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1 Antikes Rom: Machtstrukturen und Herrschaftsformen zwischen Vergangenheit und Gegenwart ANTIKES ROM: MACHTSTRUKTUREN UND HERRSCHAFTSFORMEN ZWISCHEN VERGANGENHEIT UND GEGENWART Die Republik in der Krise - S. 28 & S. 167 Die soziale Frage - Die Entstehung des Proletariats Plebejer kämpfen als wehrpflichtige Staatsbürger und Soldaten u.a. in den punischen Kriegen. Rom besiegt die Punier (146 v. Chr.) und wird zum Weltreich. Viele plebejische Bauern können während der Feldzüge jahrelang ihre Bauernhöfe nicht bewirtschaften und gehen bankrott. Mit den militärischen Siegen steigt auch die Zahl der Sklaven, die überwiegend von Patriziern als billige Arbeitskräfte gekauft werden. Für den rentablen Einsatz der Sklaven in der Landwirtschaft benötigen die Patrizier immer größere Flächen. Um diesen „Landhunger" zu stillen, übernehmen die Patrizier die Bauernhöfe der Plebejer sowie - illegal - große Flächen des Staatslandes. Auf den Latifundien (= Großgrundbesitz) arbeiten Sklaven. Bankrotte Plebejer bleiben römische Staatsbürger, werden aber zu besitzlosen und erwerbslosen Proletariern und wandern nach Rom. Die Politik der Popularen - Beispiel Caesar Seit den Reformversuchen der Gracchen am Ende des 2. Jahrhunderts gibt es einen Konflikt um die politische Lösung der sozialen Frage. Caesars Landreform: Die laufende Getreideverteilung als Sozialleistung für die arbeitslosen Proletarier war im ersten Jahrhundert v. Chr. einer der Hauptausgabeposten des Staatshaushalts. Caesar tritt wie die Gracchen für ein Programm der Agrarreform ein, also die Umverteilung von Land an die Proletarier bzw. an die Veteranen (ehemaligen Soldaten) ein. Jeder römischen Bürger, der es wünschte, erhielt den Grund und Boden eines Bauerngutes, zwar nicht als privates Geschenk, sondern aus der Staatskasse bzw. aus den Staatsländereien. Es gelang Caesar damit, die Anzahl der Unterstützungsempfänger von 320.000 auf 150.000 zu verringern. Die Agrarreform wird durchgesetzt gegen das Veto seines Konsul-Kollegen. Caesars Reformen der Provinzverwaltung (als Statthalter von Hispania und Eroberer von Gallien): Schuldnerschutz für die Provinzbewohner: Ein römischer Gläubiger darf nicht mehr als zwei Drittel des Einkommens seines Schuldners (= Provinzbewohner) beschlagnahmen. Die Steuerabgaben der Provinzbewohner an Rom… werden fixiert werden von eigens dafür bestellten und vom Staat bezahlten Beamten eingetrieben VORHER: Steuerpächter müssen einen fixen Betrag an den Staat abliefern. Sie haben Freibrief, sich in den Provinzen so viel Geld zu holen, wie sie bekommen können. Ziel: Möglichst hohen Profit zu erhalten. Im Osten des römischen Reichs bestand das Steuerpächtersystem noch weiter, dort konnte es von Caesar

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Page 1: Machtstrukturen und Herrschaftsformen zwischen ... Web viewSeit den Reformversuchen der Gracchen am Ende des 2. ... Caesar selbst eroberte bei seinem Sieg in Gallien so viel Beutegold,

1 Antikes Rom: Machtstrukturen und Herrschaftsformen zwischen Vergangenheit und Gegenwart

ANTIKES ROM: MACHTSTRUKTUREN UND HERRSCHAFTSFORMEN ZWISCHEN VERGANGENHEIT UND GEGENWART

Die Republik in der Krise - S. 28 & S. 167Die soziale Frage - Die Entstehung des Proletariats

Plebejer kämpfen als wehrpflichtige Staatsbürger und Soldaten u.a. in den punischen Kriegen. Rom besiegt die Punier (146 v. Chr.) und wird zum Weltreich. Viele plebejische Bauern können während der Feldzüge jahrelang ihre Bauernhöfe nicht bewirtschaften und gehen bankrott. Mit den militärischen Siegen steigt auch die Zahl der Sklaven, die überwiegend von Patriziern als billige Arbeitskräfte gekauft werden. Für den rentablen Einsatz der Sklaven in der Landwirtschaft benötigen die Patrizier immer größere Flächen. Um diesen „Landhunger" zu stillen, übernehmen die Patrizier die Bauernhöfe der Plebejer sowie - illegal - große Flächen des Staatslandes. Auf den Latifundien (= Großgrundbesitz) arbeiten Sklaven. Bankrotte Plebejer bleiben römische Staatsbürger, werden aber zu besitzlosen und erwerbslosen Proletariern und wandern nach Rom.

Die Politik der Popularen - Beispiel CaesarSeit den Reformversuchen der Gracchen am Ende des 2. Jahrhunderts gibt es einen Konflikt um die politische Lösung der sozialen Frage.

Caesars Landreform:Die laufende Getreideverteilung als Sozialleistung für die arbeitslosen Proletarier war im ersten Jahrhundert v. Chr. einer der Hauptausgabeposten des Staatshaushalts. Caesar tritt wie die Gracchen für ein Programm der Agrarreform ein, also die Umverteilung von Land an die Proletarier bzw. an die Veteranen (ehemaligen Soldaten) ein. Jeder römischen Bürger, der es wünschte, erhielt den Grund und Boden eines Bauerngutes, zwar nicht als privates Geschenk, sondern aus der Staatskasse bzw. aus den Staatsländereien. Es gelang Caesar damit, die Anzahl der Unterstützungsempfänger von 320.000 auf 150.000 zu verringern. Die Agrarreform wird durchgesetzt gegen das Veto seines Konsul-Kollegen.

Caesars Reformen der Provinzverwaltung (als Statthalter von Hispania und Eroberer von Gallien):

Schuldnerschutz für die Provinzbewohner: Ein römischer Gläubiger darf nicht mehr als zwei Drittel des Einkommens seines Schuldners (= Provinzbewohner) beschlagnahmen.Die Steuerabgaben der Provinzbewohner an Rom…

werden fixiert werden von eigens dafür bestellten und vom Staat bezahlten Beamten eingetrieben

VORHER: Steuerpächter müssen einen fixen Betrag an den Staat abliefern. Sie haben Freibrief, sich in den Provinzen so viel Geld zu holen, wie sie bekommen können. Ziel: Möglichst hohen Profit zu erhalten. Im Osten des römischen Reichs bestand das Steuerpächtersystem noch weiter, dort konnte es von Caesar nicht durchgesetzt werden. Hier wurde die Steuereinhebung erst im 1. Jahrhundert nach Chr. reformiert.

Die soziale Frage und das Militär: Soldat werden, um zu überlebenSeit der Heeresreform von Marius (1. Jhd. vor Christus): Arbeits- und besitzlose Proletarier werden zu Berufssoldaten im römischen Heer. Das römische Heer wird zu einer Berufsarmee. Bald schon werden neben den proletarischen römischen Staatsbürgern auch nicht-römische Bevölkerungen für das Heer rekrutiert. Nicht-römischen Soldaten (z.B. Caesars Gallier aus Norditalien) sollen nach Caesar als Belohnung für ihren Kriegsdienst die römische Staatsbürgerschaft erhalten. Das römisches Bürgerrecht bringt für die Veteranen (= Ex-Soldaten) materielle und rechtliche Vorteile, insbesondere ein Bauerngut als Alterspension.Politische Auswirkungen der Heeresreform: Der politische Einfluss der Feldherren erhöhte sich. Die Soldaten fühlten sich meist ihren (erfolgreichen) Feldherren mehr verpflichtet als der Republik. Die Heerführer hatten die Aufgabe, nach dem Krieg die Versorgung ihrer besitzlosen Veteranen mit Land politisch durchzusetzen. Die Optimaten im Senat waren nämlich mehrheitlich gegen die Verteilung von Land an die Veteranen, da sie die Macht der erfolgreichen Feldherren (Crassus, Pompejus, Caesar) fürchteten. Dadurch wurden die Heerführer gewissermaßen zu Patronen ihrer Soldaten im Kampf um die Pensionsversorgung, die Soldaten wurden ihrerseits zu eingeschworenen Klienten der Feldherren.

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2 Antikes Rom: Machtstrukturen und Herrschaftsformen zwischen Vergangenheit und Gegenwart

AUFGABENSTELLUNGEN:1. Nimm Stellung zu der Frage, welche Auswirkungen die Haltung der Optimaten im Senat auf die Loyalität der

Soldaten zu „ihrem“ Feldherren hatte. Begründe deine Entscheidung.

2. Die soziale Frage und das Militär: Vergleiche die Darstellungen zum Thema "Non-Citizen Troops" in den Videos - Material 2 B.) und C.): Wer hat welche Vorteile? Was wird positiv dargestellt? Was wird negativ dargestellt?

3. Erörtere anhand der Materialien 1, 2 und 3 die Ähnlichkeiten zwischen der Situation im antiken Rom mit derjenigen in der jüngeren Vergangenheit in den USA.

4. Vergleiche die Finanzierung der Wahlkämpfe in der jüngeren Vergangenheit in den USA mit derjenigen in der späten römischen Republik (Material 4).

Material 1: Soldat werden, um zu überleben

Trotz Afghanistan und Irak: Die amerikanische Berufsarmee hat mehr Bewerber als je zuvor. Grund ist die anhaltende Misere auf dem Arbeitsmarkt. Freiwillige sind in Zeiten der wirtschaftlichen Flaute nichts Ungewöhnliches. Aber ihre gegenwärtige Menge überrascht selbst das Militär. Noch vor wenigen Jahren flohen angehende Soldaten über die Grenze nach Kanada und galten fortan lieber als fahnenflüchtig, als zur Waffe greifen zu müssen. Die blutigen Kämpfe in Afghanistan und im Irak, bei denen [bis 2009] über 5000 US-Soldaten ihr Leben lassen mussten, schreckten ab. Qualifizierte Antragsteller waren so schwer zu finden, dass Rekrutenanwerber begannen, Teenager, die aus ihrem Militärvertrag aussteigen wollten, zu bedrohen, um sie nicht als Soldaten zu verlieren. Mit der düsteren Situation auf dem Arbeitsmarkt aber brechen nun rosige Zeiten für das Militär an.

Seit ein paar Monaten erlebt die U. S. Army [...] den größte Zulauf seit 1973, als man im Zuge des Vietnamkriegs die Wehrpflicht abschaffte. Die Zahlen, schwärmte Bill Carr, zuständig für die Personalpolitik des Militärs, übertreffen alle Erwartungen. Zum ersten Mal in 35 Jahren konnten die Armee, die Luftwaffe und die Marine, ihre Zielvorgaben für neue Rekruten erfüllen. Aber Carr weiß: Der Grund des Ansturms ist nicht der viel gerühmte US-Patriotismus. Vielmehr sei die trotz des jüngst gemessenen Wachstums anhaltend schlechte Wirtschaftslage die treibende Kraft dahinter. Allein im September [2009] gingen in den USA 263.000 Jobs verloren. Ohne die Wirtschaftskrise, erzählt ein 25-Jähriger, der sich gerade für die Navy eingeschrieben hat, wäre er nie auf die Idee gekommen, dem Vaterland als Soldat zu dienen. Finanziell ging es ihm gut, bis zu Krise. Jetzt liegen vier Jahre bei der Marine vor ihm.

Die Zahl der Arbeitslosen [wuchs] in der Zwischenzeit weiter: von 9,7 Prozent im August auf 9.8 Prozent im September [2009], Tendenz steigend. Es ist die höchste Arbeitslosenquote seit 1983. Erschwerend für viele kommt hinzu, dass Arbeitslosenhilfe in den USA meist nur für eine sehr kurze Zeit gewährt wird, in manchen Fällen nicht länger als ein halbes Jahr. Trotzdem müssen anfallende Rechnungen und Hypotheken bezahlt werden. Viele Möglichkeiten bleiben da nicht. Auf der Suche nach finanzieller Sicherheit entscheiden sich viele für einen Zwischenstopp bei der U. S. Army. Die sorgt gut für ihre Angehörigen: Berufssoldaten bekommen nicht nur Verpflegung und einen regelmäßigen Gehaltscheck, nach erfüllter Dienstzeit bietet einem das Militär außerdem eine reiche Auswahl von Vergünstigungen an. Sie erhalten billige Kredite und haben gute Karrierechancen. Durch die neue G.I. Bill soll den Soldaten die Wiedereingliederung in das Berufsleben und der Zugang zu Universitäten erleichtert werden.

Quelle: http://www.zeit.de/wirtschaft/2009-10/us-armee-jobs [Oktober 2009]

Material 2: Soldat werden, um zu überleben - Unterschiedliche Darstellungen vergleichen

A.) https://www.youtube.com/watch?v=m2Na0OjUyhIB.) https://www.youtube.com/watch?v=oCJIxD9gAxoC.) https://www.youtube.com/watch?v=_WyPbkLyJRU

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3 Antikes Rom: Machtstrukturen und Herrschaftsformen zwischen Vergangenheit und Gegenwart

Material 3: Non-Citizen Troops in the U.S. Military

In the decade since the attack of September 11 [2001], the U.S. armed forces have signed up more than 70,000 non-citizen recruits, and those recruits have stayed in the armed forces longer than their citizen counterparts, at a time the military had trouble finding recruits and resultantly relaxed their usual standards.According to CNA , which studied attrition [Abgang] data from the Defense Manpower Data Center, only 4 percent of non-citizens have been discharged within three months of entering active service, compared to 8.2 percent of ctizen enlistees. After three years, 16 percent of non-citizens left before completing initial service obligations, while 28 percent of citizens were able to leave. And the gap increases every four years, with 32 percent of citizens being discharged while only 18 percent of non-citizens were.

“These findings are consistent with the anecdotal evidence we gathered in our interviews of recruiters and non-citizen recruits,” wrote researchers Molly F. McIntosh and Seema Sayala. “The interviews revealed that, relative to citizen recruits, non-citizen recruits generally have a stronger attachment to serving the United States, which they now consider ‘their country,’ and (they) have a better work ethic.”

Because the lower attrition rate helps the military save on recruiting and training costs, the report recommends that the military branches create strategies to recruit more non-citizens, especially with the economy improving and recruiting becoming more difficult. And with falling fertility rates in the U.S., “the only source of net growth in the U.S. recruiting-age population is projected to be immigration,” according to the report.

Immigrants can enlist if they have legal permanent resident status, the education equivalent of a high school diploma, and can speak acceptable English. And in July 2002, President George W. Bush signed an executive order to make any non-citizen recruit eligible for U.S. citizenship after one day of honorable service during times of war. Without citizenship, members cannot gain security clearance, limiting the enlisted slots they can fill.

CNA’s statistics underscore the key role immigrants have in the U.S. military. [...] Rather than trying to discourage immigration or barring paths to citizenship for people who want to serve their adopted country, lawmakers and military officials should take this as an oportunity to increase recruitment of immigrants and let them become U.S. citizens.

CNA is the Center for Naval Analyses is a federally funded research and development center (FFRDC) for the Navy and Marine Corps. The Center provides research and analyses services to help improve the efficiency and effectiveness of U.S. national defense efforts.

Quelle: http://thinkprogress.org/justice/2012/01/18/405460/non-citizen-troops-stay-in-the-us-military-longer-than-citizens-according-to-attrition-data [June 2012]

Material 4: Wahlkampfkosten und die soziale und wirtschaftliche Situation der führenden Politiker_innen

Rom USA

Konsuln und Senatoren sind ursprünglich reiche Patrizier. Selten schafft ein Plebejer als „homo novus“ den Aufstieg, eines der wenigen Beispiele ist der Heerführer Marius (1. Jhd. v. Chr.)

Zahlreiche Kandidaten für das Konsulat müssen sich das notwendige Kapital für ihre Wahlkämpfe von Geldgebern vorschießen lassen. Die Wahlkämpfe sind deshalb teuer, weil unter anderem "Brot und Spiele" für die Bevölkerung finanziert werden müssen.

Viele (ehemalige) Konsuln sind stark verschuldet. Beispiel Caesar: Schon bei Antritt seines ersten Amtes als Quästor (69 v. Chr.) hatte er mehr als 30 Millionen Sesterzen Schulden.

Ehemalige Konsuln werden dann als Prokonsul (= Statthalter) Chef der Verwaltung einer römischen Provinz. Dort sanieren sich viele auf Kosten der Provinzbewohner. Caesar selbst eroberte bei seinem Sieg in Gallien so viel Beutegold, dass der Wechselkurs von Gold gegen Silber von 1:12 auf 1:9 stürzte (= der niedrigste Goldkurs der Geschichte). Er war es aber auch, der die Steuereinhebung in "seinen" Provinzen reformierte.

Auch in den USA stammen die meisten PolitikerInnen aus den wohlhabenderen Schichten. Fast 50% der Mitglieder des Kongresses (= Senate und House of Representatives) sind Dollarmillionäre.

Das mittlere Privatvermögen der US- SenatorInnen beträgt rund 2,6 Mio. Dollar.

RECHERCHE: Wie erfolgt die Finanzierung der hohen Kosten für den Wahlkämpfe in den USA?

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