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Makroökonomik für Betriebswirte 6. Moderne Entwicklungen Dr. Michael Paetz Universität Hamburg Fachbereich Volkswirtschaftslehre Oktober 2019 Email: [email protected]

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Makroökonomik für Betriebswirte6. Moderne Entwicklungen

Dr. Michael Paetz

Universität HamburgFachbereich Volkswirtschaftslehre

Oktober 2019Email: [email protected]

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Einflüsse verschiedener Denkschulen Entwicklung des orthodoxen Theoriegebäudes Der Postkeynesianismus

Kapitel 6: Moderne Entwicklungen

Ziele/Inhalt6.1 Einflüsse verschiedener Denkschulen6.2 Die Entwicklung des orthodoxen Theoriegebäudes6.3 Der Postkeynesianismus

Darstellung verschiedener ökonomischer Denkschulen.Entwicklung orthodoxer Theorien skizzieren.Entwicklung heterodoxer Ansichten am Beispiel desPostkeynesianismus skizzieren.

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KAPITEL 6.1

EINFLÜSSE VERSCHIEDENERDENKSCHULEN

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6.1 Einflüsse verschiedener Denkschulen

Vielzahl unterschiedlicher AnsätzeTürkisblaue Felder: eher neoklassisch geprägt.

⇒ Marginalismus, methodologischer Individalismus, Gleichgewichteetc.Gelbe Felder: eher von Keynes geprägt.

⇒ Effektive Nachfrage, Unsicherheit, Instabilität etc.State-of-the-Art: Moderne Makroökonomik, insb.Neukeynesianische Modelle (haben aber nichts mit Keynes zutun).Größte Gegenbewegung: Postkeynesianismus.

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KAPITEL 6.2

DIE ENTWICKLUNG DESORTHODOXEN

THEORIEGEBÄUDES

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6.2 Die Entwicklung des orthodoxen Theoriegebäudes

Mr. Keynes and the Classics (Hicks (1937))Bekannteste Keynes-Interpretation.Sogenanntes IS-LM Diagramm:

• Gütermarkt: „Investments = Savings“• Geldmarkt: „Liquidity Preferences = Money“

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6.2 Die Entwicklung des orthodoxen Theoriegebäudes

Das IS-LM Model (seit 1940ern)Gütermarkt: Negativer Zusammenhang zwischen Zinsen undEinkommen: Geringere Zinsen regen Investitionen an undsteigern das Einkommen.

⇒ IS-Kurve:IS : i = f (Y ) , f ′

Y < 0

Geldmarkt: Positiver Zusammenhang zwischen Zinsen undEinkommen, weil bei steigendem Einkommen dieLiquiditätspräferenz der Haushalte steigt. Da diese mehr Geldhalten wollen, muss bei gleicher Geldmenge der Zins steigen.

⇒ Für die LM-Kurve gilt daher:

LM : i = g (Y ) , g′Y > 0

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6.2 Die Entwicklung des orthodoxen TheoriegebäudesDas IS-LM Modell

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i

Y

i

Y

i0

LM

IS0

E0

Y 0

i0

LM0

IS

E0

Y 0

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6.2 Die Entwicklung des orthodoxen TheoriegebäudesDas IS-LM Modell

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i

Y

i

Y

Expansive Fiskalpolitik

i1

i0

LM

IS1

IS0

A

E1

E0

Y 0 Y 1

G ↑, T ↓

Expansive Geldpolitik

i0

i1

LM0

LM1

IS

B

E1

E0

Y 0 Y 1

M ↑

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6.2 Die Entwicklung des orthodoxen TheoriegebäudesDas IS-LM Modell

Expansive FiskalpolitikRegierung kann durch Ausgabenerhöhung die Nachfragesteigern.

⇒ IS-Kurve verschiebt sich nach außen: Bei gleichem Zins ist dasEinkommen nun höher (Punkt A).Da sich mit dem Einkommen aber auch die Liquiditätspräferenzerhöht, werden die Zinsen steigen.

⇒ Investitionen werden verdrängt (Crowding Out) und Einkommensteigt nur bis Y1.

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6.2 Die Entwicklung des orthodoxen TheoriegebäudesDas IS-LM Modell

Expansive GeldpolitikZentralbank kann über Anleihekäufe das Zinsniveau senken.

⇒ Verschiebung der LM-Kurve nach rechts.Bei gleichem Einkommen ist der Zins nun geringer (Punkt B).Die Zinssenkung wird zusätzliche Investitionen anregen und dasEinkommen steigern.

⇒ Aufgrund der Einkommenssteigerung werden die Haushaltemehr Geld nachfragen, was bei gleichem Geldangebot den Zinstendenziell erhöht (Punkt E1).

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6.2 Die Entwicklung des orthodoxen Theoriegebäudes

Das IS-LM Modell: FazitGeldpolitik hat über private Investitionen die Produktiongesteigert.Fiskalpolitik hat über öffentliche Investitionen die Produktiongesteigert und tw. private Investitionen verdrängt.

⇒ Fiskalpolitik ist nur im Notfall einzusetzen, falls privateInvestitionen nicht ausreichend auf die Zinssenkung reagieren.

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6.2 Die Entwicklung des orthodoxen Theoriegebäudes

Die neoklassische Synthese (seit 1950ern)Verbindung des IS-LM Modells mit einem neoklassischenArbeitsmarkt.Nachfrage auf dem Gütermarkt kann temporär zu gering sein,um den Arbeitsmarkt zu räumen.

⇒ Geld- und Fiskalpolitik können kurzfristig helfen, dasVollbeschäftigungsgleichgewicht wieder zu erreichen.

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6.2 Die Entwicklung des orthodoxen Theoriegebäudes

Die neoklassische SyntheseReicht die Nachfrage im IS-LM Modell nicht aus (E1), ist dieBeschäftigung zu gering (N1) und der Reallohn zu hoch:(

WP

)1>

(WP

)0

Es besteht unfreiwillige Arbeitslosigkeit, da zu diesem Reallohndas Arbeitsangebot die -nachfrage übertrifft.

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6.2 Die Entwicklung des orthodoxen TheoriegebäudesDie neoklassische Synthese

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Zins, i

Einkommen, Y

Arbeitszeit, NArbeitszeit, N

WP

i0

E0

LM0

IS0

Y 0

Y = F (N , K )

N0

Ne

NS

ND

(WP)

0

(WP)

e

Arbeitsmarkt

IS-LM

Produktionsfunktion

freiwillige

Arbeitslosigkeit

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6.2 Die Entwicklung des orthodoxen TheoriegebäudesDie neoklassische Synthese: Expansive Fiskalpolitik

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Zins, i

Einkommen, Y

Arbeitszeit, NArbeitszeit, N

WP

i ′

i0

E0

E ′LM0

IS0 IS1

Y 0 Y e

Y = F (N , K )

N0

Ne

NS

ND

(WP)

0

(WP)

e

Arbeitsmarkt

G ↑, T ↓

IS-LM

Produktionsfunktion

freiwillige

Arbeitslosigkeit

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6.2 Die Entwicklung des orthodoxen TheoriegebäudesDie neoklassische Synthese: Expansive Geldpolitik

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Zins, i

Einkommen, Y

Arbeitszeit, NArbeitszeit, N

WP

i0

i′′

E0

E ′′

LM0 LM1

IS0

Y 0 Y e

Y = F (N , K )

N0

Ne

NS

ND

(WP)

0

(WP)

e

Arbeitsmarkt

M ↑

IS-LM

Produktionsfunktion

freiwillige

Arbeitslosigkeit

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6.2 Die Entwicklung des orthodoxen TheoriegebäudesDie neoklassische Synthese: Expansive Geld- und Fiskalpolitik

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Zins, i

Einkommen, Y

Arbeitszeit, NArbeitszeit, N

WP

i ′

i0

i′′

E0

E ′

E ′′

LM0 LM1

IS0 IS1

Y 0 Y e

Y = F (N , K )

N0

Ne

NS

ND

(WP)

0

(WP)

e

Arbeitsmarkt

G ↑, T ↓

M ↑

IS-LM

Produktionsfunktion

freiwillige

Arbeitslosigkeit

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6.2 Die Entwicklung des orthodoxen Theoriegebäudes

Die neoklassische Synthese: Expansive Geld- und FiskalpolitikExpansive Fiskalpolitik führt über eine Verschiebung derIS-Kurve (IS0 → IS1) zu einer höheren Nachfrage undBeschäftigung (E ′). Allerdings steigt der Zins auf i ′, weshalbprivate Investitionen verdrängt werden.Expansive Geldpolitik führt zu Verschiebung des LM-Kurve(LM0 → LM1). Der Zins sinkt auf i ′′ und regt zusätzliche privateInvestitionen an.

⇒ In beiden Fällen fällt der Reallohn auf das Gleichgewichtsniveau(WP

)e.

⇒ Geldpolitik ist besser, weil private Investitionen angeregt werden.

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6.2 Die Entwicklung des orthodoxen Theoriegebäudes

Die neoklassische SyntheseGrund für temporäre Krise: Arbeitsmarktrigiditäten.

⇒ Weil Löhne und Preise nicht schnell genug regieren, kann sichder Reallohn nicht schnell genug an veränderte Bedingungenanpassen.Wenn die Preise fallen, sinkt die Geldnachfrage.

⇒ Verschiebung der LM-Kurve und sinkende Zinsen.⇒ Selbstständige Rückkehr zum Gleichgewicht. Das System ist

langfristig stabil.Als (Mainstream-)Keynesianer galten alle, die kurzfristigeMaßnahmen befürworteten, auch wenn sie an die langfristigeStabilität glaubten.

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6.2 Die Entwicklung des orthodoxen Theoriegebäudes

Der Monetarismus (seit 1960ern)Staatliche Eingriffe sind das Problem und nicht die Lösung.„long and variable lags“, Friedman (1961, S. 464) erschwereneinen zielgenauen Eingriff der Wirtschaftspolitik.

⇒ Eingriffe wirken ggf. erst nach Ende der Krise und erhöhen dieSchwankungen von Zinsen und Einkommen.

⇒ Geldmenge sollte konstant steigen und Fiskalpolitik sollte nichteingreifen.Natürliche Arbeitslosenquote: Ist die Arbeitslosigkeit zu gering,steigen die Preise immer schneller.

⇒ Dauerhafte Senkung der Arbeitslosigkeit nur durch strukturelleMaßnahmen (hierzu später mehr).

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6.2 Die Entwicklung des orthodoxen Theoriegebäudes

Der Monetarismus: Die permanente EinkommenshypotheseKonsum hängt nicht vom derzeitigen Einkommen ab, sondernvom erwarteten Lebenszeiteinkommen:

Yt +Y e

t+11 + rt

+ · · ·+Y e

t+n

(1 + rt )n ,

(rt = it − πet : Realzins)

⇒ Temporäre Ausgabenerhöhungen haben nur geringen Effekt,weil sie das Lebenszeiteinkommen kaum verändern.Fazit: Geld- und Fiskalpolitik sind abzulehnen. Stattdessen sollteman den Arbeitsmarkt flexibilisieren.

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6.2 Die Entwicklung des orthodoxen Theoriegebäudes

Moderne Makroökonomik (seit den 1980ern)Neuklassik: Dynamische Wiederauflage der Neoklassik.Präferenzenannahmen, rational agierende, repräsentativeAgenten, dynamische Nutzenmaximierung, komplexestochastische Methoden.Neukeynesianische Modelle: Neuklassik mit träger Lohn- undPreisentwicklung.

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6.2 Die Entwicklung des orthodoxen Theoriegebäudes

Moderne Makroökonomik (seit den 1980ern)

maxCt ,Nt ,Bt

∞∑t=0

βtUe (Ct , 1−Nt )

(β: Diskontierungsfaktor)Übliche Annahmen sinkender Grenzerträge führt zu:

U ′Lt

U ′Ct

=Wt

Pt

⇒ Selbe Grundlagen wie in der Neoklassik.

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6.2 Die Entwicklung des orthodoxen Theoriegebäudes

NeuklassikRationale Erwartungen: Wirtschaftssubjekte kennen dasModell und reagieren optimal.Geld ist wieder vollständig neutral (Dichotomie von realer undmonetärer Sphäre).Policy Ineffectivness Proposition (PIP): WirtschaftspolitischeMaßnahmen haben weder kurz- noch langfristig Einfluss.Nachfragesteigerungen führen lediglich zu einem Anstieg derInflation.

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6.2 Die Entwicklung des orthodoxen Theoriegebäudes

NeukeynesianismusNeuklassik mit Marktunvollkommenheiten und trägerPreisanpassung.So gut wie kein Keynes, dafür sehr viel Neoklassik(neu-neoklassische Synthese?).Aber Geld- und Fiskalpolitik haben wieder kurzfristig Einfluss.Langfristig: Natürliche Arbeitslosenquote.

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KAPITEL 6.3

DER POSTKEYNESIANISMUS

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6.3 Der Postkeynesianismus

GrundsätzeWeiterentwicklung keynesianischer Ideen, aber auch von vielenanderen Ökonomen beeinflusst.

⇒ Vielfältige Gruppe mit zahlreichen Ansätzen.Gemeinsamkeiten

1. Das Konzept der effektiven Nachfrage.2. Die Berücksichtigung historischer Zeit, die zur Ablehnung

eindeutiger und stabiler, allgemeiner Gleichgewichte führt.3. Die Berücksichtigung fundamentaler Unsicherheit, welche die

Verwendung des Konzeptes rationaler Erwartungen unmöglichmacht.

4a. Die Nicht-Neutralität von Geld aufgrund seiner Bedeutung für dieFinanzierungsprozesse eines monetären Kapitalismus.

4b. Die Endogenität von Geld. Weil Einlagen von Banken geschaffenwerden, kann die Zentralbank die Geldmenge nicht kontrollieren.

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6.3 Der Postkeynesianismus

Effektive NachfrageDas Angebot passt sich der Nachfrage an und die Investitionenbestimmen die gesamtwirtschaftliche Ersparnis.Flexible Arbeitsmärkte können Krise verschärfen.Kaldor-Verdoorn Effekt: Höhere Auslastung steigertProduktivität.

⇒ Wird es schwer, zusätzliche Arbeitskräfte zu finden, steigt derAnreiz in arbeitssparende Technologien zu investieren.

⇒ Steigende Löhne können „Produktivitätspeitsche“ sein.Lohnpolitik zur Stabilisierung der Inflationsrate.

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6.3 Der Postkeynesianismus

Historische ZeitÜbergangsprozess von einem Zustand zu einem anderenbeeinflusst die Lage des neuen Zustands.

Fundamentale UnsicherheitBei Unsicherheit kennt man die Wahrscheinlichkeitsverteilungmöglicher Ereignisse nicht.

⇒ Berechnung rationaler Erwartungen (objektive, kalkulierbareRisiken) ist unmöglich. Stattdessen zählen subjektiveErwartungen.

⇒ Postkeynesianer lehnen rationales Handeln nicht ab, sonderndie Vorstellung, Menschen könnten den Folgen ihrerHandlungen Wahrscheinlichkeiten zuordnen.

⇒ Orientierung an Daumenregeln und Heuristiken ist unterUnsicherheit rational.

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6.3 Der Postkeynesianismus

Nichtneutralität von GeldGeld ist konstitutives Merkmal unseres Wirtschaftssystems.Finanzierung ist wesentliches Problem einer Kreditwirtschaft.Sowohl Höhe als auch die Veränderung von Schulden undVermögenswerten können finanzielle Beschränkungenerzeugen, die zu berücksichtigen sind.

⇒ In SFC (Stock-Flow-Consistent)-Modellen (Godley and Cripps(1983)) erfolgen Krisen modellendogen, weil man dieSchuldner-Gläubiger Beziehungen explizit modelliert.

⇒ Postkeynesianische Autoren warnten auf Basis dieser Modellebereits in den 1990ern vor Finanz- und Eurokrise(siehe z.B. Godley (1999), Godley and Wray (1999, 2000),Bezemer (2010), Keen (2013) und Lavoie (2016)).

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6.3 Der PostkeynesianismusArbeitslosigkeit, Inflation und private Verschuldung, USA seit 1980 (Keen (2013, S. 229))

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6.3 Der PostkeynesianismusPrivate und staatliche Verschuldung, USA (Keen (2013, S. 247))

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6.3 Der Postkeynesianismus

Endogene GeldtheorieBanken sind keine Intermediäre vorhandener Spareinlagen,sondern schaffen Geld per Buchungssatz.

⇒ Inzwischen weitestgehend akzeptiert (siehe z.B. McLeay et al.(2014), Jakab and Kumhof (2018) oder Bundesbank (2017)).

⇒ Geldmengensteuerung (wie bei Keynes und Monetaristen)unmöglich, statt dessen muss Interbankenzins das operationaleZiel sein.

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Literaturhinweise I

BEZEMER, D. J. (2010). “Understanding financial crisis through accountingmodels,” Accounting, Organizations and Society, 35, 676–688.

BUNDESBANK (2017). “Die Rolle von Banken, Nichtbanken und Zentralbankim Geldschöpfungsprozess,” Deutsche Bank Monatsbericht, April, 15–36.

FRIEDMAN, M. (1961). “The Lag in Effect of Monetary Policy,” Journal of Poli-tical Economy, 69, 447–466.

GODLEY, W. (1999). “Seven Unsustainable Processes: Medium-Term Pro-spects and Policies for the United States and the World,” Economics Stra-tegic Analysis Archive 99-10, Levy Economics Institute.

GODLEY, W. AND F. CRIPPS (1983). Macroeconomics, Oxford UniversityPress.

GODLEY, W. AND L. R. WRAY (1999). “Can Goldilocks Survive?” EconomicsPolicy Note Archive 99-4, Levy Economics Institute.

——— (2000). “Is Goldilocks Doomed?” Journal of Economic Issues, 34,201–206.

HICKS, J. R. (1937). “Mr. Keynes and the Classics: A Suggested Interpretati-on,” Econometrica, 5, 147–159.

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Literaturhinweise II

JAKAB, Z. AND M. KUMHOF (2018). “Banks are not intermediaries of loana-ble funds - facts, theory and evidence,” Bank of England working papers761, Bank of England.

KEEN, S. (2013). “Predicting the ’Global Financial Crisis’: Post-KeynesianMacroeconomics,” The Economic Record, 89, 228–254.

LAVOIE, M. (2016). “Understanding the global financial crisis: contributions ofpost-Keynesian economics,” Studies in Political Economy, 97, 58–75.

MCLEAY, M., A. RADIA, AND R. THOMAS (2014). “Money creation in the mo-dern economy,” Bank of England Quarterly Bulletin, 54, 14–27.

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