugshinweise zum Schutz der FFH-Lebensraumtypen sowie weiterer Biotoptypen mit landesweiter Bedeutung in Niedersachsen. Teil 2: FFH-Lebensraumtypen und Biotoptypen mit Priorität für Erhaltungs- und Entwicklungsmaßnahmen – Erlen-Eschenwälder an Fließgewässern. – Niedersächsische Strategie zum Arten- und Biotopschutz, Hannover, 17 S. http://www.nlwkn.niedersachsen.de/servlets/download?C=61913171&L=20. Aufgerufen am 26.03.2015.

PAN & ILÖK (2010): Überarbeitete Bewertungsbögen der Bund-Länder-Arbeitkreise als Grundlage für ein bundesweites FFH-Monitoring. – Bonn FKZ 805 82 013: 206

WEIS, J. & KÖHLER, F. (2005): Erfolgskontrolle von Maßnahmen des Totholzschutzes im Wald. − LÖBF-Mitteilungen 3/2005: 26−29.

M.3 Förderung der Naturverjüngung

Grundsätzlich sollte Naturverjüngung Vorrang vor Pflanzung bzw. Saat haben. Naturverjüngung ist sowohl im Hinblick auf die Bestandesstabilität als auch in Bezug auf eine naturnahe Waldbewirtschaftung unter Einbeziehung der natürlichen Dynamik vorteilhafter. Auch aus wirtschaftlicher Sicht ist eine Naturverjüngung zu empfehlen, da dies häufig kostengünstiger als eine Pflanzung bzw. Saat ist und den Vorteil standörtlich angepasster Pflanzen bietet.

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In fließgewässerbegleitenden Erlen- und Eschenauenwäldern sowie in quellig durchsickerten Wäldern in Tälern oder an Hangfüßen mit natürlicher Gewässerdynamik ist eine erfolgreiche natürliche Verjüngung der Schwarz-Erle (Alnus glutinosa) möglich: Beispielsweise werden in fließgewässerbegleitenden Hainmieren-Schwarzerlen-Auenwäldern mit natürlicher Gewässer-dynamik die zur Keimung unbedingt benötigten Rohbodenstandorte bzw. freiliegenden und vegetationsfreien Mineralböden regelmäßig entweder durch Anlandungen bzw. Übererdungen bei Überflutungen und/oder durch Uferabrisse bzw. Abtragungen und Umlagerungen aufgrund Erosion geschaffen. In quellig durchsickerten Traubenkirschen-Erlen-Eschenwäldern in Tälern oder an Hangfüßen mit natürlicher Gewässerdynamik finden hingegen in unregelmäßigen Abständen flächige, überdurchschnittlich lang anhaltende Überstauungen mit (Grund-)Wasser während der Vegetationszeit statt, woraus ein flächiges Absterben der Schwarz-Erlen-Verjüngung bei gleichzeitigem Absterben der Bodenvegetation resultiert. Verursacht wird dies durch Starkregenereignisse und/oder Staudammbau durch Biber. Nach Abtrocknen der Standorte stellt sich eine reichliche natürliche Verjüngung der Schwarz-Erle auf dem vegetationsfreien Mineralboden ein, zusätzlich ist ausreichend Licht für das Auflaufen der Pionierbaumart vorhanden. Bei nicht mehr vorhandener natürlicher Gewässerdynamik entstehen Rohbodenstandorte bzw. freiliegender und vegetationsfreier Mineralboden lediglich noch kleinflächig, verursacht beispielweise durch Sturmwurf oder Wildschweine. Eine natürliche Verjüngung ist auf derartige Standorte beschränkt, da auf den restlichen Flächen durch die (dichte) Bodenvegetation die Keimung und/oder das Wachstum der Jungpflanzen verhindert wird. Für eine erfolgreiche natürliche Verjüngung sind dabei durchaus geeignete Flächen mit einer Größe von weniger als 1 m² ausreichend. Die Schwarz-Erle keimt zudem auf Großseggen-Bulten und verjüngt sich im Rahmen der Kadaververjüngung. Durch derartig kleinflächig auftretende natürliche Verjüngung können jedoch i. d. R. weder die forstwirtschaftlichen Anforderungen zur Wertholzproduktion erfüllt noch der LRT-typische hohe Anteil an Schwarz-Erle erhalten werden. In den „Grundlagen und Empfehlungen für eine nachhaltige Bewirtschaftung der Roterle [hier als Synonym für die Schwarz-Erle gebraucht] in Mecklenburg-Vorpommern“ wird daher empfohlen, kleinflächige Schwarz-Erlenwälder durch Lochhiebe mit einer Größe von 0,3 bis 0,5 ha zu verjüngen; im Managementplan „Täler südöstlich Lommatzsch“ wird zur Verjüngung der Schwarz-Erle im fließgewässerbegleitenden Erlen-Eschen-Auenwald ebenfalls die Anlage von 0,3 ha großen Bestandslücken gefordert (vgl. LFULG 2007). Bei einem Lochhieb werden, ähnlich einem Femelschlag, mosaikartig über die Fläche verteilte kleinflächige Kahlschläge unterschiedlicher Form durchgeführt. Bei einer zeitlich getrennten Anlage und unterschiedlicher Größe der Schläge sowie einer ungleichmäßigen Verteilung über die Bestandsfläche können dabei ungleichaltrige und strukturierte Schwarz-Erlenwälder entwickelt werden. Die Freiflächen müssen anschließend mit Blick auf die o. g. Gründe bepflanzt werden. Allerdings sollen die bereits in der darauffolgenden Vegetationszeit reichlich austreibenden Stockausschläge übernommen und in den nachfolgenden Bestand integriert werden. Die Naturverjüngung der Esche (Fraxinus excelsior) ist auch bei fehlender natürlicher Gewässerdynamik leicht zu etablieren. Rohbodenstandorte bzw. freiliegender Mineralboden sind zur Keimung nicht notwendig, benötigt wird lediglich eine biologisch aktive Humusform.

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Die Dichte der Bodenvegetation beeinflusst den Erfolg der natürlichen Verjüngung i. d. R. auch nicht negativ. Die Keimung auf Auflagehumusformen ist hingegen nicht möglich. Des Weiteren findet die Keimung selbst bei schlechten Lichtverhältnissen statt und die Sämlinge sind anfangs relativ schattentolerant. Der Lichtbedarf steigt mit zunehmendem Alter jedoch stark an. In Weidenauenwäldern an regelmäßig und oft länger überfluteten Flussufern mit natürlicher Gewässerdynamik ist eine erfolgreiche natürliche Verjüngung der Silber-Weide (Salix alba), der Bruch-Weide (Salix fragilis), der Fahl-Weide (Bastard aus Silber- und Bruchweide, S. x rubens) sowie der Schwarz-Pappel (Populus nigra) möglich. Die zur Keimung unbedingt benötigten Rohbodenstandorte bzw. freiliegenden und vegetationsfreien Mineralböden werden durch Erosion und Sedimentation bzw. Substratumlagerung unter Bildung von Sedimentbänken regelmäßig neu geschaffen. Zusätzlich ist ausreichend Licht für das Auflaufen der Pionierbaumarten vorhanden. Bei ausreichenden und auch geeigneten Diasporenquellen in der näheren Umgebung (ausgeglichenes Geschlechterverhältnis der Weiden, genetisch diversifizierte Bestände bei Schwarz-Pappel und Weiden sowie genetisch sicher bestätigte Schwarz-Pappeln) soll die natürliche Sukzession einer Pflanzung stets bevorzugt werden. Bei nicht mehr vorhandener natürlicher Gewässerdynamik erfolgt eine natürliche Verjüngung kaum mehr, da durch die (dichte) Bodenvegetation die Keimung und/oder das Wachstum der Jungpflanzen verhindert wird. Allerdings findet auch bei natürlicher Gewässerdynamik auf Standorten bestehender Weidenauenwälder teilweise eine fortlaufende Aufhöhung durch Übererdung während Überflutungen statt. Dieser Prozess führt langfristig zu einer Sukzession zu Hartholzauenwäldern. Eine natürliche Verjüngung der Weidenauenwälder ist auf derartigen Standorten langfristig ebenfalls nicht mehr möglich. In bestehenden Weidenauenwäldern, in denen aufgrund fehlender oder sehr langsam verlaufender Aufhöhung durch Sedimentation bzw. hohe Grundwasserstände eine Sukzession zu Hartholzauewäldern verhindert wird, ist jedoch häufig eine erfolgreiche natürliche vegetative Verjüngung der Baum-Weiden aufgrund Polykormonbildung (Wurzelbrut) möglich. Eine nicht zu unterschätzende Gefährdung der Naturverjüngung geht von dem selektiven Wildverbiss aus. Die Schalenwildbestände sind jedoch nach der Waldstrategie 2020 des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz „so zu regulieren, dass eine natürliche Verjüngung der Hauptbaumarten ohne Zaun möglich wird“ (BMELV 2011), d. h. auf Standorten mit natürlicherweise vorkommenden Weichholzauenwäldern und einem ausreichenden Verjüngungspotential muss mindestens die Verjüngung der Schwarz-Erle und der Esche sowie der Baum-Weiden und der Schwarz-Pappel ohne Zäunung erfolgreich möglich sein.

Praktikabilität Kosten/Nutzen Zeithorizont Durchführung hoch sehr gut langfristig dauerhaft

Projekte und Quellen:

BMELV / BUNDESMINISTERIUM FÜR ERNÄHRUNG, LANDWIRTSCHAFT UND VERBRAUCHERSCHUTZ (2011): Waldstrategie 2020 Bonn, 36 S http://www.bmel.de/SharedDocs/Downloads/Broschueren/Waldstrategie2020.pdf?__blob=publicationFile. Aufgerufen am 26.03.2015.

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KÖLLING, C. & WALENTOWSKI, H. (2002): Die Rolle der Esche (Fraxinus excelsior) in einheimischen Waldgesellschaften, 15 S.; erschienen in: Beiträge zur Esche – Fachtagung zum Baum des Jahres, Seite 6-20. http://www.lwf.bayern.de/boden-klima/baumartenwahl/070234/index.php. Aufgerufen am 26.03.2015.

LFULG (LANDESAMT FÜR UMWELT, LANDWIRTSCHAFT UND GEOLOGIE) (2007): Kurzfassung MaP 086E „Täler südöstlich Lommatzsch“, 17 S. http://www.umwelt.sachsen.de/umwelt/natur/natura2000/ffh/Kurzfassung/086E_MaP_KF_T.pdf. Aufgerufen am 26.03.2015.

MLUL (MINISTERIUM FÜR LANDWIRTSCHAFT, UMWELTSCHUTZ UND RAUMORDNUNG DES LANDES BRANDENBURG) & LFE

(LANDESFORSTANSTALT EBERSWALDE) (2003): Die Schwarz-Erle (Alnus glutinosa [L.] Gaertn.) im nordostdeutschen Tiefland, 130 S.; erschienen in: Eberswalder Forstlichen Schriftenreihe – Band XVII. http://forst.brandenburg.de/cms/media.php/lbm1.a.4595.de/efs17.pdf. Aufgerufen am 26.03.2015.

NLWKN (NIEDERSÄCHSISCHER LANDESBETRIEB FÜR WASSERWIRTSCHAFT, KÜSTEN- UND NATURSCHUTZ) (Hrsg.) (2009): Vollzugshinweise zum Schutz der FFH-Lebensraumtypen sowie weiterer Biotoptypen mit landesweiter Bedeutung in Niedersachsen. Teil 1: FFH-Lebensraumtypen und Biotoptypen mit höchster Priorität für Erhaltungs- und Entwicklungsmaßnahmen – Weiden-Auwälder. – Niedersächsische Strategie zum Arten- und Biotopschutz, Hannover, 15 S. http://www.nlwkn.niedersachsen.de/download/25851. Aufgerufen am 26.03.2015.

NLWKN (NIEDERSÄCHSISCHER LANDESBETRIEB FÜR WASSERWIRTSCHAFT, KÜSTEN- UND NATURSCHUTZ) (Hrsg.) (2010): Vollzugshinweise zum Schutz der FFH-Lebensraumtypen sowie weiterer Biotoptypen mit landesweiter Bedeutung in Niedersachsen. Teil 2: FFH-Lebensraumtypen und Biotoptypen mit Priorität für Erhaltungs- und Entwicklungsmaßnahmen – Erlen-Eschenwälder an Fließgewässern. – Niedersächsische Strategie zum Arten- und Biotopschutz, Hannover, 17 S. http://www.nlwkn.niedersachsen.de/servlets/download?C=61913171&L=20. Aufgerufen am 26.03.2015.

NÜSSLEIN, S. (2002): Waldbauliche Behandlung der Esche, 3 S.; erschienen in: Beiträge zur Esche – Fachtagung zum Baum des Jahres, Seite 41-43. http://www.lwf.bayern.de/waldbau-bergwald/waldbau/070929/index.php. Aufgerufen am 26.03.2015.

REIF, A., GÄRTNER, S., ZIMMERMANN, R., SPÄTH, V. & LANGE, J. (2013): Exkursion 4: Auenentwicklung am südlichen Oberrhein – „Trockenaue“ und rezente Rheinaue. - Tuexenia – Beiheft Nr. 6, Jahrestagung der Floristisch-soziologischen Arbeitsgemeinschaft (FlorSoz) in Freiburg im Breisgau 2013, S. 125-170. https://www.freidok.uni-freiburg.de/fedora/objects/freidok:9122/datastreams/FILE1/content. Aufgerufen am 09.05.2015.

RÖHE, P. & SCHRÖDER, J. (2010): Grundlagen und Empfehlungen für eine nachhaltige Bewirtschaftung der Roterle in Mecklenburg-Vorpommern, 58 S. http://www.wald-mv.de/lib/media.php?id=2169. Aufgerufen am 26.03.2015.

SCHABER-SCHORR, G. & BÖNECKE, G. (2012): Gewässerpflege im Wald – Entwicklung schwarzerlenreicher Bachwälder. http://www.waldwissen.net/wald/naturschutz/gewaesser/fva_schwarzerle/index_DE. Aufgerufen am 26.03.2015.

WALENTOWSKI, H. & EWALD, J. (2003): Die Rolle der Schwarzerle in den Pflanzengesellschaften Mitteleuropas, 9 S.; erschienen in LWF Wissen (Berichte der Bayerischen Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft) – Beiträge zur Schwarzerle, Ausgabe 2003/42:11–19 http://www.lwf.bayern.de/boden-klima/baumartenwahl/067799/index.php. Aufgerufen am 26.03.2015.

M.4 Erhaltung und Förderung naturnaher Waldaußen- und -innenränder

Erhaltung und Entwicklung naturnah aufgebauter Waldränder sind wichtige Maßnahmen, um eine hohe Artenvielfalt im Übergangsbereich von Wald zu Offenland zu erhalten. Die optimale Waldrandausprägung im Grenzbereich von Wald zu Offenland besitzt einen dachartigen

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Aufbau und gliedert sich in einen Krautsaum aus Stauden und krautiger Vegetation, einen Strauchmantel, einen Traufmantel bzw. Waldmantel mit einem lockeren Baumbestand aus langsam wachsenden, konkurrenzschwachen und/oder in der Endhöhe niedrigeren Baumarten und dem eigentlichen Baumbestand. Diese Form des Waldrandes entwickelt sich typischerweise auf an Wald angrenzenden Sukzessionsflächen. Die FVA in Baden-Württemberg empfiehlt im Merkblatt „Lebensraum Waldrand“ die Entwicklung „einer vielgestaltigen Übergangszone von Wald zum Offenland“, sogenannte Mosaikwaldränder, mit einer Breite bis zu 30 m, „in der sich die Elemente der Saum-, Strauch- und Baumschicht mosaikartig durchmischen“ (ARBEITSGRUPPE ÖKOLOGIE DER LANDESFORSTVERWALTUNG BADEN-WÜRTTEMBERG - UNTERARBEITSGRUPPE WALDRÄNDER 1996). Zur dauerhaften Erhaltung gestufter Mosaikwaldränder werden folgende Pflegemaßnahmen bzw. Unterlassungen empfohlen: – Naturverjüngung soll einer Pflanzung vorgezogen werden. Pflanzungen sollen sich auf

seltene, (lichtliebende) autochthone Gehölzarten beschränken. – Auflichtung der Baumbestände an Waldrändern: Der Landesforst Mecklenburg-

Vorpommern empfiehlt zur Entwicklung von Mosaikwaldrändern in jungen Beständen – bis ins Stangenholzalter – sehr stark einzugreifen (MELFF 2000). Durch derartige Eingriffe werden bereits frühzeitig großkronige, solitärartige, stabile Bäume erzogen bzw. ein lockerer Baumbestand geschaffen, wodurch indirekt die Ausbildung anderer Waldrandstrukturen ermöglicht wird. Im Rahmen weiterer Pflegemaßnahmen soll diese Struktur durch einzelstammweise Nutzung und/oder Femelhiebe erhalten werden. In mittelalten und älteren, evtl. zusätzlich labilen, Beständen mit noch geradem, dichtem Außentrauf dürfen, um die Stabilität des nachgelagerten Bestandes nicht zu gefährden, keine starken Eingriffe durchgeführt werden. Eine Entwicklung von Mosaikwaldrändern ist im Fall derartiger Bestandesbilder i. d. R. erst bei Einleiten der Verjüngung möglich; hierbei soll ein stabiler(!) Teil des dichten, geraden Außentraufs belassen werden.

– Mahd: Krautsäume von Sukzessionswaldrändern bzw. zwischen Waldrandbereich und landwirtschaftlich genutztem Offenland müssen durch regelmäßige Mahd erhalten werden, diese sollte nicht vor August/September stattfinden und idealerweise abschnittsweise in periodischem Wechsel durchgeführt werden.

– Erhaltung und Förderung buschförmiger, tief beasteter Weichhölzer wie Zitter-Pappel und Sal-Weide sowie von Eichen aufgrund der hohen Bedeutung für diverse gefährdete Schmetterlingsarten.

– Alt- und Totholz soll in ausreichendem Maße vorhanden sein, indem Altholzgruppen sowie strukturreiche Einzelbäume erhalten werden. Hierbei ist jedoch die Verkehrssicherungs-pflicht zu beachten.

– Schlagabraum soll vor Ort liegen gelassen und ggf. zu größeren Haufen aufgeschichtet werden. Hierdurch werden Brutplätze/Lebensraum bzw. Deckungsschutz für Heckenbrüter, Kleinsäuger und Totholzspezialisten geschaffen, des Weiteren entstehen windgeschützte Bodenbereiche.

– Förderung der Entstehung von Offenbodenstellen sowie Freistellung dieser. – Vorhandene Kleinstrukturen wie Ameisenhaufen, Steinriegel usw. sind unbedingt zu

erhalten. – Seltene und/oder lichtliebende autochthone, standortsgerechte Gehölzarten sollen

gefördert werden.

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Die Waldrandentwicklung sollte insbesondere an stark besonnten, südlich exponierten Waldrändern und an Waldrändern, die sich in Verzahnung mit extensiv genutztem Offenland befinden, durchgeführt werden, da an derartigen Standorten naturnahe Waldränder eine hohe Bedeutung für die Artenvielfalt aufweisen. Buchtig ausgeformte Waldränder erhöhen dabei die positiven Wirkungen der Randeffekte.

Praktikabilität Kosten/Nutzen Zeithorizont Durchführung hoch gut mittelfristig dauerhaft

Projekte und Quellen:

ARBEITSGRUPPE ÖKOLOGIE DER LANDESFORSTVERWALTUNG BADEN-WÜRTTEMBERG – UNTERARBEITSGRUPPE WALDRÄNDER (1996): Lebensraum Waldrand – Schutz und Gestaltung, 16 S. In: Merkblätter der Forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt Baden-Württemberg, Ausgabe 48. http://www.fva-bw.de/publikationen/merkblatt/mb_48.pdf. Aufgerufen am 26.03.2015.

COCH, T. (1995): Waldrandpflege. Grundlagen und Konzepte. − Neumann Verlag, Radebeul.

DVL (DEUTSCHER VERBAND FÜR LANDSCHAFTSPFLEGE) (Hrsg.) (1998): Waldrand. Hinweise zur Biotop- und Landschaftspflege. − Beutel, 8 S. http://www.lpv.de/uploads/tx_ttproducts/datasheet/brb_heft_waldrand.pdf. Aufgerufen am 26.03.2015.

GÜTHLER, W., MARKET, R., HÄUSLER, A. & DOLEK, M. (2005): Vertragsnaturschutz im Wald. Bundesweite Bestandsaufnahme und Auswertung. − BfN-Skripten 146: 1−179. https://www.bfn.de/fileadmin/MDB/documents/skript146.pdf. Aufgerufen am 26.03.2015.

KAISER, T. & WOHLGEMUTH, O. (2002): Schutz-, Pflege- und Entwicklungsmaßnahmen für Biotoptypen in Niedersachsen. Beispielhafte Zusammenstellung für die Landschaftsplanung. − Informationsdienst Naturschutz Niedersachsen 04/2002: 170−242.

LAU (LANDESAMT FÜR UMWELTSCHUTZ IN SACHSEN-ANHALT) (Hrsg.) (2002): Die Lebensraumtypen nach Anhang I der Fauna-Flora-Habitatrichtlinie im Land Sachsen-Anhalt. − Naturschutz im Land Sachsen-Anhalt, Sonderheft 39: 1−368. http://www.lau.sachsen-anhalt.de/fileadmin/Bibliothek/Politik_und_Verwaltung/MLU/LAU/Naturschutz/ Publikationen/Dateien/Broschuere_AnhangI-LRT.pdf. Aufgerufen am 09.06.2016.

MELFF (MINISTERIUM FÜR ERNÄHRUNG, LANDWIRTSCHAFT, FORSTEN UND FISCHEREI MECKLENBURG-Vorpommern) (2000): Waldrandgestaltung, 15 S. http://www.wald-mv.de/lib/media.php?id=158. Aufgerufen am 26.03.2015.

NLF (NIEDERSÄCHSISCHE LANDESFORSTEN) (Hrsg.) (2011): Das LÖWE-Programm. 20 Jahre langfristige ökologische Waldentwicklung. − Braunschweig, 31 S. http://www.ml.niedersachsen.de/download/69004/Broschuere_der_Niedersaechsischen_Landesforsten_20_Jahre_langfristige_oekologische_Waldentwicklung_Das_LOeWE-Programm.pdf. Aufgerufen am 26.03.2015.

M.5 Anlage von Pufferzonen

Um Beeinträchtigungen durch Nähr- und Schadstoffeinträge zu vermeiden, sollten landwirtschaftlich intensiv genutzte Flächen nicht unmittelbar bis an den Waldrand reichen. Dies kann durch die Anlage eines Pufferstreifens erreicht werden. Die Breite sollte in Abhängigkeit des Eintragsrisikos – gegeben durch örtliche Faktoren wie Hangneigung, Hauptwindrichtung oder Nutzungsintensität der angrenzenden Kultur – mindestens 10–50 m betragen (NLWKN 2011). Die Pufferstreifen sollten nicht oder nur extensiv als Mäh- oder Streuwiesen ohne Einsatz von Düngemitteln und Pestiziden genutzt werden. Auch eine

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extensive Beweidung ist möglich. Die optimale Nutzung/Pflege kann durch den Abschluss vertraglicher Regelungen, z. B. im Rahmen des Vertragsnaturschutzes, sichergestellt werden. Besonders an Wäldern feuchter Standorte eignen sich die Pufferzonen für die Etablierung feuchter Hochstaudenfluren (LRT 6430, vgl. NLWKN 2011).

Praktikabilität Kosten/Nutzen Zeithorizont Durchführung hoch mittel mittelfristig einmalig

Projekte und Quellen:

KAISER, T. & WOHLGEMUTH, O. (2002): Schutz-, Pflege- und Entwicklungsmaßnahmen für Biotoptypen in Niedersachsen. Beispielhafte Zusammenstellung für die Landschaftsplanung. − Informationsdienst Naturschutz Niedersachsen 04/2002: 170−242.

NLWKN (NIEDERSÄCHSISCHER LANDESBETRIEB FÜR WASSERWIRTSCHAFT, KÜSTEN- UND NATURSCHUTZ) (Hrsg.) (2011): Niedersächsische Strategie zum Arten- und Biotopschutz. Vollzugshinweise für Arten und Lebensraumtypen. Stand: November 2011. http://www.nlwkn.niedersachsen.de/download/50147. Aufgerufen am 18.04.2016.

MUNLV (MINISTERIUM FÜR UMWELT UND NATURSCHUTZ, LANDWIRTSCHAFT UND VERBRAUCHERSCHUTZ NRW) (Hrsg.) (2004): Lebensräume und Arten der FFH-Richtlinie in Nordrhein-Westfalen. Beeinträchtigungen, Erhaltungs- und Entwicklungsmaßnahmen sowie Bewertung von Lebensraumtypen und Arten der FFH-Richtlinie in Nordrhein-Westfalen. − Düsseldorf, 172 S. http://www.naturschutzinformationen-nrw.de/ffh-broschuere/web/babel/media/ffh_broschuere_akt2005.pdf. Aufgerufen am 26.03.2015.

M.6 Zurückdrängen invasiver Neophyten

Bei Auftreten invasiver Neophyten wie Fallopia- und Solidago-Arten, Riesen-Bärenklau (Heracleum mantegazzianum) oder Drüsiges Springkraut (Impatiens glandulifera), welche besonders häufig in Auwäldern vorkommen (ZERBE 2007), wird empfohlen, diese zurückzudrängen bzw. deren Ausbreiten zu reduzieren. Maßnahmen zur Bekämpfung dieser Arten sind im Handlungskonzept zu den Feuchten Hochstaudenfluren (LRT 6430) bei Maßnahme M.3 ausführlicher beschrieben. Zu bedenken ist allerdings, dass Diasporen der Arten zum Teil auch über Wasser transportiert werden. Da eine Bekämpfung der Arten sehr arbeits- und kostenintensiv ist, muss zunächst geprüft werden, inwieweit eine Bestandsregulierung erfolgversprechend ist. Bei Vorkommen standortsfremder und nicht zur natürlichen Artenausstattung gehörender neophytischer Baumarten mit hoher Ausbreitungstendenz, wie beispielsweise Rotesche (Fraxinus pennsylvanica) und Eschenahorn (Acer negundo), sollten diese sowie deren Naturverjüngung entfernt werden. Der Managementplan für den Nationalpark Donau-Auen empfiehlt, nach der Entfernung von neophytischen Baumarten die behandelte Fläche anschließend ca. 5–10 Jahre jährlich auf austreibende Stockausschläge und Wurzelbrut zu kontrollieren und diese jährlich mechanisch zu entfernen, bis die Naturverjüngung der Zielbaumarten einen ausreichenden Wuchsvorsprung besitzt (NATIONALPARK DONAU-AUEN

GMBH 2009). Als Alternative zur mechanischen Entfernung der Naturverjüngung bietet es sich bei stockausschlagsfähigen Neophyten an, bedrängende Neophytenverjüngung zu knicken, anstatt auf den Stock zu setzen. Die geknickten Triebe sterben anschließend nicht ab, so dass

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stark austreibende Stockausschläge verhindert werden, stellen aber aufgrund des verlorenen Höhenstatus keine weitere Gefährdung für die Naturverjüngung der Zielbaumarten dar. Stämmchen können bis zu einer Stärke von ca. 4 cm geknickt werden. Idealer Zeitpunkt für die Beseitigung unerwünschter natürlicher Verjüngung sind die Monate Juli und August, da das Wachstum bereits weitgehend eingestellt ist, aber erst wenig Reservestoffe in den Wurzeln eingelagert wurden.

Praktikabilität Kosten/Nutzen Zeithorizont Durchführung mittel mittel mittelfristig dauerhaft

Projekte und Quellen:

HARTMANN, E. & KONOLD, W. (1995): Späte und Kanadische Goldrute (Solidago gigantea et canadensis): Ursachen und Problematik ihrer Ausbreitung sowie Möglichkeiten ihrer Zurückdrängung. − In: Böcker, R., Gebhardt, H., Konold, W. & Schmidt-Fischer, S.(Hrsg.): Gebietsfremde Pflanzenarten, S. 93−104. ecomed, Landsberg.

KOWARIK, I. (2010): Biologische Invasionen. Neophyten und Neozoen in Mitteleuropa. − 2. Auflage. Verlag E. Ulmer, Stuttgart, 380 S.

KRETZ, M. (1995): Praktische Bekämpfungsversuche des Japanknöterichs (Reynoutria japonica). − In: Böcker, R., Gebhardt, H., Konold, W. & Schmidt-Fischer, S. (Hrsg.): Gebietsfremde Pflanzenarten, S. 151−160. ecomed, Landsberg.

NATIONALPARK DONAU-AUEN GMBH (2009): Managementplan Nationalpark Donau-Auen 2009-2018, 84 S. http://www.donauauen.at/dateien/2216_Managementplan_download_1.12.09.pdf. Aufgerufen am 26.03.2015.

NIELSON, C., RAVN, H. P., NENTWIG, W. & WADE, M. (Hrsg.) (2005): Praxisleitfaden Riesenbärenklau - Richtlinien für das Management und die Kontrolle einer invasiven Pflanzenart in Europa. − Danish Centre for Forest, Landscape and Planning, Dänemark, Hoersholm, 44 S. http://www.giant-alien.dk/pdf/German%20manual_web.pdf. Aufgerufen am 21.04.2016.

TLUG (THÜRINGER LANDESANSTALT FÜR UMWELT UND GEOLOGIE) (Hrsg.) (2011): Handbuch zur naturnahen Unterhaltung und zum Ausbau von Fließgewässern. − Schriftenreihe der Landesanstalt für Umwelt und Geologie 99: 1−157. https://www.thueringen.de/imperia/md/content/tlug/wasserwirtschaft/wasserbau/handbuch_gewaesserunterhaltung.pdf. Aufgerufen am 26.03.2015.

WALSER, B. (1995): Praktische Umsetzung der Knöterichbekämpfung. − In: Böcker, R., Gebhardt, H., Konold, W. & Schmidt-Fischer, S. (Hrsg.): Gebietsfremde Pflanzenarten, S. 161−171. ecomed, Landsberg.

ZERBE, S. (2007): Neophyten in mitteleuropäischen Wäldern. Eine ökologische und naturschutzfachliche Zwischenbilanz. − Naturschutz und Landschaftsplanung 39: 361−368.

M.7 Nutzungsverzicht

Während in einem forstlich (intensiv) genutzten Waldbestand die Alters- und Zerfallsphase in nur sehr begrenztem Umfang (bis überhaupt nicht) auftritt, ist dieser Abschnitt der Waldentwicklung integraler Bestandteil eines ungenutzten natürlichen Waldökosystems. Durch die natürlichen Prozesse der Waldalterung ergibt sich eine erhöhte Menge an liegendem und stehendem Totholz sowie an Habitatbäumen, welche (Tot-)Holz bewohnenden Arten (Fledermäuse, höhlenbrütende Vögel, Insekten, Pilze, Flechten, Moose etc.) Lebensraum bieten. Eine natürliche Waldentwicklung und -ausprägung kann demnach nur durch den Schutz natürlicher dynamischer Prozesse gewährleistet werden; Prozessschutz stellt daher einen wesentlichen Ansatz für das Erreichen naturnäherer Waldbestände dar.

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Eine Nutzungsaufgabe in fließgewässerbegleitenden Erlen- und Eschenwäldern sowie in quellig durchsickerten Wäldern in Tälern oder an Hangfüßen mit natürlicher Gewässerdynamik ist zu empfehlen. Die Gefahr der Sukzession zu einem anderen Waldtyp besteht auf derartigen Standorten nicht. Zur Erhaltung und Entwicklung eines günstigen Erhaltungsgrads sind keine Bewirtschaftungs- und Pflegemaßnahmen notwendig. Vielmehr wird durch lange Zeit im Jahr hoch anstehendes Grundwasser und/oder regelmäßige Überflutungen bzw. durch (un)regelmäßig auftretende Überstauungen (abhängig vom jeweiligen Standort) eine Sukzession zu Schlusswaldgesellschaften mit konkurrenzstärkeren Baumarten verhindert. Gleichzeitig wird durch die natürliche Gewässerdynamik ein, in unregelmäßigen Abständen stattfindendes, „Zurücksetzen“ der Sukzession auf einen früheren Zeitpunkt und die nachhaltige natürliche Verjüngung der Schwarz-Erle ermöglicht (siehe M.3). Eine Nutzungsaufgabe bei fehlender natürlicher Gewässerdynamik, beispielsweise fehlende Überflutung bzw. Überstauung infolge durch Tiefenerosion stark eingetiefter Bachsohlen (verursacht durch Begradigung und Geschiebemangel) und/oder Grundwasserabsenkung infolge Entwässerung, führt langfristig zum Verschwinden der LRT-typischen Baumarten. Auf derartigen Standorten besteht zum einen die Gefahr der Sukzession zu Schlusswald-gesellschaften aus konkurrenzstärkeren Baumarten, zum anderen ist eine ausreichende generative Verjüngung der Schwarz-Erle nicht mehr möglich (siehe M.3). Eine Pflege zur Erhaltung der Erlen- und Eschenwälder auf derartigen Standorten, beispielsweise vegetative Verjüngung durch „auf den Stock setzen“, ist trotzdem kritisch zu betrachten. Durch die fehlende Gewässerdynamik verändert sich neben der Artenzusammensetzung der Baumschicht auch die der Strauch- und Krautschicht. Auf diese blieben Pflegemaßnahmen zur Erhaltung der Baumarten ohne Wirkung. Erfolgt lediglich keine Überflutung bzw. Überstauung mehr, herrschen aber noch lange Zeit im Jahr hohe Grundwasserstände vor, wird zwar eine Sukzession zu Schlusswaldgesellschaften verhindert und die typische Weichholzauenvegetation kann sich erhalten; eine erfolgreiche generative Verjüngung der Schwarz-Erle ist jedoch auch auf derartigen Standorten nicht mehr möglich. Eine Nutzungsaufgabe häufig vorkommender, schmaler, galerieartig ausgeprägter fließgewässerbegleitender Erlen- und Eschenauenwälder im Offenland ist aufgrund der Verkehrssicherungspflicht und angrenzender landwirtschaftlicher Flächen häufig nicht möglich. Die aus diesen Gründen notwendige Pflege sollte die Erhaltung und Entwicklung eines günstigen Erhaltungsgrads zum Ziel haben und einen mehrschichtigen und ungleichaltrigen Galeriewald entwickeln und/oder erhalten. Im Managementplan Großer Heuberg und Donautal wird daher einzelstammweises „Auf-den-Stock-Setzen“ gefordert, wobei die Pflegeeingriffe stets auf kurzen Uferabschnitten und abwechselnd auf beiden Uferseiten stattfinden sollen. Die Stockausschläge müssen im darauffolgenden Jahr auf 2-3 Triebe verringert werden. Eine Nutzungsaufgabe in Weidenauenwäldern an regelmäßig und oft länger überfluteten Flussufern mit natürlicher Gewässerdynamik ist zu empfehlen. Die Gefahr der vollständigen Sukzession zu einem anderen Waldtyp besteht nicht. Zur Erhaltung und Entwicklung eines günstigen Erhaltungsgrads sind keine Bewirtschaftungs- und Pflegemaßnahmen notwendig.

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Vielmehr wird aufgrund der periodisch auftretenden und lang anhaltenden Überflutungen eine Sukzession zu Hartholzauenwäldern bzw. Schlusswaldgesellschaften verhindert. Eine Nutzungsaufgabe bei fehlender natürlicher Gewässerdynamik, beispielweise fehlende Überflutung infolge Eindeichung und/oder fehlende Entstehung neuer Sedimentbänke infolge Geschiebemangel sowie Begradigung, führt langfristig zum Verschwinden der LRT-typischen Baumarten. Auf ersteren Standorten besteht zum einen die Gefahr der Sukzession zu Hartholzauenwäldern bzw. Schlusswaldgesellschaften mit konkurrenzstärkeren Baumarten, zum anderen ist eine ausreichende natürliche Verjüngung der Baum-Weiden sowie der Schwarz-Pappel nicht mehr möglich (siehe M.3). Fehlende natürliche Gewässerdynamik ist an den großen mitteleuropäischen Fließgewässern häufig die Regel; natürliche Verjüngung entsteht hier nur noch kleinflächig im unmittelbaren Uferbereich. Eine Pflege zur Erhaltung der Weidenauenwälder auf derartigen Standorten, beispielsweise mittels vegetativer Verjüngung durch „Auf-den-Stock-Setzen“, ist trotzdem kritisch zu betrachten. Durch die fehlende Gewässerdynamik verändert sich neben der Artenzusammensetzung der Baumschicht auch die der Strauch- und Krautschicht, und auf diese blieben Pflegemaßnahmen zur Erhaltung der Baumarten ohne Wirkung. Fehlen lediglich die periodisch auftretenden, lang anhaltenden Überflutungen, herrschen aber noch lange Zeit im Jahr hohe Grundwasserstände, wird zwar eine Sukzession zu Hartholzauen verhindert und die typische Weichholzauenvegetation kann sich erhalten, eine erfolgreiche generative Verjüngung der Baum-Weiden sowie der Schwarz-Pappel ist jedoch auch auf derartigen Standorten nicht mehr möglich. Beispielsweise ist davon auszugehen, dass die Silber-Weide am Oberrhein lediglich aufgrund der derzeit noch hohen Grundwasserstände auf ungefähr 400 ha die Hauptbaumart in den Standortswäldern darstellt. Es wird allerdings erwartet, dass diese Standorte sich infolge kontinuierlicher Verlandung und Sedimentation von ausschließlich feinem Schlick (aufgrund Geschieberückhalt am Oberlauf) bei nur noch einzelnen Hochwasserereignissen verstärkt für charakteristische, konkurrenzstarke Baumarten der Hartholzauen eignen werden bzw. diese sich auf den dortigen Standorten etablieren werden. Im Nationalpark Unteres Odertal wirkte sich eine Nutzungsaufgabe im Allgemeinen positiv auf die Entwicklung der Weichholzauen aus. Es wurden allerdings auch Maßnahmen zur Renaturierung des Wasserhaushalts durchgeführt.

Praktikabilität Kosten/Nutzen Zeithorizont Durchführung mittel gut langfristig dauerhaft

Projekte und Quellen:

KAISER, T. & WOHLGEMUTH, O. (2002): Schutz-, Pflege- und Entwicklungsmaßnahmen für Biotoptypen in Niedersachsen. Beispielhafte Zusammenstellung für die Landschaftsplanung. − Informationsdienst Naturschutz Niedersachsen 04/2002: 170−242.

LAU (LANDESAMT FÜR UMWELTSCHUTZ IN SACHSEN-ANHALT) (Hrsg.) (2002): Die Lebensraumtypen nach Anhang I der Fauna-Flora-Habitatrichtlinie im Land Sachsen-Anhalt. − Naturschutz im Land Sachsen-Anhalt, Sonderheft 39: 1−368. http://www.lau.sachsen-anhalt.de/fileadmin/Bibliothek/Politik_und_Verwaltung/MLU/LAU/Naturschutz/ Publikationen/Dateien/Broschuere_AnhangI-LRT.pdf. Aufgerufen am 09.06.2016.

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MICHIELS, H. (2014): Die Standortverhältnisse in den Staubereichen der Rheinaue – Konsequenzen für den Naturschutz; erschienen in: FVA-einblick, Ausgabe 2014/2, S. 10-14. http://www.fva-bw.de/publikationen/einblick/einblick201402.pdf. Aufgerufen am 26.03.2015.

NLWKN (NIEDERSÄCHSISCHER LANDESBETRIEB FÜR WASSERWIRTSCHAFT, KÜSTEN- UND NATURSCHUTZ) (Hrsg.) (2009): Vollzugshinweise zum Schutz der FFH-Lebensraumtypen sowie weiterer Biotoptypen mit landesweiter Bedeutung in Niedersachsen. Teil 1: FFH-Lebensraumtypen und Biotoptypen mit höchster Priorität für Erhaltungs- und Entwicklungsmaßnahmen – Weiden-Auwälder. – Niedersächsische Strategie zum Arten- und Biotopschutz, Hannover, 15 S. http://www.nlwkn.niedersachsen.de/download/25851. Aufgerufen am 26.03.2015.

NLWKN (NIEDERSÄCHSISCHER LANDESBETRIEB FÜR WASSERWIRTSCHAFT, KÜSTEN- UND NATURSCHUTZ) (Hrsg.) (2010): Vollzugshinweise zum Schutz der FFH-Lebensraumtypen sowie weiterer Biotoptypen mit landesweiter Bedeutung in Niedersachsen. Teil 2: FFH-Lebensraumtypen und Biotoptypen mit Priorität für Erhaltungs- und Entwicklungsmaßnahmen – Erlen-Eschenwälder an Fließgewässern. – Niedersächsische Strategie zum Arten- und Biotopschutz, Hannover, 17 S. http://www.nlwkn.niedersachsen.de/servlets/download?C=61913171&L=20. Aufgerufen am 26.03.2015.

REGIERUNGSPRÄSIDIUM FREIBURG (2014): Natura 2000-Managementplan „Großer Heuberg und Donautal“. http://www4.lubw.baden-wuerttemberg.de/servlet/is/255325/ Aufgerufen am 26.03.2015.

ROULIER, C., TEUSCHER, F. & WEBER, B. (1999): Bewirtschaftungskonzept für Auenwälder. Vollzug Umwelt – Empfehlungen, Bundesamt für Umwelt, wald und Landschaft (BUWAL), Bern, 94 S. http://www.bafu.admin.ch/publikationen/publikation/00882/index.html?lang=de&download=NHzLpZig7t,lnp6I0NTU042l2Z6ln1acy4Zn4Z2qZpnO2Yuq2Z6gpJCGd394fmym162dpYbUzd,Gpd6emK2Oz9aGodetmqaN19XI2IdvoaCVZ,s-.pdf. Aufgerufen am 26.03.2015.

M.8 Wiederherstellung einer naturnahen Abflussdynamik und eines gebietstypischen Wasserhaushalts

Zur Wiederherstellung naturnaher Überflutungsverhältnisse und geeigneter Standortsverhältnisse für die Entwicklung von Weichholzauenwald sind diverse Maßnahmen zur Fließgewässer- und Auenrenaturierung von Bedeutung (z. B. Entfernen von Deichen, Uferwallungen, Rehnen; Fließgewässerentfesselung; örtliche Absenkung des Auenprofils; Wiederanbinden von Flutrinnen an Fließgewässer; Anlage auentypischer Gewässer; Rückbau vorhandener Entwässerungseinrichtungen, siehe auch Handlungskonzept zu LRT 3260). Insbesondere das Entfernen von Deichen, wie es z. B. an der Elbe am Roßlauer Oberluch durchgeführt wurde, erfordert im Vorfeld umfangreiche hydrologische Untersuchungen und wasserwirtschaftliche Fachplanungen (vgl. SCHOLZ et al. 2009). Aufgrund des hohen finanziellen Aufwands sind am ehesten Kombinationen mit Hochwasserschutzmaßnahmen erfolgreich. Außerdem ist eine wohl überlegte Beteiligung der Anwohner und Landwirtschaftsbetriebe für solche Maßnahmen unerlässlich. Im Rahmen des E+E-Vorhabens Berkelaue innerhalb des Kreises Borken wurden Maßnahmen zur Verbesserung der hydrologischen Situation in einem Abschnitt der Berkelaue und zur Förderung der Entwicklung von Auenwäldern durchgeführt. Dabei wurden zur Berkel führende Gräben durch stabile Stauvorrichtungen und anschließende Sohlgleite aufgestaut sowie kleinere Gräben kurz vor der Mündung zur Berkel verfüllt. Außerdem wurden bestehende Drainanlagen durch die Verfüllung der Drainsammelschächte aufgehoben und Binnengräben verfüllt. Unterhaltungsarbeiten entlang der Berkel wurden eingestellt (s. BROCKMANN-SCHERWAß et al. 2007).

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Voraussichtlich 2016 werden die Bauarbeiten für die Revitalisierung der Havelmündung abgeschlossen. Bei dem vom Bund sowie den Ländern Brandenburg und Sachsen-Anhalt geförderten NABU-Projekt werden Deckwerke, Verwallungen und Deiche sowie Altarme und Flutrinnen wieder an den Hauptstrom angeschlossen, so dass sich u. a. auch die typische Weichholzaue wieder entwickeln kann (NABU DEUTSCHLAND 2015).

Praktikabilität Kosten/Nutzen Zeithorizont Durchführung hoch gut langfristig einmalig

Projekte und Quellen:

E+E-Vorhaben Entwicklung von Auenwald und Grünland (Berkelaue) Informationen und Kontaktdaten finden sich unter: https://www.bfn.de/0202_berkelaue.html. BROCKMANN-SCHERWAß, U., BÜCKING, T., FRITZE, M.-A., HEIMANN, R., HÜBNER, T., KRECHTEL, R., PAVLOVIC, P. &

SCHERWAß, R. (2007): Renaturierung der Berkelaue. Ergebnisse eines Erprobungs- und Entwicklungsvorhabens im Kreis Borken. − Naturschutz und Biologische Vielfalt 45: 1–250.

DAMM, C., DISTER, E., FAHLKE, N., FOLLNER, K., KÖNIG, F., KORTE, E., LEHMANN, B., MÜLLER, K., SCHULER, J., WEBER, A. &

WOTKE, A. (2011): Auenschutz - Hochwasserschutz - Wasserkraftnutzung. Beispiele für eine ökologisch vorbildliche Praxis. − Naturschutz und Biologische Vielfalt 112: 1−321.

LAU (LANDESAMT FÜR UMWELTSCHUTZ IN SACHSEN-ANHALT) (Hrsg.) (2002): Die Lebensraumtypen nach Anhang I der Fauna-Flora-Habitatrichtlinie im Land Sachsen-Anhalt. − Naturschutz im Land Sachsen-Anhalt, Sonderheft 39: 1−368. http://www.lau.sachsen-anhalt.de/fileadmin/Bibliothek/Politik_und_Verwaltung/MLU/LAU/Naturschutz/ Publikationen/Dateien/Broschuere_AnhangI-LRT.pdf. Aufgerufen am 09.06.2016.

MUNLV (MINISTERIUM FÜR UMWELT UND NATURSCHUTZ, LANDWIRTSCHAFT UND VERBRAUCHERSCHUTZ DES LANDES NORDRHEIN-WESTFALEN) (Hrsg.) (2010): Blaue Richtlinie – „Richtlinie für die Entwicklung naturnaher Fließgewässer in Nordrhein-Westfalen – Ausbau und Unterhaltung“. − Düsseldorf, 106 S. http://www.lanuv.nrw.de/veroeffentlichungen/sonderreihen/blau/Blaue%20Richtlinie.pdf. Aufgerufen am 26.03.2015.

NABU (NATURSCHUTZBUND) DEUTSCHLAND (2015): Maßnahmenblatt „Revitalisierung der Havelmündung“. https://www.nabu.de/imperia/md/content/nabude/lebendigefluesse/havel/nabu_havel-ma__nahmenblatt_ mk15_sk_web.pdf. Aufgerufen am 22.04.2016.

NLWKN (NIEDERSÄCHSISCHER LANDESBETRIEB FÜR WASSERWIRTSCHAFT, KÜSTEN- UND NATURSCHUTZ) (Hrsg.) (2008): Leitfaden Maßnahmenplanung Oberflächengewässer. Teil A Fließgewässermorphologie. − Wasserrahmenrichtlinie Band 2: 1−160. http://www.nlwkn.niedersachsen.de/portal/live.php?navigation_id=8197&article_id=44019&_psmand=26. Aufgerufen am 26.03.2015.

SCHOLZ, M., RUPP, H., PUHLMANN, G., ILG, C., GERISCH, M., DZIOCK, F., FOLLNER, K., FOECKLER, F., GLAESER, J., KONJUCHOW, F., KRÜGER, F., REGNER, A., SCHWARZE, E., VON TÜMPLING, W., DUQUESNE, S., LIESS, M., WERBAN, U., ZACHARIAS, S. & HENLE, K. (2009): Deichrückverlegungen in Sachsen-Anhalt und wissenschaftliche Begleituntersuchungen am Beispiel des Roßlauer Oberluchs. - Naturschutz im Land Sachsen-Anhalt, 46. Jahrgang, Sonderheft 2009: 103–115.

TLUG (THÜRINGER LANDESANSTALT FÜR UMWELT UND GEOLOGIE) (Hrsg.) (2011): Handbuch zur naturnahen Unterhaltung und zum Ausbau von Fließgewässern. − Schriftenreihe der Landesanstalt für Umwelt und Geologie 99: 1−157. http://www.thueringen.de/th8/tlug/umweltthemen/wasserwirtschaft/wasserbau/handbuch_gewu/. Aufgerufen am 26.03.2015.

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M.9 Neuentwicklung des LRT

Zur Arealausweitung und Vernetzung des Lebensraumtyps können Weichholzauen auf geeigneten Standorten mit natürlicher Gewässerdynamik durch Anpflanzung, Sukzession oder Umbau von Aufforstungen standortsfremder Baumarten neu etabliert werden. Die Entwicklung breiterer und stärker zusammenhängender Auenwaldstreifen bei im Offenland häufig vorkommenden schmalen und galerieartig ausgeprägten, fließgewässerbegleitenden Erlen- und Eschenauwäldern ist, wo immer möglich, anzustreben. Eine Neuanlage von fließgewässerbegleitenden Erlen- und Eschenauenwäldern ist sowohl mit Hilfe einer Initialpflanzung als auch durch Sukzession möglich. Eine erfolgreiche natürliche Etablierung von fließgewässerbegleitenden Erlen- und Eschenauenwäldern durch Sukzession ist bei für die Keimung geeigneten Bodenverhältnissen (siehe M.3) möglich. Liegen diese vor, ist selbst bei nur einzelnen fruktifizierenden Eschen als Diasporenquellen in der näheren Umgebung eine üppige Eschensukzession zu erwarten: Bereits eine einzige fruktifizierende Esche liefert genug Samen für eine forstwirtschaftlich zufriedenstellende Naturverjüngung im Umkreis von 100 m bzw. einer Fläche von 0,5–2 ha. Bei der Schwarz-Erle hingegen sind i. d. R. flussaufwärts gelegene Bestände als Diasporenquelle notwendig, da Astabbrüche und Samen hauptsächlich mit Hilfe des Wassers transportiert werden und eine Windverbreitung weniger intensiv ausgeprägt ist. Wenn diese Voraussetzungen fehlen, ist eine erfolgreiche natürliche Etablierung durch Sukzession wenig wahrscheinlich. Für eine Neuentwicklung von Weidenauenwäldern an regelmäßig und oft länger überfluteten Flussufern eignen sich im Allgemeinen hauptsächlich Standorte auf 1–2 m Höhe oberhalb der Mittelwasserlinie. Der jeweilige bestgeeignete Standort muss jedoch bei jeder Neuanlage individuell ermittelt werden. Zur Orientierung vor Ort kann, falls vorhanden, in der Nähe stockende natürliche Verjüngung herangezogen werden. Standorte mit älteren Weiden-auenwäldern sind jedoch nicht unbedingt zur Orientierung geeignet, da dort im Laufe der Zeit durch Sedimentierung i. d. R. wiederkehrende Übererdung während Hochwasserereignissen stattgefunden hat, wodurch die Standorte höher liegen als zur Zeit der Etablierung des Bestandes. Im Rahmen des DBU-geförderten Projekts „Konzept zur Weichholzauen-Etablierung an Bundeswasserstraßen als Beitrag zum naturverträglichen Hochwasserschutz“ wurde ein Auswahlverfahren entwickelt, um geeignete Flächen für die Etablierung von Weichholz-auenwäldern aus ökologischer und hydraulischer Sicht zu identifizieren. Empfohlen wird darin allerdings möglichst bei jeder Neuanlage eine Standortsfindung mit Hilfe von Modellrechnungen durchzuführen. Grundsätzlich ist eine erfolgreiche natürliche Etablierung von Weidenauenwäldern durch Sukzession sowohl auf primären Sedimentbänken bzw. anderweitigen Rohbodenstandorten, entstanden durch Erosion oder Übererdung, sowie auf sekundären Standorten, entstanden durch künstliche Abtragung einer Auenterrasse oder Bodenbearbeitung, möglich. Beispiels-weise wurde im Kanton Thurgau (Schweiz) 1995 eine Auenterrasse mit ca. 3 ha Fläche um über 1 m abgesenkt und anschließend der natürlichen Sukzession überlassen. Nach weniger als zehn Jahren war bereits die gesamte Auenterrasse mit einem geschlossenen 10–15 m hohen Wald aus Silber-Weiden mit einzelnen Grau-Erlen und Schwarz-Pappeln bewachsen.

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Voraussetzung für eine erfolgreiche natürliche Etablierung sind allerdings ausreichende Diasporenquellen in der näheren Umgebung (zur Versorgung mit Samen oder Astabbrüchen). Im o. g. Beispiel befand sich flussabwärts ein uferbegleitender Waldsaum aus Silber-Weiden als mögliche Diasporenquelle. Des Weiteren ist ein für die Keimung und das Jungpflanzen-stadium geeigneter Feuchtegehalt des Bodens notwendig. Es ist zu berücksichtigen, dass Jungpflanzen wesentlich weniger widerstandsfähig gegenüber lang anhaltender Trockenheit bzw. Überflutung sind als Altpflanzen. Die Herstellung von sekundären Rohbodenstandorten findet häufig durch Vollumbruch statt. Im Nationalpark Unteres Odertal war eine Etablierung von Weidenauenwäldern auf vorher vollständig umgebrochenen Flächen jedoch nicht erfolgreich. Hier wird derzeit versucht, Rohbodenstandorte sowohl durch Abschieben des Oberbodens als auch durch Übererdung anderer Flächen mit dem abgeschobenen Material zu schaffen. Aus Bodenschutzgründen ist eine flächige, das Bodengefüge zerstörende Bodenbearbeitung jedoch stets kritisch zu hinterfragen. Häufig scheitert eine ausreichende natürliche Etablierung auf geeigneten Standorten durch zu wenige Diasporenquellen in der näheren Umgebung und/oder ist aufgrund ungeeigneter Diasporenquellen (unausgeglichenes Geschlechterverhältnis der Weiden, genetisch zu gering diversifizierte Bestände bei Schwarz-Pappel und Weiden sowie genetisch nicht sicher bestätigte Schwarz-Pappeln) unerwünscht. Auf derartigen Standorten ist eine künstliche Neuanlage von Weidenauenwäldern mittels Pflanzung notwendig. Dabei sollte darauf geachtet werden, dass das Pflanzgut regional passend ist. Im Nationalpark Unteres Odertal findet eine Neuanlage von Weidenauenwäldern i. d. R. ausschließlich durch Pflanzung statt. Im o. g., von der DBU geförderten, Projekt wurden geeignete Methoden untersucht, wie sich Weidenauenwälder aus praktischer Sicht erfolgreich durch Pflanzung etablieren lassen (MOSNER et al. 2010). Daraus können folgende Empfehlungen zur Vorgehensweise abgeleitet werden (detaillierte Information zur Neuanlage von Weidenauenwäldern befinden sich bei MOSNER et al. (2010) auf S. 61 ff.): – Untersuchungen im Rahmen des Projekts ergaben u. a., dass Stecklinge sich besonders gut

für die Etablierung von Weidenarten eignen (RADTKE et al. 2012). Silber-Weiden, Fahl-Weiden und Bruch-Weiden sollten daher als Stecklinge, Schwarz-Pappeln als bereits verschulte Stecklinge gepflanzt werden. Bei der Auswahl des Pflanzguts ist zu beachten, dass nicht nur ein Klon verwendet wird, sondern die Stecklinge von einer Vielzahl genetisch unterschiedlicher Pflanzen stammen sowie dass weibliche und männliche Pflanzen in gleichen Anteilen gepflanzt werden. Im Nationalpark Unteres Odertal werden hingegen ausschließlich Setzstangen verwendet.

– Aus Bodenschutzgründen wird von Maßnahmen mit einhergehender Zerstörung des Bodengefüges, beispielsweise durch Abschieben des Oberbodens oder Umbruch, abgeraten. Als Alternative wird empfohlen, die Pflanzung mit einem Pflanzbohrer durchzuführen und die Fläche vor Beginn der Pflanzung zur Unterdrückung des Aufkommens von Konkurrenzvegetation und Verbesserung des Wasserhaushalts zu mulchen.

– Die Stecklinge sollten auf Höhe des Grundwassers gepflanzt werden. Bei lang anhaltender, starker Trockenheit kann eine Bewässerung zur Vermeidung von Ausfällen vorteilhaft sein.

– Die Pflanzung von Weiden und Pappeln sollte in artreinen Gruppen mit Grupp- bis

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Truppgröße erfolgen. Zum Schutz der gegen mechanische Beschädigung empfindlichen Schwarz-Pappel (Eisgang) können Weiden kreisförmig um Schwarz-Pappelgruppen gepflanzt werden.

− Eine Zäunung und mehrjährige Pflege ist unabdingbar.

Praktikabilität Kosten/Nutzen Zeithorizont Durchführung mittel mittel langfristig einmalig

Projekte und Quellen:

KoWeB - Konzept zur Weichholzauen-Etablierung an Bundeswasserstraßen als Beitrag zum naturverträglichen

Hochwasserschutz. Informationen und Kontaktdaten finden sich unter: http://www.weichholzaue.de/. Aufgerufen am 12.02.2016.

KAISER, T. & WOHLGEMUTH, O. (2002): Schutz-, Pflege- und Entwicklungsmaßnahmen für Biotoptypen in Niedersachsen. Beispielhafte Zusammenstellung für die Landschaftsplanung. − Informationsdienst Naturschutz Niedersachsen 04/2002: 170−242.

KLÖBEL, M. (2002): Verjüngungsökologie der Esche – Ergebnisse aus Naturwaldreservaten, 6 S.; erschienen in: Beiträge zur Esche – Fachtagung zum Baum des Jahres, Seite 30-35. http://www.lwf.bayern.de/mam/cms04/biodiversitaet/dateien/w34_verjuengungsoekologie_der_esche.pdf. Aufgerufen am 26.03.2015.

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