LWL Job Carving · Vorwort des Herausgebers Seit gut 25 Jahren gehört Jobcoaching in...

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Job Carving Entwicklung von angepassten Arbeitsplätzen für Menschen mit Behinderungen in Betrieben des ersten Arbeitsmarktes Teil 1: Ergebnisse eines Modellprojekts, Teil 2: Praxishandbuch – Begleitet von in puncto: pfaender & team GmbH, Köln LWL-Integrationsamt Westfalen

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Job CarvingEntwicklung von angepassten Arbeitsplätzen für Menschen mit Behinderungen in Betrieben des ersten Arbeitsmarktes

Teil 1: Ergebnisse eines Modellprojekts, Teil 2: Praxishandbuch – Begleitet von in puncto: pfaender & team GmbH, Köln

LWL-Integrationsamt Westfalen

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Job CarvingEntwicklung von angepassten Arbeitsplätzen für Menschen mit Behinderungen in Betrieben des ersten Arbeitsmarktes

Teil 1: Ergebnisse eines Modellprojekts (Mai 2014 bis September 2016)

Teil 2: Praxishandbuch

Begleitet von in puncto: pfaender & team GmbH, Köln

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Impressum

Herausgeber LWL-Integrationsamt Westfalen, Von-Vincke-Straße 23–25, 48143 Münster Telefon: 0251 591-3740, Fax: 0251 591-65 66 E-Mail: [email protected]

Redaktion Michael Schneider, LWL-Integrationsamt Westfalen Petra Wallmann, LWL-Integrationsamt Westfalen

Autoren Petra Pfänder, Herbert Urmann, in puncto: pfaender & team GmbH, Köln

Herstellung Landwirtschaftsverlag GmbH, Hülsebrockstraße 2 – 8, 48165 Münster

Unser Beitrag zum Schutz der Wälder: Diese Broschüre des LWL-Integrationsamts Westfalen ist auf FSC®-zertifiziertem Papier gedruckt. Das für die Zellstoff- und Papierherstellung verwendete Holz stammt aus kontrollierten und besonders gut bewirtschafteten Wäldern.

Auflage: 500

ISBN: 978-3-00-056842-8

© LWL-Integrationsamt Westfalen, Münster

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Vorwort des Herausgebers

Seit gut 25 Jahren gehört Jobcoaching in Westfalen-Lippe zum Leistungsangebot der Begleitenden Hilfe im Arbeitsleben. Dabei handelt es sich um eine individuelle Qualifizierung an einem konkreten Arbeitsplatz. Diese wird vom LWL-Integrationsamt organisiert und finanziert. Jährlich profitieren über 200 schwerbehinderte Personen und deren Arbeitgeber von dieser maßgeschneiderten Hilfe. Für eine gewisse Zeit wird vor Ort ein von uns zertifizierter Jobcoach tätig; dieser fädelt sich in den laufenden Betrieb ein, analysiert den Unterstüt-zungsbedarf und entwickelt zusammen mit den betrieblich Beteiligten maßgeschneiderte Lösungen. Das Job-coaching zählt zu unseren wirksamsten Maßnahmen, seine Nachhaltigkeit wird immer wieder von betrieb-licher Seite bestätigt. Es ist ein Instrument zur Sicherung bestehender Arbeitsverhältnisse, in denen Schwie-rigkeiten auftreten, und trägt zum anderen dazu bei, jungen Menschen mit wesentlichen Behinderungen Wege in den Beruf zu bahnen. Nicht selten ist ein erfolgreich absolviertes betriebliches Einzeltraining das Ein-trittsbillet in ein reguläres Arbeitsverhältnis nach Schulabschluss, Abgang aus überbetrieblicher Einrichtung oder Werkstatt für behinderte Menschen.

In diesem Zusammenhang sind wir auf das Job Carving gestoßen. Dabei geht es darum, neue Arbeitsplätze zu erschließen, die – so die Bedeutung des englischen Begriffes – zunächst „geschnitzt“ oder „zurechtgezim-mert“ werden müssen. Fachlich präziser ausgedrückt handelt es sich um eine gezielte innerbetriebliche Suche nach verstreuten, zumeist einfachen Einzeltätigkeiten und deren Zusammenstellung zu einem neuen, für einen behinderten Menschen geeigneten Stellenprofil unter Mitwirkung einer externen, arbeitsanalytisch ver-sierten Fachkraft. Ein (personal-) wirtschaftlicher Vorteil für einen Arbeitgeber ergibt sich im Idealfall dadurch, dass andere Beschäftigte, gerade auch betriebliche Leistungsträger, von peripheren Randtätigkeiten entlastet werden und mehr Zeit für ihre Kernaufgaben verwenden können. In Zeiten der Fachkräfteknappheit kein uninteressanter betriebswirtschaftlicher Aspekt.

Nach ersten episodischen Erfahrungen haben wir das Verfahren in den Jahren 2014 bis 2016 systematisch erprobt und evaluieren lassen. Entstanden ist jedoch nicht nur ein Bericht, sondern auch ein nützliches Praxis-handbuch für alle diejenigen, die sich selbst ans ‚Schnitzen‘ wagen wollen. Frau Pfänder aus Köln sowie meinen engagierten Mitarbeiterinnen im LWL-Integrationsamt Westfalen sage ich für diese Pionierarbeit herzlichen Dank.

Matthias Münning LWL-Sozialdezernent

Vorwort 3

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InhaltVorbemerkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8

Kurzfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10

Das Modellprojekt. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141. Ausgangslage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14

1.1 Das Beratungsangebot Job Carving . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141.2 Die Umsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151.3 Begleitende Öffentlichkeitsarbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16

2. Evaluation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172.1 Das Evaluationskonzept – partizipativ und praxisorientiert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172.2 Leitfragen der Evaluation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182.3 Umsetzung der Evaluation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19

2.3.1 Schritt 1: Vorarbeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192.3.2 Schritt 2: Systematisierung und Auswertung aller Beratungsanfragen . . . . . . . . . . . . . . . 192.3.3 Schritt 3: Durchführung von Job Carving vorbereitenden Workshops . . . . . . . . . . . . . . . 202.3.5 Schritt 5: Nachbereitung und Aufbereitung von Erkenntnissen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 212.3.6 Schritt 5: Erstellen des Praxishandbuchs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22

3. Ergebnisse. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 223.1 Kontaktierte Unternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22

3.1.1 Initiatorinnen und Initiatoren der Erstkontakte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 223.1.2 Erste Resonanz auf das Beratungsangebot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 233.1.3 Fördernde Faktoren für ein Job Carving . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243.1.4 Hemmende Faktoren für ein Job Carving . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24

3.2 Durchgeführte Job Carvings . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 273.2.1 Merkmale der Betriebe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 273.2.2 Gecarvte Stellen und Stellenbesetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 283.2.3 Gecarvte Tätigkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 293.2.4 Job Carving begünstigende Qualifikationen von Job Carvern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30

3.3 Job Carving aus Sicht der Betriebe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 303.3.1 Motivation/Zugang zum Job Carving . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 303.3.2 Einführung des Job Carvings im Betrieb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 323.3.3 Einzubringende Ressourcen des Betriebs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 323.3.4 Bedenken und Umgang mit Bedenken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 323.3.5 Zufriedenheit mit dem Job Carving . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 333.3.6 Argumente für ein Job Carving . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 353.3.7 Empfehlungen zur Ansprache von Unternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36

4. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37

Inhaltsverzeichnis 5

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6 Kurzfassung

Praxishandbuch Job Carving . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39

Teil A: Handlungsleitlinien Job Carving . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 391. Struktur des Beratungsprozesses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39

1.1 Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 391.2 Prozessvoraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 401.3 Ablauf eines Job Carvings . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41

1.3.1 Phase 1: Klärung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 411.3.2 Phase 2: Entscheidung und Beauftragung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 421.3.3 Phase 3: Durchführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43Durchführung Teil 1: Analyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43Durchführung Teil 2: Matching . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 441.3.4 Phase 5: Abschluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45

1.4 Dauer und Umfang eines Job Carvings . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 461.5 Ablauf eines Job Carvings nach Erstkontakt zum Betrieb im Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47

2. Beteiligte Personen und Aufgabenverteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 482.1 Akteurinnen und Akteure auf Anbieterseite . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48

2.1.1 Fachkoordinatorin für betriebliches Arbeitstraining (Fako bAt) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 482.1.2 Job Carver . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 482.1.3 Integrationsfachdienst (IFD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49

2.2 Akteurinnen und Akteure aufseiten des Betriebs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 492.2.1 Geschäftsleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 492.2.2 Betriebliche Ansprechperson (bAp) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 502.2.3 Zukünftige Kolleginnen und Kollegen des Mitarbeitenden mit Behinderung . . . . . . . . . . 50

2.3 Multiplikatorinnen und Multiplikatoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50

3. Zentrale Methoden des Job Carvings . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 513.1 Betriebsdiagnostik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 513.2 Tätigkeitssammlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 513.3 Tätigkeitsauswahl und Tätigkeitsprofil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 513.4 Anforderungsanalyse und Anforderungsprofil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 523.5 Abgestimmtes individuelles Tätigkeits- und Aufgabenprofil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52

4. Risikoanalyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53

5. Berichtswesen und Arbeitshilfen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53

Teil B: Anregungen aus der Praxis für die Praxis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 541. Vorbereitung auf ein Job Carving . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54

1.1 Einstellen auf die „Rolle“ als Job Carver . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 541.2 Einstellen auf den ersten Betriebsbesuch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 551.3 Endgültige Auftragsklärung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57

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Kurzfassung 7

2. Aufbau von Vertrauen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 582.1 Transparenz für alle schaffen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 582.2 Überzeugungsarbeit leisten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61

2.2.1 Allgemeine Regeln zum Umgang mit Bedenken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 612.2.2 Umgang mit Bedenken gegenüber der Fachlichkeit des Job Carvers . . . . . . . . . . . . . . . . 622.2.3 Umgang mit der Angst vor Kontrolle und Weitergabe von Informationen . . . . . . . . . . . . 622.2.4 Umgang mit Bedenken gegenüber der Einstellung einer Person mit Behinderung . . . . . 632.2.5 Umgang mit Bedenken vor Verlust verdeckter Arbeitspausen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 642.2.6 Umgang mit betrieblichen „Sonder-“Wünschen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65

3. Umsetzung des Job Carvings . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 653.1 Gespräche mit Beschäftigten führen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 663.2 Abläufe und Tätigkeiten beobachten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 693.3 Mitarbeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 703.4 Tätigkeiten sammeln und analysieren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 703.5 Mit dem Betrieb eine Auswahl von Tätigkeiten treffen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 713.6 Ergebnisse sichern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 723.7 Erprobung und Anpassung begleiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72

Teil C: Good Practice . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75 1. Job Carving im Bereich Hauswirtschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76 2. Job Carving im Bereich Hausmeisterassistenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78 3. Job Carving im Bereich Baumpflege und Baumfällung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80 4. Job Carving im Bereich Autohandel/-reparatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82 5. Job Carving im Bereich Behälterbau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84 6. Job Carving im Bereich Produktion Saertex GmbH & Co KG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86 7. Job Carving im Bereich Produktion Papierfabrik Vreden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88 8. Job Carving im Bereich Büro/Verwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 9. Job Carving im Bereich Handwerk (Kläranlage) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9210. Job Carving im Bereich Handwerk (Städtischer Bauhof) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94

Dokumentvorlagen Job Carving . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96Telefonnotiz Job Carving . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97Interviewleitfaden für Arbeitgeber/innen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98Betriebsprofil Job Carving . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100Einverständniserklärung zum Job Carving (A) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103Einverständniserklärung zum Job Carving (B) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105Falldatenblatt Job Carving . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107Fachdienstliche Beurteilung (FdB) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108Entbindung von der Schweigepflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112Betriebsdiagnostik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113Zwischenbericht Job Carving . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115Tätigkeits- und Anforderungsprofil nach Arbeitsbereichen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119Anforderungdefinitionen nach Melba . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122Nachweis über Job Carving-Einheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125Abschlussbericht Job Carving . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126

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8 Vorbemerkung

Vorbemerkung

Die Neueinstellung eines Mitarbeitenden mit Behinderung, der von der Förderschule, aus einer Werkstatt für behinderte Menschen (WfbM) oder aus der psychiatrischen Versorgung kommt, stellt für ein Unternehmen häufig eine besondere Herausforderung dar. Neben juristischen und förderrechtlichen Fragen ist oft nicht klar, für welche Tätigkeiten ein Mensch aus dieser Zielgruppe überhaupt eingesetzt werden kann. Die Anforderun-gen von Stellenprofilen, die sich an anerkannten Berufen orientieren, sind häufig behinderungsbedingt nicht beziehungsweise nur eingeschränkt zu bewältigen. Es stellen sich Fragen wie: Welche Arbeiten kann sie/er ausführen? Wie kann sich ein Nutzen für das Unternehmen ergeben? Wie gestaltet sich die Einarbeitung? Derartige Fragen lassen sich oft nur unzureichend durch Beratungsgespräche beantworten. Eine alltagsnahe, praktische und prozessorientierte Unterstützung direkt vor Ort im Betrieb kann hier viel wirkungsvoller sein.

Dies wird beim Job Carving1 durch die enge Einbindung eines Externen (des „Job Carvers“) in den Arbeits-prozess gelöst. Ein Job Carver ermittelt vor Ort im und gemeinsam mit dem Betrieb Ideen für geeignete Tätig-keiten, grenzt diese in Absprache mit dem Betrieb sinnvoll ein, analysiert die Anforderungen der ausgewähl-ten Tätigkeiten und „schnitzt“ so eine passende Stelle für einen Menschen mit Behinderung, der die anderen Mitarbeitenden wirkungsvoll zugunsten einer Konzentration auf ihre Kernkompetenzen entlastet. Ist eine geeignete Kandidatin beziehungsweise ein geeigneter Kandidat für diese Stelle gefunden (eine Aufgabe, die in der Regel der örtliche Integrationsfachdienst übernimmt), unterstützt der Job Carver sie/ihn bei der indivi-duellen Anpassung der Tätigkeiten an ihre/seine fachlichen und persönlichen Ressourcen.

Die Anpassung der Tätigkeiten an den Menschen mit Behinderung erfolgt im Rahmen einer Erprobungsphase über einen Zeitraum von zwei bis maximal vier Wochen – je nach Aufgaben, Leistungsfähigkeit und Auffas-sungsgabe der Kandidatin/des Kandidaten. Entscheidet sich der Betrieb für eine Einstellung (befristet oder unbefristet), steht der Integrationsfachdienst (Integrationsfachdienst) ihm beim Einstellungsverfahren zur Seite, hilft bei der Beantragung von Fördermitteln beziehungsweise der gegebenenfalls notwendigen Arbeits-platzanpassung und begleitet den Betrieb wie die neue Mitarbeiterin beziehungsweise den neuen Mitarbeiter mit Behinderung auf Wunsch weiterhin bei Fragen und Problemen. Um die längerfristige Sicherung des Arbeitsplatzes zu gewährleisten, kann über ein zusätzliches Jobcoaching entschieden werden.

Das neue Beratungsinstrument Job Carving wurde im Rahmen eines Modellprojekts über einen Zeitraum von zwei Jahren (Mai 2014 bis Mai 2016) erprobt und von der Forschungsgruppe in puncto: pfaender & team GmbH (Köln) evaluiert. Die Nachhaltigkeit der neu geschaffenen Stellen wurde vier Monate nach Anpassung der Tätigkeiten an den Menschen mit Behinderung erhoben.

1 engl. to carve – schnitzen

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Vorbemerkung 9

Die Veröffentlichung fasst die Ergebnisse der Modellphase zusammen. Sie ist Produkt eines gemeinsamen Entwicklungsprojekts. Im LWL-Integrationsamt Westfalen haben mitgewirkt unter Leitung von Frau Petra Dreyer-Summers das Projektteam Ulrike Becker, Claudia Daldrup, Katja Plettenberg und Elin Prasun sowie die externen Job Carver Astrid Bee, Matthias Cramer, Matthias Finke, Marco Fußy, Sascha Garwermann, Katharina Kurpiela, Achim Rosen, Jochen Twelker und Ralf Wüllner (in alphabetischer Reihenfolge). Moderiert und analysiert wurde der Prozess von Petra Pfänder unter Mitwirkung von Herbert Urmann von der Forschungs-gruppe in puncto: pfaender & team GmbH in Köln, die auch das vorliegende Handbuch in Abstimmung mit der Entwicklungsgruppe erstellt haben.

Das Entwicklungsteam wünscht, dass zukünftige Job Carver von den Ergebnissen des Projekts profitieren. Unternehmen, die die Offenheit und die Bereitschaft haben, einen integrativen Arbeitsplatz zu schaffen, fin-den in dem Instrument Job Carving ein sehr gutes und professionell umgesetztes Angebot der Unterstützung.

Viel Erfolg wünschen im Namen des gesamten Entwicklungsteams

Petra Pfänder & Herbert Urmann in puncto: pfaender & team GmbH, Köln

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10 Kurzfassung

Kurzfassung

Job Carving ist ein neues Beratungsangebot des Landschaftsverbands Westfalen-Lippe (LWL), das Arbeitgeber dabei unterstützt, neue Stellenangebote für leistungsgeminderte Menschen insbesondere aus Förderschulen, Werkstätten für behinderte Menschen (WfbM) oder psychiatrischer Versorgung zu schaffen, die primär durch die Entlastung von betrieblichen Leistungsträgern entstehen. Im Kern umfasst es die innerbetriebliche Suche nach zumeist einfachen und anlernbaren Einzeltätigkeiten und deren Zusammenstellung zu einem neuen, für einen Menschen mit Behinderung geeigneten Stellenprofil. Das Besondere: Es geht nicht um Anpassung eines Menschen mit Behinderung an eine bereits bestehende Stelle, sondern um die Zusammenfassung geeigneter Tätigkeiten zu einem neuen behinderungsgerechten Stellenprofil, das dann im Rahmen einer individuellen Erprobung weiter an die fachlichen und persönlichen Ressourcen einer Stellenbewerberin/eines Stellenbewer-bers mit Behinderung angepasst wird. „Job Carver“ (to carve = schnitzen) wirken also an der Neugestaltung eines Arbeitsplatzes mit. Die Idee basiert auf einem Konzept des Engländers Cary Griffin zur Individualisierung von Arbeitsplätzen für Leistungsgeminderte.

Entwickelt, fachlich begleitet und koordiniert wurde das Modellprojekt vom Referat Integrationsbegleitung/Integrationsprojekte des LWL-Integrationsamts (Sachbereich Betriebliches Arbeitstraining/Jobcoaching) im Verbandsgebiet des LWL. Die Umsetzung wurde von neun „Job Carvern“ aus dem Pool von Jobcoaches erprobt, die im Rahmen von Einzelbeauftragungen für das LWL-Integrationsamt betriebliche Arbeitstrainings durchführen. Um eine Vielfalt an Einsatzmöglichkeiten in verschiedensten Unternehmen zu gewährleisten, wurden bei deren Auswahl Kriterien wie berufliche Qualifizierung, Erfahrungen in unterschiedlichen Bran-chen, Geschlecht, Alter und regionale Verortung zugrunde gelegt. Die Stellenbesetzungen im Anschluss eines Job Carvings wurden von Integrationsfachdiensten beziehungsweise einem weiteren Fachdienst unterstützt.

Zur Information von Fachöffentlichkeit und Unternehmen wurden ein Flyer und ein Infoblatt entwickelt (Job Carving – ein neues Beratungsangebot für Unternehmen). Die Informationen wurden überdies auf der Web-seite des Landschaftsverbands Westfalen-Lippe veröffentlicht (www.lwl.org/jobcarving/). Umfassend infor-miert und mit Infomaterial versorgt wurden zusätzlich einerseits Fachkräfte in den Regionen, die in Koopera-tion mit dem LWL-Integrationsamt Münster die Teilhabe von Menschen mit Behinderungen am Arbeitsleben fördern, die über eine Vielzahl an Betriebskontakten verfügen und wichtige Ansprechpartnerinnen bezie-hungsweise -partner für Betriebe sind. Informiert wurden andererseits Arbeitgeberinnen/Arbeitgeber aus der Region – über Artikel in der Fachpresse und Veranstaltungen der Kammern (IHK, HWK). Evaluiert wurde die Erprobungsphase von Mai 2014 bis September 2016 von der Forschungsgruppe in puncto: pfaender & team GmbH (Köln).

Die Erprobung des neuen Beratungsinstruments Job Carving im Rahmen des Modellprojekts hat bestätigt: Job Carving stößt bei Betrieben unterschiedlicher Größenordnung und aus unterschiedlichen Branchen auf sehr positive Resonanz. Es ist ein Angebot, das Betrieben eine kompetente Entlastung und besondere Handlungs-sicherheit bietet bei der…• Schaffung eines integrativen Arbeitsplatzes zur Erfüllung der eigenen Unternehmensziele,• Sicherung eines vorhandenen Arbeitsplatzes für leistungsgeminderte Beschäftigte,• Identifizierung geeigneter Tätigkeiten für leistungsgeminderte Personen mit einer Behinderung,• Entlastung von Fachkräften zugunsten einer Konzentration auf ihre Kerntätigkeiten.

Der Blick eines externen Experten („Job Carver“) auf – in aller Regel – routinierte Arbeitsabläufe und Tätig-keiten durch dessen enge Einbindung in den Arbeitsprozess hat sich bewährt, um neue behinderungsge-rechte Stellen in Betrieben zu identifizieren beziehungsweise zu schaffen.

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Kurzfassung 11

Die Einführung eines neuen Beratungsangebots wie Job Carving erfordert Zeit und Geduld, eine begleitende qualifizierte Öffentlichkeitsarbeit, hinreichend Wissen über und Vertrauen in die Idee bei betrieblichen Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartnern sowie bei möglichst vielen Multiplikatorinnen und Multiplika-toren sowie eine professionelle Koordination.

Erfolgsentscheidend für ein Job Carving ist eine vertrauensvolle Zusammenarbeit, bei der alle relevanten Füh-rungskräfte, betrieblichen Funktionsträger und Mitarbeitenden aus den ausgewählten Bereichen frühzeitig mit „im Boot“ sind. Ein behutsames, prozessorientiertes Vorgehen, das auch Denken und Fühlen beziehungs-weise Bedenken und Interessen aller Beteiligten durchgehend im Blick hat, hat sich bewährt.

Gerade Job Carver, die bereits Erfahrungen im Jobcoaching haben, bringen die dafür erforderlichen Qualifi-kationen in jedem Fall mit. Als Expertinnen und Experten für die Gestaltung von Lernprozessen im betriebli-chen Kontext bringen sie umfangreiche Kenntnisse bezüglich des Erkennens und Nutzens von Ressourcen von Menschen mit einer Behinderung mit, die sie für ein Job Carving nutzen können. Mit entsprechender Schu-lung bezüglich der Besonderheiten eines Job Carvings können sie das neue Beratungsangebot qualifiziert umsetzen.

Eine besondere Herausforderung ist es, das neuartige Beratungsangebot bei Betrieben bekannt zu machen und sie von dessen Einsatz zu überzeugen.

Gezeigt hat sich, dass Betriebe auf vielfältigen Wegen für das Angebot erreichbar sind:• Haben sie bereits Kontakt zum Integrationsamt beziehungsweise dessen unterstützenden Diensten, so

können diese die Betriebe im Kontext ihrer betrieblichen Beratung ohne großen Aufwand mit Unterstüt-zung des Informationsmaterials über das Angebot informieren und an die Fachkoordination verweisen. Als besonders wirkungsvoll hat sich die persönliche Ansprache durch Mitarbeitende von Integrationsfach-diensten, Jobcoaches und Job Carver erwiesen.

• Bestehen noch keine entsprechenden Kontakte, so ist eine offensive Öffentlichkeitsarbeit wirkungsvoll (Internet, Fach-/Presse, Präsentationen inklusive Evaluation des Angebots bei Veranstaltungen der Kam-mern für betriebliche Entscheiderinnen und Entscheider und so weiter). Zur Veranschaulichung der Praxis können hier zukünftig auch Beispiele von Unternehmen herangezogen werden, in denen ein Job Carving zur Zufriedenheit durchgeführt wurde.

• Gezielt können beziehungsweise sollten auch Organisationen im Bereich der Behindertenhilfe (Werkstät-ten für behinderte Menschen), Behindertenverbände, Sozialdienste und so weiter), mit denen Betriebe oft in unterschiedlichen Zusammenhängen in Kontakt kommen, über das Angebot informiert und in die Ansprache eingebunden werden.

Um zu überzeugen, sollten Argumente für ein Job Carving – falls möglich – passgenau auf einen Betrieb abgestimmt werden. Das lässt sich zum Beispiel mittels Recherchen vor der ersten persönlichen Kontaktauf-nahme (Internet, bestehende Netzwerke) oder auch im Erstgespräch genauer ermitteln:• Für Betriebe, in deren Leitbild zum Beispiel „Inklusion“ und/oder „Diversity“ verankert sind, kann Job

Carving ein ideales Instrument sein, ihr Leitbild mittels Schaffung einer Stelle für einen Menschen mit Behinderung „mit Leben zu füllen“.

• Haben leitende und/oder personalentscheidende Mitarbeitende persönliche Erfahrungen mit Behinde-rung (in Familie beziehungsweise Freundeskreis) und/oder positive Erfahrungen mit Betriebsangehörigen mit Behinderung (und damit Einblick in und Respekt vor deren Leistungsfähigkeit), so sind sie erfahrungs-gemäß offen beziehungsweise offener als andere gegenüber einer Anstellung eines Menschen mit

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12 Kurzfassung

Behinderung. Job Carving gibt ihnen Handlungssicherheit und konkrete Anhaltspunkte und Unterstüt-zung, wie sie für diesen Personenkreis eine existenzsichernde Stelle beziehungsweise eine berufliche P erspektive in ihrem Betrieb schaffen können. Die Bereitschaft dazu ist auch hoch, wenn sich betriebliche Entscheiderinnen/Entscheider zum Beispiel politisch im Feld „Inklusion“/„Umsetzung der UN-Behinder-tenrechtskonvention“ engagieren.

• Andere Betriebe wiederum erkennen beziehungsweise schätzen die betriebswirtschaftlichen Vorteile der Schaffung eines Arbeitsplatzes für einen Menschen mit Behinderung, der einfache Tätigkeiten über-nimmt (zum Beispiel Entlastung „teurer“ Fachkräfte, Erfüllung der Schwerbehindertenquote). Oder sie wünschen sich Unterstützung bei der Sicherung eines bereits bestehenden Arbeitsverhältnisses für eine/n zum Beispiel infolge Unfall, Krankheit oder Alter leistungsgeminderte/n Beschäftigte/n (die Sicherung des Arbeitsplatzes kann unter Umständen günstiger und weniger aufwendig sein als eine Neueinstellung).

• Fallen in Betrieben viele auch einfache beziehungsweise zuarbeitende Tätigkeiten an, sind sie mit entsprechender Hilfestellung ebenfalls offen und bereit, mittels Job Carving prüfen zu lassen, inwiefern sich diese in einer Stelle bündeln lassen, um sie dann auch mit einem Menschen mit Behinderung zu besetzen. Das gilt ganz besonders dann, wenn die Arbeitsbelastung in einzelnen Abteilungen bezie-hungsweise Bereichen des Betriebs so hoch ist, dass Mitarbeitende (dringend) Entlastung benötigen.

Ist der Erstkontakt zum Betrieb erst einmal hergestellt und hat dieser sein Interesse signalisiert, so ist dieser Kontakt kontinuierlich zu pflegen. Krankheiten, Fehlzeiten, Urlaube oder anderes dürfen auf keinen Fall dazu führen, den Kontakt wieder aus dem Blick zu verlieren. Um das zu verhindern, hat sich die transparente Erfassung von kontaktierten Betrieben, Kontaktdaten der Ansprechpartnerinnen und -partner inklusive Kurz-vermerke über Gesprächsergebnisse und weitere Terminvereinbarungen bewährt, auf die alle Mitarbeitenden im koordinierenden Team Zugriff haben. Sie können dann jeweils – falls erforderlich – an die bisherigen Schritte anknüpfen.

Das neue Instrument Job Carving konnte – ebenso wie Formen der Werbung und Ansprache von Unterneh-men – mit Erfolg erprobt werden. Konzept wie Umsetzung wurden mithilfe der Job Carver und der involvier-ten Unternehmen sukzessiv optimiert.

Zur Unterstützung der Umsetzung von weiteren Job Carvings hat die von der Forschungsgruppe in puncto GmbH begleitete Entwicklungsgruppe im Auftrag des LWL ein „Praxishandbuch“ entwickelt, das Organisati-onen, die Job Carving anbieten wollen, ebenso wie Job Carvern und Trainerinnen und Trainern, die Job Car-ver schulen wollen, wertvolle Anregungen für ihre Arbeit gibt – aus der Praxis für die Praxis.

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Kurzfassung 13

Das Praxishandbuch umfasst folgende Teile:

1. „Handlungsleitlinien Job Carving“ (Praxishandbuch Teil A)Die Handlungsleitlinien beschreiben – entlang der Struktur des Beratungsprozesses – alle wichtigen Grund-lagen und Prozessvoraussetzungen für ein Job Carving, dessen Ablaufstruktur, die daran beteiligten Akteu-rinnen/Akteure und deren Aufgaben sowie zentrale Methoden eines Job Carvings. Sie geben insbesondere interessierten Anbietenden des Beratungsangebots hilfreiche Anregungen.

2. „Anregungen aus der Praxis für die Praxis“ (Praxishandbuch Teil B)Job Carving als kooperativer Prozess zwischen Job Carver und Betrieb erfordert insbesondere soziale und kommunikative Kompetenzen seitens der Job Carver. In diesem Teil des Handbuchs werden Strategien und Methoden beschrieben, die sich bei Einführung und Umsetzung eines Job Carvings in der Praxis besonders bewährt und den Erfolg begünstigt haben. Sie geben Job Carvern wertvolle Hilfestellungen bei der Vorberei-tung und Umsetzung eines Job Carvings.

3. „Good Practice“ (Praxishandbuch Teil C)An Beispielen von Job Carvings in unterschiedlichen Unternehmen aus verschiedenen Branchen und unterschiedlicher Größenordnung wird hier veranschaulicht, wie und mit welchem Ergebnis ein Job Carving umgesetzt wurde. Die Beispiele können zukünftig auch bei der Ansprache von Betrieben herangezogen werden.

4. Dokumente zum Einsatz bei Job Carvings (Anlage Dokumentvorlagen Job Carving)Angesichts der Vielfalt von Beteiligten am Job Carving-Prozess und der bestehenden Schnittstellen zwischen ihnen besteht ein besonderer Bedarf an einem strukturierten Austausch, damit Prozessschritte reibungslos ineinandergreifen und die involvierten Fachkräfte wirkungsvoll miteinander arbeiten können. Um die Erhebung von Informationen und die strukturierte Erfassung von Informationen und Ergebnissen zu einzelnen Job Car-ving-Fällen zu erleichtern, finden sich hier extra entwickelte Dokumentvorlagen (zum Beispiel Interviewleitfaden Arbeitgeber/innen, Einverständniserklärungen, Entbindung von der Schweigepflicht, Betriebsprofil, Falldaten-blatt, Zwischen-/Endbericht und anderes). Diese können zukünftig so (beziehungsweise in angepasster Form) im Job Carving-Prozess eingesetzt werden.

Das Entwicklungsteam wünscht viel Erfolg beim Carven!

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14 Das Modellprojekt

Das Modellprojekt

1. Ausgangslage

1.1 Das Beratungsangebot Job Carving

Job Carving ist ein neues Beratungsangebot des LWL-Integrationsamts, das Arbeitgeber dabei unterstützt, neue Stellenangebote für leistungsgeminderte Menschen insbesondere aus Förderschulen, Werkstätten für behinderte Menschen oder psychiatrischer Versorgung zu schaffen.1 Entwickelt wurde es vom Referat Integra-tionsbegleitung/Integrationsprojekte des LWL-Integrationsamts (Sachbereich Betriebliches Arbeitstraining/Job Coaching) im Verbandsgebiet des LWL.

Die Idee dazu basiert auf einem Konzept des Engländers Cary Griffin zur Individualisierung von Arbeitsplätzen für Leistungsgeminderte.2 „Unter Job Carving wird die Schaffung von behinderungsgerechten Stellenprofilen verstanden, bei denen die Einzeltätigkeiten primär durch die Entlastung von betrieblichen Leistungsträgern entstehen.“3 Job Carving umfasst die innerbetriebliche Suche nach zumeist einfachen Einzeltätigkeiten und deren Zusammenstellung zu einem neuen, für einen Menschen mit Behinderung geeigneten Stellenprofil. Das heißt: Es geht nicht um Anpassung eines Menschen mit Behinderung an eine bereits bestehende Stelle, son-dern um die Zusammenfassung von geeigneten Tätigkeiten zu einem ganz neuen Stellenprofil, das für einen Menschen mit Behinderung geeignet ist.4 Job Carver wirken also an der Neugestaltung eines Arbeitsplatzes mit.

ZieleJob Carving ist ein Teil einer umfassenden inklusionsfördernden Strategie des LWL-Integrationsamts zur Ver-besserung der beruflichen Teilhabe von Menschen mit Behinderung an regulärer Beschäftigung. Ziel ist es, neue Arbeitsplätze für Menschen mit Behinderungen an wichtigen Schnittstellen ihrer beruflichen Biografie zu schaffen (Übergang Schule – Beruf, Übergang Werkstatt – allgemeiner Arbeitsmarkt, Übergang medizini-sche Reha – allgemeiner Arbeitsmarkt) und sie so in den ersten Arbeitsmarkt zu integrieren.

MethodikJob Carving benötigt einen klaren betrieblichen Auftrag, eine enge Abstimmung und eine gute Zusammen-arbeit aller Beteiligten. Voraussetzungen für ein erfolgreiches Job Carving sind die Bereitschaft eines Betriebs, sich auf die Beratung durch eine externe Fachkraft einzulassen, die Zustimmung von betrieblichen Entschei-dungsträgern und die aktive Mitwirkung der Belegschaft. Prozessverantwortung und -umsetzung bleiben beim beauftragenden Unternehmen.

1 to carve = schnitzen/modellieren, d. Verf.2 Bei der Schaffung von Arbeitsplätzen geht Griffin entweder von den Fähigkeiten eines Leistungsgeminderten aus, für den eine Stelle in einem Betrieb kreiert

wird, die andere Leistungsträger sinnvoll entlastet, oder von der Wunschtätigkeit eines Leistungsgeminderten, für den ein Wunschbetätigungsfeld in einem passenden Betrieb konzipiert wird. Job Carving setzt laut Griffin eine intensive Analyse von Arbeitsplatz und Einzeltätigkeiten, ein gründliches Verständnis von Fähigkeiten, Talenten, Fertigkeiten beziehungsweise Wünschen eines Arbeit suchenden leistungsgeminderten Individuums und einen „Eingriffsverhandlungs-stil“ voraus, der im Prozess Gemeinsamkeiten zwischen Arbeitsuchendem und Arbeitgebendem offenbart. Die Kombination dieser drei Elemente ermöglicht das kreative Finden neuer Beschäftigungsmöglichkeiten. Eine Besonderheit von Job Carving ist laut Griffin die Identifizierung und Förderung von „natürlichen Stützen“, um eine sichere Anpassung des Klienten an die Belegschaft zu beschleunigen, Beziehungen am Arbeitsplatz zu verbessern und Rehabilitationskos-ten zu sparen. Siehe dazu Näheres in: ENHANCING NATURAL SUPPORTS THROUGH JOB CARVING. By Cary Griffin, Dave Hammis & Tammara Geary. Excerp-ted from: Griffin, C.C., Hammis, D. & Geary, T. (2007). The Job Developer’s Handbook: Practical Tactics for Customized Employment. Baltimore: Brookes Pub-lishing.

3 Reinhard Hötten: Handlungskonzept Job-Coaching, LWL-Integrationsamt Westfalen, Behinderte Menschen im Beruf. Sachbereich Betriebliches Arbeitstrai-ning, Seite 2; http://www.lwl.org/abt61-download/html/AT-Forum/pdfs/Handlungskonzept_Job-Coaching-v1.02.pdf

4 Die Passung mit einer Person erfolgt erst in einem nächsten Schritt, der ebenfalls ein wichtiges Element des Modellprojekts ist.

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Das Modellprojekt 15

Job Carving erfolgt in vier aufeinander aufbauenden Schritten:

Schritt 1Ein Job Carver geht in den Betrieb, analysiert Arbeitsabläufe, identifiziert – durch Gespräche mit Beschäftig-ten, Beobachtung und eigene Mitarbeit – einfache beziehungsweise anlernbare Tätigkeiten, die von betrieb-lichen Leistungsträgern beziehungsweise Fachkräften ausgeführt werden, aber genauso gut von weniger qualifizierten und/oder leistungsgeminderten Personen ausgeführt werden könnten.

Schritt 2Die ermittelten Tätigkeiten werden in Absprache mit dem Unternehmen in ein neues Tätigkeits- beziehungs-weise Stellenprofil überführt, das auch für weniger Qualifizierte und/oder Leistungsgeminderte geeignet und zugleich befriedigend ist.

Schritt 3Der Integrationsfachdienst (IFD) beziehungsweise das Netzwerk vor Ort und auch benachbarte Integrations-fachdienste werden eingebunden, um die Stelle mit einem geeigneten Menschen mit Behinderung zu beset-zen. Der Integrationsfachdienst unterstützt die Kandidatin beziehungsweise den Kandidaten bei der Bewer-bung.

Schritt 4In einer Anpassungsphase wird das Stellenprofil mithilfe des Job Carvers an die Kandidatin/den Kandidaten angepasst. Gestaltet sich die Anpassungsphase für beide Seiten erfolgreich, kann die Übernahme in ein sozi-alversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis erfolgen, ebenfalls unterstützt und begleitet durch den Integrationsfachdienst. Gegebenenfalls kann zur Sicherung der Langfristigkeit zusätzlich ein Jobcoaching erfolgen.

1.2 Die Umsetzung

Fachlich koordiniert und begleitet wurde die Erprobung des Instruments durch das Sachgebiet „Betriebliches Arbeitstraining – Job Coaching“ mit einem Stellenumfang von 50 Prozent einer Vollzeitstelle. Die Projektko-ordination informierte über das Projekt (siehe unten), sprach aktiv Betriebe auf ein Job Carving an und fun-gierte gemeinsam mit ihrem Team im gesamten Projektverlauf als Ansprechpartnerin für alle involvierten Akteurinnen und Akteure.

Für die Umsetzung der Job Carvings wurde eine Gruppe von neun Job Carvern aus dem Pool von Jobcoaches gebildet, die regelmäßig im Rahmen von Einzelbeauftragungen für das LWL-Integrationsamt tätig sind und im Rahmen der begleitenden Hilfe im Arbeitsleben betriebliches Arbeitstraining durchführen. Um eine breite Vielfalt an Einsatzmöglichkeiten zu gewährleisten, wurden bei deren Auswahl Kriterien wie berufliche Quali-fizierung, Berufserfahrungen in verschiedenen Branchen, Geschlecht, Alter und regionale Verortung zugrunde gelegt.

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16 Das Modellprojekt

Geschl./Status

Qualifikation Zusatz­qualifikation

Branchenerfahrungen/Einsatzfelder

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1 w • Ergotherapeutin BC • • • • • •

2 w • Arzthelferin; Assistentin: Medizinische Dokumentation/Bürokommunikation; Mediendesignerin

• • • • • •

3 m • Gas- und Wasserinstallateur • • • • • • • • • •

4 m • Installateur (Gas- und Wasser/Elektro), Fahrlehrer

• • • • • • • •

5 m • Diplom Ergotherapeut • • • • • • • •

6 m • Diplom Sozialarbeiter, Betriebswirt (BWS-AK), Elektroanlageninstallateur

• • • • • • • • •

7 m • Schreiner und Parkettleger • • • • • • •

8 m • Meister Garten-/Landschaftsbau • • • • • • •

9 m • Energieanlagenelektroniker • • • • • • • •

1.3 Begleitende Öffentlichkeitsarbeit

Die Öffentlichkeitsarbeit für das Angebot erfolgte auf unterschiedlichen Wegen:

Ein Flyer und ein Infoblatt („Job Carving – ein neues Beratungsangebot für Unternehmen“) wurden entwi-ckelt. Die Informationen wurden überdies auf der Webseite des Landschaftsverbands Westfalen-Lippe veröf-fentlicht (www.lwl.org/jobcarving/).

Fachkräfte in den Regionen, die in Kooperation mit dem LWL-Integrationsamt Westfalen beziehungsweise in dessen Auftrag die Teilhabe von Menschen mit Behinderungen am Arbeitsleben fördern und sichern, wurden umfassend über das neue Angebot informiert und mit dem Informationsmaterial ausgestattet: Integrations-fachdienste, Fachstellen für behinderte Menschen im Beruf, Jobcoaches und Integrationsberater der IHKs und HWKs. Als Fachberaterinnen und Fachberater sind sie wichtige Ansprechpartnerinnen beziehungsweise -part-ner für Betriebe und verfügen über eine Vielzahl von Betriebskontakten.

Zusätzlich stellte die Projektkoordination das Angebot auf Netzwerktreffen der Integrationsfachdienst (Berei-che „Übergang WfbM – Allgemeiner Arbeitsmarkt“ und „Übergang Schule – Beruf“) sowie auf dem jährli-chen Treffen der Fachstellen vor. Sie war zweimal Gast beim Netzwerktreffen der vom LWL-Integrationsamt finanzierten Kammerberaterinnen beziehungsweise -berater und präsentierte das Angebot auf dem bundes-weiten Treffen von Inklusionsberatenden der Kammern am 24. September 2014 in Hagen. Die im Auftrag des LWL-Integrationsamt tätigen Jobcoaches wurden auf jährlich stattfindenden Fachtagen informiert.

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Das Modellprojekt 17

Überdies präsentierte die Projektkoordination das Instrument Job Carving auf sechs Veranstaltungen speziell für die Zielgruppe „Arbeitgeber“: am 9. April 2014 auf der LWL-Messe der Integrationsunternehmen in Münster, am 19. Mai 2014 auf dem Workshop „Inklusion“ der Industrie- und Handelskammer Bochum in Bochum, am 3. Dezember 2014 beim Arbeitgeber- und Behördengespräch DGB Region Münster in Senden-horst, am 1. Dezember 2014 bei der „Aktion Inklusion OWL“ – Aktionstag für Arbeitgeberinnen und Arbeit-geber in Paderborn1, am 3. Februar 2015 beim Wirtschaftsfrühstück des FORUMs „wir unternehmen was!“ in Emsdetten2 und am 12. Mai 2015 beim Lions Club in Hagen.

Das Fachmedium „Wirtschaft Münsterland für den Kreis Steinfurt“, das alle drei Monate über die Wirtschaft und relevante Ereignisse in der Region berichtet, informierte in seiner Ausgabe 02/2015 über das Projekt3.

2. Evaluation

Von Mai 2014 bis September 2016 evaluierte die Forschungsgruppe in puncto: pfaender & team GmbH (Köln) die modellhafte Erprobung des Beratungsangebots. In der 24-monatigen Modellphase erhob die Evaluation prozessbegleitend alle Erfahrungen, wertete sie aus, analysierte sie, identifizierte Erfolgsfaktoren der Umset-zung und entwickelte in enger Kooperation mit Projektteam und Job Carvern die vorliegenden Handlungs-empfehlungen. In einer anschließenden viermonatigen Phase überprüfte die Evaluation die Ergebnisse der Job Carvings beziehungsweise die Nachhaltigkeit der neu geschaffenen Arbeitsverhältnisse.

2.1 Das Evaluationskonzept – partizipativ und praxisorientiert

Mit einem Mix aus verschiedenen Methoden der qualitativen Sozialforschung begleitete die Evaluation das Modellprojekt in einer Weise, die gewährleistete, dass …• Konzept und Umsetzung des Job Carvings sukzessiv verfeinert und optimiert werden konnten,• involvierte Job-Carver im Prozess sukzessiv weiterqualifiziert wurden,• ein für die Qualifizierungsarbeit von Job Carvern geeignetes „Handbuch“ entstehen konnte.

Das LWL-Projektteam war konzeptionell von vornherein durchgehend in den Entwicklungsprozess eingebun-den: bei der Operationalisierung von Evaluationszielen, der Verfeinerung von Erfolgs- und Wirkungsindikato-ren, der Diskussion aller relevanten Fragestellungen, der Reflexion von Zwischenergebnissen und der Entschei-dung über Kurskorrekturen im Prozess.

Ebenso waren alle involvierten Job Carver in den Entwicklungsprozess eingebunden. Auf dem ersten gemein-samen Arbeitstreffen (24. Juni 2014, Münster) verständigten sie sich darauf, als Mitglieder einer „Entwick-lungsgruppe Job Carving“ an der Erprobung des Instruments aktiv mitzuwirken und das geplante Praxishand-buch inhaltlich mitzugestalten. Im Rahmen von gemeinsamen Entwicklungs-Workshops sollten sie sich (individuell und in der Gruppe) mit ihren Erfahrungen auseinandersetzen, Lösungen für Probleme gemeinsam entwickeln und so zugleich für ihre Aufgaben qualifiziert werden (Austausch/Analyse/Reflexion von Erfahrun-gen, kollegiale Beratung und Unterstützung). Eine enge Unterstützung der Job Carver durch das LWL-Projekt-team war fester und zentraler Bestandteil der Zusammenarbeit.

1 http://www.nw.de/lokal/kreis_paderborn/paderborn/paderborn/20268250_Experten-schnitzen-neue-Jobs.html2 http://www.unternehmensforum-emsdetten.de/Job Carving-beim-wirtschaftsfruehstueck/; http://www.unternehmensforum-emsdetten.de/mediathek/vort-

raege/3 http://www.tecklenborg-verlag.de/product_info.php/info/p883_Wirtschaft-Muensterland-2-2015.html/XTCsid/35d96c7c143491bcc6871c6e47eff1e3; http://

www.tecklenborg-verlag.de/index.php/cat/c24_Wirtschaft-Muensterland.htm

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18 Das Modellprojekt

2.2 Leitfragen der Evaluation

Alle von der Evaluation erhobenen Daten und Informationen sollten – in ihrer Gesamtheit – Antworten auf folgende Leitfragen geben:

1. Unternehmensseite (Motivation, Zugang zum Job Carving, Erfahrungen, Grad der Zufriedenheit)

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Motivation• Welche Motivation haben Unternehmen, am Job Carving teilzunehmen?

Zugänge• Wie haben sie von Job Carving erfahren?

Erfahrungen• Wie wurde der Prozess im Unternehmen implementiert?• Welche Ressourcen wurden von Unternehmen eingebracht?• Gab es besonders förderliche Bedingungen? Wenn ja, welche?• Gab es besonders hinderliche Bedingungen? Wenn ja, welche?• Welche weiteren Unterstützungsleistungen (Finanzierungen/Job Coaching) haben sie bei der Schaffung

eines Arbeits- oder Praktikumsplatzes in Anspruch genommen?• Wie zufrieden sind die Unternehmen?

2. Prozess des Job Carvings (Daten und Fakten, Prozessverlauf, Stellenprofile, Erfahrungen)

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Dauer des Prozesses• Stundeneinsatz des beteiligten Fachpersonals• Anzahl der erstellten Profile• Anzahl der eingegangenen Arbeitsverhältnisse• Anzahl der geschaffenen Praktikumsplätze• Nachhaltigkeit der Arbeitsverhältnisse und PraktikumsplätzeProzessverlauf• Mit welchen Zielen/Vorstellungen der Unternehmen ist der Prozess gestartet?• Wie haben sich Ziele/Vorstellungen im Prozess verändert?• Welche Faktoren waren für die Zielerreichung besonders wirksam?Stellenprofile aus dem Job Carving­Prozess• Beispielhafte Darstellung des Job Carvings-Prozesses mit Abbildung des Spektrums der Tätigkeitsprofile

und des Prozesses, insbesondere unter Berücksichtigung der Abstimmung der Tätigkeit mit den Fähigkeiten des Menschen mit Behinderung.

Erfahrungen• Lässt sich der Prozess mit den konzeptionellen Rahmenbedingungen (Dauer & Ergebnisse) so umsetzen?• Sollten Rahmenbedingungen verändert werden?

3. Angemessenheit von Instrumenten und Vorgehen

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in Bezug auf die Gewinnung der Betriebe• Information und Ansprache der Betriebe (Flyer und Besuche)in Bezug auf den Job Carving­Prozess• Führungskräfteinterview; Kollegeninterview; Workshop mit den betrieblich Beteiligten; Tätigkeitsanalyse;

Anleitung am Arbeitsplatz; eingesetzte Materialien (Infomaterial, Checklisten, Formblätter...)in Bezug auf die Rahmenbedingungen• Kooperation mit dem Integrationsfachdienst; Vorbereitungstreffen (Job Coach und andere); Begleitende

Treffen; Strukturvorgaben des Prozesses durch das LWL-Integrationsamt Westfalen; Fachliche Begleitung des Job Coach durch das LWL-Integrationsamt Westfalen

Welche Empfehlungen ergeben sich aus der Auswertung der Erfahrungen und Ergebnisse?

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Das Modellprojekt 19

2.3 Umsetzung der Evaluation

Zur Beantwortung der Fragestellungen und zur Entwicklung des Praxishandbuchs wurden folgende Schritte umgesetzt:

2.3.1 Schritt 1: Vorarbeiten

1: Kick Off (Münster, 15. Mai 2014)In Abstimmung mit dem Projektteam wurde der Auftrag in allen wesentlichen Punkten geklärt: Vorgehen, Wege der Zusammenarbeit, Feinabstimmung von Terminen und Meilensteinen, von Formen und Zeitabstän-den der Kommunikation und Kooperation, Entwicklung von Erhebungsinstrumenten und Verfeinerung von Indikatoren zur Erkennung beziehungsweise Messung der Zielerreichung.

2: Feinabstimmung der Erhebung von Daten und Informationen im Job Carving­ProzessAlle Instrumente, die bei Vorbereitung, Durchführung und Nachbereitung eines Job Carvings zum Einsatz kommen sollten (Vertrags-/Berichts-/Dokumentationsformulare), wurden von der Evaluation unter den Aspek-ten „Vereinheitlichung von Darstellung und Begrifflichkeiten“, „Effektivere Erhebung und Erfassung von Daten und Informationen“, „Erhöhung der Vergleichbarkeit von Beratungsfällen“ und „Optimierung der Schnittstelle zwischen Fachkoordination für betriebliches Arbeitstraining (Fako bAT) und Job Carver“ gesich-tet und optimiert. Die Vorschläge flossen in die Überarbeitung der Instrumente ein, die dann zur Erprobung eingesetzt und abschließend – unter Einbindung der neuen Erfahrungen – überarbeitet wurden. (Die Ergeb-nisse finden sich im Anhang.)

3: Offizielle „Auftaktveranstaltung Job Carving“ (Münster, 24. Juni 2015)Am 24. Juni 2014 fand die offizielle „Auftaktveranstaltung“ zum Modellprojekt mit Abteilungsleitung, Sach-bereichsleitung, Projektteam, allen neun Job Carvern und Evaluation statt. Die Themen: 1. Aktueller Stand, geplanter Ablauf und Rahmenbedingungen des Projekts, 2. Vorstellung der Evaluation (Ansatz, geplantes Vorgehen, Produkt „Praxishandbuch“), 3. „Verpflichtung“ der Job Carver zur aktiven Mitwirkung am Prozess, 4. Vorstellen der vorläufigen Job Carving-Instrumente, 5. Klärung des weiteren Vorgehens.

2.3.2 Schritt 2: Systematisierung und Auswertung aller Beratungsanfragen

Um die Ansprache von Betrieben, die sich zeitaufwendiger als ursprünglich geplant gestaltete, zielgerichteter betreiben zu können, entwickelte die Evaluation ein Raster zur Erfassung aller Beratungsanfragen und deren Ergebnisse. Durch die systematische Erfassung sollten Akquisitionsbemühungen, -strategien und -ergebnisse transparent(er), Stärken und Schwächen identifiziert sowie Anhaltspunkte zur Optimierung von Strategie und Instrumenten zur Ansprache von Unternehmen gewonnen werden.

Struktur der Erfassung von Beratungsanfragen

1 Nr. 7 Interesse des Betriebs

2 Name Betrieb 8 Hemmende Faktoren Job Carving

3 Branche 9 Begünstigende/fördernde Faktoren Job Carving

4 Ziel (neuer Arbeitsplatz/Sicherung Arbeitsplatz) 10 Ergebnis des Kontakts

5 Initiator/Multiplikator des Kontakts 11 Kontaktdaten Ansprechpartner

6 Art des Kontakts 12 Fachkoordinatorin (Name)

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20 Das Modellprojekt

2.3.3 Schritt 3: Durchführung von Job Carving vorbereitende Workshops

Drei vorbereitende Entwicklungsworkshops wurden für die angestrebten Job Carvings durchgeführt.

Workshop 1: Die Rolle von Jobcoach und Job Carver (Münster, 26. November 2014)Da der Rollenwechsel vom Jobcoach zum Job Carver in der Praxis voraussichtlich eine besondere Herausfor-derung darstellen würde, wurde ein erster Workshop zum Thema „Meine Rolle und mein Selbstverständnis als Job Carver“ durchgeführt. Neun Job Carver, Projektteam und Sachbereichsleitung nahmen teil. Moderiert wurde der Workshop von der Evaluation nach der Moderationsmethode „Dynamic Facilitation“1 , einer Methode, die es in besonderer Weise möglich macht, Sichtweisen, Bedenken, Bedürfnisse und Ideen aller Beteiligten zu erfassen und die zugleich lösungsorientierende und unterstützende Aspekte in den Fokus stellt. In einem anschließenden „World-Café“ wurden relevante Themen vertiefend diskutiert und weiter entwi-ckelt. Die Evaluation bereitete alle Ergebnisse wie folgt strukturiert auf und dokumentierte sie als Arbeits-grundlage für den Folgeworkshop.

Thema Unterthema

A Die Rolle des Job Carvers im Unternehmen 1. Grundsätzliches zur Rolle des Job Carvers

2. Haltung und Selbstverständnis als Job Carver

3. Rollenklarheit im Prozess

4. Erfolg und Umgang mit Erfolgsdruck

B Phasen und Schritte des Aufbaus von Job Carving 1. Vorbereitung

2. Auftragsklärung

3. Aufbau von Vertrauen

4. Überzeugungsarbeit leisten

5. Nach dem Job Carving

C Der Prozess des Job Carvings 1. Aufgabe des Job Carvers

2. Methoden des Job Carvings

3. Umgang mit Mitarbeitenden

4. Fragetechniken

Workshop 2: Sammlung und Auswertung von Erfahrungen (Münster, 23. März 2015)Da sich im ersten Workshop gezeigt hatte, dass alle zukünftigen Job Carver aus ihren Job Coachings über ein breites Spektrum an Erfahrungen und Wissen verfügen, das auch bei einem Job Carving zum Einsatz kommen kann, setzte der zweite Workshop genau hier an. Entlang der oben genannten Struktur (Thema/Unterthema) tauschten Job Carver und Mitglieder des Projektteams in drei arbeitsteiligen Kleingruppen ihre Erfahrungen aus, reflektierten sie gemeinsam, entwickelten neue Ideen und hielten ihre Ergebnisse schriftlich fest. (Die im Anschluss weiter verfeinerten Ergebnisse haben Eingang gefunden in den Praxisteil des Handbuchs.) Der besondere Nutzen dieses Vorgehens: Da es bis zum Workshop noch nicht gelungen war, Betriebe für ein Job Carving zu gewinnen, wurde die Zeit bis zur Umsetzung erster Job Carvings sinnvoll genutzt. Allen Teilneh-menden wurde zudem bewusst, dass sie bereits über umfangreiche Erfahrungen verfügen, die sie – in ähnli-cher beziehungsweise abgewandelter Form – auch für ein Job Carving nutzen können. Bestehende Unsicher-heiten und Bedenken bezüglich Job Carving, die im ersten Workshop zur Sprache gekommen waren, konnten so bereits im Vorfeld der Umsetzung abgebaut werden.

1 Dieser von dem US-Amerikaner Jim Rough entwickelte Ansatz der Prozessmoderation hat hervorragende Ergebnisse in der moderierten Bearbeitung von sehr unterschiedlichen Themen und Anlässen gezeigt (zum Beispiel Strategieprozesse, Teamentwicklung, Konfliktmanagement). Die Methode bindet zu jedem Zeit-punkt jedes einzelne Gruppenmitglied mit allen seinen sachlichen und emotionalen Beiträgen sichtbar und ohne Bewertung in das Geschehen ein. Alle Teilneh-menden grenzen zunächst das Thema gemeinsam ein, um dann – ungefiltert – ihre Beiträge zu benennen (Probleme, Bedenken, Informationen, Lösungsideen und -ansätze). Im Gegensatz zu konventionellen Moderationsmethoden werden alle Nennungen vom Moderator direkt und ungefiltert aufgenommen und in einer Gesamtschau für alle zusammengeführt.

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Das Modellprojekt 21

Workshop 3: Job Carving – Anteile beim Jobcoaching (Münster, 25. Mai 2015)Erfahrungsgemäß fragen viele Betriebe direkt bei der Ansprache auf ein Job Carving nach bereits vorliegen-den Erfahrungen mit dem Instrument – also nach Erfahrungen, über die das Team „in Reinform“ bislang noch nicht verfügte. Wohl aber verfügten nahezu alle zukünftigen Job Carver über mehr oder weniger intensive praktische Erfahrungen mit Job Carving als Bestandteil von Jobcoachings. Um zu prüfen, ob und in welcher Weise diese Anteile gegebenenfalls bereits für die Akquise von Betrieben, aber auch für die Umsetzung von Job Carvings nutzbar gemacht werden können, befasste sich der dritte Workshop mit der Präsentation und Diskussion von Job Carving-Beispielen im Rahmen von bisherigen Jobcoachings in verschiedenen Betrieben. Die Job Carver präsentierten der Gruppe – entlang eines von der Evaluation entwickelten Rasters – ihre „Good Practice-Beispiele“. Fazit: Deutlich wurde, dass mehr Erfahrungen mit Job Carving vorliegen als bislang gedacht. Diese Beispiele können durchaus auch für die Gewinnung von Betrieben für ein Job Carving einge-setzt werden. Die Chance, durch Einbindung konkreter Praxisbeispiele mehr Betriebe von einem Job Carving überzeugen zu können, wird so erhöht.

2.3.4 Schritt 4: Durchführung von BefragungenIm Oktober 2015 startete die Umsetzung erster Job Carvings, nachdem acht Betriebe für eine Umsetzung gewonnen werden konnten. Die Carving Prozesse dauerten im Durchschnitt etwa drei Monate. Ab Februar 2016 wurden zunächst alle Job Carver zur Umsetzung ihrer bis dahin abgeschlossenen Carvings befragt: zur Art des Zugangs zum Betrieb, zur Umsetzung (Prozess, Ergebnisse, Hindernisse/Bedenken im Betrieb, Umgang damit), zur Handhabbarkeit der Dokumentationsinstrumente und zu ihrem Unterstützungsbedarf. Ab März 2016 wurden überdies die für die Carvings zuständigen Ansprechpersonen aus den Betrieben befragt (Zugang zum Job Carving, Motivation, Einschätzung der Umsetzung, Empfehlungen zur Optimierung des Instruments). Im Juli 2016 wurden schließlich Job Carver und betriebliche Ansprechpersonen aus den Betrieben befragt, in denen im Rahmen einer Erprobungsphase Anpassungen der Tätigkeiten an einen potenziellen Mitarbeitenden mit Behinderung erfolgt waren (Aufwand, Erfahrungen, Ergebnisse, Optimierungsvorschläge zur Umsetzung). Alle Befragungen erfolgten entlang von offenen Frageleitfäden, die sich eng an den Fragestellungen des Auf-traggebers orientierten.

2.3.5 Schritt 5: Nachbereitung und Aufbereitung von Erkenntnissen

Zwei weitere Workshops dienten der Nach- und Aufbereitung von Erfahrungen und Erkenntnissen.

Workshop 4: Präsentation/Diskussion der Ergebnisse (Münster, 8. April 2016)Die Ergebnisse der Gespräche mit Job Carvern und Verantwortlichen aus Betrieben wurden Job Carvern und Projektteam anschaulich präsentiert und gemeinsam diskutiert. Optimierungsvorschläge für die Dokumenta-tionsinstrumente wurden gesammelt und eingebaut. Gemeinsam wurde geklärt, welche Ergebnisse in wel-cher Weise in die Weiterentwicklung und Optimierung des Instruments Job Carving einfließen sollten. (Die Ergebnisse des Workshops sind Bestandteil des vorliegenden „Praxishandbuchs“.)

Workshop 5: Abschluss, Münster, 9. September 2016Zur Vorbereitung des Abschlussworkshops erstellte die Evaluation einen Entwurf für die geplante Veröffent-lichung „Job Carving. Entwicklung von angepassten Arbeitsplätzen für Menschen mit Behinderung in Betrie-ben des ersten Arbeitsmarktes.“, in den alle Ergebnisse des Entwicklungsprozesses eingeflossen sind. Gemein-sam wurden die Inhalte des Handbuchs abgestimmt.

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22 Das Modellprojekt

2.3.6 Schritt 5: Erstellen des Praxishandbuchs

Zentrale Ergebnisse und Erkenntnisse des Modellprojekts wurden „aus der Praxis für die Praxis“ in dem nun vorliegenden Bericht aufbereitet.

3. Ergebnisse

Im Folgenden werden zentrale Ergebnisse des Modellprojekts Job Carving vorgestellt.

3.1 Kontaktierte Unternehmen

Die Auswertung der strukturierten Erfassung aller Kontakte zu Betrieben (insgesamt 55) zeigte: Das Instru-ment Job Carving stößt bei Betrieben unterschiedlicher Größenordnung und aus unterschiedlichen Branchen auf positive Resonanz.

Überwiegend wurden Industriebetriebe unterschiedlicher Größenordnung im Verbandsgebiet des LWL für ein Job Carving erreicht (15-mal), gefolgt von Betrieben des Groß- und Einzelhandels (9-mal), des Gesundheits- und Sozialwesens (9-mal), der kommunalen Verwaltung (5-mal) und der Energie- und Wasserversorgung (4-mal). Interesse zeigten überdies Banken beziehungsweise ein Wirtschaftsprüfungsunternehmen (3-mal), Betriebe im Bereich Erholung, Unterhaltung und Kunst (3-mal; zum Beispiel Museum, Bücherei, BVB Borussia Dortmund) und des Gastgewerbes (3-mal). Vereinzelt ergaben sich Kontakte zu Betrieben im Bereich Erzie-hung/Unterricht (Hochschule, Internat) und Handwerk.

10 Branchen/55 Betriebe

1. Industrie 15 6. Banken und Wirtschaftsprüfung 3

2. Groß- und Einzelhandel 9 7. Erholung/Unterhaltung/Kunst 3

3. Gesundheits- und Sozialwesen 9 8. Gastgewerbe 3

4. Kommunale Verwaltung 5 9. Erziehung und Unterricht 2

5. Energie- und Wasserversorgung 4 10. Handwerk 2

3.1.1 Initiatorinnen und Initiatoren der Erstkontakte

Gerade das bestehende Netz von Akteurinnen und Akteuren im Bereich des LWL hat sich zur Ansprache von Betrieben bewährt, kann gezielt auch bei der weiteren Ansprache und Gewinnung von Betrieben für ein Job Carving genutzt werden. Als besonders hilfreich haben sich hier die bereits bestehenden Kontakte von Inte-grationsfachdiensten und Jobcoaches beziehungsweise Job Carvern zu relevanten Akteurinnen und Akteuren im Betrieb erwiesen.

Die Integrationsfachdienste (IFD) gehörten zu den Hauptinitiatoren betrieblicher Kontakte zum Thema Job Carving (27-mal). Die Initiative entstand überwiegend im Kontext der betrieblichen Beratung durch Mitarbei-tende aus dem Bereich der Beruflichen Sicherung der Integrationsfachdiensts (20-mal) und des Übergangs (7-mal). Als wichtige Multiplikatorinnen und Multiplikatoren konnten sie das Angebot über ihnen bekannte Akteurinnen und Akteure an die Betriebe herantragen. (Dieses Ergebnis korrespondiert mit dem häufig genannten Interesse von Betrieben auch an einer Sicherung bestehender Arbeitsverhältnisse durch ein Job

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Das Modellprojekt 23

Carving.) Überdies wurde das Instrument Job Carving durch Jobcoaches und die Job Carver in den Betrieben bekannt gemacht. In 11 Fällen wurde eine Anfrage an den LWL durch diese Multiplikatorengruppe angesto-ßen. In 10 Fällen waren es Betriebe selbst, die sich mit einer Anfrage an die Projektkoordination wendeten, unter anderem sensibilisiert und informiert durch die verschiedenen Maßnahmen der geleisteten Öffentlich-keitsarbeit.

Initiator/innen beziehungsweise Multiplikator/innen Gesamt n=55

Integrationsfachdienst 27

• Sicherung 20

• Übergang 7

Jobcoach/Job Carver 11

Betrieb (zum Beispiel Stellvertretende Betriebsratsvorsitzende und Schwerbehinderten vertretungen (SBV), Inklusionsbeauftragte, Vorstandsmitglied, Leiter Personalmanagement, Arbeitssicherheitsbeauftragte/r)

10

Fachstelle 2

Fachkoordinatorin 2

Kammerberater 2

Sonstige 1

3.1.2 Erste Resonanz auf das Beratungsangebot

Gerade Betriebe, die bereits Menschen mit einer Schwerbehinderung beschäftigen, sind offenkundig sowohl offen als auch bereit, sich mit dem Thema Job Carving auseinanderzusetzen – zur Entlastung von Fachkräften, aber auch zur Sicherung bereits bestehender Arbeitsverhältnisse/-plätze. Sie erhoffen sich von einem Job Car-ving, dass Tätigkeitsfelder gefunden werden für neue Mitarbeitende mit einer Schwerbehinderung bezie-hungsweise für bereits beschäftigte Mitarbeitende, die ihre bisherigen Tätigkeiten infolge einer eingetretenen Leistungsminderung (Krankheit, Alter, Unfall) nicht mehr in vollem Umfang erfüllen können. (Das bestätigt die Richtigkeit der Entscheidung, das Projekt Job Carving auch für die Sicherung von bestehenden Arbeits-verhältnissen beziehungsweise Arbeitsplätzen zu öffnen.)

Die Ansprache der 55 Betriebe ergab hier folgendes Bild:21 Betriebe bekundeten ein Interesse an einer Einstellung eines Menschen mit einer Schwerbehinderung: Elf dieser Betriebe waren grundsätzlich an einer Einstellung interessiert, sechs recht konkret (zum Beispiel Finden einer geeigneten Tätigkeit für einen Menschen mit einer Schwerbehinderung nach Abschluss seiner Ausbil-dung/seines Praktikums), vier bezweckten eine Entlastung ihrer Fachkräfte (zum Beispiel zwecks Abbau von Überstunden beziehungsweise Reduzierung aktueller Belastung).

Das Interesse von 20 Betrieben bestand primär in der Sicherung eines bereits bestehenden Arbeitsplatzes/-verhältnisses für einen Menschen mit einer Schwerbehinderung (zum Beispiel aktuell mangelnde Arbeitsaus-lastung, Veränderung von Art/Grad der Behinderung, Wegfall einfacher Tätigkeiten im Betrieb als Folge zum Beispiel von Auslagerung betrieblicher Arbeitsfelder und so weiter).

Vier Betriebe zeigten sich offen und bereit, sich – zunächst einmal – genauer mit dem Angebot Job Carving auseinanderzusetzen. Lediglich zwei Betriebe lehnten bereits beim Erstkontakt ein Job Carving als für sie nicht infrage kommend ab (hoher Grad an Spezialisierung/Automatisierung).

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24 Das Modellprojekt

Interesse des Betriebs (8­mal keine Angaben) Gesamt n = 47

Interesse an Einstellung eines Menschen mit einer Schwerbehinderung 21

• Grundsätzliches Interesse an Einstellung eines Menschen mit einer Schwerbehinderung 11

• Konkretes Interesse an Einstellung eines Menschen mit einer Schwerbehinderung 6

• Interesse an Einstellung eines Menschen mit Schwerbehinderung zur Entlastung von Fachkräften 4

Sicherung eines bestehenden Arbeitsplatzes 20

Grundsätzliches Interesse am Angebot Job Carving 4

Kein Interesse 2

3.1.3 Fördernde Faktoren für ein Job Carving

Bestimmte Faktoren in den Betrieben begünstigen die Umsetzung eines Job Carvings. Diese wurden bereits bei der Erstansprache der Betriebe deutlich; zum Beispiel:

Wichtige Voraussetzungen für ein Job Carving waren grundsätzlich gegeben, zum Beispiel das erforderliche Tätigkeitsspektrum beziehungsweise das Interesse und der Bedarf auch an angelernten Kräften (14-mal) beziehungsweise wichtige betriebliche Schlüsselpersonen bekundeten erkennbar ihr Interesse (10-mal) bezie-hungsweise gute Kontakte zu Schlüsselpersonen bildeten eine erkennbare Basis für ein Zustandekommen (3-mal). Jeweils drei Betriebe äußerten konkret ihr Interesse an der Sicherung bestehender Arbeitsverhältnisse beziehungsweise konnten auf positive Erfahrungen mit Jobcoaching beziehungsweise mit einem Jobcoach zurückblicken.

Fördernde Faktoren Gesamt n=37

Tätigkeitsspektrum und Interesse und/oder Bedarf ist grundsätzlich vorhanden 14

Interesse und Engagement von betrieblichen Schlüsselpersonen ist erkennbar vorhanden (zum Beispiel Geschäftsleitung, Personalleitung, Schwerbehindertenvertretung, Inklusionsbeauftragte/r)

10

Guter Kontakt zu Schlüsselpersonen (zum Beispiel Schwerbehindertenvertretung; BEM Beauftragte) 3

Konkretes Interesse des Betriebs an Sicherung bestehender Arbeitsverhältnisse 3

Positive Erfahrungen des Betriebs mit Jobcoaching/Jobcoach 3

Einzelnennungen:• Positive Haltung des Geschäftsführers gegenüber der Idee Job Carving• Wunsch nach Entlastung von Fachkräften• Schaffung neuer Arbeitsplätze unter anderem für Menschen mit einer Schwerbehinderung in Planung• Positive Erfahrungen mit Menschen mit einer Schwerbehinderung/Interesse an Einstellung

4

3.1.4 Hemmende Faktoren für ein Job Carving

Bestimmte zum Beispiel betriebsbedingte Faktoren sowie Zweifel an der Sicherung eines Arbeitsplatzes für einen bereits beschäftigten Mitarbeitenden mit Behinderung beziehungsweise Kontaktabbruch zum Betrieb in der Akquisephase können das Zustandekommen eines Job Carvings verzögern beziehungsweise verhindern – aber mittels entsprechender Maßnahmen durchaus überwunden werden.

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Das Modellprojekt 25

Hemmende betriebsbedingte Faktoren14 Betriebe sprachen sich zwar nicht grundsätzlich gegen ein Job Carving aus, doch war für sie der Zeitpunkt der Ansprache auf das Angebot ungünstig:

Sieben der Betriebe durchliefen zum Zeitpunkt der Ansprache Phasen größerer Umstrukturierung beziehungs-weise Rationalisierung beziehungsweise hatten großen Arbeitsdruck (Hochsaison). Vier Betriebe sahen ange-sichts der wirtschaftlichen Lage, zwei Betriebe angesichts der mangelnden Auslastung bereits beschäftigter Mitarbeitenden keine Chance, neue Stellen zu schaffen beziehungsweise Beschäftigungsangebote zu machen. In einem Fall hieß es, eine neue Stelle sei nicht finanzierbar. Derartige hemmende Faktoren können zum Bei-spiel überwunden werden, indem das Angebot zum „richtigen“ Zeitpunkt gemacht beziehungsweise die Anfrage zu einem gemeinsam verabredeten späteren Zeitpunkt wiederholt wird.

Nur für sieben Betriebe kam ein Job Carving auch nach genauerer Erläuterung nicht infrage:Gründe dafür waren zum Beispiel der Mangel an einfachen Tätigkeiten infolge eines hohen Grades an Auto-matisierung und Spezialisierung (4-mal), andere betriebliche Planungen (2-mal) beziehungsweise das Entgelt-Rahmen-Abkommen (ERA) mit der IG Metall, das eine niedrige Eingruppierung eines Menschen mit Schwer-behinderung in Kombination mit einem geringen Stundenumfang nicht möglich macht. In einem Fall (Kommunale Verwaltung) wurde deutlich, dass die Etablierung von Job Carving angesichts der erforderlichen Abstimmungsprozesse auf unterschiedlichen (Hierarchie-) Ebenen sehr zeitaufwendig sein kann (die Kom-mune bat in diesem Fall um weitere Geduld).

Hemmende betriebsbedingte Faktoren Gesamt n=22

Job Carving ist zum Zeitpunkt der Ansprache kein Thema/passt nicht 14

• Ungünstiger Zeitpunkt der Anfrage (größere Umstrukturierungen im Betrieb/Hochsaison beziehungsweise Stress)

7

• Wirtschaftliche Lage verhindert jede Schaffung neuer Arbeitsplätze (Kosteneinsparungen; ausschließliche Projektfinanzierung)

4

• Mangelnde Auslastung bereits vorhandener Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter 2

• Neue Stelle aktuell nicht finanzierbar 1

Job Carving ist kein Thema für den Betrieb 7

• Mangel an einfachen Tätigkeiten im Unternehmen (Automatisierung/Spezialisierung) 4

• Job Carving entspricht nicht den betrieblichen Planungen 2

• Entgelt-Rahmen-Abkommen (ERA) mit der IG Metall verhindert niedrige Eingruppierung des Menschen mit einer Schwerbehinderung in Kombination mit einem geringen Stundenumfang.

1

Job Carving interessant, Umsetzung in einer öffentlichen Verwaltung erfordert aber viel Zeit 1

• Idee muss auf unterschiedlichen Ebenen (auch politisch) kommuniziert und abgestimmt werden. 1

Hemmende personen­/behinderungsbedingte FaktorenVerfolgte ein Betrieb die Sicherung eines Arbeitsplatzes für einen bestimmten Mitarbeitenden mit Schwerbe-hinderung, so wurde des Öfteren hinterfragt, ob man für diesen überhaupt passende Tätigkeiten würde fin-den können – zum Beispiel angesichts von Art und Grad der Behinderung (4-mal) beziehungsweise ohne vorherige klarere Diagnostik (2-mal). Fünf weitere Betriebe gaben zu bedenken, dass sich eine Übertragung weiterer beziehungsweise neuer Aufgaben an den betreffenden schwerbehinderten Mitarbeitenden schwie-rig gestalten dürfte, da diese/r bereits bei der Bewältigung der bestehenden Aufgaben Schwierigkeiten habe beziehungsweise voraussichtlich kaum zur Übernahme neuer beziehungsweise weiterer Aufgaben motiviert werden könne. In vier Fällen wurde deutlich, dass das Interesse des Betriebs an einer Weiterbeschäftigung des

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26 Das Modellprojekt

Mitarbeitenden mit Schwerbehinderung angesichts unterschiedlicher und mit der Person zusammenhängen-der Konflikte im Betrieb nicht mehr gegeben war.

Derartige Bedenken hinsichtlich Sicherung eines Arbeitsplatzes können am ehesten überwunden werden, wenn Wege gefunden werden, das Angebot mit seinen Potenzialen auch zur Sicherung von Arbeitsplätzen (in Kooperation mit dem Integrationsfachdienst) ausführlich im Gespräch mit relevanten betrieblichen Akteu-rinnen und Akteuren zu erläutern.

Hemmende personen­/behinderungsbedingte Faktoren Gesamt n=18

Gründe in der Person eines bereits beschäftigten schwerbehinderten Mitarbeitenden 15

Art und Grad der Behinderung erschwert das Finden passender Aufgaben/Übertragung weiterer Aufgaben an den Menschen mit einer Schwerbehinderung erfordert zunächst klare Diagnostik.

6

Übertragung weiterer Aufgaben an den Menschen mit einer Schwerbehinderung dürfte sich schwierig gestalten (bewältigt bereits bestehende Aufgaben nicht fehlerfrei, geringe Motivation zur Übernahme weiterer Aufgaben).

5

Arbeitgeber möchte nicht unbedingt länger mit dem Mitarbeiter zusammenarbeiten (Konflikte im Betrieb beziehungsweise des Arbeitgebers mit den Eltern).

4

Hemmender Faktor „Kontaktabbruch“Besonders wichtig zur Verbreitung des Angebots sind die zeitnahe Kontaktpflege zum Betrieb sowie die per-sonelle Kontinuität bei der Koordination. In 12 Betrieben konnte ein nachhaltiges Interesse an einem Job Car-ving zum Beispiel deshalb nicht geweckt werden, weil der Erstkontakt wegen längerer Phasen der Abwesen-heit von zentralen, in den Prozess involvierten Personen wieder abbrach (Langzeiterkrankung, Elternzeit, Zeitmangel) beziehungsweise nicht erneut zeitnah nachgehalten wurde.

Hier sollte zukünftig darauf geachtet werden, dass Erstkontakte zeitnah gepflegt werden (Nur in zwei Fällen kam trotz wiederholter Ansprache durch die Koordination keine Resonanz seitens des Betriebs.).

Hemmender Faktor „Kontaktabbruch“ Gesamt n=14

Kontaktabbruch 12

Fehlende Rückmeldung (Fachkoordination/Job Carver/Fachstelle) 4

Zeitweise Ausfall einer wichtigen Kontaktperson im Betrieb (zum Beispiel Langzeiterkrankung, Elternzeit von Personalverantwortlichen)

3

Zeitweise Ausfall einer wichtigen Kontaktperson beim Anbieter (zum Beispiel Langzeiterkrankung Fachkoordination)

3

Integrationsfachdienst (keine Zeitkapazitäten, Kontakt nicht aufrechterhalten) 2

Trotz wiederholter Ansprache keine Resonanz 2

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Das Modellprojekt 27

3.2 Durchgeführte Job Carvings

Auf Basis der Erkenntnisse aus der Auswertung der Beratungsergebnisse startete das LWL-Projektteam ab Mitte Juni 2015 einen erneuten Anlauf, um alle bis zu diesem Zeitpunkt erstmals kontaktierten Betriebe erneut konkret auf die Umsetzung eines Job Carvings anzusprechen.

Die Ergebnisse des Vorgehens zeigten Erfolg: Immerhin acht Betriebe konnten kurzfristig für die Umsetzung eines Job Carvings, 27 Betriebe für die „Idee“ der Umsetzung gewonnen werden – aber zu einem späteren Zeitpunkt. Sieben weitere Betriebe erklärten sich für ein Jobcoaching, ein Betrieb für ein Jobcoaching zu einem späteren Zeitpunkt bereit. Für lediglich 13 Betriebe kam ein Job Carving definitiv nicht infrage.

Job Carvings (Stand: Dezember 2015) Gesamt n=55*

Job Carving 8

Job Carving gegebenenfalls zu einem späteren Zeitpunkt 27

Jobcoaching 7

gegebenenfalls Jobcoaching 1

Kein Job Carving 13

In den acht Betrieben, die ein Job Carving wünschten, startete die Umsetzung ab Oktober 2015.

3.2.1 Merkmale der Betriebe

Job Carvings wurden in acht Betrieben unterschiedlicher Größenordnung aus sechs Branchen an sieben Orten durchgeführt. In sieben Fällen mit der Perspektive der Schaffung einer neuen Stelle, in einem Fall mit der Per-spektive der Sicherung eines bestehenden Arbeitsplatzes für einen Mitarbeitenden, der infolge eines Unfalls schwerbehindert war.

Anzahl Mitarbeitende

(davon: sbM)

Branche (n=6) Tätigkeitsfelder Sitz Betrieb (n = 7)

Ziel: Stelle

neu sichern

1 4 • Handwerk • Baumfällung/Baumpflege Siegen •

2 9 • Industrie (Metall) • Behälter-Apparatebau Siegen •

3 18 (1)• Erziehung/Unterricht

• Fachinternat (=Carving)• Wohn-Grundschule

Büren •

4 65 (4) • Industrie (Papier) • Produktion Recyclingpapier Vreden •

5 140 (5)• Einzel-/Großhandel

• Autohandel/Reparatur/Service• 6 Niederlassungen

Ibbenbüren •

6 160 (1)• Banken/Wirtschaftsprüfung

• Wirtschaftsprüfung• ca. 40 Niederlassungen weltweit

Dortmund •

7 1.200 (k.A.) weltweit • Industrie (Textil)

• Hersteller textiler Gewebe für diverse große Industriezweige

Saerbeck •

8 k. A.

• Verwaltung (Stadt)

• Verwaltung Drensteinfurt •

4 • Städtischer Bauhof •

18 • Städtische Kläranlage •

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28 Das Modellprojekt

3.2.2 Gecarvte Stellen und Stellenbesetzung

Gecarvt wurden in den acht Betrieben insgesamt 13 Stellen (vier Vollzeit, neun Teilzeit).

In zwei Betrieben sind die Stellen inzwischen besetzt, in drei Betrieben ist die Besetzung eingeleitet, jeweils begleitet und unterstützt von den zuständigen Integrationsfachdiensten, in einem Fall von der BILDUNG+LERNEN gGmbH, einer Beschäftigungs-, Qualifizierungs- und Ausbildungsgesellschaft der AWO (Unterbezirke Unna/Hamm-Warendorf). In zwei Fällen musste die Besetzung der Stelle betriebsbedingt zunächst verschoben wer-den (Absatzprobleme).

Die Sicherung einer Stelle für einen leistungsgeminderten Mitarbeitenden in einem Betrieb scheiterte letztlich an den besonderen Umständen des Falls und einem maßgeblichen betrieblichen Entscheider (in diesem Fall entstanden jedoch insofern Synergieeffekte, als die Carving-Erfahrungen bei der Umsetzung eines anderen Mitarbeitenden mit Leistungsbeeinträchtigung genutzt wurden und man für diesen selbst eine angemessene Stelle „carvte“).

Die Carvings dauerten durchschnittlich 13,4 Stunden (zwischen 9,5 und 17 Stunden) zuzüglich Aufwand für Dokumentation. Die Prozessdauer umfasste mehrheitlich drei Monate, in einem Fall sechs Monate (Unterbre-chungen wegen Krankheits- und Urlaubszeiten). Die Gesamtkosten pro Prozess lagen zwischen 1.900,00 und 2.400,00 Euro zuzüglich Fahrtkosten.

Stellen (in h) Stellenbesetzung/Unterstützung Dauer Job Carving

Teilzeit n=9

Vollzeit n=4

Status Stellenbesetzung Integrati­onsfach­dienst

in h Prozess in Monaten

1 15 • eingeleitet Siegen 12 3

2 25 • eingeleitet Siegen 13 3

32 x 20

• besetzt• weitere Besetzung zur Entlastung im technischen Bereich

angestrebtPaderborn 17 3,5

440

• nicht erfolgt• kein Konsens über Sicherung der Stelle bei Entscheidern

– 14,5 1

52 x 20

• Besetzung verschoben/Absatzprobleme• Ausweitung auf andere Niederlassungen geplant

Steinfurt 15,5 6

6 20 – 30 • Stelle besetzt Dortmund 14,5 1,5

7 (2 x 20) 40 • verschoben – 15 3

819 39

• eingeleitet• Bereich Verwaltung ist gegenüber Bereich Handwerk (s.u.)

nachrangigWarendorf 11,25 3

30,5 • eingeleitet; kombinierte VZ-Stelle (Bauhof + Kläranlage) 11 3

39 • eingeleitet; kombinierte VZ-Stelle (Bauhof + Kläranlage) 9,5 3

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Das Modellprojekt 29

3.2.3 Gecarvte Tätigkeiten

Gecarvt wurden unterstützende beziehungsweise zuarbeitende einfache und anlernbare Tätigkeiten in den Bereichen Handwerk und Dienstleistung (Näheres dazu unter „Good Practice“).

Unterstützende handwerkliche Tätigkeiten

Baumfällung/Baumpflege Werkstatt/Betriebsgelände

1. Wartungs-/Aufräumarbeiten

Außenbereich

2. Pflege, Fällen, Häckseln kleiner Bäume mit kleiner Maschine

3. Pflege, Fällen, Häckseln großer Bäume (Lkw-Arbeitsbühne, große Maschine)

4. Kaminholz herstellen

Kläranlage 1. Zuarbeiten am Hauptstandort: Gebäude- und Innendienst

2. Zuarbeiten im Bereich Regenrückhaltebecken und Pumpenstationen

3. Zaunkontrolle

Bauhof 1. Gärtnern und Pflege

2. Hilfe bei Veranstaltungen/Absperrmaßnahmen

3. Tätigkeiten an verschiedenen Baustellen

Industrie/Produktion Behälter­/Apparatebau

Unterstützung bei

1. Vorbereitung des Zubehörs eines Behälters

2. Zusammenbau Behälter

Papierherstellung/Altpapierverwertung

1. Reinigung/Pflege von Maschinen, Räumlichkeiten, Anlagen

2. Wegereinigung/Reinigung Außenanlagen

3. Lager/Versand (Reinigungsarbeiten)

Hersteller textiler Gewebe für verschiedene Industriezweige

1. Sortieren von Retouren (Verpackung, Transportmaterial)

2. Bekleben von Papphülsen mit Papierbahnen

Unterstützende/zuarbeitende Dienstleistungstätigkeiten (Beispiele)

Internat Diverse hauswirtschaftliche Tätigkeiten zur Entlastung des Hausmeisters

Autohandel 1. Platzpflege

2. Zuarbeit Verkauf/Ersatzteillager

3. Herstellung KFZ-Schilder

Wirtschaftsprüfung Diverse unterstützende Leistungen im Bereich

1. Büro

2. Hausmeister

2. Anmeldung

3. Catering

Verwaltung 1. PC-Arbeiten

2. Unterstützende regelmäßige Bürotätigkeiten

3. Unterstützende einmal jährlich auftretende Bürotätigkeiten

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30 Das Modellprojekt

3.2.4 Job Carving begünstigende Qualifikationen von Job Carvern

Als Vorteil hat sich bewährt, dass die Job Carver bereits Erfahrungen als Jobcoaches hatten. Als Expertinnen und Experten für die Gestaltung von Lernprozessen im betrieblichen Kontext brachten sie umfangreiche Kenntnisse bezüglich des Erkennens und Nutzens von Ressourcen von Menschen mit einer Behinderung mit, die sie für ein Job Carving nutzen konnten.

Günstige Voraussetzungen für die Tätigkeit als Job Carver sind zusammenfassend:• Berufsabschluss beziehungsweise Hochschulabschluss mit entsprechender Berufserfahrung• hohe Kommunikationsfähigkeit, Problemlösungskompetenz, Durchsetzungsvermögen• Kompetenzen in lösungsorientierter Gesprächsführung• selbstständige und eigenverantwortliche Arbeitsweise• Erfahrung in der Arbeit mit Netzwerken• Organisationstalent und Fähigkeit zum strukturierten Arbeiten• Kreativität und Flexibilität• Prozessberatungskompetenz (prozessorientierter Umgang auch mit sich widersprechenden

Anforderungen, schrittweiser Anstoß von Lösungen)• Kompetenzen in der Arbeitsanalyse.

Auch wenn der Betrieb im Mittelpunkt eines Job Carvings steht, sind bei Erstellung von Anforderungsprofilen, in der Erprobungsphase und an der Schnittstelle zum Integrationsfachdienst besonders hilfreich:• Erfahrung und Empathie im Umgang mit Menschen mit Behinderung• Kenntnisse über behinderungsbedingte Einschränkungen• Verständnis von potenziellen Fähigkeiten eines Arbeit suchenden Menschen mit Behinderung• die Fähigkeit, Gemeinsamkeiten zwischen Arbeitsuchendem und Arbeitgebendem zu erkennen.

3.3 Job Carving aus Sicht der Betriebe

Alle Betriebe schätzten die Erstberatung durch das LWL-Integrationsamt und die Umsetzung der Job Carvings durch die kompetenten Job Carver sehr, erklärten sich bereit, auf Anfrage ihre positiven Erfahrungen auch an andere Betriebe weiterzugeben. Zwei der Betriebe starteten ein Job Carving quasi als „Pilotprojekt“, das im Erfolgsfall auf weitere Niederlassungen übertragen werden soll.

3.3.1 Motivation/Zugang zum Job Carving

Die Anlässe der Unternehmen, ein Job Carving durchführen zu lassen, waren – ebenso wie der Zugang zum Job Carving – vielfältig.

Drei Betriebe hatten bei Ansprache auf ein Job Carving bereits die Idee, einen integrativen Arbeitsplatz zu schaffen und suchten nach Möglichkeiten der externen Unterstützung.

Zwei der Betriebe wollten einen integrativen Arbeitsplatz mit dem Ziel schaffen, ihr Leitbild („Diversity“ bezie-hungsweise „Inklusion“) mit Leben zu füllen. In beiden Fällen waren bereits erste Überlegungen angestellt worden. Die Schaffung eines Arbeitsplatzes war eine Maßnahme im Rahmen einer umfassenden Gesamtstra-tegie des Unternehmens. Zur Umsetzung wendeten sie sich an den LWL, der ihnen aus anderen Zusammen-hängen vertraut war (zum Beispiel Ausbildung eines Menschen mit Behinderung). Hier erfuhren sie von dem sie spontan überzeugenden Beratungsangebot Job Carving.

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Das Modellprojekt 31

Der dritte Betrieb hatte den Wunsch, einen integrativen Arbeitsplatz zu schaffen, um so einen Mitarbeitenden durch eine unterstützende Kraft, die nicht unbedingt fachliche Qualifizierung benötigte, zu entlasten. Auf der Suche nach Möglichkeiten der Umsetzung erfuhr er über den Integrationsfachdienst (zu dem bereits Kontakte bestanden) von der Möglichkeit eines Job Carvings. Der Vorschlag wurde als guter und leicht nachvollziehba-rer Zugang aufgegriffen, um ein geeignetes Stellenprofil zu erstellen und einen geeigneten Mitarbeitenden zu finden.

Zwei Betriebe waren bei der Ansprache auf ein Job Carving offen und bereit, mit externer Unterstützung eine Stelle für einen Mitarbeitenden mit Behinderung neu zu schaffen.

In beiden Betrieben gab es in einzelnen Bereichen Tätigkeiten, die durchaus von Menschen mit Behinderung ausgeführt werden konnten. Beide sahen sich überdies in der moralischen und sozialen Verantwortung, Arbeitsplätze auch für Menschen mit Behinderung zu schaffen und so unter anderem auch ihre Schwerbe-hindertenquote zu erfüllen (Win-win-Situation für alle Beteiligten). Der Zugang zum Job Carving entstand in einem Fall über eine Kooperation mit einer Förderschule, in der auch der Job Carver tätig war, im anderen Fall über den Kontakt des Betriebs zum LWL, mit dessen Hilfe bereits ein Mensch mit Behinderung im Betrieb ein-gestellt worden war. Beide Betriebe schätzten sowohl die Unterstützung des LWL-Integrationsamts Westfalen bei der Integration von Menschen mit Behinderung als auch die gebotenen Förder- und Unterstützungsmög-lichkeiten.

Ein Betrieb war bei der Ansprache auf ein Job Carving offen für die Besetzung einer bereits vorhandenen Stelle mit einem Mitarbeitenden mit Behinderung.

Der Betrieb hatte konkret eine Stelle im Bereich „Arbeitsvorbereitung“ zu vergeben, die durchaus auch von einem Menschen mit Beeinträchtigung besetzt werden konnte. Außerdem hatte er bereits positive Erfahrun-gen mit der Ausbildung junger Menschen, die zum Beispiel wegen ungünstiger persönlicher beziehungsweise schulischer Voraussetzungen wenige Chancen auf dem Ausbildungsstellenmarkt hatten. Lediglich aus Zeit-mangel scheute der Besitzer bisher den Aufwand für Auswahl und Betreuung eines neuen Mitarbeitenden mit Behinderung. Auf die Möglichkeit einer externen Unterstützung mittels Job Carving wurde er von einem Job Carver angesprochen, der den Betrieb kannte. Dieser nahm das entlastende Angebot sehr gerne an.

Ein Betrieb war bei der Ansprache bereit und offen, durch Mitarbeit eines Menschen mit Behinderung andere Mitarbeitende zu entlasten und zugleich die Expansion des Betriebs voranzutreiben.

Der kleine Betrieb, der bisher überwiegend mit Aushilfskräften arbeitet, hatte Unterstützungsbedarf bei der weiteren Expansion und der Entlastung seiner Mitarbeitenden. Gute Möglichkeiten des Einsatzes eines Men-schen mit Behinderung wurden gesehen, da regelmäßig vielfältige vorbereitende beziehungsweise zuarbei-tende Tätigkeiten zu erfüllen sind, die keiner spezifischen Qualifikation bedürfen. Das Angebot des Job Car-vings durch einen Job Carver erkannte man als ideale Möglichkeit, entsprechende Tätigkeiten systematisch identifizieren und zu einem Stellenprofil zusammenführen zu lassen.

Ein Betrieb suchte gezielt nach einer Möglichkeit der Weiterbeschäftigung eines infolge Unfalls schwerbehin-derten Mitarbeiters.

Der Betrieb wollte diesem die Chance der Weiterbeschäftigung geben. Der Zugang zum Job Carving erfolgte über einen Job Carver, der bereits zwei Mal im Rahmen einer Wiedereingliederungsmaßnahme ein Jobcoa-ching im Unternehmen durchgeführt hatte. Die Idee, neue Tätigkeiten für den leistungseingeschränkten Mit-arbeitenden zu „carven“ und damit zugleich Zeit und Kosten für die Einstellung eines neuen Mitarbeitenden zu sparen, war für den Betrieb überzeugend.

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32 Das Modellprojekt

3.3.2 Einführung des Job Carvings im Betrieb

Die Einführung des Job Carvings war in allen Betrieben in etwa vergleichbar:In der Regel wurde zunächst die Geschäftsleitung beziehungsweise die Firmeninhaberin/der Firmeninhaber durch die Fachkoordination des Integrationsamts ausführlich über das Vorhaben informiert. Diese bezie-hungsweise eine andere autorisierte Person (Personal-/Abteilungs-/Bereichsleitung) stellte das Vorhaben und den Job Carver in den involvierten Bereichen im Betrieb vor beziehungsweise führte ihn auch durch den Betrieb. In allen Fällen gaben die leitenden Mitarbeitenden ihren Beschäftigten das eindeutige Signal: Das geplante Job Carving ist „Chefsache“, die Leitung steht eindeutig hinter dem Vorhaben.

In zwei größeren Unternehmen wurde folgendes effektive und Vertrauen bildende Vorgehen gewählt: In einem Fall wurde die Idee bei einer regulären Teamsitzung allen Serviceleitenden vorgestellt, in einem zweiten Fall, einer Kommunalen Verwaltung, wurden zwei Einstiegsworkshops mit leitenden Mitarbeitenden und jeweils einem weiteren Mitarbeitenden aus allen involvierten Fachbereichen durchgeführt.

3.3.3 Einzubringende Ressourcen des Betriebs

Als besonders positiv und entlastend erlebten alle Betriebe, dass die Job Carver den Prozess von vornherein eigenverantwortlich in die Hand nahmen: Sie organisierten ihr Vorgehen selbst, sprachen mit den zuständigen Mitarbeitenden, ließen sich die Abläufe und Tätigkeiten zeigen und erklären und führten einzelne Tätigkeiten selber mit durch.

Die von ihnen selbst einzubringenden Ressourcen waren aus Sicht der Unternehmen überschaubar – auch wenn Leitungskräfte in Kleinunternehmen, die auch im operativen Geschäft tätig waren, durchaus an die Grenzen ihrer freien Kapazitäten stießen: Zeit für Eingangs- und Auswertungsgespräche, Führung des Job Carvers durch den Betrieb, Aufklärung involvierter Mitarbeitender, Intervention bei Fragen und Problemen, Besprechung der gecarvten Tätigkeiten, Entscheidungsfindung und Stellenbesetzung. („Wenn man ein Ziel vor Augen hat, ist jeder Schritt gerechtfertigt!“. So formulierte es ein Unternehmer.) Die Besprechung der gecarvten Tätigkeiten mit dem Job Carver war für die Zuständigen im Betrieb durchgehend aufschlussreich und interessant. Hier wurde ihnen oft erst bewusst, welche und wie viele einfache beziehungsweise anlern-bare Tätigkeiten anfallen, von denen ihre Mitarbeitenden sinnvollerweise entlastet werden können.

3.3.4 Bedenken und Umgang mit Bedenken

Einzelne Bedenken beziehungsweise Bedenkenträger gegenüber einem Job Carving gab es in allen Betrieben. Diese stellten jedoch keine Barriere für die Umsetzung dar, erforderten aber bei Einführung wie Umsetzung ein sensibles und abgestimmtes Vorgehen seitens Fachkoordination, Geschäftsleitung und Job Carver. (Die in den Prozess involvierten Beschäftigten unterstützten das Job Carving spätestens ab dem Zeitpunkt, ab dem es als „Chefsache“ klar eingeführt worden war.)

Angst vor Verlust des Arbeitsplatzes/Stellenkürzung/VeränderungUm der sich vereinzelt andeutenden Angst vor Verlust des Arbeitsplatzes vorzubeugen (Job Carving = Vorar-beit zum Stellenabbau, ungewünschter Eingriff in vertraute Abläufe), wurde die Zielsetzung des Vorhabens (Entlastung von Mitarbeitenden, Schaffen einer neuen Stelle, Sicherung eines bestehenden Arbeitsplatzes) seitens Betriebsleitung, Fachkoordination und Job Carver vor Start genauestens (und bei Bedarf) wiederholt erläutert.

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Das Modellprojekt 33

Angst vor „Kontrolle am Arbeitsplatz“Mit der Angst vor Kontrolle am Arbeitsplatz waren die Job Carver vereinzelt vor Ort an den Arbeitsplätzen konfrontiert. Diese äußerte sich zum Beispiel in sehr vorsichtiger beziehungsweise zurückhaltender bis distan-zierter Haltung gegenüber dem Job Carver, insbesondere zu Prozessbeginn. Wie die Job Carver (sukzessive) Hürden ab- und Vertrauen aufbauen konnten, wird im Praxisteil detailliert ausgeführt.

Bedenken bezüglich der Beschäftigung eines „Behinderten“Die wenigsten Menschen haben in ihrem Alltag regelmäßigen Kontakt mit Menschen mit Behinderungen, haben mangels Erfahrungen feste Bilder von Behinderung und Behinderten im Kopf, nehmen unterschiedli-che Formen und Ausprägungen von Behinderung kaum differenziert und oft pauschal als defizitär bezie-hungsweise leistungsschwach wahr. Gerade im Berufsleben, das Leistungsfähigkeit und Erfolg zum Leitbild erhebt, „passen“ behinderte Menschen oft nicht in das Bild eines Arbeitnehmenden beziehungsweise in das Bild eines modernen dynamischen Unternehmens. Bereits einzelne negative Erfahrungen mit einem schwer-behinderten Mitarbeitenden können die Ablehnung nachhaltig schüren. Da derartige Bedenken nicht unbe-dingt offen angesprochen werden, war vorab in allen Fällen vereinbart worden, dass die Job Carver das Thema von sich aus offensiv thematisieren, damit im Fall einer gegebenenfalls späteren Beschäftigung die/der neue Mitarbeitende mit einer Behinderung nicht mit den Folgen von nicht frühzeitig thematisierten Bedenken konfrontiert ist (Ablehnung, Ausgrenzung). Einzelne Bedenkenträger wurden von der Geschäftsleitung im persönlichen Gespräch für das Vorhaben (Idee/Zielsetzung) gewonnen. Begründete Bedenken von betriebli-chen Entscheidungsträgern gegenüber bestimmten Formen der Behinderung wurden bei der Suche nach einer Kandidatin/einem Kandidaten für die Stelle entsprechend berücksichtigt.

Bedenken gegenüber Kompetenzen des Job CarversVereinzelt gab es auch Bedenken hinsichtlich der fachlichen Kompetenzen eines Job Carvers (Kann der das? Hat er die notwendigen Grundkenntnisse?). Wie die Job Carver (sukzessive) Vertrauen in ihre Kompetenzen aufbauen konnten, wird im Praxisteil genauer beschrieben.

Bedenken bezüglich Umsetzbarkeit eines Job Carvings bei den VerantwortlichenVereinzelt hatten auch die das Job Carving initiierenden/beauftragenden Verantwortlichen noch Bedenken: „Lässt sich überhaupt eine volle Stelle carven?“ – „Macht ein Carving mit Ziel Einstellung eines Menschen mit Behinderung überhaupt Sinn, da der Betrieb nur schwer erreichbar ist?“ – „Werden unsere Wünsche nach Ausschluss beziehungsweise Bevorzugung bestimmter Behinderungsarten später auch berücksichtigt?“ – „Wird die Personalabteilung dem Vorhaben zustimmen?“.

In Absprache mit dem Job Carver ließen sich derartige Bedenken abbauen. Wie ihnen dies gelungen ist, wird ebenfalls im Praxisteil beschrieben.

3.3.5 Zufriedenheit mit dem Job Carving

Alle Betriebe waren zufrieden bis begeistert oder beeindruckt von der Arbeit der Job Carver und von Idee und Ergebnis des Job Carvings.

Sie würden ein Job Carving auch anderen Betrieben empfehlen und als Referenz zur Verfügung stehen. Anfänglich gegebenenfalls bestehende Bedenken erwiesen sich – eigenen Aussagen zufolge – als unberech-tigt, Leitungskräfte wie Beschäftigte waren im Ergebnis 100 Prozent überzeugt.

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34 Das Modellprojekt

Lob der Arbeit der Job Carver (Beispiele)• Die Job Carver nahmen die Umsetzung eigenständig und kompetent in Hand; der Arbeitsaufwand für

den Betrieb beziehungsweise einzubringende Eigenressourcen waren gering.• Die Kooperation zwischen Carver und Koordination war gut; das schuf Vertrauen in die Erreichung des

Ziels.• Die Idee wurde sehr gut im Betrieb eingeführt beziehungsweise beworben. Die Vorstellung

(zum Beispiel auf Workshops beziehungsweise Teamtreffen) zur Einbindung verschiedener Abteilungen beziehungsweise Mitarbeitenden war sinnvoll und effektiv.

• Die Umsetzung war professionell, kompetent, geschickt, kreativ/erfindungsreich und praxisnah.• Der Job Carver ging sehr gut auf Mitarbeitende ein, hat sie sehr gut eingebunden und ging überzeugend

mit deren Bedenken um.• Die Job Carver gingen mit besonderen Wünschen des Unternehmens sensibel um. Begründete Wünsche

zum Beispiel nach einem Mitarbeitenden mit „sichtbarer“ Behinderung (Ziel: mehr Verständnis beim Kunden im Fall von Problemen), nach besonderer Berücksichtigung „menschlicher“ Kompetenzen (Ziel: muss sich gut in den Familienbetrieb integrieren können) beziehungsweise die Ablehnung eines Mitarbeitenden mit einer psychischen Behinderung (wegen Arbeit mit schwierigen Kindern) wurden ernst genommen und entsprechend berücksichtigt.

Zitate Betriebe:

• „Dem Job Carver ist es zum Spaß aller Beteiligten gelungen, für die Idee zu gewinnen, alle um den Finger zu wickeln. Es war ein gutes Miteinander. Spaß bringt Erfolg. Damit hat er alle angesteckt.“

• „Unbegrenzte Phantasie!“

• „Der Carver war ein super Praktiker, der Spaß an seiner Arbeit ausstrahlte und dem es Spaß machte, etwas geschehen zu lassen.“

• „Der Job Carver strahlte eine ausgesprochen große Fachlichkeit aus, gab dem Betrieb Handlungssicherheit und konkrete tätigkeitsbezogene Beratung.“

• „Der Job Carver hatte sichtlich Spaß an der Arbeit.“

• „Der Carver hatte einen super Blick, fand selbst einfachste Tätigkeiten heraus, war äußerst kreativ in seinen Ideen.“

• „Das gemeinsame Überlegen hat allen großen Spaß gemacht, weil Ideen gemeinsam entwickelt und ganz neue Überlegungen angestellt wurden, um einem neuen Mitarbeitenden einen ‚geilen Job‘ zu schaffen.“

• „Da sind wirkliche Profis am Werk!“

• „Ein Carver ist nicht so eingeschränkt im Denken wie die Mitarbeitenden im Unternehmen. Er sieht mehr und Neues, ist nicht ‚betriebsblind‘.“

Lob der Idee Job CarvingGelobt wurde auch das Job Carving als ein ideales Instrument zur Schaffung von neuen Arbeitsplätzen für Menschen mit Behinderung, das dem Betrieb eine besondere Handlungssicherheit gibt. Die gecarvten Tätig-keiten waren für alle Mitarbeitenden wie Verantwortlichen sehr gut nachvollziehbar. (Ein Betrieb legte die dem Carving zugrunde liegende Idee bei der Umsetzung eines anderen leistungseingeschränkten Mitarbei-tenden zugrunde, hat selbst eine für ihn passende Stelle „gecarvt“.)

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Das Modellprojekt 35

Lob der Arbeit des Landschaftsverbands (LWL)Besondere Anerkennung wurde auch dem Landschaftsverband Westfalen-Lippe ausgesprochen, der dieses Angebot ermöglicht: Job Carving ist ein sehr gutes Modul im Rahmen eines beeindruckenden Gesamtkons-trukts zur Entlastung anderer Zahlungssysteme, das kompetent und mit hohem zeitlichen und finanziellen Aufwand für den Betrieb kostenfrei umgesetzt wird. Die gute Zusammenarbeit zwischen allen Beteiligten (Koordination/Carver/Integrationsfachdienst) schafft Vertrauen in die Zielsetzung.

3.3.6 Argumente für ein Job Carving

Mit welchen Argumenten würden die Unternehmensvertreter anderen Unternehmen ein Carving empfehlen? Diese „projektive“ Fragestellung führte zu folgenden Ergebnissen, die auch für die zukünftige Ansprache von Unternehmen genutzt werden können:

Allgemein• Job Carving ist für jedes Unternehmen sinnvoll.• Die Ziele eines Job Carvings passen in das Leitbild vieler, gerade größerer Unternehmen.

Die externe Sichtweise ist hilfreich.• Job Carving verschafft dem Unternehmen eine „externe“ Sichtweise auf Arbeitsabläufe im

Unternehmen, wo das Unternehmen selbst oft „betriebsblind“ ist. Man profitiert in jedem Fall davon.

Job Carving trägt durch Entlastung von Fachkräften zur Entwicklung des Unternehmens bei.• Job Carving und das Ergebnis des Job Carvings tragen positiv zur Entwicklung eines jeden Unternehmens

bei. Es zielt darauf ab, zu klären: Wo kann ich Fachkräfte entlasten von Tätigkeiten, die auch weniger belastbare Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter umsetzen können?

• Job Carving ermöglicht einen besonderen und sehr kompetenten Blick auf Tätigkeiten im Unternehmen. Viele Aufgaben binden Fachkräfte unnötig, könnten genauso gut von einem Menschen mit Behinderung ausgefüllt werden.

• Fachkräfte werden von zeitlich unnötig aufwendigen Tätigkeiten entlastet, die dann von Mitarbeitenden mit Behinderung umgesetzt werden können, die auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt wenig Chancen haben (Win-win-Situation).

Job Carving gibt Handlungssicherheit bei Schaffung eines integrativen Arbeitsplatzes.• Job Carving zeigt dem Betrieb den Weg zur Schaffung eines passgenauen integrativen Arbeitsplatzes,

unterstützt und sichert kompetent die betriebliche Entscheidung• Job Carving gibt dem Betrieb Handlungssicherheit: Welche Tätigkeiten können aus dem Arbeitsbereich

der Fachkräfte ausgelagert und von einem Mitarbeitenden mit Behinderung ausgefüllt werden?• Job Carving verhindert, dass ein Betrieb bei der Einstellung eines Menschen mit Behinderung „schlechte“ 

Erfahrungen macht und sich als Folge grundsätzlich gegen eine Beschäftigung von Personen mit Behin-derung ausspricht.

Job Carving unterstützt bei der Sicherung von Arbeitsplätzen.• Job Carving unterstützt kompetent bei Sicherung eines Arbeitsplatzes. Denn: Jeder „verlorene“

Mitarbeitende ist schlecht für ein Unternehmen, man ist bestrebt, ihn möglichst zu halten.

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36 Das Modellprojekt

Job Carving schafft eine Win­win­Situation.• Job Carving ermöglicht eine klassische Win-Win-Situation.• Job Carving entlastet andere Zahlungssysteme durch Schaffung sozialversicherter Arbeitsplätze für

Menschen mit Behinderung.• Die Einstellung eines Menschen mit Behinderung ist im Rahmen von Inklusion und angesichts

möglicher Zuschüsse beziehungsweise Fördermittel attraktiv, rechnet sich betriebswirtschaftlich und ist wirtschaftlich gut begründbar. („Job Carving lässt sich wirtschaftlich gut begründen, ohne den engen Stellenplan ‚auszuhebeln‘.“)

• Job Carving ist ein ideales menschliches und betriebswirtschaftliches Invest.

3.3.7 Empfehlungen zur Ansprache von Unternehmen

Gefragt nach ihren Vorschlägen zur Ansprache von Unternehmen wird vermutet, dass es nicht einfach sein dürfte, Unternehmen – trotz der hohen Qualität – für das innovative Angebot zu erreichen. Denn: Die Schaf-fung von Stellen für Menschen mit Behinderung hat in Unternehmen in der Regel „keine besondere Priori-tät“. Ihre Vorschläge für eine zielgerichtete Ansprache:

Vorschläge zur Ansprache von Unternehmen auf ein Job Carving:

• Unternehmen breit informieren!

• Unternehmen, bei denen ein Job Carving umgesetzt wurde, in die Werbung einbinden und sie zur Unterstützung und Verbreitung der Idee in ihrem Umfeld gezielt auffordern!

• Möglichst viele Organisationen insbesondere auch im Bereich der Behindertenarbeit informieren und in die Werbung einbinden (auch Werkstätten für behinderte Menschen, Verbände, Sozialdienste und so weiter)! Sie sind wichtige Multiplikatorinnen und Multiplikatoren!

• Das Argument „Inklusion“ offensiv einsetzen (Umsetzung UN-Behindertenrechtskonvention)!

• Das Instrument auf regelmäßigen Foren der Kammern insbesondere für Entscheiderinnen und Entscheider (Personal, Geschäftsführende) vorstellen:

− „anschaulich und plakativ“ („Menschen denken in Bildern!“),

− Vorteile „vernünftig“ klar machen (externe & neutrale & für den Betrieb kostenfreie Prüfung durch kompetente Job Carver),

− Nutzen aufzeigen (zum Beispiel betriebswirtschaftlicher Nutzen, Optimierung betrieblicher Prozesse, Vorteile für Marketing und Öffentlichkeitsarbeit; Job Carving ist auch ein ideales Instrument für das Betriebliche Eingliederungsmanagement (BEM), einem zentralen Teil des Personalmanagements eines jeden größeren Unternehmens),

− zwecks persönlicher Kontaktaufnahme Evaluierung des Angebots auf Veranstaltungen, zum  Beispiel mithilfe eines Fragebogen: Wie hat Ihnen die Idee gefallen? – Besteht Interesse an einem Job Carving? – Dürfen wir Sie kontaktieren? – Wen können wir kontaktieren? („Kaum einer würde da wirklich nein sagen, sich lumpen lassen.“ – so vermutet ein Personalverantwortlicher.)

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Das Modellprojekt 37

4. Fazit

Die Erprobung des neuen Beratungsinstruments Job Carving im Rahmen des Modellprojekts hat bestätigt: Job Carving stößt bei Betrieben unterschiedlicher Größenordnung und aus unterschiedlichen Branchen auf sehr positive Resonanz. Es ist ein Angebot, das Betrieben eine kompetente Entlastung und besondere Handlungs-sicherheit bietet bei der …• Schaffung eines integrativen Arbeitsplatzes zur Erfüllung der eigenen Unternehmensziele,• Sicherung eines vorhandenen Arbeitsplatzes für leistungsgeminderte Beschäftigte,• Identifizierung geeigneter Tätigkeiten für leistungsgeminderte Personen mit einer Behinderung,• Entlastung von Fachkräften zugunsten einer Konzentration auf ihre Kerntätigkeiten.

Der Blick eines externen Experten (Job Carver) auf – in aller Regel – routinierte Arbeitsabläufe und Tätigkeiten durch dessen enge Einbindung in den Arbeitsprozess hat sich bewährt, um neue behindertengerechte Stellen in Betrieben zu identifizieren beziehungsweise zu schaffen.

Die Einführung eines neuen Beratungsangebots wie Job Carving erfordert Zeit und Geduld, eine begleitende qualifizierte Öffentlichkeitsarbeit, hinreichend Wissen über und Vertrauen in die Idee bei betrieblichen Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartnern sowie bei möglichst vielen Multiplikatorinnen und Multiplika-toren sowie eine professionelle Koordination.

Erfolgsentscheidend für ein Job Carving ist eine vertrauensvolle Zusammenarbeit, bei der alle relevanten Füh-rungskräfte, betrieblichen Funktionsträger und Mitarbeitenden aus den ausgewählten Bereichen frühzeitig mit „im Boot“ sind. Ein behutsames, prozessorientiertes Vorgehen, das auch Denken und Fühlen beziehungs-weise Bedenken und Interessen aller Beteiligten durchgehend im Blick hat, hat sich bewährt.

Gerade Job Carver, die bereits Erfahrungen im Jobcoaching haben, bringen die dafür erforderlichen Qualifi-kationen in jedem Fall mit. Als Expertinnen und Experten für die Gestaltung von Lernprozessen im betriebli-chen Kontext bringen sie umfangreiche Kenntnisse bezüglich des Erkennens und Nutzens von Ressourcen von Menschen mit einer Behinderung mit, die sie für ein Job Carving nutzen können. Mit entsprechender Schu-lung bezüglich der Besonderheiten eines Job Carvings können sie das neue Beratungsangebot qualifiziert umsetzen.

Eine besondere Herausforderung ist es, das neuartige Beratungsangebot bei Betrieben bekannt zu machen und sie von dessen Einsatz zu überzeugen.

Gezeigt hat sich, dass Betriebe auf vielfältigen Wegen für das Angebot erreichbar sind:• Haben sie bereits Kontakt zum Integrationsamt beziehungsweise dessen unterstützenden Diensten, so

können diese die Betriebe im Kontext ihrer betrieblichen Beratung ohne großen Aufwand mit Unterstüt-zung des Informationsmaterials über das Angebot informieren und an die Koordination verweisen. Als besonders wirkungsvoll hat sich die persönliche Ansprache durch Mitarbeitende von Integrationsfach-diensten, Jobcoaches und Job Carver erwiesen.

• Bestehen noch keine entsprechenden Kontakte, so ist eine offensive Öffentlichkeitsarbeit wirkungsvoll (Internet, Fach-/Presse, Präsentationen inklusive Evaluation des Angebots bei Veranstaltungen der Kammern für betriebliche Entscheiderinnen und Entscheider und so weiter). Zur Veranschaulichung der Praxis können hier zukünftig auch Beispiele von Unternehmen herangezogen werden, in denen ein Job Carving zur Zufriedenheit durchgeführt wurde.

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38 Das Modellprojekt

• Gezielt können beziehungsweise sollten auch Organisationen im Bereich der Behindertenhilfe (Behinder-tenverbände, Sozialdienste und so weiter), mit denen Betriebe oft in unterschiedlichen Zusammenhängen in Kontakt kommen, über das Angebot informiert und in die Ansprache eingebunden werden.

Um zu überzeugen, sollten Argumente für ein Job Carving – falls möglich – passgenau auf einen Betrieb abgestimmt werden. Das lässt sich zum Beispiel mittels Recherchen vor der ersten persönlichen Kontakt-aufnahme (Internet, bestehende Netzwerke) oder auch im Erstgespräch genauer ermitteln:• Für Betriebe, in deren Leitbild zum Beispiel „Inklusion“ und/oder „Diversity“ verankert sind, kann Job

Carving ein ideales Instrument sein, ihr Leitbild mittels Schaffung einer Stelle für einen Menschen mit Behinderung „mit Leben zu füllen“.

• Haben leitende und/oder personalentscheidende Mitarbeitende persönliche Erfahrungen mit Behinderung (in Familie beziehungsweise Freundeskreis) und/oder positive Erfahrungen mit Betrieb s-angehörigen mit Behinderung (und damit Einblick in und Respekt vor deren Leistungsfähigkeit), so sind sie erfahrungsgemäß offen beziehungsweise offener als andere gegenüber einer Anstellung eines Menschen mit Behinderung. Job Carving gibt ihnen Handlungssicherheit und konkrete Anhaltspunkte und Unterstützung, wie sie für diesen Personenkreis eine existenzsichernde Stelle beziehungsweise eine berufliche Perspektive in ihrem Betrieb schaffen können. Die Bereitschaft dazu ist auch hoch, wenn sich betriebliche Entscheiderinnen/Entscheider zum Beispiel politisch im Feld „Inklusion“/„Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention“ engagieren.

• Andere Betriebe wiederum erkennen beziehungsweise schätzen die betriebswirtschaftlichen Vorteile der Schaffung eines Arbeitsplatzes für einen Menschen mit Behinderung, der einfache Tätigkeiten über-nimmt (zum Beispiel Entlastung „teurer“ Fachkräfte, Erfüllung der Schwerbehindertenquote). Oder sie wünschen sich Unterstützung bei der Sicherung eines bereits bestehenden Arbeitsverhältnisses für eine/n zum Beispiel infolge Unfall, Krankheit oder Alter leistungsgeminderte/n Beschäftigte/n (die Sicherung des Arbeitsplatzes kann unter Umständen günstiger und weniger aufwendig sein als eine Neueinstellung).

• Fallen in Betrieben viele auch einfache beziehungsweise zuarbeitende Tätigkeiten an, sind sie mit entsprechender Hilfestellung ebenfalls offen und bereit, mittels Job Carving prüfen zu lassen, inwiefern sich diese in einer Stelle bündeln lassen, um sie dann auch mit einem Menschen mit Behinderung zu besetzen. Ganz besonders dann, wenn die Arbeitsbelastung in einzelnen Abteilungen beziehungsweise Bereichen des Betriebs so hoch ist, dass Mitarbeitende (dringend) Entlastung benötigen.

Ist der Erstkontakt zum Betrieb erst einmal hergestellt und hat dieser sein Interesse signalisiert, so ist dieser Kontakt kontinuierlich zu pflegen. Krankheiten, Fehlzeiten, Urlaube oder anderes dürfen auf keinen Fall dazu führen, den Kontakt wieder aus dem Blick zu verlieren. Um das zu verhindern, hat sich die transparente Erfas-sung von kontaktierten Betrieben, Kontaktdaten der Ansprechpartnerinnen und -partner inklusive Kurzver-merke über Gesprächsergebnisse und weitere Terminvereinbarungen bewährt, auf die alle Mitarbeitenden im koordinierenden Team Zugriff haben. Sie können dann jeweils – falls erforderlich – an die bisherigen Schritte anknüpfen.

Das neue Instrument Job Carving konnte – ebenso wie Formen der Werbung und Ansprache von Unterneh-men – mit Erfolg erprobt werden. Konzept wie Umsetzung wurden mithilfe der Job Carver und der involvier-ten Unternehmen sukzessiv optimiert.

Zur Unterstützung der Umsetzung von weiteren Job Carvings hat die von der Forschungsgruppe in puncto GmbH begleitete Entwicklungsgruppe im Auftrag des LWL das folgende „Praxishandbuch“ entwickelt, das Organisationen, die Job Carving anbieten wollen, ebenso wie Job Carvern und Trainerinnen und Trainern, die Job Carver schulen wollen, wertvolle Anregungen für ihre Arbeit gibt – aus der Praxis für die Praxis.

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Praxishandbuch Job Carving 39

Praxishandbuch Job Carving

Teil A: Handlungsleitlinien Job CarvingEinführend werden in diesem Teil des Praxishandbuchs die fachlichen „Handlungsleitlinien Job Carving“ des LWL-Integrationsamts vorgestellt. Bei Start des Modellprojekts lagen sie im Entwurf vor, sind nunmehr unter Einbindung aller Erfahrungen aus der Erprobungsphase ausgearbeitet. Sie beinhalten – transparent für alle Interessierten – Ausführungen zu allen zentralen Aspekten eines Job Carvings: zur Struktur des Beratungs-prozesses (Grundlagen, Prozessvoraussetzungen, Ablauf, Dauer, Umfang), zu den Prozessbeteiligten und deren Rollen und Aufgaben im Prozess, zu den Job Carving-Methoden und zum Berichtswesen.

1. Struktur des Beratungsprozesses

1.1 Grundlagen

Unternehmen sind arbeitsteilig organisiert, das heißt, die Aufgaben an den einzelnen Arbeitsplätzen und deren Schnittstellen sind mehr oder weniger klar definiert. Die Organisation der Arbeitsteilung ist eine zent-rale unternehmerische Aufgabe, in die von außen nicht eingegriffen werden kann. Ein Externer kann hier beratend zur Seite stehen, die Umsetzung liegt jedoch beim Unternehmen selbst. Die Entwicklung eines behinderungsgerechten Stellenprofils und dessen Vernetzung in bestehende Abläufe bedeutet letztlich jedoch immer auch eine Veränderung: Arbeitsteilung, Verantwortlichkeiten und Schnittstellen müssen neu geregelt werden, auch Arbeitsabläufe von Kolleginnen und Kollegen können sich ändern.

Das hat (grundlegende) Konsequenzen auch für das Selbstverständnis und die Methodik des Beraters oder der Beraterin. Ein Job Carver hat als Externer ausschließlich den Betrieb und dessen Arbeitsteilung im Blick, in dem er gemeinsam mit Mitarbeitenden ein oder mehrere neue(s) Stellenprofil(e) carvt und so einen Arbeits-platz für einen Menschen mit Behinderung schafft, der Fachkräfte im Betrieb so entlastet, dass sie sich auf ihre eigentlichen Kernkompetenzen und Aufgaben konzentrieren können. Das heißt: Ein Job Carver identifi-ziert Nischen im Betrieb.

Eine Neureglung von Verantwortlichkeiten, Schnittstellen und Veränderungen im Alltag kann von Kolleginnen und Kollegen positiv begrüßt oder auch kritisch abgelehnt werden. Eine frühzeitige und eindeutige Klärung der Ziele eines Job Carvings (Schaffung neuer statt Abbau bestehender Stellen) und seiner zentralen Struktur-elemente (Start, Dauer, Stundenumfang, Zeitstruktur, Einsatzort, Beteiligte) bereits zu Beginn des Prozesses schafft hier die notwendige Transparenz – und auch Akzeptanz – für alle Prozessbeteiligten. Sie bietet zugleich Sicherheit im Fall von Konflikten.

Das Vorgehen eines Job Carvers wird dabei je nach Unternehmensgröße anders sein. Während in kleinen und mittleren Unternehmen die Geschäftsleitung unmittelbarer Ansprechpartner sein wird, stellt sich die Situation in größeren Unternehmen komplexer dar. Der Carver arbeitet hier mit mehreren vom Betrieb autorisierten Mitarbeitenden zusammen und muss diese – zum Teil wiederholt – überzeugen und zur Mitwirkung motivie-ren.

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40 Praxishandbuch Job Carving

1.2 Prozessvoraussetzungen

Bestimmte Voraussetzungen begünstigen den Job Carving­Prozess.Job Carving benötigt einen breiten betrieblichen Konsens.

Positive Voraussetzungen für ein Job Carving sind gegeben, wenn Führungskräfte wie Beschäftigte mit der Einstellung eines Menschen mit Behinderung beziehungsweise mit der Weiterbeschäftigung eines infolge Unfall, Alter oder Krankheit leistungsgeminderten Mitarbeitenden positive Erwartungen verbinden:

Positive Erwartungen vonseiten betrieblicher Akteurinnen und Akteure (Beispiele)Die Geschäftsleitung erwartet…• eine Entlastung von Fachkräften – durchaus zugunsten der Einstellung eines Menschen mit Behinderung,

der auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt weniger Chancen hat,• eine Optimierung bestehender Arbeitsabläufe,• Handlungssicherheit bei der Schaffung eines integrativen Arbeitsplatzes (Identifikation geeigneter

Tätigkeiten und notwendiger Fähigkeiten, Anpassung der Tätigkeiten an den ausgewählten Menschen mit Behinderung).

Beschäftigte erwarten…• persönliche Entlastung bei der Arbeit durch Abgabe von einzelnen Tätigkeiten und/oder• eine Aufwertung der eigenen Tätigkeit durch Konzentration auf ihre eigentlichen Kernkompetenzen.

Derartige Erwartungen werden nach Möglichkeit zu Beginn des Carving-Prozesses gemeinsam erarbeitet; sie „tragen“ dann erfahrungsgemäß durch den Prozess.

Begünstigende betriebliche Voraussetzungen (Beispiele)Begünstigend für die Umsetzung eines Job Carvings ist zum Beispiel, wenn…• die im Unternehmen gelebten Werte in Bezug auf den Umgang mit behinderten Menschen (soziales

Betriebsklima, Diversity, Inklusion und so weiter) im Kern dem Anliegen eines Job Carvings entsprechen und/oder

• Erfahrungen mit der Beschäftigung von Menschen mit Behinderung vorliegen und/oder• die Stellen beziehungsweise die Arbeitsteilung in den für ein Job Carving ausgewählten Bereichen

beziehungsweise Abteilungen noch optimierbar sind und hinreichend Spielräume für die Beschäftigung von Leistungsgeminderten lassen und/oder

• die Arbeitsbelastung im Betrieb beziehungsweise in einzelnen Abteilungen beziehungsweise Bereichen so hoch ist, dass Mitarbeitende (dringend) Entlastung benötigen, ohne dass ihnen für sie wichtige „Aus-ruh-Nischen“ genommen werden. (Ist zu wenig Arbeit vorhanden, wird der behinderte Mensch unter Umständen später als jemand wahrgenommen, der ihnen etwas Schönes oder Wichtiges „wegnimmt“.)

Geschäftsleitung beziehungsweise zentrale Entscheidungsträgerinnen und -träger sollten überdies …• geschlossen hinter Idee und Zielsetzung des Job Carvings stehen und diese offensiv gegenüber ihren

Beschäftigten vertreten („Job Carving ist Chefsache!“),• der Neueinstellung eines Mitarbeitenden mit Behinderung beziehungsweise der Weiterbeschäftigung

eines infolge eingetretener Behinderung leistungsgeminderten Mitarbeitenden offen und positiv gegenüberstehen,

• alle beteiligten Beschäftigten über Ziele und Vorgehen des Job Carvings informieren und sie zur aktiven Mitarbeit als „Expertinnen und Experten“ für ihr Aufgabengebiet auffordern,

• Bedenken und Skepsis von Beschäftigten gegenüber einer Einstellung beziehungsweise Weiter-beschäftigung eines Mitarbeitenden mit Behinderung ernst nehmen und diese offen ansprechen.

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Praxishandbuch Job Carving 41

Beschäftigte im Betrieb sollten…• entsprechend informiert und vorbereitet keine Angst vor Stellenverlust, Abbau von Arbeitsplätzen und/

oder „Kontrolle“ am Arbeitsplatz haben müssen,• der Einstellung einer Kollegin/eines Kollegen mit Behinderung offen gegenüberstehen.

Gelingt es, einen breiten betrieblichen Konsens zu erzielen und alle involvierten Beschäftigten für den Prozess zu gewinnen, wird Job Carving erfahrungsgemäß ein „Selbstläufer“.

Job Carving erfordert eine dauerhafte Koordinierung und personelle Kontinuität.Um einen Job Carving-Prozess reibungsfrei umzusetzen und das Vertrauen des Betriebs in das Instrument zu gewährleisten, ist eine koordinierende Stelle erforderlich, die den Prozess professionell in Gang bringt und begleitet, die Zusammenarbeit zwischen allen Beteiligten zeitnah und verbindlich abstimmt und den Prozess (zum Beispiel nach Besetzung der Stelle mit einem Mitarbeitenden mit Behinderung) auch wieder abschließt. Sind Koordinierung und personelle Kontinuität dauerhaft gewährleistet, lässt sich das neue Beratungsinstru-ment erfahrungsgemäß gut in Unternehmen etablieren. Die weitere Verantwortung für die Beschäftigung des Menschen mit Behinderung übernimmt dann der Betrieb, begleitet und unterstützt durch den Integrations-fachdienst.

1.3 Ablauf eines Job Carvings

Der Ablauf eines Job Carvings gliedert sich in vier Phasen.

1.3.1 Phase 1: Klärung

Die Klärungsphase ist ein gestufter Entscheidungsprozess, in der es zunächst darum geht herauszufinden, ob und inwiefern Job Carving 1.) überhaupt eine für den Betrieb geeignete Methode zur Schaffung oder Siche-rung eines Arbeitsplatzes für einen Menschen mit Behinderung ist, 2.) der Betrieb das Anliegen Job Carving wirklich ernst meint und 3.) die Voraussetzungen für ein Job Carving erfüllt sind. Die Klärung erfolgt in meh-reren Schritten:

Informationssammlung und ­weiterleitungDie Fachkoordination sammelt zunächst möglichst viele Informationen zum Unternehmen (zum Beispiel über das Internet) und holt Erfahrungen mit dem Betrieb auch bei weiteren Akteurinnen und Akteuren im eigenen Netzwerk ein (insbesondere bei Integrationsfachdiensten). Im Fall der Sicherung eines Arbeitsplatzes oder falls ein/e infrage kommende/r Kandidat/in mit Behinderung für die zu carvende Stelle bereits im Betrieb tätig ist (zum Beispiel als Praktikant), holt die Fachkoordination auch Informationen über die betreffende Person ein (zum Beispiel vorliegende Gutachten, Testergebnisse, Fähigkeitsprofil). Alle Ergebnisse dieser ersten Informa-tionssammlung hält sie in einer strukturierten Gesprächsnotiz1 fest.

Erstgespräch im UnternehmenIn einem Erstgespräch im Unternehmen findet ein intensiver Austausch zwischen der Fachkoordination und der Geschäftsführung beziehungsweise einer von ihr autorisierten Ansprechperson statt.

1 Anlage 1: Telefonnotiz

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42 Praxishandbuch Job Carving

Im Gespräch geklärt werden:• Interessen und Motivation für ein Job Carving und Erfahrungen des Arbeitgebenden mit der

Beschäftigung von Mitarbeitenden mit Behinderungen. Die Fachkoordinatorin nutzt hierzu den „Interviewleit faden Arbeitgeber“1 und hält ihre Ergebnisse in einem „Betriebsprofil“2 fest.

• Ziele und wesentliche Strukturelemente eines Job Carvings. Eine möglichst umfassende Aufklärung ist wesentlich, um frühzeitig ein hohes Maß an Transparenz herzustellen und möglichen (späteren) Widerständen im Prozess vorzubeugen.

• Geeignete Bereiche für ein Job Carving im Unternehmen. „Geeignet“ heißt in diesem Zusammenhang beispielsweise: Aus Sicht der Geschäftsleitung besteht bei den Beschäftigten ein Bedarf beziehungsweise ein Wunsch nach Entlastung, Aufgaben auf Anlernniveau sind vorhanden, die ein Mensch mit Behinderung erfüllen kann und/oder die Beschäftigten sind bereit, sich auf den Beratungsprozess einzulassen und ihn zu unterstützen.

In der Praxis kann es erforderlich sein, zwei Klärungsgespräche mit dem Arbeitgeber durchzuführen. Wenn zum Beispiel die notwendige Bereitschaft der Mitarbeitenden zur Mitwirkung und/oder die Benennung einer betrieblichen Ansprechperson noch nicht verbindlich zugesagt werden kann. Sowohl nach dem ersten als auch nach dem zweiten Klärungstermin ist für beide Seiten ein Ausstieg aus dem Prozess möglich.

Entscheidet sich der Betrieb für ein Job Carving, unterschreibt er eine Einverständniserklärung3 mit allen wesentlichen Eckpunkten zum Job Carving und benennt eine betriebliche Ansprechperson (bAp), die im Pro-zess eng mit dem Job Carver zusammenarbeitet und bei Fragen und der Ansprache von Mitarbeitenden zur Verfügung steht.

Der Integrationsfachdienst wird bereits in dieser frühen Phase des Prozesses eingebunden und erhält alle Informationen, da er beim Arbeitgeber häufig schon bekannt ist und er es ist, der später die zentrale Rolle bei der Stellenbesetzung einnehmen wird.

1.3.2 Phase 2: Entscheidung und Beauftragung

Die Ergebnisse der Klärungsphase fasst die Fachkoordination in einer „Fachdienstlichen Beurteilung (FdB)“ zusammen, für die es eine entsprechende Vorlage gibt.4 Ein zeitlicher Rahmen für das Job Carving wird fest-gelegt (Starttermin, Stundenumfang, Prozessdauer) und ein „Falldatenblatt“ angelegt.5 Aus dem Pool der Job Carver wird diejenige Person ausgewählt, die für die Branche des Unternehmens geeignet ist und überdies zeitliche Ressourcen für ein Job Carving hat. Entscheidet das LWL-Integrationsamt Westfalen, einen Job Carving Prozess mit dem Betrieb umzusetzen, wird dem Job Carver ein Dienstvertrag zugesendet. Sobald dieser die Annahme schriftlich bestätigt hat, kann die Durchführungsphase im Betrieb starten. Die Fachkoor-dination informiert den Integrationsfachdienst auch über diesen Vorgang.

1 Anlage 2: Interviewleitfaden für Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber2 Anlage 3: Betriebsprofil Job Carving3 Anlage 4: Einverständniserklärung zum Job Carving4 Anlage 6: Fachdienstliche Beurteilung (FdB)5 Anlage 5: Falldatenblatt

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Praxishandbuch Job Carving 43

1.3.3 Phase 3: Durchführung

Durchführung Teil 1: Analyse

Die Analysephase umfasst folgende fünf Schritte:

BetriebsdiagnostikDer Job Carver führt eine „Betriebsdiagnostik“1 durch. Sie dient dazu, den Betrieb in seiner spezifischen Struk-tur, seinen konkreten Abläufen und Zuständigkeitsbereichen zu verstehen und die konkrete Vorgehensweise zu planen.

Tätigkeiten sammeln und analysierenEs folgt das systematische Ermitteln und Zusammentragen von Tätigkeiten. Dazu führt der Job Carver Gesprä-che mit den Beschäftigten in den jeweiligen Arbeitsbereichen durch, beobachtet diese genau bei der Durch-führung ihrer Arbeiten und arbeitet auch selber mit. Er analysiert die Aufgabenabläufe, zerlegt sie in einzelne Teilaufgaben und erstellt eine Sammlung derjenigen Tätigkeiten auf Anlernniveau, die sich aus den festen Abläufen herauslösen lassen, die die Mitarbeitenden eher unnötig belasten (und derer sie sich gerne entledi-gen möchten) und die außerdem mit entsprechender Anleitung erlernbar sind.

Tätigkeiten und Anzahl der Arbeitsstunden mit Arbeitgeber eingrenzen („Tätigkeitsprofil“)Seine bereichsspezifische Auflistung von Tätigkeiten bespricht der Job Carver mit der betrieblichen Ansprech-person beziehungsweise der Geschäftsleitung. Nach Absprache werden die Tätigkeiten zu einem „Tätigkeits-profil“ (beziehungsweise zu mehreren Tätigkeitsprofilen) inklusive Anzahl an Arbeitsstunden eingegrenzt.

Tätigkeiten hinsichtlich Anforderungen einstufen („Anforderungsprofil“)Damit der Integrationsfachdienst eine geeignete Kandidatin/einen geeigneten Kandidaten für die Stelle fin-den kann, stuft der Job Carver die Tätigkeiten hinsichtlich ihrer konkreten Anforderungen ein und erstellt ein sogenanntes „Tätigkeits- und Anforderungsprofil“2.

Zwischenbericht erstellenDer Job Carver schließt Phase 1 der Durchführung mit einem Zwischenbericht ab. Hier beschreibt er seine Erfahrungen im Prozessverlauf (Vorgehensweise, neu gewonnene Erkenntnisse, Einstellung von Mitarbeiten-den, Abstimmung Tätigkeitsprofil) und spricht Empfehlungen für die Besetzung der Stelle aus (Stundenzahl, tägliche Arbeitszeiten, Hinweise zur Einarbeitung).

Entsprechende Formulare für die Tätigkeitssammlung sowie Tätigkeits- und Anforderungsprofile nach Arbeits-bereichen inklusive der zu berücksichtigenden Rahmenbedingungen (wie Kundenkontakt, besondere Umge-bungseinflüsse/Belastungen/Arbeitszeiten/Belastungszeiten, zu berücksichtigende Sicherheits- und Hygiene-vorschriften et cetera) liegen vor. (Sie finden sich im Anhang.) Die Tätigkeits- und Anforderungsprofile erhält auch der Arbeitgeber.

1 Anlage 8: Betriebsdiagnostik2 Anlage 9: Zwischenbericht Job Carving

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44 Praxishandbuch Job Carving

Durchführung Teil 2: Matching

Mit Weiterleitung des von der Fachkoordination geprüften Zwischenberichts an den Integrationsfachdienst wird Phase 2 der Durchführung – das Matching – eingeleitet. Sie umfasst folgende Schritte:

Austausch/Abstimmen über weiteres VorgehenDer Zwischenbericht dient dem Integrationsfachdienst als Grundlage für die Suche nach einer geeigneten Stelleninhaberin oder einem Stelleninhaber. Bestehen seitens des Integrationsfachdienstes zu diesem Zeit-punkt noch Fragen, steht der Job Carver zur Verfügung. Im engen Austausch werden die erforderlichen Res-sourcen des Menschen mit Behinderung und die Anforderungen, denen er gerecht werden muss, geklärt. Auch müssen bei der Auswahl einer Person gegebenenfalls besondere Wünsche des Arbeitgebers berücksich-tigt werden: So zum Beispiel der Wunsch nach einer „sichtbaren“ Behinderung, um im Fall von Problemen beim Kundenkontakt nicht in Rechtfertigungsnot gegenüber Kunden beziehungsweise Klienten zu geraten; oder der Wunsch, nur psychisch stabile Behinderte auszuwählen wegen der regelmäßigen Arbeit des Betriebs mit eher schwierigen Klientinnen und Klienten; oder der dezidierte Wunsch nach einem hohen Maß an Zuver-lässigkeit und Pünktlichkeit angesichts der erforderlichen Zusammenarbeit im Team und so weiter.

Im Fall der Sicherung eines Arbeitsplatzes oder falls bereits ein Mensch mit Behinderung zum Beispiel als Prak-tikant tätig ist, kann der Integrationsfachdienst mit dem Job Carver die Informationen über die Stelle direkt mit den Voraussetzungen dieser Person abgleichen. Grundlage bilden hier vorliegende Gutachten, Testergeb-nisse oder das entsprechende Fähigkeitsprofil. Fällt die Entscheidung für diese Person aus, entfallen die im Folgenden beschriebenen drei Schritte und die begleitete Erprobung und Anpassung kann direkt starten.

Gemeinsamer Betriebsbesuch von Job Carver und IntegrationsfachdienstEin gemeinsamer Betriebsbesuch von Job Carver und zuständigem Integrationsfachdienst (gegebenenfalls mit der Fachkoordination) leitet den aktiven Einstieg des Integrationsfachdienstes in den Prozess ein. Nach Klä-rung aller Details übernimmt der Integrationsfachdienst die Aufgabe, geeignete Kandidatinnen/Kandidaten für die Stelle zu finden.

Finden einer Kandidatin/eines Kandidaten; Vor­/Auswahl StellenbesetzungDas Finden einer geeigneten Kandidatin beziehungsweise eines geeigneten Kandidaten im Zuständigkeitsbe-reich des Integrationsfachdienstes kann längere Zeit in Anspruch nehmen. Denn: Neben der grundsätzlichen Eignung für die Stelle sind noch weitere Faktoren zu berücksichtigen: Ist die ausgewählte Person auch bereit, die Stelle anzunehmen? Ist die notwendige Flexibilität und Mobilität gewährleistet? Ist die Arbeitsstelle ent-sprechend barrierefrei (zum Beispiel mit öffentlichen Verkehrsmitteln) zu erreichen? Verfügt die Kandidatin/der Kandidat über die in der Regel gewünschten Schlüsselqualifikationen wie Pünktlichkeit und Zuverlässig-keit? und so weiter. Beim Finden einer Kandidatin/eines Kandidaten ist die gute Zusammenarbeit aller Mitar-beitenden des zuständigen Integrationsfachdienstes (gegebenenfalls auch mit Integrationsfachdiensten angrenzender Regionen) besonders gefordert.

Begleiten der Bewerberin/des Bewerbers beim Bewerbungsgespräch im BetriebIst eine passende Kandidatin beziehungsweise ein passender Kandidat gefunden, begleiten Integrationsfach-dienste und Job Carver diese/n zum Vorstellungsgespräch im Betrieb, wo sie/er und der Betrieb die Gelegen-heit erhalten, sich genauer kennenzulernen. Ist der Betrieb mit ihr beziehungsweise ihm einverstanden und die Person mit Behinderung für eine Erprobung der Stelle bereit, wird im Regelfall ein (mehrwöchiges) Prak-tikum vereinbart. Gibt es Vorbehalte oder Bedenken aufseiten des Betriebs oder des Menschen mit Behinde-rung, die ein Zusammenkommen verhindern, wird der Vorgang so lange wiederholt, bis eine passende Kan-didatin beziehungsweise ein passender Kandidat gefunden ist.

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Praxishandbuch Job Carving 45

Begleiten der Erprobung, Feinanpassung der TätigkeitenDer Job Carver begleitet die Praktikantin/den Praktikanten über einen Zeitraum von bis zu vier Wochen bei der Erprobung der Stelle und der Anpassung der Tätigkeiten. Er führt sie/ihn in die Tätigkeiten ein, leitet sie/ihn praktisch an und beobachtet sie/ihn genau bei der Erprobung, um so einschätzen zu können, welche Auf-gaben aus dem Tätigkeitsprofil für sie/ihn tatsächlich erlernbar und umsetzbar sind beziehungsweise welche nicht.

Erstellen eines individuellen AufgabenprofilsAuf Basis der gesammelten Tätigkeiten und seiner Beobachtungen erstellt der Job Carver ein auf den Men-schen mit Behinderung zugeschnittenes „Aufgabenprofil“1 , das optimal auf ihre/seine Fähigkeiten und über-dies auf die Bedarfe des Betriebs abgestimmt ist. Das individuelle Aufgabenprofil wird dem Arbeitgeber zur Verfügung gestellt, auch wenn keine Platzierung erfolgt.

Erstellen eines AbschlussberichtsAuch diese Phase des Job Carvings schließt der Job Carver mit einem Bericht ab2. Hier beschreibt er seine Erfahrungen im Prozessverlauf (Vorgehensweise, neu gewonnene Erkenntnisse, Integration des Menschen mit Behinderung in den Betrieb, erforderliche Anpassung des Profils) und spricht weitere Empfehlungen aus (zum Beispiel noch erforderliche Maßnahmen der Unterstützung für Betrieb beziehungsweise Stelleninhaberin/Stel-leninhaber). Das „Individuelle Aufgabenprofil“ mit geeigneten beziehungsweise nicht geeigneten Tätigkeiten nach Arbeitsbereichen ist Bestandteil des Berichts. Den Abschlussbericht leitet die Fachkoordination an den regional zuständigen Integrationsfachdienst weiter.

Gemeinsames AbschlussgesprächIst die individuelle Anpassung erfolgt, kann (je nach Bedarf beziehungsweise Situation) noch ein Abschluss-gespräch mit allen Beteiligten im Betrieb stattfinden, um das Job Carving offiziell abzuschließen. Hier können der Verlauf des gesamten Prozesses noch einmal reflektiert und ausgewertet, wichtige Erkenntnisse des Job Carvers über die persönlichen Ressourcen und Lernprozesse des Menschen mit Behinderung thematisiert und die Perspektive der Kandidatin/des Kandidaten mit Behinderung konkretisiert werden: Wird das Praktikum verlängert? Wird es beendet? Bietet der Betrieb der Praktikantin/dem Praktikanten einen Arbeitsvertrag an? Oder wird das Tätigkeitsprofil noch von einem anderen Bewerber beziehungsweise einer anderen Bewerberin erprobt?

1.3.4 Phase 5: Abschluss

Sieht der Betrieb eine Perspektive mit dem Menschen mit Behinderung als Mitarbeitenden, wird noch der mögliche Bedarf eines Jobcoachings geklärt und die weitere Begleitung durch den Integrationsfachdienst ver-bindlich vereinbart.

1 Anlage 10: Abschlussbericht Job Carving2 Anlage 10: Abschlussbericht (Anlage: Individuelles Aufgabenprofil)

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46 Praxishandbuch Job Carving

1.4 Dauer und Umfang eines Job Carvings

Je nach Komplexität des Betriebes, des Tätigkeitsspektrums und der Taktung der Termine unter Berücksichti-gung von krankheits- und urlaubsbedingten Ausfällen kann ein Job Carving-Prozess mehrere Monate dauern.

Insbesondere das Zeitfenster für das Finden einer passenden Kandidatin beziehungsweise eines passenden Kandidaten ist im Vorfeld schwer abzuschätzen. Für die Anpassung der Tätigkeiten an Fähigkeiten und Fer-tigkeiten des Menschen mit Behinderung ist ein ungefährer Zeitraum von zwei bis zu vier Wochen vorgese-hen. Stellt sich während der Erprobungsphase heraus, dass sich die Bewerberin/der Bewerber nicht für die Stelle eignet, muss das Verfahren entsprechend wiederholt werden, bis eine geeignete Person gefunden ist.

Für den gesamten Carving-Prozess inklusive Erprobung beziehungsweise Anpassung werden ca. 30 Stunden kalkuliert. Diese Zahl kann – nach unten und nach oben – abweichen. In Fällen, in denen sich abzeichnet, dass gegebenenfalls mehr Stunden benötigt werden, wird geklärt, ob und wie viele weitere Stunden bewilligt werden.

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Praxishandbuch Job Carving 47

1.5 Ablauf eines Job Carvings nach Erstkontakt zum Betrieb im Überblick

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dienst weiter; falls auch hier keine geeignete Bewerberin/kein geeigneter Bewerber: FaKo reicht Analyse an Arbeitsagentur Reha-Bereich oder Netzwerkpro-jekte weiter.

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48 Praxishandbuch Job Carving

Ergänzung zum Schaubild:

Im Fall der Sicherung eines Arbeitsplatzes oder falls bereits ein Mensch mit Behinderung zum Beispiel als Praktikantin/Praktikant im Betrieb ist, holt die Fachkoordination in Phase 1 („Klärung“) zunächst auch zusätzliche Informationen über diese Person ein, zum Beispiel beim Betrieb oder beim Integrationsfachdienst (vorliegende Gutachten, Testergebnisse, ein Fähigkeitsprofil et cetera) und leitet diese an den Job Carver beziehungsweise den Integrationsfachdienst weiter. Der Integrations-fachdienst gleicht zum Beispiel gemeinsam mit dem Job Carver in Phase 4 (1. Analyse) das Anforderungsprofil mit dem Fähigkeitsprofil der betreffenden Person ab. Im Fall der Eignung startet die Anpassungsphase direkt. Eignet sich die Person nicht, so startet die Suche nach einer geeigneten Kandidatin/einem geeigneten Kandidaten erneut.

2. Beteiligte Personen und Aufgabenverteilung

Am Prozess des Job Carvings sind verschiedene Akteurinnen und Akteure beteiligt.

2.1 Akteurinnen und Akteure auf Anbieterseite

Auf Anbieterseite übernehmen die Fachkoordination für betriebliches Arbeitstraining, Job Carver und Inte-gra tionsfachdienst wichtige Rollen.

2.1.1 Fachkoordinatorin für betriebliches Arbeitstraining (Fako bAt)1

Die Fachkoordination nimmt Fallanfragen entgegen, berät vor Ort und trägt zur Fallauswahl mit bei: Sie prüft interessierte Betriebe hinsichtlich ihrer Voraussetzungen für das Projekt und trifft eine Entscheidung für oder gegen einen Job Carving-Prozess. Im weiteren Verlauf übernimmt sie die Aufgabe der Fallsteuerung: Sie ist an ausgewählten wichtigen „Meilensteinen“ beteiligt (zum Beispiel im Workshop, an Gesprächen im Betrieb), bündelt Informationen und leitet wichtige Informationen an die entsprechenden Personen weiter, um einen transparenten Prozess zu ermöglichen. Regelmäßig wird sie von den beteiligten Personen über den Prozess-verlauf und wichtige Prozessschritte informiert (Telefon, E-Mail, Berichte). Kommt es zu Widerständen, Hemm-nissen und/oder anderen unerwarteten Dynamiken, schaltet sie sich aktiv vor Ort in den Prozess ein, um über weitere Prozessschritte zu beraten und zu entscheiden.

2.1.2 Job Carver

Die Job Carver haben eine zentrale Rolle im Prozess, indem sie die Aufgabe des eigentlichen „Schnitzens“ einer (oder mehrerer) neue(n) Stelle(n) im Betrieb übernehmen. Als Fachkräfte in den Bereichen Jobcoaching, Ergotherapie, Arbeitspädagogik, systemische Beratung unter anderem bringen sie die erforderlichen Erfah-rungen der Prozessberatung, der Arbeitsanalyse und der Arbeit mit Menschen mit Behinderungen mit. Diese befähigen sie, mit entsprechender vorhergehender Schulung ein Job Carving qualifiziert umzusetzen. Außer-

1 Da das Modellprojekt Job Carving inhaltlich von dem Bereich betriebliches Arbeitstraining im Integrationsamt entwickelt wurde, übernahm die Fachkoordina-torin für betriebliches Arbeitstraining die koordinierende Funktion im Modellprojekt, unterstützt durch ein dreiköpfiges Team.

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Praxishandbuch Job Carving 49

dem haben sie in der Regel einen Ausbildungsberuf und/oder einen Studienabschluss mit entsprechenden Berufserfahrungen und verfügen daher auch über fachliche Qualifikationen und Kenntnisse in unterschied-lichen Branchen. Für einen erfolgreichen Verlauf bauen sie sowohl im Betrieb als auch mit beteiligten externen Fachdiensten/-personen gute Netzwerke auf.

Als Externe haben Job Carver ausschließlich den Betrieb beziehungsweise die Tätigkeiten und Arbeitsabläufe in den für ein Carving ausgewählten Bereichen im Blick. Im Gespräch und im Austausch mit den hier Beschäf-tigten, durch systematische und genaue Beobachtung und Mitarbeit entwickeln sie einen Blick für die anfal-lenden Tätigkeiten und Arbeitsabläufe und analysieren, welche Tätigkeiten zum Beispiel ausgegliedert werden können, anlernbar sind und von einem leistungsgeminderten (auch fachfremden) Mitarbeitenden geleistet werden könnten. Sie bündeln die Tätigkeiten in Absprache mit dem Betrieb zu Stellenprofilen, analysieren die erforderlichen Anforderungen, stimmen alles mit dem Arbeitgeber ab und bieten dem Integrationsdienst (IFD) damit alle Informationen, die dieser benötigt, um geeignete Bewerberinnen und Bewerber für diese Stelle(n) zu finden.

2.1.3 Integrationsfachdienst (IFD)

Die Integrationsfachdienste kümmern sich um das Finden eines geeigneten und zugleich interessierten schwerbehinderten Menschen für die neu gecarvte Stelle (zum Beispiel aus Förderschulen, Werkstatt oder psychiatrischer Versorgung) auf Basis der Analysen des Job Carvers im Betrieb und seiner ergänzenden Infor-mationen. Sie unterstützen den Menschen mit Schwerbehinderung bei der Vorbereitung auf das Vorstellungs-gespräch, begleiten ihn in den Betrieb und unterstützen diesen bei der Vereinbarung eines Praktikumsvertrages. Überdies stehen sie dem Betrieb für Fragen rund um die Anstellung von Mitarbeitenden mit Behinderung und mögliche Förderleistungen zur Verfügung. Auch nach Abschluss eines Arbeitsvertrages bleiben sie Ansprechpartner sowohl für den Betrieb als auch für die im Betrieb platzierte Person. Sie verein-baren zum Beispiel regelmäßige Gespräche (etwa alle drei Monate), um zum Beispiel bei Konflikten im Betrieb oder bei beruflichen und/oder privaten Herausforderungen des Behinderten frühzeitig Hilfe geben und Unter-stützungsmöglichkeiten organisieren zu können. Insofern hat der Integrationsfachdienst auch eine zentrale Aufgabe bezüglich der Nachhaltigkeit der geschaffenen Stellen.

2.2 Akteurinnen und Akteure aufseiten des Betriebs

Auf betrieblicher Seite übernehmen die Geschäftsleitung beziehungsweise eine von ihr autorisierte Ansprech-person und Mitarbeitende, die in das Job Carving involviert sind, eine zentrale Rolle.

2.2.1 Geschäftsleitung

Die Geschäftsleitung ist als Entscheidungsträger formal die wichtigste Person im Betrieb. Erfahrungsgemäß gibt es viele Personengruppen, die Job Carving als für „ihren“ Betrieb sinnvoll und förderlich einstufen wür-den (zum Beispiel Mitarbeitervertretung, Schwerbehindertenvertretung, BEM-Beauftragte/r et cetera), doch reichen deren Befugnisse in der Regel nicht aus, um zum Beispiel betriebliche Aufgabenverteilungen tatsäch-lich umzugestalten beziehungsweise über die Finanzierung einer neuen Stelle zu entscheiden. Aus diesem Grund ist es wichtig, die Geschäftsleitung beziehungsweise alle wichtigen Entscheiderinnen und Entscheider so früh wie möglich in den Job Carving-Prozess zu involvieren. Sie sollten in jedem Fall an einem der Gesprä-che in der Klärungsphase teilgenommen haben, den Prozess befürworten und ihn unterstützen („Job Carving ist Chefsache!“).

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2.2.2 Betriebliche Ansprechperson (bAp)

Die betriebliche Ansprechperson ist eine vom Betrieb ausgewählte und autorisierte Person, die den Job Car-ving-Prozess vonseiten des Betriebes unterstützt. Dies ist gerade in größeren Betrieben beziehungsweise im Fall schwer durchschaubarer Betriebsstrukturen hilfreich, um verbindliche Absprachen treffen zu können. Wichtig ist, dass die betriebliche Ansprechperson den Aufbau und die einzelnen Bereiche des Betriebes sowie deren strukturelle Verknüpfungen kennt und überblickt, um Job Carver mit hilfreichen Informationen für die Betriebsdiagnostik versorgen und die Auswahl von geeigneten Tätigkeiten vor dem Hintergrund der betrieb-lichen Abläufe und Besonderheiten erleichtern zu können. Die betriebliche Ansprechperson sollte eine im Betrieb allgemein akzeptierte und geschätzte Person sein, um Prozessschritte mit einzelnen Mitarbeitenden mitgestalten und fördern zu können.

2.2.3 Zukünftige Kolleginnen und Kollegen des Mitarbeitenden mit Behinderung

Eine wichtige Rolle spielen auch andere Mitarbeitende im Betrieb – sowohl als wichtige Unterstützerinnen und Unterstützer des Job Carvers als auch als zukünftige Kolleginnen/Kollegen beziehungsweise betriebliche Patinnen/Paten des neuen Mitarbeitenden mit Behinderung. Dem Job Carver eröffnen sie wichtige Einblicke in Abläufe und (verdeckte) Tätigkeiten und deren Anforderungen, bereiten damit indirekt im Austausch mit diesem den späteren Integrationsprozess des Menschen mit Behinderung mit vor. Gerade weil sie später mit dem neuen Mitarbeitenden zusammenarbeiten werden, müssen sie von vornherein mit „ins Boot“ geholt werden.

2.3 Multiplikatorinnen und Multiplikatoren

Als Multiplikatorinnen und Multiplikatoren werden diejenigen Personen bezeichnet, die die Idee für ein Job Carving in den Betrieb tragen. Darunter fallen natürlich insbesondere die Fachkräfte, die im Kontext unter-schiedlicher Beratungsschwerpunkte mit Betrieben im Kontakt sind wie Integrationsfachdienste, Jobcoaches, Fachstellen für behinderte Menschen im Beruf oder Integrationsberaterinnen und -berater der Kammern (IHK, HWK). Sie sollten umfassend über das neue Beratungsinstrument informiert werden und – falls sie die „Tür-öffner“ zum Betrieb waren – gegebenenfalls auch an dem ersten Gesprächstermin vor Ort teilnehmen. Diese Gruppe umfasst überdies auch all diejenigen Personen, die durch „Mundpropaganda“ und/oder Medienbe-richte die Idee des Job Carvings in die Betriebe tragen.

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3. Zentrale Methoden des Job Carvings

Ein Job Carving umfasst fünf zentrale Methoden.

3.1 Betriebsdiagnostik

Nach dem Auftaktgespräch im Betrieb steht für den Job Carver die Betriebsdiagnostik an. Denn die Anforde-rungen eines Arbeitsplatzes lassen sich nicht nur aus den Tätigkeiten selbst ableiten, sondern eine Reihe wei-terer Faktoren spielen eine Rolle, die sich aus den jeweiligen Arbeitszusammenhängen, Schnittstellen und inneren Haltungen der Beteiligten ergeben. Deshalb müssen zunächst das Unternehmen als Ganzes bezie-hungsweise die ausgewählten Bereiche in ihrer Struktur, ihren Abläufen und ihrer Entwicklungsdynamik in allen relevanten Merkmalen verstanden werden. Das ist deshalb wichtig, damit beispielsweise eine kritische wirtschaftliche Lage, abteilungsübergreifende Spannungen, ein unklarer Führungsstil und/oder anstehende Umstrukturierungen den Job Carving-Prozess nicht unerwartet stören beziehungsweise sich negativ auf die spätere Integration des Menschen mit Behinderung auswirken. Erst dann ist es sinnvoll, geeignete Tätigkeiten zu finden und deren Anforderungen zu analysieren.

3.2 Tätigkeitssammlung

Geübte Job Carver entdecken häufig bereits bei einem ersten Rundgang im Betrieb einfache Tätigkeiten, die sich für einen Menschen mit Behinderung eignen könnten. Aber auch auf den ersten Blick versteckte Tätig-keiten auf Anlernniveau gilt es aufzuspüren. Dafür ist der Job Carver nicht nur auf seine gute Beobachtungs-gabe, sondern auch auf die Unterstützung der Kolleginnen und Kollegen und seine guten Kenntnisse über den betrieblichen Aufbau und den strukturellen Zusammenhang einzelner Abteilungen und Aufgabenberei-che angewiesen.

Als Auftakt zum Aufspüren einfacher Tätigkeiten kann zum Beispiel (auch) ein von Fachkoordination und/oder Job Carver gestalteter und vom Arbeitgeber initiierter Workshop mit Mitarbeitenden durchgeführt werden, auf dem bereits erste konkrete Tätigkeiten gesammelt werden.

Für die Tätigkeitssammlung ist es überdies unerlässlich, dass der Job Carver am Arbeitsplatz mit Mitarbeiten-den spricht, die Arbeitsdurchführung beobachtet und sich in einzelne Arbeitsabläufe eingliedert und hier mitarbeitet. Gegebenenfalls müssen bestimmte Abfolgen von Tätigkeiten über einen längeren Zeitraum und zu unterschiedlichen Tageszeiten (zum Beispiel in Nachtschichten) beobachtet werden, bevor Arbeitsabläufe in ihre Einzelaufgaben zerlegt und kleinschrittig betrachtet werden können. Der Job Carver stellt alle von ihm als geeignet bewerteten Tätigkeiten in einer Liste zusammen, ohne bereits eine spezifische Vorauswahl zu treffen. Auch Tätigkeiten, die keinem bestimmten Arbeitsbereich zuzuordnen sind, werden aufgelistet.

3.3 Tätigkeitsauswahl und Tätigkeitsprofil

Nach Abschluss der Tätigkeitssammlung treffen Job Carver, Geschäftsleitung und/oder eine von ihr autori-sierte betriebliche Ansprechperson bei einem gemeinsamen Treffen eine Auswahl aus allen gesammelten Tätigkeiten. Eine gemeinsame Auswahl ist deshalb erforderlich, damit die Tätigkeiten, die dann ja in Stellenprofil(e) münden, auch den tatsächlichen betrieblichen Interessen entsprechen und auch wirklich als sinnvoll und entlastend wahrgenommen werden. Hinsichtlich der Tätigkeitsauswahl hat es sich bewährt, auf

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eine genaue Regelung der Schnittstellen im Betrieb zu achten. Die Auswahl kann von betrieblicher Seite auf Basis unterschiedlicher Kriterien erfolgen.

Die in dem Auswahlprozess gemeinsam herausgefilterten Einzeltätigkeiten fasst der Job Carver nach Arbeits-bereichen (wie zum Beispiel Außenanlagen, Café, Büro) getrennt in einem Tätigkeitsprofil (beziehungsweise in mehreren Tätigkeitsprofilen) zusammen. Hier beschreibt er die Einzeltätigkeiten und die bei ihrer Umset-zung zu berücksichtigenden Rahmenbedingungen wie Kundenkontakt, besondere Umgebungseinflüsse/Belastungen/Arbeitszeiten/Belastungszeiten und zu beachtende Sicherheits- und Hygienevorschriften1.

3.4 Anforderungsanalyse und Anforderungsprofil

Um die Suche nach einer geeigneten Bewerberin beziehungsweise einem geeigneten Bewerber systematisch gestalten zu können, erfolgt eine strukturierte Analyse der Anforderungen (Fähigkeiten, Kenntnisse), die die ausgewählten Tätigkeiten an die sie Durchführenden stellen. Dabei werden auch die Anforderungen, die aus den Rahmenbedingungen des Arbeitsbereiches resultieren, entsprechend berücksichtigt. Ein in Anlehnung an das MELBA-Verfahren (MELBA = Merkmalprofile zur Eingliederung Leistungsgewandelter und Behinderter in Arbeit) vorstrukturiertes Anforderungsprofil hilft ihm, seine Beobachtungen strukturiert festzuhalten. Mithilfe der arbeitswissenschaftlichen Vorgehensweise MELBA wird ermittelt, welche Arbeitnehmerinnen beziehungs-weise Arbeitnehmer auf welchen Arbeitsplätzen einsetzbar sind. Bei der anschließenden Suche nach einer geeigneten Kandidatin beziehungsweise einem geeigneten Kandidaten für die Stelle kann der zuständige Integrationsfachdienst die jeweiligen Anforderungen des Arbeitsplatzes den Fähigkeiten und Kenntnissen potenzieller Stelleninhaberinnen beziehungsweise -inhaber gegenüberstellen.

3.5 Abgestimmtes individuelles Tätigkeits­ und Aufgabenprofil

Das „individuelle Aufgabenprofil“ stellt letztlich die endgültige Tätigkeitsauswahl nach Erprobung der Tätig-keiten durch einen Menschen mit Behinderung auf einer gecarvten Stelle dar. Es ist das Ergebnis einer mehr-wöchigen Phase, in der der Job Carver die ausgewählten Tätigkeiten mit dem Menschen mit Behinderung praktisch erprobt und sie hinsichtlich Erlernbarkeit und Umsetzbarkeit überprüft hat. Es ist optimal abge-stimmt auf die Fähigkeiten und Ressourcen der betreffenden Person und die Bedarfe des Betriebs. Es beinhal-tet auch gegebenenfalls noch erforderliche Anpassungen der Rahmenbedingungen an die Person. Je nach Art der Behinderung kann der Einsatz zum Beispiel in eher eigenständigen abgrenzbaren Tätigkeitsbereichen erfolgen oder auch im Team, wo sie/er andere unterstützt oder einer festen Person zugeteilt ist.

Bei diesem letzten Prozessschritt kommen dem Job Carver seine Erfahrungen als Jobcoach zugute (Gestaltung von Lernprozessen im betrieblichen Kontext, Kenntnisse bezüglich des Erkennens und Nutzens von Ressour-cen von Menschen mit Behinderung). Sie befähigen ihn, eine individuelle Auswahl und Anpassung aus den gesammelten Tätigkeiten zu treffen und ein Aufgabenprofil zu schaffen, das den Mitarbeitenden mit Behin-derung angemessen fordert, ihn aber nicht überfordert. Da es sich um einen kurzen und effektiven Prozess-schritt mit einem Stundenumfang von etwa 10 bis 15 Stunden handelt, ist es wahrscheinlich, dass sich gege-benenfalls noch einzelne Änderungen im weiteren Einarbeitungsprozess im Betrieb ergeben, die der Integrationsfachdienst dann begleitet. Wird in der Anpassungsphase deutlich, dass der Lernprozess behinde-rungsbedingt einen verlängerten zeitlichen Rahmen oder besondere methodische Ansätze oder Hilfsmittel erfordert, wird frühzeitig die Option eines Jobcoachings als weitere unterstützende Maßnahme besprochen.

1 Anlage 9: Zwischenbericht Job Carving

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4. Risikoanalyse

In der Phase der konkreten Umsetzung des Job Carvings können sich aus unterschiedlichsten Gründen und trotz vorab klar getroffener Vereinbarungen Probleme ergeben oder Widerstände deutlich werden – sowohl vonseiten der Geschäftsleitung als auch von Mitarbeitenden.

Häufig verbergen sich dahinter nicht oder nicht frühzeitig ausgesprochene Ängste oder Bedenken, die dann unter Umständen den gesamten Prozess gefährden können. Derartige Probleme sollten in jedem Fall ernst genommen werden, damit sie die Zielerreichung oder die Zusammen-/Arbeit nicht gefährden. Denn: Werden Widerstände nicht ernst genommen, besteht die Gefahr, dass die/der neue Mitarbeitende mit Behinderung diese nachfolgend zu spüren bekommt und seine Integration am Arbeitsplatz daran scheitert. Insofern ist es wichtig, dass sowohl Job Carver als auch Mitarbeitende des Integrationsfachdienstes während des gesamten Prozesses aufmerksam sind, Widerstände wahrnehmen und diese offensiv ansprechen, um Hintergründe zu klären. Eine gute wechsel-seitige Information und eine enge Absprachen insbesondere zwischen Integrationsamt, Job Carver und Integra-tionsfachdienst sind hilfreich, um gemeinsam an Lösungswegen zu arbeiten und – wenn erforderlich – notwen-dige und für alle tragbare Entscheidungen für den weiteren Prozess treffen zu können. Über allen Widerständen sollte das positive Ziel der Entlastung stehen, auch wenn der Weg für einen begrenzten Zeitraum häufig zunächst mehr Belastung darstellt.

5. Berichtswesen und Arbeitshilfen

Angesichts der Vielfalt an Beteiligten im Job Carving-Prozess und der bestehenden Schnittstellen zwischen ihnen besteht Bedarf an einem strukturierten Austausch. Nur so können Prozessschritte reibungslos ineinan-dergreifen und die (externen) Fachkräfte wirkungsvoll miteinander arbeiten. Der erforderliche Informations-fluss wird mit eigens entwickelten Arbeitshilfen beziehungsweise strukturierenden Vorlagen unterstützt. Die hier im Überblick aufgeführten Unterlagen befinden sich in der Anlage.

Einsatz durch… Phase/Formulare Anlage

1. KLÄRUNG

Fachkoordination 1. Telefonnotiz Job Carving 1

2. Interviewleitfaden für Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber 2

3. Betriebsprofil Job Carving 3

4. Einverständniserklärung zum Job Carving a) zur Neueinstellung eines Menschen mit Behinderung b) zur Sicherung eines bestehenden Arbeitsverhältnisses

4a/b

5. Falldatenblatt 5

2. ENTSCHEIDUNG UND BEAUFTRAGUNG

Fachkoordination 1. Fachdienstliche Beurteilung (FdB) 6

Fachkoordination/Fallmanagement/ Job Carver

2. Entbindung von der Schweigepflicht (Mensch mit Behinderung) 7

3. DURCHFÜHRUNG: PHASE 1 „ANALYSE“

Job Carver 1. Betriebsdiagnostik 8

2. Zwischenbericht Job Carving 9

3. Nachweis Job Carving Einheiten 10

4. DURCHFÜHRUNG: PHASE 2 „MATCHING“

Job Carver 1. Abschlussbericht Job Carving 11

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Teil B: Anregungen aus der Praxis für die Praxis

In kleinen, mittleren und großen Unternehmen haben neun Job Carver aus dem Pool von erfahrenen Job-coaches des LWL-Integrationsamts Job Carvings durchgeführt.

Teil B des Praxishandbuchs gibt – in Ergänzung zu den fachlichen Handlungsleitlinien des LWL-Integrations-amts Westfalen in Teil A – ausschließlich praktische Empfehlungen für die Durchführung eines Job Carvings („aus der Praxis für die Praxis“). In die Empfehlungen sind alle Ergebnisse der Entwicklungsworkshops und der Gespräche mit Koordinierungsteam, erfahrenen Job Carvern und betrieblichen Ansprechpersonen einge-flossen.

Die praktischen Hilfestellungen konzentrieren sich auf die Aspekte, die aus Sicht erfahrener Job Carver in der Praxis besonders bedeutsam sind:• Vorbereitung eines Job Carvings (1. Einstellen auf die „Rolle“ als Job Carver; 2. Einstellen auf den ersten

Betriebsbesuch; 3. Endgültige Auftragsklärung)• Aufbau von Vertrauen (1. Transparenz für alle schaffen; 2. Überzeugungsarbeit leisten)• Umsetzung des Job Carvings (1. Gespräche mit Beschäftigten führen; 2. Abläufe und Tätigkeiten

beobachten; 3. Mitarbeiten; 4. Tätigkeiten sammeln und analysieren; 5. Mit dem Betrieb eine Auswahl von Tätigkeiten treffen; 6. Ergebnisse sichern; 7. Erprobung und Anpassung begleiten)

1. Vorbereitung auf ein Job Carving

Wie sich Job Carver auf ein Job Carving vorbereiten können, wird im Folgenden ausgeführt.

1.1 Einstellen auf die „Rolle“ als Job Carver

Gerade wenn Job Carver bereits Erfahrungen als Jobcoaches haben (und damit über entsprechend routinierte Haltungen und Handlungsweisen verfügen), ist es wichtig, dass sie ihr Selbstverständnis im Job Carving Prozess klären, bevor sie in den Betrieb gehen. Insbesondere dann, wenn sie in dem Betrieb bereits ein Job-coaching durchgeführt haben. Was ist das Besondere an einem Job Carving, das es vom Jobcoaching unter-scheidet? Worin unterscheiden sich die Tätigkeiten eines Job Carvers von denen eines Jobcoachs?

Anders als beim Jobcoaching• steht beim Job Carving nicht der Mensch mit Behinderung im Mittelpunkt, sondern der Betrieb mit

seinen Arbeitsabläufen und Tätigkeiten.• geht es nicht um die Anpassung eines Menschen mit Behinderung an eine bereits bestehende Stelle,

sondern um die innerbetriebliche Suche nach Einzeltätigkeiten, die in einem neuen Stellenprofil gebündelt werden, das auf einen Menschen mit Behinderung zugeschnitten ist (gegebenenfalls auch in mehreren Stellenprofilen).

Job Carver• erarbeiten die Grundlagen für die Schaffung der neuen Stelle(n), die eine behinderungsbedingt

leistungsgeminderte Person aus Förderschule, Werkstatt für behinderte Menschen oder psychiatrischer Versorgung ausfüllen kann.

• beschränken sich dabei sachbezogen und pragmatisch auf das Identifizieren geeigneter Tätigkeiten für das neue Stellenprofil beziehungsweise die neuen Stellenprofile. „Geeignet“ heißt in diesem Zusammenhang: Die Tätigkeiten müssen anlernbar sein (zum Beispiel mittels Anleitung, Ausprobieren,

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wiederholtem Üben) und sollten von denen, die sie aktuell ausführen, auch gern abgegeben werden (weil sie unbeliebt sind oder das Ausüben der eigentlichen Kerntätigkeiten unnötig belasten).

• nehmen im Fall der Sicherung eines Arbeitsplatzes für eine behinderungsbedingt leistungsgeminderte Fachkraft auch bestimmte Facharbeitsbereiche in den Blick.

• nutzen beim Job Carving ein spezifisches „Handwerkszeug“, nämlich Fragen, Nachfragen, Beobachten, Mitmachen, Horchen, Riechen, Dinge und Abläufe auf sich wirken lassen.

• setzen ihre Aufgaben in enger Absprache mit den Fachkräften im Betrieb um, die gemeinsam mit ihnen überlegen, der Wegfall welcher Tätigkeiten zu ihrer Entlastung führen könnte und für einen Menschen mit einer Behinderung leicht anlernbar sein dürften. Das heißt: Job Carver tragen nicht zum Abbau von Stellen bei, sondern entlasten Fachkräfte zugunsten der Schaffung einer zusätzlichen (Nischen-)Stelle für einen Menschen mit Behinderung.

Alles Weitere liegt in der Hand des Betriebs: die endgültige Entscheidung über die Auswahl von Tätigkeiten für ein neues Stellenprofil (oder für mehrere Profile) entsprechend den betrieblichen Bedarfen und Besonder-heiten ebenso wie die Entscheidung über die Besetzung der neuen Stelle. Job Carver können hier Empfeh-lungen abgeben, wobei sie von ihrer Fachlichkeit und ihrem Erfahrungswissen aus dem Jobcoaching profitie-ren. Doch die Stellenbesetzung gehört nicht zu ihren originären Aufgaben, ist eher ein „Nebenprodukt“ des Job Carvings.

1.2 Einstellen auf den ersten Betriebsbesuch

Eine gute Vorbereitung und Einstimmung gerade auf den ersten Betriebsbesuch geben dem Job Carver Hand-lungssicherheit und Gelassenheit im Handeln. Für die Einstimmung empfehlen erfahrene Job Carver Folgen-des:

Sich die eigenen Ziele vorab noch einmal bewusst machen!Das Ziel ist der „Kompass“1, der dabei hilft, den roten Faden im Handeln nicht aus den Augen zu verlieren. Deshalb ist es angeraten, sich die eigenen sachlichen Anliegen und Ziele vor Beginn des Job Carvings noch einmal klar bewusst zu machen: Job Carver wollen neue Stellenprofile schaffen, die Menschen mit Behinde-rung besetzen und Beschäftigte wirkungsvoll entlasten. Sie sind dabei unbedingt auf Kenntnisse, Erfahrungen und Mitwirkung von Beschäftigten auf unterschiedlichen betrieblichen Hierarchieebenen angewiesen. Diese gilt es entsprechend einfühlsam für ein aktives Mitwirken an dem Vorhaben zu gewinnen.

Sich die eigenen Gefühle in Anbetracht des anstehenden Job Carvings klar machen!Gefühle prägen das Verhalten. Gerade untergründige Gefühle, zum Beispiel von Unsicherheit oder Aversio-nen (zum Beispiel gegenüber bestimmten Situationen oder Gesprächspartnerinnen und Gesprächspartnern) können das Verhalten negativ beeinträchtigen – und damit die Fähigkeit, Gespräche aktiv und bewusst zu gestalten. Macht man sich derartige Gefühle frühzeitig bewusst, ist man ihnen erfahrungsgemäß weniger stark ausgeliefert, kann man auch bewusster entscheiden, wie man sich verhalten will.2 Job Carver können (so bestätigt die Erfahrung) beruhigt auf ihre Fachlichkeit und ihre Erfahrungen vertrauen. Je klarer und siche-rer sie in ihrem Handeln sind und je sicherer sie sich in ihrer Außenwirkung fühlen, desto mehr Vertrauen wird ihnen im Betrieb entgegengebracht und desto mehr Freiheit im Handeln wird man ihnen zugestehen.

1 siehe dazu auch Anja Kanitz, Christine Scharlau „Gesprächstechniken – Best of Edition“, Verlag Haufe-Lexware 2011, Seite 20 f.2 siehe ebenda „Gesprächstechniken“, Seite 12 f.

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Sich inhaltlich sorgfältig auf das Job Carving vorbereiten!Eine sorgfältige inhaltliche Vorbereitung ist wichtig, damit Job Carver handlungsfähig sind und als betriebliche Fachexpertinnen und -experten glaubwürdig wirken. Zur Verfügung stehen ihnen das „Betriebsprofil“ und die „Fachdienstliche Beurteilung“ der Fachkoordination.

Zusätzliche Informationen können sie bei Bedarf zum Beispiel auch beim Integrationsfachdienst oder der Fachkoordination persönlich einholen. Vielleicht können sie auch auf eigene Erfahrungen in/mit der Branche beziehungsweise in vergleichbaren Unternehmen, Abteilungen oder Arbeitsfeldern zurückgreifen.

Stichworte: „Inhaltliche Vorbereitung“

• Persönliches Ziel des Job Carvers• Ziele des Unternehmens• Name/Funktion aller Gesprächspartnerinnen und Gesprächspartner• Für das Job Carving ausgewählte Abteilungen/Bereiche• Eigenes Erfahrungs-/Wissen bezüglich Branche, Betrieb, Tätigkeiten, Besonderheiten• Liste mit noch offenen Fragen• Berichte, Gutachten, Fähigkeitsprofile des Menschen mit Behinderung (im Fall der Sicherung eines

Arbeitsplatzes)

Sich ein mögliches Bild von Gesprächspartnerinnen und Gesprächspartnern und deren Erwartungen machen!Job Carver sollten darauf eingestellt sein, dass ihre Gesprächspartnerinnen und Gesprächspartner sehr unter-schiedlich sein und sich auch unterschiedlich verhalten werden. Möglich ist, dass sie dem Anliegen (Job Carving) oder dem Job Carver offen, gegebenenfalls aber auch skeptisch bis ablehnend gegenüberstehen. Vielleicht wurden sie vor seinem ersten Betriebsbesuch (entgegen anderer Vereinbarungen) noch gar nicht über das Vorhaben informiert. Oder sie haben Angst vor Kontrolle am Arbeitsplatz oder Verlust ihres Arbeits-platzes – und blockieren den Prozess deshalb mal mehr oder mal weniger. Um sich hier nicht unnötig verun-sichern oder irritieren zu lassen und auch auf ungewöhnliche Situationen oder Reaktionen vorbereitet zu sein, empfiehlt es sich, vorab noch einmal zu überlegen: Mit wem werde ich es zu tun haben? Welche Motive und Interessen haben meine Gesprächspartnerinnen und Gesprächspartner? Wie stehen sie gegebenenfalls zu mir? Wie zum Job Carving? Welche Auswirkungen könnten diese Haltungen auf das Job Carving haben? (Anregungen zum Umgang mit Bedenkenträgern enthalten die Kapitel „Aufbau von Vertrauen“ und „Über-zeugungsarbeit leisten“.)

Vom Nutzen eines Job Carvings überzeugt sein und ihn auch benennen können!Um überzeugend argumentieren zu können, sollten Job Carver auch persönlich vom Nutzen eines Job Car-vings für Betrieb beziehungsweise Beschäftigte überzeugt sein – und ihn auch klar benennen können.

Hinweise auf den erwarteten Nutzen seitens des Unternehmens erhalten sie über die Fachkoordination („Betriebsprofil“, „Fachdienstliche Beurteilung“). Haben Job Carver bereits Erfahrungen in vergleichbaren Unternehmen, Abteilungen und/oder Arbeitsbereichen, können sie sich selbst fragen: Was hätte dem Unter-nehmen beziehungsweise mir als Beschäftigtem eventuell genutzt? Welche Aufgaben hätte ich selbst wohl gern abgegeben?

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Stichworte „Erwartbarer Nutzen“

• Entlastung von Mitarbeitenden• Effizienteres Arbeiten• Kostengünstigere Trennung in qualifizierte Arbeit und Anlerntätigkeit• Inklusives Leitbild „mit Leben füllen“• Sozialeres Betriebsklima• Deckung des Fachkräftemangels im Betrieb• Bindung eines erfahrenen Mitarbeitenden durch Sicherung seines bestehenden Arbeitsplatzes

und so weiter

Vor dem ersten Termin Umgebung und Betriebsgelände erkunden!Um Fragen gezielter stellen und betriebliche Sachverhalte später besser einordnen zu können, empfiehlt es sich, dass Job Carver sich – zu Fuß oder per PKW – vor dem Job Carving ein genaueres Bild vom Betrieb machen: Wo liegt er? Wie groß ist er? Ist er gut erreichbar? Gut überschaubar? Kann man sich gut orientie-ren?

Zum Betriebsbesuch alle wichtigen Unterlagen und Materialien mitnehmen!Job Carver sollten alle wichtigen Unterlagen zum Job Carving und alle wichtigen Materialien, die sie zur Doku-mentation ihrer Ergebnisse benötigen, im Betrieb zur Hand haben. Ob sie diese dann tatsächlich benötigen, wird sich zeigen.

Sichtworte „Materialien/Unterlagen“

• Auftrag vom Integrationsamt• Betriebsprofil• Fachdienstliche Beurteilung• Klemmbrett/Papier/Stifte für schriftliche Notizen• gegebenenfalls auch Diktiergerät für mündliche Aufzeichnungen• gegebenenfalls auch Fotoapparat/Handy für Aufnahmen an einzelnen Arbeitsplätzen

1.3 Endgültige Auftragsklärung

Kommt ein Job Carver erstmals in ein Unternehmen, ist er dort zumindest namentlich durch die Fachkoordi-nation bekannt – es sei denn, er selbst hat den Betrieb für ein Job Carving gewonnen und/oder dort bereits ein Jobcoaching durchgeführt. Auf Wunsch des Betriebes oder des Job Carvers nimmt die Fachkoordination am Gespräch teil (das Vorgehen wird im Einzelfall geklärt).

Zum Zeitpunkt seines Eintreffens im Betrieb sind in der Regel alle wesentlichen Fragen geklärt und die Geschäftsführung hat dem Vorhaben mit Unterschreiben der Einverständniserklärung zugestimmt. Dennoch gibt es gegebenenfalls noch offene Themen oder einzelne organisatorische Fragen, die abschließend geklärt, abgesichert beziehungsweise abgestimmt werden müssen.

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Was ein Job Carver bei Start eines Job Carvings alles wissen sollte, zeigt die folgende „Checkliste“:

Checkliste„Was Job Carver wissen müssen, bevor sie ein Job Carving starten!“

Ziele des Job Carvings

1 Neueinstellung? Sicherung eines Arbeitsverhältnisses?

2 Soll eine Stelle oder sollen auch mehrere Stellen gecarvt werden? Teilzeit beziehungsweise Vollzeit?

Involvierte betriebliche Bereiche/Abteilungen

3 Welche Bereiche sind in das Job Carving involviert?

4 Welche sollen – aus welchen Gründen – nicht eingebunden werden?

Ansprechpersonen

5 Wer ist die zentrale Ansprechperson im Betrieb?

6 Welche Personen in welcher Abteilung sollen gegebenenfalls noch eingebunden werden? (Position, Funktion, Name)

Information

7 Sind die Bereiche beziehungsweise wichtige Personen in den Bereichen bereits informiert? Welche? Wie?

8 Falls noch nicht: In welcher Form soll die Information erfolgen? (Einzelgespräche, Teamsitzung, Workshop) Und durch wen? (Geschäftsleitung, autorisierte Ansprechperson, Job Carver)

Zeitrahmen und Abstimmung von Terminen

9 Wie wünscht sich der Betrieb die Abklärung der Termine?

10 Wer soll über die Termine informiert sein?

11 Wann sind welche Termine im Betrieb möglich beziehungsweise sinnvoll?

Besondere Bestimmungen

12 Welche besonderen Bestimmungen sind zu beachten? (Sicherheit, Verschwiegenheit, Geheimhaltung et cetera)

Besondere Einschränkungen

13 Was soll der Job Carver nicht/auf gar keinen Fall machen? (zum Beispiel Besuch bestimmter Abteilungen)

2. Aufbau von Vertrauen

Erfolgsentscheidend für ein Job Carving ist eine vertrauensvolle Zusammenarbeit, bei der alle relevanten Füh-rungskräfte, betrieblichen Funktionsträger und Mitarbeitenden aus den ausgewählten Bereichen mit „im Boot“ sind. Das erfordert ein behutsames, prozessorientiertes Vorgehen, das auch Denken und Fühlen bezie-hungsweise Bedenken und Interessen der Beteiligten durchgehend im Blick hat. Im Folgenden wird ausge-führt, welches Vorgehen sich bewährt hat, um das für ein Job Carving notwendige Vertrauen im Betrieb auf-zubauen.

2.1 Transparenz für alle schaffen

Alle relevanten Mitarbeitenden auf unterschiedlichen Hierarchieebenen müssen frühzeitig über Idee, geplan-tes Vorgehen und Ziele informiert werden: im Rahmen von Einzelgesprächen oder – im Fall bereichsübergrei-fender Job Carvings beziehungsweise in größeren Unternehmen – auf Teamtreffen und/oder (Leitungs-)Work-shops. Hier spielt die Betriebsleitung eine zentrale Rolle: Nur wenn sie eindeutig hinter dem Anliegen steht, das auch entsprechend signalisiert („Job Carving ist Chefsache!“) und alle notwendigen Informationen an die Beschäftigten kommuniziert, bekommen diese das für den Prozess erforderliche Gefühl von Sicherheit und Vertrauen, das sie zur Mitwirkung motiviert. Beschäftigten muss klar sein: Ihnen wird nichts weggenommen,

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Praxishandbuch Job Carving 59

sie haben keinen Verlust ihrer Stelle zu befürchten, sie werden am Arbeitsplatz nicht kontrolliert, ob sie genug oder gut genug arbeiten.

Das heißt:• Leitungskräfte sollten konkret durch die Fachkoordination aufgefordert werden, den involvierten

Beschäftigten das Vorhaben persönlich vorzustellen und sie als „Expertinnen und Experten“ für ihr Aufgabengebiet zur aktiven Mitarbeit zu gewinnen. Auch sollten sie den Job Carver offiziell vorstellen und als „Expertin/Experten“ für das gesamte Vorhaben gegenüber den Mitarbeitenden autorisieren.

• Die Job Carver stellen sich, ihre Rolle und ihre Aufgaben im Prozess unmissverständlich und persönlich vor, appellieren für die aktive Mitwirkung der Beschäftigten (siehe dazu auch oben: „Einstellen auf die Rolle als Job Carver“).

• Um Zweifeln an ihrer Kompetenz von vorherein vorzubeugen, hat es sich bewährt, wenn Job Carver bereits bei ihrer ersten Vorstellung die eigenen Kompetenzen bewusst in die Waagschale werfen (beruflicher Werdegang, spezifische Qualifikationen, Vorkenntnisse beziehungsweise Vorerfahrungen). Indem sie als Person und Persönlichkeit frühzeitig erkennbar werden und deutlich machen, wo und wozu sie stehen, fördern sie erfahrungsgemäß die sachliche und inhaltliche Auseinandersetzung der Beschäftigten und gewinnen sie zur Unterstützung.

• Offene Fragen von Beschäftigten werden – von Job Carvern und/oder Leitungskräften – beantwortet. Vorbehalte, Bedenken und Ängste werden offen thematisiert. (Anregungen für das „Wie“ finden sich im Kapitel „Überzeugungsarbeit leisten“.)

Durchführung von Workshops

Gerade in größeren Betrieben, in denen mehrere Abteilungen in ein Job Carving eingebunden werden sollen, bieten sich zur Einführung und Schaffung von Transparenz Workshops an, die vom Unterneh-men organisiert und vorbereitet und von der Fachkoordination und vom Job Carver moderiert werden. Sie können sich in Zielsetzung (a-Information beziehungsweise b-Information und aktive gemeinsame Sammlung von Tätigkeiten) und Dauer unterscheiden. Wichtig ist in beiden Fällen die Anwesenheit leitender beziehungsweise zentraler Mitarbeiterinnen/Mitarbeiter zumindest bei der Eröffnung des Workshops und deren klare Positionierung: „Job Carving ist Chefsache!“.

VorbereitungFolgende Fragen werden hier geklärt:• Wer soll am Workshop teilnehmen? (Namen der Personen, Funktionen im Betrieb)• Sind die Mitarbeitenden für diese Zeit freigestellt/ist die Vertretung geregelt?• Welche Vorinformationen liegen ihnen bereits vor?• Ist die Anwesenheit der jeweiligen Vorgesetzten in den Bereichen eher hilfreich oder hinderlich?• Sind Widerstände/Bedenken von Mitarbeitenden zu erwarten? Falls ja: Welche? Wie stehen

Vorgesetzte zu diesen Widerständen? Gibt es Ideen der Auflösung?• Wie soll der Workshop genau gestaltet werden (Dauer, Ablauf, Inhalte, Methoden)?• Ist eine Teilung der Gruppe beziehungsweise Gruppenarbeit nach betrieblicher Struktur sinnvoll?

(Bereiche/Anzahl MA)

1: Informationsworkshop (Dauer ca. 30 bis 60 Minuten)Ziele:• Teilnehmende sind über das Vorhaben informiert und zur Mitwirkung bereit.• Ängste, Vorbehalte und Bedenken sind thematisiert/gegebenenfalls abgebaut.

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60 Praxishandbuch Job Carving

Ablauf:1. Einstieg durch eine Leitungskraft (Vorstellen des Anliegens; Aufforderung zur aktiven Mitarbeit

als „Expertinnen und Experten“ für ihr Aufgabengebiet; Vorstellen/Autorisieren des Job Carvers als „Expertinnen und Experten“ für das Vorhaben).

2. Job Carver und/oder Fachkoordination stellen sich, ihre Aufgaben und die Ziele des Workshops vor.

3. Regeln zum Umgang miteinander werden benannt (zum Beispiel keine Infos über einzelne Personen).

4. Offene Fragen werden beantwortet, mögliche Bedenken besprochen.

2: Entwicklungsworkshop (Dauer 60 bis 90 Minuten; gegebenenfalls als Anschlussworkshop)Ziele: Teilnehmende• sind über das Vorhaben informiert und zur Mitwirkung bereit.• setzen sich mit Ängsten, Vorbehalten und Bedenken auseinander.• sammeln Tätigkeiten im Betrieb, die anlernbar sind und sich für einen behinderten Menschen

eignen könnten.• bringen die Einstellung einer möglichen Hilfskraft mit ihrer persönlichen Arbeit in Verbindung.• erfahren, dass ihre Kenntnisse gefragt sind, ihre Bedenken ernst genommen werden.

Ablauf1. Einstieg durch eine Leitungskraft (siehe oben)

2. Job Carver beziehungsweise Fachkoordination stellen sich, ihre Aufgaben und die Ziele des Workshops vor.

3. Ideen werden angeregt, indem zum Beispiel branchentypische Beispiele für Tätigkeiten vorgestellt werden.

4. Geeignete Tätigkeiten werden (gegebenenfalls in Kleingruppen) gesammelt, auf Moderations-karten festgehalten, an einer Pinnwand nach Arbeitsbereichen geclustert.

5. Raum wird zum Beispiel auch geboten für „10 Minuten Visionen/scheinbar Verrücktes“, um das Denken anzuspornen:

Welche – auch ganz neuen – Tätigkeiten oder Aufgaben könnten einen Mehrwert für das Unternehmen bringen, zum Beispiel hinsichtlich Kundenbindung (Getränkeangebot im Wartebereich, Lieferung von Waren nach Hause und so weiter) oder hinsichtlich Mitarbeiter-zufriedenheit (Getränkeservice im Sommer und so weiter)?

Teilnehmende können auch aufgefordert werden, eine (gemeinsame) „Wunschliste“ zu erstellen: „Was wünsche ich mir für meine Arbeit?“ – „Was wünschen wir uns für unsere Arbeit?“ (zum Beispiel nie mehr eigene Ausgaben selber buchen müssen/die Spülmaschine ausräumen und so weiter)

6. Offene Fragen werden beantwortet, mögliche Bedenken besprochen (Anregungen dazu: siehe unten).

(Nachbereitung: Auswertung aller Ergebnisse, eventuell erste Tätigkeitsanalyse in ausgesuchten Bereichen)

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2.2 Überzeugungsarbeit leisten

Wollen Job Carver andere von ihrem Ziel und ihrem Vorgehen überzeugen, sollten sie sich unter anderem klar darüber sein, dass Beschäftigte im Betrieb erfahrungsgemäß nicht automatisch überzeugt sind, zum Beispiel von ihren Argumenten oder ihrer Fachlichkeit.

Im Sinne der Sache ist es daher günstiger, Bedenken zu kennen und sie frühzeitig und gegebenenfalls auch offensiv anzusprechen und für Klärung zu sorgen, um sich dann intensiv der Bearbeitung der eigentlichen Sachfragen zuwenden zu können. Das heißt: Job Carver müssen beim Job Carving immer auch das Denken und Fühlen sowie die Motivation und die Interessen ihres Gegenübers treffen, um überzeugend sein zu kön-nen. Nicht frühzeitig thematisiert, können Irritationen, Störungen, Unsicherheiten und Ängste die Umsetzung des Job Carvings stören und auch die spätere Integration des Mitarbeitenden mit Behinderung im Betrieb erschweren.

2.2.1 Allgemeine Regeln zum Umgang mit Bedenken

Mit Bedenken gilt es kompetent umzugehen. Dafür gibt es einige allgemeine Regeln1:Dem Gegenüber nicht direkt widersprechen!

Job Carver sollten nicht „direkt“ widersprechen, konfrontative Redewendungen möglichst vermeiden, kei-nesfalls verletzend oder herabwürdigend sein, Diskussionen über „richtig“ oder „falsch“ tunlichst vermeiden. Denn so provozieren sie eher Widerstand statt Annäherung. Bedenken sollten sie gelassen anhören, gegebe-nenfalls nachfragen und paraphrasieren, um ihr eigenes Verständnis abzusichern. Argumente sollten sie erst zu entkräften versuchen, wenn sie eine stabilere Beziehung zu ihrem Gegenüber aufgebaut haben.

Anstatt „Das stimmt so aber nicht.“ oder: „Da muss ich Ihnen widersprechen.“ sagen sie eher: „Ich hatte das so und so verstanden …“ oder: „Ich verstehe Ihre Argumente. Ich selbst habe auch lange in dem Bereich gearbeitet und habe dort folgende Erfahrung gemacht: …“.

Zielorientiert agieren!Job Carver sollten sich möglichst nicht auf Diskussionen über Themen einlassen, die nicht in ihrem Verant-wortungsbereich liegen. Strittige Fragen sollten nur dann aufgeklärt werden, sofern sie dem eigentlichen Ziel dienen.

So sollten sie zum Beispiel frühzeitig und eindeutig darauf hinweisen, dass sie Fragen bezüglich der späteren Stellenbesetzung nicht beantworten können, da dies Aufgabe des Integrationsfachdienstes in Zusammenarbeit mit dem Betrieb ist. Auch die Entscheidung über die endgültige Auswahl der Tätig-keiten liegt nicht in der Hand des Job Carvers, sondern wird auf Basis seiner endgültigen Recherchen von der Geschäftsleitung entschieden.

1 siehe ebenda „Gesprächstechniken“, Seite 61 und folgende Seiten

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2.2.2 Umgang mit Bedenken gegenüber der Fachlichkeit des Job Carvers

Job Carver sind in aller Regel im Betrieb nicht bekannt. Deshalb kann es ihnen passieren, dass Bedenken bezüglich ihrer fachlichen Kompetenz bestehen („Kann die/der das überhaupt?“ – „Woher will sie/er das überhaupt wissen?“).

Hier hat sich Folgendes bewährt, um sich als ernst zu nehmender und kompetenter Gesprächspartner einzu-führen und zu qualifizieren:

• Job Carver klären ihre Rolle im Prozess eindeutig und unmissverständlich im Kontakt mit skeptischen Mitarbeitenden („Ich bin da, um mit Ihnen gemeinsam zu schauen, welche Aufgaben Sie schon immer gerne abgeben wollten. Sie sind hier die Expertinnen und Experten“).

• Job Carver „outen“ sich frühzeitig als fachlich kompetente Expertinnen und Experten. Das heißt: Sie berichten auch von sich als Person, ihren beruflichen Qualifikationen und Erfahrungen (sie „menscheln“ – wie ein Job Carver es nannte). Dabei können sie auch auf Erfahrungen aus dem Jobcoaching und/oder auf Carving-Anteile im Jobcoaching zurückgreifen. Auch wenn Job Carver bei einem ersten Treffen gege-benenfalls noch auf Skepsis stoßen: Spätestens bei einem erneuten Treffen zum Beispiel am Arbeitsplatz sind Mitarbeitende erfahrungsgemäß überzeugt, dass Job Carver die erforderliche Fachlichkeit mitbrin-gen.

• Job Carver passen sich in ihrer äußeren Erscheinung an die Gepflogenheiten im Betrieb an. Denn: Die äußere Erscheinung ist das Erste, was von ihnen wahrgenommen wird („Kleider machen Leute!“). Kleidung kann Kommunikationsbarrieren auf- und abbauen. Gehen Job Carver mit Anzug, Hemd und Krawatte oder im Kostüm mit hochhackigen Schuhen in die Produktionsabteilung eines Betriebs, müssen sie damit rechnen, zunächst mit Widerstand und Vorurteilen zu tun zu haben, bevor sich die Beschäftig-ten auf ihre Person und die Inhalte einlassen und sie eine sachorientierte Beziehung aufbauen können.

• Job Carver passen sich auch in der Sprache möglichst an ihre Gesprächspartnerinnen und -partner an, indem sie zum Beispiel deren Sprachniveau treffen, Fachvokabular nur da anwenden, wo sie wirklich sicher sein können, dass es bekannt ist und auch verstanden wird.

• Job Carver machen keine Versprechungen, die sie später nicht einhalten können (zum Beispiel Auswahl von Tätigkeiten, Besetzung der Stelle).

2.2.3 Umgang mit der Angst vor Kontrolle und Weitergabe von Informationen

Auch kann es passieren, dass sich einzelne Beschäftigte schwer damit tun, die eigene Arbeit wirklich offen zu legen: zum Beispiel aus Angst vor Kontrolle und/oder Profil- beziehungsweise Gesichtsverlust bei Vorgesetz-ten und Kolleginnen/Kollegen („Du kommst wohl nicht mehr alleine klar!“ – „Deine Arbeit ist so einfach, die kann auch ein Behinderter machen!“). Oder aus Angst, einfache, aber geliebte Tätigkeiten abgeben zu müs-sen. Verdeckte Anzeichen dafür können zum Beispiel eine auffallende Zurückhaltung im Gespräch, die kon-sequente Ablehnung von Ideen des Job Carvers oder das Beharren auf eigenen Sichtweisen oder Nichteinhal-ten von vereinbarten Terminen sein.

Bewährt hat sich hier folgendes Vorgehen:• Job Carver verweisen – gegebenenfalls wiederholt – darauf, dass es in jedem Job immer auch einfache

Anteile gibt, die von der eigentlichen Kerntätigkeit unnötig ablenken; ältere Mitarbeitende können an ihre eigene Lehrzeit und dort anfallende einfache Tätigkeiten erinnert werden, die sie zu erledigen hatten.

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• Job Carver klären über ihre berufliche Schweigepflicht im Umgang mit vertraulichen Informationen auf und sichern Mitarbeitenden ihre Diskretion zu (zum Beispiel keine Weitergabe von Informationen über einzelne Personen/von vertraulichen Informationen).

• Job Carver demonstrieren während der Sammlung von Tätigkeiten auch durch ihr Verhalten Diskretion – und damit Wertschätzung gegenüber dem Informanten –, indem sie sich zum Beispiel bei ihren Gesprächspartnerinnen und -partnern rückversichern, ob beziehungsweise welche Informationen vertraulich bleiben beziehungsweise nicht weitergeleitet werden sollen.

Diskretion im Verhalten demonstrieren:

• Was darf ich weitersagen und was nicht?• Wie darf ich es weitersagen?• Diese Information ist wichtig für mich – wie könnte ich sie nutzen beziehungsweise weitergeben,

ohne Sie damit „reinzuziehen“?

2.2.4 Umgang mit Bedenken gegenüber der Einstellung einer Person mit Behinderung

Die wenigsten Menschen haben in ihrem Alltag regelmäßigen Kontakt mit Menschen mit Behinderungen (Ausnahme: Behinderte in Familie, Freundes- und Bekanntenkreis). Unterschiedliche Formen der Behinderung nehmen sie deshalb eher selten differenziert wahr, oft haben sie feste Bilder von Behinderung und Behinder-ten entwickelt („der Rollstuhlfahrer“, „der Blinde“, „der geistig Behinderte“). Behinderte nehmen sie – man-gels Erfahrungen – oft pauschal als defizitär beziehungsweise leistungsschwach wahr. Gerade im Berufsleben, das Leistungsfähigkeit und Erfolg zum Leitbild erhebt, „passen“ behinderte Menschen oft nicht in ihr Bild beziehungsweise in das Bild eines modernen dynamischen Unternehmens. Aus Mangel an Kontakten mit und infolge pauschaler Vorbehalte gegenüber Menschen mit Behinderung sind Nicht-Behinderte im Kontakt oft auch unsicher und befangen, neigen dazu, eine Behinderung ihres Gegenübers krampfhaft zu überspielen, um der Situation den Anschein von Normalität zu geben. Oder sie wählen den für sie einfacheren Weg der Kontaktvermeidung.

Job Carver sollten daher darauf vorbereitet sein, dass Beschäftigte, mit denen sie im Betrieb zu tun haben, befürchten, Menschen mit Behinderung könnten ihre Arbeit stören beziehungsweise zusätzlich belasten. Oder ihre eigene Arbeit könnte (zum Beispiel gegenüber Vorgesetzten, Kolleginnen/Kollegen) abgewertet werden, wenn sie zugeben, dass einzelne Tätigkeiten genauso gut von einem „Behinderten“ geleistet werden könnten.

Umso wichtiger ist es, dass Job Carver Erfahrungen, Vorbehalte und Sichtweisen von Beschäftigten frühzeitig in Erfahrung bringen, um die weitere Überzeugungs-/Arbeit passgenau gestalten und den Weg für das Job Carving wie auch die spätere Beschäftigung eines Menschen mit Behinderung ebnen zu können. Dabei soll-ten sie sich auch klar darüber sein, dass sie in so kurzer Zeit fest verankerte Bilder oder Vorurteile kaum voll-ständig abbauen können.

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Zur Bearbeitung von Bedenken gegenüber Menschen mit Behinderung haben sich folgende Methoden bewährt:• Job Carver schaffen „bewusst“ Raum für das Thema „Behinderung“ und „Behinderte“ und sprechen

es – falls von Beschäftigten aus Unsicherheit oder Scham selbst nicht zur Sprache gebracht – offen und offensiv an („Welche Erfahrungen haben Sie – privat und/oder beruflich – mit einem behinderten Menschen gemacht?“). Erfahrungsgemäß kommt in einem solchen Gespräch ein breites, negative wie positive Aspekte umfassendes Spektrum an Assoziationen, Erfahrungen und Erinnerungen zum Ausdruck, an das Job Carver in ihrer weiteren Argumentation und Arbeit anknüpfen können.

• Job Carver öffnen möglichst anschaulich den Blick auch für unterschiedliche Formen der Behinderung: für das Spektrum an Behinderungsbildern, für unterschiedliche Ursachen von Behinderung (seit Geburt/durch eingetretene Behinderung infolge Krankheit oder Unfall).

• Job Carver öffnen den Blick zum Beispiel auch für weniger offensichtliche Formen der Behinderung, weil viele Betroffene ihr Handicap durch Trainings (zum Beispiel Mobilität), besondere Strategien der Bewältigung (kontrollierte Beobachtung, Anpassung des eigenen Verhaltens, ausgleichendes Trainieren anderer Sinne) und einen nicht unbedingt sichtbaren Einsatz von Hilfsmitteln (Hör- und Sehhilfen) auszugleichen gelernt haben.

• Job Carver öffnen gezielt den Blick für die Leistungsfähigkeit von Menschen mit Behinderung und deren Einsatzmöglichkeiten im Arbeitsalltag. Überzeugend wirken am ehesten Beispiele aus vergleichbaren Betrieben/Arbeitsbereichen (also belegbare Sachverhalte), in denen Menschen mit Behinderung bei entsprechender Arbeitsplatzausstattung und mit entsprechenden Hilfsmitteln gleichwertige Leistungen erbracht haben wie Nicht-Behinderte. Anschauliche Beispiele regen das Vorstellungsvermögen und das Entwickeln eigener Ideen für passende Tätigkeiten in besonderer Weise an und schaffen mehr Akzeptanz. Überzeugend können auch „Prognosen“ wirken, was zum Beispiel im Fall der Besetzung einer Stelle mit einem Menschen mit Behinderung eintreffen könnte (Entlastung der Fachkräfte, sozialeres Betriebsklima und so weiter).

• Job Carver öffnen den Blick auch für positive Aspekte, die Mitarbeitende mit Behinderung in den Arbeitsalltag einbringen können (zum Beispiel positive Gruppendynamik, mehr Toleranz gegenüber „Schwächen“ – nicht nur von Menschen mit einer Behinderung).

Damit derartige Ausführungen wirken können, vermeiden Job Carver tunlichst lange Vorträge, sondern wählen einige wenige (möglichst betriebsnahe) Beispiele aus. Dabei vermeiden sie auch schnelles oder pau-senarmes Reden, damit ihre Gesprächspartnerinnen und -partner die Inhalte aufnehmen und hinreichend Zeit zur Verarbeitung des Gehörten wie auch für Nachfragen haben. („Die Mitarbeiter kommen lassen.“ – nennt ein Job Carver das Vorgehen). Gerade Pausen heben bestimmte Inhalte besonders hervor, können „Span-nung“ beziehungsweise „Sog“ erzeugen.

2.2.5 Umgang mit Bedenken vor Verlust verdeckter Arbeitspausen

Job Carver sollten auch darauf vorbereitet sein, dass es – gerade – einfache Tätigkeiten gibt, die sich Mitar-beitende nicht gern abnehmen lassen möchten. Oft haben diese nämlich auch eine bestimmte Funktion im Arbeitsalltag: Entspannung, Gelegenheit zum Austausch mit Kolleginnen und Kollegen, Bewegung, frische Luft, Konzentrationswechsel, Kopf freibekommen und so weiter. Werden ihnen derartige Tätigkeiten entzo-gen, wird das unter Umständen später dem Mitarbeitenden mit Behinderung angelastet („Die/Der kann hier die schönen Sachen machen. Und ich?“).

• Bewährt hat sich hier, dass Job Carver mögliche Bedenken vor Verlust verdeckter Arbeitspausen frühzeitig und offen ansprechen und mit Mitarbeitenden zum Beispiel gemeinsam überlegen, ob es gegebenenfalls noch andere Wege und Gelegenheiten gibt, wo und wie sie sich derartige „Pausen“ verschaffen können.

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2.2.6 Umgang mit betrieblichen „Sonder­“Wünschen

Oft gibt es auch „Sonderwünsche“ zum Beispiel seitens Geschäftsführung und Mitarbeitenden, die es zu berücksichtigen gilt. So kann zum Beispiel der Wunsch bestehen, dass bestimmte Tätigkeiten beim Job Car-ving ausgeschlossen werden (zum Beispiel: Aufräumen und Säubern des Arbeitsplatzes soll Auszubildenden vorbehalten bleiben; bestimmte Sicherheitsbestimmungen schränken die Ausübung der Tätigkeiten durch einen Menschen mit Behinderung ein). Oder auch der Wunsch, dass bei einer späteren Besetzung der Stelle bestimmte Behinderungsformen ausgeschlossen oder gezielt gewünscht werden: so zum Beispiel keine psy-chische Behinderung wegen des regelmäßigen Kontakts mit schwierigen Mitarbeitenden oder die Bevorzu-gung einer „sichtbaren“ Behinderung (Körperbehinderung, Down Syndrom), weil der Betrieb im Fall von behinderungsbedingten Schwierigkeiten im Arbeitsalltag eher auf Verständnis beim Kunden stößt.

• Bewährt hat sich hier, wenn die Fachkoordination im ersten Schritt derartige Wünsche ernst nimmt, sie dokumentiert, sie bei der Auswahl von Bereichen in Absprache mit der Geschäftsleitung offensiv thema-tisiert und im Übergabegespräch als zusätzliche Information an den Integrationsfachdienst und Job Car-ver weitergibt.

3. Umsetzung des Job Carvings

Der Job Carving-Prozess ist ein kooperativer Prozess zwischen Job Carver und Beschäftigten. Bei der Arbeits-platzanalyse haben sich folgende Methoden bewährt:

• Job Carver gehen mit „offenem Blick“ in den Betrieb. Das heißt: Sie schauen sich alle Tätigkeiten in den ausgewählten Bereichen zunächst unvoreingenommen und „ungefiltert“ an – unabhängig von einer möglichen Stellenbesetzung durch einen Menschen mit Behinderung.

• Job Carver richten ihre Aufmerksamkeit nicht allein auf bestimmte offensichtliche Arbeitsabläufe und Tätigkeiten, sondern lassen auch zu, dass ihnen bestimmte Tätigkeiten „in den Blick fallen“. Dabei arbei-ten sie mit allen Sinnen: Sie sehen, hören, riechen, fühlen (zum Beispiel Temperaturen). Oft werden Tätig-keiten auch „per Zufall“ entdeckt. Sei es in den Hallen eines Produktionsbetriebs, in den Büros eines Dienstleistungsunternehmens oder auf dem Außengelände des Betriebs.

Erfahrungsgemäß entdecken Job Carver sehr schnell Tätigkeiten, die die Beschäftigten zum Beispiel routine-mäßig erledigen und die sie – gerade deshalb nicht (mehr) – hinterfragen beziehungsweise, bei denen sie gar nicht (mehr) auf die Idee kommen, dass diese auch „anders“ erledigt oder gar abgegeben werden könnten. Genau das schätzen Betriebe, in denen ein Job Carving durchgeführt wurde, an dem Blick „von außen“: „Wir sind oft betriebsblind, wissen gar nicht, was wir alles leisten und tun – auch so zwischendurch und nebenbei.“

Daher raten erfahrende Job Carver: „Ruhig auch mal kreativ verrückt sein, um Lösungen und Ideen mit den Beschäftigten zu finden. Unvoreingenommen und frei. Zulassen, dass einem Tätigkeiten und Ideen in den Blick fallen.“ – „Nur, wenn ich mit unverstelltem Blick in den Betrieb gehe, kann ich mehr sehen als die Mit-arbeitenden, die den Betrieb aus einem bestimmten Blickwinkel sehen.“ („blinder Fleck“/„betriebsblind“).

• Job Carver nutzen wie „Detektive“ aktiv ihr besonderes Handwerkszeug (fragen, nachfragen, beobach-ten, mitmachen, erspüren motorischer Anforderungen, horchen, riechen, Dinge und Abläufe auf sich wirken lassen). Das wird im Folgenden näher beschrieben.

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3.1 Gespräche mit Beschäftigten führen

Job Carver sind diejenigen Personen, die den Job Carving-Prozess starten und ihn eigenständig durchführen und dabei auf die Mitarbeit der Betriebsangehörigen angewiesen sind. Der Verlauf und das Ergebnis von Gesprächen hängen erfahrungsgemäß von vielfältigen Faktoren ab und gerade auf ihre Gesprächspartnerin-nen und -partner haben Job Carver nur bedingt Einfluss. Selbst mit der größten Mühe und der besten Technik kann ein gutes Gesprächsergebnis nicht erzwungen werden.

Doch können Job Carver den Gesprächsverlauf durch ihr eigenes Verhalten positiv beeinflussen.• Job Carver treten kompetent in den persönlichen Kontakt – sowohl mit der Geschäftsleitung

beziehungsweise der von ihr autorisierten Ansprechperson als auch mit allen relevanten Beschäftigten in den ausgewählten Bereichen. Und zwar in einer Weise, dass diese den Job Carver und sein Anliegen akzeptieren und ernst nehmen und ihn bei der Identifizierung von Tätigkeiten in ihren Bereichen unterstützen, ihn „mitnehmen“.

• Job Carver schaffen eine solide Gesprächsatmosphäre, gestalten das Gespräch aktiv, zum Beispiel durch geeignete Fragetechniken (offene Fragen, Interessensfragen, projektive Fragen), die zeitnahe Absicherung des Verständnisses des Gesagten (nachfragen, paraphrasieren) beziehungsweise durch eine gute Organisation der Gesprächstermine.

Wie sie das machen können, wird im Folgenden detaillierter beschrieben.

Eine solide Gesprächsbasis aufbauen!Job Carver sollten ihr jeweiliges Gegenüber so nehmen, wie es ist (sie können es ohnehin nicht ändern!). Das heißt: Sie sind entgegenkommend, akzeptierend und wertschätzend, indem sie ihr Gegenüber zum Beispiel mit Namen ansprechen, sich Zeit für das Gespräch nehmen, sich auf die Person(en), ihre Eigenart(en) und Stil(e) einlassen, deren Informationen wertfrei aufnehmen und deren Leistungen anerkennen beziehungs-weise loben. Ihr Gegenüber bekommt so am ehesten das Gefühl vermittelt, als Expertin oder Experte in eige-ner Sache ernstgenommen zu werden. Gelingt das, werden sie dem Job Carver entgegenkommen, sie/ihn auch auf Schwachstellen in Arbeitsabläufen und auf abzugebende Tätigkeiten et cetera aufmerksam machen.

Das Gespräch aktiv gestalten!Indem Job Carver aktiv zuhören, das heißt, sich mit Gedanken und Vorstellungen ihres Gegenübers intensiv auseinandersetzen, erhalten sie die für ihr Job Carving erforderlichen Informationen. Das heißt: Sie lassen sich auf das Gespräch ein, hören ihrem Gegenüber ernsthaft und aufmerksam zu, sind offen, sich von dessen Ausführungen überzeugen zu lassen. Indem sie Blickkontakt halten, immer wieder kurze zustimmende Worte äußern, zustimmend nicken und/oder sich Notizen machen, signalisieren sie ihrem Gegenüber, dass sie ihm tatsächlich zuhören, seine Sicht der Dinge wirklich ernst nehmen, Interesse an den Inhalten haben und sich damit auseinandersetzen.

Durch offene Fragen das Gegenüber zum Erzählen bringen!Um die Perspektive der Gesprächspartnerinnen und -partner besser zu kennen und zu verstehen und sich ein umfassendes Bild gerade auch von komplexen Sachverhalten machen zu können, sollten Job Carver ihre Fra-gen möglichst offen stellen. So kann das Gegenüber Inhalt und Gewichtung seiner Antworten selber steuern und Job Carver bekommen mehr beziehungsweise die aus Sicht der Befragten wirklich wichtigen Informati-onen. Geschlossene Fragen, die sich nur mit „ja“ oder „nein“ beantworten lassen, schränken die Antwort-möglichkeiten unnötig ein. Sie eignen sich eher zum kurzen Abfragen von Informationen, um zum Beispiel noch bestehende Wissenslücken zu schließen. Oder für Gespräche mit eher wortkargen beziehungsweise weniger wortgewandten Personen, bei denen man öfter noch mal gezielter nachfragen muss, um die für das Job Carving wichtigen Informationen zu erhalten beziehungsweise verstehen zu können.

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Beispiele für offene Fragen

• Was genau sind Ihre Aufgaben?• Wie bearbeiten Sie Ihre Aufgaben?• Bearbeiten Sie diese einzeln oder im Team?• Was müssen Sie dabei besonders beachten?• Wo gibt es Schnittstellen zu anderen Kolleginnen und Kollegen beziehungsweise zu anderen

Bereichen?• Welche Tätigkeiten sind (aus Ihrer Sicht/aus Sicht von Kolleginnen/Kollegen) besonders ungeliebt/

zeitraubend?• Welche Tätigkeiten könnte gut jemand anderes übernehmen, weil sie keine spezifischen

Qualifikationen erfordern?

Das Gespräch durch vertiefende Interessensfragen am Laufen halten!Um möglichst viele Informationen zu erhalten und zugleich ihr Verständnis abzusichern, können Job Carver zwischendurch auch immer wieder vertiefende Interessensfragen stellen. Sie signalisieren ihrem Gegenüber damit ihr Interesse, seine Tätigkeiten zu verstehen. Auch vermeintlich einfache beziehungsweise „dumme“ Nachfragen sind erlaubt, weil sie die Gesprächssituation entspannen können (sofern sie nicht den Eindruck der Inkompetenz hinterlassen).

Mögliche Nachfragen zu einzelnen Tätigkeiten

• Wie funktioniert das genau?• Das sieht aber schwierig aus ….• Können Sie mir das bitte noch einmal genau erklären/vormachen?• Wofür macht man das?• Warum ist das wichtig?

Das Gegenüber durch projektive Fragen auch zu ungewöhnlichen Ideen ermuntern!Oftmals haben sich Beschäftigte längst selber Gedanken darüber gemacht, was ihre Arbeit erleichtern könnte, wie sie ihnen lästige Aufgaben loswerden könnten oder was gut/besser auch für andere (Kolleginnen/Kolle-gen, Kundinnen/Kunden) sein könnte. In der Regel werden sie jedoch nicht danach gefragt, weshalb sie ihre Ideen auch nicht offen äußern. Indem Job Carver „verborgenes“ Wissen oder „verborgende“ Wünsche auf-decken, erhalten sie weitere Anregungen – auch zum Beispiel für die Entwicklung neuer Tätigkeiten oder Aufgaben mit einem Mehrwert für das Unternehmen (zur Kundenbindung zum Beispiel Kaffee- und Teean-gebot im Wartezimmer, Lieferung von Waren nach Hause; zur Förderung der Mitarbeiterzufriedenheit zum Beispiel Getränkeservice im Sommer). Job Carver sollten klar machen: Erlaubt und gewünscht sind auch unge-wöhnliche, scheinbar verrückte Ideen!

Erhalten sie den Eindruck, dass die/der Beschäftigte mit ihrer/seiner Meinung hinter dem Berg hält oder eine direkte Antwort meidet, können Job Carver auch „projektiv“ fragen. Das heißt: Die Frage sollte vom Gegen-über so beantwortet werden, wie sie/er glaubt, dass sie jemand anderes beantworten würde. Dadurch fällt ihnen die Beantwortung gegebenenfalls auch tabuisierter Themen wesentlich leichter. Letztendlich enthält die Antwort immer auch (zumindest in Teilen) die Meinung des Befragten.

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Beispiele für projektive Fragen

Wenn Sie hier die Chefin/der Chef wären:• Was würden Sie als Erstes ändern? Warum? Wie?• Wie würden Sie Ihren Mitarbeitenden die Arbeit erleichtern?• Wie würden Sie Ihre Kundinnen und Kunden zufriedener machen?• Wenn Sie hier Kundin/Kunde wären:• Was würden Sie sich wünschen?• Was würden Sie gegebenenfalls wie ändern? Warum?

Was – glauben Sie – würden Ihre Kolleginnen und Kollegen…• … sich wünschen?• … wie gerne ändern? Warum?

Das eigene Verständnis vom Gesagten durch Paraphrasieren absichern!Um abzuklären, ob das Gesagte und alle wichtigen Informationen auch richtig verstanden wurden, eignet sich das bestätigende Nachfragen oder Paraphrasieren. Das heißt: Das Gesagte wird mit den eigenen Worten wiedergegeben beziehungsweise in eigenen Worten kurz zusammengefasst. Wichtiges kann so herausgefil-tert, Gehörtes besser gespeichert und Fehlinterpretationen und Missverständnisse können vermieden werden. Dem Gegenüber signalisiert das Vorgehen zugleich Aufmerksamkeit und Wertschätzung.

Beispiele für Paraphrasieren

• Habe ich Sie richtig verstanden? Diese Tätigkeit wollen Sie aus den folgenden Gründen (…) gerne abgeben, haben dabei aber die folgenden Bedenken (…)?

• Stimmt das so? Diese Tätigkeit ist ausschließlich in Teamarbeit zu erledigen?

Keinen Zeitdruck entstehen lassen, keinen Druck ausüben!Job Carver sollten sich hinreichend Zeit für die einzelnen Schritte des Job Carvings nehmen und ihre Termine so gestalten, dass sie alle wichtigen Fragen klären können. Auch damit signalisieren sie ihren Gesprächspart-nerinnen und -partnern die notwendige Wertschätzung, die einen Job Carver eher zum Ziel führt. Zu starkes Drängen oder ein zu starkes Engagement seitens des Job Carvers kann dazu führen, dass sich Gesprächspart-nerinnen beziehungsweise -partner bedrängt fühlen, sich distanzieren, zurückziehen. Oft brauchen beide Seiten einfach noch mehr Zeit, um das Anliegen in Ruhe auf sich wirken zu lassen und neue Ideen entwickeln zu können.

Terminvereinbarungen

• Besprechen Sie die mögliche beziehungsweise realistische Dauer eines Termins mit Ihrer/Ihrem Gesprächspartner/in!

• Klären Sie, wann ein Termin im Betrieb am ehesten machbar, realistisch und möglich ist!• Vereinbaren Sie gegebenenfalls einen Zusatztermin, wenn sich Ihnen noch weitere wichtige Fragen

stellen!• Bieten Sie an, dass Sie für weitere Ideen zur Verfügung stehen – bei Ihrem nächsten Termin im

Betrieb oder auch telefonisch.

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Termine und Absprachen verbindlich einhalten!Das ist eigentlich selbstverständlich. Doch kann immer mal kurzfristig etwas dazwischen kommen, das Job Carver an der Einhaltung eines Termins hindert (zum Beispiel Krankheit). Erfahrungsgemäß kommt es jedoch eher vor, dass seitens des Betriebs Termine nicht eingehalten werden (können): weil die Ansprechperson plötz-lich krank wird, eine Besprechung im Betrieb kurzfristig anberaumt wurde, Urlaubszeiten vergessen wurden, der Arbeitsdruck plötzlich unerwartet hoch ist und so weiter. Das kann erhebliche Verzögerungen im gesam-ten Prozess verursachen. Job Carver können dem vorbeugen, indem sie vorab zumindest klare Vereinbarun-gen für den Fall einer notwendigen Absage treffen (zum Beispiel telefonische Absage im Krankheitsfall) und auch Urlaubszeiten frühzeitig ansprechen und einplanen. Das ist für beide Seiten befriedigender, der Prozess gerät nicht unnötig ins Stocken.

3.2 Abläufe und Tätigkeiten beobachten

Die Aufgabe des Beobachtens umfasst die zielgerichtete und aufmerksame Wahrnehmung von Arbeitsabläu-fen und Tätigkeiten im Betrieb. Job Carver führen sie strukturiert durch, nachdem sie sich zunächst einen all-gemeinen Überblick über den Bereich verschafft und die einzelnen Arbeitsabläufe in Gesprächen mit Durch-führenden haben erklären lassen.

• Job Carver konzentrieren sich zunächst auf die Beobachtung von Mitarbeitenden bei der Durchführung einzelner Arbeitsabläufe und der sie umfassenden Tätigkeiten.

• Job Carver lassen sich diese in Einzelgesprächen möglichst genau beschreiben und stellen zur Sicherung des Verstehens alle Fragen, die sich ihnen zu den einzelnen Vorgängen stellen (Fragetechniken: siehe oben).

• Job Carver fragen bei Bedarf auch später noch einmal nach, lassen sich einzelne Abläufe oder Tätigkeiten noch einmal (zum Beispiel von einem den Bereich Leitenden) genauer erklären.

• Job Carver halten Gesehenes und aus ihrer Sicht Wichtiges (Abläufe, Eindrücke, Wahrnehmungen, Fragen) zeitnah und stichwortartig fest: schriftlich, mündlich per Diktiergerät und/oder bildlich per Foto. (Achtung! Für Letzteres zuvor die Genehmigung bei Leitungskräften einholen.) Das erleichtert ihnen die spätere Erstellung einer Tätigkeitenliste.

In der Praxis hat es sich bewährt, nicht nur auf die von den Mitarbeitenden empfohlenen Tätigkeiten zu achten, sondern den Blick bewusst auch darüber hinaus zu lenken:

• Geräusche aus einem Nebenraum veranlassten zum Beispiel einen Job Carver, diesen nachzugehen. Hier wurden KFZ-Kennzeichen gedruckt, eine anlernbare Aufgabe, die auch ein Mensch mit Behin-derung tätigen kann.

• Ein Unternehmen kam auf den ersten Blick nur für die Beschäftigung eines Mitarbeitenden mit Führerschein und Auto infrage. Bei der Mitarbeit in einem der Betriebsbereiche fiel dem Job Carver auf, dass regelmäßig zu bestimmten Zeiten Fahrten zum nahe gelegenen, mit öffentlichen Verkehrs-mitteln gut erreichbaren Ort durchgeführt wurden. Auf diese Weise kann auch eine Person ohne Führerschein beziehungsweise Auto den Arbeitsort problemlos erreichen.

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3.3 Mitarbeiten

Um einzelne Tätigkeiten besser verstehen, sich Abläufe besser merken und im Anschluss eine genaue Anfor-derungsanalyse für infrage kommende Tätigkeiten erstellen zu können, hat es sich bewährt, wenn Job Carver einzelne Arbeitsschritte oder auch ganze Handlungsabfolgen selbst ausprobieren. In Abstimmung mit und angeleitet von einem Mitarbeitenden arbeiten sie mit, gegebenenfalls auch über einen längeren Zeitraum beziehungsweise zu unterschiedlichen Tageszeiten (Tag-/Nachtschicht).

Durch Mitarbeiten bekommen Job Carver für sie wichtige Hinweise über die Tätigkeit, zum Beispiel:

• Wie leicht (kurze Lernzeit) beziehungsweise wie schwer (lange Lernzeit) ist sie für einen Menschen ohne beziehungsweise mit Behinderung erlernbar?

• Wie ist sie genau umzusetzen? (kleinschrittige Zerteilung)• Welches Können erfordert die Umsetzung? (motorisch, kognitiv, psychisch, sozial …)• Welches Tempo erfordert die Ausführung?• Zu welchen Zeiten ist sie umzusetzen? (kontinuierlich, sporadisch, tags, nachts)?• Unter welchen Bedingungen ist sie umzusetzen? (mit/ohne Kundenkontakt, besondere

Umgebungseinflüsse wie Lärm/Kälte/Hitze, besondere Belastungen/Belastungszeiten, e inzuhaltende Sicherheits- beziehungsweise Hygienevorschriften)

• In welche Zusammenhänge/Arbeitsabläufe ist sie eingebunden? (im Team, auch bereichs übergreifend?)

• Handelt es sich eher um eine zuarbeitende Tätigkeit (Vorbereiten, Nachbereiten, begleitende Unterstützung) oder um eine eigenverantwortliche Tätigkeit (unabhängiges Ausführen am eigenen Arbeitsplatz)?

3.4 Tätigkeiten sammeln und analysieren

Der Job Carver identifiziert systematisch alle Tätigkeiten auf Anlernniveau und analysiert sie unter ausgewähl-ten Aspekten.

Mögliche Aspekte zur Auswahl von geeigneten Tätigkeiten:

• Ist die Tätigkeit auf Anlernniveau? Das heißt: Ist sie auch von einer nicht ausgebildeten beziehungsweise leistungsgeminderten Person erlernbar?

• Handelt es sich bei der Tätigkeit um eine Einzeltätigkeit? Das heißt: Lässt sie sich auch isoliert umsetzen oder ist sie notwendigerweise in eine Kette von Aufgaben eingebettet?

• Lässt sie sich im Fall der Einbettung in eine Aufgabenkette gegebenenfalls dennoch sinnvoll isolieren, ohne die Effektivität und Qualität der Gesamtaufgabe zu beeinträchtigen oder gar negativ zu beeinflussen?

• Erfordert die Tätigkeit selbstständige Planungs- und Entscheidungsprozesse?• Möchte die/der Mitarbeitende, die/der diese Aufgabe bisher umgesetzt, diese Aufgabe

wirklich „loswerden“? Oder ist diese für sie/ihn gegebenenfalls eine wichtige (stressreduktive/ kommunikationsfördernde) Aufgabe?

• Sprechen bestimmte Bedingungen (Sicherheit zum Beispiel) gegen die Ausführung der Tätigkeit durch einen Menschen mit Behinderung?

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Zur nachträglichen Absicherung der gewonnenen Ergebnisse und Erkenntnisse hat sich das bereichs-/abtei-lungsbezogene beziehungsweise bereichsübergreifende Visualisieren von Teil-/Prozessketten und Prozess-schritten bewährt, bei deren Erstellung eine verantwortliche Mitarbeiterin/ein verantwortlicher Mitarbeiter aus dem Bereich den Job Carver unterstützt.

Abgebildet werden zum Beispiel• Aufgaben/-bereiche und alle sie umfassenden Teilaufgaben und -tätigkeiten• Abläufe beziehungsweise einzelne Arbeitsgänge/Schnittstellen zu anderen Bereichen• zeitkritische Vorgänge (Welcher Schritt erfolgt wann und darf wie lange maximal dauern?)• erforderliche Qualifikationen (Welche Tätigkeiten erfordern unabdingbar eine spezifische fachliche

Qualifizierung, welche sind auch anlernbar?)• alle einfachen Tätigkeiten, die potenziell von Angelernten ausgeübt werden und/oder aus

komplexen Abläufen herausgelöst werden können.

3.5 Mit dem Betrieb eine Auswahl von Tätigkeiten treffen

Job Carver besprechen ihre Tätigkeitssammlung mit der Geschäftsleitung beziehungsweise einer von ihr auto-risierten Ansprechperson. Gemeinsam werden Tätigkeiten ausgewählt, die in einem Stellenprofil beziehungs-weise in mehreren Stellenprofilen nach Arbeitsbereichen getrennt festgehalten werden.

Beispiele für Auswahlkriterien für Tätigkeiten im Betrieb:

• Welche der Tätigkeiten entlasten die eigentlichen Kerntätigkeiten?• In welchen Bereichen des Betriebs besteht der größte Entlastungsbedarf?• Mit welchen Mitarbeitenden in welchen Bereichen ist eine gute Zusammenarbeit mit einem

Mitarbeitenden mit Behinderung zu erwarten?• Für welche Tätigkeiten in welchen betrieblichen Bereichen kommen gegebenenfalls auch andere

Lösungs- beziehungsweise Entlastungsoptionen infrage? (zum Beispiel Übernahme durch andere Mitarbeitende, Übernahme bestimmter Tätigkeiten durch Auszubildende)

• Welche Tätigkeiten bringen für den Betrieb die größten betriebswirtschaftlichen Vorteile mit sich?• Welche Tätigkeiten sind aufgrund besonderer Erfordernisse (Weiterbildungen, Führerschein,

Fahrerschulungen, betriebliche Sicherheitsbestimmungen et cetera) für einen leistungsgeminderten Menschen nicht/bedingt geeignet?

• Welche der ausgewählten Tätigkeiten lassen sich wie sinnvoll miteinander kombinieren?• Welche und wie viele Tätigkeiten lassen sich so miteinander verknüpfen, dass für den Betrieb

und den neuen Mitarbeitenden realistische Arbeitsrahmenbedingungen entstehen können? (Stellenumfang, Arbeitszeiten, Arbeitsort et cetera)

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72 Praxishandbuch Job Carving

3.6 Ergebnisse sichern

Abschließend verschriftlichen Job Carver alle Ergebnisse in einem Abschlussbericht1. Sie erstellen pro Arbeits-bereich Tätigkeitsbeschreibungen inklusive der gegebenen Rahmenbedingungen (Kundenkontakt, besondere Arbeitszeiten, Umgebungseinflüsse, Belastungen, Belastungszeiten, Sicherheits- und Hygienevorschriften, sonstige Anforderungen). Und sie entwickeln Vorschläge für eine oder mehrere Stelle(n), den möglichen Stun-denumfang und tägliche Arbeitszeiten.

Ein in Anlehnung an das Melba-Verfahren (MELBA = Merkmalprofile zur Eingliederung Leistungsgewandelter und Behinderter in Arbeit) vorstrukturiertes Anforderungsprofil2 hilft Job Carvern, ihre Beobachtungen struk-turiert festzuhalten. Bei der Suche nach einer geeigneten Kandidatin oder einem geeigneten Kandidaten für die Stelle kann der zuständige Integrationsfachdienst die jeweiligen Anforderungen des Arbeitsplatzes den Fähigkeiten und Kenntnissen potenzieller Stelleninhaber gegenüberstellen (Welche Arbeitnehmer/in mit wel-cher Art und welchem Grad der Behinderung ist auf dem Arbeitsplatz einsetzbar?). Sinnvoll ist, wenn der Job Carver die gecarvte Stelle und die Anforderungen, die die Tätigkeiten stellen, beim Integrationsfachdienst im Rahmen einer Teamsitzung persönlich vorstellt. So können sich alle Teammitglieder ein umfassendes und anschauliches Bild von der zu besetzenden Stelle machen, um möglichst zügig eine geeignete Kandidatin beziehungsweise einen geeigneten Kandidaten aus dem Pool ihrer Klientinnen und Klienten finden zu kön-nen. Das Aufgaben- und Anforderungsprofil verbleibt auch im Fall der Nicht-Besetzung der Stelle(n) im Betrieb.

3.7 Erprobung und Anpassung begleiten

Die Phase der Erprobung der Tätigkeiten durch die Kandidatin/den Kandidaten mit Behinderung dient der Klärung der Frage: „Ist die Kandidatin beziehungsweise der Kandidat für die gecarvte Stelle geeignet?“ Falls ja, ist zu klären: „Wie müssen einzelne Tätigkeiten beziehungsweise einzelne Rahmenbedingungen der Arbeit gegebenenfalls noch angepasst werden, damit sie/er die Stelle auch reibungslos ausfüllen kann?“

Stellt sich heraus, dass die ausgewählte Person für die Stelle nicht geeignet ist, ist der Integrationsfachdienst gefordert, möglichst zeitnah eine neue Kandidatin/einen neuen Kandidaten zu finden und das Prozedere beginnt wieder von vorn.

RahmenbedingungenDie Erprobungsphase sollte – im Sinne aller Beteiligten – von überschaubarer Dauer sein (zum Beispiel eine „Kernzeit“ von zwei Wochen mit Option auf Verlängerung). Nach Absprache mit der betrieblichen Ansprech-person sollte sie baldmöglichst nach der Entscheidung für eine Kandidatin/einen Kandidaten und nach Klä-rung der zeitlichen Kapazitäten des Job Carvers starten. Nicht zuletzt deshalb, weil Betriebe erfahrungsgemäß eine „schnelle“ Klärung wünschen.

Im Idealfall wird die Erprobungsphase von dem Job Carver begleitet, der auch das Job Carving im Betrieb durchgeführt hat. Sie/Er ist vertraut mit Betrieb, betrieblicher Ansprechperson, Abläufen, gecarvten Tätigkei-ten und den Beschäftigten, mit denen die Kandidatin/der Kandidat zusammen arbeiten wird. Auch hat sie/er die Möglichkeit, die eigenen Ideen bei der praktischen Erprobung noch einmal kritisch zu überprüfen.

1 Anlage 10: Abschlussbericht Job Carving2 Anlage 10: Abschlussbericht Job Carving

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Praxishandbuch Job Carving 73

Nur in Ausnahmefällen (Krankheit, Urlaub, mangelnde Zeitkapazitäten) sollte diese Aufgabe von einem ande-ren Job Carver übernommen werden. Sie/Er erhält in dem Fall alle Unterlagen zum bisherigen Prozess, wird in einem Übergabegespräch in den Fall eingeführt und im Betrieb persönlich vorgestellt.

Die eigentliche Begleitung erfolgt möglichst engmaschig: Innerhalb des klar umgrenzten Zeitraums führt der Job Carver die ausgewählte Person bei regelmäßigen Besuchen im Betrieb (zum Beispiel 2 mal 2 Stunden pro Woche) in ihre Tätigkeiten ein, begleitet und beobachtet sie bei der Umsetzung und greift bei Bedarf korri-gierend ein. Bis zum nächsten Besuch wird die Erprobung unter Aufsicht und Anleitung eines zuständigen Verantwortlichen im Betrieb (Patin/Pate) fortgeführt. Werden in dieser Zeit Probleme bei der Ausübung deut-lich, werden diese beim nächsten Besuch gemeinsam mit dem Job Carver geklärt beziehungsweise durch gegebenenfalls neuerliche Anleitung zu beheben versucht. Auch mögliche Hilfsmittel zur Erleichterung der Umsetzung werden angedacht und möglichst zeitnah bereitgestellt.

Begleitende Unterstützung auch von Kolleginnen und KollegenAuch die (engeren) Kolleginnen und Kollegen werden von vornherein in den Prozess der Erprobung einge-bunden. Denn: Letztlich müssen alle Beteiligten den Umgang miteinander lernen und bei erkanntem Bedarf entsprechend „angeleitet“ beziehungsweise unterstützt werden. Von ihnen hängt es maßgeblich mit ab, inwieweit es gelingt, die neue Mitarbeiterin/den neuen Mitarbeiter in Arbeitsabläufe zu integrieren, in der Ausübung der Tätigkeiten zu unterstützen, zu motivieren und zu bestärken, sie/ihn mit Regeln und Gepflo-genheiten im Betrieb vertraut zu machen und ihr/ihm das Gefühl zu vermitteln: „Du bist bei uns willkom-men!“.

Das heißt: Job Carver sind in dieser Phase Ansprechpartner für den Menschen mit Behinderung und zugleich für Anleitende und die (engeren) Kolleginnen und Kollegen.

Besonders wichtig ist in dieser Phase, dass dem Mitarbeitenden mit Behinderung von vornherein klar ist, wer ihre/seine unmittelbare „Vorgesetzte“ ist, deren/dessen Anweisungen es zu befolgen gilt.

Und auch, dass die/der unmittelbare „Vorgesetzte“ Hilfestellungen bei der Anleitung bekommt, zumal sie/er die neue Aufgaben ja „zusätzlich“ zum eigentlichen Tätigkeitsbereich erfüllt und nicht unbedingt mit dieser neuen Rolle vertraut ist. Mit ihr/ihm ist zu klären:• Wie leite ich eine Mitarbeiterin/einen Mitarbeiter an?• Worauf gilt es bei der Anleitung angesichts Art und Grad der Behinderung zu achten?• Welches sind geeignete Maßnahmen der Anleitung und Überprüfung? (zum Beispiel gerade zu

Beginn in kürzeren Abständen die Erfüllung der Arbeitsaufträge „konstruktiv“ kontrollieren: Wo lässt sich was wie noch verbessern? Welche Unterstützung ist gegebenenfalls noch gewünscht/notwendig?)

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74 Praxishandbuch Job Carving

Rahmenbedingungen einer Einstellung frühzeitig in den Blick nehmen/transparent machen!Entscheidet sich der Betrieb zur Übernahme, werden (im Gespräch mit Job Carver, Integrationsfachdienst, Geschäftsleitung) alle notwendigen Modalitäten besprochen. Die endgültige Klärung erfordert – je nach Fall – erfahrungsgemäß unterschiedlich viel Zeit. Dem steht das Interesse des Betriebs gegenüber, eine Einstellung möglichst zügig abzuwickeln.

Um den Prozess zügig abwickeln zu können und mögliche Frustrationen seitens des Betriebs zu vermeiden, ist es hilfreich,• bereits bei Beginn der Erprobung mögliche Rahmenbedingungen der Einstellung der jeweiligen

Kandidatin/des jeweiligen Kandidaten in den Blick zu nehmen und erste konkrete Überlegungen anzustellen,

• dem Arbeitgeber die vorab zu klärenden Fragen rund um die Einstellung in einem persönlichen Gespräch transparent zu machen und die zur Klärung erforderliche Zeit realistisch darzustellen.

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Praxishandbuch Job Carving 75

Teil C: Good Practice

Im Folgenden werden Beispiele für Job Carvings in Unternehmen unterschiedlicher Größenordnungen und Branchen nach folgendem Muster vorgestellt:

1. Tätigkeitsfeld

2. Das Unternehmen• Name/Anschrift• Zum Unternehmen• Anzahl Mitarbeitende• Ansprechperson im Betrieb• Ziele des Job Carvings• Zu berücksichtigende Besonderheiten im Unternehmen

3. Der Job Carving­Prozess• Phase 1: Analyse• Phase 2: Matching• Ergebnis• Weitere Unterstützung (für den gegebenenfalls eingestellten Mitarbeitenden)• Besonderheiten im Prozess

4. Gecarvtes und abgestimmtes Tätigkeitsprofil

5. Fazit

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1. Job Carving im Bereich Hauswirtschaft

Das Unternehmen

Internat Gut BödekkenBödekken 133142 BürenGeschäftsführung: Thomas BlauschekTelefon: 02955-6625www.gut-bodekken.de

Zum UnternehmenDas 1978 gegründete Internat ist anerkannter Trä-ger der freien Jugendhilfe unter Trägerschaft der Fachinstitute Blauschek. Es bietet familienergän-zende Hilfen mit regelmäßigen Wochenend- und Ferienaufenthalten der Kinder/Jugendlichen im Elternhaus sowie eine ganzjährige Betreuung (Rege-langebot) an. Hier lebende Kinder und Jugendliche besuchen die umliegenden öffentlichen Schulen der Sekundarstufe I oder die Private Wohngrundschule Gut Bödekken (staatlich genehmigte Grundschule in Ganztagsform mit therapeutischer beziehungs-weise heilpädagogischer Hilfe). Kinder und Jugend-liche aus ganz Deutschland, die aufgrund von Teil-leistungsstörungen wie LeseRechtschreibSchwäche beziehungsweise Dyskalkulie, Aufmerksamkeits-Defizit(Hyperaktivitäts)Syndrom oder sonstiger Wahrnehmungs-, Konzentrations- und Koordinati-onsschwächen einer besonderen Unterstützung bedürfen, erhalten besondere Lern- und Entwick-lungsperspektiven (engagierte pädagogische Fach-kräfte, hoher Betreuungsschlüssel).

Anzahl Mitarbeitende• im Internatsbereich: 17/davon 1 sbM

Ansprechperson im Unternehmen• Herr Kloppenburg, Betriebsleiter Internat

Ziele des Job Carvings• Entlastung des Hausmeisters durch

Neueinstellung eines sbM• Finden geeigneter Tätigkeitsfelder

Zu berücksichtigende Besonderheiten• Lage (weit vom Ortskern)• Arbeit mit „schwierigen“ Kindern

Der Job Carving­Prozess

Phase 1: AnalyseStart: September 2015Stunden: 17Dauer Prozess in Monaten: 3,5

Kontakte im Betrieb:• Betriebsbegehung und -analyse: 1• Arbeitgebergespräche: 2• Gespräche betriebliche Ansprechperson: 3• Gespräche mit Kolleginnen/Kollegen: 1• Mitarbeit: 4

Kooperationspartner intern:• Betriebsleiter Internat• Hausmeister (Anleiter für sbM)

Kooperationspartner extern:• Integrationsfachdienst Paderborn

Phase 2: MatchingStart: 31. März 2016Stunden gesamt: 10

ErgebnisStellenbesetzung: erfolgt zum 1. Juni 2016Stunden/Woche: 30 (4 Tage)Status: HauswirtschaftshelferinBefristung: 12 Monate/Option Verlängerung

Weitere Unterstützung6-monatiges Jobcoaching (50 Stunden)

• Eigene Struktur erarbeiten (Essensausgabe)• Routiniertes Arbeiten; Nutzen von Hilfsmitteln

Angedacht:• Führerschein

Besonderheiten im Prozess• Job Carving und Anpassung erfolgten durch

zwei verschiedene Job Carver

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Praxishandbuch Job Carving 77

Gecarvtes und abgestimmtes Tätigkeitsprofil

0 = nicht übernommen, 1= angepasst übernommen; 2 = alternativ; 3 = neu

Arbeitsbereich Gecarvt nach Anpassung

1. Hauswirtschaft

Essensausgabe Tische eindecken (Teller, Besteck, Gläser, Servietten, Getränke) 1

Vorbereiten Ausgaberaum (Wärmebehälter einrichten, Besteck bereitlegen) 1

Unterstützen bei Essensausgabe 1

Einräumen Spülmaschine, Reinigen Essencontainer, Bereitstellen zur Abholung 1

Räume reinigen/vorbereiten für nächsten Tag 1

Frühstücksdienst Brot und Brötchen nach Angaben telefonisch bestellen 0

Bestellungen auf die Gruppen verteilen 0

Unterstützen beim Brötchen belegen, Obst waschen/vorbereiten, Nacharbeiten (Reinigen, Spülmaschine einräumen)

2

Gesprächs­vorbereitung

Pausentisch für MA vorbereiten (eindecken, abräumen) 1

nach Angaben Kaffee, Tee, Keksteller vorbereiten, in Räumen bereitstellen, im Anschluss abräumen und reinigen.

1

Wäschedienst Hauswäsche und Wäsche der Kinder endsprechend Vorgaben reinigen, Waschma-schine einstellen, anschließend in Trockner verräumen und entsprechend verteilen

1

Reinigungsarbeiten Unterstützung Reinigungskräfte 3

Weitere Aufgaben Müllentsorgung, Auffüllen von Tüchern (Toilette, Küchenrollen) 3

2. Außenbereich

Auto waschen Reinigen und Pflegen von betriebseigenen Fahrzeugen 3

Gartenarbeiten Unkraut jäten/ähnliche einfache jahreszeitabhängige Tätigkeiten 3

FazitDas Job Carving stieß auf sehr positive Resonanz. Alle Beteiligten sahen die Notwendigkeit einer Unterstützung des Hausmeisters und begrüßten die Idee positiv, hier eine zusätzliche Kraft mit Handicap einzustellen. Unsicher-heiten bestanden zu Beginn, ob man den Fürsorgepflichten gegenüber einem Mitarbeitenden mit Behinderung genügen könne (zum Beispiel Integration ins Team). Diese Bedenken wurden bereits im Rahmen der Erprobungs-phase mit Erfolg beseitigt. Die junge Frau, die für die Tätigkeiten eingestellt wurde, eignet sich sehr gut für die Stelle und erfüllt die notwendigen Anforderungen an die Durchführung. Sie bringt die erforderlichen Ressourcen und sehr viel Motivation mit, ist flexibel und erledigt viele ihrer Aufgaben inzwischen selbstständig (zum Beispiel Wäschepflege). Insgesamt sehr aufmerksam, „sieht sie Arbeit, wo Arbeit anfällt und scheut sich nicht anzufas-sen“. Sie hat sich inzwischen sehr gut integriert, auch eine Freundin gefunden, mit der sie sich auch privat trifft. Die Lehrkräfte unterstützen sie (zum Beispiel bei der Essensausgabe), der Umgang miteinander gestaltet sich ausgesprochen positiv und freundlich. Der Hausmeister erlebt ihre Mitarbeit als wirkliche Entlastung und begrüßt von daher ihre Festanstellung, da er sich nun mehr um seine eigentlichen Tätigkeiten kümmern kann. Zusätzlich zu den gecarvten Tätigkeiten erfüllt die junge Frau inzwischen auch weitere Aufgaben (zum Beispiel Unkraut jäten, Fenster putzen, Reinigung und Pflege der Firmenfahrzeuge). Damit sie in die Lage versetzt wird, ihre Auf-gaben noch systematischer – und damit zügiger – zu erledigen und sie nicht unnötig unter Druck gerät (zum Beispiel bei der Essenausgabe durch Sonderwünsche von Kindern oder bei der Vorbereitung von Räumen für mehrere Gesprächsrunden an einem Tag), erhält sie ein ergänzendes Job Coaching. Zur Unterstützung und auch zur Kompensation ihrer Gleichgewichtsstörungen (zum Beispiel bei Treppensteigen mit Geschirr) sind entspre-chende Hilfsmittel geplant. Aktuell wird die junge Frau vom Hausmeister morgens an einer Bushaltestelle im Nachbarort abgeholt und nach Feierabend wieder dort hingebracht.

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78 Praxishandbuch Job Carving

2. Job Carving im Bereich Hausmeisterassistenz

Das Unternehmen

Ernst & Young GmbHWirtschaftsprüfungsgesellschaftWestfalendamm 11, 44141 DortmundTelefon: 0231-5501122226, www.ey.com

Zum UnternehmenErnst & Young ist ein unter dem Kürzel EY Global operierendes Netzwerk rechtlich selbstständiger und unabhängiger Unternehmen in den Bereichen Wirt-schaftsprüfung, Steuerberatung, Transaktions-bera-tung sowie Unternehmens- beziehungsweise Managementberatung. EY gehört zu den Big Four − den vier größten Prüfungs- und Beratungsgesell-schaften und beschäftigte im Jahr 2015 über 212.000 Mitarbeiter an 700 Standorten in 150 Ländern. In Deutschland ist EY an 21 Niederlassungen präsent. In Dortmund arbeiten 8 Partner und 160 Mitarbeitende in den Geschäftsbereichen Wirtschaftsprüfung und Beratung (Steuern, Recht, Betriebswirtschaft, Trans-aktion). Schwerpunkt der Beratungstätigkeit liegt im Mittelstand und bei familiengeführten Unternehmen. In der Ruhr-Metropolregion, engagiert sich das Unter-nehmen bei diversen Bildungs-, Kunst- und Kultur-projekten (zum Beispiel Schulen der Region, Dort-mund-Stiftung, Initiativkreis Ruhrgebiet, BVB).

Anzahl Mitarbeitende• gesamt: 160 (Niederlassung Dortmund)

Ansprechperson im Unternehmen• Carl-Josef Husken (Partner, Steuerberater)

Ziele des Job Carvings• Schaffung eines neuen Arbeitsplatzes für einen sbM

als Teil der Diversity-Strategie des Unternehmens und zur Entlastung anderer Mitarbeitender von ein-fachen Tätigkeiten (der Arbeitsassistent eines Mitar-beiters mit Behinderung ist möglicher „Pate“)

• Finden geeigneter Tätigkeitsfelder

Zu berücksichtigende Besonderheiten• Arbeiten im gesamten Gebäude (6 Etagen)• Einhalten von besonderen Sicherheitsvorschriften• Kundenkontakt• Kontakt mit Lebensmitteln

Der Job Carving­Prozess

Phase 1: AnalyseStart: Oktober 2015Stunden: 14,5Dauer Prozess in Monaten: 1,5

Kontakte im Betrieb:• Betriebsbegehung und -analyse: 5• Arbeitgebergespräche: 5• Gespräche betriebliche Ansprechperson: 5• Gespräche mit Kolleginnen/Kollegen: 5• Mitarbeit: 5

Kooperationspartner intern:• Geschäftsführer• Sekretärin Geschäftsführung• Arbeitsassistent• Steuerberater (sbM)

Kooperationspartner extern:• Beschäftigungs-, Qualifizierungs- und Ausbil-

dungsgesellschaft BILDUNG + LERNEN gGmbH (Projekt „NeuEinstellung“)

Phase 2: MatchingStart: 9. Mai 2016Stunden gesamt: 10

ErgebnisStellenbesetzung: erfolgt zum 1. September 2016Stunden/Woche: 30 (5 Tage)Status: HausmeisterassistenzBefristung: Festanstellung/unbefristetWeitere UnterstützungWeitere Anpassung wegen der breiten Aufgabenfelder (3 x pro Woche circa 40 Stunden)• Erarbeiten/Einhalten von Regeln/Anweisungen• Erarbeiten einer Struktur• Routiniertes Arbeiten; Nutzen von Hilfsmitteln

Besonderheiten im Prozess• Die Stelle wurde mit Unterstützung von BIL-

DUNG + LERNEN gGmbH im Rahmen des Pro-jekts „NeuEinstellung“ besetzt.

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Praxishandbuch Job Carving 79

Gecarvtes und abgestimmtes Tätigkeitsprofil

0 = nicht übernommen, 1= angepasst übernommen; 2 = alternativ; 3 = neu

Arbeitsbereich Gecarvt nach Anpassung

Unterstützende Tätigkeiten

1. Büro Kaffee kochen 1

Altpapier einsammeln und entsorgen 1

Botengänge 1

Blumen gießen 1

Archivakten holen 1

2. Assistenz Hausmeister

Wasserkisten auf Etagen bringen; Leergut/-management 1

Aufräumen der Bibliothek 1

Druckerpapier verteilen/leere Aktenordner auffüllen 1

Druckerpatronen verteilen 1

Leiter halten 1

Glühbirnen wechseln 1

3. Anmeldebereich Einrichten Seminarräume (nach Vorgaben assistieren) 1

Begleitung Getränkelieferant (Türen öffnen) 1

Austausch Flyer und Plakate (auf Etagen) 1

4. Catering Eindecken, vorbereiten Getränke für Konferenzräume und Veranstaltungen 1

FazitDas Job Carving, offensiv forciert von einem sehr engagierten Partner im Unternehmen, stieß auf positive Resonanz. Die Beteiligten in der Steuerabteilung, in der der junge Mann mit Trisomie 21 heute tätig ist, stan-den hinter der Idee, einem Menschen mit Behinderung eine Chance zugunsten der Entlastung von anderen Mitarbeitenden von einfachen Tätigkeiten zu geben. Bedenken, er könne Arbeitsplätze wegnehmen, konnten in Einzelgesprächen behoben werden.

Der junge Mann eignet sich sehr gut für die Stelle und die Durchführung der Tätigkeiten. Er bringt die erfor-derlichen Ressourcen und sehr viel Motivation mit, setzt seine Aufgaben mit großer Leidenschaft, großem Selbstbewusstsein und großem Engagement um. Andere Mitarbeitende geben ihm bei Bedarf die notwendi-gen Hilfestellungen. Um ihn zu unterstützen, seine Aufgaben, bei denen er im gesamten Gebäude tätig ist und in Kontakt mit den meisten Mitarbeitenden kommt, auf Dauer systematischer und effektiver durchzu-führen, erhält er eine zusätzliche Unterstützung über ein circa 40 Stunden umfassendes Job Coaching. Sein „Pate“, Arbeitsassistent eines Steuerberaters mit Körperbehinderung im Unternehmen, wird dabei unter-stützt, den jungen Mann entsprechend anzuleiten und zu leiten.

Im Unternehmen wird angedacht, mittels Job Carving auch in weiteren Niederlassungen eine Stelle für einen Menschen mit Behinderung zu carven (in Essen, angedacht auch in Köln und Düsseldorf).

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80 Praxishandbuch Job Carving

3. Job Carving im Bereich Baumpflege und Baumfällung

Das Unternehmen

Hof Schulmeister/Bereich BaumpflegeInhaber Steffen MeierHardenbergstraße 6, 5707 SiegenTelefon: 0271-4852367, www.hof-schulmeister.de

Zum UnternehmenDie Firma Hof Schulmeister ist eine Privatinitiative zum Erhalt von regional historischen Fachwerkbauten durch Maßnahmen der Beratung von Hausbesitzern (unter anderem Rettung der Bausubstanz, wenn ein Abbruch unabwendbar ist). Zu den Kernaufgaben gehören auch Baumpflege und Fällung von Bäumen. Das Angebot im Bereich Baumpflege umfasst Schnitt-maßnahmen aller Art, regelmäßige Begutachtungen, Kronenauslichtungen und -einkürzungen. Die Ausfüh-rung der Arbeiten erfolgt in baumschonender Seilklet-tertechnik (zum Beispiel Entfernen von Totholz, geschädigten Ästen, sich reibenden beziehungsweise sich verkreuzenden beziehungsweise instabilen Ästen). Der Baumpflegebetrieb Hof Schulmeister wurde 2007 gegründet. Der Gründer des Teilzeit-Unternehmens bearbeitet als ausgebildeter European Tree Worker an drei Tagen pro Woche und an Samstagen mit drei Teil-zeitkräften die Aufgaben. Der Betrieb ist seit Bestehen gewachsen, eine Erweiterung ist geplant, weitere Dienstleistungen sollen erbracht werden.

Anzahl Mitarbeitende • gesamt: 4

Ansprechperson im Unternehmen• Steffen Meier

Ziele des Job Carvings• Schaffung eines neuen Arbeitsplatzes für einen

sbM zur Entlastung der Mitarbeitenden und zur Weiterentwicklung des Betriebs

• Einarbeitung durch alle Mitarbeitenden

Zu berücksichtigende Besonderheiten• Arbeiten an verschiedenen Arbeitsplätzen• Einhalten von besonderen Sicherheitsvorschriften• Tätigkeiten mit körperlichen Anstrengungen• Arbeit bei unterschiedlichen Witterungsbedin-

gungen• Lern- und Weiterbildungsbereitschaft

Der Job Carving­Prozess

Phase 1: AnalyseStart: Dezember 2015Stunden: 12Dauer Prozess in Monaten: 3

Kontakte im Betrieb:• Betriebsbegehung und -analyse: 2• Arbeitgebergespräch: 1

Kooperationspartner intern:• Geschäftsführer• ein weiterer Mitarbeiter

Kooperationspartner extern:• Integrationsfachdienst Siegen

Phase 2: MatchingStart: noch nicht gestartetStunden gesamt: 12

ErgebnisStellenbesetzung: ist geplant Stunden/Woche: geplante Kernarbeitszeit voraus-sichtlich 8.00 Uhr bis 16.00 Uhr; Überstunden gegebenenfalls im Sommer, Abbau der Überstun-den im Winter; teilweise Arbeit am SamstagStatus: Praktikum

Weitere Unterstützung• Nach Einstellung eines Mitarbeitenden wird

darüber nachgedacht.

Besonderheiten im Prozess• Fragen von Arbeitsschutz und Sicherheit sind

noch mit der Berufsgenossenschaft abzuklären.• Zur festen Einstellung eines Mitarbeitenden mit

Behinderung ist zunächst noch die Einstellung einer Fachkraft erforderlich, dem der Mitarbeiter entsprechend zuarbeiten kann.

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Praxishandbuch Job Carving 81

Gecarvtes und abgestimmtes Tätigkeitsprofil

Arbeitsbereich Gecarvt

Tätigkeiten

1. Pflege und Fällung (kleine Bäume, kleine Häckselmaschine)

Vorbereiten der benötigten Maschinen und Werkzeuge

Baustellenabsicherung

Entastung des gefällten Baumes

Äste häckseln

Zerkleinern der Baumstämme mit Motorsäge

Baustelle aufräumen und reinigen

2. Pflege und Fällung großer Bäume (Lkw­Arbeitsbühne, große Häckselmaschine)

Absichern der Baustelle (mit Schildern)

Vorbereiten der benötigten Maschinen und des Seilsystems

Straßenverkehr regeln (Autos und Fußgänger)

Fotos zur Dokumentation der Fällung erstellen

Absicherung gefährdeter Objekte in der Arbeitsumgebung

Äste mit Seilsystem ablassen

Zerkleinern der Baumstämme mit Motorsäge

Transport der Äste zur Häckselmaschine

Äste häckseln

Baumstämme aufladen

Seile entwirren und sortieren

Baustelle aufräumen und reinigen

3. Kaminholz sägen Holz spalten

Holz sägen

Holz aufstapeln

4. Wartungs­ und Aufräumarbeiten (Werkstatt, Betriebsgelände)

Ketten von Motorsägen schärfen

Verschiedene Gerätschaften reinigen, ölen, fetten

Vergaser und Zündkerze einer Kettensäge ausbauen

Schwert entgraten

Stiele an Gartengeräten auswechseln

Unterstellplätze, Lager, Außengelände aufräumen und reinigen

FazitDas gecarvte Tätigkeitsprofil eignet sich aus Sicht des Betriebs sehr gut für einen Menschen mit Behinderung. Wichtig ist, dass der neue Mitarbeiter Interesse hat, die Tätigkeiten zu erlernen (Vorkenntnisse sind vorteil-haft). Aus arbeitssicherheitstechnischen Gründen und der damit verbundenen Unfallverhütung ist darauf zu achten, dass die erforderliche Aufmerksamkeit und Reaktionsgeschwindigkeit gegeben ist. Großer Wert wird auf Zuverlässigkeit und Lernbereitschaft gelegt.

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82 Praxishandbuch Job Carving

4. Job Carving im Bereich Autohandel/­reparatur

Das Unternehmen

Autohaus H. Siemon GmbH & Co. KGOsnabrücker Straße 30149479 IbbenbürenTelefon: 05451-99100www.autohaus-siemon.de

Zum UnternehmenDas Autohaus wurde 1927 gegründet und hat inzwischen neben dem Stammhaus in Ibbenbüren weitere Niederlassungen an sechs Standorten (Len-gerich, Warendorf, Emsdetten, Rheine, Münster, Salzbergen). An allen Standorten werden vor allem drei Automarken verkauft beziehungsweise repa-riert (VW, Skoda, Hyundai). 2011 wurde überdies die Siemon Akademie gegründet (Weiterbildung, Veranstaltungen). Das Autohaus kooperiert unter anderem mit regionalen Schulen zum Thema „Berufswahl“ (Ausbildungen im Autohaus) und bie-tet auch Räume für unterschiedliche Veranstaltun-gen (zum Beispiel Umgang mit Cyber-Mobbing).

Anzahl Mitarbeitende• 140 (davon 5 sbM)

Ziele des Job Carvings• Schaffung eines neuen Arbeitsplatzes für einen

Menschen mit Behinderung, um diesem eine reale Chance zu geben

• Idee: „Café Lounge“

Zu berücksichtigende Besonderheiten• Arbeiten in verschiedenen Bereichen• Kundenkontakt• Für Ordnung und Sauberkeit in der Werkstatt

sind Auszubildende weiterhin zuständig

Der Job Carving­Prozess

Phase 1: AnalyseStart: Mai 2015Stunden: 15,5Dauer Prozess in Monaten: 6

Kontakte im Betrieb:• Vorstellen der Idee auf 2 Teamleitersitzungen• Betriebsbegehung und -analyse: 3• Arbeitgebergespräche: 2• Gespräche betriebliche Ansprechperson: 3• Gespräche mit Kolleginnen/Kollegen: 3

Kooperationspartner intern:• Geschäftsleitung• Leitung Personal/Service/Werkstatt/Lager

Kooperationspartner extern:• Don-Bosco-Schule• Integrationsfachdienst Steinfurt

Phase 1: MatchingStart: verschoben auf späteren Zeitpunkt

ErgebnisStellenbesetzung: verschoben

Weitere Unterstützung• Erst nach Einstellung eines Mitarbeitenden wird

darüber nachgedacht.

Besonderheiten im Prozess• Der Job Carving-Prozess dauerte 6 Monate.

Gründe: Urlaubszeiten, Erkrankung des betriebli-chen Ansprechpartners

• Die VW-Krise (Abgasskandal Ende 2015) hatte Auswirkungen auch auf VW-Autohäuser. Alle Mitarbeitenden im Betrieb waren daher stark belastet, weshalb – zunächst – keine weiteren Schritte bezüglich einer Stellenbesetzung über-nommen wurden. Der Betrieb wird sich wieder melden.

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Praxishandbuch Job Carving 83

Gecarvtes und abgestimmtes Tätigkeitsprofil

Arbeitsbereich Gecarvt

Unterstützende Tätigkeiten

1. Platzpflege Unkrautziehen

Zurückschneiden von Anpflanzungen

Mähen und Freischneiden von Flächen zu Nachbargrundstücken

Fegen vor Verkaufshallen und der Abstellflächen

Wöchentliches Fegen der Lagerflächen von Fahrzeugen

2. Verkauf Reinigen der Autoscheiben

Saugen und Fegen der Verkaufsräume

Einsortieren von Autoprospekten

Herstellen von KFZ-Kennzeichen

3. Ersatzteillager Ersatzteilbereitstellung für Werkstatt

Umlagern von Ersatzteilen

Vorbereiten von Retouren

Hilfe beim Reifenwechsel

FazitDas Tätigkeitsprofil eignet sich aus Sicht des Betriebs sehr gut für einen Menschen mit Behinderung. Um die Inhalte aller Tätigkeiten zu erlernen und die Integration des neuen Mitarbeitenden in die Betriebsabläufe zu gewährleisten, ist eine Einarbeitungsphase geplant.

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84 Praxishandbuch Job Carving

5. Job Carving im Bereich Behälterbau

Das Unternehmen

Robert Nückel GmbHEiserfelderstraße 206 a57072 SiegenTelefon: 0271-316659www.nueckel.com

Zum Unternehmen• Das Familienunternehmen Robert Nückel GmbH in Südwestfalen ist spezialisiert auf die Fertigung von Behältern aller Art von einer Größe bis zu Durchmesser 3.000 mm und Stückgewicht bis 10 Tonnen. Zugelassen nach AD Regelwerk HP 0 als Voraussetzung zum Bau von Druckbehältern gemäß Druckgeräterichtlinie 97/23 EG sowie nach DIN EN ISO 9001: 2008 steht der Name der Marke Nückel seit inzwischen mehr als 50 Jahren für Qua-lität im Behälter- und Apparatebau.

Anzahl Mitarbeitende• gesamt 9

Ansprechperson im Unternehmen• Bernd Nückel

Ziele des Job Carvings• Schaffung eines neuen Arbeitsplatzes für einen

sbM zur Entlastung von Fachkräften

Zu berücksichtigende Besonderheiten• Einhalten von besonderen Sicherheitsvorschriften• Arbeiten auch im Inneren eines Behälters und

auf Leitern

Der Job Carving­Prozess

Phase 1: AnalyseStart: November 2015Stunden: 13Dauer Prozess in Monaten: 3

Kontakte im Betrieb:• Betriebsbegehung und -analyse: 2• Arbeitgebergespräche: 3• Gespräche mit Kolleginnen/Kollegen: 3

Kooperationspartner intern:• Geschäftsleitung• 2 Facharbeiter

Kooperationspartner extern:• Integrationsfachdienst Siegen

Phase 2: MatchingStart: ist geplant

Ergebnis Stellenbesetzung: ist vorgesehen Stunden/Woche: angedacht ist eine Teilzeit-beschäftigung von Montag bis Freitag von 8.00 Uhr bis 13.00 Uhr mit Option auf Erweiterung

Weitere Unterstützung• Erst nach Einstellung eines Mitarbeitenden wird

darüber nachgedacht.

Besonderheiten im Prozess• Ein Kandidat ist gefunden und soll ein Praktikum

machen.• Fragen des Arbeitsschutzes sollen vor der

Einstellung mit der Berufsgenossenschaft geklärt werden.

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Praxishandbuch Job Carving 85

Gecarvtes und abgestimmtes Tätigkeitsprofil

0 = nicht übernommen, 1= angepasst übernommen; 2 = alternativ; 3 = neu

Arbeitsbereich Gecarvt nach Anpassung

Unterstützende Tätigkeiten

1. Vorbereitung des Zubehörs eines Behälters

Lagerhaltung 1

Kontrolle Lagerbestand 1

Kommissionierung von Behälterzubehör 1

Stutzen mit Flansch für Behälter vorbereiten 1

Bohren, Sägen, Stanzen und Kanten von Behälterzubehör 1

Endmontage 1

Arbeitsplätze aufräumen und sauber machen 1

Wartungs- und Reparaturarbeiten an elektrischen Maschinen 0

2. Zusammenbau von Behältern

Behälter reinigen 1

Anstreicharbeiten und Kontrollaufgaben beim Schweißen innenliegender Schweißnähte

1

Vorbereitung der Dichtheitsprüfung eines Behälters 1

FazitDer Betrieb steht dem Job Carving sehr offen und positiv gegenüber („eine gute Sache“). Das Tätigkeitspro-fil ist für einen Menschen mit Behinderung geeignet. Dem Besitzer ist es wichtig, dass der potenzielle Stellen-besetzer Interesse hat, die in der Analyse aufgeführten Tätigkeiten der Metallverarbeitung zu lernen (Vorkenntnisse sind vorteilhaft). Aus arbeitssicherheitstechnischen Gründen und der damit verbundenen Unfallverhütung müssen die geforderte Aufmerksamkeit und auch die entsprechende Reaktionsgeschwindig-keit gegeben sein.

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86 Praxishandbuch Job Carving

6. Job Carving im Bereich Produktion

Das Unternehmen

Saertex GmbH & Co KGBrochterbecker Damm 5248369 SaerbeckTelefon: 02574-90224www.saertex.com

Zum UnternehmenDas Familienunternehmen wurde 1982 in Saerbeck gegründet und ist inzwischen an 12 Standorten in 8 Ländern auf 5 Kontinenten tätig, Kundenservice bietet es in über 50 Ländern an. Das Unternehmen ist spezialisiert auf die Herstellung textiler Gewebe für verschiedene große Industriezweige: Windener-gie, Automobilindustrie, Luftfahrt, Boots- und Schiffbau, Sportindustrie und Kanalsanierung. Mit seinen etwa 2.500 kundenspezifischen Produktlö-sungen erwirtschaftete es im Jahr 2015 einen Umsatz von 320 Millionen Euro.

Anzahl Mitarbeitende• 1.300 weltweit

Ansprechperson im Unternehmen• Herr Huge

Ziele des Job Carvings• Schaffung eines neuen Arbeitsplatzes für einen

sbM zur Entlastung von Fachkräften• sbM eine Chance geben• Bewährt sich das Instrument Job Carving, bekun-

det das Unternehmen Interesse, das Verfahren auch über den Produktionsbereich hinaus in wei-teren Abteilungen zur Schaffung von Stellen für sbM zu nutzen.

Zu berücksichtigende Besonderheiten• Einhalten von besonderen Geheimhaltungsbe-

stimmungen• Gabelstaplerführerschein• Besondere Anforderungen an Feinmotorik, Sorg-

falt und Ausdauer

Der Job Carving­Prozess

Phase 1: AnalyseStart: August 2015Stunden: 15Dauer Prozess in Monaten: 3

Kontakte im Betrieb:• Betriebsbegehung und -analyse: 2• Arbeitgebergespräche: 2• Gespräche mit betrieblicher Ansprechperson: 1• Gespräche mit Kolleginnen/Kollegen: 1• Gespräch mit Betriebs-/Personalrat: 1• Mitarbeit unter anderem in Nachtschicht: 2

Kooperationspartner intern:• Geschäftsführung• Schwerbehindertenvertretung• Personalleitung• Produktionsleitung• Produktionsmeister

Kooperationspartner extern:• Fachstelle Kreis Steinfurt• Integrationsfachdienst Kreis Steinfurt

Phase 2: MatchingStart: noch nicht erfolgt (siehe unten)

ErgebnisStellenbesetzung: noch nicht erfolgt (siehe unten) Stunden/Woche:möglich sind eine Vollzeitstelle beziehungsweise zwei Teilzeitstellen (Tagschicht circa 7.00 Uhr bis 16.00 Uhr; alternativ: 6.00 Uhr bis 14.00 Uhr beziehungsweise 14.00 Uhr bis 22.00 Uhr)

Weitere Unterstützung• Erst nach Einstellung eines Mitarbeitenden wird

darüber nachgedacht.

Besonderheiten im Prozess• Gegen Ende des Job Carvings-Prozesses entfiel

ein Großauftrag, weshalb eine Neueinstellung nicht gerechtfertigt werden konnte.

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Praxishandbuch Job Carving 87

Gecarvtes und abgestimmtes Tätigkeitsprofil

Arbeitsbereich Gecarvt

Unterstützende Tätigkeiten

1. Sortieren der Retouren (Verpackungs­/Transportmaterial)

Transport der Paletten

Herausnahme Papphülsen

Entfernen Kleber, Klebestreifen, Barcodeaufkleber

Qualitätskontrolle der Papphülsen, Sortieren nach Länge

Papier, Folien, Klebestreifen et cetera in Kleincontainer sortieren

Holzaufsatzrahmen abnehmen, nach Länge sortieren

2. Papphülsen bekleben Entnahme von Palette

Aufbringen doppelseitiges Klebeband/Entfernen zweite Schutzschicht

Aufbringen der Papierbahn, Aufrollen auf Papphülse

Lagern Papphülse auf Palette

FazitDas Tätigkeitsprofil ist aus Sicht des Unternehmens für einen Menschen mit Behinderung gut geeignet. Grundsätzlich kommen Menschen mit psychischer Behinderung, Lernbeeinträchtigung oder auch Hörbeein-trächtigung für die Durchführung infrage. Die einzelnen Arbeitsschritte sind einfach zu erlernen. Um die Kom-plexität der gesamten Produktion und die Orientierung im Betriebsablauf zu ermöglichen, wird von einer Einarbeitung von 3 bis 6 Monaten ausgegangen. Der Erwerb einer Gabelstaplererlaubnis ist in diesem Zeit-raum möglich.

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88 Praxishandbuch Job Carving

7. Job Carving im Bereich Produktion

Das Unternehmen

Papierfabrik VredenAusbachstraße 948691 VredenTelefon: 02564-3990www.papierfabrik-vreden.de

Zum UnternehmenSeit über 60 Jahren produziert die Papierfabrik Vreden hochqualitatives Recyclingpapier im West-münsterland. Seit 2014 ist das Unternehmen 100-prozentige Tochter der Straub-Gruppe.

Anzahl Mitarbeitende• gesamt 65

Ansprechperson im Unternehmen• Herr Terhüne, Personalleitung

Ziele des Job Carvings• Sicherung eines Arbeitsplatzes für einen inzwi-

schen schwerbehinderten Mitarbeiter, der seit 2005 im Unternehmen tätig ist

Zu berücksichtigende Besonderheiten• Die besondere Historie zur Person des inzwi-

schen schwerbehinderten Mitarbeiters im Betrieb

Der Job Carving­Prozess

Phase 1: AnalyseStart: Juni 2015Stunden: 14,5Dauer Prozess in Monaten: 1

Kontakte im Betrieb:• Betriebsbegehung und -analyse: 3• Arbeitgebergespräche: 2• Gespräche mit betrieblicher Ansprechperson: 2• Gespräche mit Kolleginnen/Kollegen: 11• Gespräch mit Betriebs-/Personalrat: 2• Gespräch mit Klient (Sicherung Arbeitsplatz): 1

Kooperationspartner intern:• Personalleitung• Technische Leitung

Kooperationspartner extern:• keine

Phase 2: MatchingStart: Matching war nicht erforderlich. Der Mitar-beiter mit Behinderung hat inzwischen eine neue Beschäftigung in einem anderen Unternehmen gefunden.

ErgebnisStellenbesetzung: nicht erfolgt (siehe unten)

Weitere Unterstützung Nicht erforderlich (siehe unten)

Besonderheiten im Prozess• Die Arbeitsaufträge im Betrieb waren bereits

weitgehend optimiert. Die gecarvten Tätigkeiten werden (wie bisher, auch gemäß Arbeitsvertrag) von den entsprechenden Mitarbeitenden erledigt.

• Der Mitarbeiter mit Behinderung wurde zunächst bezahlt weiter beschäftigt, um ihm die Chance zu geben, einen neuen Arbeitsplatz zu finden. Zusätzlich erhielt er eine Abfindung. Er hat inzwischen einen neuen Arbeitsplatz gefunden.

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Praxishandbuch Job Carving 89

Gecarvtes Tätigkeitsprofil

Arbeitsbereich Gecarvt

Werk 1 (Papierherstellung) Keller reinigen

Reinigungsarbeiten außerhalb der laufenden Maschinen

Pflege Grünanlagen

Werk 2 (Altpapierverwertung) Reinigen und Pflege von Maschinen und Räumlichkeiten

Verbindungsstraße Werk 1 und Werk 2

Reinigung/Pflege

Lager/Versand Reinigung/Pflege

Sonstiges Einsatz bei nicht regelmäßig wiederkehrenden Arbeiten (Material abholen, Anstreicharbeiten, Hilfe bei größeren Reparaturen et cetera)

Wartung und Kontrolle von Sachwerten, die keine Spezialkenntnisse erfordern

FazitDas Tätigkeitsprofil ist aus Sicht des Unternehmens für einen Menschen mit Behinderung grundsätzlich gut geeignet. Die gecarvten Tätigkeiten werden weiterhin von den laut Arbeitsvertrag dafür zuständigen Mitar-beitenden erledigt. Der Mitarbeiter, dessen Stelle mittels eines Job Carvings gesichert werden sollte, hat inzwi-schen in einem anderen Unternehmen einen neuen Arbeitsplatz gefunden.

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90 Praxishandbuch Job Carving

8. Job Carving im Bereich Büro/Verwaltung

Das Unternehmen

Stadtverwaltung DrensteinfurtLandsbergplatz 748317 DrensteinfurtTelefon: 02508-995138www.drensteinfurt.de

Zum UnternehmenDie Stadt Drensteinfurt ist eine kreisangehörige Stadt im Kreis Warendorf südlich von Münster in Nordrhein-Westfalen. Zur Stadt Drensteinfurt gehö-ren die Ortschaften Drensteinfurt, Rinkerode und Walstedde. Zum 31. Dezember 2015 hatte die Stadt insgesamt 15.542 Einwohnerinnen und Einwohner.

Anzahl Mitarbeitende• keine Angabe

Ansprechperson im Unternehmen• Dirk Niggemann, Persönlicher Referent

des Bürgermeisters

Ziele des Job Carvings• Schaffung eines Arbeitsplatzes für einen

Menschen mit Behinderung (unter anderem als Teil der Inklusionsstrategie der Stadt)

• Entlastung von Mitarbeitenden der Verwaltung

Zu berücksichtigende Besonderheiten• Der potenzielle Arbeitsort in der Verwaltung ist

nicht barrierefrei. Die Entscheidung über die Finanzierung eines Umbaus steht an.

Der Job Carving­Prozess

Phase 1: AnalyseStart: August 2015Stunden: 11,25Dauer Prozess in Monaten: 3

Kontakte im Betrieb:• Einstiegsworkshop• Betriebsbegehung und -analyse• Arbeitgebergespräche• Gespräche mit betrieblicher Ansprechperson• Gespräche mit Kolleginnen/Kollegen

Kooperationspartner intern:• Persönlicher Referent Bürgermeister• Vertretende aus vier Fachbereichen:

1 Personal, 2 Planen und Bauen, 3 Sicherheit, Ordnung, 4 Familie, Schule, Sport, Soziales

Kooperationspartner extern:• Integrationsfachdienst Warendorf

Phase 2: MatchingStart: noch nicht erfolgt (siehe unten)

ErgebnisStellenbesetzung: noch nicht erfolgt (siehe unten)Stunden/Woche: Arbeitsbereich 1 deckt eine Voll-zeitstelle (39 Stunden pro Woche), Arbeitsbereich 2 eine Teilzeitstelle (circa 19 Stunden pro Woche) ab.Status: Praktikum

Weitere Unterstützung• Nicht erforderlich (siehe unten)

Besonderheiten im Prozess• Erste Erfahrungen im Arbeitsalltag mit Menschen

mit Behinderung liegen vor.

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Praxishandbuch Job Carving 91

Gecarvtes und abgestimmtes Tätigkeitsprofil

Arbeitsbereich Gecarvt

Büro

1. PC­Arbeiten Rechnungen buchen

Listenpflege (Rechnungen mit allen Daten in Excel-Liste eintragen)

Archivieren (Rechnungen scannen/ablegen)

2. Unterstützende Tätigkeiten

Reinigen und Pflege von Maschinen und Räumlichkeiten

Telefondienst (Auskünfte, Weiterleitung an Ansprechpartner,...)

Digitalisierung (Rechnungen scannen, auf Server ablegen)

Verkauf (Rad-/Wander-/Postkarten, Müllsäcke et cetera, ...)

Aushändigen von Formularen/Einsortieren ausgefüllter Formulare

Bearbeitung „Müll“ (zum Beispiel Entgegennahme Kundenbeschwerden)

GEZ Anträge (Anträge auf Befreiung mit Kunden ausfüllen/auf Richtigkeit überprüfen)

Aktualisierungen: Einordnen neuer/Aussortieren alter Gesetzestexte oder Prospekte

Abheften (scannen) und kopieren (zum Beispiel Krankmeldungen, Urlaubsanträge, Bauanträge)

Versand Einladungen, Erstellen Protokolle (zum Beispiel Sitzungen)

Schlüsselverwaltung (mit Generalschlüssel Schlüssel aktivieren/im System erfassen)

3. Unterstützung (amtszeitunabhängig, jährlich)

Wahlunterstützung

Kontrollaufgaben (Zählerstände städtischer Gebäude mit denen auf Rechnung vergleichen)

Kommunalfriedhof (Gräber abgehen, Pflege prüfen, abgelaufen?)

FazitDas Tätigkeitsprofil ist aus Sicht des Unternehmens für einen Menschen mit Behinderung sehr gut geeignet. Da die Tätigkeiten im Aufgabengebiet 1 anspruchsvoller sind, wird hier von der Beschäftigung eines Men-schen mit einer geistigen Behinderung abgeraten. Im Aufgabengebiet 3 wird von der Besetzung der Stelle mit einem Menschen mit einer Gehbehinderung abgeraten.

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92 Praxishandbuch Job Carving

9. Job Carving im Bereich Handwerk (Kläranlage)

Das Unternehmen

Stadtverwaltung DrensteinfurtLandsbergplatz 748317 DrensteinfurtTelefon: 02508-995138www.drensteinfurt.de

Zum UnternehmenDie Stadt Drensteinfurt ist eine kreisangehörige Stadt im Kreis Warendorf südlich von Münster in Nordrhein-Westfalen. Zur Stadt Drensteinfurt gehö-ren die Ortschaften Drensteinfurt, Rinkerode und Walstedde. Zum 31. Dezember 2015 hatte die Stadt insgesamt 15.542 Einwohnerinnen und Einwohner.

Anzahl Mitarbeitende• Kläranlage: 4

Ansprechperson im Unternehmen• Dirk Niggemann, Persönlicher Referent

des Bürgermeisters

Ziele des Job Carvings• Schaffung eines Arbeitsplatzes für einen

schwerbehinderten Menschen (unter anderem als Teil der Inklusionsstrategie der Stadt)

Zu berücksichtigende Besonderheiten• Große Vielfalt an anfallenden und wiederkehren-

den Arbeiten• Jahreszeitenbedingt Mehrarbeiten • (Frühjahr bis Herbst)

Der Job Carving­Prozess

Phase 1: AnalyseStart: August 2015Stunden: 9,5Dauer Prozess in Monaten: 3

Vorgehen:• Einstiegsworkshop• Betriebsbegehung und -analyse: 1• Arbeitgebergespräche: 1• Gespräche mit betrieblicher Ansprechperson: 3• Gespräche mit Kolleginnen/Kollegen: 2

Kooperationspartner intern:• Leitung Fachbereich Planen, Bauen, Wohnen• Betriebsleiter Kläranlage• Mitarbeiter (Ver- und Entsorger/Elektriker)

Kooperationspartner extern:• Integrationsfachdienst Warendorf

Phase 2: MatchingStart: 15. Februar 2016Stunden gesamt: 2 (Klient war bekannt und bereits mit der Arbeit vertraut)

ErgebnisStellenbesetzung: noch nicht erfolgt (siehe unten)Stunden/Woche: Der Arbeitsbereich deckt eine Vollzeitstelle (39 Stunden pro Woche) ab.Status: Praktikant

Weitere Unterstützung• Nicht erforderlich (siehe unten)

Besonderheiten im Prozess• Ein junger Mann aus einer WfbM machte bereits

beim Start des Job Carvings ein Praktikum im Betrieb, passt gut ins Team und bringt die geforderten Kompetenzen mit. Er ist für die zu besetzende Stelle geeignet, benötigt noch eine „Gleichstellung“ von der Arbeitsagentur.

• Gleicher Klient wie im Bauhof (siehe Seite 94)

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Praxishandbuch Job Carving 93

Gecarvtes und abgestimmtes Tätigkeitsprofil

Arbeitsbereich Gecarvt

Gebäude­ und Innendienst Hauptstandort

1. Reinigungs­ und Wartungsarbeiten

Pumpen und Kompressoren warten

Technische Geräte säubern

Schaltschränke reinigen

Gebäudeinnenreinigung

Edelstahl reinigen

2. Laborarbeiten Probeentnahmen in verschiedenen Becken

Laborarbeiten im Gebäude

3. Pflege Grün­/Pflasterflächen Pumpengebäude reinigen

Grünflächen pflegen (Rasen, Heckenschnitt, Unkraut entfernen, Baumrückschnitt)

Pflasterflächen reinigen

Winterdienst, Schneeräumen Ein-/Zugänge

4. Zustandskontrolle Zäune Kontrolle Zaunanlagen/Tore

FazitDas Tätigkeitsprofil ist aus Sicht des Unternehmens für einen Menschen mit Behinderung gut geeignet. Die Hauptaufgaben umfassen Reinigungs- und Pflegearbeiten. Je nach Mitarbeiter ist wegen der teilweise kom-plexen Tätigkeit eine Einarbeitung erforderlich.

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94 Praxishandbuch Job Carving

10. Job Carving im Bereich Handwerk (Städtischer Bauhof)

Das Unternehmen

Stadtverwaltung DrensteinfurtLandsbergplatz 748317 DrensteinfurtTelefon: 02508-995138www.drensteinfurt.de

Zum UnternehmenDie Stadt Drensteinfurt ist eine kreisangehörige Stadt im Kreis Warendorf südlich von Münster in Nordrhein-Westfalen. Zur Stadt Drensteinfurt gehö-ren die Ortschaften Drensteinfurt, Rinkerode und Walstedde. Zum 31. Dezember 2015 hatte die Stadt insgesamt 15.542 Einwohnerinnen und Einwohner.

Anzahl Mitarbeitende• Städtischer Bauhof: 18

Ansprechperson im Unternehmen• Dirk Niggemann, Persönlicher Referent des Bür-

germeisters

Ziele des Job Carvings• Schaffung eines Arbeitsplatzes für einen schwer-

behinderten Menschen als Teil der Inklusionsstra-tegie der Stadt

Zu berücksichtigende Besonderheiten• Keine

Der Job Carving­Prozess

Phase 1 : AnalyseStart: August 2015Stunden: 11Dauer Prozess in Monaten: 3

Kontakte im Betrieb:• Einstiegsworkshop• Betriebsbegehung und -analyse: 3• Arbeitgebergespräche: 1• Gespräche mit betrieblicher Ansprechperson: 4• Gespräche mit Kolleginnen/Kollegen: 1

Kooperationspartner intern:• Persönlicher Referent Bürgermeister• Leitung Bauhof• Bereichsleitung Verwaltung

Kooperationspartner extern:• Integrationsfachdienst Warendorf

Phase 2: MatchingStart: Der Betrieb selbst möchte den vorgesehenen Mitarbeitenden einarbeiten. Eine Zusammenarbeit aus einem Praktikum heraus war bereits angebahnt.

ErgebnisStellenbesetzung: zum 1. November 2016Stunden/Woche: Eine 30,5 Stunden-Stelle pro Woche ist ein realistischer Einstieg.Status: Praktikant

Weitere Unterstützung• Nicht erforderlich (siehe unten)

Besonderheiten im Prozess• Der Bauhof wird äußerst effizient mit einem sehr

modernen Maschinenpark geführt.• Einfache Tätigkeiten konnten ausschließlich in

der Gärtnerabteilung gefunden werden.• Gleicher Klient wie in der Kläranlage

(siehe Seite 92).

Page 97: LWL Job Carving · Vorwort des Herausgebers Seit gut 25 Jahren gehört Jobcoaching in Westfalen-Lippe zum Leistungsangebot der Begleitenden Hilfe im Arbeitsleben.

Praxishandbuch Job Carving 95

Gecarvtes und abgestimmtes Tätigkeitsprofil

Arbeitsbereich Gecarvt

Gärtnerische Tätigkeiten und Pflege

1. Pflege und Gartenarbeiten Kleine Rasenflächen, auf das Stadtgebiet verteilt, schneiden

Rabatten pflegen, Unkraut entfernen, Rückschnitt Rosen/Sträucher

Baumschnitt (Helferdienste im Team, Handreichungen)

Herbst-/Winterdienst (Entfernen Laub, Abstreuen angegebener Flächen, Schnee räumen)

2. Helfer bei Absperrdiensten Anbringen/Demontage von Schildern, Absperrungen auf-/abbauen (im Team)

Handstreuung

FazitDas Tätigkeitsprofil ist aus Sicht des Unternehmens für einen Menschen mit Behinderung sehr gut geeignet. Angedacht ist eine gemeinsame Stelle für handwerkliche Arbeiten in Bauhof und Kläranlage.

Page 98: LWL Job Carving · Vorwort des Herausgebers Seit gut 25 Jahren gehört Jobcoaching in Westfalen-Lippe zum Leistungsangebot der Begleitenden Hilfe im Arbeitsleben.

96 Dokumentvorlagen Job Carving

Dokumentvorlagen

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Dokumentvorlagen Job Carving 97

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98 Dokumentvorlagen Job Carving

2

Interviewleitfaden für Arbeitgeber/innnenSicherung eines Arbeitsplatzes und Neueinstellung

1. Einstieg: Vorwissen und Informationsstand

1. Wie beziehungsweise von wem haben Sie von der Idee Job Carving erfahren?2. Welche Infos liegen Ihnen darüber vor? Woher? (zum Beispiel durch Multiplikator, Flyer et cetera)3. Wie finden Sie die Idee „Job Carving“? Begründung!

2. Ziele, Interessen und Erfahrungen des Betriebs mit sbM

4. Was ist der Anlass, ein Job Carving im Betrieb durchführen zu lassen?

Im Fall einer möglichen Neueinstellung

5. Welche Ziele und Vorstellungen verfolgen Sie genauer mit dem Job Carving?6. Haben Sie bereits Erfahrung mit Menschen mit Behinderung (a A im Unternehmen, b – andere)?

Falls ja:

7. Wie viele Mitarbeitende mit Behinderung haben Sie aktuell? In welchen Bereichen?8. Welche Erfahrungen haben Sie bisher mit ihnen gemacht?9. Wie sind Sie bei der Einstellung vorgegangen? Wer hat Sie unterstützt?10. Was wissen Sie bezüglich Möglichkeiten der finanziellen Unterstützung?11. Welche Arten der Behinderung kommen für Sie/Ihr Unternehmen eher infrage/nicht infrage?

Falls nein:

12. Was hat Sie bislang daran gehindert, Menschen mit Behinderung einzustellen?13. Welches Wissen haben Sie bezüglich Möglichkeiten der Unterstützung? (Institutionen/

Finanzierung)14. Welche Arten der Behinderung kommen für Sie/Ihr Unternehmen eher infrage/nicht infrage?

Im Fall der Sicherung des Arbeitsplatzes für einen Mitarbeitenden

15. Für welchen Mitarbeitenden ist ein Job Carving angedacht?16. Wie ist es zu der Situation gekommen, dass für diesen Mitarbeitenden nach neuen/anderen

Aufgaben geschaut werden soll?17. Welche Vorgeschichte hat der Mitarbeitende in Ihrem Betrieb? (Anstellungsbeginn, Stundenumfang,

bisherige Tätigkeiten, Einbindung ins Team)

3. Detailliertere Informationen zum Betrieb

18. Was genau macht Ihr Betrieb?19. Welche zentralen Abteilungen/Bereiche gibt es?20. Wie viele Mitarbeitende gibt es insgesamt?21. Lassen Lage/räumliche Bedingungen et cetera die WeiterA/Beschäftigung eines sbM zu?22. Gibt es gegebenenfalls Änderungsbedarf? Falls ja: Welchen?

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Dokumentvorlagen Job Carving 99

3

4. Erste Ideen für geeignete Arbeitsbereiche/Tätigkeiten

23. Macht es Ihrer Einschätzung nach Sinn, in unterschiedlichen Bereichen des Betriebes nach Tätigkeiten zu schauen oder nur in einzelnen ausgewählten? In welchen?

Mögliche Nachfragen

24. Wie sieht die Arbeitsbelastung des Fachpersonals aus? Benötigen diese Entlastung? Falls ja:Welche? In welchen Bereichen?

25. Gibt es gegebenenfalls fachfremde oder auch unbeliebte einfache Tätigkeiten, die Sie/IhreMitarbeitenden gerne abgeben würden, um die gewonnene Zeit für die „eigentlichen“beziehungsweise „wichtigeren“ Tätigkeiten aufwenden zu können? Falls ja: Welche? In welchen Bereichen?

26. Gibt es gegebenenfalls Arbeiten, die des Öfteren liegen bleiben? Falls ja: Welche? Warum?27. Beschäftigen Sie gegebenenfalls ältere/leistungsgeminderte Mitarbeitende, die zum Beispiel

körperliche Entlastung benötigen? Falls ja: In welchen Bereichen? Welche Entlastung?28. Gibt es gegebenenfalls einfache Dienstleistungen, die ein Anreiz für Ihre Kunden sein könnten?

Welche?29. Gibt es gegebenenfalls ausgelagerte einfache Arbeiten, die Sie gegebenenfalls in den Betrieb

zurückholen können/wollen? Welche?

5. Zu erwartende Unterstützung und Bedenken im Betrieb(Entscheider/innen, Personalverantwortliche, Mitarbeitende, Mitarbeitervertretungen)

30. Von wem ist im Betrieb Zustimmung und Unterstützung zu erwarten?31. Von wem sind eher Bedenken und/oder Vorbehalte zu erwarten? Welche? Warum?32. Was dürfte auf keinen Fall passieren, wenn wir eine neue Stelle carven?

6. Vereinbarung zum weiteren Vorgehen/nächste Schritte

33. Wie gehen wir am besten weiter vor? (erste Schritte und Maßnahmen)34. Wer wird unser Ansprechpartner während des Prozesses im Betrieb? (Name, Funktion) 35. Haben Sie noch Fragen zum weiteren Vorgehen?

Vielen Dank für das Gespräch!

Wir melden uns nach der internen Klärung wieder bei Ihnen!

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100 Dokumentvorlagen Job Carving

4

Betriebsprofil Job Carving

Profil erstellt von:

am:

zum Unternehmen:

Fachkoordination Job Coaching/Job CarvingLWLAIntegrationsamtAWestfalen

VonAVinckeAStraße 23A2548143 Münster

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Dokumentvorlagen Job Carving 101

5

1. Hintergründe zum BetriebBranche:

Gründungsjahr:

Familienbetrieb: ja neinCarving begünstigendesUnternehmensleitbild(zum Beispiel Diversity/Inklusion et cetera):

ja nein

Hinweise/Besonderheiten:

2. Wirtschaftliche Lage

Jahresumsatz in Euro circa.:

Expansion geplant?

Hinweise/Besonderheiten:

3. Unternehmensstruktur

Zentrale Bereiche im Betrieb:

Unternehmenstätigkeit eher: regional überregional international

Anzahl der Niederlassungen: im Inland im Ausland

Anzahl Mitarbeitende: gesamt im gecarvten Betrieb

Davon schwerbehindert:

Hinweise/Besonderheiten:

4. Erreichbarkeit

Betriebslage: Stadt Stadtrand eher ländlich/abseitsGute Anbindung anöffentliche Verkehrsmittel: ja nein

Erreichbarkeit für sbM mittels:

Überschaubarkeit Gelände: leicht überschaubar schwer überschaubar

Orientierung auf Gelände: gut möglich bedingt möglich schwierig

Hinweise/Besonderheiten:

Page 104: LWL Job Carving · Vorwort des Herausgebers Seit gut 25 Jahren gehört Jobcoaching in Westfalen-Lippe zum Leistungsangebot der Begleitenden Hilfe im Arbeitsleben.

102 Dokumentvorlagen Job Carving

6

5. Erfahrungen mit Menschen mit Behinderung

Erfahrungen des Betriebes regelmäßig sporadisch keine

Mitarbeitende mit Erfahrungenund Art der Erfahrung

Name:

positiv negativ neutralBereich:

Name:

positiv negativ neutralBereich:

Name:

positiv negativ neutralBereich:

Name:

positiv negativ neutralBereich:

Potenziell geeignete/r MA für Einarbeitung des sbM

vorhanden noch nicht vorhandenFalls vorhanden:

Name/Bereich:

Hinweise/Besonderheiten

6. Weitere Informationen zum Betrieb

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Dokumentvorlagen Job Carving 103

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Landschaftsverband WestfalenALippeFachkoordination Job CarvingVonAVinckeAStraße 23A2548143 Münster

Telefon: Fax:EAMail:

Einverständniserklärung zum Job Carving (A)zur Neueinstellung eines Menschen mit Behinderung

Arbeitgeber/in:Rechtsform:Geschäftsführung/Inhaber/in:Straße:PLZ / Ort:Telefon:Fax:EAMail:

Betriebliche Ansprechpersonfür den Job Carver: ▪ Name▪ Funktion im Betrieb▪ Telefon▪ EAMail

Hiermit erkläre ich meine Bereitschaft, an einem vom LWLAIntegrationsamt Westfaleninitiierten Beratungsprozess zum Job Carving mitzuwirken.

Mit folgenden Eckpunkten beim Job Carving erkläre ich mich einverstanden:

A Ziel: Sondierung der Potenziale für einen PraktikumsA oder Arbeitsplatz für einen Menschen mit Behinderung.

A Durchführung: Das LWLAIntegrationsamt Westfalen beauftragt einen fachlich geeigneten und von mir akzeptierten Job Carver.

A Methodisches Vorgehen: Die Informationsgewinnung im Betrieb erfolgt durcharbeitsanalytische Verfahren (Zutritt zu den betrieblichen Räumlichkeiten, teilnehmende Beobachtung, Befragung von Mitarbeitenden, Mitarbeit an verschiedenen Arbeitsplätzen,et cetera).

A Zwischenergebnis: Erörterung und Auswahl von möglichen Tätigkeiten mit dem JobCarver durch den Arbeitgeber bzw. eine von ihm autorisierte betrieblicheAnsprechperson.

Page 106: LWL Job Carving · Vorwort des Herausgebers Seit gut 25 Jahren gehört Jobcoaching in Westfalen-Lippe zum Leistungsangebot der Begleitenden Hilfe im Arbeitsleben.

104 Dokumentvorlagen Job Carving

8

A Der örtliche Integrationsfachdienst (IFD) wird spätestens zu diesem Zeitpunkt in denProzess einbezogen, um eine potenziell geeignete Person für den neuen ArbeitsA/ Praktikumsplatz finden zu können.

A Erprobung: Ein potenzieller Kandidat/eine potenzielle Kandidatin erhält die Möglichkeitzur Probearbeit. Hierfür steht der Job Carver zur Verfügung.

Ergebnis:

A Im günstigsten Fall mündet der Prozess nach der Erprobung in ein behindertengerechtesgeordnetes neues Stellenprofil.

A Auf Basis des Stellenprofils erfolgt die Platzierung der geeigneten Person mit Behinderung gegebenenfalls zunächst in einem Probearbeitsverhältnis.

A Der örtliche Integrationsfachdienst (IFD) steht den Beteiligten nach der Platzierungweiterhin bei Fragen zur Verfügung und trägt zur Sicherung der Nachhaltigkeit bei.

Eckpunkte:

A Die Dauer eines Job Carving-Prozesses beträgt in der Regel 1 bis 3 Monate bei einemdurchschnittlichen Zeitaufwand von 15 bis max. 30 Stunden.

A Der Job Carver erhält einen Dienstvertrag vom LWLAIntegrationsamt Westfalen undberichtet diesem über den Verlauf und die Ergebnisse.

- Das Angebot ist für den Arbeitgeber kostenlos.

A Am Prozess beteiligte Stellen und Personen unterliegen der Schweigepflicht gegenüberPersonen, die nicht am Prozess beteiligt sind

A Daten zu Betriebsgröße, Branche, Tarifstruktur und Ansprechpersonen mit Funktionenwerden ausschließlich zum Zweck der Schaffung eines ArbeitsA/Praktikumsplatzes imLWLAIntegrationsamt Westfalen gespeichert.

_____________________________________Ort, Datum

Unterschrift Arbeitgeber (Funktionsbezeichnung)

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Dokumentvorlagen Job Carving 105

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Landschaftsverband WestfalenALippeFachkoordination Job CarvingVonAVinckeAStraße 23A2548143 Münster

Telefon: Fax:EAMail:

Einverständniserklärung zum Job Carving (B)zur Sicherung eines bestehenden Arbeitsplatzes

Arbeitgeber/in:Rechtsform:Geschäftsführung / Inhaber/in:Straße:PLZ / Ort:Telefon:Fax:EAMail:

Betriebliche Ansprechpersonfür den Job Carver: ▪ Name▪ Funktion im Betrieb▪ Telefon▪ EAMail

Hiermit erkläre ich meine Bereitschaft, an einem vom LWLAIntegrationsamt Westfaleninitiierten Beratungsprozess zum Job Carving mitzuwirken.

Mit folgenden Eckpunkten beim Job Carving erkläre ich mich einverstanden:

A Ziel: Sondierung der Potenziale für neue/zusätzliche Aufgaben für einen bereitsangestellten Menschen mit Behinderung.

A Durchführung: Das LWLAIntegrationsamt Westfalen beauftragt einen fachlich geeignetenund von mir akzeptierten Job Carver.

A Methodisches Vorgehen: Die Informationsgewinnung im Betrieb erfolgt durch arbeitsanalytische Verfahren (Zutritt zu den betrieblichen Räumlichkeiten, teilnehmende Beobachtung, Befragung von Mitarbeitenden, Mitarbeit an verschiedenen Arbeitsplätzen,et cetera).

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106 Dokumentvorlagen Job Carving

10

A Zwischenergebnis: Erörterung und Auswahl von möglichen Tätigkeiten mit dem Job Carver durch den Arbeitgeber beziehugsweise eine von ihm autorisierte betriebliche Ansprechperson.

A Erprobung: Die Arbeitnehmerin/der Arbeitnehmer erhält die Möglichkeit, die neuenAufgaben auszuprobieren. Hierfür steht der Job Carver zur Verfügung.

Ergebnis:

A Im günstigsten Fall mündet der Prozess nach der Erprobung in einbehinderungsgerechtes, geordnetes neues Stellenprofil.

A Der örtliche Integrationsfachdienst (IFD) steht den Beteiligten weiterhin bei Fragen zurVerfügung und trägt zur Sicherung der Nachhaltigkeit bei.

Eckpunkte:

A Die Dauer eines Job Carving-Prozesses beträgt in der Regel 1 bis 3 Monate bei einemdurchschnittlichen Zeitaufwand von 15 bis maximal 30 Stunden.

A Der Job Carver erhält einen Dienstvertrag vom LWLAIntegrationsamt Westfalen und berichtet diesem über den Verlauf und die Ergebnisse.

A Das Angebot ist für den Arbeitgeber kostenlos.

A Am Prozess beteiligte Stellen und Personen unterliegen der Schweigepflicht gegenüberPersonen, die nicht am Prozess beteiligt sind.

A Daten zur Betriebsgröße, Branche, Tarifstruktur und Ansprechpersonen mit Funktionenwerden ausschließlich zur Sicherung eines Arbeitsplatzes im LWLAIntegrationsamt Westfalen gespeichert.

_____________________________________Ort, Datum

_________________________________________________________Unterschrift Arbeitgeber (Funktionsbezeichnung)

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Dokumentvorlagen Job Carving 107

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Falldatenblatt ^ Job CarvingDeckblatt für alle Dokumente: Fachdienstliche Beurteilung, ZwischenA/Abschlussbericht

Der AuftragAz.: 61L:Az.: 61P:Fachkoordination: (Name/Telefon/EAMail)Sachbearbeitung: (Name/Telefon/EAMail)Integrationsfachdienst (Ort/Name/Telefon)Weitere Netzwerkpartner

Daten zum BetriebNamePLZ, Ort, Straße, Nr.Geschäftsführung (Name/Telefon/EAMail)Betriebliche Ansprechperson:A Funktion im BetriebA Telefon/EAMail

Daten zum Job CarvingName Job CarverA Telefon/EAMailZiel Neueinstellung Sicherung

StartBewilligte Stunden + ProzessdauerBisher benötigte Stunden/ProzessdauerAnzahl gecarvte Stellen Teilzeit Vollzeit

Daten zur ErprobungName begleitender Job CarverA Telefon/EAMailStartBewilligte Stunden/ProzessdauerBenötigte Stunden/ProzessdauerErgebnis der ErprobungStellenbesetzung ist erfolgt ja, durch: neinStatus auf Probe fest befristet Monate unbefristet

Ab wann? Stunden? Bezahlung? ab: Stunden Euro/Monat

Daten zum StelleninhaberStelleninhaber Name: Leistungsnummer: AZ: Art/Grad der BehinderungStatus vor Stellenbesetzung

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108 Dokumentvorlagen Job Carving

12

Fachdienstliche Beurteilung (FdB)Initiierung eines Job Carving-Prozesses

Beurteilung erstellt

von:

am:

zum Unternehmen:

Fachkoordination Job Coaching/Job CarvingLWLAIntegrationsamtAWestfalen

Von VinckeAStraße 23A2548143 Münster

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Dokumentvorlagen Job Carving 109

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1. Job Carving-Prozess

1. Job Carving-ProzessZiel: Neueinstellung SicherungAktenzeichen Az.: 61L: Az.: 61P:Abteilung:

2. Job Carving-ProzessZiel: Neueinstellung SicherungAktenzeichen Az.: 61L: Az.: 61P:Abteilung:

2. Idee zum Job Carving

2.1 Wie ist die Idee für ein (weiteres) Job Carving zustande gekommen:

2.2 Erste Ideen für geeignete Arbeitsbereiche

Potenzielle Arbeitsbereiche/Abteilungen Tätigkeiten

2. Angaben zum Menschen mit Behinderung ^ nur im Fall „Sicherung“

2.1 Angaben zur Person

Name, Vorname:Straße:PLZ, Ort:Geb.ADatum:Telefon:EAMail:

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110 Dokumentvorlagen Job Carving

14

2.2 Angaben zur Behinderung

Behinderungen/Erkrankungen:

Daraus resultierendeEinschränkungen:

Sonstiges:

2.3 Angaben zum bisherigen Arbeitsverhältnis/Arbeitsplatz

Angestellt seit:

Arbeitsverhältnis:Teilzeit Vollzeitunbefristet befristet bis:Stunden/Monat

Arbeitszeiten:Tätigkeitsbereich:Bisherige Aufgaben:

2.4 Entwicklungen, die zum Bedarf an neuen Tätigkeiten geführt haben

2.5 Interesse und Mitwirkungsbereitschaft des Beschäftigten mit Behinderung

3. Beurteilung der Voraussetzungen

3.1 Ziele, Interessen und Vorstellungen des Arbeitgebers

3.2 Einschätzung des zu erwartenden Prozessverlaufs

3.3 Einschätzung der Aussicht auf Schaffung/Sicherung eines Arbeitsverhältnisses

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Dokumentvorlagen Job Carving 111

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3.4 Abschließende Beurteilung der Eignung des Betriebes für ein „Job Carving“(inklusive Begründung)

4. Weiteres Vorgehen/nächste Schritte

4.1 Maßnahmedaten

Geplanter Start: voraussichtlich:Anzahl geplante Stunden: Stunden (ca.)Geplante Prozessdauer: Wochen (ca.)Zu beauftragender Job Carver:A Anreise zum Betrieb ab(PLZ, Ort, Straße):

A Telefon:A EAMail:Betriebliche Ansprechperson: voraussichtlich:A TelefonA EAMail

4.2 Verfügung

Sachbearbeitung z. K. mit der Bitte um weitere BearbeitungJob Carver z.K.IFD z.K.

I. A.

…………………………………………………………..(Fachkoordination Job Coaching/Job Carving)

Anlagen:BetriebsprofilUnterschriebene Einverständniserklärung des BetriebsUnterschriebene Schweigepflichterklärung (Mensch mit Behinderung)

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112 Dokumentvorlagen Job Carving

16

Entbindung von der Schweigepflichtbei einem Job Carving

Name, Vorname: ___________________________________

Geburtsdatum: ___________________________________

Straße: ___________________________________

Ort: ___________________________________

Damit die geplanten Maßnahmen erfolgreich verlaufen, ist es erforderlich, dass bestimmte Daten unter den handelnden Akteuren ausgetauscht werden können.Meine persönlichen, wirtschaftlichen und gesundheitlichen Verhältnisse sind personenbezogene Daten, diedem Datenschutz des Sozialgesetzbuches unterfallen (§§ 35 SGB I, 67 ff. SGB X). Zur Durchführung vonMaßnahmen der begleitenden Hilfe im Arbeitsleben gemäß § 102 Absatz 2A4 SGB IX kann es notwendig sein,Daten zwischen den unten benannten Personen/Institutionen auszutauschen, insbesondere zur

! Beauftragung eines Integrationsfachdienstes zur Begleitung des Job Carving-Prozesses

! Beauftragung eines Job Carvers

! _____________________________________________________________________

Diese Schweigepflichtentbindung bezieht sich auf folgende Bereiche:

! Daten zu meinem Beschäftigungsverhältnis

! Daten, die im Zusammenhang mit meiner Behinderung stehen

! Daten zu meinen persönlichen Lebensverhältnissen, soweit deren Kenntnisnahme für die

(NeuA) Platzierung erforderlich ist (in der Regel nicht erforderlich beim Job Carving)

! _____________________________________________________________________

Über die Notwendigkeit und den Umfang des Datenaustausches bin ich im Einzelnen mündlich informiertworden.

Ich befreie die folgenden Institutionen beziehungsweise Personen untereinander von der Schweigepflicht:! LWLAIntegrationsamt Westfalen

! Integrationsfachdienst in _______________________________

! vom LWLAIntegrationsamt Westfalen beauftragter Job Carver

! Fachstelle für behinderte Menschen der Stadt/des Kreises ______________________! ____________________________________________________________________

Ich bin darüber unterrichtet, dassA die beschriebene Maßnahme bei Nichterteilung dieser Schweigepflichtentbindung nicht stattfinden kann,A diese Schweigepflichtentbindung jederzeit widerrufen werden kann undA die erhobenen Daten in einer automatisierten Datei gespeichert werden können.

(Datum und Unterschrift)

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Dokumentvorlagen Job Carving 113

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114 Dokumentvorlagen Job Carving

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Dokumentvorlagen Job Carving 115

19

Zwischenbericht Job CarvingErgebnisse der Analyse im Betrieb

Anhang: 1. Tätigkeits9 und Anforderungsprofil, 2. Anforderungsdefinitionen

Bericht erstelltvon:

am:

zum Unternehmen:

Fachkoordination Job Coaching/Job CarvingLWL9Integrationsamt9Westfalen

Von9Vincke9Straße 2392548143 Münster

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116 Dokumentvorlagen Job Carving

20

1. Ausgangslage

1.1 Vorliegende Erkenntnisse beruhen auf:Fachdienstliche Beurteilung (FdB) zur Klärungsphase Job CarvingBetriebsprofilZusätzliche Informationsquellen:

1.2 Kontakte im Betrieb bisher

! Kontaktform Anzahl Std. ges.Betriebsbegehung und 9analyseArbeitgebergesprächeGespräche mit betrieblicher Ansprechperson (bAP)Gespräche mit Kolleginnen/KollegenGespräch mit Betriebs9/Personalrat MitarbeitTermine im Betrieb bisher (insgesamt)Sonstiges:

1.3 KooperationspartnerBetriebsintern:

Nr. Kooperationspartner Funktion Telefon gegebenenfalls EKMail

Betriebsextern:Nr. Kooperationspartner Funktion Telefon gegebenenfalls EKMail

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Dokumentvorlagen Job Carving 117

21

2. Job Carving Durchführungsphase Teil 1

2.1 Kurze Schilderung der Vorgehensweise bzw. des Prozessverlaufs im Betrieb(Art der Einführung, Art der Umsetzung wie Betriebsbegehung, Abteilungen, Gespräche mit…)

2.2 Im Prozess neu gewonnene Erkenntnisse zum Betrieb(Bisher nicht bekannte relevante Informationen aus der ersten Durchführungsphase)

2.3 Einstellungen von PersonalK/Verantwortlichen(Grad der Offenheit, genannte Bedenken, offene/verdeckte Widerstände, gegebenenfalls Veränderungen imVerlauf` auch: Betriebs9/Personalrat, MAV, et cetera)

a) zum Job Carving:

b) zur Einstellung eines SbM:

2.4 Einstellungen von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern …(Grad der Offenheit, genannte Bedenken, offene|verdeckte Widerstände, gegebenenfalls Veränderungen imVerlauf et cetera)

a) zum Job Carving:

b) zur Einstellung eines SbM:

2.5 Bestehen nach Abschluss des Carvings noch Bedenken bezüglich Einstellung einessbM?(Welche? Warum?)

2.6 Mit wem wurde das endgültige Tätigkeitsprofil abgestimmt?

Nr. Person Bereich und Funktion Telefon

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118 Dokumentvorlagen Job Carving

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3. Fazit und Empfehlungen für die Besetzung der Stelle

3.1 Eignung des Tätigkeitsprofils für die Umsetzung durch einen sbM(Welchen Anforderungen muss sie/er gerecht werden? Art/Grad der Behinderung)

3.2 Vorschläge für Stundenumfang und Arbeitszeiten(Teilzeit/Vollzeit, Vollzeit, Schicht, Wochenende et cetera)

3.3 Hinweise zur Einarbeitung(Besonderheiten, zeitlicher Umfang, Tageszeit, Person et cetera)

…………………………………………………………………….(Unterschrift Job Carver)

Anlagen:Tätigkeitssammlung im ÜberblickTätigkeits9 und Anforderungsprofile (nach Arbeitsbereichen)

=============== Bitte nicht ausfüllen, Vermerk der Fachkoordinatorin Job Carving============

……………………………………………………………………..(Datum, Unterschrift Fachkoordination Job Carving)

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Dokumentvorlagen Job Carving 119

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TätigkeitsK und Anforderungsprofil nach Arbeitsbereichen

Arbeitsbereich 1:

1. Tätigkeitsbeschreibung

Tätigkeit Beschreibung

2. Rahmenbedingungen

ja Rahmenbedingungen Erläuterung bei Bedarf

Kundenkontakt

Besondere Arbeitszeiten

Besondere Umgebungseinflüsse

Besondere Belastungen

Besondere Belastungszeiten

Zu berücksichtigendeSicherheitsvorschriften Zu berücksichtigendeHygienevorschriftenSonstige besondereAnforderungen

Mögliche tägliche Arbeitszeiten

3. Sonstige Hinweise:

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120 Dokumentvorlagen Job Carving

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3. Anforderungsprofil

Arbeitsbereich 1:

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Anmerkungen/Besonderheiten

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Dokumentvorlagen Job Carving 121

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Anmerkungen/Besonderheiten

39 MEDIENKOMPETENZ /TECHNISCHES VERSTÄNDNIS

40 RÄUMLICHE ORIENTIERUNG 42 SEHEN42 STEHEN

Anmerkung: Ein entsprechendes Profil wird für alle infrage kommenden Arbeitsbereiche erstellt.

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122 Dokumentvorlagen Job Carving

26

Anforderung und Definition

1AntriebDie Anforderung an den Antrieb besteht darin, die zur Erfüllung der geforderten Arbeitstätigkeit notwendige psychische Energie bereitstellen zu müssen.

2

ArbeitsplanungDie Anforderung besteht darin, eine gestellte Arbeitsaufgabe unter Berücksichtigung der technischen, administrativen undpersonellen Bedingungen im Hinblick auf ein optimales Zusammenwirken der Elemente zu einem effektiven Ergebnis gliedern und strukturieren zu müssen.

3

AuffassungDie Anforderung an die Auffassung besteht darin, für die Arbeitstätigkeit relevante Signale (beobachtete Vorgänge, gelesene / gehörte Informationen, Vorstellungsinhalte) erkennen, verstehen und darüber hinaus in ihrer Bedeutung erfassen zu müssen.Anmerkung: Auffassung ist abhängig von der jeweiligen Ausprägung der Komponenten Tempo, Genauigkeit, Umfang.

4

AufmerksamkeitDie Anforderung an die Aufmerksamkeit besteht darin, mehrere Signale der Arbeitsumgebung wahrnehmen und gegebenenfallsdarauf reagieren zu müssen. Anmerkung: Hierzu gehört auch die Notwendigkeit, mehrere Signale aus unterschiedlichen Quellen gleichzeitig beachten zu müssen (geteilte Aufmerksamkeit).

5AusdauerDie Anforderung an die Ausdauer besteht darin, die zur Tätigkeit gehörenden Aufgaben kontinuierlich, ohne Unterbrechungbearbeiten zu müssen.

6

Durchsetzung Die Anforderung an die Durchführung besteht darin, in angemessener Weise arbeitsrelevante eigene Ziele, Bewertungen undhandlungspraktische Vorstellungen mit anderen zusammen oder durch andere, die sonst eigene Tendenzen verfolgt hätten, in derArbeit realisieren zu müssen.

7Feinmotorik Die Anforderung an die Feinmotorik besteht darin, Hand9 und Fingerbewegungen willkürlich und koordiniert ausführen zu müssen.Anmerkung: Umfassendere psychomotorische Bewegungsabläufe sind Bestandteil einer medizinischen Beurteilung.

8

FührungsfähigkeitDie Anforderung der Führungsfähigkeit besteht darin, die Mitarbeiter/innen gemäß ihren Fähigkeiten und Qualifikationen in zweckmäßiger Art und Weise in die Aufgabenerledigung mit einbeziehen zu müssen, eine produktive Arbeitsatmosphäre schaffen zu müssen, Entscheidungen treffen zu müssen, Forderungen durchsetzen zu müssen, Aufgabenerledigung organisieren müssen,den Stand der Aufgabenerfüllung analysieren zu müssen

9

KontaktfähigkeitDie Anforderung an die Kontaktfähigkeit besteht darin, mit betriebsfremden oder betriebsinternen Kunden, Auftraggebern, Klienten etc. arbeitsrelevante Interaktionen aufnehmen und durchführen zu müssen. Anmerkung: Zur Kontaktfähigkeit gehört nicht die problembezogene Interaktion mit Mitarbeitern oder Kollegen (Teamarbeit).

10

KonzentrationKonzentration ist die Fähigkeit, die Aufmerksamkeit willkürlich auf die unmittelbar den eigenen Arbeitsvollzug betreffenden Inhalte richten zu können. Hierzu gehört das Ausrichten der Aufmerksamkeit auf die wichtigen Signale in der Arbeit bei gleichzeitigemAusblenden der für die Arbeit unwichtigen Signale (selektive Aufmerksamkeit).

11

KritikfähigkeitDie Anforderung an die Kritikfähigkeit besteht darin, Verhaltensweisen anderer in Zusammenhang mit dem Arbeitsprozess und das Arbeitsergebnis auf sachbezogene Richtigkeit hin prüfen und bewerten sowie gegebenenfalls andere auf Fehler hinweisen zu müssen.

12Kritische KontrolleDie Anforderung an die Kritische Kontrolle besteht darin, mit dem Arbeitsprozess in Zusammenhang stehende eigene Verhaltensweisen und das selbst erbrachte Arbeitsergebnis auf sachbezogene Richtigkeit zu prüfen und bewerten zu müssen.

13

KritisierbarkeitDie Anforderung an die Kritisierbarkeit besteht darin, mit dem Arbeitsprozess in Zusammenhang stehende eigene Verhaltensweisen und das selbst erbrachte Arbeitsergebnis von anderen auf sachbezogene Richtigkeit hin prüfen und bewertenlassen zu müssen.

14

Lernen / MerkenDie Anforderung an das Lernen/Merken besteht darin, arbeitsrelevante Informationen auffassen, im Gedächtnis speichern und zu einem gegebenen Zeitpunkt verfügbar machen zu müssen. Anmerkung: Lernen/Merken ist bestimmt durch die jeweilige Ausprägung der Komponenten Lerngeschwindigkeit, Umfang und Komplexität des Materials.

15Lesen Die Anforderung an das Lernen besteht darin, arbeitsrelevante schriftlich dargebotene Informationen (in der Landessprache)verstehen zu müssen.

16MisserfolgstoleranzDie Anforderung an die Misserfolgstoleranz besteht darin, sich einer Arbeitsaufgabe auch dann stetig zuwenden zu müssen, wenn ihre Erfüllung nicht gesichert ist.

17OrdnungsbereitschaftDie Anforderung an die Ordnungsbereitschaft besteht darin, Arbeitsmittel und Arbeitsmaterial am Arbeitsplatz in gutem Zustandund in vereinbarter Anordnung bereithalten zu müssen.

Anforderungsdefinitionen nach Melba

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ProblemlösenDie Anforderung an das Problemlösen besteht darin, neuartige Fragestellungen und Situationen in ihrer Bedeutung rechtzeitigerkennen und innerhalb einer angemessenen Frist durch den Einsatz verschiedener Strategien (Kreativität, Analyse, Planung, etcetera) sach9 und personengerecht lösen zu müssen. Anmerkung: Derartige Fragestellungen können bestehen in neuartigenAufgaben, interpersonalen Konflikten, dem Ausfall von Mitteln, die bisher zur Erfüllung des Arbeitsauftrages genutzt wurden usw.

19PünktlichkeitDie Anforderung an die Pünktlichkeit besteht darin, vereinbarte Termine (Arbeitszeit, Pausenzeit, Lieferzeit et cetera) einhalten zumüssen.

20ReaktionsgeschwindigkeitDie Anforderung an die Reaktionsgeschwindigkeit besteht darin, auf alle arbeitsrelevanten Signale in Sekundenschnelle reagieren zu müssen.

21RechnenDie Anforderung an das Rechnen besteht darin, arbeitsrelevante, auf den Grundrechenarten basierende Beziehung zwischen Zahlen verstehen und die Grundrechenarten anwenden zu müssen.

22SchreibenDie Anforderung an das Schreiben besteht darin, arbeitsrelevante Informationen (in der Landessprache) schriftlich festhalten zumüssen.

23Selbstständigkeit Die Anforderung an die Selbstständigkeit besteht darin, arbeitsrelevante Entscheidungen treffen und in die Tat umsetzen zumüssen. Selbstständigkeit enthält damit die Anforderung, eigenverantwortlich handeln zu müssen.

24SorgfaltDie Anforderung an die Sorgfalt besteht darin, Arbeiten umsichtig und gewissenhaft verrichten zu müssen.

25SprechenDie Anforderung an das Sprechen besteht darin, arbeitsrelevante Informationen (in der Landessprache) mündlich übermitteln zumüssen.

26TeamarbeitDie Anforderung an die Teamarbeit besteht darin, in unmittelbarer Abhängigkeit von Kollegen, Mitarbeitern und Vorgesetzten bei gegenseitiger Akzeptanz der persönlichen Eigenschaften und Qualifikationen gemeinsam einen Arbeitsauftrag erfüllen zu müssen.

27UmstellungDie Anforderung an die Umstellung besteht darin, sich in angemessener Zeit an den Wechsel von Arbeitsaufgaben und/oderArbeitsbedingungen anpassen zu müssen.

28

VerantwortungDie Anforderung an verantwortliches Handeln besteht darin, für die Erbringung eines vereinbarten Arbeitsergebnisses gemäßzeitlichen und sachlichen Übereinkünften einstehen zu müssen. Zu den sachlichen Übereinkünften zählt dabei die Qualität des Arbeitsergebnisses, gewissenhafter Umgang mit Sachmitteln, Zuverlässigkeit (zeitlich und inhaltlich) in der Zusammenarbeit mitanderen, umsichtiges Verhalten zur Vermeidung von Personenschäden und Behinderungen des Arbeitsablaufes, Kenntnis derentsprechenden Sicherheitsvorschriften und die Fähigkeit diese anzuwenden.

29

VorstellungDie Anforderung an die Vorstellung besteht darin, sich realistisch die verschiedenen Eigenschaften von arbeitsrelevantenGegenständen (Formen, Farben, Größen, Töne und so weiter), Vorgängen und Strukturen vergegenwärtigen sowie die Ergebnisse kreativ9schöpferischer Prozesse vorwegnehmen zu müssen.

30Arbeit am GruppenarbeitsplatzDie Anforderung an Arbeit am Gruppenarbeitsplatz besteht darin, die eigenen Arbeitsaufgaben in räumlicher Verbindung mitanderen Personen erfüllen zu müssen.

31Arbeit am separaten ArbeitsplatzDie Anforderung an Arbeit am separaten Arbeitsplatz besteht darin, die eigenen Arbeitsaufgaben in räumlicher Trennung vonanderen Personen erfüllen zu müssen.

Ergänzende Anforderungsdefinitionen (LWLKIntegrationsamt Westfalen)

32BelastbarkeitDie Anforderung an die Belastbarkeit besteht darin, objektiv einwirkenden Stressoren und außergewöhnlichen psychophysischenBeanspruchungen unter Nutzung eigener psychischer und physischer Ressourcen standhalten zu müssen.

33Besondere QualifikationenFür die Ausführung der Arbeitstätigkeit muss die Person eine bestimmte Weiterbildung beziehungsweise einen bestimmten Lehrgang erfolgreich absolviert haben, beispielsweise Hygieneschulungen oder Erste9Hilfe Kurse.

34Erscheinungsbild Die Anforderung an das Erscheinungsbild besteht darin, im beruflichen Kontext das eigene Aussehen auf besondere Art undWeise gestalten und pflegen zu müssen. Dazu gehören unter anderem Kleidung, Körperhygiene und Frisur.

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35(FührerK)Scheine Zur Ausübung der Arbeitstätigkeit muss ein bestimmter, gültiger (Führer9)Schein vorliegen beispielsweise für Auto, Anhänger,Flurförderfahrzeuge, Traktor et cetera

36GehenFür die Ausführung der Arbeitstätigkeit muss die Person (immer wieder) bestimmte Strecken gehen. Die Tätigkeit istgegebenenfalls nicht umsetzbar für einen Menschen mit Rollstuhl oder einen Menschen mit Gangauffälligkeiten/9unsicherheiten.

37HörenDer Arbeitsplatz stellt eine Anforderung an das Hören. Die Tätigkeit ist gegebenenfalls nicht oder nur schwer umsetzbar für einen hörgeschädigten/gehörlosen Menschen.

38

KraftDie Anforderung an Kraft besteht darin, in vielen Situationen am Arbeitsplatz durch Muskelanspannungen Widerständeüberwinden, ihnen entgegenwirken oder sie halten zu müssen. Meist ist dies verbunden mit dem Heben, Tragen oder Bewegen von schweren Gegenständen.

39

Medienkompetenz/Technisches VerständnisDie Anforderung an Medienkompetenz/technisches Verständnis besteht darin, unterschiedliche Medien den Zielen undBedürfnissen des Betriebes entsprechend korrekt nutzen zu müssen sowie Maschinen, Werkzeuge oder Apparaturen in ihrentechnischen Einzelteilen und deren Zusammenwirken erfassen und verstehen zu müssen.

40

Räumliche OrientierungDie Anforderung an die Räumliche Orientierung besteht darin, die eigene Person in einer räumlichen Situation richtig räumlich einordnen zu müssen, das heißt, sich als Person real oder mental im Raum zurechtzufinden. Anmerkung: Die RäumlicheOrientierung ist überwiegend in großen, mehrstöckigen oder unübersichtlichen Gebäuden oder weitläufigen Firmengelände von besonderer Bedeutung.

41SehenDer Arbeitsplatz stellt eine Anforderung an das Sehen. Die Tätigkeit ist gegebenenfalls nicht oder nur schwer umsetzbar für einensehbehinderten/blinden Menschen.

42

StehenFür die Ausführung der Arbeitstätigkeit muss die Person über einen längeren Zeitraum sicher stehen können und weitere Handlungen stehend ausführen. Die Tätigkeit ist gegebenenfalls nicht umsetzbar für einen Menschen mitGleichgewichtsstörungen oder einem unsicheren Stand.

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Nachweis über Job Carving-Einheiten

Job Carver: Betrieb:

Datum Inhalte (Stichpunkte) Absprachen/Ergebnisse Stunden

Ort, Datum,Unterschrift Job Carver:

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126 Dokumentvorlagen Job Carving

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Abschlussbericht Job CarvingErgebnisse der Anpassungsphase

Anhang: Individuelle Aufgabenbeschreibung

Bericht erstelltvon:

am:

zum Unternehmen:

Fachkoordination Job Coaching/Job CarvingLWL9Integrationsamt9Westfalen

Von9Vincke9Straße 2392548143 Münster

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Dokumentvorlagen Job Carving 127

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1. Ausgangslage

1.1 Vorliegende Erkenntnisse beruhen auf:Fachdienstliche Beurteilung (FdB) zur Klärungsphase Job CarvingBetriebsprofilZwischenbericht Job CarvingZusätzliche Informationsquellen:

1.2 Kontakte im Betrieb während der Anpassungsphase

! Kontaktform AnzahlBetriebsbegehung und 9analyseArbeitgebergesprächeGespräche mit betrieblicher Ansprechperson (bAP)Gespräche mit Kolleginnen/KollegenGespräch mit Betriebs9/PersonalratMitarbeitTermine im Betrieb insgesamt/Stunden gesamtSonstiges:

1.3 Kooperationspartner (nur falls abweichend zum Zwischenbericht!)Betriebsintern:

Kooperationspartner Funktion

Betriebsextern:

Kooperationspartner Organisation und Funktion

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e/

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3. Stellenbesetzung

3.1 Erforderliche/hilfreiche Maßnahmen für den Betrieb(Hilfsmittel, AP9Ausstattung, Einschaltung von Fachdiensten/Fachstellen …)

3.2 Erforderliche/hilfreiche Unterstützung für den sbM(Job Coaching, therapeutische externe Unterstützung, Physiotherapie …)

3.3 Ggf. weitere Planungen, Perspektiven

………………………………………………………(Unterschrift Job Carver/in)

AnlageIndividuelle Aufgabenbeschreibung

=============== Bitte nicht ausfüllen, Vermerk der Fachkoordinatorin Job Carving============

(Datum, Unterschrift Fachkoordination Job Carving)

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Individuelle Aufgabenbeschreibung

1. Für den SbM ausgewählte und erprobte Aufgaben(Aufgaben aus dem Tätigkeitsprofil, die als für den SbM geeignet eingestuft wurden)

Arbeitsbereich 1:

Aufgabe Beschreibung

Arbeitsbereich 2:Aufgabe Beschreibung

Arbeitsbereich 3:Aufgabe Beschreibung

Arbeitsbereich 4:Aufgabe Beschreibung

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2. Für den SbM nicht geeignete Aufgaben(Aufgaben aus dem abgestimmten Tätigkeitsprofil, die als für den SbM nicht geeignet eingestuft wurden)

Arbeitsbereich Aufgabe Begründung

1

2

3

4

3. Weitere Anmerkungen(zusätzliche Erläuterungen, noch unklare Aufgaben, Besonderheiten et cetera)

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www.lwl.org

ISBN: 978-3-00-056842-8

Job

Car

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