Machthungrige Strippenzieher - Das Konzernlobbing rund um die WTO

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Ohne das massive Lobbying international agierender Konzerne wäre die Welthandelsorganisation WTO nicht entstanden. Diese Broschüre beleuchtet die Machenschaften der Konzerne. Und sie zeigt auf, wie deren Vertreter von den Regierungen mit offenen Armen empfangen werden. Die Anliegen der brei- ten Bevölkerung sowohl im Süden als auch im Norden werden demgegenüber kaum angehört und berücksichtigt. Darum wächst der weltweite Widerstand gegen die WTO und deren Handelspolitik. Machthungrige Strippenzieher Das Konzernlobbying rund um die WTO MACHTHUNGRIGE STRIPPENZIEHER DAS KONZERNLOBBYING RUND UM DIE WTO DOKUMENTATION #02_2007/CHF 6.— Machthungrige Strippenzieher Das Konzernlobbying rund um die WTO

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EvB-Dokumentation Machthungrige Strippenzieher 02_2007 / WTO

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Ohne das massive Lobbying international agierender Konzernewäre die Welthandelsorganisation WTO nicht entstanden. Diese Broschüre beleuchtet die Machenschaften der Konzerne.Und sie zeigt auf, wie deren Vertreter von den Regierungen mit offenen Armen empfangen werden. Die Anliegen der brei-ten Bevölkerung sowohl im Süden als auch im Norden werdendemgegenüber kaum angehört und berücksichtigt. Darumwächst der weltweite Widerstand gegen die WTO und derenHandelspolitik.

MachthungrigeStrippenzieherDas Konzernlobbying rund um die WTO

Machthungrige StrippenzieherDas Konzernlobbying rund um die WTO

MACHTHUNGRIGE STRIPPENZIEHERDAS KONZERNLOBBYING RUND UM DIE WTO

DOKUMENTATION# 02_2007/CHF 6.—

Machthungrige StrippenzieherDas Konzernlobbying rund um die WTO

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Eine überwältigende Mehrheit der Bevölkerung ist der Meinung, dassdie Globalisierung zu mehr Ungerechtigkeit führt. Sowohl innerhalbeines Landes als auch zwischen reichen und armen Ländern. Diesbringt eine Umfrage der «Financial Times» zutage, die im Juli 2007 insechs europäischen Ländern sowie in den USA durchgeführt wurde.Ebenfalls werden die hohen Managerlöhne stark verurteilt, und eswird gefordert, dass die Politik für mehr Verteilungsgerechtigkeit sorgt.

Auch die WTO – eine der wichtigsten Akteurinnen der Globalisie-rung – kommt aufgrund harscher Kritik aus den Entwicklungsländernmit ihrer Liberalisierungsagenda nicht voran. Länder wie Indien oderBrasilien sind nicht mehr bereit, sich weiterhin die Agenda des Nor-dens diktieren zu lassen. Nun scheint sich zu rächen, dass sämtlicheWTO-Abkommen nur durch ein massives Lobbying von Konzernenaus den Industrieländern entstanden sind. Weder die Interessen derEntwicklungsländer noch diejenigen der eigenen Bevölkerung wur-den darin berücksichtigt.

Es ist Zeit für ein Umdenken. Das WTO-Modell mit seinen striktenPrinzipien, die lediglich auf die Interessen der grössten Konzerne aus-gerichtet sind, hat ausgedient. Ökonomen und zivilgesellschaftlicheOrganisationen aus den Entwicklungsländern fordern den dringendnotwendigen Handlungsspielraum zurück, den sie durch die WTOverloren haben. Und die Bevölkerung in den Industrieländern dop-pelt nach: Regierungen müssen multinationale Konzerne zur Verant-wortung ziehen und eine Wirtschaftspolitik formulieren, die demWohle der Bevölkerung dient und nicht zulasten der Umwelt geht.

Marianne Hochuli

EDITORIAL

Die Konzernagendahat ausgedient

Dokumentation «Machthungrige Strippenzieher: Das Konzernlobbying rund um die WTO» 02/2007September, Auflage 20 000 HERAUSGEBERIN Erklärung von Bern (EvB), Quellenstrasse 25, Postfach,8031 Zürich, Telefon 044 2777000, Fax 044 2777001, [email protected], www.evb.ch TEXTE MarianneHochuli und Steffen Klatt (S.17–21) REDAKTION Sibylle Spengler (EvB) GESTALTUNG c.p.a. ClericiPartner AG, Zürich DRUCK ROPRESS Genossenschaft, Zürich. Gedruckt mit Biofarben auf Cyclus Offset, 100% Altpapier.Das EvB-Magazin inkl. Dokumentation erscheint 5- bis 6-mal jährlich.

EvB-Mitgliederbeitrag: Fr. 60.– pro Kalenderjahr. Spendenkonto: 80-8885-4

Die Produktion dieser Dokumentation wurde ermöglicht durch eine grosszügige Spende der Stiftung Hélène und Marcel Perincioli-Jörns sowie der Stiftung GlobalLokal.

4_ Die Handschrift der Konzerne

7_ Konzerne schreiben die Welthandelsagenda

10_ Der Fall Pfizer

11_ Der Fall Cargill

13_ Der Fall Monsanto

14_ Europäische Konzerne als aufstrebende Lobbymacht

17_ Auf Reisen mit Doris Leuthard

22_ Auch die EvB lobbyiert in Sachen WTO

24_ Theorie ist nicht gleich Praxis

27_ Die Welt wird komplizierter

29_ EvB-Argumente gegen Allgemeinplätze des Seco

31_ Forderungen an den Bundesrat

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Industrieländern zurück. Diese beanspru-chen die Freiheit, die Gewinne aus demLand, wo investiert und produziert wurde,abzuziehen, anstatt sie vor Ort zu reinves-tieren. Inländische Gesetzgebungen oderAuflagen an Investoren werden dabei alsHandelsschranken angesehen, die beseitigtwerden müssen. Der Anteil der multinatio-nalen Konzerne am Welthandel beträgt seitMitte der 90er-Jahre rund zwei Drittel;dabei wird ungefähr ein Drittel konzernin-tern abgewickelt, zum Beispiel mittels Aus-tausch zwischen verschiedenen Tochterfir-men. 80 der 100 grössten Konzerne stam-men aus den beiden grössten Machtblöckenin der WTO, der EU und den USA. Und diekleine Schweiz ist mit vier Konzernen(UBS, Nestlé, Credit Suisse und Zurich Fi-nancial Services) unter den 100 Top-Unter-nehmen ganz gross mit dabei.

«Gemäss der Aufstellung für das Jahr2006 sind von den 40 weltgrössten Konzer-nen deren 20 US-amerikanische, fünf briti-sche und vier schweizerische Gesellschaf-ten (Global Players). Grosse Wirtschafts-nationen wie China, Frankreich und Japanstellen lediglich je zwei Konzerne, Austra-lien, Holland, Italien, Russland und Saudi-Arabien je einen. 10 Prozent der 40 welt-weit grössten Konzerne sind also SchweizerGesellschaften. Dies bei einem schweizeri-schen Anteil am Weltbruttosozialproduktvon etwa 0,9 Prozent und an der Weltbevöl-kerung von nur gerade rund 0,1 Prozent»,so Prof. Dr. Karl Hofstetter, Verwaltungs-ratsmitglied der SwissHoldings, die 42Konzerne mit Sitz in der Schweiz vertritt.Der Kommentar im Jahresbericht beziehtsich auf die alljährlich vom US-amerikani-schen Wirtschaftsmagazin «Forbes» veröf-fentlichte Liste der weltgrössten Konzernenach dem Börsenwert.

Die WTO

Die Welthandelsorganisation WTO wurde 1995 alsNachfolgerin des GATT (General Agreement on Tariffs and Trade) gegründet. Das Ziel der WTO istdie Liberalisierung des Welthandels durch denAbbau sogenannter «Handelshemmnisse» wieZölle, Einfuhrquoten oder inländische gesetzlicheBestimmungen, beispielsweise strenge Umwelt-oder Gesundheitsgesetze. 150 Länder sind heuteWTO-Mitglieder. Der seit 2005 amtierende WTO-Ge-neralsekretär ist der frühere EU-HandelskommissarPascal Lamy. Das höchste Organ der WTO ist diealle zwei Jahre stattfindende WTO-Ministerkonfe-renz der Wirtschafts- und Handelsminister der Mit-gliedsländer. Bereits zwei Ministerkonferenzensind gescheitert. Weder 1999 in Seattle (USA) noch2004 in Cancún (Mexiko) konnten sich die Ministe-rInnen über die weitere Ausrichtung der Welthan-delsregeln einigen. Seither sind die Verhandlungenins Stocken geraten.

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Die WTO stärkt die Rechte der internationaltätigen Konzerne. Dabei wird der Handlungs-spielraum für Regierungen geschmälert, eineHandelspolitik zugunsten ihrer Bevölkerungund der Umwelt zu verfolgen. Dies zeigt auchein Beispiel aus der Schweiz.

Die 1995 gegründete Welthandelsorganisa-tion WTO leitete eine massive Ausweitungund Aufwertung der Handelspolitik ein.Handels- und Wirtschaftsminister von da-mals 132 Ländern unterzeichneten ganzneuartige Abkommen zum Welthandel.Grundlegende Entscheide über die Wirt-schaftspolitik eines jeden Landes sollenfortan auf der internationalen Ebene getrof-fen werden. Dies bedeutet für die einzelnenMitgliedsländer eine Beschneidung desHandlungsspielraums auf der nationalen,regionalen und kommunalen Ebene. Bei derWTO geht es darum, Unternehmen, dieinternationalen Handel und grenzüber-schreitende Investitionen tätigen, bessereAbsatzchancen und Gewinne zu garantie-ren. Haben sich ausländische Investoren in einem Land niedergelassen, dürfen siegegenüber inländischen Unternehmen nichtbenachteiligt werden. Damit wird es für ein

Land unmöglich, entweder besonders um-weltfreundliche oder soziale Unternehmenzu bevorzugen oder die eigenen KMU zuunterstützen.

Kleine Schweiz, grosser PlayerSämtliche WTO-Abkommen gehen auf

ein intensives Lobbying von internationalagierenden Konzernen mit Hauptsitz in den

Die Handschrift der Konzerne

Die WTO greift in die Schweizer Politik ein

Am 10.3.2004 forderte die Nationalrätin Chantal Gal-ladé mit einer Motion den Bundesrat auf, bei derVergabe von öffentlichen Aufträgen Betriebe, welche Lehrstellen und andere Ausbildungsplätzeanbieten, vermehrt zu berücksichtigen. Der Bundes-rat wies jedoch in seiner Beantwortung darauf hin,dass es aufgrund des WTO-Übereinkommens überdas öffentliche Beschaffungswesen nicht möglichsei «leistungsfremde» Kriterien zu berücksichtigen,denn dies verstosse gegen das verankerte Gebot der Gleichbehandlung von in- und ausländischenAnbietern. Nicht alle Staaten der WTO würden überdasselbe System der praxis-orientierten Berufsbil-dung wie die Schweiz verfügen. Von ausländischenUnternehmen zu verlangen, dass sie im Bereich derLehrlingsausbildung aktiv werden müssten, verletzedeshalb das Nichtdiskriminierungsgebot.

Die wichtigsten Abkommen der WTO

GATT: Das Allgemeine Zoll- und Handelsabkommen«General Agreement on Tariffs and Trade» regelt den Warenverkehr und wurde bereits 1947 von 23Staaten abgeschlossen. Das Ziel war, Zölle undstaatliche Beschränkungen abzubauen. Innert 15 Jahren wurden 63 Nationen, die 80 Prozent desWelthandels bestritten, GATT-Mitglieder. Bei derEntstehung der WTO 1995 wurde das GATT durchdas Landwirtschaftsabkommen erweitert, das seither auch den Welthandel mit Landwirtschafts-gütern regelt.

GATS: Das «General Agreement on Trade in Servi-ces» regelt den internationalen Dienstleistungshan-del. Dazu gehören auch Bereiche des Service public wie die Energie- und Wasserversorgung, derGesundheits- und Bildungsbereich.

TRIPS: Das «Trade Related Aspects of Intellectual Property Rights» regelt handelsbezogene Aspektedes geistigen Eigentums. Dazu gehören Patente, Urheberrechte und der Markenschutz.

DSU: Das «Dispute Settlement Understanding» ist dasWTO-Gericht für internationale Handelsstreitigkeiten.

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Rangliste der weltweit grössten Konzerne nach Umsatz

Firma Land Rang Umsatz Gewinn Rang Umsatz2006 in Millionen $ in Millionen $ 1975 in Millionen $

2006 2006 1975

Exxon Mobil USA 1 339 938,0 36 130,0 1 44 865,0

Wal-Mart Stores USA 2 315 654,0 11 231,0

Royal Dutch Shell Holland 3 306 731,0 25 311,0 3 32 105,0

BP England 4 267 600,0 22 341,0 8 17 285,0

General Motors USA 5 192 604,0 –10 567,0 2 35 725,0

Chevron USA 6 189 481,0 14 099,0

DaimlerChrysler Deutschland 7 186 106,3 3 536,0 23 8194,0

Toyota Motor Japan 8 185 805,0 12 119,6 34 7194,0

Ford Motor USA 9 177 210,0 2 024,0 5 24 009,0

ConocoPhillips USA 10 166 683,0 13 529,0

General Electric USA 11 157 153,0 16 353,0 13 13 399,0

Total Frankreich 12 152 360,7 15 250,0

ING Group* Holland 13 138 235,3 8 958,9

Citigroup* USA 14 131 045,0 24 589,0

AXA* Frankreich 15 129 839,2 5 186,5

Allianz* Deutschland 16 121 406,0 5 442,4

Volkswagen Deutschland 17 118 376,6 1 391,7 29 7 680,0

Fortis* Belgien 18 112 351,4 4 896,3

Crédit Agricole* Frankreich 19 110 764,6 7 434,3

American Intl. Group* USA 20 108 905,0 10 477,0

UBS* Schweiz 36 84 707,6 11 257,5

Nestlé Schweiz 53 74 658,6 6 415,5

Credit Suisse* Schweiz 57 72 193,5 4 694,3

Zurich Financial Services* Schweiz 63 67 186,0 3 214,0

Die Aufstellung zeigt die 20 weltgrössten Konzerne nach Umsatz. Die vier grössten Schweizer Konzerne besetzen unter den 100 grössten folgende Ränge: die UBS Rang 27, Credit Suisse Rang 47, Nestlé Rang 56 und Zurich FinancialServices Rang 85.

* alle im Finanzsektor tätig

Sämtliche WTO-Abkommen sind durch inten-sives Lobbying von Konzernen in Industrie-ländern entstanden. Geld, Beziehungen undNetzwerke spielten die entscheidende Rolle.Diejenigen Menschen in Entwicklungslän-dern, die von den Abkommen besonders be-troffen sind – Kleinbäuerinnen, Arbeitneh-mende in KMU, Kranke, die günstige Medika-mente benötigen – wurden nicht konsultiert.

American Express und das Dienstleistungsabkommen GATS Der US-Kreditkartenmarkt war in den

späten 70er-Jahren zunehmend gesättigt.Das Kreditkartenunternehmen AmericanExpress AmEx war aus diesem Grund aufder Suche nach neuen Märkten, wofür esjedoch entsprechende Rahmenbedingun-gen brauchte. So beauftragte im Jahr 1979James D. Robinson, CEO von AmEx, seinenVizepräsidenten Harry Freeman, sich umeine neue Verhandlungsrunde des GATT(General Agreement on Tariffs and Trade)zu kümmern. Das GATT, das lediglich deninternationalen Güterhandel regelte, solltekünftig auch den Handel mit Dienstleistun-gen abdecken. Um dieses Ziel zu erreichen,

sprach Robinson seinem Vize ein «unbe-schränktes Budget» zu.

Mit viel Geld und den richtigen Beziehungen ans ZielDas grosszügige Budget erlaubte es Free-

man, für die notwendige Lobbyarbeit geeig-nete Personen in Brüssel, Tokio, Washing-ton und New York anzustellen. Ausserdemstanden im Vorstand der AmEx politischeSchwergewichte wie Henry Kissinger oderder frühere US-Präsident Gerald Ford alssogenannte aussenstehende Beratende zurVerfügung. Zusätzlich sicherte sich AmExdie Unterstützung der zwei grössten Anbie-ter im Finanzsektor: Citicorp und AmericanInternational Group AIG. Die CEOs dieserzwei Unternehmen sowie Robinson nah-men zwischen 1980 und 1986 regelmässigan Ministertreffen teil, bis schliesslich 1986die achtjährige Uruguayrunde startete, diezur Entstehung der WTO und dem WTO-Dienstleistungsabkommen GATS führte.Freeman beschrieb im Nachhinein seineLobbytätigkeit ausführlich: «Das Erste, waswir 1979 taten, war, die richtige Formulie-rung zu prägen. Wir beauftragten alle Mitar-beitenden in den drei Firmen, in Zukunft

Konzerne schreiben die Welthandelsagenda

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von ‹Finanzdienstleistungen› zu sprechen,dieser Ausdruck hatte bis anhin nicht exis-tiert.» Freeman brachte die Mitarbeitendensogar dazu, dass sie Journalisten ständig er-mahnten, künftig in handelspolitischen Ar-tikeln nur noch von «Gütern und Dienst-leistungen» zu sprechen. Über 1600 Briefewurden mit dieser Aufforderung an die Me-dien geschickt. Innert zwei Jahren war derBegriff «Güter und Dienstleistungen» imhandelspolitischen Wortschatz fest veran-kert. Als weiteren Schritt bildeten die dreiCEOs eine breite Koalition mit Unterneh-men aus der gesamten Dienstleistungsbran-che, inklusive Transport- und Ingenieur-wesen, der Unterhaltungsbranche usw., umden US-Kongress für den Plan eines inter-nationalen Dienstleistungsabkommens zugewinnen. 1982 wurde dazu die Coalitionof Service Industries CSI gegründet. Die

CSI brachte das einflussreiche US-Magazin«Fortune» dazu, die 500 grössten Dienst-leistungsunternehmen jährlich aufzulisten,wie dies das Magazin «Forbes» mit den Ma-nufakturfirmen getan hatte. Dadurch konn-te die Bedeutung des Dienstleistungssek-tors hervorgehoben werden. 1995 – nachachtjährigen zähen Verhandlungen – unter-schrieben die damals 132 WTO-Mitglieds-länder das GATS-Abkommen.

Leere Versprechungen für EntwicklungsländerDie Entwicklungsländer hatten mit dem

Versprechen, dass es ihnen offen stünde, obund welche Dienstleistungssektoren siedem globalen Wettbewerb öffnen würden,zur Unterzeichnung des GATS-Abkommensbewegt werden können. Ausserdem wurdeihnen für ihre Landwirtschaftsprodukte derZutritt auf die Märkte der Industrieländerzugesichert. Beide Versprechen sind auchnach 12 Jahren WTO nicht eingelöst wor-den. Dafür bestätigte 1997 David Hartrigde,der frühere Direktor der WTO-Dienstleis-tungsabteilung, den ungeheuren Einflussder Konzerne: «Ohne den enormen Druck,den der amerikanische Finanzsektor ausüb-te, besonders einige Firmen wie AmericanExpress und Citicorp, hätte es kein Dienst-leistungsabkommen gegeben.»

Seco vertritt Position der Schweizer BankenEin eigenes Abkommen zu Finanz-

dienstleistungen konnte jedoch aufgrunddes Widerstands insbesondere der asiati-schen Länder erst 1997 abgeschlossen wer-den. Dazu brauchte es den internationa-len Zusammenschluss der grössten Bankenund Versicherungskonzerne aus den Indus-trieländern, die sich in der Financial Lea-ders Group FLG zusammenschlossen. Die

FLG, zu der auch die UBS gehört, strebtedie Liberalisierung des Finanzsektors aufglobaler Ebene an. Sie übernahm die Aufga-be, bestehende sogenannte Handelsbarrie-ren, also sämtliche störenden Regulierun-gen, in den einzelnen Ländern zu erfassenund den Unterhändlern der USA, der EUund der Schweiz zu unterbreiten. Wichtigwar, dass diese Länderblöcke eine ein-heitliche Position vertraten. Dabei war dieZusammenarbeit zwischen Regierungenund Unternehmen entscheidend. Ein Be-richt der US Coalition of Services Indus-tries USCSI zitiert: «Konzernrepräsentan-ten aus mehr als 40 Ländern und Verbändeaus Europa und Nordamerika trafen sich re-gelmässig mit den Verhandlungsführern imBereich der Finanzdienstleistungen (…) .Diese bemerkenswerte Zusammenarbeit von

Unternehmen und Regierungen führte zueiner gut abgestimmten gemeinsamen Posi-tion.» Auch in der Schweiz war und ist dieZusammenarbeit zwischen den Bankenund dem Staatssekretariat für WirtschaftSeco bemerkenswert. Die von den Bankenschriftlich formulierte Position deckt sichinhaltlich exakt mit der Position, die derBundesrat in den GATS-Verhandlungenvertritt – ungeachtet dessen, dass die meis-ten Entwicklungsländer negative Auswir-kungen eines unregulierten Finanzsektorsbefürchten.

«Ohne den enormen Druck, den der amerikanische Finanzsektor ausübte, besonders einige Firmen wie American Express und Citicorp, hätte es kein Dienstleistungsabkommen gegeben.»David Hartrigde, früherer Direktor der WTO-Dienstleistungsabteilung, 1997

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«Das WTO-Landwirtschaftsabkommen müss-te eigentlich Cargill-Abkommen genanntwerden», schrieb Vandana Shiva, die be-rühmte indische Umweltaktivistin. Denn es war Dan Amstutz, der frühere Vizeprä-sident des weltweit grössten mit Getreidehandelnden transnationalen Konzerns Car-gill, der den ursprünglichen Abkommens-text verfasste. Für Cargill war der Zugangzu neuen Märkten, insbesondere in asiati-schen Ländern, ein primäres Ziel.

Bereits zeigt sich durch das WTO-Land-wirtschaftsabkommen eine stärkere Kon-zentration in der Produktion wie auch imHandel von Landwirtschaftsprodukten, dieim Nahrungsmittelsektor ärmere Produzie-rende verdrängt. Die Agrarexporteure for-dern einen radikalen Zollabbau im Land-wirtschaftssektor. Kleinproduzenten und -produzentinnen verlieren damit die Mög-lichkeit, ihre Produkte gegen die billigenImporte zu schützen und auf den lokalenMärkten zu verkaufen. So fühlen sich bei-spielsweise die Bauern in der BergprovinzBenguet auf den Philippinen, nur sechsFahrstunden nördlich der Hauptstadt Mani-la, von Zollsenkungen aufgrund des WTO-Abkommens bedroht. Noch pflanzen sie auf

kleinen traditionellen Terrassen Gemüseund Reis an. «Es sollte den philippinischenBauern zugestanden werden, primär denphilippinischen Markt zu bedienen. Nunaber überschwemmen Zwiebeln und Karot-ten aus China, Brokkoli und Blumenkohlaus Australien, Bohnen und Reis aus denUSA und sogar Kartoffeln aus Belgien undden Niederlanden den einheimischenMarkt. Dabei werden absurde Lieferwegezurückgelegt», sagt der Kleinbauer JohnKim gegenüber der «Financial Times».Auch die Hühnerproduzenten befindensich in einer ähnlichen Situation: Seit demFebruar 2006 haben sich die Hühnerimpor-te aus den USA in die Philippinen verdop-pelt.

Subventionen für GrossbetriebeDer Agrarsektor hat aber nicht nur mit

der landwirtschaftlichen Produktion zutun, sondern auch mit der Chemieindus-trie, die Pestizide herstellt, mit Saatgutfir-men, mit der Nahrungsmittel verarbeiten-den Industrie sowie dem Gross- und Einzel-handel. Dieses sogenannte Agrobusinesskonzentriert sich zum grossen Teil auf eini-ge wenige weltweit agierende Konzerne. Zu

und das Landwirtschaftsabkommen

und das Abkommen zum «geistigen Eigentum» TRIPS

Das Abkommen über handelsbezogene As-pekte der Rechte an geistigem EigentumTRIPS wurde 1995 in Kraft gesetzt. Es istdas direkte Produkt einer Industriekoalitionvon Mitgliedern aus den USA, der EU, Japanund der Schweiz. Entscheidend für dieSchaffung des TRIPS war eine kleine Elite-gruppe von CEOs der Konzerne IBM, demPharmakonzern Pfizer sowie dem Chemie-konzern DuPont. Der frühere Pfizer-Kon-zernchef Edmund T. Pratt war bei denTRIPS-Verhandlungen als offizieller Beraterdes US-Handelsvertreters dabei und sagtezum Bestreben der Konzerne und zur Zu-sammenarbeit mit den Handelsdelegierten:«Unsere gemeinsame Anstrengung ermög-lichte es uns, ein globales Netz von Spitzen-leuten aus dem Privatsektor zu schaffen, dasdie Grundlage für das legte, was schliesslichdas TRIPS-Abkommen wurde.»

Wenige Gewinner und viele VerliererInnenDas TRIPS verpflichtet alle WTO-Mit-

gliedstaaten, Mindestanforderungen beimgeistigen Eigentum zu erlassen, darin ein-geschlossen sind Urheberrechte, der Mar-kenschutz oder Patente. Das Abkommenöffnet der Patentierung von gentechnolo-

gisch veränderten Organismen Tür und Tor.Durch die Patentierung von Saatgut bei-spielsweise wird dieses zum Eigentum vonSaatgutkonzernen. Dies bedeutet für dieBäuerinnen und Bauern, dass sie von Kon-zernen abhängig werden und das Recht ver-lieren, eigenes Saatgut aus der Ernte zu ge-winnen, es mit anderen Bauern zu tauschenoder weiterzuverkaufen.

Vom Abkommen betroffen sind auchMillionen von Aidskranken in Entwick-lungsländern, denen der Zugang zu güns-tigen Medikamenten erschwert wurde.Solche negativen Folgen wurden den Ent-wicklungsländern erst später bewusst. Soerkämpften sie sich 2001 das Recht, Mass-nahmen zur öffentlichen Gesundheitsver-sorgung, einschliesslich der Produktionoder Einfuhr von günstigen Medikamenten,zu erlassen. Die dazu notwendigen Proze-duren sind jedoch noch immer so kompli-ziert angelegt, dass es zur Produktion vonGenerika viel Zeit und finanzielle Mittelbraucht.

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Der US-Agrarkonzern Monsanto produziertein genetisch erzeugtes Rinderwachstums-hormon. Dieses wird von Grossbauern inden USA benutzt, um die Milchleistungihrer Kühe zu steigern. Daneben werden dieRinder auch mit den WachstumshormonenÖstradiol und Testosteron behandelt. Die EUverbot 1989 die Einfuhr von hormonbehan-deltem Rindfleisch und Milch von hormon-behandelten Rindern. Das Verbot bezog sichauch auf Produzenten in EU-Ländern. Dar-aufhin lancierte Monsanto eine starke Lob-byingkampagne, die sowohl Verbände in denUSA als auch in der EU dazu aufforderte,Druck auf die EU-Kommission zu erzeugen,das Verbot aufzuheben. Aktiv wurden zumBeispiel FEDESA, die wichtigste Lobbyor-ganisation der europäischen Tiermedizin-industrie, sowie der europäische Verbandder Pharmaindustrie EFPIA. Auf der ande-ren Seite lobbyierten die Konsumentenor-ganisationen, welche die EU-Kommissionüberzeugen konnten, das Verbot aufrecht-zuerhalten. Denn immer mehr Hinweisedeuteten darauf hin, dass die Verabreichunggewisser natürlicher und synthetischer Hor-mone an Rinder mit dem Auftreten von Krebsbei Menschen zusammenhängen könnte.

Die WTO-Streitschlichtung entschiedjedoch im Sinne der Konzerne. Die EUwende die «Vorsorgemassnahme» – näm-lich das Verbot von hormonbehandeltemFleisch – zu Unrecht an. Die EU ist nun ver-pflichtet, jährliche Zahlungen an die USAund Kanada im Wert von 116,8 MillionenUS-Dollar zu leisten. Damit werden dieInteressen der beteiligten Konzerne höhergewichtet als berechtigte Konsumentenin-teressen.

und das WTO-Handelsgericht DSU

den einflussreichsten und grössten gehörender Chemiekonzern Bayer, der AgrokonzernSyngenta, die Nahrungsmittelgiganten Uni-lever, Nestlé und Danone sowie in Euro-pa die Supermarktketten Carrefour, Metro,Ahold und Tesco.

Durch das vom Agrobusiness forcierteWTO-Abkommen wird ein industriellesLandwirtschaftsmodell gefördert, das ins-besondere die Grossfarmen bevorzugt, fürKleinbauern grosse Abhängigkeit schafftund die Biodiversität zerstört. Studien zurFinanzierung der Landwirtschaft zeigen,dass in zahlreichen Ländern vor allem diegrossen Landwirtschaftsbetriebe von Un-

terstützungen profitieren. So streichen diegrössten 15 Prozent der französischen Be-triebe 60 Prozent der Direktzahlungen ein.Die kleinen Betriebe bekommen dagegen le-diglich 17 Prozent der Subventionen. So-gar Unternehmen wie Nestlé kassieren 48 Millionen Euro, und der US-Lebens-mittelmulti Kraft bekam für seinen schwe-dischen Ableger für die Jahre 2000 bis 2006rund 7,4 Millionen Euro aus der EU-Kasse.

«Handelspolitik ist ein Politikfeld mit dem Ziel, mehr Investitionsmöglichkeiten für europäische Konzerne zu schaffen und Exporte in Märkte von Drittstaaten zu fördern.» Pascal Lamy, EU-Handelskommissar, 2002

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der die Interessen der 45 grössten europäi-schen Konzerne – inklusive der SchweizerGlobal Player Nestlé und Roche – vertritt.Der ERT wurde 1983 als privater Kreis 17europäischer Industrieller gegründet undspielte in seinen Lobbyingbemühungen zurEntstehung der WTO eine zentrale Rolle.Den konzerneigenen Lobbyisten oder Pu-blic-Relations-Agenturen, die entweder Be-ratungen in direktem Lobbying anbietenoder die Unternehmenskommunikationübernehmen, kommt ebenfalls eine wichti-ge Rolle zu. Andere Lobbygruppen sindVertretungen von Staaten, nationale unddie internationale Handelskammern undsogenannte Thinktanks, Denkfabriken, diealle mit der Wirtschaft eng verbandelt sind.

Regierungsinteressen spiegeln KonzerninteressenEs liegt in der Verantwortung von Re-

gierungen, die unterschiedlichen Lobby-inginteressen, seien sie wirtschaftlicher,ökologischer oder sozialer Natur, in einerBalance zu halten. Leider ist dies nicht derFall: Regierungen gewähren der im Landansässigen Wirtschaft einen beinahe unbe-schränkten Zugang zu Informationen undfragen sie gar um Rat bei der Formulierungder zukünftigen Handelspolitik. So meinteder EU-Handelskommissar Pascal Lamy2002: «Handelspolitik ist ein Politikfeldmit dem Ziel, mehr Investitionsmöglich-keiten für europäische Konzerne zu schaf-fen und Exporte in Märkte von Drittstaatenzu fördern. Die Kommission kann nur dannmit Erfolg die bestmögliche Handelspolitikaushandeln, wenn die Geschäftsleute Euro-pas ihr mitteilen, welche Politik sie wün-schen.» Und ein einflussreicher BrüsselerLobbyist meinte zu seinem Verhältnis zuVertreterInnen der EU-Kommission: «Wir

arbeiten in der Tat gut zusammen, wir spre-chen beinahe täglich mit ihnen, telefo-nisch, in ihren Büros, oder sie kommen zuuns.» Während Nichtregierungsorganisa-tionen im Umwelt- und Sozialbereich nurspärlich über den aktuellen Stand derWTO-Verhandlungen unterrichtet werden,werden Lobbyisten von Konzernen vorjeder wichtigen Entscheidung persönlichkontaktiert. Die Lobbyingkanäle und diedamit verbundenen Geldflüsse verlaufenoft innerhalb einer kleinen Personengrup-pe und sind höchst intransparent. Die Ent-scheidungen betreffen jedoch Hundertevon Millionen von Menschen, die keinerleiInformationen über die geplante Handels-politik ihrer Regierungen haben. Die Ver-

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Früher waren vor allem Konzerne aus den USAWeltmeister im Lobbyieren. Doch seit GlobalPlayers ihren Hauptsitz in die EU verlegthaben, ist auch Brüssel zu einem Eldorado für Unternehmenslobbyisten geworden. Re-gierungsvertreter empfangen die Wirtschafts-leute mit offenen Armen.

In den 90er-Jahren haben mehr als die Hälf-te der 100 weltweit grössten multinationa-len Konzerne ihren Hauptsitz in die EU ver-legt. Seither ist die Anzahl der Lobbyistenin der EU-Hauptstadt sprunghaft angestie-gen: Etwa 15000 sind als professionelleInteressenvertreter in Brüssel tätig. Damitkommt auf jeden EU-Beamten ein Lobbyistoder eine Lobbyistin. Nur 10 Prozent ar-beiten für Umwelt- und soziale Organisa-tionen. Die jährlichen Lobbyingausgaben in Brüssel werden auf bis zu einer Milliar-de Euro geschätzt. Somit handelt es sich beim Lobbyinggeschäft um eine eigentlicheWachstumsindustrie.

Die wichtigsten Akteure im LobbyinggeschäftEine der wichtigsten Lobbyinggruppen

sind Unternehmensverbände wie zum Bei-

spiel die europäische Arbeitgeberorganisa-tion UNICE (Union of Industrial and Em-ployers’ Confederation of Europe). DieseUnternehmensverbände sprechen als Dach-verbände mit einer Stimme für sämtlicheMitglieder einer Branche, einschliesslichkleiner und mittlerer Unternehmen. Die-se Unternehmensverbände müssen jedochseit Neuerem mit Lobbyisten ganz andererArt, die insbesondere die Interessen inter-national agierender Konzerne vertreten,konkurrenzieren: mit kommerziellen Lob-byisten oder sogenannten «CEO-groups»,mit Gruppen von Vorstandsvorsitzendenvon Konzernen. Ein Beispiel einer solchen«CEO-group» ist der runde Tisch der In-dustriellen (European Round Table) ERT,

Europäische Konzerne als aufstrebende

Lobbymacht

Verbandelung von WTO und Business

Die WTO ist offiziell eine Regierungsorganisationzwischen 150 Staaten. Die Verbandelung zwischenWTO und einseitigen Wirtschaftsinteressen grosserKonzerne wird aber durch das Personenkarussellmehr als deutlich:

David Hartridge, von 1993 bis 2000 Direktor der Ab-teilung «WTO und Dienstleistungen», wurde nachseiner Amtszeit Direktor der RechtsberatungsfirmaWhite & Case. Diese ist einflussreiches Mitglieddes European Services Forum ESF sowie der US-Dienstleistungskoalition US Coalition of ServicesIndustries USCSI. Als Ziel verfolgt sie, die Dienstleis-tungssektoren weltweit zu liberalisieren und «stö-rende» inländische Gesetzgebungen abzuschaffen.

Peter Sutherland, von 1993 bis 1995 Direktor desGATT (Vorläufer der WTO), ist heute Präsident (Chair-man) der Investmentbank Goldman Sachs sowieAufsichtsratsmitglied der Royal Bank of Scotland.Beide Finanzinstitute sind höchst einflussreicheMitglieder des European Services Forum ESF. Vorseinem Amt als Chairman war Sutherland im Verwaltungsrat der ABB tätig.

Lobbying

Der englische Begriff Lobbying steht wörtlich fürVorhalle oder Wartehalle. Lobbying kann definiertwerden als Überzeugungsarbeit bei politischen EntscheidungsträgerInnen. Es wird von Interessen-verbänden oder kommerziellen Lobbyisten, etwaBeratern bestimmter Konzerne, betrieben mit demZiel, Entscheide öffentlicher Instanzen, zum Beispiel Gesetzgebungsprozesse, zu beeinflussen.

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Steffen Klatt _ Die Interessenvertretungder Schweizer Wirtschaft ist zu Hause gutvernetzt. Und im Ausland gut vertreten. Für ge-wisse Interessen greift man dafür auch maltief in die Tasche.

Bundesrätin Doris Leuthard hat im Juli 2007während sechs Tagen China besucht. Beglei-tet wurde sie auf ihrer Wirtschaftsmissionvon zwei Dutzend Chefs von Unternehmenund Verbänden. Zu ihnen gehörten Econo-miesuisse-Chef Gerold Bührer, Novartis-Ver-waltungsrat Alexandre Jetzer, Swiss-ChefChristoph Franz, Vertreter der UBS, derCredit Suisse, der Zurich Financial Servi-ces, der ABB wie auch kleinerer Unterneh-men. Damit war der Chinabesuch eine dergrössten Schweizer Wirtschaftsmissionenüberhaupt. In diesem Jahr war Doris Leut-hard bereits in Brasilien und Südafrika,weitere Reisen folgen. Die Auswahl der Teil-nehmerInnen aus der Wirtschaft überlässtdas Staatssekretariat für Wirtschaft jeweilsder Economiesuisse. Einzige Bedingung: DieTeilnehmenden müssten aus der Chefetagedes jeweiligen Unternehmens stammen, sagtChristophe Hans, Kommunikationschef desVolkswirtschaftsdepartements.

Zeitgleich verhandelten in Savognin GRHandelsdiplomaten der Schweiz und Ja-pan über ein Freihandelsabkommen. Wirt-schaftsvertreter waren nicht geladen. Abersie werden in die Arbeit am Abkommeneinbezogen. Ein Vertreter von Economie-suisse ist bereits zweimal nach Japan ge-reist, um dort mit den Kollegen des Wirt-schaftsdachverbandes Nihon Keidanren zusprechen. Die Economiesuisse koordiniertauch die Mitarbeit der Wirtschaftsverbändeund der in Japan vertretenen Schweizer Fir-men an der Schweizer Position. Eine Kei-danren-Delegation hat die Schweiz besucht.Der Wirtschaftsdachverband spielte einewichtige Rolle, um das anfängliche Zögernder Regierung in Tokio zu überwinden. Nunverhandelt Japan mit der Schweiz als demersten europäischen Land über ein solchesAbkommen.

Auf du und du in Politik und WirtschaftDer Einbezug der Wirtschaft in die

Aussenhandelspolitik der Schweiz ent-spricht ihrem Einfluss auf die Wirtschafts-politik generell: Man kennt sich, informierteinander, stimmt die Positionen ab. DerEinfluss geht über die Vernehmlassungen

Auf Reisen mit Doris Leuthard

bandelung zwischen Politik und Wirtschaftkann auch darum so gut funktionieren,weil beide Seiten dieselbe Ideologie vertre-ten, nach der offene Märkte und das Agie-ren von Konzernen allgemein zu mehrWohlstand führen. Durch den damit ver-bundenen Trickle-Down-Effekt – wenn esden grossen gut geht, geht es auch den klei-nen gut – würden die Gewinne schliesslichauch der Bevölkerung in den Entwick-lungsländern zugute kommen. Diese Hoff-nung sprach in der Schweiz auch Bundes-rätin Doris Leuthard nach ihrer sechstägi-gen Chinareise mit Wirtschaftsvertreternaus.

Auch EU fordert mehr TransparenzNachdem das intransparente und ag-

gressive Lobbying der Wirtschaft nacheinem Bestechungsskandal in den USA

rund um den einflussreichen US-Lobbyis-ten Jack Abramoff zunehmend in die Kritikgeriet, forderte die Europäische Kommis-sion im Mai 2006 von den rund 15000 inBrüssel tätigen Lobbyisten mehr Transpa-renz. Die Öffentlichkeit wolle wissen, wermit welchen Interessen den Kontakt zu EU-Beamten, Parlamentariern und Regierungs-vertretern suche, sagte Kommissionsvize-präsident Siim Kallas. Er schlug deshalbvor, eine Meldeliste für alle Brüsseler Lob-byisten einzurichten. Darin sollten sie an-geben, für wen sie arbeiten und von wemsie finanziert werden. Vielen in Brüssel tä-tigen NGO, beispielsweise Greenpeace,gehen die Pläne der Kommission zu wenigweit. Sie haben sich zur Alliance for Lobby-ing Transparency and Ethics Regulation zu-sammengeschlossen und fordern ein gesetz-lich verpflichtendes Lobbyistenregister.

«Wir arbeiten in der Tat gut zusammen, wir sprechen beinahe täglich mit ihnen, telefonisch, in ihren Büros, oder sie kommen zu uns.» Brüsseler Lobbyist über sein Verhältnis zu VertreterInnen der EU-Kommission

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MACHTHUNGRIGE STRIPPENZIEHER__1918

tionalen Organisationen wie der WTO. DieEconomiesuisse als grösster Schweizer Wirt-schaftsverband hat auch einen Vertreter inBrüssel. Die Bankiervereinigung lässt sichdurch einen – gut vernetzten – Anwalt ver-treten. Die meisten anderen Verbände, vonSwissmem bis zum Bauernverband, schi-cken ihre Spezialisten jeweils zu wichtigenSitzungen nach Brüssel. Doch die Konkur-renz ist gross: Die Zahl der Interessenver-treter in Brüssel wird auf 15 000 geschätzt.

Allerdings zählt in Brüssel nicht dieZahl der VertreterInnen, sondern die Qua-lität der Vorschläge. Und da wird die Serio-sität der Schweizer Interessenvertreter ge-schätzt. Die EU-Kommission, die mit etwa30000 Beamten praktisch die gesamte Wirt-schaftsgesetzgebung Europas schreibt, istmehr als offen für die Anregungen aus derWirtschaft.

Wenn sich die Branchen europaweiteinig sind, können sie denn auch die euro-

päische – und letztlich auch die in derSchweiz geltende – Gesetzgebung und dieHandelspolitik der EU mitprägen. DieSchweizer Verbände spielen dabei immerwieder eine einflussreiche Rolle. Das zeigt

hinaus, die auch anderen Organisationenoffenstehen. Diese für die Schweiz typischeVerflechtung von Wirtschaft und Politik imMilizsystem hat das Aufkommen einer«Lobbyindustrie», wie sie in den USA undbei den EU-Institutionen existiert, bisherverhindert. Es gibt ein paar mächtige Ver-bandsvertreter, etwa Thomas Cueni, Gene-ralsekretär von Interpharma, und Urs Roth,Chef der Bankiervereinigung. Aber oft ho-len sich die Verbände ihre Chefs und Ver-waltungsräte aus dem Parlament und erspa-ren sich so teure Lobbyisten. Die enge Ver-netzung zwischen Politik und Wirtschaftbildet für die Schweizer Verhandlungsposi-tion einen Trumpf, weil die verschiedenenInteressen relativ leicht unter einen Hut ge-bracht werden können. Diese Verflechtung

hat es Schweizer Diplomaten auch immerwieder erlaubt, in die Verhandlungen sehrkonkrete Ideen einzubringen. «Wir sindeine Grossmacht der Ideen», sagt einer vonihnen. Der Sitz der Welthandelsorganisa-tion (WTO) in Genf bietet zudem einenHeimvorteil.

Die Schweiz konnte diese Stärke solange auch in der WTO ausspielen, als dieseeine Organisation der westlichen Industrie-staaten war. Lange reichte für einen Ent-scheid in der WTO eine Einigung der USAund der EU. Die Schweiz als europäisches,aber wirtschaftsliberales Land hatte guteVerbindungen zu beiden und konnte ihrePositionen gut durchsetzen. Als im August2003 die grossen Entwicklungsländer sichum Brasilien und Indien in der G-20 zu-sammenschlossen und die Öffnung derwestlichen Agrarmärkte auf die Tagesord-nung setzten, war es mit der besonderenRolle der Schweiz vorbei. Im KräftedreieckUSA-EU-G-20 hat sie heute keinen Platzmehr. Mit der Konzentration der laufendenLiberalisierungsrunde, der sogenannten Do-ha-Runde, auf die Landwirtschaft, ist sie alseiner der grössten Agrarprotektionisten anden Rand gedrängt.

Wirtschaftlich gesehen gehört die Schweiz zu EuropaDie Schweizer Wirtschaft hat jedoch an-

dere Wege gefunden, sich Gehör zu ver-schaffen. Die wichtigen Schweizer Verbän-de sind Vollmitglieder der europäischenDachverbände. So gehört EconomiesuisseBusinesseurope an, Swissmem dem Euro-päischen Maschinenbauerverband Orgalimeund die Bankiervereinigung dem Europäi-schen Bankenverband. Die Zugehörigkeitzu solchen Organisationen öffnet den Zu-gang zur EU-Kommission und zu interna-

Leuthard, Deiss, Cotti und Co.

Die Bundesrätin Doris Leuthard kennt Gerold Bührerebenso wie Swissmem-Chef Johann Schneider-Ammann aus dem Nationalrat. Parteikollegen derChristdemokratin sitzen in zahlreichen Verwal-tungsräten. So sitzt CVP-Fraktionschef Urs Schwal-ler im Verwaltungsrat von Liebherr Maschinen inBulle FR. Philipp Stähelin, ihr Vorgänger an derCVP-Spitze, präsidiert die Zuckerfabriken Aarbergund Frauenfeld. Der Schwyzer Bruno Frick präsi-diert die «Délégation culturelle et économique deTaipei», eine Interessenvertretung Taiwans. Ehema-lige Bundesräte lassen sich von Firmen in Dienststellen: Leuthards Vorgänger Joseph Deiss ging inden Verwaltungsrat des Milchkonzerns Emmi,Deiss’ Vorgänger Flavio Cotti übernahm die Führungdes Internationalen Beirats der Credit Suisse.Bundesrätin Doris Leuthard (Mitte) öffnet

der Schweizer Wirtschaft in China die Türen.Bild: Keystone

«Konzernrepräsentanten aus mehr als 40 Ländern und Verbände aus Europa und Nordamerika trafen sich regelmässig mit den Verhandlungsführern (…). Diese bemerkenswerte Zusammenarbeit von Unternehmen und Regierungen führte zu einer gut abgestimmten gemeinsamen Position.»Bericht der US Coalition of Services Industries USCSI

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für Epidemien wie Aids in den ärmstenLändern der Welt bestimmt sind. Ohnediese Zustimmung von Firmen wie Novar-tis und Roche wären die Doha-Verhandlun-gen schon damals blockiert worden.

UBS spendet für Obama, die CS für GiulianiEinige Schweizer Unternehmen sind so

gross, dass sie ihre eigene Aussenpolitikbetreiben. Das gilt vor allem für die Gross-banken UBS und Credit Suisse. Die wich-tigsten Orte für Bankeninteressen sindneben Brüssel vor allem Basel und Wa-shington. Am Rhein setzt der Basler Aus-schuss für Bankenaufsicht, der zur Bankfür Internationalen Zahlungsausgleich ge-hört, die Standards für die Aufsicht derBanken weltweit. Im Ausschuss sind dieZentralbanken zehn wichtiger westlicherIndustriestaaten vertreten, darunter dieSchweizer Nationalbank. In Washingtonvertreten die UBS, die CS und einige ande-re ausländische Grossbanken ihre gemein-samen Interessen über das Institute of In-ternational Bankers. Daneben versuchen

sie ihre besonderen Interessen gemäss denRegeln des amerikanischen Politikbetrie-bes mit Spenden zu fördern. So ist die UBSim ersten Quartal 2007 der grösste Spenderfür den demokratischen Präsidentschafts-kandidaten Barack Obama gewesen. Diesererhielt von der UBS mindestens 140 000Dollar, so viel wie von keinem andernUnternehmen. Die CS zahlte nur knapp50 000 Dollar. Dafür erhielt der ehemaligeNew Yorker Bürgermeister, der Republika-ner Rudy Giuliani, von der CS fast 100 000Dollar, während die UBS «nur» 60 000 Dol-lar gab. Doch Spenden können das Wohl-wollen der Empfänger nicht garantieren:Obama unterstützt ein Gesetzesvorhaben,mit dem die Schweiz und andere kleine-re Finanzplätze wegen der Beihilfe zurHinterziehung von US-Steuern auf eineschwarze Liste gesetzt werden sollen.

Schweizer Unternehmen und ihre Ver-bände betreiben eine sehr effiziente Interes-senvertretung. In Zeiten der Globalisierungist es für sie aber schwieriger geworden,ihre Interessen durchzusetzen.

die Chemie- und Pharmaindustrie. Diesewar bei der bisher letzten, 1995 abgeschlos-senen Liberalisierungsrunde, der Uruguay-Runde, der eigentliche Blockadebrecher.Damals einigten sich die grössten Che-mie- und Pharmaproduzenten der Welt, vorallem die EU, die USA und die Schweiz, dieZölle für eine Reihe von Pharmaproduktenganz abzuschaffen und für Chemieproduk-te zu begrenzen. Diese Einigung brachte derIndustrie Einsparungen in Millionenhöheund den zerstrittenen Staaten den politi-schen Durchbruch.

In der derzeitigen Doha-Runde hat esebenfalls einen Durchbruch gegeben, beidem die Schweizer Industrie eine zentraleRolle gespielt hat: Vor der WTO-Konferenzvon Cancún 2003 akzeptierten die grossenPharmaunternehmen eine Einschränkungdes Patentschutzes bei Medikamenten, die

International weit vorn

Stk_Vertreter der Schweizer Wirtschaft haben ofteine einflussreiche Stellung in internationalenWirtschaftsverbänden. So ist Roche-Chef FranzHumer Vizepräsident der Europäischen Vereinigungder Pharmaindustrie (EFPIA), dessen Verwaltungs-rat Novartis-Chef Daniel Vasella und Interpharma-Chef Cueni angehören. Humer gehört wie Nestlé-Chef Peter Brabeck dem European Round Table ofIndustrialists an. Diese Vereinigung von 40 Spitzen-managern ist eine der einflussreichsten Interes-senvertretungen überhaupt. Der Chef der Holcim-Tochter in Mexiko, Pierre Froidevaux, gehört demVerwaltungsrat der Internationalen Handelskammer(ICC) an. Das ICC-Schiedsgericht, eine der wich-tigsten Instanzen zur Schlichtung von Streitigkeitenzwischen Unternehmen, wird von einem Schweizergeleitet. UBS und CS haben beide einen Vertreter in der Führung von Swift, einer GenossenschaftTausender Banken weltweit, welche die grenzüber-schreitenden Geldüberweisungen organisiert.

Werden in dieser fröhlichen Runde auch die Menschenrechtsverletzungen thematisiert? Dante Martinelli, SchweizerBotschafter in China (2. von links), Doris Leuthard und (4. von rechts) Lukas Utiger, Vertreter der Lonza-Geschäftsleitung

Bild: Keystone

«Unsere gemeinsame Anstrengung ermöglichte es uns, ein globales Netz von Spitzenleuten aus dem Privatsektor zu schaffen, das die Grundlage für das legte, was schliesslich das TRIPS-Abkommen wurde.»Edmund T. Pratt, ehem. Pfizer-Konzernchef

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Öffentlicher Druck ist notwendigAls zentrale Aufgabe macht die EvB die

technische WTO-Sprache einem grossenPublikum verständlich und sie zeigt auf,welche Auswirkungen die von der Schweizunterstützten WTO-Abkommen auf Ent-wicklungsländer haben. Um das Verhaltendes Bundesrats und des ausführenden Bun-desamts Seco auch nur ansatzweise beein-flussen zu können, ist oftmals öffentlicherDruck wirksamer als die spärlichen Lobby-inggespräche. Dies hat die von der EvB imJahr 2001 lancierte Postkartenkampagne«Kein Ausverkauf des Service public an dieWTO» gezeigt.

20 000 Unterschriften aus der Bevölke-rung konnten damals beim Bundesrat depo-niert werden. Seither wissen die Unter-händler, dass sie bei jedem Schritt, den sie

in den WTO-Verhandlungen gehen, scharfbeobachtet werden. Ganz wichtig ist auchdie Vernetzung der EvB mit Menschen undzivilgesellschaftlichen Organisationen inEntwicklungsländern. Um deren Stimmehier einfliessen zu lassen, lädt die EvBimmer wieder Delegationen aus südlichenLändern ein und organisiert persönlicheTreffen mit politischen VertreterInnen undden Medien. Und regelmässig lässt sie NGOin Entwicklungsländern wichtige Infor-mationen aus der Schweiz zukommen, diediese wiederum für ihre Lobbyarbeit ein-setzen.

Seit Bestehen der WTO hat die EvB das in-transparente Zustandekommen der Schwei-zer Position in den WTO-Verhandlungenkritisiert. Im Jahr 2001 schuf das Staatsse-kretariat für Wirtschaft Seco dann die soge-nannte «Verbindungsgruppe WTO/NGO».Diese trifft sich alle vier bis sechs Monatein Bern und soll helfen, den Informations-austausch zu verbessern. An dieser Sitzungnehmen nebst entwicklungspolitischen undUmweltorganisationen, Gewerkschafter undVertreterInnen des Bauernverbands sowieder verschiedenen Bundesämter und derWirtschaft teil. Es ist eine Möglichkeit, Anliegen und Kritik vorzubringen und dieArgumente der WirtschaftsvertreterInnen –von Economiesuisse, den Banken, derUhren- und Pharmaindustrie sowie des Seco– im Originalton zu vernehmen.

Wirtschaft klar im VorteilDie EvB gibt zur WTO-Politik und ihren

Auswirkungen auf ärmere Länder regelmäs-sig Studien in Auftrag. Sie verfasst Posi-tionspapiere, die sie mit Fachleuten sowiemit den Verantwortlichen der Bundesäm-ter, die die offiziellen Schweizer Positionenformulieren, diskutiert. Ausserdem pflegt

sie Kontakte zu Parlamentarierinnen undParlamentariern, die sie mit Informationenbeliefert. Oft verlangen diese danach vomBundesrat mit einer Interpellation genaueAuskunft über das Verhalten der SchweizerRegierung. Die Antwort des Bundesrats istzwar oft sehr ausweichend, ergibt aber dennoch «Stoff» für weiteres Nachfragen.Wichtig ist, dass sich die EvB als Fachkraftausweisen kann, die über technische De-tails Bescheid weiss. Das Lobbying der EvBhat aber klare Grenzen: Zwischen zweiUnterredungen mit dem Seco innerhalbvon sechs Monaten sind ganze Wirtschafts-delegationen mit dem Bundesrat dreimalin die grösseren Entwicklungsländer ge-reist. Dies mit dem Ziel, für die SchweizerWirtschaft neue Märkte zu schaffen. Siehatten jedes Mal mindestens eine WocheZeit zum gegenseitigen Austausch, verbun-den mit Abendessen und persönlichen Ge-sprächen. Die intensiven Kontakte zwi-schen Wirtschaft und Politik widerspie-geln sich danach in der offiziellenSchweizer Position, die sich insbesondereim Industrie-, Finanz- und Pharmasektoreins zu eins mit den Wünschen der Bran-chenvertreter deckt.

Auch die EvB lobbyiert in Sachen WTO

«Der Bundesrat muss in den Freihandelsverträgendie Menschenrechte und den Umweltschutz ins Zentrum stellen.»Marianne Hochuli, Fachbereichsleiterin Handelspolitik

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nie nur Banane

soll. Nestlé rechnet sich damit die Chanceaus, künftig den ganzen lateinamerikani-schen Markt mit billig produziertem Nesca-fé überschwemmen zu können. Um seinenohnehin schon riesigen Marktanteil noch zuerhöhen, kauft Nestlé zudem in ganz Latein-amerika Kaffeefirmen auf und schliesst dieKonkurrenzbetriebe, zum Beispiel 2003 inEl Salvador, wo Nestlé die alteingesesseneFirma Café Listo kaufte, dichtmachte unddabei rund hundert MitarbeiterInnen ent-liess. Die neue Marke «Nescafé Listo» wirdnun in Brasilien hergestellt.

Nachdem die internationale Hilfsorga-nisation Oxfam Nestlé wegen seiner Preis-und Einkaufspolitik angeprangert hatte, re-agierte diese, indem sie sich nun auch mitKleinprojekten und im Fairtrade-Bereichengagiert. Noch ein Jahr zuvor hatte CEOBrabeck am Open Forum in Davos erklärt,der Fairtrade-Bereich sei vernachlässigbar.Nestlés Fairtrade «Partner’s Blend» istselbst innerhalb der weltweiten Labelorga-nisation Fair Label Organisation FLO, diedas Gütesiegel verliehen hat, umstritten.Man kenne den Konzern als Auftraggeberder Zwischenhändler, die die Kooperativenfolgendermassen unter Druck setzen: «Wirnehmen einen Container Fairtrade-Kaffeeund die restlichen zehn Container zu Welt-marktbedingungen, sonst gehen wir woan-ders hin», berichtet Fernando Celis von dermexikanischen Kaffee-Kleinbauernorgani-sation CNOC (Coordinadora Nacional deOrganizaciones Cafetaleros).

Quelle: Jan Braunholz: «Der Wettlauf um die Bohne»,WOZ, 19.4.2007

2. Der Machtanspruch der Grossbanken

In den Ländern Zentral- und Osteuropasstieg der Marktanteil ausländischer Bankeninnert nur vier Jahren von 20 auf 60 Pro-zent, in Estland gar innert drei Jahren von 2 auf 97 Prozent im Jahr 2000. In Mexikokamen alle drei mexikanischen Gross-banken durch Übernahmen oder Fusionenunter ausländische Kontrolle. Heute sind90 Prozent der ehemals mexikanischenBanken in ausländischer Hand. Erfahrun-gen in Osteuropa und Lateinamerika zei-gen: Der Grossteil der einheimischen Ban-ken gerät nach der Öffnung des Banken-sektors unter ausländische Kontrolle. Dochverbessert sich dadurch das Kreditange-bot für kleine und mittlere Unternehmen(KMU), wie dies von Wirtschaftskreisenimmer wieder postuliert wird?

Lokaler Bankensektor wird geschwächtDie ausländischen Grossbanken ver-

schärfen den Wettbewerb, da sie sich vor-wiegend auf wohlhabende Einzelkundenund grosse Unternehmen konzentrieren.Um überhaupt im Geschäft bleiben zu kön-nen, sind die einheimischen Banken des-halb gezwungen, riskantere Geschäfte, in-klusive Währungsspekulationen, einzuge-hen. Eine Weltbankstudie betont dennauch, dass der erhöhte Wettbewerb imBankensektor für den Zusammenbruch vonBanken in Chile, Argentinien, Spanien undKenia verantwortlich war. Der Eintritt aus-ländischer Banken führt auch nicht not-wendigerweise dazu, dass mehr Krediteausgegeben werden. Es kann sogar dasGegenteil geschehen. In Ungarn beispiels-weise stieg die Zahl der ausländisch kon-

nie nur Banane

Die Trickle-Down-Theorie besagt: Wenn eseinem Unternehmen in einem Gastland gutgeht, kann auch die dortige Bevölkerungdavon profitieren. Deswegen müssen die Rahmenbedingungen auf die Bedürfnisse derUnternehmen ausgerichtet werden. Zwei Bei-spiele lassen Zweifel an dieser Theorie auf-kommen.

1. Kaffeebusinessin Mexiko

In Mexiko wird zu 80 Prozent löslicherKaffee getrunken, 80 Prozent davon stam-men aus der vor Ort ansässigen Produk-tionsfirma des NahrungsmittelkonzernsNestlé. Nestlé importiert den Rohkaffee derminderen Sorte Robusta zu noch tieferenPreisen aus Brasilien, Vietnam, Indonesienund Ecuador. Diese Importe drücken aufden mexikanischen Kaffeepreis und ermög-lichen Nestlé, den Kleinbäuerinnen und -bauern vor Ort ebenfalls tiefere Preise fürden Robusta-Kaffee zu bezahlen. Dieseprotestierten erfolglos gegen die Preisdrü-ckerei.

Im Jahr 2003 lancierte Nestlé im Bun-desstaat Veracruz, in der Region Tezonapa,ein Grossprojekt: Anstatt des bisher dortangebauten edleren Arabicakaffees soll inZukunft Robusta angebaut werden. DieBauern und Bäuerinnen sollen ihre Arabi-capflanzen vernichten und neu Robusta-pflanzen setzen, die aber erst in vier bisfünf Jahren geerntet werden können. Beider Präsentation stellte Nestlé den Campe-sinos hohe Absatzzahlen in Aussicht undfuhr mit vier grossen LKWs mit Süssigkei-ten vor, die an die Kinder verteilt wurden.Nestlé-Chef Peter Brabeck versprach zudemein neues Schulhaus. Im Jahr 2019 willNestlé dort bis zu 69 000 Tonnen Robusta-kaffee jährlich ernten, mehr als die derzei-tige gesamte mexikanische Arabicakaffee-produktion. Doch das Projekt erntet Kritik,denn Nestlé bietet weder Preis- noch Ab-satzgarantien an.

Freihandelszone pflügt den Weg freiNestlés Grossprojekt passt exakt in eine

grösser angelegte handelspolitische Strate-gie der USA, die eine Freihandelszone an-streben, die ganz Lateinamerika und die Ka-ribik – mit Ausnahme Kubas – umfassen

Theorie ist nicht gleich Praxis

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Noch immer herrscht ein grosses Ungleich-gewicht in der wirtschaftlichen Entwicklungzwischen Industrie- und Entwicklungslän-dern. Doch der Nord-Süd-Graben beginnt sichaufzuweichen. Konzerne aus dem Südenahmen das Verhalten ihrer nördlichen Gegen-parts nach.

Vor fünf Jahren noch hatten in der WTO dieUSA, die EU, Japan und Australien dasSagen. Heute kann bei WTO-Verhandlun-gen kein Entscheid ohne die ZustimmungIndiens oder Brasiliens gefällt werden.Während die wirtschaftlich bedeutenderenEntwicklungsländer ein neues Selbstbe-wusstsein zeigen, hat sich die wirtschaftli-che Situation der 48 ärmsten Länder jedochnoch verschlechtert. Sie bestreiten gerade0,5 Prozent des Welthandels.

Gleiche Motive für Konzerne im SüdenSeit Mitte der 90er-Jahre ist auch ein

starker Zuwachs an multinationalen Un-ternehmen aus südlichen Ländern festzu-stellen. Diese tätigen besonders in süd-lichen, aber auch zunehmend in nördlichenLändern Investitionen. Die 50 grössten süd-lichen Konzerne stammen jedoch aus den-

jenigen Entwicklungsländern, die auchvon den Industrieländern als «attraktive»Investorenländer angesehen werden. Eshandelt sich dabei um Brasilien, China, In-dien, Kolumbien, Mexiko, Nigeria undSüdafrika. China ist inzwischen gleichnach den USA der zweitgrösste Investor inafrikanischen Ländern. Die Unternehmensüdlicher Länder agieren aus demselbenGrund im Ausland wie ihre nördlichenGegenparts: Sie wollen Zugang zu Rohstof-fen und neuen Märkten, Know-how undgut ausgebildeten Arbeitskräften. Oft ste-hen strategische und politische Interessen,wie sie auch die Industrieländer verfolgen,im Vordergrund. Staatsbetriebe aus Indienund China beispielsweise konzentrierensich stark auf Rohstoffe wie Öl und Gasfel-der in afrikanischen Ländern südlich derSahara, Zentralasien und Lateinamerika.China tätigt Investitionen in Ölraffinerien,Grossstaudämme, Strassen und grosse In-frastrukturprojekte in Ländern wie demSudan, Liberia, Angola und Tschad.

Immer öfter kaufen Konzerne aus Ent-wicklungsländern bekannte «Marken» ausIndustrieländern auf. So übernahm zumBeispiel das chinesische Unternehmen Le-

Die Welt wird komplizierter

trollierten Finanzinstitute zwischen 1989und 1994 von 9 auf 20 an, während die Kre-ditsumme um 47,5 Prozent sank. Der ra-sche Eintritt ausländischer Grossbankenkann den lokalen Bankensektor markantschwächen, dies wurde auch in Australienin den 80er-Jahren beobachtet. Indem dieGrossbanken KMU bei der Kreditvergabeausser Acht lassen, können sie die Ent-wicklung eines Landes sogar stoppen odermindestens verlangsamen. Auch der indi-sche Ökonom Kavaljit Singh befürchtet,dass sich in Indien die Kreditmöglichkei-ten durch die geforderte Liberalisierungdes Bankensektors insgesamt stark ver-schlechtern könnten. Während sich zwardie Kreditmöglichkeiten in den 20 grösse-ren Städten verbessern dürften, ist auf demLand bereits eine rapide Abnahme von Fi-nanzinstituten zu beobachten. Insgesamtsind die Kredite an KMU in Indien zwi-schen 1991 und 2003 von 15 auf 11 Prozentgesunken. Obwohl diese 40 Prozent zur in-dischen Produktion und 34 Prozent zumExport beitragen und nach der Landwirt-schaft die zweitgrössten Arbeitgebendensind. Für KleinsparerInnen verlangen dieBanken bereits höhere Gebühren, und dieSpesen für ein Bankkonto werden immerhöher. Nach Singh sollte die indische Zen-tralbank den Banken strikte Vorgaben ma-chen, die sie verpflichten, auch in denländlichen und ärmeren Regionen zu in-vestieren. Genau solche Vorgaben bekämp-fen aber die Schweizer Grossbanken UBSund Credit Suisse, die direkt in für sie at-traktiven Entwicklungsländern lobbyieren,um vollständigen Zugang zum dortigen Fi-nanzsektor zu erhalten. Unterstützung be-kommen sie dabei von der Schweizer Re-gierung.

«Die Glaubwürdigkeit einesUnternehmens zeigt sich darin,ob es für die Gesellschaft langfristige Werte schafft.» Peter Brabeck, Nestlé Chairman und CEO

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Das sagt das Staatssekretariat für Wirtschaft Seco

Wenn die WTO-Verhandlungen nichtweitergehen und die sogenannte Doha-Runde nicht abgeschlossen werden kann,haben die Entwicklungsländer am meis-ten zu verlieren: Nämlich die Chance,sich neue Märkte zu erschliessen undihren Anteil am Welthandel zu erhöhen.

Auf die Besorgnis der EvB, dass die WTOsoziale und Umweltprobleme ausser Achtlässt, antwortet das Seco:

Die WTO ist eine Welthandelsorganisa-tion, also eine Wirtschaftsorganisation. Siekann nicht alle Probleme dieser Welt lösen.

Das sagt die EvB

Die bereits bestehenden WTO-Abkom-men sind nur durch massives Lobbyingmultinationaler Konzerne aus Industrielän-dern zustande gekommen. Diese verschaff-ten sich in den wirtschaftlich attraktivenEntwicklungsländern Zugang zu neuenMärkten. Auf die Realität der dort lebendenMenschen nimmt die WTO keine Rück-sicht. Ein Abschluss der WTO-Verhandlun-gen ist daher nur wünschenswert, wenn dieeinzelnen Länder das Recht zurückerhal-ten, für sie wichtige Bereiche, beispiels-weise die Landwirtschaft oder einzelne In-dustriesektoren, vor dem globalen Wettbe-werb zu schützen.

Die WTO ist mit ihren strikten WTO-Prin-zipien dafür verantwortlich, dass sich be-stehende Probleme – zum Beispiel einschlechter Zugang zu günstigen Kreditenfür KMU und die ärmere Bevölkerung –sogar noch verschärfen. Darum müssen dieWTO-Regeln so angepasst werden, dass sieder unterschiedlichen wirtschaftlichen Si-tuation von Ländern gerecht werden.

EvB-Argumente gegenAllgemeinplätze des Seco

novo die IBM-Personal-Computersparte.Anstatt neue Produktionskapazitäten zuschaffen, werden lediglich bestehende Un-ternehmen übernommen. Kürzlich erklärteder Ägypter Naguib Sawiris – der Bruderdes Grossinvestors aus Andermatt –, erwolle mit seiner Orascom Telecom zurzweitgrössten der weltweit agierenden Te-lecom-Gruppen aufsteigen. Er sei über-zeugt, dass in dieser Industrie eine globaleKonsolidierung bevorstehe, an deren Endenur eine Hand voll starker Spieler übrigbleiben würden.

Inwiefern die Bevölkerung in Entwick-lungsländern vom Geschäftsgebaren ihrerKonzerne profitieren kann, ist noch kaumuntersucht. Sicher aber ist, dass auch Kon-zerne aus Entwicklungsländern es vorzie-hen, anstatt ordentlich Steuern zu bezah-len, sich in Steueroasen wie die Bermudas

oder die kanarischen Kaimaninseln nieder-zulassen. Dadurch entgehen den Länderndringend benötigte Gelder für die Grund-versorgung aller Menschen.

Nichtregierungsorganisationen weltweithaben damit eine gemeinsame Aufgabe: Esgilt, Konzerne, ob aus dem Norden oderSüden, zur Rechenschaft zu ziehen: Siemüssen weltweit die Umwelt-, Arbeits- undMenschenrechtsnormen der Uno einhalten,eine ethische Steuerpolitik verfolgen undvolle Transparenz über ihre Geschäftstätig-keit gewähren.

Jahr Übernehmende Firma Übernommene Firma Kaufpreis in Milliarden $

2007 Medi-Clinic Südafrika Privatklinikgruppe Hirslanden, 2,8Schweiz

2006 Grösster indischer Teeproduzent Wellness-Getränkeunternehmen 0,7TATA TEA ENERGYBRAND, USA

2006 Indisches Windenergieunternehmen HANSEN TRANSMISSIONS 0,5SUZLON ENERGY (Getriebe, Abdichtungen), Belgien

2006 Indisches Pharmaunternehmen Generikaunternehmen 0,5DR REDDY’S LAB BETAPHARM, Deutschland

2005 Mexikanischer Zementhersteller CEMEX Zementhersteller RMC (UK) 4,1

2005 Grösster chinesischer IBM-Personal-Computersparte, 1,25Computerhersteller LENOVO USA

2004 Grösster Getränkehersteller Kanadische traditionelle Brauerei, 7,8Lateinamerikas AmBeV, Brasilien Kanada

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Im Bereich Handelspolitik:> Menschenrechte und Umweltschutz

müssen in Handelsverträgen stärker ge-wichtet werden als Konzerninteressen.

> Die Schweizer Position muss sowohlin WTO-Verhandlungen als auch inbilateralen Freihandelsabkommen ineinem demokratischen Prozess aus-gehandelt werden. Bundesämter, dieKantonsregierungen und Gemeindensowie Organisationen aus dem Profit-und Nichtprofitbereich müssen sichim gleichen Masse daran beteiligenkönnen. Voraussetzung dazu ist einefrühzeitige und transparente Informa-tionspolitik sowohl des Bundesrats alsauch des verantwortlichen Staatsse-kretariats für Wirtschaft Seco.

> Konzerne müssen durch rechtlich bin-dende UN-Regelungen zur Verantwor-tung gezogen werden, mit denen sieauf wirksame und überprüfbare Weisean steuerliche, menschenrechtliche,entwicklungs- und umweltpolitischesowie demokratische Pflichten gebun-den werden.

In den Verhandlungen zu Industriegütern und Dienstleistungen:

> Es darf kein Druck auf Entwicklungs-länder ausgeübt werden, wichtige Wirt-schaftssektoren sowohl im Industrie-als auch im Dienstleistungsbereich fürden globalen Wettbewerb öffnen zumüssen. Die Bereiche des Service pu-blic müssen von den WTO-Regeln aus-geschlossen werden.

In den Verhandlungen zu Landwirtschaft und geistigem Eigentum:

> Die Staaten müssen das Recht haben,Zölle zu erheben, um ihre Landwirt-schaft vor billigen Importen zu schüt-zen. Die Exportsubventionen nördlicherLänder müssen sofort abgeschafft undPatente auf Leben verboten werden.

> Länder ohne eigene Pharmaindustriesollen mit einem vereinfachten Ver-fahren Zwangslizenzen erteilen dür-fen und so günstige Generika beschaf-fen können.

Auf der website www.evb.ch finden Sie weitere Informationen zum Thema Handelspolitik und eine Vielzahl von Webadressen weitererOrganisationen und Netzwerke, die sich mit den gleichen Themen beschäftigen.

Forderungen an den Bundesrat

Es ist nicht verwerflich, wenn Konzerne fürihre Interessen lobbyieren. Auch Nichtre-gierungsorganisationen wie beispielsweisedie EvB wollen ihre Interessen durchsetzen.

Wenn Unternehmen in einem Land Inves-titionen tätigen, führt dies zu Wachstumund Wohlstand auch für die Bevölkerung.Darum ist es wichtig, den Unternehmenweltweit gute Rahmenbedingungen zu ge-währen.

Ausserdem darf die WTO-Liberalisie-rungspolitik die Ziele bestehender Uno-Sozial- und Umwelt-Konventionen nichtuntergraben.

Unternehmen haben selbstverständlich dasRecht, zu lobbyieren. Allerdings dürfen siekein Lobbying zugunsten nationaler Geset-ze oder internationaler Abkommen betrei-ben, die den Schutz der Umwelt und derMenschenrechte behindern oder dem All-gemeinwohl widersprechen. Allzu oft prei-sen sich Unternehmen damit, Verantwor-tung wahrzunehmen. Mit einem verdecktenund intransparenten Lobbying verfolgensich jedoch oft Ziele, die diesem deklarier-ten Anspruch nicht entsprechen.

Investitionen führen nur dann zu Wohl-stand für die breite Bevölkerung, wenn Un-ternehmen Produktionskapazitäten und Ar-beitsplätze mit guten Arbeitsbedingungenschaffen und zu einer nachhaltigen Ent-wicklung des Gastlandes beitragen. Von In-vestoren muss daher gefordert werden,Steuern zu bezahlen und einen Teil des Ge-winns im Land zu belassen. Gerade solcheAuflagen an Investoren sind aber seit In-krafttreten der WTO weitgehend verboten.

«Das WTO-Landwirtschaftsabkommen müsste eigentlich Cargill-Abkommen genannt werden.»Vandana Shiva, die berühmte indische Umweltaktivistin