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Prof. Dr. Juliane Sagebiel, 2008 Macht und Ohnmacht im System der Schulpsychologie Teil I: Erkenntnistheoretische Grundlagen der funktionalen Systemtheorie Teil II: Handlungstheoretische Zugänge zur Macht

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Prof. Dr. Juliane Sagebiel, 2008

Macht und Ohnmacht im System der Schulpsychologie

Teil I:Erkenntnistheoretische Grundlagen der

funktionalen Systemtheorie

Teil II:Handlungstheoretische Zugänge zur Macht

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Ablauf • 9.15 – 10.15 Einführungsvortrag : Systemtheorie

mit kleinen Übungen und anschließender Diskussion

• 10.30 – 11.50 Pause

• 10.50 – 11.50 Vortrag : Macht und Ohnmacht mit Übungen und anschließender Diskussion

• 12.00 – 13.00 Mittagspause

• 13.00 – 14.00 Workshops

• 14.10 – 15.00 Austausch der Ergebnisse im Plenum

• 15.00 – 15. 15 Kaffeepause

• 15.15 – 16.30 Organisation und Planung

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Niklas Luhmann

Niklas Luhmann (1927-98) funktional-strukturellenSystemtheorie:

• „Wie ist das Soziale möglich?“

• Was bringt Ordnung in die Welt?

• Wie funktioniert was?• Was ist die Funktion von

Systemen?• Wie lösen sie Probleme

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Niklas Luhmann und seine Welt der sozialen Systeme

• „Ein durchgehender Zug ist sicher mein Versuch, Distanz zu halten gegenüber solchen Phänomenen, bei denen andere sich aufregen oder gewöhnlich normatives oder emotionales Engagement gefragt ist. Mein Hauptziel als Wissenschaftler ist die Verbesserung der soziologischen Beschreibung der Gesellschaft und nicht die Verbesserung der Gesellschaft.“ (Luhmann, 1992)

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Basics• Differenz von Systeme und Umwelt

• Jedes System folgt nur seiner eigenen Sinnlogi k

• Soziale Systeme sind geschlossen und gleichzeitig umweltoffen

• Soziale Systeme haben die Funktion Komplexität zu reduzieren.

• Soziale Systeme bestehen und generieren sich durch Kommunikation (nicht durch handelnde Menschen)

• Menschen bilden die Umwelt zu sozialen Systemen

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Soziale Systeme

• Ein System ist mehr als die Gesamtheit ihrer Teile

• Alle Teile sind miteinander verknüpft, voneinander abhängig und beeinflussen sich gegenseitig

• Sie unterscheiden sich von der Umwelt durch ihre Eigenschaften,

• Wobei die Umwelt komplexer ist als das System

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Soziale Systeme – Eigenschaften

• Zeitliche Struktur (Dauer, Zeithorizont, früher/später..)• sachliche (Inhalte, Aufgaben, Ziele, Spezialisierung,

Methodik)• soziale (Mitgliedschaft, Zugehörigkeit, Anwesenheit,

Rollen, Kompetenz, Status)• räumliche (Orte, öffenltich/privat, regional, national,

global)

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Was tun Systeme? Funktion von Systemen

• Sie reduzieren die Komplexität der Umwelt und ihre eigene und bringen so Struktur und Ordnung (von Informationen) in die Welt

• Komplexität ist die Überfülle an Möglichem , Unüberschaubarkeit wird auf ein überschaubares Maß reduziert.

• Kontingenz ist die Ungewissheit, Unmöglichkeit alles zu erfassen, denn alles, jede Handlung könnte auch anders sein!

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Funktion von Systemen

• Jedes System hat eine eigene Funktion und erfüllt Erwartungen der Umwelt (verlässliche Erwartungsstrukturen)

• Es kommuniziert über Codes

• Setzt Medien ein

• Handelt und entscheidet nach Programmen

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Gleiche Muster ungleiche Codierung

System Komm.C Medium Programm Funktion

Wirtschaft Haben/ Nichthaben

Geld, Eigentum

Knappheit Preis

Materielle Reprodukt.

Politik Regierung/ Opposition

Konkurrenz um Macht

Polt. Ideen Parteien

Herstellung kollektiver Entscheid.

Erziehung Gute schlechte Noten

Schulpflicht, Karriereerwartungen

Lehr- u. Lernprogramme Prüfungen

Ausbildung, Bildung, Karriereselektion

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Gleiche Muster ungleiche Codierung

System Komm.C Medium Programm Funktion

Kumi

Schulamt

Schulpsy-chologie

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Jedes System folgt nur seiner eigenen Sinnlogik

• Systeme sind sinn-verarbeitende Systeme

• Sinn ist eine funktionale Kategorie

• Sinn ist das Steuerungs-programm der Systeme für das was sie sehen, verstehen und wie sie reagieren können

• Aktueller Sinn und potentieller Sinn

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• Soziale Systeme sind lebendige Systeme, die sich selbst erzeugen und selbst reproduzieren (Selbstreferenzialität)

• Sie sind operativ geschlossen (Autopoiesis)-

• Und gleichzeitig umweltoffen, zur Existenz brauchen sie den Austausch mit der Umwelt.

• Indem sie die Umwelt einbeziehen, beziehen sie sich auf sich selbst.

• Unordnung und Irritation stören Systeme: „Störe meine Kreise nicht“ (Archimedes) – doch nur durch Irritation ändern sich die Eigenschaften der Systeme

Selbstreferenz / Autopoiesis

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Soziale Systeme bestehen und generieren sich durch Kommunikation

• Kommunikation ist die elementare Einheit von sozialen Systemen. Sie sind Kommunikation, nichts als Kommunikation.

• Ein System kann nur über den Code kommunizieren, der seiner Funktion / Sinnlogik entspricht

• Es ist in seiner Existenz auf Kommunikation angewiesen – ist seine Kommunikation nicht anschlussfähig kann es nicht kommunizieren – Es verschwindet

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Kommunikation

• Jedes System kann nur das kommunizieren, was es versteht

• Jedes System kann nur seine eigene Melodie spielen und nur die eigene Musik hören

• Alle anderen Tonfolgen hört es nicht

• Gleichzeitig Klassik und Heavy Metal ...........

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Entwicklung der Kommunikation

• Sprache, Gesten

• Schrift

• Druck

• Elektronische Medien

• Digitale Medien

• Erfolgsmedien: generalisierte Komm. Medien:

• Geld, Macht, Noten, Wahrheit, Liebe, Glauben, Information..

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Menschen sind die Umwelt

• Menschen sind Personen und als solche Adressaten von sozialen Systemen.

• Menschen sind psychische Systeme und reproduzieren sich auf der Basis von Bewußtsein , indem sie Gedanken an Gedanken an Gedanken reihen.

• Der Mensch bleibt als psychisches System mit seinem BW für andere immer eine „black-box“, da jedes BW getrennt operiert.

„ Wir müssen hinzulernen: Worte wie Mensch, Seele, Person, Subjekt, Individuum sind nichts anderes als das was sie in der Kommunikation bewirken“ (Luhmann)

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Kontingenz – Es könnte auch anders sein

• Kontingenz: alles was ist, war, sein wird, was sein kann, was anders möglich wäre.

• Doppelte Kontingenz: Wenn zwei Systeme aufeinander treffen (Er /Sie; Team A –Team B) und ihr Verhalten koordinieren müssen => Interaktionssystem.

• Jede Person (System) ist für den anderen „black-box“. Da es viele Möglichkeiten gibt, ist es ungewiss, welches Verhalten jeder wählt.

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? So oder so ?

• Wie kann der Musik-Lehrer die Lernmotivation der Schüler erhöhen sich für Opern zu interessieren?

• Was könnte ein Schulpsychologe tun (oder lassen), wenn er erfährt, dass eine Schülerin sich ritzt.

• Was könnte die Politesse tun, dass ihr Ärger sich in Freundlichkeit wandelt.

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Kontingenz was wird aus der Ungewissheit ?

• Jede Aktivität, die gezeigt wird, wird beobachtet und darauf reagiert.

• Indem Kommunikation auf Kommunikation folgt entsteht eine bestimmte Struktur , die gegenseitige Erwartungen erzeugt, Sicherheit und Vertrauen gibt (zeitlich, inhaltlich, sozial, räumlich).

• Doch diese Sicherheit ist nicht von Dauer, denn durch jedes Verhalten (Entscheidung) ergeben sich neue Möglichkeiten und damit neue Unsicherheiten, Risiken.

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Was kommuniziert ist die Kommunikation ?

Klaus Alter

Maria Ego

BW

Gedanken Gedanken

Sprache Sprache

Beobachtung Beobachtung

BW

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Person – UmweltInklusion - Exklusion

• Menschen werden im funktionalen Paradigma zu Personen, die nur noch in Teilaspekten, in Rollen als Adresse für soziale Systeme interessant sind.

• Personen sind in verschiedene Systeme inkludiert.

• Freiwillig oder unfreiwillig

• Von der Person wird erwartet, dass sie die Komm-Angebote der Systeme verstehen und beantwortet können – wenn nicht,

• Wird die Person exkludiert.

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Präferenzwerte als Antennen• Die Differenz: System / Umwelt wird

über Präferenzen hergestellt.

• Präferenzen sind binäre Codierungen, die entsprechend der Sinnlogik, entscheiden, ob, was, wie kommuniziert wird.

• Präferenzen (z.B.Noten) entscheiden darüber, was vom System als relevante Mitteilung verstanden wird und ob es reagiert.

• Präferenzcodierungen können sich verändern – aber nur im Rahmen der Systemlogik.

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Wegweiser der Systeme

• Tatbestände, Ereignisse werden von Systeme nach unterschiedlichen Leitdifferenzenbeobachtet und unterschieden :

Banküberfall:• Rechtssystem => Recht - Unrecht• Bank => Gewinn - Verlust • Mitarbeiter => Versagen - Trauma • Bankräuber => Risiko: persönlicher Gewinn -

Gefahr: Verhaftung

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Polykontextuale Sicht

Es gibt nicht den Ort der Beobachtung u. keine richtige Sicht der Dinge!

Banküberfall:

Rechtssystem: => Verhältnismäßigkeit – Unverhältnismäßigkeit=> Notlage – keine Notlage=> Zurechnungsfähigkeit – Unzurechnungsfähigkeit

Bank => Versicherung zahlt – zahlt nicht=> Imagegewinn – Imageverlust=> Sicherheit erhöhen – reicht aus=> psy. Nachbetreuung der MA – keine Nachbetreuung

Bankräuber => finanzielle Not – keine Notlage=> Reiz am Risiko – Gewohnheit=> Aufmerksamkeit – keine Aufmerksamkeit

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Beobachtung

• Systeme beobachten die Umwelt, indem sie sich selbst beobachten

• Beobachtung ist Unterscheiden und Bezeichnen eines bedeutsamen Unterschiedes

• Jede Beobachtung folgt der Leitdifferenz: innen / außen

• Das System kann nur das beobachten, was es sehen kann, alles andere bleibet hinter dem Horizont verborgen

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Beobachtung

• Systeme können beobachten, dass sie beo-bachten und wie andere sie beobachten und erkennen,

• dass ihre Beobachtung strukturell beschränkt ist. = Blinder Fleck

• Die Begrenzung kann es reflektieren, doch mit jeder Reflektion entstehen neue blinde Flecken(Wettlauf: Hase – Igel)

• Nur die Umwelt kann sehen was die Systeme nicht sehen können

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Beobachtung 1 Beobachtung 2

Beobachtung 1.u. 2. Ordnung, die Beobachtung der Beobachtung

Zeitachse

Ereignis späteres Ereignis

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Halten wir fest:

1.Jedes System sieht nur das, was es sehenkann, nicht das, was es nicht sehen kann.

2. Jedes System hat eine eigene Brille , durch die es sich selbst und die Umwelt wahr-nehmen kann.

3.Sinn ist nicht in der Welt, sondern meint die Bedeutung, die es für den Beobachter hat.

4. Jedes System hat Leitdifferenzen , nach denen es entscheidet, ob es reagiert oder nicht.

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Halten wir fest:

5. Präferenzkriterien haben einen aktuellen und einen möglichen Sinn.

6. Weiterentwicklung erfolgt nur innerhalb systemeigener Grenzen

7. System entwickeln sich weiter, indem sie ihre Präferenzkriterien erweitern, Alternativen sehen, das sehen, was sie vorher nicht gesehen haben. Im Bild der Brille: eine andere Brille aufsetzen vom gleichen Hersteller.

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Kunst des Beobachtenswie verändern sich Systeme

• Die Umwelt – der Berater- kann sehen, was das System nicht sieht.

• Er kann seine Beobachtungen dem System zur Verfügung stellen, indem er sich auf die Logik des Systems einlässt.

• Sie kann dem System durch Fragen, Beschreiben, Metakommunikation auf die Spur kommen – mit dem System tanzen

• Er hat Respekt vor der Eigenlogik des Systems, um die Trägheit des Systems zu ertragen.

• Sie weiß, dass sie nur das sieht, was sie sehen kann.

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Risiken und Gefahren

• Jede Entscheidung eines Systems ist immer ein Risiko , denn es könnte auch eine andere Entscheidung treffen. (Empfehlung eines Schulwechsels)

• Gefahr ist die Sicht der Umwelt auf die Entscheidung des Systems (Leistungsabfall, Exklusion) (Kernenergie..)

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• Sehen wir Gefahren, fragen wir uns (Präferenz-kriterien) wie können wir die Gefahr abwenden, wie können wir auf das System einwirken andere Entscheidungen zu treffen, die ein geringeres Risiko bergen.

• Wir gehen wir mit der Macht um, der wir ausgesetzt sind? Und wie ermächtigen wir uns?

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Macht und Ohnmacht im System der Schulpsychologie

Teil IITransfer:

Macht als codegesteuerte Kommunikation

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Macht

• Die Politesse hat die Macht – qua ihrer Funktion – Strafzettel zu verteilen.

• Sie führt damit die Funktion aus, die das System: Verkehrsordnung ihr aufgetragen hat.

• Tut sie es nicht (mehrfach) führt sie ihren Auftrag nicht aus, hält die Regeln nicht ein, läuft sie Gefahr den Job zu verlieren.

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Macht

• Sie haben als „Verkehrssünder“ keinen Handlungsspielraum ihr Kommunikations-angebot nicht anzunehmen. (Strafzetttel).

• Sie haben kaum eine Wahl, die Bestrafung zu vermeiden. Während sie die Wahlalternativen hat: kein Knöllchen, Knöllchen, Verwarnung, Belehrung, Wegschauen....

• Sie sind machtunterlegen, die Politesse machtüberlegen.

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Wie funktioniert das?

• B.s Handeln ist Prämisse von A.s Handeln.

• A und B kennen die Präferenzen der Situation.

• B.s Handeln ist darauf gerichtet, ein bestimmtes Handeln von A zu bewirken.

• A hat grundsätzlich keine Wahl, die Offerte B.s abzulehen, bzw. anzunehmen.

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Differenz: Gehorsam / Sanktion

• Machtausübung besteht dann, wenn die Person gezwungen ist etwas zu tun, was sie möglichst vermeiden will.

• Sie „gehorcht“ auf den Befehl, auf die Androhung von Sanktionen.

• Macht ist die Differenz von Gehorsam und Sanktion

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Macht

• Macht endet, wenn die Sanktion (Gewalt) realisiert wird.

• Macht entsteht wieder, wenn gehorcht wird.

• Die Programme, die machthaltige Kommunikation regeln sind: Gesetze (Recht / Unrecht) und moralische Werte.

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Macht

• Macht ist das symbolisch generalisierte Kommunikationsmedium des Systems Politik: Differenz von Macht / keine Macht

• Macht kommt als Kontextmarkierung in allen Systemen vor.

• In Interaktions-, Organisations- und Funktionssystemen. Nur im Politiksystemhat sie eine Reproduktionsfunktion.

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Macht

• Machterhaltung: Vermeidung von Sanktionen

• Machsteigerung: Erhöhung der Freiheiten

„Indem den Machtunter-worfenen ein immer größerer Handlungs- und Entscheidungsspielraum zugestanden wird, etabliert und reproduziert sich Macht auf Dauer als erwartbare und verlässliche soziale Ordnung“ (Luhmann)

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Organisation/Hierarchie

• Macht beruht auf Organisation(instrumentelle Macht)

• Machtbasierte Kommunikation ist die K. in hierarchischen Organisationen.

• Hierarchien folgen der Logik funktionierender Ordnung, die funktioniert, weil sie sich von den in ihr inkludierten (handelnden) Personen unabhängig macht

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• Hierarchien sind Steuerungsinstrumente zur Koordination von Handlungs-zusammenhängen, die Leistungen produzieren.

• Hierarchien sind besonders beständig, unflexibel, denn

• Hierarchie verstärkt Macht und Machtverstärkt Hierarchie .

Hierarchie

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Symbole der Macht

• Symbole der Macht verstärken die Macht• Positionen, Titel, Gratifikationen........• Architektur, Größe der Büroräume, • Ausstattung mit Mobiliar, Kunst.......• Sekretärin, Anzahl der MitarbeiterInnen• Kleidung, Automarke, Sportart, Freizeit

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Steuerungsproblem

• Das Problem komplexer Organisationen ist gelingende Steuerung (Fusionen)

• Doch zur Steuerung hochkomplexer Prozesse reicht heute die zur Verfügung stehende machtbasierte Komm. nicht mehr aus.

• Das Problem ist in der Regel nicht zu viel, sondern zu wenig Macht.

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Macht und Kontrolle

• Macht bestätigt sich durch Sanktionen.

• Je komplexer und situationsabhängiger die Aufgaben, je schwieriger, kostenintensiver, unglaubwürdiger wird Kontrolle.

• Je mehr Steuerungsbedarf (Kontrolle, Druck, Einschränkungen...), je mehr offenbart sich die Schwäche der Macht, bis hin zur Ohmacht. (Das Leben der Anderen)

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Produktive Macht

• Komm.Angebote können mit impliziten Drohungen (Sanktionen) und Anreize (Beförderung) gesteigert werden.

• Ob sie angenommen wird, hängt von Verhältnis zum Machtanspruch ab.

• Besteht eine große Abhängigkeit (Gefahr: Kündigung)) zur Macht wird das Angebot im eigenen Interesseangenommen. Bei Distanz kann es abgelehnt werden.

• Macht wird produktiv, wenn Personen sich mit der Macht identifizieren .

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MachtformenAktionsmacht Verletzung

ZerstörungMobbing, Kündigung Diebstahl, sex. B.

Instrumentelle Macht

Drohung, Versprechen

Anpassung, Konformität, Streik

Autoritative Macht

Maßstäbe setzen, Sicherheit, Anerkennung

Motivation, Identifikation,

Fakten setzen Macht

Veränderung d. Lebens-u. Arbeit-bedingungen

Vorschriften,ArbeitszeitregelnG8, Bachelor....

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Machtquellen

• Physische Macht - Alter, Geschlecht, Körper, Gesundheit, Hautfarbe

• Ressourcen – Marktmacht - Bildung, Arbeit, Einkommen, Kapital

• Artikulationsmacht - Empathie, Aufmerksamkeit, Fühlen, EQ

• Definitions –Modellmacht - Erfahrungen, Erklärungen, Wissen, Motivation, Visionen, IQ

• Positions- OrganisationsmachtHandlungsrepertoire, Strategien, Or-Fähigkeiten

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Machtquellen

• Soziale Beziehungen – Koalitionen u. Netzwerke knüpfen

• Prestigequellen – „attraktive“ Ressourcen, Life-Stile, Freizeitverhalten, Reisen, Wohnen, Auto, Selbstinszinierung.....

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Macht macht Schluss !

„ Das was der Erzieher sich vornimmt, ist unmöglich“. (N. Luhmann)

„Wem es gelingt, einem Menschen zu helfen, seine Angst zu überwinden, der erwirbt Macht“.(W. Reifarth)

„Macht entspricht der menschlichen Fähigkeit .....sich mit anderen zusammenzuschließen und im Einvernehmen mit ihnen zu handeln.(H. Ahrendt)

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GrundannahmenProbleme werden gelöst durch Komplexitäts-

reduktion: Strukturierung und Ordnung von Informationen

• Komplexität ist die Gesamtheit aller möglichen Ereignisse

• Kontingenz ist die Überfülle an Möglichem – Risiko: jede Handlung könnte auch anders sein

• Durch Sinnverarbeitung kommt Ordnung in die Welt und Handeln wird möglich

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Soziale Systeme und Umwelt

• Ein System kann sich selbst nur erkennen und von der Umwelt als solches erkannt werden in der Einheit der Differenz von System und Umwelt

• Umwelten gibt es nur durch das System, und die Umwelt ist einfach alles andere

• Jedes System kann nur einen Ausschnitt der Umwelt wahrnehmen – den für sie relevanten !

• Wobei die Umwelt komplexer ist als das System

System A

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Kommunikation

• Kommunikation ist unwahrscheinlich und es ist unwahrscheinlich, dass einer überhaupt versteht, was der andere meint.

• ... dass die Kommunikation mehr Personen erreicht, als anwesend sind

• Und selbst, wenn sie verstanden wird, ist nicht sicher, dass sie beantwortet wird - erfolgreich ist.

• Doch ohne Kommunikation gibt es keine menschlichen Beziehungen, ja kein menschliches Leben.

• Und so läuft die Kommunikation und läuft und läuft...Zwischen Schülern, Eltern, Lehrern, Schulen, Behörden, Ministerien, Regierungen.......