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maecenas sommer 2013

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maecenassommer 2013

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Erich KästnerDer Mai

Im Galarock des heiteren Verschwenders,ein Blumenzepter in der schmalen Hand,fährt nun der Mai, der Mozart des Kalenders,aus seiner Kutsche grüßend, über Land.

Es überblüht sich, er braucht nur zu winken.Er winkt! Und rollt durch einen Farbenhain.Blaumeisen flattern ihm voraus und Finken.Und Pfauenaugen flügeln hinterdrein.

Die Apfelbäume hinterm Zaun erröten.Die Birken machen einen grünen Knicks.Die Drosseln spielen, auf ganz kleinen Flöten,das Scherzo aus der Symphonie des Glücks.

Die Kutsche rollt durch atmende Pastelle.Wir ziehn den Hut. Die Kutsche rollt vorbei.Die Zeit versinkt in einer Fliederwelle.O, gäb es doch ein Jahr aus lauter Mai!

Melancholie und Freude sind wohl Schwestern.Und aus den Zweigen fällt verblühter Schnee.Mit jedem Pulsschlag wird aus Heute Gestern.Auch Glück kann weh tun. Auch der Mai tut weh.

Er nickt uns zu und ruft: „Ich komm ja wieder!“Aus Himmelblau wird langsam Abendgold.Er grüßt die Hügel, und er winkt dem Flieder.Er lächelt. Lächelt. Und die Kutsche rollt.

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plötzlich diese übersichtAusstellungen und Publikationen unserer Stipendiaten

Das Künstlerduo Wiebke Grösch und Frank Metzger, Reisestipen-diaten 2001, stellen in dem monografischen Katalog Dies alles, Herzchen, hat einmal uns gehört Arbeiten der vergangenen sieben Jahre vor. Die Publikation ist 2012 anlässlich der Einzelausstellung To the People of the City im Frankfurter Kunstverein bei Revolver Publishing, Berlin, erschienen unter ISBN 978-3-86895-252-0.

Unsere Reisestipendiatin 2007/08 Kerstin Cmelka publizierte 2012 bei Merve, Berlin: „Ein Bilderbuch mit Fotografien von 1983 bis 2011. Um Erfahrungen, vegetative, innerkörperliche Prozesse und emo tio nale Zustände nicht nur für sich geltend zu machen. Aber: die Grenze zwischen Innen und Außen zu dehnen, den Kör-

per Lernprozesse einleiten zu lassen, diese weise zu verschwenden und auch bei der Arbeit zu tanzen. Mäuse.“ Dem ist nichts hinzuzufügen außer der ISBN 978-3-88396-321-1.

Jörg Ahrntornamental colours / coloured ornamentBis 28. Juni 2013Arte Giani, Taunusanlage 18, Frankfurt am Mainwww.artegiani.de

K. Cmelka, L. Schmidt Hansen, N. Sebestyén und andere Living with more ArtBis 28. Juni 2013Galerie Reinhard Hauff, Paulinenstraße 47, Stuttgartwww.reinhardhauff.de

T. Erdelmeier, S. Schüler, H. Warmuth, H. Zimmer und anderePainting of today! No. 1Bis 2. Juni 2013ArtSpace RheinMain, Ölhalle am Hafen 6, Offenbachwww.artspace-rheinmain.com

J. Euler, M. Loboda, M. Meise, S. Dybbroe Møller, Pennacchio / Argen-tato, A. Poomtangon, T. Saraceno, B. Schreiner, Nora Schultz, J. Voss, H. Yang und andereI know you. A show about currencies, from Europe and elsewhereBis 1. September 2013Irish Museum of Modern Art IMMA at NCH, Earlsfort Terrace, Dublin 2 / IRwww.imma.ie

Alexandra Hopf und andereVertikale – Projektionskunst im Deutschen FilmmuseumBis 16. Juni 2013Deutsches Filmmuseum, Schaumainkai 41, Frankfurt am Mainwww.deutsches-filminstitut.de

Anne Imhof13. Juli – 8. September 2013 Portikus, Alte Brücke 2, Frankfurt am Mainwww.portikus.de

Jana Euler, Anne Imhof und andere Mike, Unruhe im Stall30. Juni – 14. Juli 2013Nassauischer Kunstverein Wiesbaden, Wilhelmstraße 15, Wiesbadenwww.kunstverein-wiesbaden.de

Sandra Kranich Short Ride in a Fast MachineBis 26. Mai 2013Oldenburger KunstvereinDamm 2a, Oldenburgwww.kunstverein-oldenburg.de

Anna Ostoya und andere DisclosuresBis 22. Juni 2013Bortolami Gallery520 W 20 St, New York / USA

Carsten Tabel und andere Ausstellungsreihe PLAZA SHOWS12. Juni bis 27. August 2013Commerzbank Plaza, Kaiserplatz 16, Frankfurt am Main

Ingo Vetter und andere MythographiesBis 21. Juni 2013Yaffo 23, 23 Yaffo Street, Jerusalem / Israelhttp://yaffo23.org

Wiebke GröschFrank Metzger

Dies alles, Herzchen,

hat einmal uns gehört

All this, Darling, once belonged to us

Titel_Groschmetzger.indd 1 16.08.2012 15:50:15 Uhr

Kerstin CmelkaMäuse

Merve Verlag Berlin

Erschienen 2012 im Merve Verlag BerlinUmschlagentwurf: Jochen Stankowski, DresdenGestaltung: Michael Pfrommer, Kerstin Cmelka

ISBN 978-3-88396-321-1

Cm

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M

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CmelkaUmschlag.indd 1 1/23/12 2:14:27 PM

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merhaba istanbul

Mit dem 11. Turnus ihres Stipendienprogrammes hat die Hessi-

sche Kulturstiftung den neuen Standort in der türkischen Metro-

pole eröffnet. Das angemietete Wohnatelier liegt inmitten der sehr

lebhaften, internationalen Kunst- und Kulturszene im euro pä-

ischen Stadtteil Beyoglu, in der Nähe der alterwürdige Galata-

turm, der, als Teil der genuesischen Stadtbefestigung im 14. Jahr-

hundert erbaut, das Goldene Horn bewacht. Ebenfalls benachbart

liegen einige wichtige Galerien für zeitgenössische Kunst und das

1997 von dem türkischen Künstler Genco Gulan gegründete

Istanbul Contemporary Art Museum.

Betreut wird die Istanbuler Stiftungsresidenz durch das Liegen-

schaftsbüro eines deutsch-türkischen Architekten- und Künstler-

paares, dessen Passion Geschäftsprogramm ist: Das Projekt

Manzara Istanbul arbeitet in einem interkulturellen Netzwerk, ver-

mittelt Kontakte zu Künstlern und Kunstinstitutionen, veran staltet

eigene Kunstevents und wird sich vor Ort auch um unsere Stipen-

diaten bemühen.

Als Pionierin hat Nina Tobien (*1974) im März 2013 das neue

Atelier bezogen. Die Frankfurter Künstlerin wird dort für ein Jahr

leben und an ihrem Stipendiumsprojekt arbeiten. Die Absolventin

der Hochschule für Gestaltung, Offenbach, und der Frankfurter

Städelschule beschäftigt sich in ihren Installationen und Per for-

mances mit den Möglichkeiten der Darstellung narrativer Pro-

zesse. In Istanbul wird sie Techniken traditioneller orientalischer

Er zähl kunst untersuchen und Elemente daraus in eigene künstle-

rische Formen einfließen lassen.

Atelier Istanbul der Hessischen Kulturstiftung

Künstler im Stipendienprogramm:

Nina Tobien 2013/14, Phillip Zach 2014/15

www.hkst.de/de/stipendien.html

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beatstreets

Mit HipHop beschäftigt sich Babak Sa-

yahzadeh (*1996) seit frühester Kind-

heit. Über die Musiksender VIVA und

MTV und früh auch schon im Internet

verfolgt der jetzt 17-jährige Autist die

Entwicklungen seiner Musik, recher-

chiert in einschlägigen Blogs und Musik-

plattformen Songs und Hintergrundma-

terial zu Künstlern und Bands, sortiert und speichert Musik und

Bilder nach Styles und Themen. Inzwischen verfügt der in Frank-

furt und Heiligenberg-Steigen lebende Schüler über ein riesiges

Archiv, das ihm als Basis und Anregung für seine eigene künstle-

rische Arbeit dient.

In seinen digitalen Grafiken analysiert und transformiert Babak

Sayahzadeh die Themen und Motive der HipHop-Communities,

entwickelt aus gesampelten Elementen neue Plattencover oder

Marketingkampagnen für fiktive Protagonisten. Über Gesten,

Wortspiele und eine treffsichere Farbigkeit entstehen Cartoons,

in denen der Künstler zu politischen und sozialen Konflikten in

der Welt Stellung nimmt.

Das Frankfurter Atelier Goldstein der Lebenshilfe e. V., das sich

unter der Leitung von Christiane Cuticchio seit Jahren wegwei-

send für das Kunstschaffen von Menschen mit psychischen Be-

hinderungen einsetzt, vertritt den jungen Künstler mit Agenturleis-

tungen. In der vierteljährlich erscheinenden Publikationsreihe

Atelier Goldstein Hefte ist die erste Monografie zu Sayahzadehs

Arbeiten erschienen. Die Publikation enthält neben zahlreichen

Abbildungen aus seinem schon jetzt umfangreichen Werk Text-

beiträge von Stephen Suckale und Markus Weisbeck.

Babak Sayahzadeh

Atelier Goldstein Hefte #3

Frankfurt am Main, 2012

ISBN 978-3-943388-02-2

Bestellung: [email protected]

www.atelier-goldstein.de

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welt sichten I

Von einem Leben in sonnigeren Gefilden träumen nordeuropäi-

sche Menschen regelmäßig; die meisten geben sich dann aber

mit Urlaubsreisen in wärmere Länder zufrieden und kommen zu-

rück, nur wenige realisieren ihre Fantasien von einem besseren

Dasein anderswo.

Der Fotograf Giorgio Sommer, 1834 in Frankfurt am Main ge-

boren, hat eine solche Lebens- und Geschäftsidee verwirklicht.

Der ausgebildete Kaufmann eröffnete 1857 ein Fotostudio in Ne-

apel und führte sein Geschäft, zeitweise in Kooperation mit dem

ebenfalls aus Deutschland stammenden und in Rom ansässigen

Edmond Behles, über drei Jahrzehnte mit beträchtlichem Erfolg.

Zeitgenössische Statusdokumentationen der archäologischen

Grabungen in Pompeji und eine Serie von Aufnahmen des Vesus-

Ausbruches im April 1872 gehören zu seinen fotografischen Ar-

beiten ebenso wie Alltagsszenen aus dem italienischen Süden,

die Sommer vor Ort an Touristen verkaufte, aber auch in Sammel-

bänden in ganz Europa vertrieb.

Auf die Bildproduktionen von reisenden Künstlerinnen und

Künstlern aus dem Rhein-Main-Gebiet fokussiert die Ausstellung

Faszination Fremde. Bilder aus Europa, dem Orient und der Neu-

en Welt, die das Museum Giersch derzeit präsentiert. Anhand von

vierzig, teils wenig bekannten Positionen aus dem 19. und frühen

20. Jahrhundert reflektiert die Schau ein bereits vielbesprochenes

Themenfeld, das aber durch den regionalen Kontext und eine dif-

ferenzierte Bearbeitung aufschlussreiche Facetten dazugewinnt.

Faszination Fremde

Bilder aus Europa, dem Orient und der Neuen Welt

Bis 14. Juli 2013

Museum Giersch

Schaumainkai 83, 60596 Frankfurt am Main

Telefon 069 / 63 30 41 28

Öffnungszeiten Di – Do 12 – 19 Uhr, Fr – So 10 – 18 Uhr

www.museum-giersch.de

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welt sichten II

Historische Kopfbedeckungen aller Art, Schuhe, Taschen,

Schmuck und Kleidungsstücke aus den großartigen Sammlungen

des Weltkulturen Museums in Frankfurt treffen auf vier junge Mo-

delabels aus Nigeria (Buki Akib), Deutschland (A Kind of Guise),

Großbritannien (CassettePlaya) und Australien (P.A.M. / Perks

and Mini). Wie schon für die Ausstellung Objekt Atlas im vergange -

nen Jahr setzt das Haus auch für die aktuelle Präsentation auf

das dialo gische Konzept im Weltkulturen Labor, diesmal mit Blick

auf Bekleidung und Weltmode.

Im Vorfeld der Ausstellung erforschten die von Co-Kurator

Teimaz Shaverdi ausgewählten internationalen Designer während

mehrwöchiger Aufenthalte sowohl ethnologische Artefakte als

auch Film- und Fotomaterial aus verschiedenen außereuro-

päischen Kulturen und Zeiträumen. In der direkten Auseinander-

setzung mit der Ästhetik, Bedeutung und Funktion traditioneller

Kleidungsstücke entstanden Prototypen für Kleidung und Acces-

soires von heute; dazu auch einiges Vertriebsmaterial wie Videos

und multimediale Arbeiten, das die, gemessen an massenprodu-

zierenden Modekonzernen, kleinen Ateliers für die digitale Kom-

munikation und Vermarktung von Stilen und Produkten nutzen.

Das Weltkulturen Museum zeigt noch bis Ende August rund

500 Objekte, Sammlungsstücke und Musterkollektionen in instal-

lati ven Gegenüberstellungen, die Fragen aufwerfen: über die an-

haltenden Retro-Trends im aktuellen Design beispielsweise, aber

auch über Produktions- und Konsumptionsprozesse in der globa-

lisierten Welt. Interessant nicht nur für Fashi o nistas.

Trading Style – Weltmode im Dialog

Bis 31. August 2013

Weltkulturen Museum

Schaumainkai 29 – 37

60594 Frankfurt am Main

Telefon 069 / 21 23 15 10

Öffnungszeiten Di, Do – So 11 – 18 Uhr, Mi 11 – 20 Uhr

www.weltkulturenmuseum.de

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stipendiatinnen katharina stöver barbara wolff peles empire

Die für König Carol I. 1883 fertiggestellte Sommerresidenz

Schloss Peles in den rumänischen Karpaten ist, äquivalent zu

Neuschwan stein, ein Gestalt gewordener Traum historistischer

Bau- und Ausstattungskultur. Unsere Stipendiatinnen Katharina

Stöver (*1982 in Gießen) und Barbara Wolff (*1980 in Fagaras /

Rumänien) haben sich dieses Konzepts der Akkumulation von Stil

und Bedeutung angenommen. Seit 2005 arbeiten die Künstlerin-

nen, die beide die Frankfurter Städelschule als auch die Slade

School of Fine Arts und die Royal Academy Schools in London

absolviert haben, unter dem programmatischen Namen Peles

Empire gemein sam am Thema Reproduktion und dem Verhältnis

von Original und Kopie weiter.

Zunächst in Frankfurt, jetzt in London, temporär in Los Ange-

les und mit einem Reisestipendium der Hessischen Kulturstiftung

2012 im rumänischen Cluj haben Stöver und Wolff einzelne

Räume des Schlosses bildlich rekonstruiert und bespielen diese

Installa tionen mit Ausstellungen weiterer Künstlerinnen und

Künstler. Wir haben Peles Empire zu ihrer sehr erfolgreichen kura-

torischen und eigenen künstlerischen Arbeit im folgenden Inter-

view befragt.

Die erste museale Einzelausstellung von Barbara Wolff und

Katharina Stöver ist noch bis zum 9. Juni 2013 im Kunstmuseum

Stuttgart in der Frischzelle zu sehen; weitere Ausstellungen laufen

bereits bei F X G, Glasgow Sculpture Studios (bis 22. Juni 2013)

und im Palazzo Peckham auf der 55. Venedig Biennale. Eine Aus-

stellungsbeteiligung von Peles Empire bei Shanaynay in Paris ist

für den September in Vorbereitung, eine weitere Einzelausstellung

folgt bei der Gesellschaft für Aktuelle Kunst GAK in Bremen von

Februar bis Mai 2014.

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hks Katharina Stöver und Barbara Wolff, Sie beide haben schon

während Ihres Studiums an der Frankfurter Städelschule das Pro-

jekt Peles Empire gegründet und arbeiten seither ausschließlich

gemeinsam – künstlerisch, kuratorisch und organisatorisch. Was

war die Idee für dieses zumindest als raumgreifend zu beschrei-

bendes Projekt und wie hat sich das Konzept entwickelt in den

ver gangenen Jahren?

wolff / stöver Schon während unseres Studiums gab es in unse-

ren Arbeiten viele Parallelen. Wir haben uns sehr für Reprodukti-

on und Materialverschiebungen interessiert, auch wenn wir da-

mals beide hauptsächlich mit Malerei beschäftigt haben. Wir sind

zufällig in die gleiche WG eingezogen. Als ein weiteres Zimmmer

in unserer Wohnung frei wurde, kam die Idee auf, diesen Raum

für etwas zu nutzen, dass außerhalb unserer bisherigen Arbeit

lag. Wir kamen auf das Schloss Peles; es macht sich Reprodukti-

on zu eigen und kopiert verschiedene architektonische Stile der

vergangenen Epochen. Am Anfang haben wir die Methode des

Schlosses auf die simpelste Art übernommen, in dem wir einen

Raum (das Prinzessinnenschlafzimmer in Referenz zum Rotlicht-

viertel) in A3 Kopien reproduzierten, woraus eine „Tapete“ ent-

stand, die das Zimmer auf einer Wand abbildete. In dieser Zeit

fungierte die Rauminstallation als eine Art wöchentlicher Salon.

Daran interessierte uns vor allem das Verschwimmen zwischen

privatem und öffentlichem Raum, und die Absurdität von der Re-

duktion des drei-dimensionalen Raumes zu der zwei-dimensiona-

len Reproduktion, zu der daraus entstehenden Rauminstallation

in unserem Wohnzimmer. Diesen Salon gab es jeden Donnerstag

für sechs Monate, danach zogen wir gemeinsam nach London,

wo wir einen zweiten Raum des Schlosses reproduzierten. Hier

führten wir kurz drauf unser monatlich wechselndes Ausstellungs-

programm ein. Die Idee hierfür war eine Art erweiterte Kollabora-

tion und das Hinterfragen von Ausstellungsräumen und dem Kon-

zept des „white space“.

Die Idee einen weiteren Raum in Cluj, Rumänien, zu eröffnen,

entstand während einer Reise durch das Land. Uns interessierte

zum Einen, was passiert, wenn unsere „Version der Kopie" wie-

der in das Ursprungsland zurückgebracht wird, wie es dort ver-

standen oder angenommen wird. Darüber hinaus wollten wir aber

auch den künstlerischen Austausch zwischen Ost und West ver-

stärken, rumänische Künstler nach England einladen und umge-

kehrt. Teil des Ausstellungskonzepts war es, Künstler parallel zu

Ausstellungen in Rumänien und London einzuladen. Zum Beispiel

zu einer Einzelausstellung in London und einer Gruppenaus-

stellung in Rumänien. Um die Gleichheit und Unterschiedlichkeit

der beiden Räume zu verdeutlichen, handelt es sich um den

gleichen Schlossraum, in London jedoch in Schwarz-Weiß und in

Ru mänien in Farbe.

Die Ausstellungsräume sind immer relativ direkte Kopien der

Schlossräume, sie werden lediglich den vorhandenen Räumlich-

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ganz links: ORIGINAL/COPY 3 Installationsansicht, Peles Empire, Cluj, 2012; Archie Franks, Shane Munro, Nicolas Deshayes, Mihut‚ Bos‚cu, Ella McCartney, Alexandre da Cunha, Andrew Mealor, Ruairiadh O'Connell, Radu Coms‚a

links: ORIGINAL/COPY 1, Installationsansicht, Peles Empire London, 2012; Radu Comsa, Alexandre da Cunha, Ella McCartney, Andrew Mealor, Jesse Wine

keiten angepasst. Die entstehende Veränderung kommt durch

die eingeladenen Künstler zustande, ein Moment, in dem wir un-

sere „Kollaboration“ erweitern. Die eingeladenen Künstler haben

keinerlei Einschränkung, wie sie mit der Rauminstallation umge-

hen wollen.

hks Wie hat diese „Implantation“ funktioniert? Wie waren die

Reaktionen der Künstler, die Sie vor Ort in Rumänien eingeladen

haben?

wolff / stöver Die Kunstszene in Cluj ist sehr aktiv und dank

Galerien wie Sabot oder Plan B ein wichtiger Standort für die ru-

mänische Kunstszene. Zunächst wurde der Ausstellungsraum,

oder vielmehr die Tatsache, dass das Peles die Grundlage dazu

bietet, mit Verwunderung wahrgenommen, da das Schloss in Ru-

mänien eher als Touristenattraktion bekannt ist. Generell wurden

die Ausstellungen aber mit viel Interesse aufgenommen. Für die

eingeladenen Künstler stellte der zweite Ausstellungsraum eine

interessante Perspektive da, Ausstellungen zur etwa gleichen Zeit

an verschiedenen Orten zu konzipieren, und somit Versionen oder

Parallelen in ihren eigenen Arbeiten zu schaffen.

hks Welche Rolle spielen die Kollaborationen mit anderen Künst-

lern für Ihre eigene künstlerische Arbeit?

wolff / stöver Bei Kollaboration mit den Künstlern in den Ausstel-

lungsräumen treten wir komplett in den Hintergrund. Alle Ent-

scheidungen mit dem Raum umzugehen oder ihn zu verändern

geht von ihnen aus. Wir bieten in diesem Zusammenhang etwas

Statisches, das sich nur durch die Spuren der letzten Ausstellun-

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oben: re-construct 5, 2013, Ausstellungsansicht Kunstmuseum Stuttgart, Frischzelle 18

rechts oben: Formation, 2013, Installationsansicht, Cell Project Space, London

rechts unten: Formation 5, 2013, unglasiertes Porzellan mit schwarzem Schamotte, 60×29×32 cm

gen und durch die Arbeiten der Künstler verändert. Der Einfluss

der Künstler auf uns besteht vor allem darin, die permanente In-

stallation mit anderen Augen sehen zu können und Rauminter-

ventionen ganz anders umzusetzen und wahrzunehmen. Die ein-

geladenen Künstler beschäftigen sich teilweise gar nicht mit dem

existierenden Raum, agieren in Bezug auf verschiedene Elemente

in den 2D-Installationen oder setzen sich ebenfalls mit deren Me-

thode oder Struktur auseinander.

hks Und die Kollaboration zwischen Ihnen beiden?

wolff / stöver Seit 2010 setzen wir uns auch auf anderen Ebenen

mit der Herangehensweise und dem Bildmaterial des Schlosses

auseinander. Da uns vor allem die Methode interessiert, das Ko-

pieren und hierarchielose Nebeneinanderstellen verschiedener

Materialien und Stile, entwickeln wir dies soweit wie möglich wei-

ter, und somit wird das Original immer weiter in Frage gestellt. In

dieser Hinsicht interessiert uns vor allem die Schnittstelle von

zwei- und dreidimensionalem Raum, zwischen Bild und Objekt,

ein Aspekt, der auch in der Dokumentation unserer Rauminstal-

lationen hervortritt. Die Übersetzung von zwei-dimensionalem

Bildmaterial in drei-dimensionale Objekte und die Umkehrung die-

ses Prozesses stehen dabei im Vordergrund.

hks Vielen Dank Ihnen beiden für das Interview und Glückwunsch

zum ganz frischen Stipendium bei der Kunststiftung Baden-

Württemberg!

Die E-Mail-Korrespondenz führte Karin Görner.

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maecenas erscheint viermal jährlich. Wenn Sie den maecenas regel-mäßig zu gesandt oder weitere In formationen über die Hessische Kultur stiftung erhalten möchten, wenden Sie sich bitte an unsere Ge-schäfts stelle: Hessische Kulturstiftung, Luisenstraße 3, 65185 Wies-baden, Telefon 0611 / 58 53 43-40, Fax 0611 / 58 53 43-55, E-Mail [email protected], www.hkst.de

Bildnachweis: Titel und weitere Abbildungen Museum Giersch: Mathil-de Battenberg, Bildnis eines Afrikaners, 1915, Privatbesitz, Foto: Ur-sula Seitz-Gray; Giorgio Sommer, Makkaroniesser, um 1865, Privat besitz | Hessische Kulturstiftung: Atelier Istanbul, Innenan-sichten; Istanbulfoto fotolia Rico K.| Atelier Goldstein: Babak Sa-yahzadeh, Muharram in Riad, Saudi-Arabien / jaeggle, Compu-terzeichnungen, 2012 / Cover Broschüre | Weltkulturen Mu seum: Maske, Melanesien, Holz, Fasern; S/W-Fotos: lks: A Kind of Guise, Wendejacke Nr. 3, Bernal Krawatte. Viva la Mexiko S/S, 2013, Foto: A Kind of Guise, re: Mann in traditioneller Kleidung, Kamerun, Westafrika, Foto: Johannes Lukas, 1952, Weltkulturen Museum; Prototypdesign, Buki Akib, Weltkulturen Labor 2012, Foto: Wolfgang Günzel | stipendiatinnen katharina stöver, barbara wolff: peles empire © peles empire, Fotos Formation: Mariell Amelie.

Textnachweis Gedicht: Erich Kästner, Die dreizehn Monate. Gedichte über und auf die Natur – von einem Großstädter für Großstädter und andere Zivilisationsgeschädigte. Mit einem ebenso heiteren wie hinter-gründigen Bilderkalendarium von Celestino Piatti. Deutscher Taschen-buch Verlag, München 1988.

Redaktion: Karin Görner, Kunst: kommunikativ, Frankfurt am MainGestaltung: Fine German Design, Frank furt am Main