MAGNUS Schach 281016 - bdf-fernschachbund.de · Magnus Carlsen kommt selbst in praktisch jedem...

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MAGNUS Schach – Deutsche Schachzeitung 28.10.2016 »Es ist ziemlich schwer, cool zu sein, wenn man Schach spielt« Nahezu zeitgleich mit dem Beginn des WM-Matches zwischen Magnus Carlsen und Sergej Karja- kin in New York (1. Partie am 11. November) kommt der Film Magnus – Der Mozart des Schachs in die deutschen Kinos. Es handelt sich um eine 76-minütige Doku- mentation mit deutschen Unterti- teln, für die Regisseur Benjamin Ree über 500 Stunden Archivma- terial ausgewertet hat. Das Gerüst des Filmes bildet ein Gespräch mit Henrik Carlsen. Der Vater des Protagonisten vollzieht darin die Entwicklung seines Soh- nes bis zum Gewinn des Weltmei- stertitels 2013 nach. Mit vielen privaten und einigen öffentlichen Filmdokumenten werden wichti- ge Stationen Magnus’ nachge- zeichnet. Die ersten Aufnahmen stam- men von einem Familienurlaub aus dem Jahre 1994. Wir erfahren, dass Magnus frühzeitig Interesse an Mathematik zeigte, was den Ausschlag dafür gab, dass seine Eltern dem Sprössling das könig- liche Spiel beibrachten. Es folgt ein Sprung zum »Schachspieler« Carlsen, wir sehen ihn bei der Norwegischen Meisterschaft 2004, in der er den Sieg teilte, und der K.o.-WM 2004, bei der er in der ersten Runde ausschied (»Für mich brach eine Welt zusam- men.«). Weitere Stationen sind sein erstes Aufeinandertreffen mit Garri Kasparow in Island 2004 und schließlich, fast zehn Jahre später, der Griff nach dem Titel: Kandidatenturnier London 2013 und Vorbereitung auf das Match in Chennai, Sieg gegen Viswa- nathan Anand, Weltmeister! Am berührendsten waren für mich die Aufnahmen aus Magnus’ Schulzeit: »Es gibt da so eine Ban- de. Die sind ziemlich brutal. Sie ärgern mich, wo es nur geht. Ich bin so eine Art Außenseiter ge- worden, weil ich anders als der Rest der Klasse bin. Es ist ziem- lich schwer, cool zu sein, wenn man Schach spielt.« Nahe gehen auch seine Qualen nach den bei- den Niederlagen am Ende des Kandidatenturniers in London. Magnus Carlsen kommt selbst in praktisch jedem Alter zu Wort, zuletzt äußert er sich in seiner Wohnung in Oslo zu den Schwie- rigkeiten des Schachspielerle- bens: »Es ist definitiv sehr fru- strierend, das Gefühl zu haben, dass man der Einzige ist, der eine Sache versteht. Und das ist wirk- lich der einsame Teil des Daseins als Schachspieler. Es hängt alles von einem selbst ab.« Ein Rezept zum »Züchten« von Schachweltmeistern bietet der Film nicht – im Gegenteil. Mag- nus’ Beschäftigung mit dem Schach war von klein auf immer spielerisch und folgte keinen Vor- bildern, etwa denen der Russi- schen Schachschule. Das Kant-Kino in Berlin lädt am 6. November 200 Besucher zu ei- ner kostenlosen Voraufführung ein. Interessenten wenden sich an [email protected]. Sibylle Heyme Magnus Der Mozart des Schachs Norwegen 2015 Regie: Benjamin Ree 76 min, engl./norwegisch mit deutschen Untertiteln Kinostart: 10. November 2016 Magnus Carlsen Schach 11/16 39

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MAGNUS

Schach – Deutsche Schachzeitung 28.10.2016

»Es ist ziemlich schwer, cool zusein, wenn man Schach spielt«Nahezu zeitgleich mit dem Beginndes WM-Matches zwischenMagnus Carlsen und Sergej Karja-kin in New York (1. Partie am 11.November) kommt der FilmMagnus – Der Mozart des Schachsin die deutschen Kinos. Es handeltsich um eine 76-minütige Doku-mentation mit deutschen Unterti-teln, für die Regisseur BenjaminRee über 500 Stunden Archivma-terial ausgewertet hat.

Das Gerüst des Filmes bildet einGespräch mit Henrik Carlsen. DerVater des Protagonisten vollziehtdarin die Entwicklung seines Soh-nes bis zum Gewinn des Weltmei-stertitels 2013 nach. Mit vielenprivaten und einigen öffentlichenFilmdokumenten werden wichti-ge Stationen Magnus’ nachge-zeichnet.

Die ersten Aufnahmen stam-men von einem Familienurlaubaus dem Jahre 1994. Wir erfahren,dass Magnus frühzeitig Interessean Mathematik zeigte, was denAusschlag dafür gab, dass seineEltern dem Sprössling das könig-liche Spiel beibrachten. Es folgtein Sprung zum »Schachspieler«Carlsen, wir sehen ihn bei derNorwegischen Meisterschaft2004, in der er den Sieg teilte, undder K.o.-WM 2004, bei der er inder ersten Runde ausschied (»Fürmich brach eine Welt zusam-men.«). Weitere Stationen sindsein erstes Aufeinandertreffen mitGarri Kasparow in Island 2004und schließlich, fast zehn Jahrespäter, der Griff nach dem Titel:Kandidatenturnier London 2013und Vorbereitung auf das Matchin Chennai, Sieg gegen Viswa-nathan Anand, Weltmeister!

Am berührendsten waren fürmich die Aufnahmen aus Magnus’Schulzeit: »Es gibt da so eine Ban-de. Die sind ziemlich brutal. Sieärgern mich, wo es nur geht. Ichbin so eine Art Außenseiter ge-worden, weil ich anders als derRest der Klasse bin. Es ist ziem-lich schwer, cool zu sein, wennman Schach spielt.« Nahe gehenauch seine Qualen nach den bei-den Niederlagen am Ende desKandidatenturniers in London.

Magnus Carlsen kommt selbstin praktisch jedem Alter zu Wort,zuletzt äußert er sich in seinerWohnung in Oslo zu den Schwie-rigkeiten des Schachspielerle-bens: »Es ist definitiv sehr fru-strierend, das Gefühl zu haben,dass man der Einzige ist, der eineSache versteht. Und das ist wirk-lich der einsame Teil des Daseinsals Schachspieler. Es hängt allesvon einem selbst ab.«

Ein Rezept zum »Züchten« vonSchachweltmeistern bietet derFilm nicht – im Gegenteil. Mag-nus’ Beschäftigung mit demSchach war von klein auf immerspielerisch und folgte keinen Vor-bildern, etwa denen der Russi-schen Schachschule.

Das Kant-Kino in Berlin lädt am6. November 200 Besucher zu ei-ner kostenlosen Voraufführungein. Interessenten wenden sich [email protected].

Sibylle Heyme

MagnusDer Mozart des Schachs

Norwegen 2015Regie: Benjamin Ree

76 min, engl./norwegischmit deutschen Untertiteln

Kinostart:10. November 2016

Magnus Carlsen

Schach 11/16 39