Machtvolle Akteure? Entwicklungsländer in internationalen Klimaverhandlungen

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Machtvolle Akteure? Entwicklungsländer in internationalen Klimaverhandlungen Jens Marquardt

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Druckpotentiale und Durchsetzungsdefizite der G 77 bei den internationalen Klimaverhandlungen der UNFCCC im Spiegel gruppeninterner Konfliktlinien

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Machtvolle Akteure?

Entwicklungsländer in

internationalen Klimaverhandlungen

Jens Marquardt

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Machtvolle Akteure?

Entwicklungsländer in internationalen

Klimaverhandlungen

Druckpotentiale und Durchsetzungsdefizite

der G 77 bei den internationalen

Klimaverhandlungen der UNFCCC im

Spiegel gruppeninterner Konfliktlinien

Autor: Jens Marquardt

Druck: Dezember 2011

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Machtvolle Akteure? Entwicklungsländer in internationalen Klimaverhandlungen

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Inhalt

1 Einleitung 2

1.1 Problemdefinition, Fragestellung und Relevanz 2

1.2 Aufbau, Methodik und Ziel der Arbeit 3

2 Hauptteil 5

2.1 Entwicklungsländer in globalen Umweltverhandlungen 5

2.1.1 Einflussnahme in internationalen Umweltverhandlungen 5

2.1.2 Identität, Interessen & Institutionalisierung der EL 7

2.1.3 Durchsetzungsdefizite der Entwicklungsländer 9

2.1.4 Druckpotentiale der Entwicklungsländer 11

2.2 Theoretische Vorüberlegungen 12

2.2.1 Entstehung und Bedeutung internationaler Institutionen 14

2.2.2 Regimebildung zum internationalen Klimaschutz 17

2.2.3 Konfliktlinien und Kooperation innerhalb der G 77 18

2.3 Die G 77 als Akteur der UNFCCC Klimaverhandlungen 21

2.3.1 Einbindung der Entwicklungsländer 22

2.3.1.1 Die UNFCCC als internationaler Verhandlungsrahmen 22

2.3.1.2 Regime zum Technologietransfer als Anliegen der Entwicklungsländer 25

2.3.1.3 Akteure und Interessenkonstellation 26

2.3.1.4 Identität, Interessen und Institutionalisierung der Entwicklungsländer 31

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2.3.2 Die G 77 als Sprachrohr der Entwicklungsländer? 33

2.3.2.1 Hintergrund, Organisation und politische Bedeutung der G 77 33

2.3.2.2 Akteure, Konflikte und Kooperation innerhalb der G 77 35

2.3.2.3 Konfliktlinien zwischen den Entwicklungsländern 40

2.3.3 Die G 77 als Akteur bei den Klimaverhandlungen 41

2.3.3.1 Wahrnehmung der G 77 auf der 14. Weltklimakonferenz 42

2.3.3.2 Assoziierung der Entwicklungsländer mit der G 77 44

2.4 Vergleich: Die G 77 im Rahmen der UNCTAD 46

3 Schlussbetrachtung 51

3.1 Zusammenfassung 51

3.2 Druckpotentiale und Durchsetzungsdefizite der G 77 52

3.3 Konklusion: Entwicklungsländer zwischen Theorie und Praxis 54

4 Literaturliste 57

5 Abkürzungsverzeichnis 61

6 Anhang 62

6.1 Länderauswahl und Indikatoren der empirischen Datenanalyse 66

6.2 Untersuchung der Statements aus der Stichprobe auf der COP 14 71

6.3 Umfrage auf der COP 14 zur Rolle der G 77 78

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1 Einleitung

1.1 Problemdefinition, Fragestellung und Relevanz

Auch mehrere Jahrzehnte nach dem Ende der Kolonialzeit spielen Entwicklungsländern in

internationalen Verhandlungen nur eine untergeordnete Rolle. Zwar haben sie etwa im

System der Vereinten Nationen nach dem Prinzip „one state – one vote“ dasselbe

Stimmrecht wie jeder andere Staat auch, doch sieht die Wahrnehmung dieses Rechts in

der Praxis internationaler Verhandlungen oft anders aus: In den Entwicklungsländern

selbst schwächen politische, wirtschaftliche und Wissensdefizite die

Verhandlungsposition, während weiter entwickelte Staaten Koalitionen formen und

Bedingungen formulieren, mit denen sie das Optimum ihrer Interessen durchsetzen.

Gleichzeitig lässt sich aber auch ein gegenläufiger Trend feststellen: Das Scheitern der

Doha-Runde zur Reformierung des Weltwirtschaftssystems und das Auftreten der

Entwicklungs- und Transformationsländer in den internationalen Klimaverhandlungen

innerhalb der UNFCCC zeugen von einem neuen Selbstbewusstsein der einst

unterrepräsentierten Staaten.

Doch lässt sich dieser Wandel auch am konkreten Beispiel belegen? Wo lassen sich

strukturelle Durchsetzungsdefizite und Druckpotentiale konstatieren? Diese Arbeit wird

sich diesen Fragen widmen und dabei die Rolle der G 77 als losem Zusammenschluss der

EL und Akteur in den internationalen Klimaverhandlungen im Spiegel des neoliberalen

Institutionalismus und unter besonderer Berücksichtigung der gruppeninternen

Konfliktlinien reflektieren. Dabei wird es um die Positionierung der Gruppe auf den

Klimaverhandlungen in Posen gehen, die es auf verschiedenen Analyseebenen zu

untersuchen gilt - sowohl die internen Konfliktlinien, als auch die Positionierung der

Gruppe als solcher in den Verhandlungen sowie die Außenwahrnehmung werden

untersucht.

Die Verhandlungen um ein Nachfolgeabkommen für die Zeit nach 2012 sind in ihre

entscheidende Phase getreten – und die Rolle der EL ist weiter ungewiss. Einigkeit

herrscht lediglich darüber, dass ihre Einbindung in ein post-2012-Klimaschutzregime nur

mit finanziellen und technologischen Anreizen wird gelingen können. Andernfalls wird es

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keine Zustimmung der Entwicklungsländer zu eigenen Verpflichtungen geben. Die G 77

vertritt dabei insgesamt 133 Entwicklungs- und Transformationsländer. Die Vereinigung

wurde 1964 im Verlauf der ersten Welthandelskonferenz gegründet und ist als loser

Zusammenschluss nur schwach institutionalisiert. Hauptziel der G 77 ist es, die Position

der Entwicklungsländer auf dem Weltmarkt zu verbessern und durch gemeinsames

Auftreten eine stärke Verhandlungsposition in internationalen Verhandlungen zu erzielen.

Doch wie sieht das Auftreten der Gruppe konkret aus? Auf welchem Wege werden

Druckpotentiale aufgebaut? Wo sind deutliche Durchsetzungsdefizite zu erkennen? Die

Arbeit soll die Einbindung der G77 in die Klimaverhandlungen untersuchen und dabei

wesentliche Druckpotentiale und Durchsetzungsdefizite herausarbeiten. Daraus sollen

auch Rückschlüsse darauf gezogen werden, warum die G 77 bisher aus einer in der

Literatur dargestellten Position der Schwäche heraus agiert. Im Mittelpunkt der

Erörterung wird die Beantwortung der folgenden Fragestellung stehen:

Welche Rolle spielt die „Gruppe der 77“ unter besonderer Berücksichtigung interner

Gruppendynamiken bei der Artikulation und Durchsetzung der Interessen der

Entwicklungs- und Transformationsländer beim Technologietransfer im Rahmen der

internationalen Verhandlungen um ein Folgeabkommen für das Kyoto-Protokoll?

Hierbei steht auch eine weitergehende Frage im Hintergrund: Warum gelingt es der

Gruppe der G77 nicht, bei den internationalen Klimaverhandlungen um ein post-2012-

Klimaschutzabkommen als Akteur mit einer gemeinsamen Position der Entwicklungsländer

durchzusetzen, obschon ein internationales Regime nur mit ihnen möglich ist?

Daraus ergeben sich auch die diese Arbeit leitenden Hypothesen:

(1) Auch im Zusammenschluss bleiben die 133 Entwicklungs- und Transformationsländer

ein zu schwacher und vor allem heterogener Akteur, der sich trotz starker Mitglieder

wie China, Brasilien & Südafrika und stärkerer Einbindung als bei den Verhandlungen

um das Kyoto-Protokoll nicht gegen andere Positionen durchsetzen kann.

(2) Eine Einigung etwa beim Technologietransfer ist dennoch ein alle Entwicklungsländer

übergreifendes Interesse, das sowohl OPEC- als auch AOSIS-Staaten in weiten Teilen

trotz differierender Partikularinteressen gemeinsam formulieren können.

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(3) Die Verhandlungsführung der G77 ist weniger vom Interesse der Mehrheit der

Entwicklungsländer, als vielmehr von den Interessen der wirtschaftlichen starken

Transformations- und OPEC-Staaten getrieben.

Die Untersuchung wird dabei auf zwei Ebenen stattfinden. Einerseits soll untersucht

werden, wie die Gruppe der 77 in internationalen Verhandlungen mit anderen Akteuren

um ein effektives Klimaschutzregime agiert. Den theoretischen Hintergrund hierfür

liefert die Theorie des neoliberalen Institutionalismus. Sie liefert erklärende Variablen

und das im Rahmen dieser Arbeit notwendige Handwerkszeug zur Untersuchung von

Kommunikation und länderübergreifender Kooperation im internationalen System. Die

Analyse zu den Handlungsoptionen der Gruppe wäre jedoch ohne die Betrachtung der

Verhältnisse innerhalb der G 77 unvollständig. Zur Darstellung der internen Konfliktlinien

wird der Ansatz der Cleavages zum Einsatz kommen.

Weitere theoretische Paradigma, Alternativen und Erklärungsansätze können im Rahmen

dieser Arbeit – wenn überhaupt – nur angedeutet werden. Ziel ist es letztlich nicht, ein

allumfassendes Bild zu den Verhandlungen der G 77 zu zeichnen. Vielmehr soll ein

Analyserahmen zu den Druckpotentialen und Durchsetzungsdefiziten der

Entwicklungsländer erarbeitet, dieser auf den konkreten Fall der Verhandlungen um den

Technologietransfer angewandt und dies im Spiegel des neoliberalen Institutionalismus

reflektiert werden.

1.2 Aufbau, Methodik und Ziel der Arbeit

Die Bedeutung der G 77 wurde im internationalen Kontext bereits mehrfach untersucht.

Als Vereinigung einer großen Anzahl von Staaten birgt sie bei internationalen

Verhandlungen zumindest das Potential, eine wichtige Rolle zu spielen. Dies soll in dieser

Arbeit nun am konkreten Beispiel der Verhandlungen um eine Ausweitung des

Technologietransfers im Rahmen der Klimaverhandlungen kritisch untersucht werden.

Dazu sollen in einem ersten Teil der Arbeit die Rolle der Entwicklungsländer rekapituliert

und die zentralen Durchsetzungsdefizite und möglichen Druckpotentiale dargestellt

werden. Hieraus ergibt sich dann auch das Analyseschema für das konkrete Fallbeispiel.

In einem zweiten Part wird es darum gehen, den theoretischen Rahmen dieser

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Ausarbeitung abzustecken, um im folgenden Kapitel auf das empirische Beispiel

einzugehen. Hierbei wird es erneut um die Analyse der Durchsetzungsdefizite und

Druckpotentiale und deren potentielle Überwindung durch den Zusammenschluss in der G

77 gehen. Abbildung 1 gibt dieses Vorgehen noch einmal grafisch wieder. Darüber hinaus

soll durch einen Vergleich die Anwendbarkeit und Verallgemeinerbarkeit der hier

getroffenen Aussagen diskutiert werden, bevor in einem abschließenden Part des

Hauptteils noch einmal Erfahrungen aus einem anderen Bereich, dem der UNCTAD,

dargestellt werden. In einer Konklusion schließlich werden die hier getroffenen Aussagen

bewertet, noch einmal kritisch reflektiert und über den Rahmen dieser Arbeit

hinausgehende Forschungsthemen angestoßen.

Zur Anwendung kommt im Rahmen dieser Arbeit ein Methodenmix – vor allem bei der

Untersuchung der G 77 in den Klimaverhandlungen von Posen auf der 14.

Vertragsstaatenkonferenz (COP 14). Hierbei werden auch eine Umfrage und Interviews

durchgeführt. Über das intensive Studium von Sekundärliteratur insbesondere zu den

theoretischen Grundlagen hinaus werden Dokumente der G 77 und der UNFCCC als

Grundlage für das Forschungsvorhaben dienen.

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2 Hauptteil

2.1 Entwicklungsländer in globalen Umweltverhandlungen

“Allgemein wird davon ausgegangen, dass Entwicklungsländer bei

internationalen Verhandlungen sich wenig Gehör für ihre Interessen

verschaffen können. Wissenschaftliche Untersuchungen zur Partizipation

von Entwicklungsländern in internationalen Verhandlungen zeichnen

jedoch ein differenzierteres Bild: Entwicklungsländer haben bewiesen, dass

sie Ergebnisse zu ihren Gunsten beeinflussen, Abkommen blockieren und

ihre eigenen Anliegen initiieren können”1

Warum kooperieren Staaten? Warum haben sich die Entwicklungsländer in der G 77

zusammengeschlossen, um gemeinsame Interessen bei den Klimaverhandlungen zu

vertreten? Welche Rolle spielt die Gruppe der 77 bei der Positionierung der

Entwicklungsländer zum Technologietransfer in den internationalen Klimaverhandlungen

und warum gelang es der Vereinigung bisher nicht, sich mit der Forderung zur Errichtung

eines Regimes in diesem Bereich durchzusetzen? Darum wird es in der nun folgenden

Ausarbeitung gehen. Doch welchen Einfluss können Entwicklungsländer in diesen

Verhandlungen überhaupt geltend machen? Wie effektiv partizipieren sie tatsächlich an

den internationalen Aushandlungsprozessen? In dieser Ausarbeitung sollen zunächst

allgemeine Feststellungen zur Einbindung der Entwicklungsländer bei der Aushandlung

internationaler (Umwelt-)Regime gemacht werden, bevor in einem zweiten Schritt auf

die G 77 und deren Rolle bei der Katalysierung der Interessen der Entwicklungsländer

eingegangen wird.

2.1.1 Einflussnahme in internationalen Umweltverhandlungen

Wollen wir die Bedeutung der G 77 als „Sprachrohr der Entwicklungsländer“ bei den

internationalen Klimaverhandlungen untersuchen und verstehen, so muss zunächst einmal

als Analyserahmen eine klare Vorstellung davon herrschen, inwieweit die Unterscheidung

1 Winter, Thomas von: 2007, S. 3.

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in Industrie- und Entwicklungsländer in internationalen Umweltverhandlungen sinnvoll

erscheint und inwieweit ein Block von Entwicklungsländern überhaupt existiert.

Der Einfluss der Entwicklungsländer auf Verhandlungsrunden innerhalb internationaler

Organisationen wird von verschiedenen Autoren als sehr gering eingeschätzt.2 Zu groß

sind die Hürden, Hindernisse und Asymmetrien im globalen Mächtegefüge. Gleichzeitig

lassen sich jedoch auch Erfolge bei der Durchsetzung von Interessen aus Sicht der

Entwicklungsländer aufzeigen. Dieses einleitende Kapitel soll einen Überblick darüber

verschaffen und verschiedene Durchsetzungsdefizite und Druckpotentiale der

Entwicklungsländer aufzeigen, um ein aus dieser Untersuchung gewonnenes

Analyseschema auf das spätere Fallbeispiel anwenden zu können. Beschränken wir uns

bei der Betrachtung globaler Verhandlungsrunden auf die Vereinten Nationen und die

Welthandelsorganisation (WTO), so lassen sich zum Teil gegenläufige Aussagen

festhalten. Das Verhandlungssystem der VN wird von meist aus Länder- und

Regionalgruppen bestehenden Verhandlungsblöcken bestimmt. Dabei schließen sich auch

die Entwicklungsländer bei gemeinsamen Interessenlagen zusammen, um mit einer

Stimme aufzutreten. Während das vor allem zu Fragen der Weltwirtschaft und dem

Zugang zu Märkten gelingt, ist dies in Bereichen des Umweltschutzes sowie der sozialen

und kulturellen Rechte eher seltener.3 Innerhalb der VN werden Regionalgruppen damit

als „vorübergehende Zweckbündnisse [verstanden], die vorwiegend der Organisation der

Sitz- und Ämterverteilung dienen.“4 Im Kontext dieser Ausarbeitung jedoch findet die

wissenschaftliche Kategorisierung der Regionalgruppen als „themen- und sachorientierte

politische Zusammenschlüsse“5 Anwendung. In diesem Sinne ist auch die Gruppe der 77

zu verstehen. Der Einfluss der Gruppierung von Entwicklungsländern - in Form der G 77

oder der Bewegung der Blockfreien (Non-Aligned Movement, NAM)6 jedoch wird als sehr

gering eingeschätzt. „Sofern Entwicklungsländer […] überhaupt über kollektiven

politischen Einfluss bei den Vereinten Nationen verfügen, so hat dieser kontinuierlich

abgenommen.“7 Dies werde insbesondere mit der machtpolitischen Etablierung der USA

und der EU begründet. Darin spiegelt sich auch der in der VN zu beobachtende

2 Vgl. z.B. Malone / Hagman 2002; Schorlemer von, S. 2005. 3 Vgl. hierzu Luchsinger, Gretchen 2004. 4 Schorlemer 2005, S. 27; zitiert nach Winter / Merai 2007: S. 4. 5 Winter / Merai 2007: S. 4. 6 Non-Aligned Movement. 7 Deen 2000: S. 6.

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Interessengegensatz zwischen Industrie- und Entwicklungsländern wieder, der einen

entscheidenden Einfluss auf den Willensbildungsprozess innerhalb der Organisation

ausübt. „Politische Willensbildungsprozesse bei den Vereinten Nationen sind heute

vielfach geprägt von Nord-Süd-Konflikten.“8 Der Einfluss der Entwicklungsländer

gegenüber anderen Akteuren wie den USA oder der EU habe dabei kontinuierlich

abgenommen.9

In der WTO stellt sich der Einfluss der Entwicklungsländer auf die Willensbildungsprozesse

in der Tat anders dar. In gewisser Weise lassen sich hier sogar zu den Erfahrungen aus der

VN gegenläufige Prozesse feststellen. „Den Ländern des Südens ist es hier in weit

stärkerem Maße gelungen, eine Gegenmacht zum Norden aufzubauen.“10 Allerdings soll

es an dieser Stelle zunächst genügen, zumindest auf die komplexen und sich aus vielerlei

formellen und informellen Verfahren zusammensetzenden Willens- und

Entscheidungsfindungsprozessen hinzuweisen, bei deren Zustandekommen eine Großzahl

an Akteuren beteiligt ist.11 Insgesamt ist das VN-System etwa nach Ansicht von

Malone/Hagman durch ein vor allem nach dem Ende des Kalten Krieges entstandenen

Nord-Süd-Gegensatz gekennzeichnet – einer diametralen Gegenüberstellung der

Interessen von Industrie- und Entwicklungsländern.12

“[I]n its institutional culture, the North-South divide remains the main organizing principle

for delegations, which threatens the UN with irrelevance and redundancy.” 13

Marian Miller14 entwickelte aufbauend auf diesem Gegensatz ihr Konzept der „Third

World“ und verfolgt in ihren Arbeiten den Ansatz einer durch prägende Merkmale

gekennzeichneten Gruppe der EL, die durch die gemeinsame Erfahrung des Kolonialismus

und vergleichbare sozioökonomische Rahmenbedingungen ähnliche und vor allem

gemeinsame Strategien im Rahmen von Umweltverhandlungen entwickelt hätten. In

diesem Kontext ist die Gruppe der EL zu verstehen als „coalition of countries seeking to

8 Winter / Merai 2007: S. 7. 9 Vgl. Deen 2000. 10 Winter / Merai 2007: S. 10. 11 Vgl. Tietje 2005: S. 18ff. 12 Vgl. Malone/Hagman 2002. 13 Malone/Hagman 2002. 14 Vgl. Miller 1992, 1995(a), 1995(b) und 1998 zu den Ausführungen dieses Abschnitts.

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advance certain norms and interests in world politics.“15 Zwei Argumente sprechen

jedoch gegen diese These:

(1) Geopolitische Veränderungen im internationalen System16 und das Ende des Kalten

Krieges hätten zu einer Zersplitterung der EL geführt, die sich infolgedessen nicht mehr

über gemeinsame Interessen definieren könnten. Gleichzeitig sei diese Vielfalt nach

Williams jedoch auch Identitätsstiftendes Merkmal der blockfreien Staaten (NAM).

“Diversity, in other words, is an inescapable feature of the Third World and the strength of

solidarity cannot remain constant but will instead reflect the changing geopolitical

situation.”17

(2) Die Folgen der Globalisierung18

hätten zu einer ökonomischen Differenzierung der

Entwicklungsländer geführt. Zwar mag auch dies nach Williams korrekt sein, doch war die

Gruppe bereits nach der Globalisierung und zwischen 1955 und dem Zusammenbruch der

Sowjetunion alles andere als homogen.

“The global division of labor and the uneven flow of capital has widened already existing

disparities between more advanced developing countries and poor, debt ridden states.

[…]The countries that were identified as members of the Third World coalition were never

economically homogenous.”19

Trotz dieser weltpolitischen Veränderungen finden sich Entwicklungsländer zu den

verschiedensten Themenbereichen zu Koalitionen zusammen – etwa beim Schutz der

Ozonschicht, dem Umgang mit gefährlichem Abfall und Biodiversität.20

Grund sei hierfür

nach Williams schlicht die Absicht dieser Länder ihren Einfluss in Verhandlungen zu

erhöhen.

“While strength in numbers may not contribute decisively to the ability to set the

agenda, decide outcomes or ensure implementation, an aggregation of diplomatic

resources in order to improve access to decision-making is seen to be in the self-interest of

15 Williams 2005: S. 51. 16 Vgl. Williams 2005: S. 50. 17 Williams 2005: S. 51f. 18 Vgl. Hoogvelt 1997 für eine Einführung in die Diskussion um den Einfluss und die Bedeutung der Globalisierung. 19 Williams 2005: S. 52. 20 Miller hat die Verhandlungsführung der EL speziell in diesen drei Bereichen untersucht. Im Ergebnis

wurde der Nord-Süd-Unterschied in unterschiedlicher Stärke als integraler Bestandteil der

Verhandlungsführung betrachtet. Waren die Schnittmengen beim Schutz der Ozonschicht noch relativ

gering, gelang es den EL das Thema der Abfallentsorgung als Nord-Süd-Thema zu deklarieren und den

Artenschutz mit Forderungen zum Technologietransfer zu verbinden (vgl. Miller 1995).

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large and small developing countries. In this sense, the Third World coalition is a reaction

to the dominance of the industrialized states in world politics.”21

Die Hintergründe hierzu sollen im folgenden Kapitel genauer ausgeführt werden.

2.1.2 Identität, Interessen & Institutionalisierung der EL

Williams entwickelt - basierend auf den wissenschaftlichen Arbeiten von Miller - in

seinem Aufsatz einen Analyserahmen zur Bedeutung der Entwicklungsländer, das in

diesem Kapitel kurz dargestellt werden soll.22

Voraussetzung zur Formierung einer

Koalition der Entwicklungsländer sind die vorherrschenden Machtstrukturen des

internationalen Systems.

“The global power structure creates conditions conducive to the formation of an identity

based on lack of access to meaningful participation in decision-making. Developing

countries […] create and recreate a fragile unity in opposition to existing structures of

power.”23

Darauf aufbauend konnte sich eine gewisse Form der Institutionalisierung der Interessen

herausbilden – etwa durch die G 77, die insbesondere auch im Bereich der

Umweltverhandlungen die Interessen der Entwicklungsländer bündelt.

“In the context of global environmental politics the G77 is the relevant institutional nexus

of Third World cooperation. As a negotiating group, the G77 makes negotiations more

manageable for its members.”24

Zwar ist damit nicht zwangsläufig die Bestimmung der politischen Agenda verbunden,

doch können andernfalls oft marginalisierte Entwicklungsländer gerade in diesem Rahmen

eher ihre Interessen formulieren und es erhöht sich für sie die Wahrscheinlichkeit Gehör

zu finden. Entwicklungsländer müssen dabei nicht zwangsläufig die gleichen Interessen

verfolgen – ganz im Gegenteil. Die Solidarität innerhalb der Gruppe der

Entwicklungsländer hatte seit Anbeginn dieser Typologisierung ihre Höhen und Tiefen und

befindet sich stets in einem Spannungsverhältnis zwischen Einheit und Vielfalt.

21 Najam 2005: S. 113 (Zitiert nach Williams 2005: S. 53). 22 Vgl. zu den Ausführungen Williams, M. 2005: S. 55ff. 23 Williams 2005: S. 54. 24 Williams 2005: S. 54.

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“Unity is always fragile; and solidarity has had peaks and troughs; highs and lows. […] From

its inception the Third World has been characterized by unity and diversity. Differentiation

and divergence did not arise in the 1990s but were a feature of the group from the

beginning.”25

Die Durchsetzungsfähigkeit der EL hängt damit weniger von der Homogenität der Gruppe

als vielmehr von drei Variablen ab: (1) dem Vorhandensein und der Artikulation

gemeinsamer Interessen, (2) einem Bewusstsein gemeinsamer grundlegender

Überzeugungen und (3) der gemeinsamen politischen Vertretung dieser Interessen in

internationalen Verhandlungen.

(1) Williams identifiziert fünf Interessen, die von Thema zu Thema unterschiedlich stark

sein können26

, die jedoch alle EL in internationalen Klimaverhandlungen miteinander

verbinden.

1. Entwicklungsländer setzen seit 1972 und insbesondere seit 1992 auf die

Verbindung von Umwelt-Themen mit der Frage der nachhaltigen Entwicklung.

Gemeinsames Interesse ist es dabei, das Recht auf Entwicklung nicht durch

Maßnahmen für mehr Umweltschutz zu gefährden.

2. Nach Ansicht der Entwicklungsländer werden zusätzliche finanzielle Mittel zur

Implementierung von Umweltschutzmaßnahmen benötigt. Diese werden

ergänzend zu den allgemeinen Zahlungen im Rahmen der ODA gefordert.

3. Entwicklungsländer argumentieren darüber hinaus, dass sie zum großen Teil

grenzüberschreitende Umweltprobleme nicht ohne technologische Unterstützung

der Industrieländer bewältigen können. Gefordert wird daher der Transfer von

Technologien zur Minderung von Emissionen und zur Anpassung an den

Klimawandel.

4. Damit verbunden ist die gemeinsame Forderung nach einer weitreichenderen

Unterstützung der Industrieländer beim Capacity Building – für die

Verhandlungen selbst sowie die Implementierung politischer Entscheidungen.

25 Williams 2005: S. 55. 26 Williams 2005: S. 59: „[D]eveloping countries do not all possess the same interests and thus the

strength of the coalition will vary, over time, depending on the issues. These interests are not

constructed in a vacuum and crucial to the maintenance of Third World positions on environmental

issues is the discursive construction of a North-South divide on environmental issues, and bargaining

processes that replicate this division.“

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5. Ein fünftes gemeinsames Interesse umfasst die Zeitspanne, in der politische

Maßnahmen umgesetzt werden sollen. Entwicklungsländer setzen hier in den

Verhandlungen auf langfristige Zielsetzungen, wenn es um eigene Beiträge geht.

(2) Bereits die gemeinsamen Interessen können als erklärende Variablen für die (Nicht-

)Kooperation der Entwicklungsländer im Bereich internationaler Umweltverhandlungen

betrachtet werden. Doch existieren in diesem Bereich darüber hinaus Vorstellungen über

gemeinsame Leitlinien, ein „set of ideas“, das auch eine in sich heterogene Gruppe der

EL eint. Das bereits dargestellte Nord/Süd-Gefälle steht auch im Kontext von

Umweltverhandlungen im Vordergrund.27

(3) Die auf Basis einer gemeinsamen Identität entwickelten Interessen wiederum werden

in Verhandlungen durch das Auftreten als Entität gebündelt – etwa in Form der G 77.

“The theory and practice of global environmental negotiations constructs a specific

bargaining space for developing countries. This is accentuated by the role of the G77 as

the spokesperson for the South on a number of issues in the negotiating process.”28

Abbildung 2 spiegelt den Zusammenhang aller drei Faktoren noch einmal wieder.

27 Vgl. Hierzu Williams 2005: S. 58: “[D]eveloping as well as industrialized countries have tended to

view environment in particular as very much a North-South issue.” 28 Williams 2005: S. 57.

Institutionalisierung

Gemeinsame Interessen der EL

Internationale Umweltverhandlungen

Gemeinsame Identität / „set of ideas“

Eigene Darstellung nach den Aussagen von Williams 2005.

Abb. 2: Interessen, Identität & Institutionalisierung der Entwicklungsländer

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Damit liegt uns nun ein allgemeiner Analyserahmen zu Interessen und Institutionalisierung

der Entwicklungsländer vor, der sich auch auf das konkrete Fallbeispiel anwenden lässt.

2.1.3 Durchsetzungsdefizite der Entwicklungsländer

Internationale Konferenzen bieten den zum Teil nur schwach institutionalisierten

Entwicklungsländern die Möglichkeit zur Formulierung und Durchsetzung gemeinsamer

Interessen über den Rahmen bilateraler Vereinbarungen hinaus. Das Bestreben der USA

und anderer industrialisierter Länder, eine Pause bei der Abhaltung internationaler

Konferenzen zu erzielen, läuft diesem Potential jedoch deutlich entgegen. „Erstes Opfer

dieses Moratoriums wurde das von der G-77 betriebene Projekt einer Konferenz über

internationale Wanderungsbewegungen und Entwicklung.“29

Darüber hinaus wurde auch

die jährliche Beitragsankündigungskonferenz zu den Unterstützungsleistungen für die mit

sozialen und wirtschaftlichen Belangen der Entwicklung beschäftigten Programme und

Organe der VN seitens der Industriestaaten abgeschafft.30

Doch auch die Gruppe der Entwicklungsländer selbst kann ihre potentielle Machtposition

in der Praxis kaum umfassend darstellen. „Restriktionen für den politischen Einfluss der

Entwicklungsländer bei den Vereinten Nationen ergeben sich […] auch aus interner

Uneinigkeit.“31

Darüber hinaus spielen auch die wirtschaftlichen und sozialen

Rahmenbedingungen der einzelnen Länder im Kontext der Willensbildung und

Entscheidungsfindung innerhalb der G 77 eine entscheidende Rolle. Ergebnis der zum Teil

großen Differenzen ist eine Verschärfung der „[…] Koordinationsprobleme zwischen den

Ländern des Südens.“32

Oftmals fehlt es schlicht auch an einer konstruktiven und

intensiven Teilhabe an den Willensbildungsprozessen der VN – eine Grundvoraussetzung

für die Artikulation, Verhandlung und Durchsetzung ihrer Interessen.

„Bis heute haben die Länder des Südens allenfalls erste Schritte auf dem Weg zu einer

effektiveren Interessenvertretung in internationalen Organisationen unternommen.

Weitere Fortschritte hängen zunächst von der Fähigkeit und der Bereitschaft einzelner

Länder zur Partizipation in deren Gremien ab. So sehen viele Entwicklungsländer noch

29 Deen 2000: S. 7. 30 Vgl. Deen 2000: S. 9. 31 Winter / Merai 2007: S. 9. 32 Ebd.

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nicht die Notwendigkeit, an internationalen Verhandlungsrunden teilzunehmen. Dies liegt

auch an den überkommenen Strukturen der entsprechenden Organisationen, die wenig

geeignet sind, die Partizipationschancen von immer mehr Ländern […] zu verbessern.“33

Darüber hinaus mindern weitere strukturelle Defizite die Durchsetzungschancen der EL.

„Bei internationalen Verhandlungen sind viele Entwicklungsländern dadurch benachteiligt,

dass sie nur über kleine Delegationen verfügen, deren Mitglieder zudem oft unerfahren in

der Verhandlungsführung sind, und dass es ihnen an wissenschaftlicher Unterstützung

mangelt.“34

Schließlich hängt der Einfluss eines Landes entscheidend von dessen Möglichkeiten ab,

mit qualifiziertem Personal und konstruktiven Programmen an der jeweiligen Konferenz

teilzunehmen - sowohl in Verhandlungen zum globalen Handel, als auch beim

Klimaschutz.

“The disadvantages mentioned by countries are the same as in trade: small and

inexperienced delegations, lack of national research support, lack of familiarity with how

negotiations are done. Many countries have still not identified a strong interest in

the outcome of climate change negotiations, and therefore choose to devote few

resources to them, while there is little pressure on them to meet climate objectives […]”35

Verglichen mit den Delegationen der Industrieländer sind die Entwicklungsländer auf

internationalen Verhandlungen und Konferenzen deutlich schwächer vertreten. Darunter

leidet schließlich die gesamte Verhandlungsführung dieser benachteiligten Länder. Ein im

Rahmen dieser Arbeit relevantes Hindernis liegt auch in der mangelnden

Selbstorganisationsfähigkeit der Entwicklungsländer.

„Bis heute bilden die Länder des Südens trotz zunehmender Selbstorganisierungsprozesse

noch keinen einheitlichen Block. […] Partielle Süd-Süd-Bündnissen reichen als Grundlage

für die Gewinnung von politischem Einfluss mit strategischer Perspektive nicht aus. […]

Allerdings sind einzelne Formationen des Südens wie die G 77/China oder regionale

Gruppen mittlerweile in der Lage, in einzelnen Verhandlungsrunden ein durchaus

effektives Gegengewicht zu den Ländern des Nordens zu bilden.“36

Damit hängt die Durchsetzungsfähigkeit der Entwicklungsländer in internationalen

Organisationen auch davon ab, inwieweit sie ihre unterschiedlichen Interessen bündeln

33 Winter / Merai 2007: S. 13; vgl. hierzu auch Page 2003. 34 Ebd. 35 Page 2003: S. 7. 36 Winter / Merai 2007: S. 13.

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und gemeinsame Positionen formulieren können. Schließlich ist auch eine Zunahme in der

Komplexität der Sachthemen und Verhandlungsrunden zu verzeichnen, die auch eine

Ausdifferenzierung der Positionen einzelner Länder und innerhalb von Ländergruppen zur

Folge hat.37

2.1.4 Druckpotentiale der Entwicklungsländer

Die Erfahrungen aus den vergangenen Jahren zeigen, dass Entwicklungsländer trotz der

aufgezeigten Defizite bei ihrer Durchsetzungsfähigkeit durchaus auch dazu in der Lage

sind, Druckpotentiale zu entwickeln und ihre Bedeutung insbesondere bei

wirtschaftsrelevanten Themen deutlich zu machen. Auf der Konferenz von Doha konnten

die Länder des Südens eigene Themen wie der Wechselwirkung zwischen Verschuldung

und Welthandel und der Struktur der Rohstoffmärkte auf die Agenda setzen. Ähnliches

gilt für die WTO-Ministerkonferenz von Cancun 2003, auf der Ergebnisse erzielt wurden,

„die die Verhandlungsmacht des Südens deutlich stärken und die die Dominanz des

Nordens […] deutlich einschränken.“38

Insgesamt lässt sich entgegen der Beobachtung

innerhalb der VN sogar ein gegenläufiger Trend feststellen. Innerhalb der WTO hätten es

die Entwicklungsländer verstanden, „ihre Verhandlungsposition von Verhandlungsrunde zu

Verhandlungsrunde schrittweise zu verbessern.“39

Page kommt bei ihrer Untersuchung zu einem ähnlichen Ergebnis: „Developing countries

have proved first that they can modify the outcome, then that they can block a

settlement, and finally that they can initiate their own issues.“40

Dies sei insbesondere in

Verhandlungen zum Welthandel immer wieder deutlich geworden – etwa als die

Entwicklungsländer 1999 nicht nur mitverhandelten, sondern diese Verhandlungen auch

erfolgreich blockierten oder 2001, als es ihnen gelang, eigene Themen auf die

Tagesordnung setzten.

“Developing country group and country positions included not only the issues of traditional

concern to them (agriculture, non-tariff barriers, tariff discrimination and escalation), and

opposition to the new ‘developed country issues’ (investment, competition policy, labour),

37 Vgl. Page 2003: S. 9. 38 Wahl 2005: S. 12. 39 Winter / Merai 2007: S. 13. 40 Page 2007: S. 4.

Page 21: Machtvolle Akteure?  Entwicklungsländer in internationalen Klimaverhandlungen

Machtvolle Akteure? Entwicklungsländer in internationalen Klimaverhandlungen

- 18 -

but also new subjects for the agenda: the importance of infrastructure for trade, linkages

between debt and trade, and the nature of commodity markets.”41

Die Frage ist nun, wie es den Entwicklungsländern gelingen konnte, diese Fortschritte

über die Zeit zu realisieren und sich gegenüber den Interessen der Industrieländer

durchzusetzen. Page argumentiert, dass der Verhandlungsspielraum der an sich stärksten

Partei dadurch limitiert wird, dass es eher überhaupt ein Ergebnis benötigt. Über die Zeit

hätten es die Entwicklungsländer auch verstanden, konkrete Positionen zu formulieren

und überhaupt ihre eigenen Interessen gegenüber den industrialisierten Ländern

darzustellen. Sie wurden damit von einem passiven zu einem aktiven Teil des

Verhandlungsgeschehens.42

41 Page 2007: S. 5. 42 Vgl. hierzu Page 2007: S. 5f.

Page 22: Machtvolle Akteure?  Entwicklungsländer in internationalen Klimaverhandlungen

Machtvolle Akteure? Entwicklungsländer in internationalen Klimaverhandlungen

- 19 -

2.2 Theoretische Vorüberlegungen

„International Institutions have the potential to facilitate cooperation, and

without cooperation […] the prospects for our species would be very poor

indeed. Cooperation is not always benign; but without cooperation, we will

be lost. Without institutions there will be little cooperation. And without a

knowledge of how institutions work – and what makes them work well –

there are likely to be fewer, and worse, institutions than if such knowledge is

widespread.“43

Das Verhalten von Staaten und deren Ambivalenz zwischen Kooperation und

Konfrontation im internationalen System wird von verschiedenen Schulen der

Internationalen Beziehungen oft sehr unterschiedlich beschrieben und wird auf

verschiedene Grundsätze und Bedingungen zurückgeführt. Auch der neoliberale

Institutionalismus erklärt Kooperation im internationalen System und das (Nicht-

)Zustandekommen von Regimen. Dabei stehen sich Staaten und Koalitionen mit ihren

Interessen gegenüber, die sie in Aushandlungsprozessen miteinander in Einklang bringen.

Die Implementierung eines internationalen Klimaschutzregimes kann nur durch die

Einbindung der EL und ihrer Zustimmung gelingen. Hierfür bietet das theoretische

Konzept des neoliberalen Institutionalismus zentrale Lösungsansätze. Aus dessen

Grundannahmen lassen sich Schlüsse auf die (Nicht-)Entstehung und Wirkung von Regimen

ziehen. Dies soll auf den folgenden Seiten geschehen, wobei nach einem kurzen Einblick

in die Theorie des neoliberalen Institutionalismus die im Rahmen dieser Arbeit relevanten

Punkte herausgearbeitet werden.

Dies beschreibt jedoch nur die Meta-Ebene dieser Arbeit. Denn gleichzeitig spielen sich

auch innerhalb der G 77 Entscheidungsfindungsprozesse ab, die das Auftreten und die

Verhandlungsführung der Gruppe entscheidend beeinflussen. Hierzu liefert der

Institutionalismus nur ungenügende Erklärungsvariablen. Schließlich reicht es nicht aus,

allein den Block der Entwicklungsländer als solchen zu untersuchen, ohne einen Blick auf

die internen Verhältnisse zu werfen. Wie im vorherigen Abschnitt dargelegt wurde,

besteht einer der Hauptgründe für die Durchsetzungsschwäche der Entwicklungsländer im

Allgemeinen und der G 77 im Speziellen nach Ansicht verschiedener Autoren darin, dass

43 Keohane 1989, S. 2.

Page 23: Machtvolle Akteure?  Entwicklungsländer in internationalen Klimaverhandlungen

Machtvolle Akteure? Entwicklungsländer in internationalen Klimaverhandlungen

- 20 -

eine solche Gruppe bedingt durch die enorme Heterogenität kaum zu kollektiven

Entscheidungen kommt, auf deren Basis verhandelt werden könnte. Dieses Argument soll

mithilfe einer Untersuchung der internen Konfliktlinien nach dem Cleavages-Ansatz

überprüft werden.

Die zentrale Frage des neoliberalen Institutionalismus lautet: „Under what conditions will

cooperation emerge in a world with egoistics without central authority?“44 Wir

formulieren diese Frage um und stellen uns im anschließenden empirischen Teil dem

Phänomen, dass 133 souveräne Staaten mit zum Teil erheblich unterschiedlichen

Positionen dennoch beim Klimaschutz zusammenarbeiten, um ein international

institutionalisiertes Regime zum Transfer klimafreundlicher Technologien durchzusetzen?

2.2.1 Entstehung und Bedeutung internationaler Institutionen

Die Wurzeln des neoliberalen Institutionalismus liegen in den Ideen und Annahmen des

Niederländers Hugo de Groot (Grotius). Er argumentierte gegen die seinerzeit starke

realistische Schule, dass sich die Staaten nicht in einem einzigen Überlebenskampf aller

gegen alle befänden, sondern auch im internationalen System Normen, Regeln und

Institutionen existieren, an die sich die Staaten als die zentralen Akteure gebunden

fühlen. „Wie der Realismus geht auch der Institutionalismus von ‚Anarchie’ im

internationalen System aus, aber diese Anarchie enthält Elemente der

Vergesellschaftung.“45

Dies bedeutet ganz konkret, dass die Staaten, die wie im

Realismus Haupt-Handlungsträger der internationalen Politik bleiben, auch in einem

System ohne Gewaltmonopol und ohne eine übergeordnete sanktionsbewährte

Zentralgewalt ihr gemeinsames Zusammenleben zu organisieren und ihre kollektiven

Grundziele zu erreichen versuchen, wie es Hedley Bulls bereits in seinem Standardwerk

von 1977 formuliert.46

Der Begriff der Institution47

ist dabei nicht mit dem der

44 Axelrod 1984, S. 3 45 Vgl. hierzu Krell 2007: S. 65 46 Vgl. hierzu Bulls 1995, S. 42: „The element of international society has always been present in the

modern international system because at no stage can it be said that the conception of the common

interests of states, of common rules accepted and common institutions worked by them has ceased to

exert an influence. Most states at most times pay some respect to the basic rules of coexistence in

international society, such as mutual for sovereignty, the rule that agreements should be kept, and

rules limiting resort to violence.“

Page 24: Machtvolle Akteure?  Entwicklungsländer in internationalen Klimaverhandlungen

Machtvolle Akteure? Entwicklungsländer in internationalen Klimaverhandlungen

- 21 -

internationalen Organisation gleichzusetzen, sondern bedeutet vielmehr ein „Satz von

Gewohnheiten und Praktiken, die auf die Verwirklichung gemeinsamer Ziele ausgerichtet

sind.“48

Als Makroinstitutionen definiert Bull das Völkerrecht, die Souveränität und die

Diplomatie. Regime beziehen sich dem Gegenüber auf einzelne Politikbereiche wie den

Klimaschutz und werden im Unterschied zu den Makroinstitutionen auch als

„Mikroinstitutionen“ bezeichnet, die eine Grundlage für Kommunikation und damit auch

Kooperation der Staaten untereinander schaffen „The ability to communicate and to

cooperate depends on human-constructed institutions.“49

Die Frage, warum nun internationale Institutionen und Regime entstehen, lässt sich von

Fall zu Fall unterschiedlich bewerten. Grundsätzlich jedoch wird von der Grundannahme

ausgegangenen, wonach die Staaten in der „international society“ in ein Verhalten

sozialisiert werden, „das über rein rationalistische Interessenkalküle hinausgeht“50

,

moralische Werte, Recht und Gesetz also ihr eigenes Gewicht gewinnen. Diese Wertebasis

reicht mitunter jedoch nicht aus, um die Ordnung vollends zu garantieren.

Ohne derartige Sozialisationsleistungen des internationalen Systems kommt die

Regimetheorie aus, die auch als rationalistische oder utilitaristische51

Variante des

Institutionalismus bezeichnet wird. „Hier kooperieren die Staaten allein auf Grundlage

von Interessenkalkülen.“52

– diese Aussage ist auch für die Betrachtung des konkreten

Beispiels in dieser Arbeit von zentraler Bedeutung. „Kooperation setzt […] eine

Schnittmenge gemeinsamer Interessen voraus.“53

Voraussetzung für ein Regime ist damit

zumindest ein Nicht-Nullsummenspiel und ein gewisser Grundbestand an gemeinsamen

Interessen. Mögliche Gefahren und negativen Auswirkungen nicht-kooperativen

Verhaltens in der Zukunft erhöhen die Wahrscheinlichkeit kooperativen Verhaltens in der

Gegenwart.

47 Czada, R. 2004 (S. 363) definiert Institutionen als „verhaltensregulierende und Erwartungssicherheit

erzeugende soziale Regelsysteme.“ 48 Ebd. S. 71 (freie Übersetzung nach Krell, G. 2007, S. 66). 49 Keohane 1989: S. 2. 50 Krell, G. 2007: S. 66. 51 Utilitaristen gehen im Gegensatz zu normativistischen Ansätzen davon aus, dass das menschliche

Verhalten im Wesentlichen auf der Verfolgung von Eigeninteressen beruht. 52 Krell, G. 2007: S. 66. 53 Woyke, W. 2000, S. 449.

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Machtvolle Akteure? Entwicklungsländer in internationalen Klimaverhandlungen

- 22 -

Entstanden in den Siebziger Jahren in den USA gewann die Regimeanalyse vor dem

Hintergrund der zunehmenden weltweiten wirtschaftlichen Verflechtung und der

Ausweitung grenzüberschreitender globaler Umweltprobleme in den Folgejahren

zunehmend an Bedeutung.54

Der rationalistische Institutionalismus55

geht zwar ebenso

wie der Realismus von der Grundannahme aus, wonach Staaten egoistische

Eigeninteressen verfolgen, unterstellt den Staaten jedoch gleichzeitig auch das

ernsthafte Interesse zu Kooperation, da egoistische Machtausübung unter Umständen zu

suboptimalen Ergebnissen führen würde und globale Probleme, von denen alle betroffen

sind, nicht mehr auf nationalstaatlicher Ebene und ohne Zusammenarbeit zu lösen sind.

Das Problem hierbei besteht nun jedoch darin, dass selbst parallele Interessen noch nicht

zwangsläufig zu kollektivem Handeln führen. „Selbst bei identischen Interessen kann es

passieren, dass Akteure nicht zur Kooperation finden.“56

Dies wird im Institutionalismus

mit einem strukturellen Kooperationsdilemma erklärt, dem die Staaten im

internationalen System permanent ausgesetzt sind. Der Kooperation stehen dabei

verschiedene Faktoren entgegen57

:

1. Erwartungsunsicherheit über Verpflichtungskonsequenzen der anderen Akteure,

2. die Frage der Kosten- und Nutzenverteilung aus der Kooperation sowie

3. die Attraktivität der Rolle der Nichtteilnahme an der Kooperation.

Damit sehen sich die Staaten im internationalen System zwei Alternativen gegenüber:

Entweder setzen sie auf eine langfristig gewinnbringende, aber insgesamt unsichere

Kooperation, oder aber sie wählen den Weg der kurzfristig Gewinn bringenden

unilateralen Vorteilssuche. Der rationalistische Institutionalismus behauptet nun, dass

solche Dilemma-Situationen überwunden werden können, und zwar durch „internationale

Regime“. Diese setzen von den beteiligten Akteuren voraus, „momentane Eigeninteressen

um des längerfristigen Vorteils willen den Normen und Regeln des Regimes

unterzuordnen.“58

Regime werden dabei als „Konstrukt aus Verabredungen und

Erwartungen“ definiert, „die das Verhalten der Beteiligten in einem Problemfeld

54 Vgl. zu den Grundlagen der Regimetheorie Keohane / Nye 1977 oder Keohane 1984. 55 Vgl. zu den Aussagen hierzu Krell, G. 2007: S. 67. 56 Krell, G. 2007, S. 67. 57 nach Krell, G. 2007, S. 67f. 58 Woyke 2000: S. 456.

Page 26: Machtvolle Akteure?  Entwicklungsländer in internationalen Klimaverhandlungen

Machtvolle Akteure? Entwicklungsländer in internationalen Klimaverhandlungen

- 23 -

regulieren.“59

Mit zunehmender Institutionalisierung eines Problemfeldes wächst auch die

Wahrscheinlichkeit eines Regimes.

„Die Wahrscheinlichkeit der Kooperation wächst, wenn ein Interaktionsrahmen vorhanden

ist, der den Interaktionen in einem bestimmten Problemfeld eine gewisse Dauerhaftigkeit

verleihen kann.“60

Die Kooperation innerhalb von Regimen wird durch vier miteinander verbundene

Mechanismen institutionalisiert61

: Prinzipien, Normen, Regeln und Verfahren.62

Doch

warum kommt es überhaupt zu Kooperation? In der Literatur finden sich hierzu

verschiedene Hypothesen. Drei dieser Aussagen sollen in dieser Arbeit im Mittelpunkt

stehen63

:

1. Akteure kooperieren, um für sich selbst absolute Gewinne zu erzielen.

2. Die Kooperationsfähigkeit wird gefördert durch bereits existierende Regime, die

die Chance auf gegenseitige Kooperationsgewinne durch regimekonformes

Verhalten und das Maß an Erwartungsverlässlichkeit erhöhen.

3. Macht-Asymmetrien wirken zumindest dann förderlich, wenn durch die stärkeren

Akteure den schwächeren Gewinne und Belohnungen in Aussicht gestellt werden.

Kurzum: Institutionen spielen im internationalen System und der Koordinierung

grenzüberschreitender Kooperation eine entscheidende Rolle. Die Grundannahmen

ähneln denen des Realismus – mit einer Ausnahme: Im Vordergrund des Institutionalismus

stehen nicht die relativen, sondern die absoluten Gewinne und die Aussicht auf weitere

Zusammenarbeit. Nach Auffassung neoliberaler Institutionalisten herrschen im

internationalen System Kräfte, die das allgemeine Konfliktpotential minimieren und

Kooperation fördern.

59 Krell 2007: S. 67. Regime werden dabei als normen- und regelgeleitete Formen der Kooperation

zwischen Staaten definiert, zur politischen Bearbeitung von Konfliktfeldern oder Problemen in den internationalen Beziehungen. 60 Woyke 2000: S. 456. 61 nach Krell 2007: S. 68. 62 Prinzipien formulieren ein gemeinsames Problem und eine kollektive Zielvorstellung, Normen, legen

die Verhaltensstandards auf dem Weg zum Erreichen des Ziels fest, Regeln konkretisieren diese

Normen und Verfahren schreiben schließlich den Umgang mit den Regeln fest. 63 Vgl. hierzu Woyke 2000: S. 451.

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Machtvolle Akteure? Entwicklungsländer in internationalen Klimaverhandlungen

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Robert Keohane hat den neoliberalen Institutionalismus wie kaum ein anderer geprägt

und nach Ansätzen zur Erklärung von Kooperation von Staaten im Verhandlungsprozess

gesucht. Dabei macht er auch auf die Restriktionen von Theorie im Allgemeinen

aufmerksam.

„[W]e must understand that we can aspire only to formulate conditional, context-specific

generalizations rather than to discover universal laws, and that our understanding of world

politics will always be incomplete.“64

Ausgehend von dieser Feststellung untersucht Keohane Ursprung und Wandel von

Institutionen im internationalen System. Dabei stellt sich die Frage, was unter einer

Institution überhaupt zu verstehen ist. In der Literatur herrscht eine Breite an

Definitionen vor, die im Rahmen dieser Arbeit kaum zu fassen ist.65

Die Reichweite reicht

von losen Zusammenschlüssen gemeinsamer Interessen über komplexe Regelsysteme bis

hin zu streng formalisierten Gebilden des internationalen Systems.

„It may help out in sorting out some of these troubling confusions to point out that

‚institution’ may refer to a general pattern or categorization of activity or to a particular

human-constructed arrangement, formally or informally organized.“66

Eine Institution besteht dann, wenn bestimmte Akteure von dem Verhalten abweichen,

das ohne die Institution zu erwarten wäre. Fragen wir danach, ob es sich bei einem

Phänomen X um eine Institution handelt, so suchen wir konkret nach Regeln, die die

Aktivität von Akteuren beeinflussen, Erwartungshaltungen kanalisieren und in gewissem

Umfang Rollen vorgeben. Neben der bereits oben angedeuteten sehr weiten Definition

des Institutionen-Begriffs setzt Keohane seinen Fokus auf „spezifische“ Institutionen.

„Specific institutions can be defined in the first instance in terms of rules; but we must

recognize that specific institutions are embedded in practices. In modern world politics,

the most important practice is that of sovereignty.“67

Der Grad der Institutionalisierung ist dabei nicht zwangsläufig ausschlaggebend für die

Qualität der Institutionalisierung – vielmehr ist es der Grad an Kooperation, die eine

„Institution“ bereitstellen kann.

64 Keohane 1988: S. 380. 65 Vgl. hierzu Keohane 1988: S. 382ff. 66 Keohane 1988: S. 383. 67 Ebd. S. 386.

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Machtvolle Akteure? Entwicklungsländer in internationalen Klimaverhandlungen

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„To understand cooperation and discord better, we need to investigate the sources and

nature of international institutions, and how institutional change takes place. […] We can

evaluate the impact of cooperation by measuring the difference between the actual

outcome and the situation that would have obtained in the absence of coordination: that

is, the myopic self-enforcing equilibrium of the game.“68

Hierbei existieren rationalistische und soziologisch-reflektive Erklärungsansätze, die

Keohane in seiner Ausarbeitung von 1988 betrachtet und zusammenführt.69

Der

rationalistische Ansatz sieht die Entstehung von Institutionen und Regimen dabei vor

allem unter der Prämisse des Kosten-Nutzen-Kalküls der beteiligten Akteure.

Institutionen minimieren Kosten, liefern Informationen und stabilisieren Erwartungen.

„Rationalistic theories of institutions view institutions as affecting patterns of costs.

Specifically, institutions reduce certain forms of uncertainty and alter transaction costs.“70

Demgegenüber verweisen reflektive Ansätze auf die soziologische Dimension von

Institutionen – hierzu gehören Werte, Normen und Praktiken, die kulturelle Unterschiede

aufweisen können und die Arbeitsweise einer Institution beeinflussen. Das

Zustandekommen von Institutionen geht damit weit über einen bloßen Vertrag zwischen

Individuen zur Rationalisierung bestimmter Prozesse und Funktionen hinaus und

reflektiert gewissermaßen soziale, historische und individuelle Aspekte sowie

fundamentale Lernprozesse. Daran schließt sich auch die Kritik am rationalistischen

Ansatz an.

„Rationalistic theory accounts better for shifts in the strength of institutions than in the

value they serve to promote. Cultural variations create anomalies for the theory. It does

not take into account the impact of social processes of reflection or learning on the

preferences of individuals or on the organizations that they direct.“71

2.2.3 Regimebildung zum internationalen Klimaschutz

„Entscheidendes Merkmal internationaler Regime ist, [dass sie] das Verhalten der

Regime-Akteure binden und an Kriterien einer kollektiven Rationalität orientieren.“72

Im

68 Ebd. S. 380. 69 Vgl. hierzu Keohane, R. 2005: S. 381ff. 70 Keohane 1988: S. 386. 71 Keohane, R. 1988: S. 391. 72 Woyke 2000: S. 455.

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Machtvolle Akteure? Entwicklungsländer in internationalen Klimaverhandlungen

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Idealfall stellen Regime „Mikroinstitutionen“ dar, mit denen das Verhalten anderer

Akteure vertraglich garantiert, der Informationsfluss verbessert wird und die Kosten für

Kommunikation und Kooperation minimiert werden. Zu Kooperation kommt es

insbesondere dann, wenn Nicht-Kooperation zu suboptimalen Ergebnissen für alle

Beteiligten führen würde und mit zunehmender wirtschaftlicher und gesellschaftlicher

Verflechtung der Staaten untereinander. Dies ist gerade für nur schwach ausgestattete

und kaum mit den nötigen Verhandlungskapazitäten ausgestattete EL von zentraler

Bedeutung.

Im Bereich der Klimapolitik hat sich in den letzten Jahren auch mit Abschluss und

Inkrafttreten des Kyoto-Protokolls ein robustes Klimaregime etabliert. Dabei liegt die

Besonderheit darin, dass die Kooperation weniger in einem dezentralen internationalen

Milieu stattfindet, als vielmehr als „Antwort auf einen aus Interdependenz- und

Verflechtungsproblemen resultierenden internationalen Problemlösungsbedarf“ zu

verstehen ist, „dem nur durch wachsende Institutionalisierung der kollektiven

Problembearbeitung gerecht zu werden ist […].“73

Seit den 1970er Jahren nimmt die Bedeutung internationaler Umweltpolitik immer mehr

zu. Die Erkenntnis, dass Umweltprobleme häufig nicht mehr allein im nationalen Rahmen

zu regeln sind, „obwohl sie in der Regel durch das Handeln von Menschen und Firmen

innerhalb nationalstaatlicher Grenzen verursacht werden“74

, führt dazu, dass im

internationalen System eine Form der Kooperation im Politikfeld Umwelt gefunden

werden muss, die möglichst viele Staaten einbezieht. Das Problem hierbei ist, dass -

anders als bei Nationalstaaten - keine zentrale Herrschaftsinstanz vorhanden ist, „die in

der Lage wäre, verbindlich Normen zu setzen und sie gegenüber widerstrebenden

Akteuren durchzusetzen“75

. Wie also kommt es in Abwesenheit einer solchen

Herrschaftsinstanz im internationalen System zu Kooperation? Dafür liefert die

Regimetheorie auch und gerade im Umweltsektor Erklärungsansätze. In der vorliegenden

Ausarbeitung sollen die theoretischen Annahmen im Spiegel der praktischen Ergebnisse

und Beobachten reflektiert werden.

73 Beide Zitate: Woyke 2000, S. 449f. 74 Oberthür 1997: S. 9. 75 Ebd.

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Machtvolle Akteure? Entwicklungsländer in internationalen Klimaverhandlungen

- 27 -

2.2.4 Konfliktlinien und Kooperation innerhalb der G 77

Konflikt76

und Kooperation können nach Williams77

als die beiden Pole

intergovernmentaler Beziehungen betrachtet werden – vollständige Kooperation bzw. ein

absoluter Konflikt sind dabei die theoretischen Idealzustände. In der Praxis jedoch

bewegen sich zwischenstaatliche Beziehungen stets auf einem Kontinuum dazwischen.

„In pursuance of their various aims and objectives, states may either find themselves in

conflict with other states or may discover that they share similar or compatible goals and

decide to cooperate in order to maximise individual gains.“78

Die G 77 tritt in den internationalen Verhandlungen zum Klimaschutz sowohl als Koalition

verschiedener Entwicklungsländer mit dem Ziel einer Stärkung ihrer Position in den

Verhandlungen durch gemeinsames Auftreten, als auch als Pressure Group auf, die Druck

auf andere Verhandlungsteilnehmer ausübt, um kollektive Ziele zu erreichen

(Technologietransfer, Ausweitung finanzieller Unterstützung zur Anpassung etc.).

„A pressure group can be thought of as a collection of states (individuals etc.) applying

pressure as a political device to secure a change (or the maintenance of the status quo) on

a particular set of issues. […] As a coalition the G77 represents a temporary conjoining of

interests between more the one hundred states who can increase their bargaining power

through joint action.“79

Dabei gibt es zwei Verhandlungsebenen, die es zu untersuchen gilt: Zunächst müssen

Verhandlungen innerhalb der G 77 zu einer gemeinsamen Verhandlungsstrategie führen,

bevor die Gruppe als Akteur in Verhandlungen mit anderen Staaten und Ländergruppen

treten kann. Ein Kontinuum zwischen Konflikt und Kooperation findet sich abgewandelt

auch in der Art der Verhandlungsführung wieder. Midgaards80

Konzept eines Kontinuums

zwischen strikt kooperativem Verhandeln und bloßen Tausch- und Handelprozessen kann

dabei auch auf die Verhandlungsführung der G 77 angewandt werden. Laut Williams81

sind die Verhandlungen innerhalb der Gruppe eher am kooperativen Ende des Kontinuums

76 Konflikt wird im Rahmen dieser Ausarbeitung und im Kontext internationaler Verhandlungen definiert als die Existenz miteinander unvereinbarer Interessengegensätze zwischen zwei oder mehr

Akteuren. 77 Vgl. Williams 1991. 78 Williams 1991: S. 4. 79 Ebd. S. 8. 80 Vgl. Midgaard 1976. 81 Vgl. Williams 1991: S. 6.

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Machtvolle Akteure? Entwicklungsländer in internationalen Klimaverhandlungen

- 28 -

anzusiedeln, während die Verhandlungen zwischen G 77 und anderen Akteuren eher

einem bloßen Tauschhandel gleichen.

Konflikte und Kooperation innerhalb der G 77 lassen sich mithilfe des Cleavages-Ansatzes

an konkreten Konfliktlinien innerhalb der Gruppe nachzeichnen. Dabei muss auch

zwischen tatsächlich beobachtbaren und latenten Konflikten differenziert werden.

Letzterer Form des Konflikts mag von externen Beobachtern wahrgenommen werden,

wird jedoch nichts zwangsläufig von den handelnden Akteuren selbst als solcher

definiert.

„Cleavages are the criteria which divide the members of a community or subcommunity

into groups, and the relevant cleavages are those which divide members into groups with

important political differences at specific times and places.“82

Mithilfe von Cleavages, also Konfliktlinien, können somit Aussagen über die

Heterogenität, bzw. Homogenität einer spezifischen Gruppe getroffen werden. Sie

beschreiben den Dissens, bzw. Konsens innerhalb einer wie auch immer gearteten

Gemeinschaft und beschreiben Fraktionierung bzw. Kohäsion einer Gruppe. Cleavages

führen jedoch nicht zwangsläufig zu trennscharf unterscheidbaren singulären exklusiven

Gruppen – vielmehr kann ein und dasselbe Mitglied einer Gemeinschaft gleichzeitig in

verschiedenen Gruppen verortet sein.

Cleavages unterteilen Mitglieder einer Gemeinschaft in bestimmte Gruppen, die durch

voneinander unterscheidbare Auffassungen, Meinungen etc. gekennzeichnet sind. Rae

und Taylor beschreiben den Grad der dabei entstehenden Fragmentierung als

„Cristallization“, definiert als „the proportion of a community which belongs to the set

of persons crystallized by a cleavage.“83

Eine extreme Form der Fragmentierung würde

darüber hinaus bedeuten, dass keines der Mitglieder zueinander passt, da jedes

Individuum seiner eigenen, sich von anderen abgrenzenden nominalen Gruppe zugehört.

In der Realität bewegt sich die Fragmentierung einer Gruppe unterhalb dieser totalen

Form der Unterschiedlichkeit. Das Konzept als solches ließe sich indes auf jede eindeutig

definierte Gruppe anwenden.

82 Rae / Taylor 1970: S. 1. 83 Rae / Taylor 1970: S. 24.

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Machtvolle Akteure? Entwicklungsländer in internationalen Klimaverhandlungen

- 29 -

„The concept may be applied to any kind of cleavage in any kind of community once that

community and the nominal groups comprising the cleavage are defined.“84

Problematisch bleiben bei der Anwendung der Theorie vor allem zwei Aspekte: Die

Messung und Darstellung der Intensität – und damit die Relevanz - einer bestimmten

Konfliktlinie bei den einzelnen Mitgliedern und der Entscheidungsfindung innerhalb einer

Gruppe sowie die Bedeutung sich überschneidener Cleavages. Ob und in welchem Maße

die Fragmentierung einer Gruppe eine bestimmte Entscheidung beeinflusst hat, lässt sich

letztlich nur schwer untersuchen. Ebenso schwierig ist es, ein oft komplexes Gefüge von

Interessen Hintergründen und sich überlagender Cleavages zu entwirren. Dieses als

„Cross-Cutting“ bezeichnete Phänomen sich überlappender Konfliktlinien definieren Rae

und Taylor als „the proportion of the number of people crystallized by either cleavage

who are crystallized on both cleavages.“85

Damit ergeben sich für die Untersuchung

potentieller Konfliktlinien innerhalb einer bestimmten Gruppe drei verschiedene Ebenen,

auf denen eine Analyse stattfinden kann:

die Fragmentierung und damit die Unterschiede innerhalb einer Gruppe,

die Intensität der Fragmentierung und damit die Relevanz des Cleavages bei

konkreten Entscheidungen und dessen Einfluss auf kooperatives, bzw.

konfliktreiches Handeln sowie

die Überlappung verschiedener miteinander nicht zwangsläufig verbundener,

aber doch für die Positionierung und Entscheidungsfindung relevanter Cleavages.

Auf Grundlage der theoretischen Ausarbeitung von Rae und Taylor 197086

soll die

Bedeutung der Konfliktlinien innerhalb der G 77 für die Verhandlungsposition der Gruppe

aufgezeigt werden.

„The G 77 is a heterogeneous grouping and the political analysis of cleavages, with its

focus on the effect of attribute and behavioural differences on outcomes, is a relevant

analytic tool.“87

84 Rae / Taylor 1970: S. 44. 85 Rae / Taylor 1970: S. 90. 86 Vgl. Rae / Taylor 1970. 87 Williams 1991: S. 7.

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Machtvolle Akteure? Entwicklungsländer in internationalen Klimaverhandlungen

- 30 -

Dabei können drei Formen der Konfliktlinien identifiziert werden: (1) Zuschreibung

(ascriptive), (2) Einstellung (attitudinal) und (3) das Verhalten betreffend

(behavioural).88

Dies bedeutet bezogen auf die G 77 potentiell die folgenden

Konfliktlinien:

1. Askriptiv lassen sich ein unterschiedlicher Grad an Entwicklung und Unterschiede

in der Wirtschaftsstruktur der Länder erkennen.

2. Unterschiede gibt es auch bei der Einschätzung einer Regierung zu den politisch-

ökonomischen Verhältnissen, der ideologischen Orientierung und zu den

erwarteten Gewinnen eines bestimmten Verhandlungsergebnisses.

3. Verhaltens-Cleavages sind das Ergebnis von Zuschreibung und Einstellung und

drücken sich konkret bei abweichendem Abstimmungsverhalten aus.

Die bloße Existenz dieser Konfliktlinien allein bestimmt jedoch noch nicht zwangsläufig

die politische Dynamik der Ländergruppe und die Auswirkungen von

Interessengegensätzen.

„It is the intensity of the relevant cleavage, i.e. the strength of the actor’s beliefs, which determine the homogeneity or heterogeneity of the group (ascriptive cleavage), the existence of consensus or dissensus (attitudinal cleavage) and cohesion or fractionalisation (behavioural cleavage).“89

Regimewandel und Veränderungen im internationalen System können oft nur auf

multilateralem Wege erreicht werden – insbesondere seitens der wirtschaftlich wie

politisch schwachen Entwicklungsländer. Daher ist es die Aufgabe der G 77 auf Grundlage

gemeinsamer Interessen auf andere am Verhandlungstisch sitzende Akteure auszuüben.

Gleichzeitig besteht die Gruppe selbst aus Staaten mit unterschiedlichen Interessen und

Bedürfnissen, bedingt durch die Heterogenität ihrer sozialen, wirtschaftlichen und

politischen Rahmenbedingungen.

„Given the occasional non-coincidence or non-congruence between individual interests and

common interests, the coalition had to devise procedures whereby the common interest

88 Vgl. Williams 1991: S. 7. 89 Ebd. S. 7.

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Machtvolle Akteure? Entwicklungsländer in internationalen Klimaverhandlungen

- 31 -

could be determined and in which the conflicting interests of various members could be

reconciled.“90

Als Gruppe verfolgt die G 77 kollektive Ziele, die sie in internationalen Verhandlungen

mit der Verhandlungsmacht als Vertreterin von 133 Staaten formuliert. Die Größe und

damit verbunden die Heterogenität der Gruppe führt gleichzeitig zu Konflikten,

integrativen und desintegrativen Prozessen innerhalb der G 77. Die einzelnen Mitglieder

verfolgen bestimmte gemeinsame Interessen, die nur mithilfe der G 77 Aussichten auf

Erfolg haben. Zur selben Zeit ist eine so diversifizierte Koalition anfällig für Abspaltungen

und Blockaden einzelner Positionen. Die Stabilität und der Erfolg der G 77 hängt damit

auch von den Prozessen innerhalb der Gruppe ab und dem Vermögen, individuelle

Interessen zu bündeln.

Es erscheint utopisch, die Vor- und Nachteile einer Mitgliedschaft in der G 77 numerisch

darzustellen und die Bedeutung konkreter individueller und kollektiver Interessen für das

Verhandlungsergebnis zu quantifizieren. Die folgende Analyse wird daher nicht das Ziel

verfolgen, quantifizierbare Aussagen zu treffen - zu den Kosten und Nutzen einzelner

Staaten für deren Zugehörigkeit zur G 77, oder zur Wahrscheinlichkeit des Durchsetzens

der Gruppe. Vielmehr wird es darum gehen, die Vielschichtigkeit der Problematik zu

untersuchen und die Wirkungsweise komplexer Mehrebenen-Verhandlungsprozesse

aufzuzeigen.

2.3 Die G 77 als Akteur in den UNFCCC Klimaverhandlungen

„In den siebziger Jahren schien es, als würde sich die G 77/China zu einer

schlagkräftigen, auf Entwicklungsfragen spezialisierten „pressure group“

entwickeln. Aus heutiger Sicht fällt die politische Erfolgsbilanz der G

77/China jedoch wenig beeindruckend aus – und das, obwohl sie mehr als

zwei Drittel aller Staaten repräsentiert“

Der Block der Entwicklungsländer spielt in den internationalen Verhandlungen nach dem

Ende des Kolonialismus eine oft sehr unterschiedliche Rolle. Vor dem Hintergrund der

Stärkung der Verhandlungsposition durch die Bündelung von Interessen entstand die

90 Ebd. S. 9.

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Machtvolle Akteure? Entwicklungsländer in internationalen Klimaverhandlungen

- 32 -

Gruppe der 77, die auch in den Verhandlungen um ein internationales Klimaregime die

Interessen der Entwicklungsländer vertritt und sich als Akteur am Verhandlungstisch

etabliert hart. „Central to the construction and maintenance of the coalition has been a

normative dimension, and the relevance of institutional factors.“91

Gleichzeitig wird die

G 77 als nur schwach institutionalisiert beschrieben, als Organisation ohne ein für die

Koordination von Positionen vor und während Konferenzen notwendiges Sekretariat. „The

G77 is clearly an organisation of developing countries with an institutional structure but

without any formal centralized machinery […].“92

In der wissenschaftlichen Literatur wird dem Zusammenschluss der Entwicklungsländer

nur eine marginale Position in den internationalen Klimaverhandlungen zugeschrieben.

Gleichzeitig tritt sie auf und zwischen den Konferenzen als starkes Sprachrohr der

Entwicklungsländer auf. Wie ist dieser offensichtliche Widerspruch zwischen Theorie und

Praxis zu erklären? Welche Druckpotentiale kann die Gruppe der 77 in den

internationalen Klimaverhandlungen tatsächlich entwickeln und wo liegen ihre

Durchsetzungsdefizite? Diese und weitere Fragen gilt es im nun folgenden Fallbeispiel zu

beantworten. Dazu wird nach einer kurzen Rekapitulierung zum Rahmen der

Klimaverhandlungen unter der UNFCCC zunächst das Analysemuster aus dem ersten

Kapitel erneut aufgegriffen, um Identität, Interessen und Institutionalisierung der EL in

den aktuellen Klimaverhandlungen darzustellen. Die Institutionalisierung der Interessen

stellt dabei zweifelsohne die Gruppe der 77 dar, zu der in einem weiteren Abschnitt

einige im Rahmen dieser Ausarbeitung relevante Hintergrundinformationen gegeben

werden sollen. Dies bedeutet vor allem auch die Anwendung der theoretischen

Erkenntnisse auf das konkrete Fallbeispiel: Dabei werden zunächst die Konfliktlinien und

Kooperationspotentiale innerhalb der G 77 beleuchtet, bevor in einem weiteren Schritt

das Auftreten und die Positionierung der G 77 auf der Metaebene, also den

internationalen Klimaverhandlungen, anhand von Beobachtungen, Interviews und einer

Umfrage untersucht wird. In der Konklusion werden die daraus erarbeiteten

Druckpotentiale und Durchsetzungsdefizite der G 77 dargestellt.

91 Williams 2005: S. 50. 92 Williams 1991: S. 7.

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Machtvolle Akteure? Entwicklungsländer in internationalen Klimaverhandlungen

- 33 -

2.3.1 Einbindung der EL in die Klimaverhandlungen

Vor der Behandlung der konkreten Positionierung der G 77 als Gruppe in den Verhandlung

zum Transfer klimafreundlicher Technologien sollen zunächst drei grundsätzliche

Rahmenbedingungen geklärt werden: die UNFCCC als im Rahmen der Thematik dieser

Ausarbeitung fundamentaler Verhandlungsrahmen (2.3.1.1), die Anwendung der im

Theorieteil erarbeiteten Grundlagen zur Regimebildung auf den Transfers

klimafreundlicher Technologien (2.3.1.2 und 2.3.1.3) sowie die grundsätzliche

Konstellation der Entwicklungsländer bezogen auf ihre Identität, Interessen und

Institutionalisierung in den Klimaverhandlungen (2.3.1.4).

2.3.1.1 Die UNFCCC als internationaler Verhandlungsrahmen

Die Verhandlungen zum internationalen Klimaschutz können im Wesentlichen auf drei

Phasen heruntergebrochen werden: In der ersten Phase stand die Bewusstmachung über

die Bedeutung des Themas im Vordergrund, was letztlich zur Errichtung der UNFCCC als

weiterer Verhandlungsrahmen im Mai 1992 führte. Die zweite Phase umfasste die Zeit von

der Unterzeichnung der UNFCCC bis zur Einigung auf das Kyoto-Protokoll im Dezember

1997. Die dritte Phase – die derzeit laufenden Verhandlungen um ein

Nachfolgeabkommen für Kyoto - steht im Mittelpunkt dieser Arbeit. In ihr spiegeln sich

auch die Stärken und Schwächen der Verhandlungsführung und Kooperation der

Entwicklungsländer wieder. Eine Untersuchung zur Rolle der EL in den

Klimaverhandlungen soll deren Konstellation aufzeigen – zwischen Konfrontation und

Kooperation. Technologietransfer wurde dabei als ein alle Entwicklungsländer

betreffendes spezifisches Untersuchungsfeld ausgewählt.

„Climate change negotiations are illustrative of the strengths and weaknesses of the

Third World coalition. On the one hand, it shows the continued existence of common

interests, and attempts to form a joint bargaining position. On the other hand, it reveals

deep divisions among developing countries.“93

93 Williams 2005: S. 60.

Page 37: Machtvolle Akteure?  Entwicklungsländer in internationalen Klimaverhandlungen

Machtvolle Akteure? Entwicklungsländer in internationalen Klimaverhandlungen

- 34 -

Der Klimawandel wurde als globales Problem erstmals während der ersten World Climate

Conference of the World Meteorological Organization (WMO) 1979 auf die internationale

politische Agenda gesetzt. Zusammen mit dem Entwicklungsprogramm der VN (UNDP)

errichtete die WMO 1988 ein internationales wissenschaftliches Panel, das sich mit dem

Thema seither beschäftigt: das Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC). Das

IPCC wiederum liefert mit der Erstellung von Szenarien und der Untersuchung möglicher

Folgen des Klimawandels wichtige Impulse zum Umgang mit dem Phänomen. Die

wissenschaftlichen Befunde des IPCC gelten als Grundlage für einen Großteil der

Argumentation in diesem Bereich – insbesondere bei den Entwicklungsländern.

“There will always be uncertainty in understanding a system as complex as the world’s

climate. However, there is now strong evidence that significant global warming is

occurring. […] The scientific understanding of climate change is now sufficiently clear to

justify nations taking prompt action."94

Der erste Bericht des IPCC95

beschrieb den Klimawandel als ein vor allem anthropogen

verursachtes Phänomen, mit verheerenden Folgen für die Menschheit und das

Zusammenleben auf dem Planeten. Die Aufforderung des IPCC zu einer globalen Antwort

auf den Klimawandel hatte schließlich die Errichtung des internationalen

Verhandlungsrahmens zum Klimaschutz zur Folge, die United Nations Comvention on

Climate Change (UNFCCC).

Unterzeichnet 1992 auf der Weltkonferenz im brasilianischen Rio de Janeiro trat die

Konvention zum Klimawandel im März 1994 in Kraft.96

Doch bereits kurz darauf stellte

sich der nicht-bindende Charakter dieses Abkommens als unzureichend heraus, um das

Ziel einer Stabilisierung der THG-Emissionen in der Atmosphäre zu erreichen, “at a level

that would prevent dangerous anthropogenic interference with the climate system.”97

Auf der COP I in Berlin einigten sich die Vertragsstaaten daher 1995 auf die Stärkung der

94 Joint academies' statement: Global response to climate change, Academia Brasiliera de Ciencias-

Brazil, Royal Society of Canada, Chinese Academy of Sciences, Academie des Sciences-France, Deutsche Akademie der Naturforscher-Germany, Indian National Science Academy, Accademia dei

Lincei-Italy, Science Council of Japan, Russian Academiy of Sciences, Royal Society-UK, National

Academy of Sciences-USA, July 2005.

< http://nationalacademies.org/onpi/06072005.pdf [2.3.2009] > 95 s. IPCC Website http://www.ipcc.org 96 Vgl. Gómez-Echeverri, L. 2000: S. 50f. 97 Artikel 2, Erklärung von Rio (United Nations 1992).

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Machtvolle Akteure? Entwicklungsländer in internationalen Klimaverhandlungen

- 35 -

UNFCCC und die Aushandlung konkreter bindender Reduktionsziele.98

Die

Entwicklungsländer setzten sich letztlich damit durch, quantifizierbare Verringerungen

und Begrenzung der THG-Emissionen innerhalb eines konkreten Rahmens in den

Industrieländern zu erreichen.99

“Contrary to the history of typical developing country engagement in international

environmental affairs, their participation in climate negotiations was quite spirited and

constructive.”100

Die UNFCCC wurde nicht nur mit dem Mandat ausgestattet, Verhandlungsziele zu

verfolgen, die Konzentration von THG-Emissionen in der Atmosphäre auf einem für das

menschliche Zusammenleben sicheren Niveau zu stabilisieren, sondern teilte die Länder

auch in zwei sehr unterschiedliche Gruppen ein: industrialisierte Staaten mit der

historischen Verantwortung für den Klimawandel (Annex 1) und eine große Gruppe vor

allem aus Entwicklungsländern (nicht-Annex 1). Darin spiegelt sich auch der bereits im

ersten Kapitel dieser Arbeit konstatierte Nord-Süd-Gegensatz wieder. Nach dem Prinzip

der “common but differentiated responsibilities” liegt es in der Verantwortung der

Industrieländer, eine Führungsrolle bei der Verminderung von THG-Emissionen zu

erzielen. Die Verhandlungen wurden letztlich 1997 auf der COP 3 mit dem

Zustandekommen des Kyoto-Protokolls zu einem vorerst erfolgreichen Abschluss

gebracht, in dem die Annex-1-Länder sich innerhalb der ersten Verpflichtungsperiode

zwischen 2008 und 2012 zu messbaren, und bindenden Reduktionszielen verpflichten.101

Das Kyoto-Protokoll trat am 16. Februar 2005 mit der Unterzeichnung der dafür

notwendigen Staaten in Kraft und nachdem man sich in Marrakesh auch auf die konkreten

Mechanismen einigen konnte (“Marrakesh Accords”) – beschrieben als „break through for

implementation of the Kyoto Protocol and the flexibility mechanisms.”102

Zwar verständigten sich die Vertragsstaaten in Bali auf einen Fahrplan hin zu einem

Nachfolgeabkommen 2009 in Kopenhagen (Bali Action Plan, BAP), doch war auch das

98 Müller-Pelzer 2004, S.8. 99 Siehe Berlin-Mandat als Ergebnis der COP 1 1995. 100 Gómez-Echeverri 2000: S. 50. 101 Insgesamt einigte man sich auf eine Reduktion der THG von durchschnittlich 5.2% im Vergleich

zum Basisjahr 1990. Das bezieht sich auf die sechs so ngenannten „Kyoto-Gase“: carbon dioxide

(CO2), methane (CH4), nitrous oxide (N20), hydroflourcarbons (HFCs), perflourcarbons (PFCs), sulphur

hexafluoride. (Annex A, Kyoto Protokoll). 102 Müller-Pelzer, F. 2004, p.11.

Page 39: Machtvolle Akteure?  Entwicklungsländer in internationalen Klimaverhandlungen

Machtvolle Akteure? Entwicklungsländer in internationalen Klimaverhandlungen

- 36 -

Treffen 2008 in Posen noch von grundsätzlichen Differenzen zwischen Industrie- und

Entwicklungsländern geprägt. Wurden die EL im Rahmen von Kyoto bisher nur mit

freiwilligen Verpflichtungen in das Klimaabkommen integriert, ist die Frage nach

konkreten Verpflichtungen dieser Länder nun zentral:

“But the questions of fairness, and how they are addressed within the framework of the

evolving climate change regime, will determine the stage at which developing countries

will join the industrialized countries.”103

Nach Angaben des IPCC sind Emissionsreduktionen zwischen 25 und 40 Prozent in

Industrieländern und zusätzlich eine substantielle Verringerung des Anstiegs der THG-

Emissionen in Entwicklungsländern nötig, um gefährliche Folgen des Klimawandels zu

vermeiden.104

Dabei steht auch die Frage einer gerechten Verteilung der Lasten im

Vordergrund der Verhandlungen – eingebettet in einen zum Teil polarisierten Nord-Süd-

Gegensatz und die Gegenüberstellung von Entwicklungs- und Industrieländern. „The

global debate on equity in climate change policy has been engaged since the UNFCCC was

crafted.”105

Der Transfer von Technologien ist dabei ein Hauptanliegen der EL. Sie

machen in den Verhandlungen immer wieder darauf aufmerksam, dass sie diese als am

stärksten von den Folgen des Klimawandels betroffenen Staaten sowohl für die Anpassung

an den Klimawandel, als auch zur Verringerung ihrer THG-Emissionen benötigen.106

“[D]eveloping countries need international assistance to support adaptation in the context

of national planning for sustainable development, more capacity building and transfer of

technology and funds.”107

Im Folgenden soll es darum gehen, das konkrete Fallbeispiel in den Kontext der

theoretischen Vorüberlegungen zu stellen und das im ersten Teil dargestellte

Analysemuster auf die Verhandlungen zum Klimaschutz anzuwenden und die Identität,

Interessenlagen und Institutionalisierung der Entwicklungsländer zu identifizieren.

103 Gómez-Echeverri, L. 2000: p. 61. 104 4th Assessment Report des IPCC < http://www.ipcc.org [2.4.2009] > 105 Silayan, A. 2005, p.19. 106 Laut UNFCCC erwartet die Menschen in Entwicklungsländern “shortages of water and food and

greater risks to health and life as a result of climate change. […] By 2030 developing countries will

require USD 28-67 billion in funds to enable adaptation to climate change. […] Developing countries

are the most vulnerable to climate change impacts because they have fewer resources to adapt:

socially, technologically and financially.” (UNFCCC 2008: S. 5) 107 UNFCCC 2008: S. 6.

Page 40: Machtvolle Akteure?  Entwicklungsländer in internationalen Klimaverhandlungen

Machtvolle Akteure? Entwicklungsländer in internationalen Klimaverhandlungen

- 37 -

2.3.1.2 Regime zum Technologietransfer als Anliegen der EL

Kooperation steht im Mittelpunkt internationaler Regime. Betrachten wir die

Möglichkeiten zur Etablierung eines internationalen Regimes zum Technologietransfer, so

lassen sich aus den allgemeinen Anmerkungen im theoretischen Teil dieser Arbeit

folgende Thesen ableiten.

1. Akteure kooperieren, um für sich selbst absolute Gewinne zu erzielen. Ein

funktionierendes Regime zum Technologietransfer von Industrie- in

Entwicklungsländer bedeutet zumindest die Möglichkeit zur vorteilhaften

Teilhabe aller EL in diesem Regime. Die Erfahrungen beim Clean Development

Mechanism zur regionalen Verteilung der Projekte zeigen allerdings auch, dass

ein für alle Entwicklungsländer potentiell möglicher Technologietransfer auch

nicht zwangsläufig in allen Ländern erfolgreich verlaufen muss.

2. Die Kooperationsfähigkeit wird gefördert durch bereits existierende Regime, die

die Chance auf gegenseitige Kooperationsgewinne durch regimekonformes

Verhalten und das Maß an Erwartungsverlässlichkeit erhöhen. Dies trifft auf ein

mögliches Regime zum Technologietransfer auf zweierlei Ebenen zu. Einerseits

existiert mit der UNFCCC ein robuster und von der Mehrzahl der verhandelnden

Staaten akzeptierter Verhandlungsrahmen, der dem Thema des

Technologietransfers ein Forum bietet, es in den Aushandlungsprozess um ein

Klimaschutzabkommen integriert und mit anderen Themengebieten verknüpft.

Darüber hinaus wurden im Rahmen des CDM bereits jetzt Erfahrungen

dahingehend gemacht, wie und in welchem Maße klimafreundliche Technologien

in Entwicklungsländern implementiert werden können, mit welchen Hindernissen

sie dabei konfrontiert sind und welche Chancen sie bieten.

Macht-Asymmetrien wirken zumindest dann förderlich, wenn durch die stärkeren Akteure

den schwächeren Gewinne und Belohnungen in Aussicht gestellt werden. Innerhalb der G

77 herrschen starke Machtasymmetrien, da Transformationsländer wie China oder

Südafrika die Verhandlungsführung dominieren, ein gemeinsames Abkommen zum

Page 41: Machtvolle Akteure?  Entwicklungsländer in internationalen Klimaverhandlungen

Machtvolle Akteure? Entwicklungsländer in internationalen Klimaverhandlungen

- 38 -

Technologietransfer jedoch auch den weniger und am wenigsten entwickelten Ländern

zugute kommt, die ein solches Abkommen aus ihrer schwachen Verhandlungsposition

heraus nicht hätten durchsetzen können.

Damit sind zumindest theoretisch die Grundbedingungen für eine Kooperation der

Entwicklungsländer untereinander gegeben, um das Ziel eines internationalen Regimes

zum Technologietransfer gemeinsam voranzutreiben. Der Transfer und die Diffusion von

Technologien sind für die Entwicklungsländer nicht nur im Rahmen der

Klimaverhandlungen von Relevanz. Zu Gebieten wie der Trinkwasserversorgung und

Biotechnologie werden seitens der G 77 Konferenzen abgehalten, um die Kooperation

untereinander zu stärken und Forderungen an die entwickelten Länder zu formulieren.108

“The Group of 77 is fully conscious of the importance of science and technology for the

advancement of developing nations — and particularly the least developed countries (LDC),

mostly from Africa. […]We in the developing world cannot afford to be left behind in the

race for technology.”109

Auf den Verhandlungen treten die EL zunehmend selbstbewusst mit der Forderung auf,

Transfer und Diffusion klimafreundlicher Technologien zu erleichtern – etwa 2007 in Bali:

„In der engagiert geführten Debatte brachte es die ugandische Umweltministerin deutlich

auf den Punkt. Sie sieht in ihrem Land gerade in der Nutzung von Solarenergie eine riesige

Chance, hält sie bei den derzeitigen Preisen aber für unmöglich. […] Die Ministerin von

Barbados pflichtete ihr bei und unterstrich, der Aufbau von Produktionskapazitäten in

diesen Ländern sei essentiell. Hierzu müssen die Industrieländer bereit sein Technologien

und Lizenzen zu gewähren, damit das Know How bereitgestellt werden kann.“110

Im Folgenden werden die relevanten Akteure und Interessen untersucht.

2.3.1.3 Akteure und Interessenkonstellation

Um Aussagen zu den Durchsetzungsdefiziten und Druckpotentialen der G 77 als Akteur in

den internationalen Klimaverhandlungen treffen zu können, soll zunächst deren

108 Vgl. Journal of the Group of 77, Vol. 15/2 2002 < g77.org/nc/journal/G77-April-July-2002.pdf

[7.3.2009] > 109 Nassir Abdulaziz Al-Nasser, Vorsitzender der G 77 2004 in: Journal of the Group of 77, Vol. 17/2

2004 < http://g77.org/nc/journal/G77-Fall-2004.pdf [7.3.2009] > 110 Vgl. Dobelmann, Jan Kai 2007: UN Klimakonfrenz Bali: Vierter Tag der Berichterstattung.

< http://www.energieportal24.de/artikel_2638.htm [7.3.2009] >

Page 42: Machtvolle Akteure?  Entwicklungsländer in internationalen Klimaverhandlungen

Machtvolle Akteure? Entwicklungsländer in internationalen Klimaverhandlungen

- 39 -

Positionierung im konkreten Fall des Technologietransfers herausgearbeitet werden.

Hierbei wird insbesondere auf die allgemeine Akteurskonstellation mit den dabei

vorherrschenden Interessengegensätzen sowie auf die Integration des Problemfeldes in

die allgemeinen Klimaschutzverhandlungen eingegangen. Technologietransfer spielt mit

seiner Bedeutung für die Entwicklung eines Landes für die EL nicht nur beim Klimaschutz

eine zentrale Rolle.

“The acquisition and diffusion of knowledge or technology are of great importance for

economic development, as the adoption of new techniques, machines and production

processes is a key determinant of productivity growth.”111

Im Kontext der internationalen Klimaschutzverhandlungen stellt der Technologietransfer

kein neues Thema dar – seit 1991 stellt es für die EL eines der zentralen Themen der

Verhandlungen dar.112

Zwar sind die industrialisierten Staaten historisch noch immer für

den Großteil der THG-Emissionen verantwortlich, doch tragen auch Entwicklungsländer

mehr und mehr zum Klimawandel bei. „The rapid development and deployment of low-

carbon technologies is vital to climate change mitigation.”113

Eine Möglichkeit zur

Minderung der Emissionen in den EL bietet der Transfer klimafreundlicher

Technologien.114

“Access to existing technologies and technological innovations is commonly seen as a

prerequisite for the reduction of emissions in developing countries.”115

Nachhaltiges wirtschaftliches Wachstum wird klimafreundlich in den Entwicklungsländern

nur möglich sein, wenn sie dabei durch entsprechende Technologien unterstützt

werden.116

Dieser Argumentation folgen zum großen Teil auch die industrialisierten

Staaten, die die Bedeutung klimafreundlicher Technologien anerkennen.117

Während die Verhandlungen im Rahmen der UNFCCC von den Staaten geführt werden, ist

klar, dass der tatsächliche Beitrag zum Technologietransfer vom privaten Sektor kommen

111 Hoekman#n / Javorcik 2006: S. 1. 112 Vgl. Gómez-Echeverri, L. 2000. 113 UNDP 2007: S. 12. 114Vgl. IEA 2008. 115 Schneider/Holzer/Hoffmann 2008: p. 2920. 116 Vgl. PCC 2000, Summary for Policymakers: p. 3. 117 The EU comes to the conclusion, that “deep emission reductions can be achieved by employing a

broad range of currently available technologies and technologies that are expected to be

commercialised in coming decades.” (EU Climate Change Expert Group 2008: p. 4.)

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Machtvolle Akteure? Entwicklungsländer in internationalen Klimaverhandlungen

- 40 -

wird – als wichtigste Quelle neuer und klimafreundlicher Technologien.118

Dabei gibt es

verschiedene Formen des Technologietransfers, auf die im Rahmen dieser Ausarbeitung

nicht näher eingegangen wird.119

Eine Form stellt die schlichte Übertragung der

Technologien dar, eine weitere die Lizenzierung und Ermöglichung zur Produktion dieser

Technologien in den Entwicklungsländern selbst. Die dritte und weitreichendste Form

bedeutet die Unterstützung der EL dabei, die Technologien selbst und unabhängig von

anderen Rechteinhabern zu entwickeln und herzustellen. Der IPCC hat in seinem Special

Report on Methodological and Technological Issues in Technology Transfer den

Technologietransfer definiert als

“a broad set of processes covering the flows of know-how, experience and equipment for

mitigating and adapting to climate change amongst different stakeholders such as

governments, private sector entities, financial institutions, non-governmental

organizations (NGOs) and research/education institutions. [Technology transfer] comprises

the process of learning to understand, utilize and replicate the technology, including the

capacity to choose it and adapt it to local conditions and integravvvte it with indigenous

technologies.”120

Die im Rahmen der UNFCCC verhandelten und diskutierten Positionen zum

Technologietransfer sind komplex, vielschichtig und oft sehr unterschiedlich. Sie in ihrer

Breite wiedergeben zu wollen, würde den Rahmen dieser Ausarbeitung sprengen. Daher

soll an dieser Stelle nur auf die wesentlichen Konfliktlinien und Standpunkte eingegangen

werden. Deutlich wurden die elementaren Unterschiede vor allem zwischen

Entwicklungs- und Industrie auch bei der Diskussion zu einer „Shared Vision“ auf der COP

14 in Posen.121

Die Entwicklungsländer haben ihre Vorstellung eines Regimes zum Technologietransfer

als G 77 in einem Vorschlag zur COP 14 Ende 2008 in Posen vorgelegt.122

Darin wird

deutlich, dass der Transfer klimafreundlicher Technologien als Grundbedingung für eine

nachhaltige Entwicklung gesehen wird, für effektive Anpassungsmaßnahmen unabdingbar

118 Stern, Nicholas 2006: The Economics of Climate Change: Stern-Review. < http://www.hm-treasury.gov.uk/stern_review_final_report.htm [7.3.2009]> 119 Vgl. UNDP 2007. 120 IPCC 2000, Summary for Policymakers, S. 3. 121 Reden und Dokumente unter

http://copportal1.man.Posen.pl/Archive.aspx?EventID=26&Lang=english 122 Vgl. Proposal by the G77 & China for A Technology Mechanism under the UNFCCC (2008) im

Anhang.

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Machtvolle Akteure? Entwicklungsländer in internationalen Klimaverhandlungen

- 41 -

ist und nur dadurch Minderungen bei den THG-Emissionen erreicht werden können. Die G

77 drängt auf eine stark institutionalisierte Form des Technologietransfers im Rahmen

der UNFCCC und geht dabei von einem umfassenden Begriff aus, der über Forschung,

Entwicklung und Demonstration hinaus ebenso die Herstellung, Kommerzialisierung,

Verbreitung und Diffusion der Technologien umfasst. Ein neues und gegenüber der COP

verantwortliches „Executive Board on Technology“ soll einen starken institutionellen

Rahmen bieten. Maßnahmen zum Technologietransfer sollen durch einen „Multilateral

Climate Technology Fund“ finanziert werden.123

Für die Entwicklungsländer spielt die

Ausweitung und Vertiefung des Technologietransfers im Rahmen der Klimaverhandlungen

damit eine zentrale Rolle – darauf wird im Rahmen dieser Ausarbeitung noch genauer

einzugehen sein. Im Verhandlungsgefüge stehen sie jedoch den Interessen der

Industriestaaten gegenüber. Ebenso spielen der private Sektor als Hauptquelle für

klimafreundliche Technologien sowie Nichtregierungsorganisationen in den

Verhandlungen eine Rolle.

Im Fokus der Argumentation der Industrienationen stehen insbesondere die Hindernisse

zum Technologietransfer und die nationalen politischen, ökonomischen und sozialen

Hürden innerhalb der Entwicklungsländer. Diese werden auch vom IPCC identifiziert.

“These barriers range from lack of information; insufficient human capabilities; political

and economic barriers such as lack of capital, high transaction costs, lack of full cost

pricing, and trade and policy barriers; lack of understanding of local needs; business

limitations, such as risk aversion in financial institutions; and institutional limitations such

as insufficient legal protection, and inadequate environmental codes and standards.” 124

Schneider et al. 2008 haben im Wesentlichen drei Hindernisse zum Technologeitransfer

herausgearbeitet, die stark mit den institutionellen Rahmenbedingungen des

entsprechenden Landes verbunden sind125

: hohe Investitionskosten in den

Entwicklungsländern, fehlende Informationen zur Anwendbarkeit sowie ein mangelhafter

Zugang zu Kapitalquellen. Für die Industriestaaten steht darüber hinaus die Frage nach

dem Schutz von Urheberrechten (IPR) im Mittelpunkt der Verhandlungen. “The

intellectual property (IP) system provides the regularity framework where most

123 Zur Ausgestaltung des Regimes s. auch das Papier der G 77 / China im Anhang dieser

Ausarbeitung. 124 IPCC 2000, Summary for Policymakers, S. 3. 125 Schneider et al. 2008: S. 2921f.

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Machtvolle Akteure? Entwicklungsländer in internationalen Klimaverhandlungen

- 42 -

commercially valuable technologies work and get developed.”126 Nach einer ICTSD spielt

IPR dabei eine je nach Sektor und betroffener Technologie unterschiedliche Rolle und

kann den Prozess des Transfers von Technologien sogar unterstützen, wenn es klare

Rahmenbedingungen liefert.

“Absent intellectual property rights, firms would be less willing to engage in technology

transactions. Patents and trade secrets provide a legal basis for revealing the proprietary

characteristics of technologies to subsidiaries and licensees, supporting the formation of

licensing contracts.”127

Die EU drängt ebenso wie die USA darauf, auch Anstrengungen zur Förderung

klimafreundlicher Technologien auch außerhalb des Rahmens der UNFCCC zu

berücksichtigen und setzt dabei insbesondere auf freiwillige Abkommen zur Kooperation

beim Technologietransfer.128 Im Gegenzug werden die Entwicklungsländer dazu

verpflichtet, investitionsfreundliche Rahmenbedingungen zu schaffen, nationale

Hemmnisse abzubauen und die rechtlichen Grundlagen zum Schutz geistigen Eigentums

zu schaffen. Transformationsländer müssen angesichts ihrer wirtschaftlichen Stärke

darüber hinaus auch selbst einen Beitrag zum Technologietransfer leisten.

Auf die Rolle nichtstaatlicher Akteure kann in diesem Zusammenhang nur marginal

eingegangen werden. Sie spielen dennoch eine gerade für die Position der nur schwach in

die Verhandlungen integrierten Entwicklungsländer eine bedeutende Rolle.129 Sie üben

sowohl innerhalb, als auch außerhalb der Konferenzen Druck auf die

verhandlungsführenden Parteien aus und stehen in engem Austausch mit den

Entwicklungsländern, wenn es um die Verbreitung von Informationen und Abstimmung

von Verhandlungspositionen geht. Dabei werden Umweltschutz und Entwicklung oft als

miteinander verbundene Themen betrachtet.

Development NGOs often share goals and cooperate with environmental NGOs, while still

others bridge environment and development issues and view the missions of environmental

protection, poverty alleviation and sustainable development as interdependent.130

126 Ricardo Miléndez-Ortiz in Barton, J. 2007: S. vii. 127 Hoekmann / Javorcik 2006: S. 18. 128 Vgl. Equitywatch 2008 (http://www.cseindia.org/equitywatch/technology_transfer.html [2.4.2009]) 129 Vgl. zur Bedeutung der NGOs Raustiala / Bridgeman 2007. 130 Raustiala / Bridgeman 2007: S. 7.

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Machtvolle Akteure? Entwicklungsländer in internationalen Klimaverhandlungen

- 43 -

Darüber hinaus spielen auch Business-NGOs (BINGOs) eine Rolle, in denen sich auch die

Interessen des privaten Sektors widerspiegeln.

Für die Akteure des privaten Sektors sind der Schutz ihres geistigen Eigentums und

sowohl politisch, als auch wirtschaftlich gesicherte und planbare Rahmenbedingungen,

Rechtssicherheit und der Zugang zu den entsprechenden Märkten entscheidende Faktoren

zum erfolgreichen Technologietransfer.131

„Most transfer of technology occurs in the

private sector.”132

Die Wege können dabei sowohl marktbasierend (trade, foreign direct

investment, technology licensing) als auch informell informal (Imitation und Mobilität

technischen Personals) sein.

Sowohl Industrie- als auch Entwicklungsländer sind sich der großen Bedeutung des

Technologietransfers beim Zustandekommen eines Nachfolgeabkommens für Kyoto

bewusst. Damit nimmt das Thema eine Schlüsselposition in den Verhandlungen ein. Im

Bali Action Plan wird der Technologietransfer als einer von vier zentralen Blöcken eines

zukünftigen Klimaschutzregimes definiert. Demnach sollen die nationalen Anstrengungen

der Entwicklungsländer durch den Transfer entsprechender Technologien ermöglicht und

unterstützt werden (paragraph 1 (b) (ii) sowie 1 (d)).

Der Clean Development Mechanism stellt eine bereits jetzt implementierte und bis zu

einem gewissen Maße institutionalisierte Form des Technologietransfers dar.

Industriestaaten haben dadurch die Möglichkeit durch die Minderung von THG-Emissionen

in Transformations- und Entwicklungsländern einen Beitrag zu den eigenen

Verpflichtungszielen zu leisten. Dabei wird ein konkreter Preis pro eingesparter Tonne

CO2(-Eqivalent) gezahlt, wodurch der CDM zu einem Marktmechanismus wird, der

Technologien vor allem dort fördert, wo große Mengen an THG ausgestoßen werden.

Erfahrungen aus dem CDM spielen auch in den jetzigen Verhandlungen eine Rolle.

“It is imperative to focus on strengthening the CDM mechanism on the basis of hard-

learned lessons. Discarding it at this stage to start a new learning process from scratch

would first require that the parties be brought on common starting line, and then, they re-

negotiate the whole process. This will take time which is nothing short of a luxury

now.”133

131 Vgl. zur Bedeutung des privaten Sektors ICTSD 2008. 132 ICTSD 2008: S. 2. 133 TERI 2008: S. 9.

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Machtvolle Akteure? Entwicklungsländer in internationalen Klimaverhandlungen

- 44 -

Die abschließende Darstellung gibt noch einmal die Einbindung des Themas

Technologietransfer in die Verhandlungen um ein post-2012-Klimaschutzabkommen sowie

die Interessengegensätzen in diesem Bereich wieder.

Sowohl in der Abschlusserklärung zur UNFCCC, als auch im Kyoto-Protokoll wird die

Bedeutung des Technologietransfers als wirkungsvolle Maßnahme zur Bekämpfung des

Klimawandels deutlich. Artikel 4.1 der Konvention fordert alle Vertragsparteien dazu auf,

“to promote and cooperate in the development, application and diffusion, including

transfer, of technologies, practices and processes that control, reduce or prevent

Schutz geistigen Eigentums, IPR THG-Minderung in EL

Bedeutung politischer, sozialer, wirtschaftlicher Strukturen in EL

Freiwillige Kooperation

Technologietransfer

Institutionalisierung TT in UNFCCC Recht auf Entwicklung

THG-Minderung + Anpassung in EL Capacitiy Building in EL gefordert

Emissions-

handel

Joint Imple-

mentation Compliance /

Verification

Konkrete Verpflichtungen

der EL

Nationale

Besonderheiten Maßnahmen

zur Anpassung

Finanzielle

Unterstützung

Gemeinsame, aber differenzierte Verantwortung

Prioritäten der Industrieländer

Prioritäten der Entwicklungsländer

Unternehmen

NGOs

Abb. 3: Akteurskonstellation und Interessen zum Technologietransfer

Eigene Darstellung

Page 48: Machtvolle Akteure?  Entwicklungsländer in internationalen Klimaverhandlungen

Machtvolle Akteure? Entwicklungsländer in internationalen Klimaverhandlungen

- 45 -

anthropogenic emissions of greenhouse gases not controlled by the Montreal Protocol in all

relevant sectors, including the energy, transport, industry, agriculture, forestry and waste

management sectors […]”134

Artikel 4.5 des Kyoto-Protokolls ruft darüber hinaus dazu auf, dass Industriestaaten

“shall take all practicable steps to promote, facilitate and finance, as appropriate, the

transfer of, or access to, environmentally sound technologies and know-how to other

Parties, particularly developing country Parties, to enable them to implement the

provisions of the Convention.”135

2.3.1.4 Identität, Interessen und Institutionalisierung der EL

Aufbauend auf dem im ersten Kapitel dieser Arbeit dargestellten Analyserahmen zur

gemeinsamen Interessenlage der Entwicklungsländer in internationalen Verhandlungen

wird nun auf die Klimaverhandlungen der post-Kyoto-Phase eingegangen. Dabei werden

erneut Interessen (1), Identität (2) und Institutionalisierung (3) der EL in diesem Feld

untersucht.

(1) Geleitet werden die Verhandlungen aus Perspektive der Entwicklungsländer durch vier

zum Teil normativ ausgerichtete Interessen136

:

1. EL machen die entwickelten Staaten mit der Betonung der historische Dimension

ihrer Treibhausgasemissionen für den Klimawandel hauptverantwortlich. Mit

dem Verweis auf die Asymmetrie ökologischer Interdependenz fordern die EL

stärkere Verpflichtungen seitens der IL (gemeinsame, aber unterschiedliche

Verantwortung).

2. Maßnahmen gegen den Klimawandel dürfen aus Sicht der EL nicht das Recht auf

Entwicklung gefährden. Um dies möglichst umweltverträglich zu gestalten

benötigen sie Unterstützung durch die IL (nachhaltige Entwicklung).

3. Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel und zur Minderung von

Treibhausgasemissionen können in den EL nur implementiert werden, wenn

diese finanziell unterstützt werden (zusätzliche Finanzierungsmechanismen).

134 UNFCCC, Artikel 4. 135 Kyoto Protokoll, Artikel 4. 136 Vgl. zu den Interessen der EL: Gómez-Echeverri, L. 2000

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Machtvolle Akteure? Entwicklungsländer in internationalen Klimaverhandlungen

- 46 -

4. Die EL fordern die Unterstützung durch die IL beim Auf- und Ausbau

klimafreundlicher Technologien im eigenen Land (Technologietransfer).

(2) EL setzen auch in den Klimaverhandlungen auf eine gemeinsame Positionierung

gegenüber den Industrieländern. Unter dem Leitgedanken der Gleichheit verteidigen sie

ihr Recht auf Entwicklung. Damit verbunden sind dann auch die sich in den Interessen

artikulierenden Forderungen nach stärkeren Verpflichtungen seitens der Industrieländer,

die die historische Verantwortung für den Klimawandel tragen. Als zweites Prinzip gilt die

extreme und überproportionale Verwundbarkeit oder Anfälligkeit der EL gegenüber den

Folgen des Klimawandels. „Within the scientific community there is consensus that

developing countries are more vulnerable than developed countries to changing climate

conditions.“137

Dies wurde auch durch den vierten Assessment Report des IPCC bestätigt.

(3) Im Verhandlungsgefüge der UNFCCC kommt der Gruppe der 77 eine die Positionen

der Entwicklungsländer koordinierende Rolle zu. Als zentrales Element zur Formulierung

einer gemeinsamen Position tritt die Gruppe in den Verhandlungen auf.138

In ihr spiegeln

sich die oben dargestellten Interessen der Entwicklungsländer bei den

Klimaverhandlungen wieder.

„G-77 unity is seen to be a function of the shared goals of all countries, which include: a

development-centered approach to climate change; the recognition of common but

differentiated responsibility as a guiding principle; an equal voice in all aspects of

international affairs; technology transfer; and additional resources for environmental

programs.“139

Die G 77 verfolg als Koalition per Definition den Zugang zu kollektiven Güter für die

einzelnen Mitgliedsstaaten – dieses kollektive Gut besitzt dabei zwei Charakteristika:

„First, if the common goal is achieved all who share the goal automatically benefit; and,

secondly, if the goal is made available to any one member of the group it can be made

available to others at little or no marginal cost.“140

Die abschließende Abbildung zeigt noch einmal die Dimensionen der Identität,

Interessenlage und Institutionalisierung der EL in den Klimaverhandlungen der UNFCCC.

137 Williams, M. 2005: S. 61. 138 Vgl. Oberthür und Ott 1999, S. 24. 139 Barnett 2008: S. 5. 140 Williams 1991: S. 8 / Vgl. Olson 1968: The Logic of Collective Action. Schoken Books, New York.

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Machtvolle Akteure? Entwicklungsländer in internationalen Klimaverhandlungen

- 47 -

Welche internen Aushandlungsprozesse und Positionen innerhalb der G 77 dabei eine

Rolle spielen soll im nächsten Kapitel genauer untersucht werden. Die hier dargestellten

gemeinsamen Interessen sollen jedoch nicht über das Konfliktpotential innerhalb der G

77 hinwegtäuschen. Die Konfliktlinien zeichnen sich vor allem entlang des Grades der

Entwicklung, dem Zugang zu bestimmten Energiequellen und der Anfälligkeit für die

Folgen des Klimawandels ab. Auch darauf wird bei der Untersuchung der Konstellationen

innerhalb der G 77 einzugehen sein.

2.3.2 Die G 77 als Sprachrohr der Entwicklungsländer?

Vor einer Betrachtung der G 77 als eigenständiger Akteur in den internationalen

Klimaverhandlungen soll ein Blick auf die gruppeninternen Dynamiken geworfen und

sollen Konfliktlinien innerhalb dieses losen Zusammenschlusses der Entwicklungsländer

Verhandlungen innerhalb der UNFCCC

Institutionalisierung

Verhandlung als Gruppe der 77

Gemeinsame Interessen der EL

historische Verantwortung der IL nachhaltige Entwicklung

zusätzliche Finanzierungsmechanismen Technologietransfer

Gemeinsame Identität / „set of ideas“

Gleichheit und Abgrenzung gegenüber den IL hohe Anfälligkeit gegenüber dem Klimawandel

Abb. 4: Interessen, Identität und Institutionalisierung der EL

Eigene Darstellung

Page 51: Machtvolle Akteure?  Entwicklungsländer in internationalen Klimaverhandlungen

Machtvolle Akteure? Entwicklungsländer in internationalen Klimaverhandlungen

- 48 -

aufgezeigt werden. Die allgemeinen Aussagen werden dabei durch die Ergebnisse einer

aus 33 Ländern bestehenden Stichprobe ergänzt, die das breite Spektrum der G 77

abzudecken versucht.

2.3.2.1 Hintergrund, Organisation & polit. Bedeutung der G 77

Die Gruppe der G 77 entstand 1964 auf der Genfer Konferenz zu Handel und Entwicklung

(UNCTAD).141

Sie ist die größte Gruppe der Entwicklungsländer im System der Vereinten

Nationen und dient der Bündelung von Kapazitäten in internationalen Verhandlungen, der

Artikulation der vor allem wirtschaftspolitischen Interessen ihrer Mitgliedsstaaten sowie

der Förderung von Süd-Süd-Kooperationen. Benannt nach der anfänglichen Anzahl ihrer

Mitglieder hat sie sich in der Zwischenzeit als Vertreterin der Positionen von mehr als 133

Entwicklungs- und Transformationsländern entwickelt und als Sprachrohr dieser Länder

insbesondere in Fragen der wirtschaftlichen Entwicklung etabliert. Ein jährlich nach den

Regionen Afrika, Lateinamerika und Asien wechselnder Koordinator steht als höchste

politische Institution der G 77 als Sprecher der Gruppe vor, die von einem

Lenkungsausschuss der „Gruppe der 27“ koordiniert wird. Daneben existieren weitere

Unterausschüsse.142

„Zu den Mitgliedern der Gruppe der 77 zählen Länder mit unterschiedlicher Größe,

Bevölkerung und unterschiedlichem Bruttoinlandsprodukt, doch eint sie zumeist eine

gewisse Skepsis, z.T. auch Gegnerschaft, zu den Positionen der entwickelten Welt des

‚Nordens’.“143

Im Verhandlungssystem der VN stellt die G 77 eine regionale Gruppierung im weiteren

Sinne dar, da sie einen politischen Zusammenschluss aus Ländern mit weitgehend

gleichgerichteten Interessen darstellt, „denen an einem gemeinsamen Auftreten

innerhalb der Vereinten Nationen gelegen ist.“144

Als Regionalgruppen im engeren, bzw.

im eigentlichen Sinne werden hingegen Zweckbündnisse zur Organisation der Sitz- und

Ämterverteilung verstanden, die sich je nach ihrer geographischen Lage

141 United Nations Conference on Trade and Development. Diese Organisation ist ein ständiges Organ

der Generalversammlung der VN. Ihr Ziel ist es, Impulse für die Zusammenarbeit zwischen Industrie-

und Entwicklungs- bzw. Transformationsländern zu geben (vgl. www.unctad.org). 142 Vgl. hierzu Winter / Merai 2007: S. 4. 143 Schorlemer 2005: S. 28. 144 Schorlemer 2005: S. 27.

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Machtvolle Akteure? Entwicklungsländer in internationalen Klimaverhandlungen

- 49 -

zusammenschließen.145

Ziel und Hintergrund der G 77 ist ihr Anliegen zur grundlegenden

Reformierung des Weltwirtschaftssystems und der Bekämpfung weltweiter Armut. Dies

wird bereits aus der Gründungserklärung des Zusammenschlusses vom 25. Juni 1964

deutlich:

„The United Nations Conference on Trade and Development marks the beginning of a new

era of the evolution of international cooperation in the field of trade and development.

Such cooperation must serve as a decisive instrument for ending the division of the world

into areas of affluence and intolerable poverty. This task is the outstanding challenge of

our times. The injustice and neglect of centuries need to be redressed. The developing

countries are united in their resolve to continue the quest for such redress and look to the

entire international community for understanding and support in this endeavour.“146

Die Gruppe der 77 konzentriert sich insbesondere auf fünf sozio-ökonomische

Themenfelder147

: die Bekämpfung der Armut, den Erlass von Schulden für

Entwicklungsländer, den Ausbau der Entwicklungszusammenarbeit, Umweltschutz und die

Neustrukturierung des internationalen Wirtschafts- und Finanzsystems. Seit ihrer

Gründung nimmt die G 77 „eine aktive Rolle im Hinblick auf die Wirtschaftsinteressen der

Entwicklungsländer ein.“148

Die Ergebnisse des Weltgipfels von Rio 1992 mit dem

Aktionsplan einer „Agenda 21“ werden auch als Verhandlungserfolg der G 77 betrachtet.

Die fundamentale Funktion der Bündnisbildung in den VN ist die Stärkung der politischen

Einflussnahme und die gemeinsame Koordination bei Abstimmungen.149

„This group has remained the main advocate of developing countries within the UN system

[…], and is together with the non-aligned movement (NAM) the most important

institutional expression of the interests and views of the ‘‘South’’ in the current

international system.”150

Darin liegt auch die Hauptaufgabe der G 77. Aus ihrem Selbstverständnis heraus

übernimmt sie eine Koordinierungsfunktion für die Entwicklungsländer,

145 Hierzu zählen die Gruppe der afrikanischen (53), der asiatischen (54), der lateinamerikanischen

und karibischen (33), der osteuropäischen (21) und der westeuropäischen Staaten (28). Vgl. hierzu auch Schorlemer 2005. 146 Genesis of the Group of 77, B. Joint Declaration at conclusion of UNCTAD I, Artikel 10, 15 Juni

1964. 147 Vgl. hierzu Deen 2000: S. 6. 148 Deen 2000: S, 7. 149 Vgl. Winter / Merai 2007. 150 Kasa et. al 2007: S. 115.

Page 53: Machtvolle Akteure?  Entwicklungsländer in internationalen Klimaverhandlungen

Machtvolle Akteure? Entwicklungsländer in internationalen Klimaverhandlungen

- 50 -

„[…] to provide the means for the developing world to articulate and promote its

collective economic interests and enhance its joint negotiating capacity on all major

international economic issues in the United Nations system […].“151

Erfolge konnte die G 77 damit vor allem innerhalb der WTO und bei Konferenzen mit

sozioökonomischen Themen erzielen.152

Vergleichend soll darauf noch einmal in einem

abschließenden Kapitels dieser Arbeit eingegangen werden.

In den Klimaverhandlungen fungiert die G 77 seit Initiierung der Aushandlungen in diesem

Bereich zu Beginn der 90er Jahre als Koordinierungsinstrument zur Positionierung der

EL.153

Dabei versucht die G 77 immer wieder auch mit eigenen Initiativen Druck

aufzubauen und den Aushandlungsprozess aktiv mitzugestalten – etwa 2007 auf der COP

13 in Bali, als man die eigenen Hauptthemen auch in das Abschlussdokument, den BAP,

integrieren konnte (Technologietransfer, finanzielle Unterstützung der EL,

Anpassungsmaßnahmen an den Klimawandel).154

Darüber hinaus orientiert sich die

Argumentation an der historischen Verantwortung der Industrieländer und den damit

verbundenen Schlussfolgerungen des IPCC. Demnach müssen die Industrieländer ihre

THG-Emissionen bis 2020 um 25 bis 40 Prozent senken – und die Entwicklungsländer bei

ihren Anstrengungen unterstützen.155

Dieses gemeinsame Auftreten und die kollektive Positionierung gegenüber den

Industriestaaten täuscht jedoch auch nicht darüber hinweg, dass der Klimawandel als

solcher für viele EL nicht an oberster Stelle der Agenda steht. „Climate change is

regarded as a longer-term question, and there are several other urgent issues considered

to be more important — particularly poverty eradication.“156

Dies zeigt sich auch bei

einer empirischen Auswertung verschiedener Umweltminister und hoher Repräsentanten

auf der COP 14 im polnischen Posen, auf die im späteren Verlauf dieser Ausarbeitung

noch genauer eingegangen werden soll. Während einige Regierungsvertreter

selbstbewusst die Interessen des eigenen Landes in den Vordergrund stellten, assoziierten

sich andere Staaten deutlich mit den Positionen der G 77. Wiederum andere Nationen wie

151 Internetseite der G 77 < http://www.g77.org [2.4.2009] > 152 Vgl. Winter / Merai 2007: S. 7. 153 Vgl. Kasa et. al 2007: S. 116. 154 Vgl. Dobelmann, Jan Kai 2007: UN Klimakonfrenz Bali: Vierter Tag der Berichterstattung.

< http://www.energieportal24.de/artikel_2638.htm [2.2.2009] 155 IPCC 2007. 156 Kasa et. al 2007: S. 116.

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Machtvolle Akteure? Entwicklungsländer in internationalen Klimaverhandlungen

- 51 -

Burundi oder Kuwait gaben überhaupt kein Statement ab – und wurden damit

ausschließlich von der G 77 vertreten. Die Wahrnehmung der Stärke der G 77 kann je

nach Perspektive sehr unterschiedlich sein. Obschon konkrete Erfolge der Gruppe bis

heute nur schwer zu konstatieren sind, kommen einige Autoren zu einer geradezu

euphorischen Bilanz der G 77.

„The Group of 77, representing the greatest coalition of humanity, remains today a vital

negotiating instrument to represent the interest of the South in economic multilateral

diplomacy and for ensuring international peace and justice through international

cooperation for development within the framework of the United Nations. […]The history

of the Group of 77 is identified by landmark achievements in every aspect of the United

Nations system.“157

Andere Autoren konstatieren eine sehr schwache Position der Gruppe in internationalen

Verhandlungssystemen. Die von den G 77 selbstgesteckten hohen Ziele konnte die

Organisation nicht durchsetzen.158

Die soll im Folgenden genauer am Beispiel der

Klimaverhandlungen untersucht werden. Zuvor jedoch wollen wir noch einmal einen Blick

in das Innere der Black Box G 77 werfen.

2.3.2.2 Akteure, Konflikte und Kooperation innerhalb der G 77

Die Gruppe der 77 – und dies wird nicht selten als eine Schwäche des Zusammenschlusses

interpretiert – ist auch dadurch gekennzeichnet, dass sie „kein monolithischer Block,

sondern ein ausdifferenziertes System unterschiedlicher Interessenwahrnehmung“

repräsentiert.159

In ihr spiegeln sich etwa die Interessen sowohl der verhältnismäßig

wohlhabenden OPEC-Staaten, als auch die der Least Developed Countries (LDCs) wieder.

Dies wurde auch bereits beim Zustandekommen des Kyoto-Protokolls mehr als deutlich.

„The tensions within the developing world over the topic [of the Kyoto Protocol] were

obvious. On the one hand, there were the oil producing countries, concerned about the

impact of actions to limit carbon dioxide on their economies; and on the other were the

island nations, vulnerable to sea level rise and storm surges. The sub-Saharan African

countries saw their interests as tied closely with the island nations because they, too, are

vulnerable to damaging impacts of global warming. The large developing countries such as

China, India, and Brazil felt that it would be unfair to expect them to take on any legally

157 P. J. Patterson, Jamaica, Vorsitz G 77; 2005. < http://mouradahmia.g77.org/foreword.html > 158 Vgl. zu dieser Position Schorlemer 2005. 159 Schorlemer 2005: S. 29.

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Machtvolle Akteure? Entwicklungsländer in internationalen Klimaverhandlungen

- 52 -

binding commitments to limit their GHG emissions unless the industrialized countries, led

by the United States, took the initiative.”160

Die offensichtliche Heterogenität lässt die gleichzeitige Einheit der Gruppe im Kontext

der Klimaverhandlungen gewissermaßen irrational und paradox erscheinen. Dies lässt sich

unter anderem damit erklären, dass die G 77 auch in anderen Verhandlungen geschlossen

die Interessen der EL zu vertreten sucht und sich Uneinigkeiten im Rahmen der

Klimaverhandlungen nicht leisten kann.161

Dennoch existieren deutliche Konfliktlinien.

Das Spannungsverhältnis zwischen LDCs und den Transformationsländern innerhalb der G

77 wurde auch bei der Diskussion um das Abschlussdokument der Klimaverhandlungen von

Bali 2007 mehr als deutlich. Zwar wurde ein Text angenommen, der freiwillige

Reduktionsverpflichtungen auch seitens der EL fordert, doch scheiterte der Vorstoß

Bangladeschs, im Namen der Gruppe der LDCs eine Differenzierung innerhalb der EL in

den Text zu implementieren, am Widerstand von China und Indien.162

Hier werden

diametral gegensätzliche Interessen deutlich: Während die Transformationsländer ihre

wirtschaftliche Entwicklung im Vordergrund sehen, fordern LDCs stärkere Anstrengungen

zur Minderung der THG-Emissionen, um die Folgen des für sie gefährlichen Klimawandels

zu minimieren. Darüber finden sich in der Literatur jedoch kaum Informationen.

„Surprisingly little has been written about the internal dynamics of the G-77 given that it

is very heterogeneous, and that the politics of the negotiations is almost always

understood as being fundamentally driven by the North-South divide. What happens within

the G-77 is critical for the progress or otherwise of the climate regime, yet there is as yet

no totally convincing explanation of why the G-77 has been so unified for so long despite

widely and increasingly divergent interests among its members.“163

Die allgemein zu konstatierende Heterogenität der Entwicklungsländer wird immer

wieder als ausschlaggebend für die Schwäche dieser Länder in internationalen

Verhandlungen genannt. Doch ist im Kontext dieser Ausarbeitung nicht allein der Fakt

relativer Heterogenität von Relevanz, sondern inwieweit es der Gruppe gelingt,

gemeinsame Interessen zu formulieren und in die Verhandlungen einzubringen. „The

crucial issue concerns the determination of preferences.“164

Innerhalb der G 77 spiegeln

160 Gómez-Echeverri 2000: S 60. 161 Vgl. Najam 2005. 162 Vgl. Shamsuddoha / Chowdhury 2007. 163 Barnett 2008: S. 4. 164 Williams 2005: S. 55.

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Machtvolle Akteure? Entwicklungsländer in internationalen Klimaverhandlungen

- 53 -

sich sehr unterschiedliche Positionen zum Klimawandel und zur Ausgestaltung eines

internationalen Klimaschutzregimes ab - etwa zwischen den am wenigsten entwickelten

Ländern und den Öl exportierenden Staaten.

„In the climate change negotiations, different positions are also starting to emerge. OPEC

want no mitigation of climate change; the small islands want strong action; countries like

Bolivia, with serious climatic concerns, but a possibility of obtaining payments in the Clean

Development Mechanism Market (CDM-CER) have mixed interests.“

Die Heterogenität der Gruppe wird ganz besonders bei der Betrachtung der

wirtschaftlichen Stärke und der Treibhausgasemissionen der Mitgliedsstaaten deutlich.

Während Länder wie Südafrika, Argentinien, Saudi-Arabien und andere OPEC-Staaten

sowie einige AOSIS-Staaten hohe Treibhausgasemissionen bei wirtschaftlicher Stärke

aufweisen, stellt sich die Situation auf pro-Kopf-Basis für die meisten LDCs, aber auch

Indien und China deutlich anders dar. Gleichzeitig sind Länder in der Gruppe die bei

hohen pro-Kopf-Emissionen eine geringe wirtschaftliche Entwicklung aufweisen und vice

versa.165

Dennoch bleibt die G 77 als Block gemeinsamer politischer Interessen bestehen,

da die Forderung nach Recht auf Entwicklung und die Achtung der Souveränität zwei alle

Mitglieder der G 77 einende Elemente darstellen.

„[W]hile common considerations for economic underdevelopment undoubtedly plays an

important role in keeping the G77 together, a main general source of solidarity within this

group is also to be found in their motivation to gain development and sovereignty

advantages from the international community expressed through their reliance on the

United Nations.“166

Innerhalb der G 77 lassen sich verschiedene Gruppen identifizieren, die im Folgenden

kurz dargestellt werden sollen. Die Gruppe der Transformationsländer (bestehend vor

allem aus China, Indien, Brasilien, Mexiko und Südafrika) eint ihr zunehmender

wirtschaftlicher und politischer Einfluss im internationalen System.167

Die Länder weisen

ein konstant hohes wirtschaftliches Wachstum auf und sind kaum noch auf bi- und

multilaterale Entwicklungszusammenarbeit angewiesen. Im Rahmen der UNFCCC hat die

Stärke dieser Länder zur Folge, dass diese zum Teil bilateral mit anderen Parteien

verhandeln und Absprachen treffen – unabhängig von den gemeinsamen Interessen der G

165 Vgl. Kasa et. al 2007: S. 117. 166 Kasa et. al 2007: S. 118. 167 Vgl. Kasa et. al 2007: S. 118f.

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Machtvolle Akteure? Entwicklungsländer in internationalen Klimaverhandlungen

- 54 -

77.168

Dadurch verliert auch der Block der G 77 an Gewicht, wenn wirtschaftlich

entwickelte Länder mit relevanten THG-Emissionen außerhalb der G 77 verhandeln und

Abkommen schließen.

“[F]ighting against commitments within Kyoto through the G77 […] and enjoying the fruits

of their increasing global influence by participating in other agreements linking energy and

climate outside the formal negotiations seems to be the chosen ‘‘opportunistic’’ strategy

of China, India and Brazil at the moment.”169

Eine herausgehobene Rolle spielt dabei mit den höchsten Gesamt-THG-Emissionen, der

Bedeutung als wirtschaftlicher Supermacht und einem ständigen Sitz im Sicherheitsrat

der VN vor allem China. Zwar hat das Land von Anfang an eine gemeinsame Front der

Entwicklungsländer in den Klimaverhandlungen unterstützt und sich aktiv als Vertreter

dieser Staaten profiliert, doch liegen die Prioritäten des Landes in der

Armutsbekämpfung, wirtschaftlicher Entwicklung und sozialer Stabilität.

“It is also possible to interpret China’s strategy as a combined effort to maximize gains

and minimize climate policy costs from its economic graduation: The G77 track has

traditionally been maintained to avoid being singled out in a category of developing

countries with rapidly growing economies and emissions.”170

China legt Wert auf die Kategorisierung als Entwicklungsland – trotz der relativen

wirtschaftlichen Stärke des Landes. Schließlich bedeutet auch die Einbindung Chinas in

die Gruppe der 77 Vorteile für beide Parteien. Während die G 77 von dem politischen

Gewicht Chinas profitiert, bedeuten die für Entwicklungsländer ausgehandelten Vorteile

in der finanziellen und technischen Zusammenarbeit auch positive Effekte für das

asiatische Land.

“[E]ven though China is no longer a poor developing country it would be politically

difficult to leave the G77. Membership there still provides many valuable benefits such

as a leadership role in the G77 and influence through the G77 on the negotiations.”171

168 Kasa et. al nennen hier als Beispiele die Asian-Pacific Partnership on Clean Development and

Climate oder die EU-China Partnership on Climate Change, die als multilaterale Abkommen parallel zu

den Verhandlungen im Rahmen der UNFCCC geschlossen werden und den Prozess der internationalen

Klimaverhandlungen zum Teil sogar konterkarieren. (vgl. Kasa et. al 2007: S. 120f.) 169 Kasa et al. 2007: S. 122. 170 Kasa et. al 2007: S. 121. 171 Heggelund 2005 : S. 18.

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Machtvolle Akteure? Entwicklungsländer in internationalen Klimaverhandlungen

- 55 -

Eine weitere Gruppe, die innerhalb der G 77 und bei der Formulierung von Positionen im

Rahmen der Klimaschutzverhandlungen eine wichtige Rolle spielt ist die 13 Staaten

umfassende Gruppe der Erdöl exportierenden Staaten (OPEC).172

Diese Gruppe ist

bereits in sich durchaus heterogen – das Pro-Kopf-Einkommen reicht von 450 USD in

Nigeria bis zu 33.000 USD in Katar. Während vor allem Iran, Saudi-Arabien und Kuwait

noch über große Ölreserven verfügen, ist Indonesien inzwischen Netto-Importeur von

Rohöl geworden.173

Die OPEC spielt in den Klimaverhandlungen und innerhalb der G 77

eine multivalente Rolle. Noch auf der COP 1 in Berlin 1995 stand es dem Vorstoß der

AOSIS-Staaten zu messbaren Reduktionsverpflichtungen skeptisch gegenüber.174

Kompensationen für potentielle Ausfälle beim Rohölexport wurden von der OPEC

durchgesetzt und in die Position der G 77 integriert.

„[F]unds for financing response measures related to the vulnerability of fossil fuel

producers to mitigation measures have been at the heart of OPEC strategies. While OPEC

members have different degrees of such vulnerability, it has still become a major problem

in the post-Kyoto negotiations.“175

Die OPEC-Staaten können die Entscheidungsfindung innerhalb der G 77 auch dadurch

beeinflussen, dass sie anderen Entwicklungsländern in den komplexen

Klimaverhandlungen selbst ganz konkret – etwa mit der Bereitstellung von Informationen

- unterstützen.

„Almost all G-77 countries have small delegations relative to the developed countries. The

logic, rules, and language of the climate negotiations are arcane and require the kind of

full-time staffing that only the wealthiest developing countries can afford.“176

Die OPEC-Staaten verfügen hingegen über hervorragende Kapazitäten und nutzen dieses

Missverhältnis zur Durchsetzung ihrer eigenen Interessen aus, indem sie Informationen zu

ihren Gunsten verbreiten und andere Akteure im Sinne ihrer Partikularinteressen

beeinflussen. Damit untergraben sie auch die allgemeine Legitimität der G 77.

“As the OPEC country delegations […] are resourceful enough to dominate the smaller and

much poorer LDCs, they are able to influence G77 positions disproportionately in their own

172 Zwischen 1994 und 2004, einer in den Klimaverhandlungen bedeutenden Zeitspanne, hatte in

sechs Jahren jeweils ein in der OPEC organisiertes Mitglied den Vorsitz der G 77. 173 Vgl. Kasa et al. 2007 174 Vgl. Long et al. 2002. 175 Kasa et al. 2007: S. 123. 176 Barnett 2008: S. 6.

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Machtvolle Akteure? Entwicklungsländer in internationalen Klimaverhandlungen

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favour, and equally important, exploit the general legitimacy of the developing countries

in the negotiations.”177

Die OPEC nutzen die G 77 dabei auch als Verhandlungsinstrument, um ihre Position gegen

jegliche bindende Reduktionsverpflichtungen durchzusetzen. Damit verschärfen sie

explizit auch den Nord-Süd-Gegensatz und bringen sich selbst gegen die im Vergleich sehr

schwachen Entwicklungsländer der AOSIS und der LDCs in Position. Ziel der OPEC ist es,

hohe Ölpreise zu sichern und THG-Reduktionen möglichst zu vermeiden, da diese zu

Verringerungen der Ölexporte führen könnten.178

Insgesamt treten die OPEC-Staaten

damit als Blockierer in den Verhandlungen auf, verzögern Prozesse, machen Zweifel

gegenüber den Ergebnissen des IPCC deutlich und stellen bewusst die Position der G 77

falsch dar.179

Daher kommen Autoren wie Barnett auch nicht von ungefähr zu dem

Schluss, dass die Rolle der OPEC ausschlaggebend dafür ist, „why there is an impasse

between G-77 and the developed countries on so many issues in the climate regime.“180

Die größte Gruppe innerhalb der G 77 machen die Länder mit einer sehr schwachen

wirtschaftlichen Entwicklung und geringen THFG-Emissionen aus – die Least Developed

Countries (LDCs). Sie zeichnen sich durch eine hohe Abhängigkeit vom VN-System und

internationalen Geldern der Entwicklungszusammenarbeit aus. Die Anfälligkeit gegenüber

und Anpassungsfähigkeit an den Klimawandel variieren innerhalb dieser Gruppe

dramatisch, obschon die besondere Anfälligkeit insbesondere afrikanischer LDCs mehr

und mehr akzeptiert wird. 181

Eng mit der Ausrichtung, den Interessen und der Struktur der Mitglieder der LDCs

verbunden ist die 43 Staaten umfassende Allianz kleiner Inselstaaten (Alliance of Small

Island States / AOSIS), die als besonders von den Folgen und explizit vom zu erwartenden

Anstieg des Meeresspiegels bedroht gelten und daher sofortige Maßnahmen zur Minderung

der THG-Emissionen und zur Anpassung an den Klimawandel fordern.

177 Kasa et al. 2007: S. 124. 178 Barnett 2008, S. 1: „[The OPEC] seeks to maintain high oil prices and avoid reductions in the

emissions of greenhouse gases from the burning of oil. To do this they work very hard to block and

delay progress in the climate regime. Surprisingly, OPEC is often tacitly supported in this obstructive

role by the larger Group of 77 (G-77) coalition of developing countries.“ / Vgl. Auch Kasa et al. 2007. 179 Vgl. Barnett 2008: S. 4. 180 Barnett 2008: S. 6. 181 Vgl. Kasa et al. 2007: S. 124.

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Machtvolle Akteure? Entwicklungsländer in internationalen Klimaverhandlungen

- 57 -

„These states are among the most vulnerable in the world, due to both rising sea level and

their poverty, and they are highly aware of their vulnerability. AOSIS does not have a

charter, secretariat, or regular budget, but has participated as an independent actor from

the very beginning of the international climate change negotiations.”182

Zwar steht auch für die AOSIS-Staaten die historische Verantwortung der Industriestaaten

im Vordergrund bei den weiteren konkreten Verpflichtungen zur weltweiten Minderung

der THG-Emissionen, doch sollen sich an diesen Maßnahmen nach Auffassung der AOSIS

auch die Entwicklungsländer beteiligen, um eine Minderung der THG-Konzentration in der

Atmosphäre zu erreichen. Damit findet eine Abgrenzung vor allem gegenüber

Transformationsländern und OPEC-Staaten statt, die zunehmend außerhalb der G 77

verhandeln.

“The present constellation of forces within the G77—with the ‘‘emerging powers’’ busily

building up their new role in the international system mainly outside the G77, and the

OPEC countries focusing their energy on decelerating the negotiation process—leaves the

increasingly powerless and institutionally fragile LDCs in a situation in which their present

and future vulnerabilities to climate change are not reflected fully in G77 positions.”183

Bei all den hier hervorgebrachten Argumenten muss jedoch stets beachtet werden, dass

die Quellen nicht immer zu erschließen sind. Schließlich gibt es auch einen deutlichen

Unterschied zwischen den offiziellen, formalen Verhandlungsrunden auf der einen und

den informellen Treffen und Absprachen auf der anderen Seite.

2.3.2.3 Konfliktlinien innerhalb einer ausgewählten Stichprobe

Das klassische Modell der Cleavages lässt sich auf die Gruppe der 77 anhand einiger im

Rahmen der internationalen Klimaschutzverhandlungen relevanter statistischer

Indikatoren nur bedingt anwenden. Im Rahmen dieser Ausarbeitung wurden dennoch

sechs Indikatoren bei einer Stichprobe aus insgesamt 33 Ländern, die alle Mitglied der G

77 sind, ermitteln und miteinander in Beziehung gesetzt. Die Stichprobe spiegelt dabei

das breite Spektrum der Gruppe wieder: Entwicklungs- und Transformationsländer aus

Asien, Afrika, Lateinamerika und Südosteuropa sowie Mitgliedsstaaten der OPEC, AOSIS-

Staaten und LDCs wurden ausgewählt. Drei Indikatorenpaare wurden in Diagrammen

182 Kasa et al. 2007: S. 124. 183 Kasa et al. 2007: S. 124f.

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Machtvolle Akteure? Entwicklungsländer in internationalen Klimaverhandlungen

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jeweils miteinander in Beziehung gesetzt: (1) die Wirtschaftskraft des Landes gemessen

an der Kaufkraft pro Kopf und die Anfälligkeit gegen die Folgen des Klimawandels, (2) die

Treibhausgasemissionen pro Kopf (CO2) und der Environmental Performance Index im

Bereich Klima, (3) die Abhängigkeit von bi- und multilateraler

Entwicklungszusammenarbeit und der Anteil erneuerbarer Energien in den untersuchten

Ländern. Im Ergebnis zeichnen sich auch bei der empirischen Untersuchung die

klassischen Konfliktlinien der G 77 ab, die auch grafisch im Anhang dieser Arbeit

aufbereitet wurden:

Wirtschaftlich schwache Staaten sind tendenziell stärker von den Folgen des

Klimawandels betroffen, als Länder mit einem hohen Pro-Kopf-Einkommen.

Besonders extrem ist dieses Verhältnis bei Ländern mit breiten Küstenlinien oder

Inselstaaten wie Bangladesch, Indonesien, Nepal oder Vietnam. Staaten wie

Saudi-Arabien, Singapur oder Kuwait weisen bei einem in der Gruppe der

Entwicklungs- und Transformationsländer relativ hohen Pro-Kopf-Einkommen

eine geringere Anfälligkeit gegen den Klimawandel auf. Im Durchschnitt jedoch

sind die Entwicklungsländer insgesamt stärker von den Folgen des Klimawandels

betroffen, als dies bei den industrialisierten Staaten der Fall ist.184

Weitere Konfliktlinien lassen sich bei den THG-Emissionen der einzelnen Länder

und den nationalen Aktivitäten gegen den Klimawandel erkennen. Zahlreiche

Entwicklungsländer haben Pro-Kopf-Emissionen zwischen einer und zwei Tonnen

CO2 (Burkina Faso und Nepal lediglich 0,1 / Burundi sogar nur 0,03), während

vor allem Erdöl exportierende Staaten wie Saudi-Arabien, Kuwait oder Katar im

(hohen) zweistelligen Bereich liegen. Differenzen zu den nationalen Aktivitäten

verlaufen quer durch dieses Spektrum. Zwar schneiden die Länder mit hohen

THG-Emissionen relativ schlechter ab beim klimaspezifischen Environmental

Performance Index (EPI), doch trifft dies auch auf Staaten mit geringeren Pro-

Kopf-Emissionen wie China, Indien und Indonesien zu.185

Insgesamt jedoch gibt

es bei beiden Indikatoren deutliche Differenzen innerhalb der Mitgliedsstaaten

184 Vgl. hierzu den Germanwatch Climate Risk Index in Harmeling, S. 2008. 185 Vgl. zur klimapolitischen Performance: 2008 ENVIRONMENTAL PERFORMANCE INDEX. Yale Center

for Environmental Law & Policy (Yale University) / Center for International Earth Science Information

Network (CIESIN)

(Columbia University).

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Machtvolle Akteure? Entwicklungsländer in internationalen Klimaverhandlungen

- 59 -

der G 77 – Anzeichen auch dafür, dass der Klimawandel sehr verschieden

wahrgenommen wird und dessen Bedeutung unterschiedlich stark ausgeprägt ist.

Eine Korrelation zwischen beiden Indikatoren ist nur schwach ausgeprägt.

In einem dritten Paar wurden Indikatoren miteinander in Relation gesetzt, die

zunächst keine direkte gegenseitige Beeinflussung vermuten lassen – die

Abhängigkeit von internationaler Entwicklungszusammenarbeit und die

Förderung erneuerbarer Energien als Indikator einer klimafreundlichen

nationalen Politik. Eine Korrelation zwischen beiden Indikatoren ist allerdings –

wenn überhaupt – nur schwach ausgeprägt. Vielmehr zeigt die Betrachtung der

einzelnen Indikatoren, dass teilweise eine sehr hohe Abhängigkeit von

ausländischen Direktinvestitionen herrscht, insbesondere bei den schwach

entwickelten Staaten, die potentiell auch der Förderung regenerativer und

dezentraler Energiequellen offen gegenüberstehen. Vor allem die Erdöl

exportierenden Staaten profitieren kaum oder gar nicht von den internationalen

ODA-Geldern. Gleichzeitig zeigt ihre geringe Affinität zu erneuerbaren Energien

ihre potentiell zurückhaltende und skeptische Haltung gegenüber Maßnahmen

zum Klimaschutz und der Minderung von THG-Emissionen. Diese Länder agieren

gleichzeitig relativ frei, während Staaten mit einem hohen Anteil internationaler

Entwicklungszusammenarbeit am BNE teilweise auch der Beeinflussung durch die

Geldgeber ausgesetzt sind. Insgesamt wird innerhalb der G 77 damit die

Konfliktlinie zwischen potentiellen Skeptikern beim Klimaschutz und Ländern

mit nationalen Plänen zum Ausbau klimafreundlicher Maßnahmen erkennbar.

Damit zeichnen sich innerhalb der G 77 tatsächlich verschiedene Konfliktlinien ab, die im

Rahmen der Klimaverhandlungen und für das Auftreten der Gruppe von Bedeutung sind.

Im Folgenden soll es darum gehen, die Wahrnehmung und das Auftreten der Gruppe bei

den Klimaverhandlungen unter der UNFCCC darzustellen und zu analysieren.

2.3.3 Die G 77 als Akteur bei den Klimaverhandlungen

Mit der vorausgehenden Untersuchung wurden in der G 77 verschiedene Konfliktlinien

aufzeigen und große Dynamiken innerhalb der Gruppe identifiziert. In diesem Teil soll es

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Machtvolle Akteure? Entwicklungsländer in internationalen Klimaverhandlungen

- 60 -

nun um den Akteur der G 77 als solchen in den Klimaverhandlungen gehen. Allerdings

wird es dabei nicht möglich sein, interne Verhandlungsmuster aufzuzeigen, hinter

verschlossenen Türen stattfindende Verhandlungen darzulegen oder informelle

Absprachen in die Analyse mit einzubinden. Vielmehr soll es darum gehen, die

Wahrnehmung der Gruppe in den Verhandlungen auf der COP 14 in Posen zu untersuchen,

die Positionierung in öffentlichen Foren zu beleuchten und darauf aufbauend

Druckpotentiale und Durchsetzungsdefizite der Gruppe abzuleiten.

2.3.3.1 Wahrnehmung der G 77 auf der 14. Weltklimakonferenz

Internationale Verhandlungen sind durch verschiedene offensichtliche und latente

Konfliktlinien und Machtkonstellationen gekennzeichnet. Die Relevanz psychologischer

Aspekte lässt sich dabei (politik-)wissenschaftlich nur schwer ermitteln. Bereits die

Frage, ob ein einzelner Faktor überhaupt relevant ist, wirft erhebliche methodologische

Probleme auf. Im Zusammenspiel mit weiteren (latenten) Faktoren erscheint eine genaue

Messung geradezu unmöglich. Dennoch soll sich dieses Kapitel auf eben jene nur schwer

greifbaren Faktoren konzentrieren, um anhand von Beobachtungen zum Auftreten der

Entwicklungsländer im Kontext der G 77 Rückschlüsse auf die machtpolitische

Konstellation der Gruppe zu ziehen. Die Untersuchung beschränkt sich dabei auf die

UNFCCC-Klimakonferenz im Dezember 2008 im polnischen Posen.

Allgemein nahmen die Interessen und Belange der Entwicklungsländer einen hohen

Stellenwert ein. Dies zeigt sich auch an den grundsätzlichen Diskussionen im Rahmen der

Klimaverhandlungen. So wurden bei den offiziellen Sitzungen vor allem Themen wie der

Technologietransfer und die Finanzierung von Anpassungsmaßnahmen diskutiert.

Während bisherige Vorreiter im Klimaschutz wie die EU kaum noch Druck ausübten und

die Zusage zu konkreten Reduktionszielen seitens der Industriestaaten eher in den

Hintergrund rückte, ging es vor allem darum, die Entwicklungsländer in ein mögliches

Nachfolgeabkommen zum Kyoto-Protokoll zu integrieren. Die Entwicklungsländer jedoch

machten im Gegenzug deutlich, dass dies nicht ohne ein Entgegenkommen zu realisieren

sei.

Page 64: Machtvolle Akteure?  Entwicklungsländer in internationalen Klimaverhandlungen

Machtvolle Akteure? Entwicklungsländer in internationalen Klimaverhandlungen

- 61 -

Die heterogene und auch in der Interessenlage oft diffuse Gruppe der Entwicklungsländer

erhielt dabei durch ein starkes Auftreten der G 77 ein ganz konkretes Gesicht. Trotz ihres

informellen Charakters trat die G 77 mit einer eigenständigen Delegation in den

Verhandlungen auf. Mehrmals am Tag fanden Koordinierungstreffen aller Mitglieder statt.

Im Gegensatz zu fast allen Entwicklungsländern war die G 77 auch mit einem

Delegationsbüro direkt auf der Konferenz vertreten. Damit setzte die G 77 zumindest

nach außen auf deutliche Präsenz auf der Klimakonferenz – als Vorreiter und Stimme der

Interessen der Entwicklungsländer. Dieser Rolle versuchte die Gruppe auch inhaltlich

gerecht zu werden – etwa mit der gemeinsamen Position zum Technologietransfer. Die G

77 lieferte darüber hinaus vor allem für die nur schwach vertretenen Staaten eine

wichtige Anlaufstelle zur Formulierung und Bündelung ihrer Verhandlungspositionen und

Forderungen.

Die Bedeutung der G 77 in der Außenwahrnehmung konnte zum Teil auch mit einer

während der ersten Woche der Konferenz unter den verschiedensten TeilnehmerInnen

durchgeführten Umfrage untermauert werden (s. im Anhang dieser Arbeit). Der Aussage,

dass die Gruppe als Organisation aus mehr als 130 Entwicklungs- und

Transformationsländern ein hohes Druckpotential aufbauen könne, stimmten 24 von 53

Befragten voll zu, weitere 13 stimmten eher zu, zehn waren unentschieden. Einer in

gewisser Weite gegensätzlichen Aussage, wonach der lose Verband der G 77 zu heterogen

sei und sich folglich durch hohe Durchsetzungsdefizite auszeichne, stimmten 10 nicht zu,

12 eher nicht zu und 19 zeigten sich unentschieden. Ein gemischtes Bild zeigt sich bei der

Frage, ob und inwieweit die G 77 vor allem die Interessen der weiter entwickelten

Länder, nicht jedoch die der LDCs vertritt. 22 der 53 Befragten stimmen dieser Aussage

voll oder eher zu, 16 stimmten nicht oder eher nicht zu und 14 Befragte zeigten sich

unentschieden. Ein eindeutigeres Bild zeigt sich bei der Wahrnehmung zur Rolle der

Gruppe in den Verhandlungen um den Technologietransfer. Der Aussage, dass die G 77 in

den Verhandlungen zum Technologietransfer eine entscheidende Rolle spielt, stimmten

32 voll oder eher zu, vier waren unentschieden, insgesamt 16 stimmten eher nicht oder

nicht zu.

Die nicht repräsentative, jedoch direkt am Ort und unter den Teilnehmern der

Klimakonferenz gezeichnete Bild der G 77 mag verzerrt sein und die tatsächliche Stärke

bzw. Schwäche der Gruppe in den Verhandlungen nicht richtig widerspiegeln. Dennoch

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Machtvolle Akteure? Entwicklungsländer in internationalen Klimaverhandlungen

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gibt es ein allgemeines Stimmungsbild wider, dass die Bedeutung der Gruppe der

Entwicklungsländer weit höher ansiedelt, als dies in der wissenschaftlichen Literatur der

Fall ist. Zumindest in der Außenwahrnehmung werden den EL also durchaus

Druckpotentiale zugeschrieben, die sie in den Verhandlungen für ihre Interessen nutzen

können. Dieser Eindruck manifestiert sich auch in drei während der ersten Woche der

Klimakonferenz in Posen gemachten Interviews.186

Dabei standen die folgenden zentralen

Aussagen der Interviewpartner im Vordergrund:

Allen Verhandlungsparteien ist klar, dass ein Nachfolgeabkommen für Kyoto nur

erfolgreich im Sinne der Ziele des IPCC zur Vermeidung eines gefährlichen

Klimawandels sein kann, wenn die Entwicklungsländer aktiv eingebunden

werden. Dies bedarf auch größerer finanzieller und technologischer

Unterstützung seitens der industrialisierten Staaten.

Als eigenständiger Verhandlungsblock besitzt die G 77 ein hohes Machtpotential

am Verhandlungstisch. Die schwache Institutionalisierung und der lose Charakter

dieses Zusammenschlosses verhindern jedoch ein deutlicheres Auftreten mit

noch klarer erkennbaren Verhandlungserfolgen für die Entwicklungsländer. Die

Strategien anderer Staaten zielen daher auch darauf ab, einzelne Länder aus

dem Verbund der G 77 zu lösen und somit die kollektive Stärke zu brechen.

Die großen Transformationsländer wie China oder Südafrika nutzen die Gruppe

als Mittel zum Zweck der Durchsetzung ihrer Interessen. Sie vermeiden durch

eine Assoziierung mit der G 77 und damit mit der Gruppe der

Entwicklungsländer, dass sie selbst zu stärkeren Verpflichtungszielen gedrängt

werden.

Inwieweit vor allem auch die letzte Aussage empirisch belegt werden kann, stand im

Mittelpunkt der folgenden Untersuchung einer Stichprobe an Mitgliedsstaaten der G 77.

186 Im Folgenden werden zusammenfassend die wichtigsten Punkte dieser zum Teil auf wenige

Leitfragen gestützten, zum Großteil jedoch offen geführten Interviews wiedergegeben, über die bei

allen drei Interviewpartnern auch weitestgehend Konsens herrschte. Befragt wurden ein

südafrikanischer Vertreter des WWF, ein Mitglied von Germanwatch und ein deutsches

Delegationsmitglied der Europäischen Kommission.

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Machtvolle Akteure? Entwicklungsländer in internationalen Klimaverhandlungen

- 63 -

2.3.3.2 Assoziierung der Entwicklungsländer mit der G 77

Wie dargestellt, lässt sich auf der Ebene der Beobachtung eine relativ starke Position der

G 77 erkennen, wenn es darum geht, die Interessen der Entwicklungsländer in den

internationalen Klimaverhandlungen zu repräsentieren. Was dies für die tatsächlichen

Verhandlungen bedeutet, kann wahrlich nur schwer beurteilt werden. Auch können nicht

ohne weiteres die internen Verhandlungsabläufe und Abstimmungsprozesse beobachtet

und analysiert werden. Eine Möglichkeit der empirischen Datenerhebung zur Bedeutung

der G 77 für die Verhandlungen insgesamt und die Gruppe der 77 besteht dennoch: die

Auswertung der einzelnen Reden aller 33 in dieser Arbeit ausgewählten Länder während

des High-Level-Segments zum Ende der Konferenz. Daraus sollen Rückschlüsse auf die

Kohärenz und Konfliktlinien innerhalb der Gruppe und das gemeinsame Auftreten gezogen

werden. Bereits im Vorfeld der Konferenz veröffentlichte die Gruppe der 77 ihre

allgemeine Position zum Technologietransfer, die als Leitlinie der Argumentation der

Mitgliedsstaaten in diesem Bereich gelten kann.187

Die G 77 hatte – vertreten durch Antigua und Barbuda – als erste Gruppe das Recht zur

Aussprache während des High-Level-Segments auf der COP 13 in Posen. Darin bekräftigte

sie die bereits aus ihrem Papier zum Technologietransfer bekannte Argumentation der

Gruppe:

Die Verursachung des Klimawandels und damit auch dessen Bekämpfung liegen

in der Verantwortung der industrialisierten Länder. Sie sind daher auch in der

Pflicht, Technologien zur Anpassung an den Klimawandel sowie zur Minderung

der THG-Emissionen zur Verfügung zu stellen.

Es ist eine verstärkte Kooperation zwischen Industrie- und Entwicklungsländern

in den Bereichen Forschung und Entwicklung notwendig, um an die regionalen

Gegebenheiten angepasste Technologien zu entwickeln und direkt zu

implementieren.

Der Transfer klimafreundlicher Technologien birgt auch das Potential in sich,

andere entwicklungspolitische Ziele und ganz konkret die Millenium

187 „Proposal by the G77 and China for a Technology Mechanism under the UNFCCC“ (2008)

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Machtvolle Akteure? Entwicklungsländer in internationalen Klimaverhandlungen

- 64 -

Development Goals (MDGs) zu erreichen. Dabei wurde auch an die

entsprechende Verpflichtung der Industrieländer erinnert.

Als Grundlage ihrer Argumentation nennt die G 77 immer wieder die wissenschaftlichen

Daten des IPCC-Berichts von 2007 mit den damit verbundenen Verpflichtungen der

industrialisierten Länder sowie den 2007 in Bali beschlossenen Bali Action Plan (BAP).188

Letzterer wird auch von zahlreichen Entwicklungsländern immer wieder aufgegriffen. Die

Vertreter der Least Developed Countries (vertreten durch die Malediven), der Alliance of

Small Island States (Grenada), sowie der African Group (Algerien) fanden in ihren

Statements noch drastischere Worte, um auf ihre Situation aufmerksam zu machen und

weitergehende Maßnahmen im Bereich des Technologietransfers zu fordern. Während

Technologietransfer für den Vertreter der African Group als Mittel betrachtet wurde, um

ein nachhaltiges wirtschaftliches Wachstum auf dem afrikanischen Kontinent ohne den

entsprechenden Anstieg der THG-Emissionen zu ermöglichen, ging es dem Vertreter der

LDCs vor allem um Anpassungsmaßnahmen gegen den Klimawandel. Anpassung stand auch

im Mittelpunkt des Statements der AOSIS, die sich enttäuscht über den bisherigen Verlauf

der Verhandlungen und den Stand der Ergebnisse zeigten: „The world cannot ask the

AOSIS to sign a suicide agreement that causes our homes to disappear.“189

Erstaunlich

erscheint bei der Rede der AOSIS vor allem, dass Technologietransfer als solcher in keiner

Weise erwähnt wird. Vielmehr geht es vor allem um Finanzierungsmechanismen für die

Anpassung gegen den Klimawandel. Bereits darin zeigt sich die Gruppendynamik der G

77, deren Position in Posen immer auch als Kompromiss zwischen den einzelnen

Mitgliedsstaaten gesehen werden muss. Im Ergebnis werden vage Zielvorstellungen

genannt und diffuse Maßnahmen angeregt. In ihren Forderungen wird die G 77 folglich oft

nur wenig konkret.

Dem Statement der G 77 schlossen sich elf der insgesamt 33 in der Stichprobe

untersuchten Länder ganz explizit an (sechs gaben überhaupt kein Statement ab).

Weitaus mehr identifizieren sich mit der Gruppe der Entwicklungsländer im Allgemeinen

und präsentieren sich als ein Fürsprecher für die Belange dieser Gruppe. Deutlich wird

bei der Stichprobe, dass vor allem die großen und wirtschaftlich weiterentwickelten

188 UNFCCC 2007. 189 Vertreter Grenadas im Namen der AOSIS auf der COP 13 in Posen.

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Machtvolle Akteure? Entwicklungsländer in internationalen Klimaverhandlungen

- 65 -

Länder den offenen Schulterschluss mit der G 77 suchen. Und deutlich wird auch, dass

insbesondere Erdöl exportierende Länder wie Katar oder Kuwait vollständig auf ein

Statement verzichten – trotz Unterzeichnung der UNFCCC und des Kyoto-Protokolls.

Die allgemeinen Präferenzen und Prioritäten der Entwicklungsländer bei den

internationalen Verhandlungen zum Klimaschutz spiegeln sich auch in den Aussagen der

Minister und Repräsentanten wider. Zahlreiche Länder orientieren sich dabei vor allem

am Bali Action Plan und stellten die grundsätzlichen Prioritäten der Entwicklungsländer190

in ihren nationalen Kontext und in den Mittelpunkt ihrer Argumentation.

Die Untersuchung der Stichprobe hinsichtlich der Relevanz dieser Punkte ergab einen

weitgehenden Konsens darüber, dass diese Themen bei fast allen Entwicklungsländern

auf der Agenda stehen. Der Technologietransfer wurde explizit als solcher in 23 der

abgegebenen Statements erwähnt – etwas weniger als die Bedeutung finanzieller

Unterstützung und Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel. Nun sagt diese

allgemeine Feststellung allerdings noch nicht viel über die tatsächliche Qualität der

Aussagen aus. Hierzu lassen sich hinsichtlich der Etablierung eines Regimes zum Transfer

klimafreundlicher Technologien zusammenfassend die folgenden Schlussfolgerungen

ziehen:

Vor allem die weiter entwickelten Transformationsländer wie Indien oder

Südafrika setzen das Thema präsent auf die Tagesordnung und machen ganz

konkrete Vorschläge zur Ausgestaltung eines solchen Regimes, während weniger

und die am wenigsten entwickelten Länder in ihren Aussagen eher vage bleiben.

Es wird Unterstützung sowohl bei Maßnahmen zur Anpassung, als auch zur

Minderung von THG-Emissionen gefordert. Erstere vor allem von den

Inselstaaten, letztere vor allem von afrikanischen Staaten, die darin die einzige

Möglichkeit sehen, wirtschaftliches Wachstum bei gleichzeitiger Minderung ihrer

Emissionen zu garantieren.

Das Hemmnis der IPR für eine Ausweitung des Technologietransfers wird

lediglich von vier Staaten angesprochen (Burkina Faso, Brasilien, Indien und

190 Gómez-Echeverri, L. 2000 sind diese Prioritäten: Technologietransfer, Chancengleichheit,

Anpassungsmaßnahmen, finanzielle Unterstützung, Berücksichtigung nationaler Umstände, „common

but differentiated responsibilities“.

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Machtvolle Akteure? Entwicklungsländer in internationalen Klimaverhandlungen

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Marokko). Es bleibt seitens der Entwicklungsländer ansonsten eher

vernachlässigt.

Der bisherige Mechanismus zur Verbreitung klimafreundlicher Technologien in

Entwicklungsländern, der CDM, wird innerhalb der Stichprobe nur von Ägypten

explizit angesprochen, das eine Reformierung, Vereinfachung und Ausweitung

des Mechanismus fordert.

Die im BAP festgeschriebenen Leitlinien spielen für die Entwicklungsländer auch

bezüglich des Technologietransfers eine wichtige Rolle – von zahlreichen

Ländern wird auf die darin gemachten Verpflichtungserklärungen der

industrialisierten Länder verwiesen.

2.4 Vergleich: Die Gruppe der G 77 im Rahmen der UNCTAD

„With a narrow functional agenda, and broad cross-continental

membership linked by a common sense of deprivation and

inequality, this Group of 77 (G77) was expected to make a strong

case to the industrial countries for reform of the international

economic system. However, the G77 has had mixed success as a

negotiating body.“191

Im Bereich des internationalen Umwelt- und Klimaschutzes steht zwar auch im

wissenschaftlichen Diskurs immer wieder die Rolle der Entwicklungs- und

Transformationsländer im Fokus des Interesses, doch ist es kaum möglich, fundamentale

Determinanten für den Erfolg, bzw. die Erfolglosigkeit der Gruppe der 77 bei

internationalen Verhandlungen in diesem Bereich zu ermitteln. Selbst das als Erfolg für

die Entwicklungsländer im Allgemeinen und die Gruppe der 77 im Speziellen gefeierte

Bonn Agreement der sechsten Vertragsstaatenkonferenz der UNFCCC 2001 in Bonn192,

191 Braveboy-Wagner, J. 2009: S. 30. 192 Die Entscheidungen in Bonn zur Unterstützung der Entwicklungsländer werten die Vertreter der G

77 als ihren Erfolg. Die drei geschaffenen Klimaschutzfonds waren der Preis für die Zustimmung der

G77 zum Kompromisspapier. („Special Climate Change Fund“, „Least Developed Countries Fund“,

„Adaptation Fund“). (Vgl. BMU 2001.)

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Machtvolle Akteure? Entwicklungsländer in internationalen Klimaverhandlungen

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der Durchbruch in Marrakesch193 oder die Einigung im mexikanischen Monterrey

(Monterrey Consensus 2002) sind als tatsächliche Erfolge der G 77 umstritten.

Abschließend soll im Rahmen dieser Ausarbeitung daher noch einmal ein anderes

Themenfeld betrachtet werden, das auch mit dem Transfer von Technologien von

Industrie- in Entwicklungsländer zusammenhängt – jedoch nicht allein im Rahmen

klimapolitischer Maßnahmen. Es bringt uns zu dem zurück, wo wir bereits im ersten

Kapitel bei der allgemeinen Untersuchung der Druckpotentiale und Durchsetzungsdefizite

der Entwicklungsländer in internationalen Verhandlungen eine relative Stärke dieser

Staaten konstatieren konnten: der Rolle der Entwicklungsländer im Bereich der

internationalen Wirtschaftsordnung und speziell im Rahmen der United Nations

Conference on Trade and Development (UNCTAD). Schließlich spielen Abkommen zum

Welthandel für die Interessen der Entwicklungsländer eine entscheidende Rolle:

“Multilateral trade negotiations have existed since the foundation of GATT in 1947, but

these negotiations have become more complex and important for developing countries.

Trade between developed and developing countries, previously largely regulated by

unilateral concessions, is increasingly being moved into negotiated agreements. […]

Environmental issues are now being regulated and negotiated upon at the world level

through conventions like the Framework Convention on Climate Change.”194

Die Ausgestaltung des internationalen Wirtschaftssystems gehört zu den obersten

Prioritäten staatlicher Politik – verstärkt noch durch zunehmende Verflechtungen und

Abhängigkeiten und in Zeiten der Globalisierung und Internationalisierung

sozioökonomischer Strukturen. Die Koordinierung und Harmonisierung internationaler

Wirtschaftsbeziehungen, Abbau von Handelshemmnissen und Zugangsmöglichkeiten zu

Märkten sind damit fundamentales Interesse nicht nur der Industrie-, sondern auch der

Entwicklungs- und Transformationsländer, die vor allem im Rahmen der UNCTAD eine

Reformierung des globalem Wirtschaftssystems fordern und sich aus diesem Grund auch

1964 zur G 77 zusammenschlossen, um vereint institutionelle und strukturelle Reformen

durchzusetzen.

193 Vgl. Suraje, Dessai 2001. 194 Page 2003, S. 3.

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Machtvolle Akteure? Entwicklungsländer in internationalen Klimaverhandlungen

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„International pressure group politics for fundamental changes in world trading patterns

and institutions was first institutionalized in 1964 when […] the United Nations Conference

on Trade and Development (UNCTAD) was born.“195

Dabei formulierten die Entwicklungsländer im Rahmen der UNCTAD ihre Vorstellungen

einer neuen internationalen Wirtschaftsordnung196 und forderten in diesem

Zusammenhang den Abbau künstlicher Handelsschranken, eine stärkere Regulierung

restriktiver Praktiken sowie den Transfer notwendiger Technologien. Im Schlussdokument

der UNCTAD I jedoch wurde Technologietransfer durch keine konkreten Maßnahmen

implementiert, sondern lediglich als politische Forderung formuliert und deren

Vereinfachung gefordert.197

„[The] attempt to reform existing norms, rules and institutions could only be prosecuted

on a collective basis since developing countries lack the necessary power to the institute

change on an individual basis.“198

Williams hat sich in diesem Zusammenhang intensiver mit der Formierung der

Entwicklungsländer beschäftigt und ist dabei drei zentralen Fragen nachgegangen, die wir

uns auch im Rahmen der vorliegenden Ausarbeitung gestellt haben und noch immer

stellen: Warum fanden sich die weniger entwickelten Länder überhaupt zu einer Koalition

als Gegenpol zu den Interessen der Industriestaaten zusammen? Inwieweit beeinflusste

der institutionelle Rahmen die Arbeitsweise der Gruppe? Und: welche Bedeutung nahmen

die inneren Konfliktlinien bei der Entscheidungsfindung der G 77 ein? Williams sieht in

den Strukturen der Weltwirtschaft eine Voraussetzung für die Formierung der G 77: „The

institutional lacunae in world trade and payments presented the developing countries

with a concrete issue around which they could coalesce.“199

Die Institutionalisierung im Rahmen der UNCTAD bedeutete auch die Vereinfachung der

Süd-Süd-Kooperation untereinander und die Aufteilung in Regionalgruppen verstärkten

den Gegensatz zwischen Industrieländern und der G 77. Die Einheit innerhalb der

Entwicklungsländer wurde zudem dadurch gestärkt, dass zahlreiche Entwicklungsländer in

der Zusammenführung ihrer Verhandlungspositionen schlicht überhaupt den einzig

195 Hussein 1981: S. 146. 196 Vgl. hierzu auch die allgemeine Erklärung einer „New International Economic Order“ von 1974. 197 Vgl. Hussein 1981: S. 262 u. S. 157. 198 Williams 1991: S. 164. 199 Williams 1991: S. 165.

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Machtvolle Akteure? Entwicklungsländer in internationalen Klimaverhandlungen

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möglichen Weg zur Artikulation ihrer Interessen sahen und ein Scheitern der Kooperation

im Rahmen der UNCTAD auch die Schwächung der Position der Entwicklungsländern in

anderen Politikbereichen zur Folge gehabt hätte. Die Gruppe der G 77 erreichte damit

trotz ihres informellen Charakters einen hohen Grad auch formaler Institutionisierung.200

Mehr noch: Historisch sind ein stärkeres Engagement der Mitgliedsstaaten innerhalb der

Gruppe und ein zunehmend kooperatives Verhalten zu beobachten:

„The reproduction of the regional group, the basic organisational unit of the G 77, at all

levels of G 77 structure and decision-making provides both an element of continuity and a

base upon which innovations can be launched.“201

Die Gleichbehandlung der einzelnen Mitgliedsstaaten habe dabei auch zur Beibehaltung

dieser Form der Kooperation geführt.

„The consensus method of decision making in preserving the autonomy of member states

provides the sole basis upon which continued support for the organisation’s goals can be

maintained. Any form of majoritarianism would most likely lead disaffected minorities to

withdraw from the coalition.“202

Im Laufe der 80er Jahre jedoch verlor die UNCTAD als Verhandlungsrahmen für eine neue

internationale Wirtschaftsordnung deutlich an Gewicht. Sie stand im Widerspruch zur

Politik der US-Amerikanischen Reagan-Administration und konnte nicht die zu einer

Reformierung des Wirtschaftssystems notwendigen organisatorischen Ressourcen

bereitstellen.203 Damit spielte die UNCTAD auch als Mittel zur Bewältigung der

sozioökonomischen Probleme der Entwicklungsländer nur noch eine marginale Rolle. Und

dies hat letztlich auch Auswirkungen auf die Bedeutung der G 77 bei der Formulierung

und Durchsetzung von Interessen der Entwicklungsländer. Williams hält als Ergebnis fest,

dass:

die G 77 im Rahmen der UNCTAD eine diplomatische Einheit der

Entwicklungsländer mit klar erkennbaren Grenzen darstellt,

die Rahmenbedingungen für die Aktivitäten dieser Gruppen von den

internationalen Verhältnissen vorbestimmt werden,

200 Vgl. Williams 1991: S. 165f. 201 Williams 1999: S. 165. 202 Williams 1999: S. 165. 203 Vgl. Williams 1999: S. 167

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Machtvolle Akteure? Entwicklungsländer in internationalen Klimaverhandlungen

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die Stärke der Koalition weniger darin liegt, eigene politische Interessen

durchzusetzen, als vielmehr die Themen der politischen Agenda zu bestimmen

und

der Erfolg der Gruppe vor allem dadurch erwächst, das in ihr die Interessen

einer großen Anzahl von Ländern gebündelt werden, gleichzeitig aber auch die

Unterschiedlichkeit akzeptiert und respektiert wird.204

Die neu gewonnene Stärke der vereint auftretenden Entwicklungsländer wurde darüber

hinaus deutlich bei der Durchsetzung zur Gründung eines Komitees zu Wissenschaft und

Technologie für Entwicklung (United Nations Conference on Science and Technology for

Development; UNCSTD) im Rahmen der Vereinten Nationen gegen den Widerstand

insbesondere der USA.205 1979 gelang der G 77 damit die Errichtung eines Komitees, in

dessen Rahmen auch Fortschritte zu einem „Code of Conduct for Technology Transfer“

und einem „Code of Conduct for Transnational Cooperations“ gemacht werden

konnten.206 Nichtsdestotrotz blieben die Ergebnisse des Komitees in den Augen der

Entwicklungsländer mehr als unbefriedigend.

„The creation in 1964 of an Intergovernmental Committee to deal with issues of

international science and technology policy and its subsequent activities were found to be

unsatisfactory by the developing countries.“207

Auch blieb die Implementierung eines internationalen Verhandlungsrahmens zur

Ausweitung des Technologietransfers deutlich beschränkt – dies trifft auch auf andere

Initiativen im System der VN zu.

„In a sense, the U.N. resolutions and “Action Plans” amount to consolidating and

legitimizing international patterns of inequality, dominance and dependence. They offer a

few crumbs without changing the ingredients of the cake. Even if they were to be

implemented seriously it is most unlikely that the forms and patterns of technological

power would alter and, in deed, quite likely that inequalities within and between

countries would be accentuated.“208

204 Vgl. Williams 1991: S. 167f. 205 Vgl. Hussein 1981: S. 266. 206 Vgl. Hussein 1981: S. 276. 207 Hussein 1981: S. 275. 208 Hussein 1981: S. 270.

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Machtvolle Akteure? Entwicklungsländer in internationalen Klimaverhandlungen

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Die Funktion der G 77 bestünde im Rahmen der UNCTAD letztlich vor allem darin, die

wirtschaftspolitischen Interessen ihrer Mitglieder zu bündeln und Veränderungen der

internationalen Wirtschaftsordnung im Sinne der Entwicklungsländer durchzusetzen.

„The G 77 is not a coalition founded on individual self-interest, neither is it a group of

states characterized by international and domestic weakness seeking power and control in

the international system. It is an anti-hegemonic coalition seeking regime change. It is an

outgrowth of international politics and the functioning of the postwar international

organisational network.“209

Zu einem ähnlichen Schluss kommt auch Hussein in seiner Dissertation:

„The emergence and consolidation of the Group of 77 as an effective pressure group in

international politics helped elevate technology trade issues high on the agendas of various

U.N. bodies.“210

Der kurze Einblick in den Ursprung der G 77 und deren Wirkung im Rahmen der UNCTAD

konnte sowohl Differenzen, als auch Parallelen zrm Einbindung der Entwicklungsländer in

die internationalen Klimaverhandlungen unter der UNFCCC aufzeigen. So prägte das

Selbstverständnis der G 77 in der UNCTAD die universelle Kategorisierung der

Mitgliedsstaaten als Entwicklungsländer, die alle mit ähnlichen Probleme, Armut,

wirtschaftlicher und politischer Unterentwicklung zu kämpfen hatten. In den letzten

Jahren jedoch wurde dies durch eine zunehmende Heterogenität innerhalb der G 77

ersetzt – mit großen Unterschieden zwischen den einzelnen Staaten innerhalb der

Gruppe. Dies führt letztlich auch zu skeptischen Schlussfolgerungen zur zukünftigen

Bedeutung der G 77.

„the G77 will most likely persist as an important player in the post-Kyoto negotiations, but

it is difficult to see how it can become more of a driver or facilitator in the process in spite

of the increasing wealth and international influence of the group’s biggest emitters and

the increasing recognition of the vulnerability of many of the poorest developing

countries.“211

209 Williams 1991: S. 168. 210 Hussein 1981: S. 275. 211 Kasa et al. 2007: S. 125.

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Machtvolle Akteure? Entwicklungsländer in internationalen Klimaverhandlungen

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3 Schlussbetrachtung

3.1 Zusammenfassung

Fassen wir die Ergebnisse an dieser Stelle noch einmal zusammen. Im ersten Kapitel

dieser Ausarbeitung ging es darum, die allgemeine Rolle der Entwicklungsländer in

internationalen Umweltverhandlungen zu verorten. Dabei wurde deutlich, dass im

Rahmen der Klimaverhandlungen ein relevanter Block von Entwicklungsländern existiert,

auch wenn dieser in sich sehr heterogen sein mag. Der Einfluss dieser Länder auf

internationale Verhandlungen wird im Allgemeinen als sehr gering eingeschätzt.

Gleichzeitig konnten neben Durchsetzungsdefiziten auch Druckpotentiale aufgezeigt

werden, die vor allem auf deren Zusammenschluss zu Gruppen beruhen – insbesondere im

Rahmen der VN und bei wirtschafts- und handelspolitischen Themen.

Willensbildungsprozesse sind dabei stark vom Nord-Süd-Gegensatz geprägt.

Über den im ersten Teil der Arbeit dargestellten Analyserahmen hinaus ging es im

zweiten Abschnitt darum, das theoretische Gerüst für die Untersuchung des Fallbeispiels

zu erarbeiten. Dieser Part widmete sich der Tatsache, dass 133 souveräne Staaten mit

zum Teil erheblich unterschiedlichen Positionen dennoch beim Klimaschutz

zusammenarbeiten, um ein international institutionalisiertes Regime zum Transfer

klimafreundlicher Technologien durchzusetzen. Hierzu wurden zunächst theoretische

Aussagen auf der Metaebene zur Entstehung internationaler Regime gemacht und die

Grundlagen des neoliberalen Institutionalismus dargestellt. In einem zweiten Schritt

wurden dann mit dem Cleavages-Ansatz die theoretischen Grundlagen zur Bearbeitung

der Konfliktlinien innerhalb der G 77 gelegt.

Der umfangreichste Teil dieser Ausarbeitung befasste sich dann mit der Bearbeitung des

konkreten Fallbeispiels: der Rolle der G 77 als Akteur der internationalen

Klimaverhandlungen. Dabei wurde in einem ersten Part deutlich, dass die Betrachtung

des Fallbeispiels im Spiegel der erarbeiteten theoretischen Grundlagen durchaus hohes

Potential zur Entstehung eines Regimes besitzt. Eine Kooperation im Bereich

Technologietransfer würde Gewinne für alle Beteiligten bedeuten, die UNFCCC bieten

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Machtvolle Akteure? Entwicklungsländer in internationalen Klimaverhandlungen

- 73 -

einen robusten Verhandlungsrahmen; und starke Akteure innerhalb der G 77 können der

Problematik mehr Gewicht verleihen. Geleitet werden die Verhandlungen der Gruppe

dabei von den Forderungen nach einer Institutionalisierung des Technologietransfers

innerhalb der UNFCCC und Capacity Building, dem Recht auf Entwicklung sowie dem

Prinzip der „common but differentiated responsibility“ – dies spiegelte sich auch bei der

Anwendung des im ersten Teil erarbeiteten Analyseschemas auf die Identität, Interessen

und Institutionalisierung der Entwicklungsländern in den Klimaverhandlungen wieder.

Innerhalb der G 77 konnten schließlich auf verschiedenen Ebenen Konfliktlinien

aufgezeigt werden – sowohl historisch-konzeptionell mit Dynamiken zwischen

Transformationsländern, LDCs, OPEC-Staaten und anderen Akteuren, als auch empirisch

durch die Betrachtung einer aus 33 Mitgliedern der G 77 bestehenden Stichprobe. Trotz

der dabei festgestellten Heterogenität wird die G 77 aber auch als starker Akteur in den

Klimaverhandlungen wahrgenommen, obschon sich nicht alle Staaten konkret mit der

Gruppe assoziieren. Die abschließende Betrachtung zur Rolle der G 77 im Rahmen der

UNCTAD konnte darüber hinaus eine stärkere Position der Gruppe innerhalb dieser

wirtschaftspolitisch geprägten Verhandlungen feststellen.

3.2 Druckpotentiale und Durchsetzungsdefizite der G 77

Die vorangegangene Untersuchung hat deutlich gemacht, dass es der Gruppe der 77 in

den internationalen Klimaverhandlungen durchaus gelingen kann, gegenüber den

industrialisierten Staaten Druckpotentiale aufzubauen und damit die Interessen der

Entwicklungsländer auf die Tagesordnung zu setzen, zu verhandeln und in geringem Maße

auch durchzusetzen. Dabei handelt es sich jedoch weniger um strukturelle, als vielmehr

um „weiche“ Faktoren, die im Verhandlungsprozess eine Rolle spielen. Sie sind in der

Regel nur schwer zu verifizieren oder empirisch nachzuprüfen, obschon deren Relevanz

kaum bestritten werden kann. Konkret ließen sich im Vorangegangenen Druckpotentiale

auf unterschiedlichen Ebenen feststellen:

Es existiert eine große Schnittmenge gemeinsamer Interessen in den

internationalen Klimaverhandlungen innerhalb der Entwicklungsländer

(historische Verantwortung für den Klimawandel liegt bei den Industriestaaten,

Technologietransfer und zusätzliche Finanzierungsmechanismen werden

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Machtvolle Akteure? Entwicklungsländer in internationalen Klimaverhandlungen

- 74 -

gefordert, Klimaschutz wird nur im Einklang mit nachhaltiger Entwicklung und

Armutsbekämpfung unterstützt).

Eine Einheit der Entwicklungsländer in Abgrenzung zu den Industrienationen ist

erkennbar (etwa durch die hohe Anfälligkeit gegenüber dem Klimawandel) und

darüber hinaus in Form der G 77 innerhalb der Verhandlungen institutionalisiert.

Auf der COP 14 nahmen die Interessen und Themen der Entwicklungsländer

zumindest in der Außenwahrnehmung und bei den öffentlichen Aussprachen und

Verhandlungen eine zentrale Rolle ein – die Gruppe der 77 konnte sich dabei als

Sprachrohr der Entwicklungsländer profilieren und zumeist als geschlossener

Block auftreten. Offene Konflikte wurden vermieden.

Durch die G 77 gelang es den Entwicklungsländern, gemeinsame Interessen zu

formulieren und zu bündeln – dies erleichterte insbesondere den weniger

entwickelten Staaten deren Artikulation in den Verhandlungen.

Es findet zumindest bei den öffentlichen Aussprachen eine deutliche

Assoziierung vieler Entwicklungsländer mit den Positionen der G 77 statt –

allerdings fällt dabei auf, dass vor allem die weiter entwickelten

Transformationsländer die G 77 als Forum für ihre Interessen nutzen, während

Mitglieder der OPEC eine direkte Assoziierung mit der G 77 eher vermeiden und

zahlreiche LDCs und AOSIS-Staaten Forderungen aufstellen, die über die

gemeinsame Position der G 77 hinausgehen.

Trotz der hier konstatierten Druckpotentiale ist die Verhandlungsposition der Gruppe der

77 auch im internationalen Klimaschutz und im Rahmen der UNFCCC durch erhebliche

Durchsetzungsdefizite gekennzeichnet, die an dieser Stelle noch einmal

zusammenfassend dargestellt werden sollen. Bereits auf allgemeiner Ebene der G 77

lassen sich dabei verschiedene Durchsetzungsdefizite und Hindernisse bei der

Formulierung einer gemeinsamen Position erkennen:

So schwächen anhaltende Führungsrivalitäten innerhalb der G 77 – insbesondere

zwischen der asiatischen und der afrikanischen Gruppe - und das

Page 78: Machtvolle Akteure?  Entwicklungsländer in internationalen Klimaverhandlungen

Machtvolle Akteure? Entwicklungsländer in internationalen Klimaverhandlungen

- 75 -

unterschiedliche Verhältnis zu den USA die Formulierung einer gemeinsamen

Position der Gruppe.212

Unterschiedliche Interessenschwerpunkte und Prioritäten der einzelnen Länder

innerhalb der Gruppe führen darüber hinaus zu relativ unkonkreten

Kompromissen, die damit bereits abgeschwächt in die Verhandlungen

eingebracht werden.

Damit verbunden sind unterschiedliche und je nach Problemlage divergierende

Konzepte und Wege zur Problemlösung.213

Letztlich stellt sich auch die große Divergenz beim Grad der wirtschaftlichen

Entwicklung der Mitgliedsstaaten und deren Ausstoß an THG-Emissionen als

Defizit der Gruppe heraus, da dies zu unterschiedlichen Auffassungen bei der

Forderung nach konkreten Reduktionsverpflichtungen führt.

Schorlemer konstatiert im zunehmenden Zeitverlauf und mit dem Wegfall von

Koordinierungsrunden im Vorfeld großer Konferenzen darüber hinaus sogar eine

abnehmende Geschlossenheit der G 77. „Die Kohärenz der G-77 und damit die

Geschlossenheit ihres Auftretens – so die Beobachtung – nimmt tendenziell ab.“214

Der

Einflussverlust sei unübersehbar. Und Winter stellt insgesamt fest: „Bei

Verhandlungsprozessen in den Vereinten Nationen ist die G-77/China zwar immer noch

ein wichtiger Akteur, tendenziell hat sie jedoch an politischem Einfluss verloren.“215

Letzteres lässt sich im Rahmen der Klimaverhandlungen nicht ohne Weiteres feststellen.

Im Gegenteil: Zwar gelten die hier dargestellten allgemeinen Durchsetzungsdefizite auch

bei der Aushandlung eines Nachfolgeabkommens für Kyoto, doch treten sie in erheblich

schwächerem Maße auf. Im Rahmen der Klimaverhandlungen wurden

Durchsetzungsdefizite darüber hinaus insbesondere im Spiegel folgender Konfliktpunkte

deutlich:

212 Vgl. hierzu Schorlemer, S. 2005: S. 29. 213 Auf dem Südgipfel in Doha 2005 etwa, der eigentlich das Ziel hat, eine einheitliche Position der

Entwicklungsländer zu wirtschafts- und entwicklungspolitischen Fragen zu entwickeln, präsentierten

Kuba und Katar zwei unterschiedliche Strategien zur Armutsbekämpfung. 214 Schorlemer, S. 2005: S. 30. 215 Winter / Merai 2007: S. 6.

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Machtvolle Akteure? Entwicklungsländer in internationalen Klimaverhandlungen

- 76 -

Die Heterogenität der G 77 führt zu unterschiedlichen Auffassungen bei der

Bewertung und Bekämpfung des Klimawandels. Während die Reduktion der

Treibhausgasemissionen aller Länder für Vertreter der AOSIS nicht hoch genug

sein kann, stellen sich OPEC-Staaten gegen konkrete Verpflichtungen seitens der

Entwicklungsländer.

Innerhalb der G 77 existieren verschiedene Konfliktlinien, wie die empirische

Untersuchung im Vorangegangenen zeigen konnte (wirtschaftlich schwache

Staaten sind tendenziell stärker von den Folgen des Klimawandels betroffen, als

Länder mit einem hohen Pro-Kopf-Einkommen; vor allem Erdöl exportierende

Staaten haben einen hohen Ausstoß an THG-Emissionen; die Abhängigkeit von

internationaler Entwicklungszusammenarbeit variiert stark).

3.3 Konklusion

„[T]he climate change regime is a “core” site of learning about how to address climate change and has and can still be a key locus of action, so developing new theories and producing more evidence to better understand intra-G-77 dynamics remains an important task for researchers interested in global environmental politics.“216

Erinnern wir uns zum Abschluss dieser Ausarbeitung noch einmal an die zentrale

Fragestellung der vorangegangenen Untersuchung. Zu Beginn fragten wir uns,

welche Rolle die „Gruppe der 77“ unter besonderer Berücksichtigung interner

Gruppendynamiken bei der Artikulation und Durchsetzung der Interessen der

Entwicklungs- und Transformationsländer beim Technologietransfer im Rahmen

der internationalen Verhandlungen um ein Folgeabkommen für das Kyoto-

Protokoll spielt.

Wir haben festgestellt, dass die Beantwortung dieser Frage mit einer Untersuchung auf

zwei sehr unterschiedlichen Ebenen erfolgen muss: So muss die G 77 als eigenständiger

Akteur in den Klimaverhandlungen im Spiegel der dabei vorherrschenden

216 Barnett, J. 2008:

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Machtvolle Akteure? Entwicklungsländer in internationalen Klimaverhandlungen

- 77 -

Machtkonstellationen und Interessengegensätze betrachtet werden. Dies reicht jedoch

nicht aus, um die Positionierung dieser Gruppe ausreichend zu verstehen. Hierzu müssen

darüber hinaus auch die internen Gruppendynamiken beachtet und analysiert werden,

was mit der Untersuchung der Stichprobe im Rahmen dieser Arbeit geschehen ist. Daraus

ließen sich dann auch Rückschlüsse auf das Verhalten der G 77 in den Verhandlungen

ziehen.

Welche Schlussfolgerungen lassen sich nun aus den theoretischen Vorüberlegungen mit

dem konkreten Fallbeispiel ableiten? Der neoliberale Institutionalismus erklärt angesichts

der vielschichtigen Faktoren, die in dem konkreten Fall beim Regime zum

Technologietransfer eine Rolle spielen, zwar nicht das bisherige Nichtzustandekommen

eines solchen Regimes, jedoch lassen sich auf Basis der theoretischen Vorüberlegungen

Aussagen zu den Faktoren für ein solches Regime und damit auch zur Kooperation der

Entwicklungsländer untereinander treffen.

So werden die Staaten auch mit dem Verhandlungsrahmen der UNFCCC und dem

bisherigen Zustandekommen des Kyoto-Protokolls in der Tat in einer

„international society“ sozialisiert, die über die individuellen Interessenkalküle

hinausgeht. Gleichzeitig reicht die damit geschaffene Wertebasis und der

Grundkonsens zur Bekämpfung des Klimawandels jedoch auch nicht aus, um ein

internationales Regimes zum Transfer klimafreundlicher und zur Anpassung an

den Klimawandel notwendiger Technologien zu implementieren.

Kooperation setzt darüber hinaus eine gewisse Schnittmenge an gemeinsamen

Interessen voraus. Inwieweit diese tatsächlich groß genug ist, wird in den

derzeit laufenden Verhandlungen erörtert. Dabei geht es auch darum, die

(langfristigen) Folgen nichtkooperativen Verhaltens für die einzelnen Staaten

deutlich zu machen.

Der Klimawandel stellt ein globales Problem dar, von dem alle Staaten auf

verschiedene Art und Weise betroffen sein werden. Die Verhandlungen im

Rahmen der UNFCCC und die Diskussionen zum Technologietransfer unterstellen

den Vertragsstaaten zumindest das ernsthafte Interesse an einer gemeinsamen

und kooperativen Lösung sowie der Einbindung der Entwicklungsländer in ein

internationales Klimaregime. Dieses gemeinsame Interesse reicht jedoch auch

Page 81: Machtvolle Akteure?  Entwicklungsländer in internationalen Klimaverhandlungen

Machtvolle Akteure? Entwicklungsländer in internationalen Klimaverhandlungen

- 78 -

nach Ansicht des neoliberalen Institutionalismus angesichts des strukturellen

Kooperationsdilemmas im internationalen System nicht aus, um in Form eines

Regimes zu einer konkreten Form der Kooperation zu gelangen.

Ein Regime zum Technologietransfer als Teil eines internationalen Klimaregimes

entspricht bisher insbesondere soziologisch-reflektiven Erklärungsansätzen,

basierend auf der historischen Verantwortung der Industrieländer bei dem

gleichzeitigen Bewusstsein aller für die globale Tragweite des Klimawandels,

dessen Bekämpfung eine alle Länder einschließende Aufgabe darstellt. Der CDM

zeigt darüber hinaus eine rationalistische Dimension auf, die der Prämisse des

Kosten-Nutzen-Kalküls entspricht.

Die ebenso wie die Fragestellung zu Beginn der Arbeit formulierten Arbeitshypothesen

bestätigten sich nur zum Teil. Im Spiegel der vorangegangenen Ergebnisse lassen sie sich

nun wie folgt formulieren:

1. Zwar bleiben die 133 Entwicklungs- und Transformationsländer auch im

Zusammenschluss als G 77 ein in sich heterogener Akteur, der sich nicht direkt

mit konkreten Forderungen gegen die Interessen der Industrieländer durchsetzen

kann, doch bedeutet die Größe und Vielschichtigkeit der Gruppe in

zunehmenden Maße auch eine Stärke, die sich auch in einem gewichtigeren

Auftreten der Gruppe im Rahmen der UNFCCC-Verhandlungen widerspiegelt.

2. Eine Einigung beim Technologietransfer stellt in der Tat ein alle

Entwicklungsländer übergreifendes Interesse dar, das sowohl OPEC- als auch

AOSIS-Staaten in weiten Teilen trotz differierender Partikularinteressen

gemeinsam formulieren können. Gleichzeitig beeinflussen die unterschiedlichen

Prioritäten der einzelnen Länder auch die Gewichtung dieser Thematik. Während

Vertreter der AOSIS-Staaten Technologien zur Anpassung an den Klimawandel als

eine ihrer wichtigsten Forderungen definieren, zeigen sich Mitgliedsstaaten der

OPEC eher zurückhaltend, wenn es um eigene Reduktionsverpflichtungen geht,

die durch den Transfer entsprechender klimafreundlicher Technologien erreicht

werden können.

Page 82: Machtvolle Akteure?  Entwicklungsländer in internationalen Klimaverhandlungen

Machtvolle Akteure? Entwicklungsländer in internationalen Klimaverhandlungen

- 79 -

3. Inwieweit die Verhandlungsführung der G77 empirisch und nachvollziehbar

tatsächlich weniger vom Interesse der Mehrheit der Entwicklungsländer, als

vielmehr von den Interessen der wirtschaftlich starken Transformations- und

OPEC-Staaten geleitet ist, ließ sich am konkreten Beispiel nur schwer

feststellen. Deutlich wurde allerdings, dass es gerade die Transformationsländer

sind, die sich durch eine direkte Assoziation mit der G 77 stark an die Positionen

der Gruppe binden und dass die Länder der OPEC verhandlungstaktisch aus ihren

Partikularinteressen heraus zum Teil gegenläufig zu den Forderungen der G 77

agieren.

Der Vergleich zur Rolle der G 77 im Rahmen der UNCTAD machte noch einmal die

grundsätzlichen Durchsetzungsdefizite der Entwicklungsländer in internationalen

Verhandlungen zur Stärkung des Technologietransfers deutlich. Ähnlich wie in den

Aushandlungsprozessen unter der UNFCCC zeichnet sich der Erfolg der G 77 zur

Reformierung des internationalen Welthandels weniger durch konkrete, messbare und

nachhaltige Maßnahmen im Bereich des Technologietransfers als vielmehr dadurch aus,

dieses Thema überhaupt auf die internationale Agenda gesetzt zu haben, es ernsthaft zu

verhandeln und eine schrittweise Institutionalisierung im System der Vereinten Nationen

durchzusetzen. Gleichzeitig setzt dies auch ein geschlossenes und starkes Auftreten der

Gruppe im Rahmen der UNCTAD voraus. Vor allem durch die Bündelung der verschiedenen

Interessen der Entwicklungsländer und die Artikulation gemeinsamer Interessen

gegenüber industrialisierten Staaten konnte die G 77 Verhandlungserfolge erzielen.

Dies hängt sicher auch damit zusammen, dass die Ausweitung des Technologietransfers

als solcher ein alle in der G 77 zusammengefassten Staaten vereinendes Interesse

darstellt, dass einzelne Länder auf sich allein gestellt nicht werden erreichen können. Im

Kontext der Klimaverhandlungen spielen jedoch andere Faktoren als bei

wirtschaftspolitischen Verhandlungen eine Rolle, die die Einigung auf eine gemeinsame

Position innerhalb der Gruppe erschweren. So verfolgen etwa die AOSIS- und die OPEC-

Staaten grundsätzlich unterschiedliche Strategien, sowohl was den allgemeinen Verlauf

der Klimaverhandlungen angeht, als auch bei der Bewertung zur Bedeutung von

Anpassungsmaßnahmen gegen den Klimawandel. Durch das hohe Maß an Heterogenität

unterschiedlicher klimarelevanter Indikatoren am Beispiel der in dieser Arbeit

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Machtvolle Akteure? Entwicklungsländer in internationalen Klimaverhandlungen

- 80 -

untersuchten Stichprobe kann es der G 77 auch nicht gelingen, in den Verhandlungen mit

konkreten Forderungen zum Technologietransfer aufzutreten.

Bereits mit dem Abschlussbericht des IPCC 2007 wurde deutlich, dass ein im Sinne des

Klimaschutzes effektives Nachfolgeabkommen für das Kyoto-Protokoll und damit die

Vermeidung eines gefährlichen Klimawandels nur durch die Einbeziehung der

Entwicklungsländer möglich sein wird. Diese wiederum können Maßnahmen zur Minderung

von THG-Emissionen und zur Anpassung an den Klimawandel kaum allein und aus eigener

Kraft implementieren. Die G 77 stellt hier bei der Bündelung und Artikulation von

Interessen in der Tat einen entscheidenden Akteur dar. Sie besitzt zumindest das

Potential, als gemeinsame Interessenvertretung der Entwicklungsländer in den

Verhandlungen aufzutreten. Doch solange die internen Konfliktlinien zu großer

Uneinigkeit führen und fundamentale Konfliktlinien innerhalb der G 77 die Einigung auf

konkrete Verhandlungspositionen verhindern, solange wird auch die Gruppe weiterhin als

loser Zusammenschluss verschiedenster Länder nur begrenzt Druck aufbauen können.

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Machtvolle Akteure? Entwicklungsländer in internationalen Klimaverhandlungen

- 81 -

4 Literaturliste

Die in den jeweiligen Fußnoten nur in verkürzter Schreibweise

wiedergegebenen Literaturangaben finden sich in der folgenden Liste in vollständiger Form wieder.

Alle in der Literatur aufgeführten Internetquellen wurden am 2. April 2009 auf ihre Aktualität hin überprüft.

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WEITERE QUELLEN UND DOKUMENTE

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Machtvolle Akteure? Entwicklungsländer in internationalen Klimaverhandlungen

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Dokumente und Erklärungen der Gruppe der 77 < http://www.g77.org/doc/docs.html > Dokumente zu den Klimaverhandlungen im Rahmen der UNFCCC (Dokumentation) < http://unfccc.int/documentation/items/2643.php >

INTERVIEWPARTNER

Richard Vincent Worthington Organisation: WWF / South African Climate Action Network (Südafrika) Zeit und Ort: 5.12.2008, CoP 14, Poznan

Sven Harmeling Organisation: Germanwatch; Bereich Klima und Entwicklung (Deutschland) Zeit und Ort: 3.12.2008, CoP 14, Poznan

Lambert Wagner Organisation: Öko-Institut; CDM-Experte (Germany) Zeit und Ort: 5.12.2008, CoP 14, Poznan

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Machtvolle Akteure? Entwicklungsländer in internationalen Klimaverhandlungen

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5 Abkürzungsverzeichnis

AOSIS Alliance of Small Island States

BAP Bali Action Plan

BMU Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit

CDM Clean Development Mechanism

COP Conference of the Parties

EL Entwicklungsland / Entwicklungsländer

EPI Environmental Performance Index

G 77 / China Gruppe der 77 (zusammen mit China)

IL Industrieland / Industrieländer

IPCC Intergovernmental Panel on Climate Change

LDC Least Developed Countries

MDGs Millenium Development Goals

MOP Meeting of the Parties

NAM Non-Aligned Movement (Bewegung der Blockfreien Staaten)

ODA Official Development Assistance

OPEC Organization of Petrol Exporting Countries

UNCSTD Komitees zu Wissenschaft und Technologie für Entwicklung der VN

UNCTAD United Nations Conference on Trade and Development

UNDP United Nations Development Program

UNFCCC United Nations Framework Conference on Climate Change

VN /UN Vereinte Nationen / United Nations

WMO World Meteorological Organization

WTO World Trade Organization (Welthandelsorganisation)

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Machtvolle Akteure? Entwicklungsländer in internationalen Klimaverhandlungen

- 87 -

6 Anhang

6.1 Länderauswahl & Indikatoren der empirischen Datenanalyse

Die ausgewählte Stichprobe besteht aus Ländern aller Regionen und enthält Vertreter

aller in der Ausarbeitung aufgezeigten Konfliktlinien. Extreme und Mittelwerte aller sechs

ausgewählten Indikatoren (wirtschaftliche Entwicklung, Gefährdung durch den

Klimawandel, THG-Emissionen, Aktivitäten gegen den Klimawandel, Abhängigkeit von

multi- und bilateraler EZ, Förderung erneuerbarer Energien). Darüber hinaus sind Länder

der AOSIS, LDCs, OPEC-Staaten und Transformationsländer vertreten. Die Weltkarte zeigt

die regionale Verteilung der Länder der Stichprobe (blau):

1 Ägypten

2 Argentinien

3 Bangladesch

4 Brasilien

5 Burkina Faso

6 Burundi

7 Chile

8 China

9 Grenada

10 Indien

11 Indonesien

12 Katar

13 Kuwait

14 Malaysia

15 Malediven

16 Marokko

17 Mauritius

18 Mexiko

19 Mongolei

20 Namibia

21 Nepal

22 Nigeria

23 Peru

24 Philippinen

25 Saudi-Arabien

26 Seychellen

27 Singapur

28 Südafrika

29 Trinidad & Tobago

30 Tunesien

31 Tuvalu

32 Venezuela

33 Vietnam

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Machtvolle Akteure? Entwicklungsländer in internationalen Klimaverhandlungen

- 88 -

Wirtschaftl, Entwicklung

Gefährdung durch den

Klimawandel

THG-Emissionen

Aktivitäten gegen den

Klimawandel

Abhängigkeit multi- und

bilaterale EZ

Förderung erneuerbarer

Energien

(Pro-Kopf-Einkommen - purchasing

power parity in USD 2007)

(Global Climate Risk

Index 09)

(pro-Kopf-CO2-Emissionen

2004 in Mio T)

(EPI climate change)

(ODA Mittel 2007 in % des

BNE)

(Anteil EE an Primärenergie-

Produktion 2005)

Quelle HDI 2007 Germanwatch 2008

HDI 2007 EPI 2008 OECD 2008 HDI 2007

Ägypten 4.031,0 110,42 2,3 68,9 1,0 4,2

Argentinien 13.652,4 71,33 3,7 82,3 0,1 8,1

Bangladesch 1.916,2 3,00 0,3 77,1 2,2 34,8

Brasilien 7.825,8 70,00 1,8 83,3 0,017 40,4

Burkina Faso 1.213,0 34,50 0,1 77,6 10,5 ---

Burundi 629,8 64,33 0,03 81,5 45,6 ---

Chile 10.938,6 92,83 3,9 78,4 0,1 22,5

China 6.620,7 26,67 3,8 52,7 0,1 15,0

Costa Rica 10.180,0 39,42 1,5 98,3 0,1 48,1

Grenada 4.945,0 38,17 2,7 --- 6,2 ---

Indien 3.307,9 29,50 1,2 57,9 0,2 31,1

Indonesien 3.570,1 21,08 1,7 59,8 0,9 32,2

Katar 29.800,0 --- 79,3 --- 0,0 0,0

Kuwait 23.416,4 150,42* 37,1 38,6 0,0 0,0

Malaysia 10.091,0 75,00 7,5 61,9 0,024 5,3

Malediven 3.900,0 --- 2,5 --- 8,7 ---

Marokko 4.346,4 106,75 1,4 66,5 1,3 4,3

Mauritius 11.622,1 63,50 2,6 53,5 0,5 ---

Mexiko 9.967,3 31,08 4,2 71,5 0,024 9,6

Mongolei 2.034,0 82,33 3,1 57,5 11,3 1,7

Namibia 7.037,8 79,25 1,2 96,5 2,0 23,8

Nepal 1.379,1 29,42 0,1 98,1 5,8 88,9

Nigeria 1.008,1 65,50 0,9 85,5 6,5 78,7

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Machtvolle Akteure? Entwicklungsländer in internationalen Klimaverhandlungen

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Peru 5.725,1 56,33 1,1 87,1 0,5 29,2

Philippinen 4.730,6 53,17 1,0 82,0 0,6 45,1

Saudi-Arabien 14.768,8 124,75* 13,6 50,5 0,008 0,0

Seychellen 15.105,4 70,92* 6,7 --- 2,7 ---

Singapur 28.305,4 125,50 12,3 71,8 0,0 0,0

Südafrika 10.337,8 46,58 9,8 51,4 0,3 10,7

Trinidad & Tobago

14.708,1 --- 24,9 28,7 -0,015 0,2

Tunesien 7.758,2 84,50 2,3 77,1 1,3 13,5

Venezuela 6.485,3 98,00 6,6 68,4 0,035 11,5

Vietnam 2.924,8 16,25 1,2 74,7 3,6 50,3

Entwicklungsländer

5.282,0 --- 2,4 0,9 20,9

LDCs 1.499,0 --- 0,2 9,3 ---

OECD 29.197 --- 11,5 --- 6,2

Welt insgesamt 9.543,0 --- 4,5 0,2 12,6

*1998 – 2007 akkumuliert

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Machtvolle Akteure? Entwicklungsländer in internationalen Klimaverhandlungen

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Dargestellt als paarige Konfliktlinien ergeben sich drei graphische Darstellungen, die das

breite Spektrum der innerhalb der G 77 zusammengefassten Länder widerspiegeln.

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Machtvolle Akteure? Entwicklungsländer in internationalen Klimaverhandlungen

- 93 -

6.2

Statements

der Länder auf

der COP 14

(Stichprobe)

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Machtvolle Akteure? Entwicklungsländer in internationalen Klimaverhandlungen

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Folgende Punkte standen im Zentrum der gemachten Aussagen

Die Folgen des Klimawandels werden gerade für die Entwicklungsländer

dramatisch sein

Industrieländer müssen die Führungsrolle bei den Reduktionsverflichtungen

einnehmen

Erfolgreiches Abkommen muss in Kopenhagen zustande kommen

Klimaschutz wird in Verbindung gesetzt mit anderen entwicklungspolitischen

Themen (MDGs, Armut)

Teilweise Assoziierung mit der G 77 – jedoch noch stärker: Sprechen im Namen

der Entwicklungsländer

Starker Bezug auf den Bali Action Plan (BAP)

Vor allem die größeren Länder wie Südafrika oder Ägypten assoziierten sich

direkt mit den Positionen der Entwicklungsländer

Nicht alle als Stichprobe ausgewählte Staaten gaben auf der Konferenz von

Posen ein Statement ab

Die Reden sind nachzuhören unter http://copportal1.man.Posen.pl/

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Machtvolle Akteure? Entwicklungsländer in internationalen Klimaverhandlungen

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6.3 Umfrage auf der COP 14 zur Rolle der G 77217

217 a=„stimme voll zu“ / b=„stimme eher zu“ / c=„unentschieden“ / d=„stimme eher nicht zu“ / e=„stimme nicht zu“ / n.a. = keine Angaben (58 Fragebogen ausgefüllt)

TEIL 1:

Technologietransfer

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TEIL 2:

Gruppe der 77

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