Mannigfaltigkeiten ohne Metriken positiver Skalarkrumm¤ ung · 2007-03-16 · Mannigfaltigkeiten...

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Mannigfaltigkeiten ohne Metriken positiver Skalarkr ¨ ummung D IPLOMARBEIT eingereicht von M ATTHIAS K UHN betreut von P ROF.D R .F RANK L OOSE am Mathematischen Institut der Eberhard-Karls-Universit¨ at T ¨ ubingen im M¨ arz 2004

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Mannigfaltigkeiten ohne Metrikenpositiver Skalarkrummung

DIPLOMARBEIT

eingereicht vonMATTHIAS KUHN

betreut vonPROF. DR . FRANK LOOSE

amMathematischen Institut der

Eberhard-Karls-Universitat Tubingen

im Marz 2004

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Danksagung

Ich mochte zu Beginn ein großes Dank! aussprechen. Danken mochte ich meinem Betreuer Prof.Dr. Frank Loose. Er hat sich außerordentlich Muhe bei der Betreuung gegeben, eine Unzahl vonFragen beantwortet und meinen Blick oft wieder nach vorne gerichtet.Ferner geht mein Dank an John, David, Bernhard, Harry und Familie Bottiger und die Ha-senbuhl-WG. Sie alle haben etwas beigetragen. Wahrend der Entstehungszeit war ich nicht al-lein.

Erklarung

Ich bestatige, daß ich die Arbeit selbstandig verfaßt und keine anderen als die angegebenenQuellen und Hilfsmittel benutzt habe.

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FUR PETI .

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Einleitung

In dieser Diplomarbeit beschaftige ich mich mit folgender Fragestellung:

Gegeben sei eine Riemannsche Mannigfaltigkeit mit positver Skalarkrummung.Konnen aus dieser Voraussetzung bereits Informationen uber die Gestalt – die To-pologie – der Mannigfaltigkeit abgeleitet werden?

Diese Art des Fragens ist in der Differentialgeometrie der letzten Jahrzehnte typisch gewordenund hat sich schon mehrfach als erfolgreich erwiesen: aus geometrischen Voraussetzungen aneine Riemannsche Mannigfaltigkeit wird versucht, topologische Konsequenzen zu ziehen.

Der zentrale Begriff zur Geometrie einer Mannigfaltigkeit M ist der der Krummung. Sie wirddurch folgende Abbildung R : Γ(TM)×Γ(TM)×Γ(TM) → Γ(TM) ausgedruckt. Bezeichnet∇ = ∇TM den Levi-Civita Zusammenhang auf M , erklart man fur Vektorfelder X,Y,Z ∈Γ(TM)

R(X,Y )Z := ∇X∇Y Z −∇Y∇XZ −∇[X,Y ]Z,

und uberpruft, daß der Wert des Vektorfeldes R(X,Y )Z an der Stelle p ∈ M tatsachlich nurvon den Werten Xp, Yp und Zp abhangt. Insofern ist R also ein (1, 3)-Tensorfeld, ein Elementin Γ(T ∗M⊗3 ⊗ TM), und R wird Riemannscher Krummungstensor von M genannt.

Der Krummungstensor R ist im allgemeinen eine sehr unuberschaubare Abbildung, und mansucht, R zu vereinfachen. Hat man dazu eine Riemannsche Metrik auf M gegeben, findet manden Ricci-Tensor und die Skalarkrummungs-Funktion auf M als Vereinfachungen von R.Zunachst kann man R mithilfe der Metrik mit einem (0, 4)-Tensorfeld Rm identifizieren, underhalt durch Spur-Bildung im 2. und 3. Argument den (0, 2)-Ricci-Tensor. Man kann ihn als eineArt Mittelung der Krummung verstehen – ab Dimensionen ≥ 4 enthalt der Ricci-Tensor nichtmehr deren volle Information. Bezuglich einer Orthonormalbasis e1, . . . , en von TMp ist ergegeben durch

Ricp : TMp × TMp → R, Ricp(ξ, ν) =

n∑

i=1

Rmp(ξ, ei, ei, ν).

Die Skalarkrummung κ : M → R entsteht durch weitere Verjungung des Ricci, und ist inso-fern eine noch grobere Mittelung der Krummung. Bis zur Dimension 2 geht aber noch nichtsverloren. Bezuglich einer Orthonormalbasis e1, . . . , en von TMp ist sie gegeben durch

κ(p) =

n∑

i=1

Ricp(ei, ei).

Ein Prototyp fur eine ”erfolgreiche“ Fragestellung obigen Typs ist der Satz von Myers. Er sagt,daß auf einer vollstandigen Riemannschen Mannigfaltigkeit mit gleichmaßig positivem Ricci,d.h. Ric ≥ c > 0, der Durchmesser diam(M) beschrankt bleiben muß. Zusammen mit derVollstandigkeit impliziert dies, daß M sogar kompakt ist. Die gleichen Argumente greifen auchbei der universellen Uberlagerung M , so daß die Fundamentalgruppe von M endlich sein muß,|π1(M)| <∞.

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Es geht in dieser Ausarbeitung also um die Frage, inwiefern – unter der abgeschwachten Vor-aussetzung, daß nur noch die Skalarkrummung positiv ist – immer noch irgend etwas uber dieTopologie der Mannigfaltigkeit gesagt werden kann.Ein Ergebnis von Kazdan und Warner illustriert, wie wenig die Skalarkrummung uber die globaleTopologie der Mannigfaltigkeit aussagen kann: Sie konnten fur eine kompakte MannigfaltigkeitM in Dimension ≥ 3 zeigen, daß jede glatte Funktion f : M → R, die irgendwo negativ ist,die Skalarkrummung auf M bezuglich einer Riemannschen Metrik auf M beschreibt. Insofernist es erstaunlich, daß es tatsachlich topologische Hindernisse – sogar in hohen Dimensionen –an die Existenz von Metriken positiver Skalarkrummung gibt.

In dieser Arbeit werden einige solcher Hindernisse angegeben, und deren Beweis soll nachvoll-ziehbar gemacht werden. Ich folge dabei der historischen Entwicklung.Die ersten Resultate in dieser Richtung sind mit dem Namen Lichnerowicz verbunden. Zu einerRiemannschen Mannigfaltigkeit, die eine Spin-Struktur tragt (eine sog. Spin-Mannigfaltigkeit),existiert in kanonischer Weise ein elliptischer Differential-Operator 1ter Ordnung, der SpinorDirac-Operator. Lichnerowicz argumentierte, daß auf einer kompakten Spin-Mannigfaltigkeit mitpositver Skalarkrummung der Kern dieses Operators trivial sein muß; dies ist das sog. Bochner-Argument. Mit dem Atiyah-Singer-Indexsatz schloß er daraus, daß das A-Geschlecht, eine topo-logische Invariante der Mannigfaltigkeit, verschwinden musse.Gromov und Lawson variierten die Idee von Lichnerowicz, indem sie die Uberlagerungen einerkompakten Spin-Mannigfaltigkeit miteinbezogen. Dadurch kommt also auch mittelbar der Fun-damentalgruppe eine Bedeutung zu. Eine Riemannsche Mannigfaltigkeit M wird vergroßerbargenannt, wenn sie kompakt ist und zu jedem beliebig kleinen ε > 0 eine Riemannsche Uber-lagerung Mε existiert, die eine ε-kontrahierende Abbildung fε vom Grad ungleich Null auf dieStandard-Sphare zulaßt.Anschaulich heißt das, daß M große Uberlagerungsraume hat; Mε hat einen mindestens 1

ε -malgroßeren Durchmesser als die Sphare und wird mittels der Abbildung fε surjektiv auf die Spharegeworfen.Beispiele vergroßerbarer Mannigfaltigkeiten sind der Rn und der Torus. Die Vergroßerbarkeits-Eigenschaft erweist sich als unabhangig von der gewahlten Metrik und hangt nur vom Homo-topie-Typ der Mannigfaltigkeit ab. Die Klasse der vergroßerbaren Mannigfaltigkeiten ist abge-schlossen unter Produktbildung und zusammenhangender Summe mit irgendeiner Mannigfal-tigkeit.In [6] und [8] wird gezeigt, daß eine vergroßerbare Spin-Mannigfaltigkeit keine Metrik positi-ver Skalarkrummung tragt: Mithilfe der Abbildungen fε konstruiert man eine Familie von ge-eigneten Bundeln auf den Uberlagerungsraumen Mε, auf denen jeweils ein zugehoriger Dirac-Operator lebt. Mit einem passenden Indexsatz weist man nach, daß der Index dieser Operatoren(fur alle ε > 0) nicht verschwindet. Eine Schwierigkeit bestand darin, fur einen nicht-kompaktenUberlagerungsraum eine Erweiterung des klassischen Indexsatz zu finden, den sog. RelativenIndexsatz. Unter der Annahme von positiver Skalarkrummung auf M (und damit auch auf Mε)entsteht auf Mε fur hinreichend kleine ε > 0 ein Widerspruch mit dem Bochner-Argument. Esschließt somit aus, daß vergroßerbare Spin-Mannigfaltigkeiten positive Skalarkrummung haben.In [8] werden verschiedene Erweiterungen des Konzepts der Vergroßerbarkeit entwickelt. Zumeinen wird der Begriff des Abbildungsgrades verallgemeinert und zum anderen wird nur nocheine schwachere Kontraktionsbedingung an die Abbildung auf die Sphare gefordert und die

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Kompaktheits-Forderung der Basis-Mannigfaltigkeit fallengelassen. Mannigfaltigkeiten in die-ser großeren Klasse tragen ebenfalls keine vollstandigen Metriken positiver Skalarkrummung.Als Anwendung dieser Erweiterungen ergeben sich starke Folgerungen fur kompakte 3-Mannig-faltigkeiten. Eine kompakte K(π, 1)-Mannigfaltigkeit der Dimension 3 tragt keine Metrik po-sitiver Skalarkrummung, ebenso eine kompakte 3-Mannigfaltigkeit, die als zusammenhangen-de Summe mit einem K(π, 1)-Summand geschrieben werden kann. Nimmt man noch hinzu(cf. [6]), daß die Eigenschaft, positive Skalarkrummung zu tragen, in Dimension ≥ 3 unterSummenbildung erhalten bleibt, ergibt sich mit der Primzerlgegung nach Kneser und Milnorein vollstandiger Uberblick uber die geschlossenen 3-Mannigfaltigkeiten, die Metriken positiverSkalarkrummung tragen, sofern die Elliptisierungs-Vermutung richtig ist.

Die vorliegende Arbeit gliedert sich so:

Kapitel 1 erklart, was ein (allgemeiner) Dirac-Operator auf einer Riemannschen Mannigfal-tigkeit ist. Von großer Bedeutung fur alles weitere wird die Weitzenbock-Formel sein, diedort hergeleitet wird. Das Bochner-Argument ist letztlich eine Anwendung davon.

Kapitel 2 handelt von Spin-Strukturen auf einer Mannigfaltigkeit. In ihm wird dann auch dasSpinor-Bundel eingefuhrt, und gezeigt, daß darauf ein Dirac-Operator erklart ist.

Kapitel 3 fuhrt in die Sprache der charakteristischen Klassen ein, insbesondere wir das A-Geschlecht einer Mannigfaltigkeit erklart. Außerdem werden der klassische und der Re-lative Index-Satz aufgefuhrt. Sie werden hier nicht bewiesen, lediglich zitiert und spaterdann als ”black box“ benutzt.

Kapitel 4 fuhrt den Leser in die Begriffswelt der Vergroßerbarkeit ein. Zu Beginn wird derSatz von Lichnerowicz bewiesen.

Kapitel 5 schließlich widmet sich den Konsequenzen fur geschlossene 3-Mannigfaltigkeiten,die sich aus den Uberlegungen von Kapitel 4 ergeben.

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Inhaltsverzeichnis

1 Der Dirac-Operator auf Riemannschen Mannigfaltigkeiten 81.1 Motivation im Flachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81.2 Der Dirac-Operator auf Mannigfaltigkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121.3 Die Weitzenbock-Formel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161.4 Dirac-Bundel und Krummung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211.5 Erste Beispiele eines Dirac-Operators. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23

2 Spin-Mannigfaltigkeiten 252.1 Struktur der Clifford-Algebren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 252.2 Die Spin-Gruppe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 282.3 Etwas Darstellungstheorie der Clifford-Algegra Cl(k) . . . . . . . . . . . . . 342.4 Spin-Strukturen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38

3 Der Index-Satz 463.1 Das A-Geschlecht und der Chern-Charakter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 463.2 Index-Satze zum Dirac-Operator . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50

4 Spin-Mannigfaltigkeiten und positive Skalarkrummung 534.1 Satz von Lichnerowicz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 534.2 Vergroßerbare Mannigfaltigkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53

5 Anwendungen fur 3-Mannigfaltigkeiten 67

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1 Der Dirac-Operator auf Riemannschen Mannigfaltigkeiten 8

1 Der Dirac-Operator auf Riemannschen Mannigfaltigkeiten

1.1 Motivation im Flachen

Eine Fragestellung aus dem Gebiet der Quantenmechanik lautet: Suche eine Wurzel D des po-sitiven Laplace ∆ = −∑i

∂2

∂x2i

: C∞(Rn, S) → C∞(Rn, S) mit Werten in einem Vektorraum

S. Der gesuchte sog. euklidische Dirac-Operator D muß also die Gleichung D2 != ∆ erfullen.

Da ∆ translationsinvariant ist, nehmen wir an, daß D ein Differentialoperator 1ter Ordnung mitkonstanten Koeffizienten ist. Also

D =n∑

i=1

γi∂

∂xiund damit ergibt sich

D2 =

(∑

i

γi∂

∂xi

)2

=∑

i,j

γiγj∂2

∂xi∂xj

Fur die Koeffizienten γi bedeutet dies:

γiγj + γjγi = 0 fur i 6= j

γ2i = −1

Das sind die Clifford-Relationen, und sie sind weder im Reellen noch (fur n ≥ 2) im Komplexenerfullbar. Es motiviert aber folgende

Definition 1 Sei V ein endlich-dimensionaler Vektorraum uber K = R,C mit einer symmetri-schen Bilinearform s : V × V → K. Eine Clifford-Algebra fur das Paar (V, s) ist eine unitareK-Algebra A mit einer linearen Struktur-Abbildung φ : V → A, so daß fur alle v ∈ V

φ(v)2 = −s(v, v)1

gilt und die universelle Eigenschaft erfullt ist:Ist φ′ : V → B eine weitere lineare Abbildung in eine K-Algebra B mit 1, die φ′(v)2 =−s(v, v)1 erfullt, dann existiert ein eindeutiger Algebra-Homomorphismus Φ : A → B mitkommutativem Diagramm:

−−−→φ

−−−−−−→Φ

−−−→φ′

V

A B

Grundlegend fur die Arbeit mit Clifford-Algebren ist folgender

Satz 1 Zu einem Vektorraum mit symmetrischer Bilinearform existiert eine Clifford-Algebra,und sie ist bis auf Isomorphie eindeutig bestimmt.

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1 Der Dirac-Operator auf Riemannschen Mannigfaltigkeiten 9

Beweis. Die Eindeutigkeit wird gerade durch die universelle Eigenschaft sichergestellt: Sind(A,φ) und (B,ψ) beides Clifford-Algebren zu (V, s), dann existieren nach der universellenEigenschaft von A und B Algebra-Homomorphismen Φ : A → B und Ψ : B → A, dieΦ(φ(v)) = ψ(v) und Ψ(ψ(v)) = φ(v) fur alle v ∈ V erfullen. Sowohl idA bzw. idB als auchΨ Φ bzw. Φ Ψ kommutieren das Diagramm

−−−→φ

−−−−−−→idA

−−−→φV

A A

bzw. −−−→φ′

−−−−−−→idB

−−−→φ′

V

B B

Aufgrund der Eindeutigkeit dieser Isomorphismen gemaß der universellen Eigenschaft muß alsogelten:

Ψ Φ = idA Φ Ψ = idB .

Zur Existenz: Wir konstruieren eine Clifford-Algebra zu (V, s) mithilfe der Tensoralgebra vonV . Wir setzen T 0 := K und T r(V ) := V ⊗ . . . ⊗ V fur r ∈ N+, um damit die Tensoralge-bra T (V ) :=

⊕k T k(V ) mit dem Tensorprodukt als naheliegender Multiplikation zu erklaren.

Außerdem definieren wir noch das zweiseitige Ideal

I := 〈v ⊗ v + s(v, v) | v ∈ V 〉Ring=

endl

ξi ⊗ (vi ⊗ vi + s(vi, vi)) ⊗ ηi | ξi, ηi ∈ T (V ), vi ∈ V .

Nun setzen wir Cl(V, s) := T (V )/I und als Struktur-Abbildung φ : V⊆→ T (V )

π→ Cl(V, s)Projektion nach Inklusion. Nach Konstruktion gilt dann φ(v)2 = [v ⊗ v] = [−s(v, v)1] =−s(v, v)[1]. Auch die universelle Eigenschaft ist erfullt: Sei B eine K-Algebra mit 1 und φ ′ :V → B eine lineare Abbildung, die φ′(v)2 = −s(v, v)1 erfullt. Gemaß der universellen Eigen-schaft des Tensorprodukts existiert fur jedes r ∈ N ein eindeutiger linearer HomomorphismusΦr : V ⊗ . . .⊗V → B mit v1⊗ . . .⊗vr 7→ φ′(v1) · · · φ′(vr). Daraus setzen wir den eindeutigenAlgebra-Homomorphismus Φ = ⊕rΦr zusammen. Fur ein v ∈ V gilt

Φ(v ⊗ v + s(v, v)) = Φ2(v ⊗ v) + Φ0(s(v, v)1) = φ′(v)2 + s(v, v)1 = 0,

d.h. I ⊆ kerΦ, und Φ steigt in den Faktorraum Cl(V, s) = T (V )/I ab. 2

Cl(V, s) bezeichne fortan die Clifford-Algebra zu dem Paar (V, s). Dabei kann die Angabe derBilinearform auch unterbleiben.

Durch die Konstruktion der Clifford-Algebra mithilfe der Tensoralgebra sieht man auch, daß dieStruktur-Abbildung φ injektiv ist, da kerφ = V ∩ I = 0. Deswegen werden wir Vektorenv ∈ V mit φ(v) ∈ Cl(V, s) identifizieren.Man kann zeigen, daß Cl(V, s) ein 2n-dimensionaler K-Vektorraum ist, falls n = dimK V . Iste1, . . . , en eine Basis von V , dann wird durch eα1

1 · · · eαnn αi=0,1 eine Basis der Clifford-

Algebra geformt. Fur solche Elemente schreiben wir auch kurz eα, wobei α = (α1, . . . , αn),αi ∈ 0, 1 ein Multiindex ist. |α| :=

∑ni=1 αi.

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1 Der Dirac-Operator auf Riemannschen Mannigfaltigkeiten 10

Wir bezeichnen die Clifford-Algebra zum Rn mit seinem kanonischen Skalarprodukt mit Cl(n)und betrachten zwei Beispiele in kleiner Dimension.

n=1 e1 = 1 ∈ R ist ein Basiselement, und durch die Zuordnung e1 7→ i ∈ C zeigt manCl(1) = C.

n=2 Fur a, b ∈ C bildet die Menge aller[

a b−b a

]∈Mat(2,C)

mit Matrixaddition und -multiplikation eine 4-dimensionale, nicht-kommutative R-Alge-bra, mit Standardbasis

1 =

[1 00 1

]i =

[i 00 −i

]j =

[0 1−1 0

]k =

[0 ii 0

].

Diese Algebra ist sogar ein Schiefkorper, es sind die Quaternionen H.Es gilt i2 = j2 = k2 = −1 sowie ij = −ji = k, jk = −kj = i, ki = −ik = j, undaufgrund dieser Relationen gibt es nun eine Vielzahl an aquivalenten Moglichkeiten, dieQuaternionen als Clifford-Algebra zu identifizieren. Beispielsweise durch die Zuordnung

e1 7→ i =

[i 00 −i

]e2 7→ j =

[0 1−1 0

]

weist man Cl(2) ∼= H nach.

In der Clifford-Algebra eines euklidischen Vektorraumes erfullen die Elemente einer Orthonor-malbasis e1, . . . , en die zu Beginn eingefuhrten Clifford-Relationen:

e2i = −〈ei, ei〉1 = −1 fur i 6= j (∗)

e2i + eiej + ejei + e2j = (ei + ej)2 = −〈ei + ej , ei + ej〉1

= −〈ei, ei〉1 − 2〈ei, ej〉1 − 〈ej , ej〉1∗⇒ eiej + ejei = −2〈ei, ej〉1 = 0.

Wahlen wir darum die Koeffizienten γi des obigen Ansatzes fur D aus der Clifford-AlgebraCl(n), wird man auf eine Linkswirkung Cl(n) ⊗ S → S gefuhrt. Man spricht von einer Dar-stellung κ : Cl(n) → End(S), und der Vektorraum S wird dann auch als ein Linksmodul uberCl(n) bezeichnet.Durch unsere bisherigen Uberlegungen wissen wir also, daß wir eine Wurzel des Laplace aufC∞(Rn, S) finden konnen, wenn S nicht nur ein Vektorraum, sondern ein Linksmodul uberCl(n) ist.Es sollen hier komplexe Darstellungen betrachtet werden, das bedeutet, daß S ein C-Vektorraumsei, und die komplexifizierte Clifford-Algebra Cl(n) := Cl(n) ⊗R C verwendet werde. UnterAusnutzung der universellen Eigenschaft reicht es zu fordern, daß eine R-lineare Abbildungc : Rn → EndC(S) mit c(x)2 = −〈x, x〉idS ∀x ∈ Rn existiert.

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1 Der Dirac-Operator auf Riemannschen Mannigfaltigkeiten 11

Ab jetzt folgend wird in der gesamten Arbeit die Operation c(v) eines Vektors v ∈ V auf einemDarstellungsraum S, die durch eine Darstellung der Clifford-Algebra Cl(V ) := Cl(V ) ⊗R C

definiert ist, als Clifford-Multiplikation∗ bezeichnet. Fur die Operation eines Elements derClifford-Algebra auf S verwenden wir in Rechnungen das Symbol , und demgemaß schreibtsich auch die Clifford-Multiplikation c(v)s mit einem Vektor v ∈ V kurzer als v s.

Der Dirac-Operator D : C∞(Rn, S) → C∞(Rn, S) zu einem Cl(n)-Linksmodul S hat dannbezuglich einer Orthonormalbasis e1, . . . , en die Form

Df =∑

i

ei (∂f

∂xi),

wobei ∂f∂xi

(x) = dfx(ei) ist.D ist unabhangig von der Basiswahl wohldefiniert, da die ei ein Orthonormalsystem im Rn

bilden: sei eii eine weitere Orthonormalbasis von Rn, d.h. es existiere ein A = (aji )ji ∈O(n,R) mit ei = ajiej . Dann gilt

∂f

∂xi(x) = dfx(ei) = dfx(a

liel) = alidfx(el) = ali

∂f

∂xl(x)

Df =∑

i

ei (∂f

∂xi) =

i

ajiej (ali∂f

∂xl)

=∑

i

ajiali

︸ ︷︷ ︸δjl

ej (∂f

∂xl) =

j

ej (∂f

∂xj) = Df

Aufgrund der Relationen in der Clifford-Algebra und weil die Clifford-Multiplikation eine li-neare Abbildung ist, gilt nun auch tatsachlich wie gefordert

D2f =∑

j

ej ∂(Df)

∂xj=∑

j

ej ∂

∂xj(∑

i

ei ∂f

∂xi)

=∑

i,j

ej ∂

∂xj(ei

∂f

∂xi) =

i,j

ejei ∂2f

∂xj∂xi

= −∑

i

∂2f

∂x2i

= ∆f.

Betrachten wir an dieser Stelle noch zwei Beispiele solcher euklidischen Dirac-Operatoren inniedriger Dimension:

n=1 Cl(1) = C ist selbst schon ein C-Algebra, so daß wir S = C und die Linksmultiplikationin C als Darstellung gegeben haben. Dann ist der Dirac-Operator

D = i∂

∂x1

∗In der Literatur findet man auch den Begriff der Clifford-Wirkung, der hier aber nicht verwendet werden soll.

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1 Der Dirac-Operator auf Riemannschen Mannigfaltigkeiten 12

n=2 Cl(2) = H und analog wie im 1-dimensionalen Fall setzen wir S = H ∼= C ⊕ C undLinksmultiplikation in H als Darstellung. Mit der Zuordnung e1 7→ −j und e2 7→ k giltfur eine Funktion f =

(f1f2

)∈ C∞(R2, S)

Df =

[0 −11 0

][ ∂f∂x1∂g∂x1

]+

[0 ii 0

][ ∂f∂x2∂g∂x2

]

=

[− ∂g∂x1

+ i ∂g∂x2∂f∂x1

+ i ∂f∂x2

]

= 2

[−∂g∂z∂f∂z

]

und D hat die Form

D =

[0 − ∂

∂z∂∂z 0

]

1.2 Der Dirac-Operator auf Mannigfaltigkeiten

Wir wenden uns nun Riemannschen Mannigfaltigkeiten zu und fuhren die Konstruktion derClifford-Algebra fasernweise im Tangentialbundel durch. Die obige Rechnung im flachen Fallordnet sich insofern hier unter, als die vektorwertigen Funktionen aus C∞(Rn, S) als Schnitteim trivialen Bundel Rn × S uber der Mannigfaltigkeit Rn aufgefaßt werden konnen.

Zunachst soll genau erklart werden, was ein Bundel von Clifford-Algebren uber einem euklidi-schen Vektorraumbundel sei. Betrachten wir dazu der Anschauung wegen das Tangentialbundel.Sei also M eine n-dimensionale Riemannsche Mannigfaltigkeit, und PO(n,R)(M) das O(n,R)-Rahmenbundel uber M . Dann ist das Tangentialbundel TM das zu PO(n,R)(M) bezuglich dernaturlichen Wirkung ρn : O(n,R) → O(Rn) assoziierte Vektorraumbundel:

TM = PO(n,R)(M) ×ρn Rn.

Analog kann man vorgehen, um das Bundel der Clifford-Algebren zu konstruieren, indem alstypische Faser die Clifford-Algebra Cl(n) an die Stelle von Rn tritt.Eine Transformation A ∈ O(n,R) induziert nach der universellen Eigenschaft der Clifford-Algebra Cl(n) ein Element in Aut(Cl(n)) folgendermaßen.Zunachst ist ρn(A) ∈ O(Rn), und mit der Einbettung φ : Rn → Cl(n) ist dann φ ρn(A) :Rn → Cl(n) eine lineare Abbildung, die fur x ∈ Rn

(φ ρn(A)x)2 = −〈ρn(A)x, ρn(A)x〉1 = −〈x, x〉1

erfullt. Die universelle Eigenschaft garantiert, daß sich φ ρn(A) zu einem Algebra-Homo-morphismus A von Cl(n) ausdehnt, der wegen der Eindeutigkeit ein Automorphismus ist (mitInversem A−1).

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1 Der Dirac-Operator auf Riemannschen Mannigfaltigkeiten 13

−−−→φ

−−−→eA−−−→φρn(A)

Rn

Cl(n) Cl(n)

Damit haben wir eine Darstellung cl(ρn) : O(n,R) → Aut(Cl(n)) gefunden, A = cl(ρn)(A).Zu einem euklidischen Vektorraumbundel E uber einer Mannigfaltigkeit M konnen wir nun dasBundel der Clifford-Algebren Cl(E) als

Cl(E) = PO(n,R)(E) ×cl(ρn) Cl(n)

erklaren. Die Multiplikation in den Fasern Cl(E)p spiegelt sich dann bei gleicher 1ten Kompo-nente in der 2ten Komponente wider. Dies ist wohldefiniert, da cl(ρn)(A) fur ein A ∈ O(n,R)als Algebra-Automorphismus mit der Multiplikation vertraglich ist.Im Falle orientierter Vektorraumbundel hatte man in obigen Konstruktionen statt O(n,R) auchSO(n,R) verwenden konnen.

Definition 2 Sei M eine Riemannsche Mannigfaltigkeit, und sei Cl(TM) das Bundel der Clif-ford-Algebren zum Tangentialraum. Ein komplexes Vektorraumbundel S uber M heißt ein Clif-ford-Bundel, falls es ein Bundel von Linksmoduln zu dem Bundel der Algebren Cl(TM) ist,das soll heißen: es existiert ein Bundel-Homomorphismus

Φ : Cl(TM) ⊗ S → S,

der auch die Multiplikation in der Clifford-Algebra respektiert, also

Φ((%ζ) ⊗ s) = Φ(%⊗ Φ(ζ ⊗ s))

Φ(1 ⊗ s) = s.

Unter Ausnutzung der universellen Eigenschaft laßt sich diese Forderung auch noch einfacherformulieren: Die Clifford-Multiplikation c ist in einem Clifford-Bundel ein Bundel-Homomor-phismus, also ein Differentialoperator 0ter Ordnung,

c : TM ⊗ S → S,

der fur ein ξ ∈ TMp und s ∈ Sp

ξ (ξ s) = −〈ξ, ξ〉s

erfullt. Fasernweise betrachtet bedeutet dies alles, daß die Fasern Sp Linksmoduln uber Cl(TMp)sind.

Um Schnitte in S zu differenzieren, wird noch ein Zusammenhang auf dem Bundel S benotigt.Mit dieser zusatzlichen Voraussetzung kann dann der Dirac-Operator definiert werden.

Definition 3 Der Dirac-Operator D : Γ(S) → Γ(S) eines Clifford-Bundels S mit Zusammen-hang ∇ ist der lineare Operator

Γ(S)∇−→ Γ(T ∗M ⊗ S)

g−→ Γ(TM ⊗ S)c−→ Γ(S)

Durch die Metrik wird T ∗M mit TM identifiziert. Den Operator D2 nennen wir Dirac Laplace.

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1 Der Dirac-Operator auf Riemannschen Mannigfaltigkeiten 14

Fur eine Orthonormalbasis e1, . . . , en des TMp und fur σ ∈ Γ(S) gilt zunachst:

∇σ(p) = ej ⊗∇ejσ(p),

und dann schließlich Dσ(p) =∑

j

ej ∇ejσ(p).

In einem Kartengebiet U ⊂ M konnen wir nach evtl. Verkleinerung von U annehmen, daß Suber U trivialisiert werden kann, also ein Diffeomorphismus Ψ : π−1(U) → U × Ck existiert.Dadurch erhalten wir die k Basisschnitte σj : U → S1≤j≤k fur S auf U , die durch σj(p) =Ψ−1(p, ej) erklart sind. Glatte Schnitte σ uber U konnen dann als Ck-wertige Funktionen auf-gefaßt werden, denn es ist σ|U = f rσr fur glatte Koeffizientenfunktionen f r : U → C. Der Zu-sammenhang ∇ hat dann auf U wegen ∇i(σ) := ∇ ∂

∂xi

(σ) = ∇i(frσr) = ( ∂

∂xif r)σr+f r∇iσr

die Darstellung

∇i =∂

∂xi+ Γi,

wobei ∂∂xi

(σ) := ( ∂∂xi

f r)σr gerade der iten Ableitung entspricht, wenn man σ als Ck-wertigeFunktion auf U auffaßt, und Γi der Bundel-Homomorphismus uber U ist, der σr(p) 7→ (∇iσr)plinear fortsetzt. Insbesondere ist Γi also ein Differentialoperator 0ter, und ∇i ein Differential-operator 1ter Ordnung.Lokal auf U ⊂M bekommen wir damit die Darstellung

D = gij c( ∂

∂xi) ∂

∂xj+ gij c( ∂

∂xi) Γj ,

die zeigt, daß D ein Differentialoperator 1ter Ordnung ist. Das Symbol von D ist entsprechendfur einen Vektor ξ ∈ T ∗Mp ' TMp

σξ(D) = i∑

j

c(∂

∂xj)ξj = ic(ξ).

ic(ξ) : Sp → Sp ist fur alle ξ 6= 0 ein Isomorphismus, da aufgrund der Clifford-Relationeni

‖ξ‖c(ξ) der inverse Homomorphismus ist. Der Dirac-Operator in einem Clifford-Bundel ist alsoelliptisch. Der Dirac Laplace ist wegen σξ(D2) = σξ(D)σξ(D) = ‖ξ‖2idSp ebenso elliptisch.

Mit diesen Daten erweist sich das Konzept des Dirac-Operators allerdings als noch zu allgemein– zusatzliche Bedingungen an das Clifford-Bundel S sorgen fur ”schone“ Eigenschaften desDirac-Operators.

Definition 4 Sei S ein Clifford–Bundel uber einer Riemannschen Mannigfaltigkeit M . S wirddann ein Dirac-Bundel† genannt, falls es eine hermitesche Metrik und einen metrischen Zusam-menhang ∇ tragt, so daß gilt:

1. Die Clifford-Multiplikation mit einem normierten Vektor e ∈ TM ist orthogonal, d.h. furbeliebige s1, s2 ∈ Sp gilt

〈e s1, e s2〉 = 〈s1, s2〉.†In der Literatur kommt auch der Name Clifford-Bundel vor.

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1 Der Dirac-Operator auf Riemannschen Mannigfaltigkeiten 15

2. Der Zusammenhang ∇ ist mit dem Levi-Civita ∇TM auf M vertraglich,

∇X(Y σ) = (∇TM

X Y ) σ + Y ∇Xσ ∀X,Y ∈ Γ(TM) und σ ∈ Γ(S)

Der erste Punkt ist wegen der Clifford-Relationen gleichbedeutend damit, daß Clifford-Multip-likation mit einem ξ ∈ TMp auf Sp schief-adjungiert ist, d.h.

〈ξ s1, s2〉 + 〈s1, ξ s2〉 = 0.

Trotz dieser Forderungen findet sich eine große Klasse von Bundeln mit diesen Eigenschaften.In dieser Arbeit werden ausschließlich Dirac-Operatoren auf Dirac-Bundeln betrachtet.

Als nachstes werden einige wesentlichen Eigenschaften des Dirac-Operators auf einem Dirac-Bundel zusammengetragen.Da S per Definition ein metrisches Bundel ist, ist uber einer Mannigfaltigkeit via Integrationauch auf Γkpt(S), der Menge der Schnitte mit kompakten Trager, ein Skalarprodukt erklart.

σ, τ :=

M〈σ, τ〉dµ

wobei 〈σ, τ〉 ∈ C∞(M) eine Funktion mit kompaktem Trager ist.

Satz 2 Der Dirac-Operator auf einem Dirac-Bundel ist formal selbstadjungiert, d.h. fur σ, τ ∈Γkpt(S) gilt

Dσ, τ = σ,Dτ .

Beweis. Wir zeigen, daß 〈Dσ, τ〉 − 〈σ,Dτ〉 eine Divergenz ist, und die Behauptung folgt mitdem Satz von Stokes. Wir wahlen ein orthogonales, bezuglich p ∈M synchrones lokales n-Beine1, . . . , en. Synchron bezuglich p ∈ M bedeutet, daß (∇TM

k el)p = 0 gilt. Da der Levi-Civitatorsionsfrei ist, impliziert dies [ek, el]p = 0. Dann errechnet sich an der Stelle p:

〈Dσ, τ〉 − 〈σ,Dτ〉p =∑

i

〈ei ∇iσ, τ〉p − 〈σ, ei ∇iτ〉p

=∑

i

〈∇i(ei σ) − (∇TM

i ei) σ, τ〉p + 〈ei σ,∇iτ〉p

=∑

i

〈∇i(ei σ), τ〉p + 〈ei σ,∇iτ〉p

=∑

i

ei〈ei σ, τ〉p

= div(X)p

fur dasjenige Vektorfeld X ∈ Γ(TM), das durch die Identitat 〈X, ξ〉 = 〈ξ σ, τ〉 ∀ξ ∈ TMfestgelegt ist. Mit dieser Festsetzung errechnet sich fur die Divergenz tatsachlich

div(X)p :=∑

i

〈∇TM

i X, ei〉p

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1 Der Dirac-Operator auf Riemannschen Mannigfaltigkeiten 16

=∑

i

ei〈X, ei〉p − 〈X,∇TM

i ei〉p

=∑

i

ei〈X, ei〉p

=∑

i

ei〈ei σ, τ〉p

2

Satz 3 SeiD der Dirac-Operator auf einem Dirac-Bundel uber einer kompakten RiemannschenMannigfaltigkeit. Dann gilt

ker(D) = ker(D2)

und dieser Raum ist endlich-dimensional.

Beweis. Die endliche Dimension des Kerns von D und D2 folgt aus der Elliptizitat der Operato-ren und der Kompaktheit der Mannigfaltigkeit. Außerdem ist die Inklusion ker(D) ⊆ ker(D2)offensichtlich. Umgekehrt gilt fur ein σ ∈ Γ(S) mit D2σ ≡ 0 aufgrund der formalen Selbstad-jungiertheit

‖Dσ‖2 = Dσ,Dσ = σ,D2σ = 0

Also gilt dann auch Dσ ≡ 0. 2

An dieser Stelle machen wir noch eine Anmerkung uber die Situation eines Dirac-Operators Din einem Dirac-Bundel S auf einer nicht-kompakten Mannigfaltigkeit. Die Vervollstandigungvon Γkpt(S) bezuglich der Norm ‖σ‖2

M := σ, σ ist der Raum der L2-Schnitte L2(S).Eine wichtige Bemerkung ist, daß wir den Abschluß von D in L2(S) ebenfalls mit D bezeich-nen. Mithilfe partieller Integration kann man zeigen, daß auf einer vollstandigen RiemannschenMannigfaltigkeit der Abschluß von D bezuglich der L2(S)-Schnitte selbst-adjungiert ist undebenfalls ker(D) = ker(D2) gilt, cf. [9],(II,Theorem 5.7).

1.3 Die Weitzenbock-Formel

Im folgenden soll der Dirac-Laplace D2 zu einem Dirac-Bundel auf einer Riemannschen Man-nigfaltigkeit untersucht werden. Im Flachen geht die Vertauschbarkeit der partiellen Ableitungenin die Rechnung ein, in derD2 = ∆ gezeigt wird. In der allgemeineren Situation einer Riemann-schen Mannigfaltigkeit sind in dieser Rechnung noch Krummungsterme zu berucksichtigen.

Definition 5 Sei S ein Dirac-Bundel, und sei K ∈ Ω2(S∗ ⊗ S) eine 2-Form mit Werten inS∗ ⊗ S ' End(S). Mithilfe einer Orthonormalbasis e1, . . . , en fur TMp definiert man dieClifford-Kontraktion K von K als K ∈ End(S) durch

Kp =∑

i<j

eiej Kp(ei, ej) =1

2

i,j

eiej Kp(ei, ej) : Sp → Sp

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1 Der Dirac-Operator auf Riemannschen Mannigfaltigkeiten 17

Die lokale Beschreibung verdeutlicht, daß die Clifford-Kontraktion im wesentlichen durch zwei-fache Spurbildung entsteht. Dazu betrachten wir folgendes Objekt in Γ(T ∗M⊗4 ⊗ S∗ ⊗ S):

K(ξ1, ξ2, ξ3, ξ4) = ξ1ξ2 K(ξ3, ξ4),

und es ist dann K = 12 tr13tr24K, was auch die Wohldefiniertheit von K sichergestellt.

Wir bestimmen den Dirac-Laplace D2 in lokalen Koordinaten. Seien dazu die ei : U → TU einbezuglich p synchrones, lokales n-Bein und sei K der Krummungstensor zu ∇. Dann gilt beip ∈M :

(D2σ

)p

=

i,j

ej ∇j(ei ∇iσ)

p

=

i,j

ej [(∇TM

j ei) ∇iσ + ei ∇j∇iσ]p

=

i,j

ejei ∇j∇iσ

p

= −∑

i

(∇2iσ)p+∑

i<j

(eiej (∇i∇j −∇j∇i)︸ ︷︷ ︸=K(ei,ej)

σ)p

= −∑

i

(∇2iσ)p+ K(σ)p

Es ist zu beachten, daß T ∗M ⊗ S ein metrisches Bundel ist: man erklart zu einer Orthonor-malbasis e1, . . . , en in TMp die duale Basis e1, . . . , en als Orthonormalbasis fur T ∗

pM undsetzt dann zu einer Orthonormalbasis s1, . . . , sk in Sp die Menge ei⊗sj | i = 1, . . . , n; j =1, . . . , k als Orthonormalbasis in T ∗

pM ⊗ Sp; d.h. fur ξ, η ∈ T ∗pM, s1, s2 ∈ Sp errechnet sich

〈ξ ⊗ s1, η ⊗ s2〉 = 〈ξ, η〉 · 〈s1, s2〉.Dadurch ist uber einer Mannigfaltigkeit auch auf Γkpt(T

∗M ⊗ S) ein inneres Produkt erklart,namlich

σ, τ :=

M〈σ, τ〉dµ,

wobei 〈σ, τ〉 ∈ C∞(M) eine Funktion mit kompakten Trager ist.Bezuglich der inneren Produkte auf Γ(T ∗M⊗S) und auf Γ(S) hat ∇ einen formal adjungiertenOperator ∇∗, d.h. es gilt fur Schnitte σ ∈ Γkpt(S) und ψ ∈ Γkpt(T

∗M ⊗ S)

∇σ, ψ = σ,∇∗ψ .

Faßt man ψ ∈ Γ(T ∗M ⊗ S) als Bundel-Homomorphismus TM → S auf, dann wird durchσi(p) := ψ(ei)p ein lokaler Schnitt in S definiert, und wir konnen ψ = ei ⊗ σi als Tensorschreiben.

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1 Der Dirac-Operator auf Riemannschen Mannigfaltigkeiten 18

Lemma 4 Der zu ∇ formal selbst-adjungierte Operator ∇∗ : Γ(T ∗M ⊗ S) → Γ(S) istbezuglich eines orthonormalen, um p ∈M synchronen lokalen n-Beines ei durch

∇∗(ψ) = −∑

i

∇iσi

bei p ∈M erklart.

Beweis. Wir wollen fur die lokalen Schnitte σ ∈ Γ(S) und ψ = ei ⊗ si ∈ Γ(T ∗M ⊗ S) zeigen,daß 〈σ,∇∗(ei ⊗ si)〉 − 〈∇σ, ei ⊗ si〉 eine Divergenz ist, so daß der Satz von Stokes den Beweisbeendet.

〈σ,∇∗(ei ⊗ si)〉 = −∑

i

〈σ,∇isi〉

= −∑

i

(ei〈σ, si〉 − 〈∇iσ, si〉

)

= −∑

i

ei〈σ, si〉 + 〈∇σ, ei ⊗ si〉, da ∇σ = ej ⊗∇jσ

= div(X) + 〈∇σ, ei ⊗ si〉

fur das Vektorfeld X ∈ Γ(TM), das durch die Identitat 〈X, ξ〉 = −〈ξ⊗ σ, ei ⊗ si〉 definiert ist.Tatsachlich ergibt sich fur die Divergenz des Vektorfeldes

div(X) =∑

j

〈∇jX, ej〉 =∑

j

ej〈X, ej〉 − 0

=∑

j

−ej〈ej ⊗ σ, ei ⊗ si〉 = −∑

j

ejδji〈σ, si〉

= −ei〈σ, si〉

2

Der Operator ∇∗∇ tragt den Namen Zusammenhangs-Laplace, und er ist auf einer kompaktenMannigfaltigkeit ein positiver Operator:

∇∗∇σ, σ = ∇σ,∇σ = ‖∇σ‖2M

≥ 0.

Zu einem Basisschnitt σj und einem synchronen Rahmen im Tangentialbundel finden wir dielokalen Darstellungen ∇σj = dxi ⊗ ∇i

∂∂xj

und ∇∗∇σj = −∑i∇i∇iσj = −∑i(∂∂xi

+

Γi)(∂∂xi

+ Γi)σj , und wir sehen, daß ∇∗∇ das gleiche Symbol wie D2 hat: Fur ein s ∈ Sp ist

σξ(∇∗∇)p(s) = i2∑

j

−ξjξjs = ‖ξ‖2s.

Wie zum Dirac-Operator gibt es auf einer vollstandigen Mannigfaltigkeit auch zum Zusammen-hangs-Laplace einen eindeutigen selbst-adjungierten Abschluß von ∇∗∇ auf L2(S), den wirauch wieder mit dem gleichen Symbol bezeichnen.

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1 Der Dirac-Operator auf Riemannschen Mannigfaltigkeiten 19

Damit ergibt sich die Weitzenbock-Formel fur einen Dirac-Operator D in einem Dirac-Bundeluber einer Riemannschen Mannigfaltigkeit

D2 = ∇∗∇ + K,

wobei K die Krummung von S zu ∇ ist. Der Dirac-Laplace und der Zusammenhangs-Laplace∇∗∇ – beides Operatoren 2ter Ordnung – unterscheiden sich also nur um einen Term 0ter Ord-nung, der durch die Krummung bestimmt ist.

Eine wichtige Anwendung der Weitzenbock-Formel ist das sog. Bochner-Argument.Die Clifford–Kontraktion der Krummung K ist ein symmetrischer Endomorphismus in S: Zueinem beliebigen Punkt p ∈M betrachten wir eine orthonormale Basis s1, . . . , sk von Sp undzeigen, daß fur l,m ∈ 1, . . . , k die Symmetrie 〈Ksl, sm〉 = 〈sl, Ksm〉 gilt. Dazu wahlen wireine um p synchrone Fortsetzung der Basis und finden so entsprechende lokale Schnitte σ, τ ∈Γ(U, S) mit σ(p) = sl sowie τ(p) = sm. Außerdem wahlen wir noch ein um p synchronesn-Bein e1, . . . , en im Tangentialbundel. In diesem Setting gilt zunachst die Gleichheit

eiej (∇i∇jσ)p = ei [∇i(ej ∇jσ)]p

= ∇i(eiej ∇jσ)p

= ∇i∇j(eiej σ)p − (∇TM

i ∇TM

j ei)ej σp − ei(∇TM

i ∇TM

j ej) σp,

und folgender Term verschwindet wegen der Symmetrie des Ricci-Tensors:∑

i,j

R(ei, ej)ei · ej + ei · R(ei, ej)ej =∑

i,j,l

Rijilelej +Rijjleiel

=∑

i,j,l

−Rjiilelej +Rliijelej

=∑

j,l

(−Ricjl +Riclj)elej = 0.

Mit diesem Wissen sowie der Tatsache, daß die Clifford-Multiplikation schief-symmetrisch undder Zusammenhang auf S metrisch ist, erhalten wir schließlich

〈K(sl), sm〉 =1

2

i,j

〈eiej (∇i∇jσ −∇j∇iσ)p, τp〉

=1

2

i,j

〈∇i∇j(eiej σ)p − (∇TM

i ∇TM

j ei)ej σp − ei(∇TM

i ∇TM

j ej) σp +

−∇j∇i(eiej σ)p + (∇TM

j ∇TM

i ei)ej σp + ei(∇TM

j ∇TM

i ej) σp, τp〉

=1

2

i,j

〈∇i∇j(eiej σ)p −∇j∇i(eiej σ)p, τp〉 +

−1

2〈(∑

i,j

R(ei, ej)ei · ej + ei ·R(ei, ej)ej) σp, τp〉

=1

2

i,j

〈∇i∇j(eiej σ)p −∇j∇i(eiej σ)p, τp〉

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1 Der Dirac-Operator auf Riemannschen Mannigfaltigkeiten 20

=1

2

i,j

−〈eiej σ,∇i∇jτp −∇j∇iτp〉 + [ei, ej ]p〈eiejσ, τ〉

= −1

2

i,j

〈eiej σ,∇i∇jτp −∇j∇iτp〉

=1

2

i,j

〈σ, eiej (∇i∇jτp −∇j∇iτp)〉 = 〈sl, K(sm)〉

Alle Eigenwerte von Kp sind also reell, und wir konnen uns fragen, ob K positiv ist.

Satz 5 (Bochner) Sei M eine kompakte [vollstandige] Mannigfaltigkeit und sei D der Dirac-Operator zu einem Dirac-Bundel S uber M . Gilt in Γ(S) [in L2(S)]

K ≥ c · id fur ein c > 0,

dann haben sowohl der Dirac-Laplace als auch der Dirac-Operator trivialen Kern in Γ(S)[in L2(S)].

Beweis. Durch Integration der Weitzenbock-Formel erhalt man fur σ ∈ Γ(S) [∈ L2(S)]:

‖Dσ‖2M

= D2σ, σ (cf. Satz 2)

= ∇∗∇σ, σ + Kσ, σ = ‖∇σ‖2

M+ Kσ, σ ≥ ‖∇σ‖2

M + c · ‖σ‖2M

≥ c · ‖σ‖2M

Ist nun σ ∈ kerD, dann folgt ‖σ‖2M = 0, also σ = 0, und wir haben ker(D) = ker(D2) = 0

gezeigt. 2

Die Voraussetzungen des Satzes sind auf einer kompakten Mannigfaltigkeit M insbesonderedann erfullt, falls der kleinste Eigenwert von K zu jedem p ∈M echt positiv ist: In einer FaserKp : Sp → Sp gilt namlich fur den kleinsten Eigenwert

λpmin = mine∈Sp‖e‖=1

〈Ke, e〉

Damit gilt fur ein s = ‖s‖ · s0 =√〈s, s〉 · s0 ∈ Sp

〈Ks, s〉 = 〈s, s〉〈Ks0, s0〉 ≥ 〈s, s〉λpmin

Da die Eigenwerte von Kp stetig vom Punkt abhangen und daM kompakt ist, existiert ein c > 0,so daß 〈Ks, s〉 ≥ c〈s, s〉 fur alle s ∈ S erfullt ist. Dann ist

Kσ, σ =

M〈Kσ, σ〉 ≥

Mc〈σ, σ〉 = c σ, σ

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1 Der Dirac-Operator auf Riemannschen Mannigfaltigkeiten 21

1.4 Dirac-Bundel und Krummung

In diesem Abschnitt wird der kontrahierte Krummungsterm K , der in der Weitzenbock-Formelauftritt, weiter untersucht.

Lemma 6 Zu einem p ∈M gilt als Endomorphismus von Sp fur ξ, ν, η ∈ TMp

[K(ξ, ν), c(η)] = c(R(ξ, ν)η).

Beweis. Zur Erleichterung der Rechnung wahlen wir ein um p synchrones lokales n-Bein ei :U → TU , fur das bei p ei = ξ, ej = ν und ek = η fur ein i, j, k ∈ 1, . . . , n gilt. Es ist

Kp(ei, ej) = ∇i∇j −∇j∇i : Sp → Sp

Rp(ei, ej) = ∇TM

i ∇TM

j −∇TM

j ∇TM

i : TMp → TMp

Zu einem beliebigen s ∈ Sp wahlen wir eine Fortsetzung σ ∈ Γ(S):

[K(ei, ej), c(ek)]s = K(ei, ej) c(ek)σ(p) − c(ek) K(ei, ej)σ(p)

= (∇i∇j −∇j∇i)(ek σ)(p) − ek (∇i∇jσ −∇j∇iσ)(p)∗= (∇TM

i ∇TM

j ek −∇TM

j ∇TM

i ek) σ(p)

= c(R(ei, ej)ek)s.

und [*] gilt wegen der Vertraglichkeit der Zusammenhange und(∇TM

j ek

)p

= 0; es ist

∇i∇j(ek σ) = (∇TM

i ∇TM

j ek) σ + ek ∇i∇jσ bei p.

2

Clifford-Multiplikation mit R(ξ, ν)· ist also das Hindernis fur die Krummung K(ξ, ν), einCl(TMp)-Modul Endomorphismus zu sein. – Im folgenden geben wir eine Zerlegung des Krum-mungsterms in einen kommutierenden und nicht-kommutierenden Anteil an.

Definition 6 Fur ein Dirac-Bundel S erklaren wir den Riemann-Endomorphismus RS vonS als End(S)-wertige 2-Form, die an einem Punkt p ∈ M bezuglich einer Orthonormalbasise1, . . . , en von TMp fur ξ, ν ∈ TMp durch

RS(ξ, ν) =1

4

k,l

〈R(ξ, ν)ek, el〉︸ ︷︷ ︸∈R

ekel

gegeben ist.

Ahnlich wie wir schon bei der Clifford-Kontraktion (cf. Definition 5) gesehen hatten, entstehtauch der Riemann-Endomorphismus im wesentlichen durch zweifache Spurbildung von einemObjekt R ∈ Γ(T ∗M⊗6 ⊗ S∗ ⊗ S), was auch die Wohldefiniertheit von RS klart: Sei Rm der(0,4)-Tensor der Riemannschen Krummung, und wir definieren:

R(ξ1, ξ2, ξ3, ξ4, ξ5, ξ6) := Rm(ξ1, ξ2, ξ3, ξ4) · ξ5ξ6.

Damit gilt RS = 14 tr35(tr46(R)).

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1 Der Dirac-Operator auf Riemannschen Mannigfaltigkeiten 22

Lemma 7 Zu einem p ∈M gilt als Endomorphismen von Sp fur ξ, ν, η ∈ TpM :

[RS(ξ, ν), c(η)] = c(R(ξ, ν)η).

Beweis. Beide Seiten der Gleichung sind linear in ξ, ν und η, so daß wir die Behauptung nur furVektoren einer Orthonormalbasis e1, . . . , en zeigen. Sei also oE. ξ = ei, ν = ej und η = ekfur i, j, k ∈ 1, . . . , n. Mit den Clifford-Relationen erhalten wir

RS(ei, ej)c(ea) − c(ea)RS(ei, ej) =

1

4

k,l

ekel〈R(ei, ej)ek, el〉ea − eaekel〈R(ei, ej)ek, el〉

=1

4

k,l

Rijkl (ekel)ea − ea(ekel)

=1

4

k=a6=ll=a6=k

Rijkl[ekel, ea] bei festem a

=1

4

l 6=aRijal[eael, ea] +

k 6=aRijka[ekea, ea]

=1

4

l 6=aRijal 2el +

k 6=aRijka(−2ek)

=1

2

l 6=aRijal 2el =

1

2

l

Rijal 2el

= c(R(ei, ej)ea).

2

Da Ω2(End(S)) ein Vektorraum ist, erklaren wir

Definition 7 Die Twist-Krummung F S∈ Ω2(End(S)) sei F S := K −RS .

Die Twist-Krummung kommutiert mit der Clifford-Multiplikation, d.h. fur beliebige Vektorfel-der ξ, ν, η ∈ TMp gilt:

[F S(ξ, ν)c(η)] = [K(ξ, ν) −RS(ξ, ν), c(η)] = [K(ξ, ν), c(η)] − [RS(ξ, ν), c(η)] = 0

Wir betrachten nun erneut die Weitzenbock-Formel und erinnern zunachst, daß fur eine Ortho-normalbasis e1, . . . , en von TMp wegen der 1.Bianchi-Identitat gilt:

i,j,k

Rijkleiejek = −2∑

i

Ricilei.

Satz 8 Sei S ein Dirac-Bundel mit Dirac-Operator D. Dann gilt:

D2 = ∇∗∇ + F S +1

wobei κ =∑

iRic(ei, ei) die Skalarkrummung ist.

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1 Der Dirac-Operator auf Riemannschen Mannigfaltigkeiten 23

Der letzte Summand 14κ operiert auf einem Punkt s ∈ Sp einfach durch Multiplikation mit dem

Skalar 14κp ∈ R.

Beweis. Wir zeigen lediglich noch, daß RS :=∑

i<j eiejRS(ei, ej) mit 1

4κ ubereinstimmt.

i<j

eiejRS(ei, ej) =

1

4

i<j

eiej∑

k,l

ekel〈R(ei, ej)ek, el〉

=1

4

i<j

k,l

Rijkl eiejekel

=1

8

i,j,k,l

Rijkl eiejekel

= −1

4

i,l

Ricil eiel =1

4

l

Ricll =1

4κ.

2

1.5 Erste Beispiele eines Dirac-Operators.

Nun ist es an der Zeit, einige Beispiele vorzufuhren. Dazu muß ein Bundel S von Linksmodulnfur Cl(TM) uber M angegeben werden, sowie ein entsprechender Zusammenhang auf S , derdie Kompatibilitatsbedingungen erfullt.Das Außere Bundel. Sei M eine Riemannsche Mannigfaltigkeit. Durch die Metrik ist TM ∼=T ∗M und als Vektorraume sind Cl(TMp) und Λ∗TMp isomorph. Sei S := Λ∗T ∗M ⊗ C, undwir erklaren die Clifford-Multiplikation eines Vektors ξ ∈ TM auf ω ∈ Λ∗T ∗M durch

ξ ω = ξ# ∧ ω + eyω.

Man rechnet nach, daß Λ∗T ∗M ein Dirac-Bundel ist, und der Dirac-Operator hat die Gestalt

Dω =∑

i

ei ∇iω = dω + d∗ω.

Dirac-Bundel mit Koeffizienten. Eine kanonische Art, aus einem Dirac-Bundel weitere Dirac-Bundel zu erhalten, funktioniert folgendermaßen.

Lemma 9 Sei W ein komplexes Vektorraumbundel mit Hermitescher Metrik und einem metri-schem Zusammenhang ∇W . Ist S ein Dirac-Bundel, dann ist auch S ⊗C W auf kanonische Artein Dirac-Bundel.

Der zugehorige Dirac-Operator auf S⊗CW heißt Dirac-Operator auf S mit Koeffizienten inW .Beweis. Wir hatten bereits gesehen, daß S⊗CW selbst ein Hermitesches Bundel ist. Da die Ab-bildung (s, w) 7→ (ξs)⊗w fur ein ξ ∈ TMp bilinear ist, konnen wir die Clifford-MultiplikationTM ⊗ (S ⊗W ) → S ⊗W auf S ⊗C W durch

ξ (s⊗ w) := (ξ s) ⊗ w

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1 Der Dirac-Operator auf Riemannschen Mannigfaltigkeiten 24

erklaren. Mit dieser Festsetzung ist die Verknupfung schief-adjungiert:

〈ξ (s1 ⊗w1), s2 ⊗ w2〉 = 〈(ξ s1) ⊗ w1, s2 ⊗ w2〉 = 〈ξ s1, s2〉〈w1, w2〉= −〈s1, ξ s2〉〈w1, w2〉= −〈s1 ⊗ w1, ξ s2 ⊗ w2〉= −〈s1 ⊗ w1, ξ (s2 ⊗ w2)〉.

Uber einer lokalen Trivialisierung U ⊂ M von S und W existieren lokale Basisschnitte σSi ∈Γ(U, S) sowie σWr ∈ Γ(U,W ). Ein lokaler Schnitt σ ∈ Γ(U, S ⊗W ) laßt sich dann als Summeσ = f igrσSi ⊗ σWr schreiben.Auf solch einem σSi ⊗ σWr ist der Tensor-Zusammenhang ∇ fur ein X ∈ Γ(TM) gemaß einerProduktregel erklart:

∇X(σSi ⊗ σWr ) := (∇SXσ

Si ) ⊗ σWr + σSi ⊗ (∇W

X σWr ).

Die Vertraglichkeit des Zusammenhangs sieht man nun (nach evtl. Verkleinerung von U auf einKartengebiet) fur lokale Vektorfelder X,Y ∈ Γ(U, TM) und einen lokalen Schnitt σSi ⊗ σWrso:

∇X(Y (σSi ⊗ σWr )) = ∇X((Y σSi ) ⊗ σWr )

= (∇SX(Y σSi )) ⊗ σWr + (Y σSi ) ⊗ (∇W

X σWr )

= ((∇TM

X Y ) σSi ) ⊗ σWr + (Y ∇SXσ

Si ) ⊗ σWr + (Y σSi ) ⊗ (∇W

X σWr )

= (∇TM

X Y ) (σSi ⊗ σWr ) + Y (∇SXσ

Si ⊗ σWr + σSi ⊗∇W

X σWr )

= (∇TM

X Y ) (σSi ⊗ σWr ) + Y ∇X(σSi ⊗ σWr )

2

Spin-Mannigfaltigkeiten bilden den Rahmen fur eine wichtige Beispielklasse von Dirac-Op-eratoren, und werden ausfuhrlich im folgenden Kapitel behandelt.

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2 Spin-Mannigfaltigkeiten 25

2 Spin-Mannigfaltigkeiten

Wir wenden uns zunachst noch einmal den Clifford-Algebren zu. Unser Ziel ist es, die Clifford-Algebra Cl(n) zum kanonischen Rn besser zu begreifen, denn sie ist ein wichtiger Baustein, umeine Spin-Mannigfaltigkeit zu erklaren.

2.1 Struktur der Clifford-Algebren

Die Clifford-Algebra Cl(V ) zu einem Vektorraum V mit symmetrischer Bilinearform ist aufnaturliche Weise eine Super-Algebra. Eine Algebra A heißt Super-Algebra, wenn es eine Dir-ekte-Summenzerlegung A = A0 ⊕ A1 gibt, die mit der Multiplikation in dem Sinn vertraglichist, daß Ai · Aj ⊂ Ai+j mod 2 gilt. Man spricht auch von einer Z/2-Graduierung auf A. Diezusatzliche Struktur einer Z/2-Graduierung auf einer Algebra gewahrleistet durch die Vorschrifta0 + a1 7→ a0 − a1 die Existenz eines involutorischen Algebra-Automorphismus ε : A → A.Umgekehrt liefert ein involutorischer Automorphismus durch seine ±1-Eigenraume die Gradu-ierung der Algebra zuruck und wird deswegen Graduierungs-Automorphismus genannt.Elemente aus A0 ∪ A1 heißen homogene Elemente. Fur homogene Elemente % ∈ A ist derenGrad deg(%) erklart:

deg(%) =

i fur 0 6= % ∈ Ai0 fur % = 0

Wir erklaren nun die ”gerade“ Unteralgebra Cl(V )0 und den ”ungeraden“ Vektorraum Cl(V )1

fur eine beliebgie Basis e1, . . . , en:

Cl(V )0 = 〈ej1 · . . . · ej2k| 1 ≤ j1 < . . . < j2k ≤ n〉lin

Cl(V )1 = 〈ej1 · . . . · ej2k+1| 1 ≤ j1 < . . . j2k+1 ≤ n〉lin

Der Aufspann ist aufgrund der Clifford-Relationen unabhangig von der Basiswahl, denn istf1, . . . , fn eine andere Basis von V , dann ist fi =

∑nj=1 ajiej und fur einen Summand ist

(m ≤ n gerade oder ungerade):

fl1 . . . flm =∑

j1

aj1l1ej1 ·∑

j2

aj2l2ej2 · . . . ·∑

jm

ajmlmejm

=∑

j1,...,jm

aj1l1 · · · ajmlmej1 · . . . · ejm

Die Clifford-Relation ei · ej + ej · ei = −2s(ei, ej) · 1 garantiert, daß die Anzahl der Faktorenin den Summanden modulo 2 gleich bleibt. Ebenso gilt

Cl(V )i · Cl(V )j ⊆ Cl(V )i+j mod 2

aufgrund der Clifford-Relation. Vektoren v ∈ V sind offensichtlich ungerade.

Definition 8 Sei V ein orientierter euklidischer Vektorraum, und sei eine positiv orientierte Or-thonormalbasis e1, . . . , en von V gewahlt. Dann definieren wir das Volumenelement ωV ∈Cl(V ) als das Produkt ωV = e1 · · · en.

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2 Spin-Mannigfaltigkeiten 26

ωV ist wohldefiniert. Ist namlich fi =∑n

j=1 ajiej , A = (aji) ∈ SO(n) eine weitere orien-tierte Orthonormalbasis von V , dann ergibt sich aufgrund der Orthogonalitat und der Clifford-Relation

f1 · · · fn =∑

j1,...,jn

aj11 · · · ajnnej1 · · · ejn

=∑

σ∈Sn

aσ(1)1 · · · aσ(n)neσ(1) · · · eσ(n)

=∑

σ∈Sn

aσ(1)1 · · · aσ(n)nsgn(σ)e1 · · · en

= e1 · · · en

Das Volumenelement ist invertierbar und beinahe ein Element der Ordnung 2,

ω2 = e1 · · · en · e1 · · · en= (−1)n−1e1e1 · e2 · · · en · e2 · · · en = (−1)ne2 · · · en · e2 · · · en= (−1)n+(n−1)e3 · · · en · e3 · · · en = ...

= (−1)Pn

i i = (−1)n(n+1)

2 ,

und ist in ungerader Dimension zentral: Fur alle v ∈ V gilt

ωv = (−1)n−1vω,

denn fur jeden Vektor el aus einer positiv orientierten Orthonormalbasis fur V gilt ωel =e1 · · · en · el = (−1)n−1el · e1 · · · en = (−1)n−1elω.

Insbesondere gilt in gerader Dimension n = 2m

ω−1 = (−1)n(n+1)

2 ω = (−1)m(2m+1)ω = (−1)mω.

Die Abbildung % 7→ ω%ω−1 ist eine Involution, die gerade Elemente der Clifford-Algebrafestlaßt und ungerade Elemente ζ auf −ζ abbildet. Dieser innere Automorphismus stimmt des-wegen mit dem Graduierungs-Automorphismus uberein.

Eine lineare Abbildung auf einer Super-Algebra braucht lediglich fur homogene Elemente er-klart zu werden.

Definition 9 Der Super-Kommutator der Clifford-Algebra [·, ·]s : Cl(V ) × Cl(V ) → Cl(V )sei folgende bilineare Abbildung, erklart fur homogene Elemente %, ζ ∈ Cl(V )0 ∪ Cl(V )1

[%, ζ]s := %ζ − (−1)deg(%) deg(ζ)ζ%.

Das Super-Zentrum Zs(Cl(V )) der Clifford-Algebra Cl(V ) sei der Vektorraum

Zs(Cl(V )) := % ∈ Cl(V ) | [%, ζ]s = 0 ∀ζ ∈ Cl(V ).

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2 Spin-Mannigfaltigkeiten 27

Lemma 10 Sei V ein euklidischer Vektorraum. Dann ist

Zs(Cl(V )) = R

Zs(Cl(V )) = C.

Beweis. Fur ein Element des Grundkorpers λ ∈ K = R,C ist deg(λ) = 0, und da die Multipli-kation mit einem festen Element ζ in der Algebra eine K-bilineare Abbildung ist, gilt λζ = ζλund K liegt im Super-Zentrum der entsprechenden Clifford-Algebra.Fur die ⊆-Inklusion wahlen wir eine Orthonormalbasis e1, . . . , en von V und fixieren ein% ∈ Zs(Cl(V )), das oE. homogen sei. Wir zeigen, daß % als Linearkombination der eα keinenBasisvektor ei, i ∈ 1, . . . , n enthalt.Sei % = ζ + eiϕ die kanonische Zerlegung von % nach seinem ei-Anteil, d.h. ζ und ϕ sind ohneei-Anteil.Es gilt ζei = (−1)deg(ζ)eiζ sowie ϕei = (−1)deg(ϕ)eiϕ und deg(%) ≡ deg(ζ) ≡ deg(ϕ) + 1(mod 2).

%ei = ζei + eiϕei = (−1)deg(ζ)eiζ + (−1)deg(ϕ)eieiϕ

= (−1)deg(%)eiζ + (−1)deg(%)ϕ = (−1)deg(%)(eiζ + ϕ)

ei% = eiζ + eieiϕ = eiζ − ϕ

⇒ [%, ei]s = %ei − (−1)deg(%)·1ei%

= (−1)deg(%)(eiζ + ϕ) − (−1)deg(%)(eiζ − ϕ)

= (−1)deg(%)2ϕ

Nach Voraussetzung ist [%, ei]s = 0, und wir folgern ϕ = 0. Das Element % = ζ + 0 · ei ist alsoohne ei-Anteil fur jedes i ∈ 1, . . . , n und muß ein Skalar sein. 2

Um Aussagen zu einer Clifford-Algebra zu machen, kann man einmal von den Clifford-Relatio-nen ausgehen. So haben wir zum Beispiel das Super-Zentrum der Clifford-Algebra bestimmt.Einen zweiten Schlussel zur Struktur einer Clifford-Algebra stellt die universelle Eigenschaftdar, wie man schon im Eindeutigkeitsbeweis der Clifford-Algebra sehen konnte. Eine weitereDemonstration dieser Schlußweise ist das folgende

Lemma 11 Jede Clifford-Algebra Cl(V ) besitzt einen eindeutig bestimmten involutorischenAnti-Automorphismus ·t : Cl(V ) → Cl(V ), der auf V eingeschrankt die Identitat ist.

Beweis. Sei Cl(V )opp die Algebra, die mit Cl(V ) als Vektorraum ubereinstimmt und lediglicheine vertauschte Produktbildung hat,

% ? ζ := ζ · %.

Als lineare Struktur-Abbildung setzen wir φopp = φ : V → Cl(V )opp, und auch in Cl(V )opp

gilt:φopp(v)

2 = φ(v) ? φ(v) = φ(v) · φ(v) = −s(v, v)1.Die universelle Eigenschaft von Cl(V ) garantiert die Existenz eines Homomorphismus ·t :Cl(V ) → Cl(V )opp, der das Diagramm

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2 Spin-Mannigfaltigkeiten 28

−−−→φ

−−→·t

−−−→φoppV

Cl(V ) Cl(V )opp

kommutiert. Damit haben wir

(% · ζ)t = %t ? ζt = ζt · %t und vt = v.

Als Algebren stimmen Cl(V )oppopp = Cl(V ) offensichtlich uberein, und bei zweimaligemAnwenden von ·t sieht man (φ(v)t)t = (φopp(v))

t = (φ(v))t = v. Die Eindeutigkeit derIdentitat auf Cl(V ) bedingt, daß ·t auch eine Involution ist:

Cl(V )·t→ Cl(V )opp

·t→ Cl(V )oppopp = Cl(V )

ist die Identitat. 2

Die Abbildungen ε und ·t kommutieren auf V und dann auch uberhaupt auf der ganzen Alge-bra.

2.2 Die Spin-Gruppe

In diesem Abschnitt erklaren wir die Spin-Gruppe als eine Gruppe invertierbarer Elemente inder Clifford-Algebra. Fur weitergehende Informationen cf. [12].In einer endlich-dimenisonalen, assoziativen Algebra A bilden die invertierbaren Elemente ei-ne multiplikative Untergruppe, die Einheitengruppe A∗. Versieht man A mit der kanonischenTopologie eines Vektorraums, ist A∗ offen in A. Die Einheitengruppe ist eine Lie-Gruppe mitzugehoriger Lie-Algebra TA∗

1∼= A. Der Kommutator ist durch [%, ζ] := %ζ − ζ% erklart und

die Exponentialabbildung exp : A → A∗ ist durch die klassische Exponentialreihe exp(%) :=∑∞i=0

%i

i! definiert, cf. [3],(I,6).

Sei V ein euklidischer Vektorraum endlicher Dimension. Wir fuhren einige wichtige Untergrup-pen von Cl(V )∗ ein und beginnen mit der Clifford-Gruppe.

Definition 10 Wir erklaren die Menge

Γ(V ) = α ∈ Cl(V )∗ | ε(α)vα−1 ∈ V ∀v ∈ V

als die Clifford-Gruppe.

Γ(V ) ist tatsachlich eine Untergruppe in der Einheitengruppe von Cl(V ), da ε ein Automorphis-mus ist. Versehen wir die Clifford-Gruppe mit der Topologie, die es als Untergruppe von Cl(V )∗

erbt, dann ist sie eine abgeschlossene, topologische Gruppe, also selbst eine Lie-Gruppe.Fur ein α ∈ Cl(V )∗ ist die Abbildung ρα : % 7→ ε(α)%α−1 im allgemeinen kein Automorphis-mus der Clifford-Algebra, aber fur ein α ∈ Γ(V ) werden wir das wohl zeigen konnen.

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2 Spin-Mannigfaltigkeiten 29

Es gilt, daß (R ⊕ V )\0 ⊂ Γ(V ) ist. Ein Element 0 6= λ + w ∈ R ⊕ V ist eine Einheit, es hatdas Inverse (λ+ v)−1 = λ−w

λ2+‖w‖2 , und tatsachlich gilt fur ein beliebiges v ∈ V

ε(λ+ w)vλ−w

λ2 + ‖w‖2= (λ− w)

λv − vw

λ2 + ‖w‖2

=1

λ2 + ‖w‖2(λ2v − λ(wv + vw) + wvw)

=1

λ2 + ‖w‖2(λ2v + 2λ〈w, v〉 − 2〈w, v〉w + ‖w‖2v) ∈ V.

Durch die Definition der Clifford-Gruppe bekommen wir die sog. getwistet adjungierte Darstel-lung gratis mitgeliefert,

ρ : Γ(V ) → GL(V ), ρα = ρ(α) : v 7→ ε(α)vα−1.

ρ(α) ist tatsachlich ein Gruppen-Homomorphismus. Denn fur α, β ∈ Γ(V ) und % ∈ Cl(V )gilt:

ρ(αβ)% = ε(αβ) · % · (αβ)−1

= ε(α) · ε(β)%β−1 · α−1

= ε(α)· ( ρ(β)% ) ·α−1

= (ρ(α) ρ(β))%.

Lemma 12 Fur den Kern der Darstellung ρ gilt

ker ρ = R∗ ⊂ Cl(V )∗.

Beweis. Offensichtlich ist R∗ ⊆ ker ρ. Um die Inklusion ker ρ ⊆ R∗ zu zeigen, zerlegen wir einα ∈ ker ρ ⊂ Cl(V )∗ in seinen geraden und ungeraden Anteil: α = α0 + α1. Wir wahlen eineOrthonormalbasis e1, . . . , en. Die Bedingung ε(α)eiα

−1 = ei ubersetzt sich zu

(α0 − α1)ei = ei(α0 + α1) ⇔ [ei, α]s = 0.

Da der Super-Kommutator linear ist, super-kommutiert α mit allen v ∈ V . Es ist dann sogarα ∈ Zs(Cl(k)), denn V erzeugt die gesamte Clifford-Algebra Cl(V ). Aus Lemma 10 folgtα ∈ R∗. 2

Definition 11 Wir erklaren die Clifford-Norm als die Abbildung

N : Cl(V ) → Cl(V ), % 7→ %t%.

Lemma 13 Es gilt N(Γ(V )) ⊂ R∗ und die eingeschrankte Abbildung N : Γ(V ) → R∗ ist einGruppen-Homomorphismus.

Beweis. Fur den Beweis zeigen wir, daß N(Γ(V )) ⊂ Γ(V ) und sogar N(Γ(V )) ⊂ ker ρ gilt.Die erste Behauptung folgt dann mit Lemma 12.

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2 Spin-Mannigfaltigkeiten 30

Sei in diesem Beweis immer α ∈ Γ(V ). Wir bemerken zunachst, daß ·t und ε die Clifford-Gruppe Γ(V ) auf sich abbilden. Da ε(α)vα−1 ∈ V fur alle v ∈ V gilt und ε mit dem Anti-Automorphismus ·t vertauscht, ist fur ein v ∈ V auch

ε((αt)−1)vαt = −ε((αt)−1vε(αt)) = −ε((ε(α)vα−1)t) = ε(α)vα−1 ∈ V,

d.h. (αt)−1 und dann auch αt sind in Γ(V ). Außerdem ist auch ε(Γ(V )) ⊆ Γ(V ), denn fur einα ∈ Γ(V ) haben wir

ε(ε(α))vε(α)−1 = −ε(ε(α)vα−1

︸ ︷︷ ︸∈V

) = ε(α)vα−1.

Fur ein α ∈ Γ(V ) ist dann aber auch N(α) = αtα ∈ Γ(V ).Jetzt zeigen wir, daß N(α) trivial auf V operiert. Fur ein v ∈ V ist

ε(N(α))vε(N(α))−1 = ε(αt) ε(α)vα−1

︸ ︷︷ ︸=:w∈V

(αt)−1

Es ist ε(wt) = −w, so daß wir schreiben konnen

ε(N(α))vε(N(α))−1 = −ε(αt)ε(αt)−1(−v)αt(αt)−1 = v.

Es ist also N(α) ∈ ker ρ und die erste Behauptung folgt. Insbesondere ist N(α) als Skalar inCl(V ) zentral.Die Homomorphismus-Eigenschaft konnen wir nun auch nachprufen: Sind α, β ∈ Γ(V ), dannerrechnen wir

N(αβ) = βtαtαβ = βtN(α)β = N(α)βtβ = N(α)N(β).

2

Satz 14 Fur jedes α ∈ Γ(V ) ist ρ(α) eine orthogonale Transformation auf V , und man kannes als Produkt α = v1 · · · vk mit Faktoren aus V schreiben. Insbesondere ist ein α ∈ Γ(V ) einhomogenes Element in Cl(V ).

Beweis. Wir bemerken zunachst zwei Dinge. Zum einen ist nach Definition N(v) = −‖v‖2

fur ein v ∈ V . Es reicht uns dann, N(ρ(α)v) = N(v) zu zeigen. Zum anderen erhalt derGraduierungs-Automorphismus ε die Clifford-Norm:

N(ε(α)) = ε(α)tε(α) = ε(αtα) = ε(N(α)) = N(α),

da N(α) ∈ R∗ ⊂ Cl(V )0 ein gerades Element in der Algebra ist.Die folgende Rechnung zeigt die Orthogonalitat von ρ(α) auf V .

N(ρ(α)v) = N(ε(α)vα−1) = N(ε(α))N(v)N(α−1) = N(α)N(α−1)N(v) = N(v).

Wir hatten bereits gesehen, daß 0 6= v ∈ V eine Einheit in der Clifford-Algebra ist. Das Inversein Cl(V ) ist v−1 = − v

‖v‖2 . Wir betrachten die Wirkung ρ(α) eines α ∈ V mit ‖α‖ = 1 genauer.

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2 Spin-Mannigfaltigkeiten 31

Jedes v ∈ V konnen wir orthogonal bezuglich α ∈ V zerlegen: v = λα+w fur ein w orthogonalzu α, und wir berechnen

ρ(α)v = −α(λα+ w) − α = −λα+ w.

Fur einen normierten Vektor α ∈ V ist ρ(α) auf V also eine Spiegelung an der zu α orthogo-nalen Hyperebene. Da jedes A ∈ O(V ) eine Komposition solcher Spiegelungen ist, finden wiralso Vektoren v1, . . . , vk ∈ V , so daß A = ρ(v1) · · · ρ(vk) = ρ(v1 · · · vk) gilt. ρ bildet also dieClifford-Gruppe surjektiv auf O(V ) ab.Betrachten wir ein α ∈ Γ(V ), so ist ρ(α) = ρ(v1 · · · vk) ∈ O(V ) fur Vektoren v1, . . . vk ∈ V .Dann ist α−1v1 · · · vk = λ ∈ R∗ im Kern, und wir haben eine Darstellung α = 1

λv1 · · · vk ge-funden. 2

Auf Γ(V ) ist also ρα(β) = ±αβα−1 bis aufs Vorzeichen ein innerer Automorphismus der Al-gebra und als solcher stetig.

Wir bezeichnen die geraden Elemente in der Clifford-Gruppe mit Γ0(V ) := Γ(V ) ∩ Cl(V )0.Ein Element aus O(k) ist genau dann in SO(k), wenn es als eine gerade Anzahl von Spiege-lungen geschrieben werden kann. Fur ein Element α = v1 · · · vk ∈ Γ(V ) gelten deswegen dieAquivalenzen

α ∈ Γ0(V ) ⇔ k = 2l gerade ⇔ ρ(α) ∈ SO(V )

Daraus schließen wir ρ−1(SO(k)) = Γ0(V ), und insbesondere ist ρ : Γ0(V ) → SO(k) surjek-tiv.Zusammengefaßt drucken wir das so aus:

1 → R∗ → Γ(V ) → O(V ) → 1

1 → R∗ → Γ0(V ) → SO(V ) → 1

sind kurze exakte Sequenzen.

Definition 12 Wir erklaren die Untergruppen Pin(V ) und Spin(V ) der Clifford-Gruppedurch

Pin(V ) = α ∈ Γ(V ) | |N(x)| = 1Spin(V ) = α ∈ Γ(V ) | N(x) = 1 = Pin(V ) ∩ Γ0(V )

Als Untergruppen der Clifford-Gruppe sind sie selbst topologische Gruppen.Durch die bisherigen Ergebnisse konnen wir Pin(V ) und Spin(V ) auch konkreter als Produktevon normierten Vektoren beschreiben.

Pin(V ) = v1 · · · vk | vi ∈ V, ‖vi‖ = 1Spin(V ) = v1 · · · v2l | vi ∈ V, ‖vi‖ = 1

Satz 15 1. Wir haben die kurzen exakten Sequenzen

1 → ±1 → Pin(V )ρ→ O(V ) → 1

1 → ±1 → Spin(V )ρ→ SO(V ) → 1.

P in(V ) bzw. Spin(V ) sind kompakte Lie-Gruppen, die O(V ) bzw. SO(V ) 2fach uberla-gern.

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2 Spin-Mannigfaltigkeiten 32

2. Fur dimV ≥ 2 ist Spin(V ) eine zusammenhangende Gruppe.

3. Fur dimV ≥ 3 ist Spin(V ) einfach zusammenhangend und ρ : Spin(V ) → SO(V ) istdie universelle Uberlagerung.

Beweis. Zu 1. Die Darstellung ρ bildet Pin(V ) surjektiv ab, da samtliche Spiegelungen im Bildenthalten sind. ρ(Spin(V ) enthalt jede Verknupfung einer geraden Anzahl von Spiegelungen,und Spin(V ) wird dadurch surjektiv auf SO(V ) abgebildet.Zum Kern der Darstellung auf Pin(V ) und Spin(V ) beobachten wir: Ein Elementα ∈ Pin(V ) ∩ ker(ρ) liegt in R∗ und erfullt N(α) = α2 = ±1. Das heißt α = ±1.Wir zeigen, daß ρ ein lokaler Homoomorphismus ist. Sei A ∈ O(V ) beliebig mit seinen zweiUrbildern α,−α ∈ Pin(V ), und sei W eine offene Umgebung von A. Da Spin(V ) ⊂ Cl(V )hausdorffsch ist, existieren disjunkte Umgebungen V1 von α und V2 von −α, die wir so kleinwahlen, daß auch Vi∩−Vi leer ist. Dann ist ρ eingeschrankt auf Ui := Vi∩ρ−1(W ) eine stetigeBijektion auf sein Bild. Da Spin(V ) lokal kompakt ist, finden wir Kompakta α ∈ K1 ⊂ U1 und−α ∈ K2 ⊂ U2, und ρ ist eingeschrankt auf ein Ki ein Homoomorphismus. Insbesondere istalso ρ−1

|Uistetig bei A ∈ U := ρ(U1)∩ρ(U2) und U ist eine gleichmaßig uberlagerte Umgebung.

Damit ist Pin(V ) eine 2fache Uberlagerung der O(V ) mit Projektion ρ, – fur Spin(V ) gehtdas Argument entsprechend durch. Pin(V ) und Spin(V ) sind uber kompaktem Basisraum mitendlicher Faser selbst kompakt.Pin(V ) und Spin(V ) sind abgeschlossene Untergruppen in Cl(V )∗ und sind dadurch Un-termannigfaltigkeiten in Cl(V )∗, cf. [3],(I,Theorem 3.11). Insbesondere sind sie selbst Lie-Gruppen, und die Projektion ρ wird ein Lie-Gruppen-Homomorphismus.

Zu 2. Fur dim(V ) ≥ 2 ist der Basisraum SO(V ) bereits ein zusammenhangender Raum. Gelingtes noch, im Uberlagerungsraum Spin(V ) beliebige Punkte einer Faser miteinander zu verbin-den, dann ist durch das Liften von Wegen in SO(V ) auch Spin(V ) zusammenhangend. Wegender Gruppenstruktur auf Spin(V ) reicht es, die Faser ρ−1(E) uber der Eins E ∈ SO(V ) zubetrachten. Wir geben einen Weg an, der +1 und −1 in Spin(V ) miteinander verbindet.Seien e1 und e2 zwei verschiedene Vektoren einer Orthonormalbasis von V (dim(V ) ≥ 2). Wirerklaren den Weg α : t 7→ − cos(πt) − e1e2 sin(πt) in Cl(k). Es ist α(0) = −1 und α(1) = 1.Da mithilfe der Additionstheoreme fur Sinus und Kosinus

α(t) = ( cos(π

2t)e1 + sin(

π

2t)e2) · ( cos(

π

2t)e1 − sin(

π

2t)e2)

eine Zerlegung in ein Produkt mit einer geraden Anzahl Faktoren der Norm 1 ist, lauft α auchin Spin(V ). Also, π0(Spin(V )) = 0 fur dim(V ) ≥ 2.

Zu 3. Wir wissen, daß fur dim(V ) ≥ 3 π1(SO(V )) = Z/2 gilt und Spin(k) → SO(k) einezusammenhangende, 2fache Uberlagerung ist. Dann muß Spin(k) die universelle Uberlagerungsein, d.h. einfach zusammenhangend. 2

Wir betrachten die Clifford-Algebra Cl(k) zum Rk mit gewohnlichem Skalarprodukt, und fuh-ren entsprechende Bezeichnungen Γ(k), P in(k) und Spin(k) fur die Untergruppen ein. Spater

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2 Spin-Mannigfaltigkeiten 33

werden wir noch Aussagen uber die Lie-Algebra spin(k) von Spin(k) benotigen.Es gibt zwei Sichtweisen:

1. ρ : Spin(k) → SO(k) ist um 1 ∈ Spin(k) ein lokaler Diffeomorphismus, so daß dieLie-Algebren von Spin(k) und SO(k) miteinander identifiziert werden konnen.

2. Da Spin(k) Untermannigfaltigkeit des Vektorraums Cl(k) ist, ist spin(k) = TSpin(k)1

isomorph zu einem Unterraum von TCl(k)1∼= Cl(k).

Das folgende Lemma legt den Zusammenhang zwischen beiden Sichtweisen offen.

Lemma 16 Fur die Lie-Algebra von Spin(k) fur k ≥ 2 gilt spin(k) ∼= Cl(k)2 ⊂ Cl(k),wobei wir Cl(k)2 := 〈eiej | 1 ≤ i < j ≤ k〉lin definieren. Die Identifikation bildet eineschief-symmetrische Matrix aij ∈ so(k) auf das Element − 1

4

∑i,j aijeiej ∈ Cl(k)2 ab.

Beweis. Die Exponentialabbildung exp : Cl(k) → Cl(k)∗ ist durch die Exponentialreihe gege-ben. Wir betrachten den Weg t 7→ teiej unter dieser Abbildung. Wegen (eiej)

2 = −1 lauft derBildweg ω in der Spin-Gruppe:

t 7→ exp(teiej) =

∞∑

l=0

(teiej)l

l!

=

∞∑

l=0

(−1)lt2l

(2l)!+

∞∑

l=0

(−1)lt2l

(2l)!eiej

= cos(t) + sin(t)eiej ∈ Spin(k).

Der Geschwindigkeitsvektor ddt |0ω(t) = d

dt |0 exp(teiej) = eiej ist entsprechend ein Elementin spin(k); also gilt Cl(k)2 ⊆ spin(k). Aus Dimensionsgrunden stimmen die Raume aberuberein, da dim(Cl(k)2) = k(k−1)

2 = dim(so(k)) = dim(spin(k)) gilt.Fassen wir also spin(k) als Teilraum von Cl(k)2, dann konnen wir nun das Bild von eiej unterρ∗1 : spin(k) → so(k) angeben.Der Weg der Inversen zu ω(t) = exp(teiej) ist ω−1(t) = cos(t) + sin(t)ejei, und mit Hilfe derAdditionstheoreme bestatigt man durch Rechnung, daß folgende Gleichheiten gelten.

ρ(ω(t))ek =

ek fur k 6= i, jcos(2t)ei + sin(2t)ej fur k = icos(2t)ej − sin(2t)ei fur k = j

Daraus konnen wir durch Differenzieren ρ∗(eiej) bestimmen:

d

dt |0(ρ(ω(t))ek =

0 fur k 6= i, j2ej fur k = i−2ei fur k = j

also ρ∗1(eiej) = 2Eij .Fur ein α =

∑i<j aijeiej = 1

2

∑i,j aijeiej (wenn aij = −aji) bedeutet dies

ρ∗(α)el =∑

i<j

aijρ∗(eiej)el

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2 Spin-Mannigfaltigkeiten 34

=∑

i<j

aij2Eijel

= 2∑

i<j

aij(δilej − δjlei)

= 2∑

j>l

aljej − 2∑

i<l

ailei

= −2∑

i

ailei,

was wir als Matrix bezuglich der Basis e1, . . . , en folgendermaßen schreiben

ρ∗(∑

i<j

aijeiej) = −2(aij

)1≤i,j≤n

Invariant laßt sich fur ein % ∈ Cl(k)2 zusammenfassend sagen

ρ∗1(%)x = %x− x%.

Fur eine schief-symmetrischen Matrix B = (bij) ∈ so(n) gilt umgekehrt die Gleichung Bej =∑i bijei = −2

∑i(−1

2bij)ei, und da ρ∗ ein Isomorphismus ist, folgern wir

ρ−1∗ (B) =

i<j

−1

2bijeiej = −1

4

i,j

bijeiej

2

2.3 Etwas Darstellungstheorie der Clifford-Algegra Cl(k)

Im vorigen Abschnitt wurden die multiplikativen Untergruppen Pin(k) und Spin(k) der Clif-ford-Algebra Cl(k) eingefuhrt. Die Darstellungen der Clifford-Algebra wollen wir auf Darstel-lungen einer endlich Gruppe in Pin(k) zuruckfuhren. Als Referenz cf. [13].

Wir betrachten die Standard-Orthonormalbasis e1, . . . , ek des Rk und erklaren in der Multi-index-Notation

Ek :=±eα | α ∈ 0, 1k

Die Clifford-Relationen liefern, daß Ek ⊆ Pin(k) eine multiplikative Gruppe der Ordnung2k+1 ist. Insbesondere ist ν := −1 ∈ Ek.

Es reicht, wenn wir bestimmte komplexe Darstellungen von Ek betrachten, um die der komple-xen Clifford-Algebra zu verstehen.

Lemma 17 Sei S ein komplexer Vektorraum. Es besteht eine bijektive Beziehung zwischen

1. Darstellungen der komplexen Clifford-Algebra Cl(k), Φ1 : Cl(k) → EndC(S),

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2 Spin-Mannigfaltigkeiten 35

2. Gruppendarstellungen von Pin(k), Φ2 : Pin(k) → GL(S), bei der ν als −idS operiert,

3. Gruppendarstellungen von Ek, Φ3 : Ek → GL(S), bei der ν als −idS operiert.

Beweis. Durch Einschrankung von Φ1 auf Pin(k) bzw. durch weiteres Einschranken auf Ekerhalt man je eine Gruppendarstellung von Pin(k) bzw. Ek, wobei auch:

Φ1(ν) = Φ1(−1) = −Φ1(1) = −idS

erfullt ist, da Φ1 ein Algebra-Homomorphismus ist.Die Idee, um aus einer Darstellung Φ3 : Ek → GL(S) eine komplexe Darstellung der Cl(k)zuruckzugewinnen, ist C-lineare Fortsetzung,

Φ1(∑

α

λαeα) :=

α

λαΦ3(eα).

Die Bedingung Φ3(−1) = −idS ist gerade dafur notig, daß auf diese Weise ein Homomorphis-mus von Algebren entsteht. Fur ein normiertes e ∈ Rk ist

−1 = Φ1(−1) = Φ1(e2) = Φ1(e)

2 != Φ3(e)

2 = Φ3(e2) = Φ3(−1)

2

Die irreduziblen Darstellungen bilden die Bausteine, aus denen sich alle Darstellungen zusam-mensetzen lassen, und wir interessieren uns fur irreduzible Darstellungen von Ek, bei denen νals −idS operiert. Die Bijektion der Darstellungen aus obigem Lemma 17 ist auch eine Bijekti-on der irreduziblen Darstellungen.Die gewohnliche Darstellungstheorie liefert, daß die Anzahl aller irreduziblen Darstellungen ei-ner endlichen Gruppe mit der Anzahl ihrer Konjugiertenklassen ubereinstimmt.Zunachst bestimmen wir die Anzahl der ein-elementigen Konjugiertenklassen von Ek.

Lemma 18 1. Ist k gerade, so ist das Zentrum Z(Ek) = 1, ν.

2. Ist k ungerade, so ist Z(Ek) = 1, ν, ω, νω.

Beweis. Wir betrachten ein Element g = ±eα ∈ Ek mit αr = 1 und αs = 0 fur r, s ∈ 1, . . . , kund l := |α|.

eresg = eres(±eα11 · · · eαk

k )

= (−1)ler(±eα11 · · · eαk

k )es

= (−1)l(−1)l−1(±eα11 · · · eαk

k )eres

= νgeres

Die einzigen Kandidaten fur ein Zentralelement von Ek sind folglich 1, ν, ω, νω (cf. Definition8).1 und ν sind als Skalare in jedem Falle zentral. Fur ω hatten wir bereits gezeigt, daß ωv =(−1)k−1vω gilt, also ist ω zentral fur ungerades k und nicht zentral in gerader Dimension. 2

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2 Spin-Mannigfaltigkeiten 36

Wir wissen nun uber die ein-elementigen Konjugiertenklassen – geformt durch das Zentrum –Bescheid. Aber wie sehen die Mehr-Elementigen aus?±(eα · eβ) und ±(eβ · eα) unterscheiden sich in Folge der Clifford-Relationen hochstens um einVorzeichen. Mit anderen Worten: Ist 〈ν〉 = 1, ν ≤ Z(Ek) das Erzeugnis von ν, dann gilt

(eα · eβ) 〈ν〉 = (eβ · eα) 〈ν〉,

und Ek/〈ν〉 ist eine abelsche Gruppe.Sind also g, h ∈ Ek irgendwelche Elemente, dann haben wir:

g〈ν〉 · h〈ν〉 = gh〈ν〉 != hg〈ν〉 = h〈ν〉 · g〈ν〉

⇔ g−1hg〈ν〉 = h〈ν〉⇔ g−1hg = hg ∈ h〈ν〉 = h, νh

Die Konjugiertenklasse eines h ∈ Ek ist also entweder h (und h ist zentral) oder aber h, νh.Fur die Anzahl der Konjugiertenklassen inEk haben wir nun insgesamt in Abhangigkeit von derDimension k:

k gerade 2 +2k+1 − 2

2= 2k + 1

k ungerade 4 +2k+1 − 4

2= 2k + 2

Wir haben nun jeweils die Anzahl aller irreduziblen Darstellungen und mussen noch feststellen,bei wievielen davon ν auch als −idS operiert.Da ν ∈ Ek eine zentrale Involution ist, gilt bei jeder Darstellung Φ : Ek → GL(S) zunachstΦ(ν)2 = idS wegen

idS = Φ(1) = Φ(ν · ν) = Φ(ν) Φ(ν).

Der Modul S zerfallt also in die direkte Summe der beiden Eigenraume zu ±1. Die folgendeRechnung zeigt, daß beide Raume Ek-invariant sind:

Φ(ν) Φ(g) = Φ(νg) = Φ(gν) = Φ(g) Φ(ν) ∀g ∈ Ek;

und wegen der Irreduzibilitat von S muß Φ(ν) = ±idS gelten.

Betrachten wir zunachst die irreduziblen Darstellungen Φ : Ek → GL(S), bei denen Φ(ν) =+idS erfullt ist, so sehen wir fur ein beliebiges g ∈ Ek

Φ(νg) = Φ(ν) Φ(g) = Φ(g),

und Φ laßt sich also als eine Darstellung von Ek/〈ν〉 begreifen.Ek/〈ν〉 ist eine abelsche Gruppe der Ordnung 2k. Die Konjugiertenklassen in Ek/〈ν〉 sind alsoalle ein-elementig, und deren Anzahl ist damit ebenfalls 2k. Damit haben wir, daß Ek genau 2k

irreduzible Darstellungen besitzt, bei denen ν als +idS operiert.Ist k ungerade, existieren also zwei nicht-aquivalente irreduzible Darstellungen von Ek, beidenen ν als −idS wirkt. Das entspricht genau zwei komplexen nicht-aquivalenten irreduziblen

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2 Spin-Mannigfaltigkeiten 37

Darstellungen von Cl(k).In gerader Dimension k = 2m gibt es genau eine irreduzible Darstellung von Ek, bei der ν als−idS operiert. Und dies korrespondiert zu genau einer komplexen irreduziblen Darstellung vonCl(k).Spater wird uns ausschließlich der gerade Fall beschaftigen.

Definition 13 Eine komplexe irreduzible Darstellung κ : Cl(k) → End(∆k) auf einem Dar-stellungsraum ∆k heiße Spin-Darstellung.Im geraden Fall ist sie bis auf Aquivalenz eindeutig, und wir sprechen dann von der Spin-Darstellung.

Fur den geraden Fall k = 2m bestimmen wir jetzt darstellungstheoretisch die Dimension desDarstellungsraum ∆k: Die Quadrate der Dimensionen der irreduziblen Darstellungsraume erge-ben in der Summe die Gruppenordnung.Wir beginnen bei den irreduziblen Darstellungen der abelschen Gruppe Ek/〈ν〉 zu zahlen. – DasLemma von Schur besagt, daß eine Ek/〈ν〉-aquivariante lineare Abbildung zwischen komplexenirreduziblen Darstellungen die Gestalt v 7→ λv fur ein λ ∈ C hat. Wenden wir das auf dieLinkswirkung lg : S → S an, bedeutet gerade die Kommutativitat der Gruppe die Aquivarianzder Abbildung. Jeder Unterraum in der Darstellung ist damit invariant, – und die irreduziblenDarstellungsraume sind ein-dimensional. Deswegen ist

2k · 12 + (dim∆k)2 = 2k+1 ⇔ dim∆k = 2m

Ebenfalls entnehmen wir der Darstellungstheorie, daß – weil ∆k die einzige irreduzible Darstel-lung von Cl(k) ist – gilt:

Cl(k) ∼= End(∆k).

Als komplexe Darstellung der kompakten Gruppe Pin(k) existiert auf ∆k ein Pin(k)-invarian-tes hermitesches Skalarprodukt, d.h. ein hermitesches Skalarprodukt 〈·, ·〉 : ∆k × ∆k → C mit〈α φ, α ψ〉 = 〈φ, ψ〉 ∀α ∈ Ek, φ, ψ ∈ ∆k.Fur einen normierten Vektor e ∈ Rk gilt nun insbesondere:

〈e φ, e ψ〉 = 〈φ, ψ〉

und damit ist die Wirkung eines x ∈ Rk auf ∆k schief-adjungiert. Ware ∆k eine typische Faserin einem Bundel, dann entsprache dies der ersten Bedingung in der Definition 4 eines Dirac-Bundels.

Durch Einschrankung erhalt man eine Darstellung ∆k von Pin(k), die auch dann noch irredu-zibel ist, da Sk−1 ⊂ Pin(k) und Sk−1 den Rk und damit ganz Cl(k) erzeugt.Bei weiterer Einschrankung auf den Index 2 Normalteiler Spin(k) Pin(k) bestehen dieMoglichkeiten, daß

κ : Spin(k) → GL(∆k)

entweder irreduzibel bleibt oder aber in zwei nicht-aquivalente irreduzible Darstellungen zer-fallt. Wir geben eine solche Zerfallung ∆k = ∆+

k ⊕ ∆−k an, die dann positive und negative

Halbspin-Darstellung genannt werden. Wir erklaren

∆±k = φ ∈ ∆k | imωφ = ±φ

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2 Spin-Mannigfaltigkeiten 38

als die ±1 Eigenraume der Involution κ(imω) : ∆k → ∆k. Man beachte, daß fur gerade Ele-mente % ∈ (Cl(k))0 und φ ∈ ∆±

k tatsachlich gilt:

imω(%φ) = im(ω%ω−1ω)φ = imε(%)ωφ = %imωφ = ±%φ ⇒ %φ ∈ ∆±k .

2.4 Spin-Strukturen

In diesem Abschnitt fließen unsere bisherigen Resultate zusammen, um den sogenannten SpinorDirac-Operator zu definieren. Dazu sagen wir erst, was eine Spin-Struktur ist. Zu tiefergehendenFragen der Existenz und Eindeutigkeit von Spin-Strukturen verweisen wir auf [9].

Definition 14 ‡ Eine Spin-Struktur auf einer orientierten, Riemannschen Mannigfaltigkeit Mder Dimension n besteht aus einem Paar (E,Λ), fur das gilt:

• E ist ein Spin(n)-Prinzipalbundel uber M

• Λ : E → E ist eine 2fache Uberlagerung des SO(n)-Rahmenbundels E, so daß dasfolgende Diagramm kommutiert:

−−→ −−−→

−−−−−−→Λ×ρ

−−−−−−→

Λ

−−−→ −−−→

E × Spin(n) E

M

E × SO(n) E

Tragt M eine Spin-Struktur, so heiße M eine Spin-Mannigfaltigkeit oder einfach nur spin.

Die Kommutativitat des Diagramms bedeutet zweierlei.

1. Es folgt unmittelbar, daß fur die Fasern uber einem p ∈ M Λ(Ep) ⊆ Ep gilt. Da Λ alsUberlagerung surjektiv ist, muß dann aber schon gelten:

Λ(Ep) = Ep.

2. Die Kommutativitat auf der linken Seite des Diagramms besagt gerade fur ein α ∈ Spin(n)

Λ(e · α) = Λ(e) · ρ(α).

Betrachten wir eine lokale Trivialisierung Ψ : π−1(U) → U × Spin(n) von E mitihrem zugeordneten kanonischen Schnitt s : U → π−1(U). Dann erhalten wir auch eineTrivialisierung Ψ : π−1(U) → U × SO(n) im Prinzipalbundel E uber gleichem GebietU ⊂ M folgendermaßen. Fur ein e ∈ Ep existiert genau ein A ∈ SO(n), so daß e =Λ(s(p)) · A gilt und man erklart:

Ψ(e) = Ψ(Λ(s(p)) · A) := (p,A).

‡Spin-Strukturen konnen allgemeiner zu SO-Prinzipalbundeln erklart werden.

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2 Spin-Mannigfaltigkeiten 39

Diese Abbildung ist stetig und eine stetige Umkehrung ist offenbar durch Ψ−1(p,A) :=Λ(s(p)) · A gegeben.Fur ein e ∈ Ep existiert nun genau ein α ∈ Spin(n), so daß e = s(p) · α erfullt ist.

Λ(e) = Λ(s(p) · α)

= Λ(s(p)) · ρ(α)

Wir betrachten nun das Bild von e und Λ(e) unter den jeweiligen Trivialisierungen.

Ψ(e) = (p, α)

Ψ(Λ(e)) = Ψ(Λ(s(p)) · ρ(α))def= (p, ρ(α))

Insgesamt sehen wir also, daß die Uberlagerung Λ in einer Faser (aufgefaßt als Lie-Gruppe) wie ρ wirkt.

Die Frage, ob eine orientierte Riemannsche Mannigfaltigkeit M spin ist oder nicht, ist eine topo-logische Eigenschaft der Mannigfaltigkeit. Sie ist genau dann spin, wenn die 2te Stiefel-WhitneyKlasse w2(M) ∈ H2(M ; Z2) verschwindet. Eine Folgerung daraus ist, daß ein kartesisches Pro-dukt M := M ′ ×M ′′ von Spin-Mannigfaltigkeiten in kanonischer Weise wieder spin ist, dennw2(M) = w2(M

′) +w2(M′′). Ist M spin, gibt es eine Bijektion zwischen den Spin-Strukturen

auf M und Elementen in H1(M ; Z2).Klassen von Spin-Mannigfaltigkeiten sind zum Beispiel Spharen, orientierte Mannigfaltigkeitenin Dimension ≤ 3 und 2-zusammenhangende Mannigfaltigkeiten, cf. [9],(II,1+2).

Definition 15 IstM spin, dann heiße das Vektorraum-Bundel S = E×κ∆n ihr Spinor-Bundelzur Spin-Darstellung κ und Elemente darin heißen Spinoren. In gerader Dimension spaltetS = S+ ⊕ S−, wobei S± als E ×κ ∆±

n erklart ist.

Ist hier im geraden Fall von dem Spinor-Bundel die Rede, dann ist das Spinor-Bundel zu der(eindeutigen irreduziblen) Spin-Darstellung gemeint, cf. Definition 13.

Um das Spinor-Bundel zu erklaren, greifen wir im folgenden auf das Konzept eines Zusammen-hangs auf einem Prinzipalbundel zuruck.Wir betrachten nun eine orientierte Riemannsche Spin-Mannigfaltigkeit. Sei E das zugehorigeSO(n)-Prinzipalbundel der orientierten orthonormalen Basen des Tangentialbundels TM . DerLevi-Civita Zusammenhang auf M induziert eine Zusammenhangs 1-Form ω ∈ Ω1(E, so(n))auf E. Aufgrund der Spin-Struktur konnen wir sie zu einer Zusammenhangs 1-Form Λ∗ω ∈Ω1(E, spin(n)) auf E zuruckziehen.

Definition 16 Der Spin-Zusammenhang auf dem Spin(n)-Prinzipalbundel E ist der Lift desSO(n)-Prinzipalbundel-Zusammenhangs, der vom Levi-Civita her kommt. Der Spin-Zusam-menhang auf dem Spinor-Bundel Szur Spin-Darstellung κ ist der Zusammenhang, der durch κassoziiert ist.

Satz 19 Das Spinor-Bundel Szu einer Spin-Darstellung κ ist mit dem Spin-Zusammenhang ubereiner Spin-Mannigfaltigkeit M ein Dirac-Bundel.

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2 Spin-Mannigfaltigkeiten 40

Beweis. Es sind mehrere Punkte zu prufen. Zunachst zeigen wir, daß Sein Clifford-Bundel uberM ist. Das heißt, wir suchen eine Links-Cl(TMp)-Modulstruktur einer Faser Sp.Aufgrund der freien und transitiven Wirkung der Spin(n) auf Ep, laßt sich eine Faser in Subereinem p ∈M bezuglich eines beliebigen, aber fixierten e ∈ Ep folgendermaßen darstellen:

Sp = [e, φ] | φ ∈ ∆n ' ∆n.

Der Tangentialraum TM ist das zur naturlichen Wirkung der SO(n) auf Rn assoziierte Vektor-raumbundel zum gegebenen Rahmenbundel E, also TM = E ×SO(n) Rn.Die Spin-Struktur (E,Λ) gewahrleistet auch noch eine andere Darstellung des Tangentialbun-dels, namlich als

TM ∼= E ×ρ Rn.

Ein Isomorphismus Φ : E ×ρ Rn → E ×SO(n) Rn wird durch [e, x] 7→ [Λ(e), x] angegeben:Φ ist wohldefiniert und injektiv aufgrund der Spin-Struktur, surjektiv, da Λ surjektiv ist, und Φbildet fasernweise ab, da auch Λ innerhalb der Fasern abbildet.Die Metrik in einer Faser TMp wird dann durch die 2te Komponente im Rn vermittelt:

〈[e, x], [e, y]〉 := 〈x, y〉.

Dies ist wohldefiniert, da ρ(α−1) fur ein α ∈ Spin(n) auf Rn eine orthogonale Abbildung ist.In dieser zweiten Darstellung von TM laßt sich die Clifford-Multiplikation leicht auf die gege-bene Spin-Darstellung κ der Clifford-Algebra zum Rn zuruckfuhren. Fur ein festes e ∈ π−1(p)setzt man

[e, x]︸︷︷︸∈TMp

⊗ [e, φ]︸︷︷︸∈Sp

7→ [e, κ(x)φ]︸ ︷︷ ︸∈Sp

= [e, x φ].

Zur Wohldefiniertheit dieser Abbildungsvorschrift weisen wir die Unabhangigkeit vom gewahl-ten e in der Faser uber p ∈M nach.Sei also f = e · α ∈ Ep fur ein α ∈ Spin(n). Dann ist [e, x] = [f , ρ(α−1)x] ∈ TMp sowie[e, φ] = [f , α−1 φ] ∈ Sp, und es ist nachzuweisen, daß gilt:

(ρ(α−1)x) (α−1 φ) = α−1 (x φ),

und die Rechnung dazu ist:

α−1 (x φ) = α−1 (x (αα−1) φ)

= (α−1xα) (α−1 φ)

= (ρ(α−1)x) (α−1 φ).

Mit dieser Festsetzung gilt ξ (ξ s) = −〈ξ, ξ〉s und damit ist Sein Clifford-Bundel.

Wir hatten bereits gesehen, daß ∆n ein hermitesches Skalarprodukt tragt. Swird ein hermite-sches Bundel, indem man – analog wie beim Tangentialbundel – fasernweise das Skalarproduktin der zweiten Komponente bei gleicher erster Komponente bildet. Das ist wohldefiniert, da dieSpin-Darstellung κ : Spin(n) ⊂ Pin(n) → Aut(∆n) bezuglich dieses Skalarprodukts auf ∆n

unitar ist.

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2 Spin-Mannigfaltigkeiten 41

Der Spin-Zusammenhang auf Sist mit dieser Metrik vertraglich. Dies sieht man daran, daß dieParallelverschiebung, die durch den Spin-Zusammenhang induziert wird, eine Isometrie ist: Istγ : [0, 1] →M ein Weg mit Anfangspunkt γ(0) = p und sind s = [e, φ], t = [e, θ] ∈ Sp fur eine ∈ Ep, so ist

〈s, t〉 = 〈[e, φ], [e, θ]〉 := 〈φ, θ〉und nach der Parallelverschiebung langs γ beobachten wir

〈τγ01(s), τγ01(t)〉 = 〈[γee(1), φ], [γee(1), θ]〉 = 〈φ, θ〉,

wie gewunscht.

Auch zum ersten Punkt in der Definition eines Dirac-Bundels ist es nun nicht mehr weit. Fureinen Vektor [e, x] ∈ TMp einer Orthonormalbasis ist x ∈ Rn bezuglich des kanonischenSkalarprodukts im Rn normiert. Dann gilt fur φ, θ ∈ ∆n und ein e ∈ Ep:

〈[e, x] [e, φ], [e, θ]〉 = 〈[e, x φ], [e, θ]〉= 〈x φ, θ〉= 〈x2 φ, x θ〉= −〈φ, x θ〉= −〈[e, φ], [e, x θ]〉= −〈[e, φ], [e, x] (e, θ)〉,

die Clifford-Multiplikation eines ξ = [e, λjxj ] ∈ TMp (λj ∈ R, xjj orthonormal in Rn) aufSp ist also schief-adjungiert.

Der Spin-Zusammenhang ist auch mit dem Levi-Civita ∇TMvertraglich. Seien dazu ξ = γ ′(0) ∈TMp ein Tangentialvektor, X ∈ Γ(TM) ein Vektorfeld und σ ∈ Γ(S) ein Schnitt im Spinor-Bundel. Seien g : E → Rn bzw. h : E → ∆n die ρ- bzw. κ-aquivarianten Funktionen, diedem Vektorfeld X bzw. dem Schnitt σ entsprechen. d.h. es gelte also X(p) = [e, g(e)] undσ(p) = [e, h(e)] fur ein e ∈ Ep.Fur die Parallelverschiebung τ γt0 : Sγ(t) → Sγ(0) gilt dann:

τγt0((Xσ)γ(t)) = τγt0([γ(t), g(γ(t)) h(γ(t))])

= [e, g(γ(t)) h(γ(t))],

wobei γ der horizontale Lift zu γ durch e ∈ Ep ist.

∇ξ(Xσ) =d

dt |0

(τγt0((Xσ)γ(t))

)= [e,

d

dt |0(g(γ(t)) h(γ(t)))]

= [e,d

dt |0g(γ(t)) h(γ(0)) + g(γ(0)) d

dt |0h(γ(t))]

= [e, dg(γ ′(0)) h(e)] + [e, g(e) dh(γ ′(0))]= [e, dg(γ ′(0))] [e, h(e)] + [e, g(e)] [e, dh(γ ′(0))]

= (∇TM

ξ X) σ(p) +Xp (∇ξσ)

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2 Spin-Mannigfaltigkeiten 42

2

Die besondere Rolle des Spinor-Bundels innerhalb der Dirac-Bundel kommt durch folgendesLemma zum Ausdruck.

Lemma 20 Die Twist-Krummung des Spinor-Bundels zu einer Spin-Struktur verschwindet

F S ≡ 0.

Insbesondere vereinfacht sich die Weitzenbock-Formel im Spinor-Bundel zu

D2 = ∇∗∇ +1

4κ.

Beweis. Es ist zu zeigen, daß der Krummungsterm K des Clifford-Bundels Sallein aus demAnteil des Riemann Endomorphismus RS besteht.Sei dazu e1, . . . , en ein orthonormales lokales n-Bein in TM . Die Krummung im SO(n)-Rahmenbundel zu TM ist eine so(n)-wertige 2-Form. Faßt man den Riemannschen Krum-mungstensor R als End(TM)-wertige 2-Form auf M auf, so konnen wir bezuglich des lokalenn-Beines die schief-symmetrische Matrix A = (aij) von 2-Formen konkret angeben. Sie istdurch die Bedingung

Rej =∑

i

aijei

bestimmt. Wegen der Orthogonalitat des n-Beines ist der (i, j)te Matrixeintrag der Krummungs-form gerade die 2-Form

(ξ ∧ ν) 7→ aij(ξ ∧ ν) = 〈R(ξ, ν)ej , ei〉.

Die dazu in der Spin-Struktur geliftete spin(n)-wertige 2-Form ist die Krummungsform desSpin(n)-Prinzipalbundels. Nach Lemma 16 ist sie durch

(ξ ∧ ν) 7→ −1

4

i,j

〈R(ξ, ν)ej , ei〉eiej =1

4

i,j

〈R(ξ, ν)ei, ej〉eiej

gegeben, und sie stimmt genau mit dem Riemann-Endomorphismus RS ∈ Ω2(End(S)) ube-rein. 2

Abschließend betrachten wir, welche Gestalt die Weitzenbock-Formel im Falle eines getwistetenSpinor-Bundels zur Spin-Darstellung annimmt. Wir wissen bereits aus der allgemeinen Weit-zenbock-Formel (fur einen beliebigen Dirac-Operator), daß als Korrektursummand ein Term0ter Ordnung auftritt.

Satz 21 Sei W ein komplexes Vektorraumbundel mit hermitescher Metrik und metrischem Zu-sammenhang ∇W , und sei S ⊗W das dazu getwistete Spinor-Bundel. Dann gilt fur den Dirac-Operator DW und den Zusammenhangs-Laplace ∇∗∇ auf S ⊗W

DW = ∇∗∇ +1

4κ+ RW ,

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2 Spin-Mannigfaltigkeiten 43

wobei der symmetrische Bundel-Endomorphismus RW ∈ End(S⊗W ) als Clifford-Kontraktionder End(S ⊗W )-wertigen 2-Form RW (ξ, ν)(s ⊗ w) = s⊗ RW (ξ, ν)w entsteht. Mittels einerOrthonormalbasis e1, . . . , en ergibt sich also

RW (s⊗ w) =1

2

n∑

j,k=1

(ejek s) ⊗ (RW (ej , ek)w) =∑

j<k

(ejek s) ⊗ (RW (ej , ek)w).

Beweis. Fur den Tensor-Zusammenhang auf S⊗W gilt fur einen lokalen Basis-Schnitt σ⊗ω ∈Γ(U, S ⊗W ) uber einem trivialisierenden Gebiet U ⊂M

∇(σ ⊗ ω) = (∇Sσ) ⊗ ω + σ ⊗ (∇Wω),

und auch der Krummungstensor R wirkt derivativ, wie eine Rechnung mit einem synchronenn-Bein verdeutlicht:

R(ei, ej)(s⊗ w) = ∇i∇j(s⊗ w) −∇j∇i(s⊗ w)

= ∇i(∇S

j s⊗ w) + ∇i(s⊗∇W

j w) −∇j(∇S

i s⊗ w) −∇j(s⊗∇W

i w)

= ∇S

i∇S

j s⊗ w + (∇S

j s⊗∇W

i w) + ∇S

i s⊗∇W

j w + s⊗∇W

i ∇W

j w +

−∇S

j∇S

i s⊗ w −∇S

i s⊗∇W

j w −∇S

j s⊗∇W

i w − s⊗∇W

j ∇W

i w

= RS(ei, ej)s⊗ w + s⊗RW (ei, ej)w

Nach der allgemeinen Weitzenbock-Formel ist der Restterm die Clifford-Kontraktion der Krum-mung des Bundels. Kontraktion liefert

R(s⊗ w) =1

2

n∑

i,j=1

eiej R(ei, ej)(s⊗ w)

=1

2

n∑

i,j=1

eiej [(RS(ei, ej)s) ⊗ w + s⊗ (RW (ei, ej)w)]

= (1

2

n∑

i,j=1

eiej RS(ei, ej)s) ⊗ w +1

2

n∑

i,j=1

(eiej s) ⊗ (RW (ei, ej)w)

=1

4κ (s⊗ w) + RW (s⊗ w),

die letzte Gleichung folgt mit Satz 8.Daß RW symmetrisch ist, hatten wir im wesentlichen schon im Vorfeld des Bochner-Arguments(cf. Satz 5) gezeigt. In die Rechnung geht ein, daß die Clifford-Multiplikation schief-symmet-risch und der Zusammenhang auf W metrisch ist. 2

Als Konsequenz aus diesem Satz werden wir noch zeigen, daß RW in Termen der Dimensiongleichmaßig von den Komponenten des Krummungstensors RW abhangt: ist zum Beispiel Wflach, verschwindet RW , und ist RW

”klein“, dann auch RW .Betrachtet man RW : S ⊗ W → S ⊗ W und RW : TM ⊗ TM ⊗ W → W als Bundel-Homomorphismen, laßt sich diese Aussage zur gleichmaßigen Abhangigkeit prazise durch die

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2 Spin-Mannigfaltigkeiten 44

Normen von RW undRW ausdrucken. Wir betrachten die induzierten euklidischen Normen, alsobezuglich entsprechender orthonormaler Basen

‖RW‖ := supp∈M ‖(RW )p‖ = supp∈M

√∑a,c ‖(RW (sa ⊗ wc)‖2

‖RW‖ := supp∈M√∑

i<j ‖RW (ei, ej)‖2 = supp∈M√∑

j<kc

‖Rp(ej , ek)wc‖2

Lemma 22 Es gilt die Abschatzung ‖RW‖ ≤ kdim‖RW‖, wobei kdim eine Konstante ist, dienur von der Dimension der Mannigfaltigkeit und des Vektorraumbundels W abhangt.

Beweis. Fur einen Endomorphismus T : V → V auf einem endlich-dimensionalen, euklidischenVektorraum werden wir in der Rechnung auch die Operator-Norm ‖T‖∞ := sup‖v‖=1 ‖Tv‖benutzen. Es gilt im Vergleich mit der euklidischen Norm ‖T‖ – wenn n die Dimension desVektorraums bezeichnet – die Abschatzung

‖T‖∞ ≤ ‖T‖ ≤√n‖T‖∞.

Mit der Cauchy-Schwarzschen-Ungleichung sieht man ebenfalls leicht, daß‖T‖∞ ≥ sup‖v‖=1 |〈Tv, v〉| gilt. Ist der Operator symmetrisch, gilt dort sogar die Gleichheit.

Wir betrachten zunachst nur Tensoren der Form s⊗w in einer Faser. Unter Ausnutzung, daß dieRechnung in einem Dirac-Bundel passiert, erhalten wir

sup‖s⊗w‖=1

|〈RW (s⊗ w), s⊗ w〉|2 = sup‖s‖=1‖w‖=1

|∑

j<k

〈ejek s, s〉〈RW (ej , ek)w,w〉|2

≤ sup‖s‖=1‖w‖=1

j<k

|〈ejek s, s〉| · |〈RW (ej , ek)w,w〉|2

≤ sup‖s‖=1‖w‖=1

j<k

|〈ejek s, s〉|2 ·∑

j<k

|〈RW (ej , ek)w,w〉|2

≤∑

j<k

sup‖s‖=1

|〈ejek s, s〉|2 ·∑

j<k

sup‖w‖=1

|〈RW (ej , ek)w,w〉|2

≤∑

j<k

‖c(ejek)‖2∞ ·∑

j<k

‖RW (ej , ek)‖2∞

=∑

j<k

sup‖s‖=1

〈ejek s, ejek s〉 · ‖RW‖2∞

=∑

j<k

sup‖s‖=1

〈s, s〉 · ‖RW‖2∞

=

(n

2

)· ‖RW‖2

∞ ≤(n

2

)· ‖RW‖2

Damit konnen wir nun die Norm abschatzen. Es sei m = dim∆n die Dimension des Spinor-Bundels, und r die Dimension des Vektorraumbundels W . Man beachte, daß m direkt von derDimension der Mannigfaltigkeit abhangt.

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2 Spin-Mannigfaltigkeiten 45

Ein Element t ∈ (S ⊗W )p der Norm 1 kann bezuglich einer Orthonormalbasis s1, . . . , snvon Sp und w1, . . . , wr von Wp eindeutig geschrieben werden als

t = λacsa ⊗ wc mit der Eigenschaft |λ| :=∑

a,c

(λac)2 = 1.

‖RW‖2 ≤ mr‖RW‖2∞

= mr supp∈M|λ|=1

|〈RW (λacsa ⊗ wc), λbdsb ⊗ wd〉|

2

= mr supp∈M|λ|=1

|λacλbd∑

j<k

〈ejek sa, sb〉〈RW (ej , ek)wc, wd〉|2

≤ mr supp∈M|λ|=1

(∑

a,b,c,d

|λacλbd|2)(∑

a,b,c,dj<k

〈ejek sa, sb〉〈RW (ej , ek)wc, wd〉|2)

≤ mr supp∈M|λ|=1

(∑

a,b,c,d

|λacλbd|2)∑

a,b,c,d

(n

2

)· ‖RW‖2

= mr supp∈M|λ|=1

‖(λac) · (λbd)t‖2 ·m2r2(n

2

)· ‖RW‖2

≤ m3r2(n

2

)‖RW‖2 · sup

|λ|=1‖(λac)‖2‖(λbd)‖2

= m3r2(n

2

)‖RW‖2 · sup

|λ|=1

a,c

(λac)2

︸ ︷︷ ︸=1

b,d

(λbd)2

︸ ︷︷ ︸=1

= k2dim‖RW‖2

fur die Konstante kdim =√m3r2

(n2

). 2

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3 Der Index-Satz 46

3 Der Index-Satz

Die Weitzenbock-Formel stellt im Spinorfall eine Verbindung zwischen der Skalarkrummungund dem Dirac-Operator auf dem Spinor-Bundel her. In diesem Abschnitt wird der Index-Satzvon Atiyah und Singer vorgestellt. Er ist das Hilfsmittel, mit dem wir einen Bogen vom Dirac-Operator in den topologischen Bereich der Mannigfaltigkeiten schlagen konnen. Auf diese Wei-se lassen sich dann topologische Hindernisse gegen Metriken positiver Skalarkrummung aufgeeigneten Spin-Mannigfaltigkeiten finden.

3.1 Das A-Geschlecht und der Chern-Charakter

Die topologischen Daten zu einer Riemannschen Mannigfaltigkeit, auf die im Index-Satz Bezuggenommen werden, sind in der Sprache der charakteristischen Klassen kodiert.

Definition 17 Sei M eine differenzierbare Mannigfaltigkeit. Eine charakteristische Klasse c isteine Zuordnung, die einem Vektorraumbundel V uber M ein Element c(V ) ∈ H∗(M) in derKohomologiegruppe der Mannigfaltigkeit so zuordnet, daß gilt:

• Sind zwei Vektorraumbundel aquivalent, V1∼= V2, dann stimmen deren charakteristische

Klassen uberein, also c(V1) = c(V2).

• Die Zuordnung ist naturlich im dem Sinn, daß eine charakteristische Klasse mit einemPullback vertraglich ist:Ist f : N →M eine differenzierbare Abbildung und V ein Vektorraumbundel uber M , sostimmen uberein:

c(f∗V ) = f∗c(V ).

In der Definition gibt es noch einige Freiheitsgrade: so kann es sich um komplexe oder reelleBundel handeln, und die Kohomologie der Mannigfaltigkeit kann uber verschiedenen Koeffizi-enten genommen werden.

Es gibt verschiedene Zugange zu charakteristischen Klassen. Ein Weg ist die Chern-Weil-Metho-de, bei der charakteristische Klassen in komplexen Koeffizienten zu komplexen Vektorraumbun-deln betrachtet werden. H∗(M) wird durch die deRham-Kohomologie dargestellt.Ein invariantes Polynom ist eine polynomiale Funktion P : Mat(n,C) → C, falls fur alleX ∈Mat(n,C) und alle T ∈ GL(n,C) gilt:

P (TXT−1) = P (X)

Dies ist aquivalent zu der Forderung P (XY ) = P (Y X) fur alle X,Y ∈ Mat(n,C). Beispie-le invarianter Polynome sind det und tr. Substituiert man den Korper C durch eine kommu-tative C-Algebra A, so induziert eine polynomiale Funktion P eine gleichnamige AbbildungP : Mat(n,A) → A.

Sei nun M eine differenzierbare Mannigfaltigkeit, und V ein komplexes Vektorraumbundel uberM vom Rang n. Sei ∇ ein Zusammenhang auf V und R ∈ Γ(T ∗M ⊗ T ∗M ⊗ V ∗ ⊗ V )

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3 Der Index-Satz 47

der zugehorige Krummungstensor. Uber einer trivialisierenden Umgebung U ⊂ M existierenglatte Basisschnitte s1, . . . , sn, bezuglich denen der Krummungstensor R auf U als Matrix Ωvon 2-Formen in Ω2(U,C) ⊂ A := Ωeven(U,C) ausgedruckt werden kann. Fur zwei lokaleVektorfelder X,Y ∈ Γ(TU) gilt namlich:

R(X,Y )si = Ωji (X,Y )sj

Eine polynomiale Funktion P induziert also eine Abbildung P : Mat(n,Ω2(U,C)) → A. Esist gerade die Invarianz von P , die diese lokalen Konstruktionen auch bei Koordinatenwechselnubereinstimmen laßt, so daß im invarianten Fall

P∇ := P (Ω) ∈ Ωeven(M)

eine wohldefinierte Form auf M ist. Weiter kann man zeigen, daß P∇ geschlossen ist, damitalso eine Kohomologieklasse in Heven(M,C) erklart. Diese Klasse ist sogar unabhangig vomgewahlten Zusammenhang, und bei freier Wahl eines Zusammenhangs definiert ein invariantesPolynom P durch

[P (V )] := [P∇] ∈ Heven(M,C)

eine charakterisische Klasse fur ein komplexes Vektorraumbundel V .Wie sehen die invarianten Polynome auf Mat(n,C) aus? – Jede Matrix kann in der JordanschenNormalform als Limes diagonalisierbarer Matrizen dargestellt werden. Aufgrund der Stetigkeiteines invarianten Polynoms P reicht es deswegen, P auf diagonalisierbaren Matrizen zu ken-nen. Eine diagonalisierbare Matrix wiederum ist zu einer Diagonalmatrix konjugiert, und durchKonjugation werden die Diagonalelemente einer Diagonalmatrix vertauscht. Daß P gerade un-ter Konjugation invariant ist. zeigt, daß genau die invarianten Polynome auf diagonalisierbarenMatrizen in den Eigenwerten symmetrische polynomiale Funktionen sind.Uber symmetrische Polynome weiß man, daß sie einen Polynomring bilden, und (bei gegebenemn) von den n elementar-symmetrischen Funktionen

σk(x1, . . . , xn) :=∑

1≤i1<...<ik≤nxi1 · xi2 · · · xik

erzeugt werden.Auf diagonalisierbaren Matrizen A mit Eigenwerten λ1, . . . , λn erklart man die folgenden Er-zeugenden der invarianten Polynome

Pk(A) := (1

2πi)kσk(λ1, . . . , λn).

Die Pk sind auch tatsachlich polynomial in A, da sie bis auf ein Vorzeichen der Koeffizient der(n− k)ten Potenz im charakteristischen Polynom von A sind.Konkret ist zum Beispiel P0(A) = 1, P1(A) = 1

2πi tr(A) und Pn(A) = ( 12πi )

n det(A). Mannennt

ck(V ) := [Pk(Ω)] ∈ H2k(M,C)

die kte Chern-Klasse von V, und da die Pk erzeugende Polynome sind, ist jede charakteristischeKlasse, die uber ein invariantes Polynom definiert ist, ein Polynom in den Chern-Klassen.Ist V ein reelles Vektorraumbundel uber M , dann sind fur die Komplexifizierung VC := V ⊗ C

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3 Der Index-Satz 48

ebenfalls die Chern-Klassen erklart. Es ist hierbei c2k+1(VC) = 0, und wir definieren die ktePontrjagin Klasse von V als

pk(V ) := (−1)kc2k(VC) ∈ H4k(M,C).

Benutzt man das Tangentialbundel als Vektorraumbundel, spricht man von Chern- bzw. Pontrja-gin-Klassen von M und schreibt ck(M) bzw. pk(M).

Mithilfe formaler Potenzreihen konstruiert man aus den Chern- bzw. Pontrjagin-Klassen neuecharakteristische Klassen – auf diese Weise entsteht auch die A-Klasse.Sei f eine formale Potenzreihe einer Veranderlichen mit f(0) = 1 und m ∈ N. Dann ist dieformale Potenzreihe q,

q(x1, . . . , xm) := f(x1) · · · f(xm),

symmetrisch in den Variablen xi. Insbesondere ist die Summe der Monome des Grades k aus qein homogenes, symmetrisches Polynom (vom Grad k), und ist deswegen nach dem Hauptsatzuber symmetrische Polynome eindeutig als Polynom F

(m)k ∈ C[y1, . . . , ym] in den elementar-

symmetrischen Funktionen σ1, . . . , σm darstellbar. Da ein homogenes Polynom vom Grad k

dargestellt wird, sind alle Monome in F(m)k vom Gewicht k, wobei das Gewicht eines Mo-

noms λyα11 · · · yαl

l als∑l

i=1 i · αi erklart ist. Die Gewichtsbedingung impliziert, daß notwendigF

(m)k (y1, . . . , ym) = F

(m)k (y1, . . . , yk, 0, . . . , 0) fur ein k ≤ m gilt. Als Darstellung von q ergibt

sich dann

q(x1, . . . , xm) =∞∑

k=0

F(m)k (σ1(x), . . . , σk(x), 0, . . . , 0).

Wegen f(0) = 1 ist die Darstellung von q durch die F (m)k fur ein beliebiges m ≥ k gleich, und

wir schreiben dann verkurzt

Fk(y1, . . . , yk) := F(m)k (y1, . . . , ym) fur ein m ≥ k.

Wir nennen die Menge Fk(y1, . . . , yk)k die multiplikative Sequenz zu f und durch Einsetzender Chern- bzw. Pontrjagin-Klassen eines komplexen bzw. reellen Vektorraumbundels V erhaltman

Fk(V ) := Fk(c1(V ), . . . , ck(V )) ∈ H2k(M,C) bzw.

Fk(V ) := Fk(p1(V ), . . . , pk(V )) ∈ H4k(M,C),

die kte F -Klasse von V . In der Summe

F (V ) = 1 + F1(V ) + F2(V ) + . . .+ Fn(V ) ∈ Heven(M,C)

spricht man von der F-Klasse von V .Verwendet man als Vektorraumbundel das Tangentialbundel einer komplexen bzw. reellen Man-nigfaltigkeit, so nennt man F (TM) einfach die F-Klasse von M und hebt darin den Anteil derKohomologieklasse in der Dimension der Mannigfaltigkeit als das F-Geschlecht F (M) von Mhervor.

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3 Der Index-Satz 49

Ein Beispiel entsteht aus der Funktion f(x) = 1 + x. Dann gilt:

q(x1, . . . , xn) = (1 + x1) · · · (1 + xn)

= 1 + σ1(x) + . . .+ σn(x) nach Definition der σk,

und man erhalt die multiplikative Sequenz F1(y1) = y1, F2(y1, y2) = y2 bis Fn(y1, . . . , yn) =yn. Die zughorige F -Klasse eines komplexen Vektorraumbundels V ist F (V ) = 1 + c1(V ) +. . .+ cn(V ), diese charakteristische Klasse wird totale Chern-Klasse genannt.Ein zweites Beispiel entsteht aus der Reihe a(x) =

√x/2

sinh(√x/2)

. Aus der Taylor-Entwicklung fursinh ergibt sich:

a(x) =

√x/2

√x/2 + (

√x/2)3

3! + (√x/2)5

5! + · · ·

=1

1 + x22·3! + x2

24·5! + · · ·

= 1 + (− x

24− x2

1920− · · ·) + (− x

24− x2

1920− · · ·)2 + · · ·

= 1 − x

24+

7x2

5760± · · ·

Um die ersten beiden Glieder der multiplikativen Sequenz zu a zu bestimmen, setzen wir soan:

q(x1, x2) = (1 − x1

24+

7x21

5760± · · ·)(1 − x2

24+

7x22

5760± · · ·)

= 1 − x1 + x2

24+

7(x21 + x2

2)

5760+x1x2

576+ · · ·

= 1 − σ1

24+

7σ21 − 4σ2

5760+ · · · wegen x2

1 + x22 = σ2

1 − 2σ2,

und es laßt sich A1(y1) = − y124 sowie A2(y1, y2) =

7y21−4y25760 ablesen.

Fur eine 4- bzw. 8-dimensionale reelle Mannigfaltigkeit ergeben sich damit die A-Klassen

A(TM4) = 1 − p1(M)

24bzw. A(TM8) = 1 − p1(M)

24+

7p1(M)2

5760− p2(M)

1440

Dabei ist das Geschlecht A(M4) = − 124p1(M), und A(M8) = 7

5760p1(M)2 − 11440p2(M). Fur

eine reelle Mannigfaltigkeit M einer Dimension, die kein Vielfaches von 4 ist, gilt notwendiger-weise A(M)=0.

Wir behandeln schließlich noch eine weitere charakteristische Klasse zu einem komplexen Vek-torraumbundel, die nicht aus einer multiplikativen Sequenz entsteht.Sei V ein komplexes Vektorraumbundel vom Rang n und sei f(x) = exp(x) die Exponential-reihe. Wir erklaren die formale Potenzreihe q

q(x1, . . . , xn) := f(x1) + . . .+ f(xn) = n+

n∑

j=1

xj +1

2

n∑

j=1

x2j +

1

6

n∑

j=1

x3j + · · ·

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3 Der Index-Satz 50

Da die einzelnen Terme in q vom Grad k homogene, symmetrische Polynome sind, gibt es fol-gende Darstellung von q durch eindeutige Polynome F n

k , deren Monome jeweils vom Gewichtk sind.

q(x1, . . . , xn) = n+

∞∑

k=1

F nk (σ1(x), . . . , σk(x), 0, . . . , 0)

Durch Einsetzen der Chern-Klassen in die F nk erhalt man in der Summe den Chern Charakter

ch(V) von V in Heven(M,C). Eine ahnliche Rechnung wie oben zur A-Klasse liefert die erstenTerme

ch(V ) = n+ c1(V ) +1

2c1(V )2 − c2(V ) + · · ·

3.2 Index-Satze zum Dirac-Operator

Definition 18 SeiM eine n-dimensionale kompakte, orientierte Riemannsche Mannigfaltigkeit,und seien S0, S1, . . . , Sk hermitesche Vektorraumbundel uber M , die jeweils einen metrischenZusammenhang tragen. Seien weiter dj : Γ(Sj) → Γ(Sj+1) Differentialoperatoren mit derEigenschaft dj+1 dj ≡ 0, d.h. es sei

Γ(S0)d→ Γ(S1)

d→ Γ(S2)d→ · · · d→ Γ(Sk)

ein Komplex. Dieser Komplex heisst Dirac-Komplex, falls S = ⊕kj=0Sj ein Dirac-Bundel ist,

fur dessen Dirac-Operator D = d+ d∗ gilt.

Ein Beispiel eines Dirac-Komplexes ist der deRham-Komplex einer kompakten, orientiertenRiemannschen Mannigfaltigkeit.

Betrachtet man gerade-dimensionale Dirac-Bundel, so kommt man in kanonischer Weise auf einzugehorigen Dirac-Komplex. Wir beginnen mit einigen Sprechweisen zur Graduierung.

Definition 19 Ein Linksmodul W einer Clifford-Algebra Cl(V ) heißt graduiert, falls eine Zer-legung W = W+ ⊕W− existiert, so daß die Clifford-Multiplikation ungerade ist, d.h. fur einv ∈ V gilt

c(v) : W± →W∓.

Ein Dirac-Bundel S heißt graduiert, falls eine orthogonale Zerlegung S = S+ ⊕ S− gegebenist, so daß auch der Zusammenhang diese Zerlegung respektiert und jede Faser Sp = S+

p⊕S−p

ein graduierter Linksmodul ist.

In einem graduierten Dirac-Bundel ist durch s = s+ + s− 7→ s+ − s− ein involutorischerBundel-Homomorphismus erklart, der selbstadjungiert ist, mit dem Zusammenhang kommutiertund mit der Clifford-Multiplikation antikommutiert. Andererseits ist durch solch einen Gradu-ierungsoperator ε : S → S eine Graduierung erklart, indem man die ±1-Eigenraume als S±

festsetzt.

Wir betrachten nun Dirac-Bundel uber gerade-dimensionalen, orientierten Riemannschen Man-nigfaltigkeiten der Dimension 2m.Solche Bundel tragen eine kanonische Graduierung, die durch den Graduierungsoperator ε0 :=

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3 Der Index-Satz 51

imω definiert ist, cf. Definition 8.Der Dirac-Operator D eines graduierten Dirac-Bundels S antikommutiert mit dem Graduie-rungsoperator

D(εσ) =∑

ei ∇i(εσ) =∑

ei ε(∇iσ)

=∑

−ε(ei ∇iσ) = −ε(Dσ)

Das bedeutet, daß fur die Einschrankung D± des Dirac-Operators auf Γ(S±)

D± : Γ(S±) → Γ(S∓)

gilt. Außerdem ist D+∗= D−, da D selbst-adjungiert ist (cf. Satz 2). In dieser Situation ist also

der graduierte Dirac-Operator D = D+ +D− = D+ +D+∗ in einen Dirac-Komplex der Lange2 eingebettet, und wir interessieren uns fur den Index des eingeschrankten Operators D+.

Definition 20 Der Index eines graduierten Dirac-Operators D sei die Differenz

Ind(D+) = dimkerD+ − dimkerD−.

Nach diesen Vorarbeiten konnen wir zwei Index-Satze zitieren, die in verschiedenen Settingsden Index eines Spinor Dirac-Operators bei kanonischer Graduierung aus topologischen Großenberechnen.

Satz 23 Index-Satz.§ Sei M eine kompakte Spin-Mannigfaltigkeit der Dimension n = 2m, undS = S das Spinor-Bundel mit der kanonischen Graduierung. Dann gilt:

Ind(D+) =

MA(M).

Allgemeiner gilt im getwisteten Fall: ist W irgendein komplexes Vektorraumbundel uber M ,dann ist der Index von DW

+ : S+ ⊗W → S− ⊗W gegeben durch

Ind(DW+) =

Mch(W ) ∧ A(TM).

Ein Beweis ist zum Beispiel in [13] oder auch [9] zu finden.

Fur den Fall einer vollstandigen, nicht-kompakten Mannigfaltigkeit existieren auch Resultatezum Index eines getwisteten Spinor Dirac-Operators. Dabei wird freilich der Abschluß von Din der L2-Norm betrachtet. Wir fuhren zunachst folgende Sprechweisen ein:Eine Abbildung zwischen zwei Mannigfaltigkeiten heiße im Unendlichen konstant, falls sie au-ßerhalb eines Kompaktum konstant ist. Ein Bundel mit kompaktem Trager auf einer Mannig-faltigkeit M ist ein Vektorraumbundel E uber M mit Zusammenhang, das im Unendlichen tri-vialisiert werden kann, wobei der Zusammenhang uber der Trivialisierung im Unendlichen demProdukt-Zusammenhang entspricht. Ferner nennen wir eine Funktion f : M → R auf einer Teil-menge A ⊂M gleichmaßig positiv, falls es eine Konstante C > 0 gibt, so daß f ≥ C aufA gilt.

§Dies ist ein Spezialfall des Index-Satzes von Atiyah und Singer, der den Index eines Dirac-Operators auf einerkompakten Mannigfaltigkeit zur kanonischen Graduierung berechnet.

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3 Der Index-Satz 52

Satz 24 Relative Index-Satz. Sei M eine vollstandige Spin-Mannigfaltigkeit der Dimensionn = 2m, deren Skalarkrummung im Unendlichen gleichmaßig positiv sei. Seien W0 und W1

zwei komplexe Vektorraumbundel gleichen Ranges mit kompaktem Trager auf M . Dann gilt furdie getwisteten Spinor Dirac-Operatoren DW0

und DW1

Ind(DW0

+) − Ind(DW1

+) =

M(chW1 − chW0) ∧ A(TM).

Die Voraussetzung, daß die Skalarkrummung im Unendlichen gleichmaßig positiv ist, gewahr-leistet, daß der Kern von DWi

± endlich-dimensional ist und so uberhaupt von einem Index ge-sprochen werden kann, cf. [9],IV,Prop. 6.2Man beachte außerdem, daß die Klasse chW1 − chW0 kompakten Trager auf M hat, da W1 undW0 jeweils im Unendlichen trivial sind und deshalb außerhalb der kompakten Vereinigung derbeiden Tragermengen von W0 und W1 die Chern-Charaktere chW0 = chW1 = 1 ubereinstim-men.Eine Referenz zum Beweis ist [8].

Ein wichtiger Spezialfall des Relativen Index-Satzes ist, wenn eines der beiden Bundel globaltrivial ist.

Korollar 25 SeiM eine vollstandige Spin-Mannigfaltigkeit der Dimension n = 2m, deren Ska-larkrummung im Unendlichen gleichmaßig positiv sei. Sei W ein komplexes Vektorraumbundelvom Rang k mit kompaktem Trager auf M . Dann gilt

Ind(DW+) − k · Ind(D+) =

M(chW − k) ∧ A(TM).

Beweis. Wir wenden den Relativen Index-Satz auf die Bundel W0 = W und W1 = M ×Ck an.Da W1 trivial ist, existiert dort ein flacher Zusammenhang, die Chern-Klassen sind trivial undchW1 = k. Eine Faser von S ⊗W1 uber einem Punkt p ∈ M besteht aus k Kopien von Sp,denn

S ⊗W1p = Sp ⊗ Ck = Sp ⊗ (C ⊕ . . . ⊕ C) = (Sp ⊗ C) ⊕ . . .⊕ (Sp ⊗ C) = Sp ⊕ . . . ⊕ Sp.

Ein Schnitt σ ∈ Γ(S⊗W1) kann daher als Summe σ = σ1 + . . .+ σk von σi ∈ Γ(S) aufgefaßtwerden und der getwistete Dirac-Operator auf S⊗W1 ist entsprechend D⊕ . . .⊕D. Insbeson-dere ist Ind(DW1

+) = k · Ind(D+). 2

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4 Spin-Mannigfaltigkeiten und positive Skalarkrummung 53

4 Spin-Mannigfaltigkeiten und positive Skalarkrummung

In diesem Kapitel geht es um Resultate zur Nicht-Existenz von Metriken positiver Skalarkrum-mung auf Spin-Mannigfaltigkeiten. Am Anfang steht der Satz von Lichnerowicz. Er benutztdie Weitzenbock-Formel zum Spinor-Dirac und den Index-Satz. Das Hauptaugenmerk liegt indiesem Kapitel auf weitergehenden Resultaten, die von Gromov und Lawson stammen, cf. [8].Zentral stehen eine Reihe von Vergroßerbarkeits-Begriffen.

4.1 Satz von Lichnerowicz

Durch den Satz von Lichnerowicz wird ein erstes Ergebnis bezuglich Hindernissen an Metrikenpositiver Skalarkrummung auf kompakten Spin-Mannigfaltigkeiten angeben.

Satz 26 Sei M eine kompakte Spin-Mannigfaltigkeit, deren A(M) 6= 0 nicht verschwindet.Dann existiert fur M keine Metrik mit strikt positiver Skalarkrummung κ.

Beweis. Ein nicht verschwindendes A(M) impliziert insbesondere, daß M eine Mannigfaltig-keit gerader Dimension ist, so daß wir den Index-Satz 23 anwenden konnen. Fur den Index desSpinor-Dirac-Operators erhalten wir sofort

Ind(D+) =

MA(M) 6= 0.

Die Weitzenbock-Formel hat im Spin-Fall die Gestalt

D2 = ∇∗∇ +1

4κ.

Angenommen, κ > 0. Dann liefert das Bochner-Argument (cf. Satz 5), daß der Kern von D2

trivial ist, alsokerD = kerD2 = 0.

Fur den Index bedeutet dies Ind(D+) = 0, und wir haben einen Widerspruch. 2

Ein verschwindendes A-Geschlecht ist also notwendig fur eine Metrik positiver Skalarkrum-mung auf einer kompakten Spin-Mannigfaltigkeit.

4.2 Vergroßerbare Mannigfaltigkeiten

Das Produkt einer beliebigen kompakten Mannigfaltigkeit X mit S2 tragt eine Metrik positiverSkalarkrummung, und es ist π1(X×S2) = π1(X). Da jede endlich erzeugte Gruppe Fundamen-talgruppe einer kompakten 4-Mannigfaltigkeit ist, ist also ab Dimension ≥ 6 fur die Fundamen-talgruppe einer Mannigfaltigkeit mit positiver Skalarkrummung jeder Isomorphietyp moglich.Dennoch konnen weitere Hindernisse an Metriken positiver Skalarkrummung angegeben wer-den, die durch Verwendung von geeigneten Uberlagerungsraumen mit der Fundamentalgruppeder Mannigfaltigkeit in Beziehung stehen.

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4 Spin-Mannigfaltigkeiten und positive Skalarkrummung 54

Definition 21 Fur ein ε > 0 heiße eine glatte Abbildung f : M → N zwischen RiemmanschenMannigfaltigkeiten ε-kontrahierend, falls fur alle ξ ∈ TM gilt:

‖f∗ξ‖ ≤ ε‖ξ‖.

Die Lange einer Kurve in M wird also unter f um mindestens den Faktor ε gekurzt. Ein einfa-ches Beispiel sind die konstanten Abbildungen: sie sind ε-kontrahierend fur alle ε > 0.Betrachten wir kompakte, orientierbare Mannigfaltigkeiten M und N der gleichen Dimensi-on, konnen konstante und nicht-surjektive Abbildungen durch die zusatzliche Forderung aus-geschlossen werden, daß der Abbildungsgrad von f nicht Null sein soll. Existiert eine ε-kon-trahierende Abbildung f : M → N mit deg(f) 6= 0, gilt diam(M) ≥ 1

εdiam(N) undvol(M) ≥ | deg(f)|

εn , anschaulich gesprochen muß M um den Faktor 1ε großer sein als N .

Wir wollen Riemannsche Uberlagerungen einer kompakten Mannigfaltigkeit mit einem kom-pakten Standardraum, der n-Sphare Sn, vergleichen und fordern, daß zu einem beliebig großenFaktor eine Uberlagerung existiert, die um dieses Vielfache ”großer“ als die Sphare ist.Diese Uberlagerungs-Mannigfaltigkeiten sind im allgemeinen nicht mehr kompakt, und um auchdann – wie oben im Kompakten angedeutet – von ”großer als“ reden zu konnen, werden wir ge-eigneten Abbildungen f : X → Sn, X nicht kompakt, einen Grad zuordnen. Der Grad einer imUnendlichen konstanten Abbildung f : X → Sn, d.h. f ist konstant außerhalb eines Kompak-tum in X , sei

deg(f) =

∫X f

∗ω∫Sn ω

,

wobei ω eine n-Form auf Sn mit nicht-verschwindendem Integral bezeichnet.

Definition 22 Eine vollstandige, orientierte Riemannsche Mannigfaltigkeit M der Dimensionn heiße ε-hyperspharisch, falls eine ε-kontrahierende Abbildung f : M → Sn existiert, dieim Unendlichen konstant ist und deg(f) 6= 0 erfullt. Die Mannigfaltigkeit heiße kurz hyper-spharisch, falls sie fur jedes ε > 0 ε-hyperspharisch ist.

Der euklidische Raum Rn hat genug Platz, um hyperspharisch zu sein. Es reicht, zunachst eineglatte Abbildung f : Rn → Sn vom Grad deg(f) 6= 0 zu wahlen, die außerhalb eines Kom-paktum in Rn alles konstant abbildet, sagen wir, auf den Sudpol. Diese Abbildung ist dann fureine Konstante c > 0 c-kontrahierend, und durch x 7→ f( εcx) entsteht eine ε-kontrahierendeAbbildung.

Definition 23 Eine kompakte Riemannsche Mannigfaltigkeit M der Dimension n heiße vergro-ßerbar, falls fur jedes ε > 0 eine ε-hyperspharische Uberlagerung Mε uber M existiert.Gibt es fur jedes ε > 0 eine endliche Uberlagerung mit den geforderten Eigenschaften, nennenwir die Mannigfaltigkeit M kompakt vergroßerbar.

Im kompakt vergroßerbaren Fall sind die Uberlagerungsraume Mε selbst kompakt. Ein instruk-tives Beispiel ist der flache n-Torus T n = Rn/Zn. T n ist sicherlich vergroßerbar. Dazu nehmenwir fur ein beliebiges ε > 0 als Uberlagerungsraum Mε die universelle Uberlagerung Rn, unddieser ist ε-hyperspharisch. Der Torus T n ist sogar kompakt vergroßerbar. Zu einem ε > 0wahlen wir ein k ∈ N so groß, daß π

k < ε ist. Als Uberlagerungsraum wahlen wir dann zum

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4 Spin-Mannigfaltigkeiten und positive Skalarkrummung 55

Beispiel den Torus T nε = Rn/(kZ)n und dazu eine geglattete Abbildungen vom Grad 1, dieinnerhalb des Injektivitatsradius der Sphare wie die Exponential-Abbildung aus dem Nordpolabbildet und außerhalb konstant auf den Sudpol fortsetzt.

Im Umgang mit Vergroßerbarkeit werden wir des ofteren Abbildungen zwischen Sm × Sn undSm+n benotigen. Wir bemerken dazu, daß fur zwei Punkte p ∈ Sm und q ∈ Sn eine glatte,c-kontrahierende Abbildung

s : Sm × Sn → Sm+n

existiert, die die Menge (p × Sm) ∪ (Sn × q) auf einen Punkt in Sm+n abbildet. Wir erklarendas Smash-Produkt Sm∧Sn als den Quotienten Sm×Sn/(Sm, p)∨ (Sn, q). Es ist homoomorphzu Sm+n. Ist f : Sm ∧ Sn → Sm+n ein Homoomorphismus, und π die Projektion, dann ist eineGlattung von f π eine geeignete Abbildung s.Oft werden wir in Rechnungen der Einfachheit halber c = 1 annehmen.

Satz 27 1. Sei M eine kompakte Mannigfaltigkeit, und F : M → N eine Abbildung aufeine vergroßerbare Mannigfaltigkeit N mit deg(F ) 6= 0. Dann ist auch M vergroßerbar.

2. Das Produkt vergroßerbarer Mannigfaltigkeiten ist selbst vergroßerbar.

Beweis. Zu 1. Wegen Kompaktheit von M existiert ein c > 0, so daß F c-kontrahierend ist. Zueinem ε > 0 gibt es nach Voraussetzung eine Riemannsche Uberlagerung πN : N → N , die eineεc -kontrahierende Abbildung f : N → Sn tragt, die außerhalb einer kompakten Menge K0 ⊂ Nkonstant ist und deg(f) 6= 0 erfullt. F induziert im Faserprodukt mit πN das Faserbundel πM :

M →M durch

M = F ∗N = (p, q) ∈M × N | πN (q) = F (p)πM = pr1 : M →M, (p, q) 7→ p.

πM ist ebenfalls eine Uberlagerung, das Urbild U := F−1(V ) einer gleichmaßig uberlagertenUmgebung V ⊂ N ist eine gleichmaßig uberlagerte Umgebung fur πM . Gilt π−1

N V = ∪j∈J Vjund bezeichnet πjN : Vj → V die homoomorphe Einschrankung, dann ist nach Definition

π−1M U = pr−1

1 U = (U × π−1N (V )) ∩ M = ∪j∈J((U × Vj) ∩ M)

und πjM : (U × Vj) ∩ M → U ist als Projektion eine stetige Surjektion mit Inversem (πjM )−1

:

u→ (u, (πjN )−1

(Fu)).Die durch die Projektion M × N → N gegebene Abbildung F : M → N ist eine Bundel-Abbildung uber F , d.h. die Faser Mp wird linear isomorph auf NF (p) abgebildet, und das Dia-gramm kommutiert:

−−−−−−→eF−−−−−−→

πM

−−−−−−→

πN

−−−−−−→F

M N

M N

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4 Spin-Mannigfaltigkeiten und positive Skalarkrummung 56

Wir fuhren durch Ruckzug der Metrik von M eine Metrik auf M ein, so daß πM eine Riemann-sche Uberlagerung wird. Dadurch ist auch F genauso wie F c-kontrahierend,

‖F∗(ξ, ν)‖ = ‖(πN F )∗(ξ, ν)‖ = ‖(F πM )∗(ξ, ν)‖ = ‖F∗(ξ)‖ ≤ c‖ξ‖ = c‖(ξ, ν)‖.

Die Komposition f F : M → Sn ist damit ε-kontrahierend.Da M und N als kompakt vorausgesetzt sind, erweist sich F als eigentliche Abbildung: EinKompaktum K ⊂ N hat das kompakte Urbild F−1(K) = (F−1(πN (K)) × K) ∩ M . Fur dieAbbildung f F bedeutet dies, daß sie außerhalb des Kompaktums F−1(K0) konstant ist.Fur den Grad errechnet sich:

deg(f F ) = deg(f) deg(F ) 6= 0

Damit ist auch M vergroßerbar.Zu 2. Seien Mm und Nn vergroßerbare Mannigfaltigkeiten, d.h. zu jedem ε > 0 existierenUberlagerungs-Mannigfaltigkeiten Mε und Nε sowie ε-kontrahierende Abbildungen f : Mε →Sm und g : Nε → Sn, die im Unendlichen konstant sind und deg(f),deg(g) 6= 0 erfullen.Sei ein ε > 0 vorgegeben. Wir wahlen eine c-kontrahierende Smash-Abbildung s : Sm × Sn →Sm+n vom Grad 1, die konstant auf (p × Sn) ∪ (Sm × q) fur ein p ∈ Sm und q ∈ Sn ist. Wirsetzen als Uberlagerungsraum

˜(M ×N)ε := M εc× N ε

c.

Es existieren entsprechende εc -kontrahierende Abbildungen f und g, die im Unendlichen jeweils

auf p und q abbilden. Dann ist

F : ˜(M ×N)εf×g−→ Sm × Sn

s−→ Sm+n

nach Konstruktion im Unendlichen konstant und

deg(F ) = deg(f) · deg(g) · deg(s) = deg(f) · deg(g) 6= 0

Außerdem ist F ε-kontrahierend, denn fur einen Tangentialvektor (ξ, ν) ∈ T ˜(M ×N)ε gilt

‖F∗(ξ, ν)‖ ≤ c‖(f∗ξ, g∗ν)‖=

√‖f∗ξ‖2 + ‖g∗ν‖2

≤√ε2‖ξ‖2 + ε2‖ν‖2

= ε‖(ξ, ν)‖.2

Korollar 28 Der Begriff der Vergroßerbarkeit ist unabhangig von der gewahlten RiemannschenMetrik.

Beweis. Wir betrachten eine kompakte Mannigfaltigkeit M , die bezuglich der Metrik g vergro-ßerbar sei, und es sei h eine weitere Riemannsche Metrik auf M . Die Abbildung id : (M,h) →(M, g) ist glatt und von Grad 1. Mit vorstehenden Satz 27 folgt, daß auch M bezuglich h ver-großerbar ist. 2

Wir kommen nun zu einem ersten Hauptresultat dieses Abschnittes.

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4 Spin-Mannigfaltigkeiten und positive Skalarkrummung 57

Satz 29 Eine vergroßerbare Spin-Mannigfaltigkeit M tragt keine Metrik positiver Skalarkrum-mung.

Beweis. Es wird ein Widerspruchsbeweis gefuhrt. Sei also M eine vergroßerbare Mannigfaltig-keit, und wir nehmen an, daß M eine Metrik positiver Skalarkrummung tragt.Da M kompakt ist, konnen wir ohne Verlust κ ≥ κ0 > 0 fur eine Konstante κ0 annehmen. Wei-ter sei oE. M von gerader Dimension dim(M) = 2m: Falls M von ungerader Dimension ist,ersetzen wir M durch M×S1. Die 1-Sphare ist selbst vergroßerbar, und nach Satz 27 dann auchM × S1. In der Produkt-Metrik tragt M × S1 weiterhin eine Metrik positiver Skalarkrummung.Die Idee des Beweises ist nun, zu geeigneten Uberlagerungsraumen Mε jeweils Dirac-Bundelso zu konstruieren, daß der zugehorige graduierte Dirac-Operator einen von Null verschiedenenIndex hat. Dazu verwenden wir eine passende Atiyah-Singer Formel – wir mussen dabei unter-scheiden, ob der Uberlagerungsraum Mε kompakt ist oder nicht.Fur hinreichend kleine ε > 0 konnen wir aber mit dem Bochner-Argument zeigen, daß diekonstruierten Dirac-Operatoren uber Mε trivialen Kern haben mussen; – und das ist der Wider-spruch.Zur Konstruktion der Dirac-Bundel wahlen wir zunachst ein hermitesches VektorraumbundelW0 uber S2m mit einem metrischen Zusammenhang ∇W0 aus, dessen oberste Chern-Klassenicht verschwindet, cm(W0) 6= 0. Zur Existenz solch eines Bundels uber S2m verweisen wir auf[1]. Wir bezeichnen mit RW0 die zugehorige Krummung des Bundels. In der induzierten Normist fur eine Orthonormalbasis e1, . . . , en der Faser von W0

‖RW0‖ = supp∈S2m

‖RW0p ‖ = sup

p∈S2m

√∑

i<j

‖RW0p (ei, ej)‖2

eine Konstante des Bundels.Nach Voraussetzung existiert zu jedem ε > 0 eine Riemannsche Uberlagerung M → M mitε-kontrahierender Abbildung f : M → S2m, deg(f) 6= 0. Die Spin-Struktur liftet in der Uber-lagerung, und M ist eine vollstandige Spin-Mannigfaltigkeit mit gleichmaßig positiver Skalar-krummung zur Konstanten κ0.Satz 5 und Lemma 20 liefern sofort, daß der Index zum Spinor-Dirac-Operator auf M ver-schwindet, Ind(D+)= 0.Mittels f ziehen wir W0 zuruck und erhalten ein Vektorraumbundel W := f ∗W0 auf M mitZusammenhang ∇W := f∗∇W0 . Da f im Unendlichen konstant ist, ist W auch in einer unend-lichen Uberlagerung ein Bundel mit kompaktem Trager.Wir betrachten das getwistete Spinorbundel S ⊗W uber M und wollen nachweisen, daß un-abhangig von der Wahl von ε alle so konstruierten getwisteten Dirac-Operatoren DW einen vonNull verschiedenen Index haben.Ist M kompakt, konnen wir den Atiyah-Singer Index-Satz (cf. Satz 23) verwenden:

Ind(DW+) =

fMch(W ) ∧ A(TM) =

fMch(f∗W0) ∧ A(TM)

=

fMf∗ch(W0) ∧ A(TM) =

fMf∗(dimW0 +

1

(m− 1)!cm(W0)) ∧ A(TM)

=

fM(dimW0 +

1

(m− 1)!f∗cm(W0)) ∧ A(TM )

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4 Spin-Mannigfaltigkeiten und positive Skalarkrummung 58

= dimW0

fMA(M) +

1

(m− 1)!

fMf∗cm(W0)

= 0 +1

(m− 1)!

fMcm(f∗W0), Lichnerowicz, (cf. Satz 26)

=1

(m− 1)!deg(f)

S2m

cm(W0) 6= 0.

Ist M nicht kompakt, wenden wir den Relativen Index-Satz (cf. Satz 24) auf die Vektorraum-bundel W und das triviale Bundel M × Ck fur k = dimW = dimW0 an, und wir erhalten:

Ind(DW+) = Ind(DW

+) − k · Ind(D+)

=

fM(ch(W ) − ch(M × Ck)) ∧ A(TM)

=

fM(f∗ch(W0) − k) ∧ A(TM)

=

fM

1

(m− 1)!f∗cm(W0) ∧ A(TM)

=1

(m− 1)!

fMf∗cm(W0)

=1

(m− 1)!deg(f)

S2m

cm(W0) 6= 0

Auf der anderen Seite wollen wir zeigen, daß bei hinreichend kleinem ε > 0 der entsprechendeDirac-Operator DW trivialen Kern hat. Dabei istDW : Γ(S⊗W ) → Γ(S⊗W ), falls M kompaktist. Ist M nicht kompakt, betrachten wir den Abschluß DW : L2(S⊗W ) → L2(S⊗W ). WegenSatz 3 und der anschließenden Bemerkung uber den nicht-kompakten Fall reicht es jeweils, denKern von DW

2 zu bestimmen.Fur den Dirac-Laplace in S⊗W gilt nach Satz 21 im kompakten wie im nicht-kompakten Fall

DW2 = ∇∗∇ +

1

4κ+ RW ,

wobei RW (s ⊗ w) =∑

j<k(ejeks) ⊗ (RW (ej , ek)w) erklart war. Wir wollen das Bochner-Argument (cf. Satz 5) anwenden, und mussen dazu den Krummungsterm abschatzen. Um dendritten Summanden RW zu kontrollieren, haben wir eine punktweise obere Abschatzung andessen Norm notig. Es erweist sich, daß ‖RW‖ < 1

4κ0 eine geeignete Abschatzung ist.Wir wissen bereits (cf. Lemma 22), daß ‖RW‖ ≤ kdim‖RW‖ gilt, wobei kdim eine Zahl ist, diedurch die Dimensionen von M und W bestimmt ist.DaW durch Zuruckziehen des BundelsW0 gebildet wurde, hangt auchRW gleichmaßig von denKomponenten von RW0 ab. Wir versuchen ‖RW‖ durch ‖RW0‖ abzuschatzen. Wir betrachtendazu eine solche Orthonormalbasis ψαα von Λ2TMq zu einem Punkt q ∈ M , so daß dieMatrix der Bilinearform β : Λ2TMq × Λ2TMq → R, (ξ, ν) 7→ 〈f∗ξ, f∗ν〉 Diagonalgestalt hat,also:

β(ψγ , ψδ) = 〈f∗ψγ , f∗ψδ〉 != λ2

γ δγδ.

Es existiert nun eine Orthonormalbasis φα fur Λ2TS2mp, die der Gleichung λαφα := f∗ψα

genugt. Da f ε-kontrahierend ist, erhalten wir fur ein Diagonalelement

|λα| =√λ2α =

√〈f∗ψα, f∗ψα〉

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4 Spin-Mannigfaltigkeiten und positive Skalarkrummung 59

= ‖f∗ψα‖≤ ε2

und mit dieser Information erhalten wir uber einem Punkt q ∈ M

‖RW‖2 =∑

α

‖RW (ψα)‖2 =∑

α

‖RW0(f∗ψα)‖2

=∑

α

‖λαRW0(φα)‖2

=∑

α

λ2α‖RW0(φα)‖2

≤ ε4‖RW0‖2

vereinfacht also‖RW‖ ≤ ε2‖RW0‖.

Damit konnen wir genau angeben, fur welche ε die Abschatzung ‖RW‖ < 14κ0 gilt:

‖RW‖ ≤ k2m‖RW‖ ≤ k2mε2‖RW0‖ !

<1

4κ0 ⇔ ε <

√κ0

4k2m‖RW0‖

Fur ε <√

κ0

4k2m‖RW0‖ konnen wir nun zum getwisteten Dirac-Laplace auf dem zugehorigen

Uberlagerungsraum M die Voraussetzungen von Satz 5 nachweisen. Fur alle z ∈ (S⊗W )p mit‖z‖ ≤ 1 gilt namlich

〈(14κ+ RW )z, z〉 =

1

4κ〈z, z〉 + 〈RW (z), z〉

=1

4κ‖z‖ + 〈RW (z), z〉

≥ 1

4κ‖z‖ − |〈RW (z), z〉|

≥ (1

4κ0 − ‖RW‖)

︸ ︷︷ ︸=:c>0

·‖z‖,

also, 14κ + RW ≥ c · id fur ein c > 0, und nach Satz 5 ist dann ker(DW

2) = ker(DW ) = 0und der Index Ind(DW

+) zum Operator DW+ : Γ(S+ ⊗W ) → Γ(S−⊗W ) im kompakten Fall

bzw. DW+ : L2(S+ ⊗W ) → L2(S− ⊗W ) im nicht-kompakten Fall ist Null,

Ind(DW+) = 0.

2

Sind M und N kompakte Spin-Mannigfaltigkeiten, mit den Eigenschaften, daß M vergroßer-bar sei und A(N) 6= 0 gelte, dann tragt nach unseren bisherigen Ergebnissen weder M nochN eine Metrik positiver Skalarkrummung. Um auch etwas uber das Produkt M × N aussagenzu konnen, fuhren wir eine erste Verallgemeinerung des Begriffes der Vergroßerbarkeit einer

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4 Spin-Mannigfaltigkeiten und positive Skalarkrummung 60

kompakten Mannigfaltigkeit ein. Dazu erweitern wir den Begriff des Abbildungsgrades. SeienM und N orientierbare Mannigfaltigkeiten, fur die dimM − dimN = 4k ≥ 0 gilt. N seiaußerdem kompakt. Fur eine glatte Abbildung f : M → N , die im Unendlichen konstant ist,erklaren wir den A-Grad von f als

A- deg(f) =

∫M f∗ω ∧ Ak(TM)∫

N ω,

wobei Ak(TM) die k-te A-Klasse von M und ω eine Volumenform von N mit nicht verschwin-dendem Integral ist. Sind M und N beides kompakte, orientierte Mannigfaltigkeiten kann manA- deg(f)als A(f−1(q)) eines regularen Wertes q ∈ N deuten. Stimmen die Dimensionen derMannigfaltigkeiten uberein, gilt A- deg(f) = deg(f), da dann A0 = 1 ist.

Definition 24 Eine vollstandige, orientierte Riemannsche Mannigfaltigkeit M der Dimensionn heiße ε-hyperspharisch in Dimension m fur ein 0 ≤ m ≤ n mit m ≡ n (mod 4), fallseine ε-kontrahierende Abbildung f : M → Sm existiert, die im Unendlichen konstant ist undA- deg(f) 6= 0 erfullt.

Definition 25 Eine kompakte Riemannsche Mannigfaltigkeit M der Dimension n heiße vergro-ßerbar in der Dimension m fur ein 0 ≤ m ≤ n, falls fur jedes ε > 0 eine in Dimension mε-hyperspharische Uberlagerung Mε existiert.Ohne die Dimension der Sphare zu nennen, spricht man abkurzend auch von A-vergroßerbar.

Eine vergroßerbare Mannigfaltigkeit ist insbesondere A-vergroßerbar. Weitere Beispiele A-ver-großerbarer Mannigfaltigkeiten sind kompakte, orientierbare Mannigfaltigkeiten M mit A(M)6= 0: Fur jedes ε > 0 konnen wir M selbst als trivialen Uberlagerungsraum nehmen und be-

trachten eine konstante Abbildung f : M → S0. Dann ist A- deg(f) =RM

A(M)RS0ω

6= 0.

Satz 30 Die Eigenschaft einer kompakten Riemannschen Mannigfaltigkeit N , A-vergroßerbarzu sein, ist eine Homotopie-Invariante. Insbesondere ist der Begriff unabhangig von der gewahl-ten Metrik.

Beweis. Sei die glatte, (wegen Kompaktheit) c-kontrahierende Abbildung F : N → M eineHomotopie-Aquivalenz. Wir nehmen oE. an, daß M und N orientiert sind, sonst gehen wir zur2fachen Orientierungs-Uberlagerung uber. Dann ist oE. deg(F ) = 1. Zu einem ε > 0 existiertuber N eine Uberlagerung N und eine ε

c -kontrahierende Abbildung f : N → Sm, die imUnendlichen konstant ist und A- deg(f) 6= 0. Durch das Faserprodukt mit F erhalten wir eineUberlagerung M := F ∗N , sowie eine induzierte eigentliche Abbildung F : M → N vom Grad1.

−−−−−−→eF−−−−−−→

−−−−−−→

−−−−−−→F

M N

M N

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4 Spin-Mannigfaltigkeiten und positive Skalarkrummung 61

Die Abbildung f F : M → Sm ist ε-kontrahierend, im Unendlichen konstant, und A- deg(f F ) = A- deg(f) deg(F ) 6= 0. 2

Ganz ahnlich wie bei vergroßerbaren Mannigfaltigkeiten gilt der

Satz 31 1. Sei M eine kompakte Mannigfaltigkeit und F : M → N eine Abbildung mitA- deg(f) 6= 0 auf die vergroßerbare Mannigfaltigkeit N . Dann ist M A-vergroßerbar.

2. Das Produkt A-vergroßerbarer Mannigfaltigkeiten ist selbst A-vergroßerbar.

Beweis. Wir konnen auf den Beweis des Satzes im vergroßerbaren Fall verweisen. 2

Das Hauptresultat bleibt auch bei A-Vergroßerbarkeit erhalten, – es umfaßt auf der einen Sei-te den Satz von Lichnerowicz, und auf der anderen Seite den bisherigen Satz zu Vergroßerbar-keit und positiver Skalarkrummung. Daruber hinaus deckt es auch den eingangs zur Motivationerwahnten Fall eines Produktes M ×N von Spin-Mannigfaltigkeiten ab, wenn M vergroßerbarund A(N) 6= 0 ist.

Satz 32 Eine A-vergroßerbare Spin-Mannigfaltigkeit M tragt keine Metrik positiver Skalar-krummung.

Beweis. Es wird wiederum ein Widerspruchsbeweis gefuhrt. Wir konnen wegen Kompaktheitκ ≥ κ0 > 0 auf M annehmen und uns auf den Fall gerader Dimension beschranken, da eineProduktbildung mit S1 nach Satz 31 die Voraussetzungen wahrt.Die Beweisidee geht im wesentlichen unverandert durch wie in Satz 29. Lediglich bei der Be-rechnung des Index eines getwisteten Spinor-Dirac-Operators kommt es zu Anderungen. Beigleichen Bezeichnungen ergibt sich im Fall, daß M kompakt ist:

Ind(DW+) =

fMch(W ) ∧ A(TM )

=

fMf∗(dimW0 +

1

(m− 1)!cm(W0)) ∧ A(TM)

= dimW0

fMA(M) +

1

(m− 1)!

fMf∗cm(W0) ∧ Ak(TM )

= 0 +1

(m− 1)!A- deg(f)

S2m

cm(W0) 6= 0,

wahrend im nicht-kompakten Fall mithilfe des Relativen Index-Satz gilt:

Ind(DW+) = Ind(DW

+) − k · Ind(D+)

=

fM

1

(m− 1)!cm(f∗W0) ∧ A(TM)

=1

(m− 1)!

fMf∗cm(W0) ∧ Ak(TM)

=1

(m− 1)!A- deg(f)

S2m

cm(W0) 6= 0.

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4 Spin-Mannigfaltigkeiten und positive Skalarkrummung 62

2

Eine wichtige Beobachtung zu den obigen Beweisen ist, daß die ε-kontrahierenden Abbildungenf : M → Sm immer auf Vektoren in Λ2TM angewendet werden, um den Krummungstensorabzuschatzen. Dies motiviert folgende Verallgemeinerung.

Definition 26 Eine glatte Abbildung f : M → N zwischen Riemannschen Mannigfaltigkeitenheiße ε-kontrahierend auf 2-Formen oder auch kurz (ε,Λ2)-kontrahierend, falls fur alleξ ∈ Λ2TM gilt

‖f∗ξ‖ ≤ ε‖ξ‖.

Fur ε ≤ 1 ist eine ε-kontrahierende Abbildung f auch (ε,Λ2)-kontrahierend, denn fur normierteElemente e1, e2 ∈ SMp ⊂ TMp ist

‖f∗(e1 ∧ e2)‖ = ‖f∗(e1) ∧ f∗(e2)‖≤ ‖f∗e1‖‖f∗e2‖≤ ε2 ≤ ε = ε‖e1 ∧ e2‖

Diese Rechnung zeigt, daß eine glatte c-kontrahierende Abbildung, die in jedem Punkt p ∈ Mnur auf einer Hyperebene in TMp ε-kontrahierend ist, bereits auf 2-Formen kontrahierend ist.Wir formulieren das prazise so:

Lemma 33 Sei f : M → N eine glatte c-kontrahierende Abbildung, und seien an allen Punktenp ∈M alle Eigenwerte von

f t∗f∗ : TMp → TMp

bis auf hochstens einen kleiner als ε2 mit ε < c. Dann ist f (εc,Λ2)-kontrahierend.

Beweis. f t∗pf∗p ist eine selbst-adjungierte Abbildung, und es existiert deswegen eine orthonor-male Basis v1, . . . , vn aus Eigenvektoren (zu Eigenwerten λ1, . . . , λn). Seien davon oE. nachUmnummerierung λ1, . . . , λn−1 < ε2. Fur einen Tangentialvektor ξ = µ1v1 + . . .+ µn−1vn−1

aus der Hyperebene Hp ⊂ TMp, die von den Basisvektoren v1, . . . , vn−1 aufgespannt wird,gilt:

‖f∗ξ‖2 = 〈f∗ξ, f∗ξ〉

= 〈ξ, f t∗f∗ξ〉 =n−1∑

k,l=1

µkµl〈vk, f t∗f∗vl〉

=n−1∑

k,l=1

µkµlλl〈vk, vl〉 =n−1∑

k=1

µ2kλk‖vk‖2

< ε2‖ξ‖2

Fur einen normierten Vektor ξ = vk fur ein k = 1, . . . , k − 1 und ν = vn ergibt sich

‖f∗p(ξ ∧ ν)‖ = ‖f∗ξ ∧ f∗ν‖≤ ‖f∗ξ‖ · ‖f∗ν‖ ≤ εc‖ξ‖‖ν‖= εc‖ξ ∧ ν‖

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4 Spin-Mannigfaltigkeiten und positive Skalarkrummung 63

Da die vi ∧ vj eine Orthonormalbasis von Λ2TMp bilden, gilt dann schon fur jeden normiertenVektor ξ ∈ Λ2TMp: ‖f∗ξ‖ ≤ maxεc, ε2‖ξ‖ = εc‖ξ‖. 2

Definition 27 Eine orientierbare Riemannsche Mannigfaltigkeit M der Dimension n heiße(ε,Λ2)-hyperspharisch, falls es eine (ε,Λ2)-kontrahierende Abbildung f : M → Sm fur ein0 ≤ m ≤ n gibt, die im Unendlichen konstant ist und A- deg(f) 6= 0 erfullt.

Mit den Index-Satzen und dem Bochner-Argument laßt sich zeigen, daß eine fur beliebig kleineε > 0 (ε,Λ2)-hyperspharische Spin-Mannigfaltigkeit M keine vollstandige, Metrik gleichmaßigpositiver Skalarkrummung tragen kann.Lassen wir die Argumente nochmals Revue passieren, konnen wir fur spatere Verwendung einekonkrete Schranke angeben,

Lemma 34 Sei M eine vollstandige Riemannsche Spin-Mannigfaltigkeit der Dimension n mitgleichmaßig positiver Skalarkrummung κ ≥ 1. Dann gibt es eine Konstante εn > 0, so daß Mnicht (εn,Λ

2)-hyperspharisch sein kann.

Beweis. Sei zunachst dimM = n = 2l gerade. Angenommen, es gebe keine solche Schranke,dann ware M also fur jedes ε > 0 (ε,Λ2)-hyperspharisch mit einer entsprechenden Abbildungf : M → S2m fur 2l − 2m = 4k ≥ 0. Wir wahlen ein Vektorraumbundel W0 uber der SphareS2m mit der Eigenschaft cm(W0) 6= 0 und ziehen das Bundel via f zuruck auf M , W = f ∗W0.Die Index-Satze liefern, daß Ind(DW

+) 6= 0 sein muß. Andererseits haben wir aufgrund der(ε,Λ2)-Kontraktion von f die Abschatzungen an den Restterm RW in der Weitzenbock-Formelzum getwisteten Spinor-Bundel S ⊗W , DW

2 = ∇∗∇ + 14κ+ RW ,

‖RW ‖ ≤ kdim‖RW‖ ≤ εkdim‖RW0‖.

mit einer Dimensionskonstanten kdim (cf. Lemma 22). Fur alle ε < 14kdim‖RW0‖ besagt das

Bochner-Argument, daß ker(DW ) = 0. Im geraden Fall konnen wir also als Schranke zumBeispiel angeben:

εn =1

8kdim‖RW0‖ .

Den ungeraden Fall fuhren wir auf den geraden zuruck. M × R ist dann eine vollstandige Rie-mannsche Spin-Mannigfaltigkeit mit gleichmaßig positiver Skalarkrummung. Wir finden einegeeignete Abbildung λ : R → S1 sowie eine Smash-Abbildung s, so daß die Komposition

M × Rf×λ−→ S2m+1 × S1 s−→ S2m+2

ebenfalls (ε,Λ2)-kontrahierend ist. Somit konnen wir die Schranke aus dem geraden Fall uber-nehmen, ε2l−1 = ε2l. 2

Entsprechend konnten wir einen Λ2-Vergroßerbarkeitsbegriff fur eine kompakte RiemannscheMannigfaltigkeit erklaren. Die ganze Tragweite der Verallgemeinerung wird aber erst im Nicht-Kompakten deutlich, und wir fuhren daher folgenden topologischen Begriff ein.

Definition 28 Eine Mannigfaltigkeit M heiße schwach vergroßerbar, falls es fur jede Rie-mannsche Metrik g auf M und jedes ε > 0 einen orientierten Riemannschen Uberlagerungs-raum Mg,ε gibt, der in der gelifteten Metrik (ε,Λ2)-hyperspharisch ist.

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4 Spin-Mannigfaltigkeiten und positive Skalarkrummung 64

Man beachte, daß die Uberlagerungsraume nicht notwendigerweise vollstandig sind, weil Mauch (nicht-kompakt und) unvollstandig sein kann. Jede vergroßerbare Mannigfaltigkeit ist schw-ach vergroßerbar, doch es gibt auch viele nicht-kompakte Beispiele.

Lemma 35 Ist M A-vergroßerbar, dann ist M × R schwach vergroßerbar.

Beweis. Seien ε > 0 und eine Metrik auf M×R beliebig vorgegeben. Zunachst wahlen wir eineglatte c-kontrahierende Abbildung g : R → S1 vom Grad 1 mit c > ε, die R\(−1, 1) auf einenPunkt p ∈ S1 abbildet. Nach Voraussetzung existiert zu ε ein Uberlagerungsraum Mε und eineε-kontrahierende Abbildung f : Mε → Sm, die Mε außerhalb eines Kompaktum K auf einenPunkt q ∈ Sm abbildet und die A- deg(f) 6= 0 erfullt. Wir betrachten nun die Komposition vonAbbildungen

F : Mε × Rid×g−→ Mε × S1 f×id−→ Sm × S1 s−→ Sm ∧ S1 ' Sm+1,

wobei s oE. eine in beiden Komponeten 1-kontrahierende, auf (Sm × p) ∪ (q × S1) konstanteSmash-Projektionsabbildung sei. F ist damit eine c′-kontrahierende Abbildung fur eine Kon-stante c′, die auf der Tangential-Hyperebene T (Mε)ex ⊂ T (Mε × R)(ex,y) ε-kontrahierend ist.Das bedeutet nach Lemma 33, daß F (εc′,Λ2)-kontrahierend ist. Nach Konstruktion ist F au-ßerdem im Unendlichen konstant und A- deg(F ) = deg(g) · A- deg(f) = A- deg(f) 6= 0. 2

Satz 36 Eine schwach vergroßerbare Spin-Mannigfaltigkeit M tragt keine vollstandige Metrikpositiver Skalarkrummung.

Beweis. Der Beweis wird abermals durch Widerspruch gefuhrt, d.h. wir nehmen an, daß M einevollstandige Metrik g positiver Skalarkrummung trage.Eine wichtige Bemerkung ist, daß bei einer nicht-kompakten Mannigfaltigkeit aus κ > 0 kei-neswegs auf κ ≥ κ0 > 0 geschlossen werden kann. Die wesentliche Idee (und Arbeit) desBeweises wird sein, durch Multiplizieren einer hinreichend großen k-Sphare Sk(r) mit Radiusr die gleichmaßige Positivitat der Skalarkrummung in den Uberlagerungsraumen zu erreichen.Erst dann fuhren die bekannten Argumente von Bochner und Atiyah-Singer zum Ziel.Nach Voraussetzung existiert bei gegebenem ε > 0 zur reskalierten Metrik g ′ := κ · g ein Uber-lagerungsraum M mit einer bezuglich g′ (ε,Λ2)-kontrahierenden Abbildung f : M → Sm, dieim Unendlichen (außerhalb eines Kompaktum K) konstant ist und A- deg(f) 6= 0 erfullt. In derursprunglichen Metrik g bedeutet dies, daß f (εκ,Λ2)-kontrahierend ist, denn fur e1, e2 ∈ SMg

gilt:‖f∗(e1 ∧ e2)‖ ≤ ε‖e1 ∧ e2‖g′ = εκ‖e1 ∧ e2‖g.

Man beachte, daß der Kontraktions-Faktor vom Fußpunkt auf M abhangt. Da f außerhalb einesKompaktum konstant ist, ist f fur eine Konstante c > 0 c-kontrahierend. Wir setzen

t =

2, falls m gerade3, falls m ungerade

und erklaren g : St(r) → St(1) durch y 7→ yr . Damit definieren wir F als Kombination der

Abbildungen

F : M × St(r)f×g→ Sm × St

s→ Sm+k,

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4 Spin-Mannigfaltigkeiten und positive Skalarkrummung 65

wobei s wieder eine 1-kontrahierende Smash-Abbildung sei. Versehen wir M × St(r) mit derProduktmetrik g × gsph, dann ist dieser Raum spin, vollstandig und tragt durch den Spharen-Anteil eine gleichmaßig positive Skalarkrummung. Der Spinor-Dirac-Operator D hat auf M ×St(r) aufgrund des Bochner-Arguments trivialen Kern, ker(D) = 0.Bezuglich 2-Formen zeigt F folgendes Verhalten. Sind ξ, ξ1, ξ2 ∈ SMex und ν, ν1, ν2 ∈ SSt(r)y ,dann gilt

‖F∗((ξ1, 0) ∧ (ξ2, 0))‖ = ‖s∗((f∗ξ1, 0) ∧ (f∗ξ2, 0))‖≤ 1 · ‖(f∗ξ1, 0) ∧ (f∗ξ2, 0)‖ = ‖f∗(ξ1 ∧ ξ2)‖≤ εκ‖ξ1 ∧ ξ2‖ = εκ‖(ξ1, 0) ∧ (ξ2, 0)‖

‖F∗((0, ν1) ∧ (0, ν2))‖ = ‖s∗((0, g∗ν1) ∧ (0, g∗ν2))‖≤ 1 · ‖(0, g∗ν1) ∧ (0, g∗ν2)‖

= ‖(1rν1) ∧ (

1

rν2)‖

=1

r2‖ν1 ∧ ν2‖ =

1

r2‖(0, ν1) ∧ (0, ν2)‖

‖F∗((ξ, 0) ∧ (0, ν))‖ = ‖s∗((f∗ξ, 0) ∧ (0, g∗ν))‖≤ 1 · ‖(f∗ξ, 0) ∧ (0, g∗ν)‖= ‖(f∗ξ, 0)‖‖(0, g∗ν)‖ = ‖f∗ξ‖‖g∗ν‖≤ c

r‖ξ‖‖ν‖ =

c

r‖(ξ, 0) ∧ (0, ν)‖

Setzt man e(x) := maxεκ(x), cr ,1r2 , dann sehen wir also, daß F (e(x),Λ2)-kontrahierend ist.

Außerdem ist per Konstruktion F außerhalb des Kompaktum K := K × St(r) konstant. Des-wegen ist κ0 := infκ(x) | (x, y) ∈ K > 0. Wir wahlen ein r > 1 so groß, daß c

r ,1r2

≤ εκ0

gilt. Dann ist F insgesamt eine (εκ0,Λ2)-kontrahierende Abbildung.

Wir wahlen nun ein Vektorraumbundel W0 mit Zusammenhang so uber Sm+t, daß die obersteChern-Klasse cm+t

26= 0. t ist gerade so gewahlt, daß dies moglich ist. Mittels F bilden wir nun

das Vektorraumbundel W := F ∗W0 uber M × St(r) und betrachten den getwisteten Dirac-Operator DW uber M × St(r).Wenden wir den Relativen Index-Satz auf die Bundel W und das triviale Bundel in gleicherDimension d := dimW = dimW0 uber N = M × St(r) an, erhalten wir fur den Index desgetwisteten Spinor-Dirac-Operators:

Ind(DW+) = Ind(DW

+) − d · Ind(D+)

=

eN(ch(W ) − ch(N × Cd)) ∧ A(TN)

=

eN(F ∗(d+

1

( m+t2

−1)!· cm+t

2(W0)) − d) ∧ A(TN)

=1

( m+t2

−1)!

eNF ∗cm+t

2(W0) ∧ Ak(TN)

=1

( m+t2

−1)!A- deg(F )

Sm+t

cm+t2

(W0) 6= 0

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4 Spin-Mannigfaltigkeiten und positive Skalarkrummung 66

Nach der Weitzenbock-Formel fur ein getwistetes Spinor-Bundel (cf. Satz 21) gilt:

DW = ∇∗∇ +1

4[κ+

t(t− 1)

r2] + RW .

Gemaß Lemma 22 gilt dabei die Abschatzung ‖RW‖ ≤ kdim‖RW‖ fur eine Dimensionskon-stante kdim. Die Kontraktions-Eigenschaft von F bedingt die Ungleichung ‖RW‖ ≤ εκ‖RW0‖.Fur

ε <κ

4kdimκ‖RW0‖ =1

4kdim‖RW0‖ gilt dann ‖RW‖ < 1

Bei solchen ε konnen wir das Bochner-Argument (cf. Satz 5) anwenden

〈(14[κ+

t(t− 1)

r2] + RW )z, z〉 =

1

4[κ+

t(t− 1)

r2]‖z‖2 + 〈RW z, z〉

≥ 1

4[κ+

t(t− 1)

r2]‖z‖2 − |〈RW (z), z〉|

=1

4[κ+

t(t− 1)

r2]‖z‖2 − ‖RW‖‖z‖2

= (1

4κ− ‖RW‖ +

t(t− 1)

4r2)‖z‖2

>t(t− 1)

4r2‖z‖2

und ker(DW ) = 0 folgern, insbesondere Ind(DW+) = 0, ein Widerspruch. 2

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5 Anwendungen fur 3-Mannigfaltigkeiten 67

5 Anwendungen fur 3-Mannigfaltigkeiten

In diesem Kapitel sollen die Ergebnisse aus dem vorigen Kapitel zur Nicht-Existenz von Me-triken positiver Skalarkrummung auf Spin-Mannigfaltigkeiten weiter verfeinert werden. UnserZiel ist es, Aussagen uber kompakte 3-Mannigfaltigkeiten zu machen.

Wir haben im vorigen Kapitel gesehen, wie schwache Vergroßerbarkeit und positive Skalarkrum-mung sich gegenseitig ausschließen. In diesem Kapitel begegnen wir Mannigfaltigkeiten, dienur im Unendlichen positive Skalarkrummung tragen. Die Idee wird sein, den ”Spharen-Trick“aus Satz 36 lokal anzuwenden. Dazu fuhren wir das sog. Warp-Produkt zweier RiemannscherMannigfaltigkeiten ein.

Seien (M, g1) und (N, g2) Riemannsche Mannigfaltigkeiten der Dimensionen m und n. κ1 undκ2 bezeichne deren Skalarkrummungs-Funktion. Sei weiter f : M → R+ eine glatte Funktion.Dann hat die Produkt-Mannigfaltigkeit M ×N bezuglich der Metrik

g = g1 + f2g2

die Skalarkrummung (cf. [10])

κ = κ1 +1

f2

(κ2 − 2nf∆f − n(n− 1)‖∇f‖2

).

Insbesondere ergibt sich fur N = Sn folgende Gleichung fur die Skalarkrummung

κ = κ1 +n(n− 1)

f2

(1 − ‖∇f‖2

)− 2n

f∆f.

Lemma 37 Sei M eine vollstandige, nicht-kompakte Riemannsche Mannigfaltigkeit mit im Un-endlichen gleichmaßig positiver Skalarkrummung, also κ ≥ κ0 > 0 außerhalb eines Kompak-tum. Des weiteren gebe es eine glatte Ausschopfungs-Funktion F : M → R+ mit folgendenEigenschaften:

‖∇F‖ ≤ B sowie ∆F ≤ B

fur eine Konstante B ∈ R+. Dann gibt es fur jede Wahl eines R > 0 eine vollstandige Metrikauf M × S2, so daß

1. die Skalarkrummung auf dem Produkt gleichmaßig positiv ist, also κ ≥ κ0 > 0 auf ganzM × S2, und

2. das Produkt außerhalb eines Kompaktum K ⊂ M isometrisch zum Riemannschen Pro-dukt (M\K) × S2(R) ist.

Beweis. Wir wahlen ein t > 0 so groß, daß die Skalarkrummung uberall außerhalb des Kom-paktum M[0,t] = p ∈ M | F (p) ≤ t gleichmaßig positiv ist, κ ≥ κ0. Außerdem wahlen wir

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5 Anwendungen fur 3-Mannigfaltigkeiten 68

ein κ1 > maxκ0, supp∈M[0,t]|κ(p)|. Schließlich wahlen wir eine glatte Funktion φ : R →

[κ− 1

21 , R] ⊂ R+, die den folgenden Eigenschaften genugt.

φ(s) =

κ− 1

21 fur s ≤ tR fur s ≥ t+ 2R

0 ≤ φ′ ≤ 1

|φ′′| ≤ 1.

Zu einem 0 < ε < 1 erklaren wir die Funktion fε : M → R+ durch

fε(p) = φ(ε · F (p)).

Wir errechnen unter den Voraussetzungen an F

‖∇fε‖2 ≤ ε2B2 sowie ∆fε ≤ ε2B2 + εB.

Wir nehmen das Warp-Produkt von M und der 2-Sphare S2 bezuglich der Funktion fε, undbetrachten die Skalarkrummung κε auf dem Produkt.

Da ε < 1 gewahlt ist, sehen wir, daß fε(M[0,t]) = κ− 1

21 konstant ist. Es ergibt sich

auf M[0,t] κε = κ+ 2κ1

≥ 2κ1 − |κ| ≥ κ1 ≥ κ0

auf M\M[0,t] κε = κ+ 2f2 (1 − ‖∇f‖2 − 2f∆f)

≥ κ0 + 2f2 (1 − ε2B2 − 2εRB(1 + εB))

≥ κ0 fur hinreichend kleines ε.

Fur ein kleines ε > 0 hat also die Warp-Mannigfaltigkeit gleichmaßig positive Skalarkrummung,und im Unendlichen ist sie isometrisch zu M × S2(R), da die Warp-Funktion auf F ≥ t+2R

ε konstant fε ≡ R und dort die Metrik deswegen g +R2g

S2(1) = g + g

S2(R) ist. 2

In [8] wird dieser Prozeß ubrigens ”slowly inflating a balloon“ genannt.

Satz 38 Sei M eine nicht-kompakte, zusammenhangende Spin-Mannigfaltigkeit der Dimensi-on n, die eine kompakte, zusammenhangende, orientierte Hyperflache M0 ⊂ M enthalte, sodaß M\M0 nicht mehr zusammenhangend ist. Es existiere außerdem eine stetige AbbildungF : M → N auf eine vergroßerbare Mannigfaltigkeit N der Dimension n − 1, fur deren Ein-schrankung auf M0 deg(F|M0

) 6= 0 gelte.Dann tragt M keine vollstandige Metrik, fur die Ric nach unten beschrankt und die Skalar-krummung im Unendlichen gleichmaßig positiv ware.

Beweis. Es wird wieder ein Widerspruchsbeweis gefuhrt. Angenommen, M trage eine im Un-endlichen gleichmaßig positive Skalarkrummung mit nach unten beschrankten Ricci. Nachdemwir ggf. die Metrik reskaliert haben, gelte oE. κ ≥ 1 außerhalb eines Kompaktum.Wegen der Voraussetzung an den Ricci existiert eine Glattung d : M → R+

0 der Abstandsfunkti-on zu einem Punkt, die fur eine Konstante B > 0 den Ungleichungen ‖∇d‖ ≤ B sowie ∆d ≤ Bgenugt, cf. [4]. Wegen der Nicht-Kompaktheit von M existiert eine unbeschrankte KomponenteM ⊂M\M0, so daß insbesondere d : M → R+ surjektiv ist.

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5 Anwendungen fur 3-Mannigfaltigkeiten 69

Fur eine Teilmenge A ⊂ R+ erklaren wir MA := d−1(A)∩ M . Es bezeichne εdim die Schrankevon Lemma 34, d.h. es gibt also keine vollstandige, Riemannsche Spin-Mannigfaltigkeit der Di-mension n+2 mit gleichmaßig positiver Skalarkrummung κ ≥ 1, die (εdim,Λ

2)-hyperspharischware.Wir wahlen ein R > 0 so groß, daß der Kehrwert die Zahl ε := minεdim,

12 unterschreitet,

also 1R < ε.

Mittels Lemma 37 erhalten wir eine Riemannsche Mannigfaltigkeit Y = M × S2 mit gleich-maßig positiver Skalarkrummung κ ≥ 1. Dabei existiert ein Kompaktum K ⊂ M , so daßY \(K × S2) isometrisch zu (M\K) × S2

std(R) ist.Wir geben im folgenden eine Uberlagerung von Y an, die (ε,Λ2)-kontrahierend ist, was einenWiderspruch zur Wahl des ε ≤ εdim nach Lemma 34 bedeutet.Dazu wahlen wir ein a > 0 so groß, daß fur das kompakte Intervall I := [a, a + 4Bπ] MI ⊂M\K gilt. Durch Glatten konnen wir F als differenzierbar annehmen, ohne deg(F |M0

) 6= 0 zuverlieren. Wir wahlen auf N eine Metrik, bezuglich der dann F|MI

wegen Kompaktheit fur einc > 0 c-kontrahierend ist. Nach Voraussetzung an N existiert eine Riemannsche UberlagerungπN : N → N und eine ε

c -kontrahierende Abbildung f : N → Sn−1, die außerhalb eines Kom-paktum K ⊂ N konstant auf einen Punkt p ∈ Sn−1 abbildet und deg(f) 6= 0 erfullt. Wir bildendas Faserprodukt von F und N und erhalten so M := F ∗N ⊂M×N mit dem kommutierendenDiagramm

−−−−−−→eF=pr2−−−−−−→

πM=pr1

−−−−−−→

πN

−−−−−−→F

M N

M N

Schließlich definieren wir die Abbildungen f := f F und h := λ d πM , wobei λ eine1

2B -kontrahierende Abbildung λ : R → S1 sei, die R\I auf einen Punkt q ∈ S1 abbildet.Mittels einer Smash-Abbildung s : Sn−1 × S1 → Sn, die die Achsen (p× S1) ∪ (Sn−1 × q) aufeinen Punkt kollabiert, konnen wir

G : Mef×eh−→ Sn−1 × S1 s−→ Sn

erklaren. Nach Definition des Faserprodukts sind jeweils f bzw. h konstant außerhalb der Men-gen

F−1(K) =(F−1(πN (K)) × K

)∩ M bzw.

MI =(MI × π−1

N (F (MI)))∩ M.

Wegen der nachgeschalteten Smash-Abbildung ist dann G konstant außerhalb des Schnittes die-ser beiden Mengen, F−1(K) ∩ MI , insbesondere ist G konstant außerhalb des Kompaktum

(MI × K) ∩ M ⊃(MI ∩ F−1(πN (K))

)×(K ∩ π−1

N (F (MI)))∩ M = F−1(K) ∩ MI .

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5 Anwendungen fur 3-Mannigfaltigkeiten 70

Auf MI sind nach Konstruktion h 12 -kontrahierend und f ε-kontrahierend. Nach Wahl des ε ist√

14 + ε2 < 1 und deswegen ist G insgesamt 1-kontrahierend und auf der Hyperebene ker(h∗)

ε-kontrahierend.Wir liften die Warp-Metrik auf den Uberlagerungsraum M × S2 und bilden mithilfe einer wei-teren Smash-Abbildung s′ die Abbildung

H : M × S2 eG×id−→ Sn × S2std

s′−→ Sn+2

Sie ist wie G im Unendlichen konstant. Da der Trager von G sich innerhalb MI befindet undMI × S2 ∼= MI × S2

std(R), ist id : S2 → S2std dort 1

R -kontrahierend. H ist dann uberall 1-kon-trahierend und ε-kontrahierend auf der Hyperflache ker(h∗)× TS2, insgesamt also (ε,Λ2)-kon-trahierend, cf. Lemma 33.Schließlich zeigen wir noch, daß deg(H) 6= 0. Der entscheidende Schritt ist, deg(f × h) 6= 0nachzuweisen. Dazu berechnen wir den Grad von f eingeschrankt auf die Urbildmenge einesregularen Wertes von h. Sei t ∈ I ⊂ R ein regularer Wert von d. Die kompakte MannigfaltigkeitMt ist homolog zu M0, und nach Voraussetzung ist dann auch der Grad von F : Mt → Nvon Null verschieden. Der Lift F ist eigentlich auf Mt, so daß wir F|fMt

uberhaupt einen Gradzuordnen konnen, und hat den gleichen Grad wie F|Mt

. Damit haben wir

deg(H) = deg(G) = deg(f × h) = deg(f|fMt) = deg(f) deg(F|fMt

) 6= 0,

und M × S2 ist (ε,Λ2)-hyperspharisch. 2

Definition 29 Sei M eine zusammenhangende Mannigfaltigkeit der Dimension n, und sei Z ⊂M eine kompakte, orientierte Hyperflache in M , so daß M\Z nicht zusammenhangt. Sei E eineunbeschrankte Komponente von M − Z mit ∂E = Z .E ist dann ein schlechtes Ende von M , falls es eine Abbildung F : E → N auf eine vergroßer-bare Mannigfaltigkeit N gibt, so daß deg(F|Z) 6= 0 ist.

Satz 39 Sei M eine Spin-Mannigfaltigkeit mit einem schlechtem Ende E . Dann gibt es aufM keine vollstandige Metrik, so daß Ric nach unten beschrankt und die Skalarkrummunggleichmaßig positiv auf E ware.

Beweis. Sei g eine vollstandige Metrik aufM . Wir trennen M an der Hyperflache Z des schlech-ten Endes E auf und verkleben das schlechte Ende mit sich selbst, N := E ∪Z E . DurchAusglatten der Metrik an der Nahtstelle Z versehen wir N mit einer Metrik, die bis auf einKompaktum um Z mit g ubereinstimmt. N erfullt die Voraussetzungen von Satz 38, und g kannalso keine Metrik auf E mit nach unten beschranktem Ricci und gleichmaßig positiver Skalar-krummung tragen. 2

Wir wollen das Konzept des schlechten Endes auf kompakte 3-Mannigfaltigkeiten anwenden.

Satz 40 1. Sei M eine kompakte 3-dimensionale K(π, 1)-Mannigfaltigkeit. Dann tragt Mkeine Metrik positiver Skalarkrummung.

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5 Anwendungen fur 3-Mannigfaltigkeiten 71

2. Eine 3-dimensionale Mannigfaltigkeit, die als zusammenhangende Summe mit einemK(π, 1)-Summand geschrieben werden kann, tragt keine Metrik positiver Skalarkrum-mung.

Beweis. Zu 1. Angenommen, M trage eine Metrik mit κ > 0. Indem wir ggf. zur 2fachenOrientierungs-Uberlagerung von M ubergehen, konnen wir oE. annehmen, daß M orientiert ist.In Dimension 3 ist eine orientierte Mannigfaltigkeit immer auch spin.Wir wahlen einen eingebetteten Weg γ ⊂ M , der nicht null-homotop ist und bilden zur zykli-schen Untergruppe 〈[γ]〉 ≤ π1(M) die zugehorige Uberlagerung p : M → M . Es gibt einenLift von γ zu einer geschlossenen Kurve γ in M , die π1(M ) erzeugt.

−−→

p−−−−

−−→eγ

−−−−−→γ

M

[0, 1] M

M muß selbst auch als Uberlagerung eines K(π, 1)-Raumes ein K(π, 1)-Raum mit Fundamen-talgruppe π1(M) ∼= 〈[γ]〉 sein. π1(M) kann deswegen keine endliche zyklische Gruppe Z/p

sein, da es fur einen K(Z/p, 1)-Raum kein endliches Modell gibt. Insbesondere ist π1(M ) ∼= Z.Die Inklusion des Bildes γ ⊂ M ist eine Homotopie-Aquivalenz, da sowohl γ ' S1 und Mbeides K(Z, 1)-Mannigfaltigkeiten sind.Die Metrik liftet wegen Kompaktheit von M via p zu einer vollstandigen Metrik in M mitgleichmaßig positiver Skalarkrummung und nach unten beschranktem Ricci.Wir wahlen eine Tubenumgebung U von γ und wollen zeigen, daß E := M\U ein schlechtesEnde von M ist. Der Widerspruch ergibt sich dann mit Satz 39.Zunachst bemerken wir, daß die Inklusion i : ∂E → E ein Isomorphismus auf H1 induziert.Dazu betrachten wir die Mayer-Vietoris Sequenz bezuglich M = E ∪ U

0 = H2(M ) → H1(∂E)φ→ H1(E) ⊕H1(U)

ψ→ H1(M ) → 0

Es ist H1(M ) = H1(U ), da γ ⊂ U ⊂ M eine Homotopie-Aquivalenz ist, und wir schlie-ßen ker(ψ) = H1(E). Wegen der Exaktheit ist φ : H1(∂E) → H1(E) ein Isomorphismus. DaHk(M ) = 0 fur k ≥ 2 sind auch Hk(∂E) → Hk(E) isomorph. Wir haben ∂E ' S1 × S1 undnach der Kunneth-Formel ist H1(∂E) = Z ⊕ Z.Da H1(E) lediglich die ”abelisierte“ Fundamentalgruppe ist, gibt es einen surjektiven Projek-tions-Homomorphismus π1(E) → H1(E) ∼= Z ⊕ Z = π1(S

1 × S1). Es ist dim(E) = 3, undman kann zeigen, daß diese Abbildung sogar als induzierter Homomorphismus einer stetigenAbbildung F : E → S1 × S1 realisiert wird. Eingeschrankt auf den Rand ∂E induziert sie einenIsomorphismus auf π1. Der Grad der eingeschrankten Funktion F kann also nicht verschwinden,deg(F|∂E) 6= 0, und E ist tatsachlich ein schlechtes Ende.

Zu 2. Wir betrachten eine kompakte 3-Mannigfaltigkeit M#N , wobei M – wie im ersten Teildes Beweis – eine K(π, 1)-Mannigfaltigkeit sei. Wir nehmen an, daß M#N eine Metrik posi-tiver Skalarkrummung trage und fuhren das zu einem Widerspruch. Es sei die Summe M#NoE. orientiert. Sei s : M#N → M eine Abbildung, die den N -Summand auf einen Punkt

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q ∈ M kollabiert. Wir wahlen eine Kurve γ ⊂ M\q, die in M nicht null-homotop ist. Wirbilden die Uberlagerung p : M → M , die zur zyklischen Untergruppe 〈[γ]〉 ≤ π1(M) gehort.Es sei γ die geliftete Kurve in M , die π1(M ) erzeugt. Durch das Faserprodukt erhalten wirM#N ⊂ (M#N) × M mit dem kommutierenden Diagramm

−−−−→es

−−−−−−→pr

−−−−−−→

p

−−−−→s

M#N M

M#N M

pr ist eine Uberlagerung, und s ist eine eigentliche Bundel-Abbildung, die N -Summandender Uberlagerung auf die diskrete Faser p−1(q) wirft. Wir wahlen eine solche Tubenumge-bung U von γ, so daß U ⊆ M\p−1(q). s ist auf U ein Diffeomorphismus. Wir betrachtenE ′ := M#N\s−1(U). Sei E ⊂ M wie im ersten Beweisteil, so bekommen wir durch Ein-schrankung die eigentliche Abbildung s : E ′ → E vom Grad 1. Es ist s : ∂E ′ → ∂E einDiffeomorphismus, und die Komposition F s : E ′ → S1 × S1 beweist, daß E ′ ein schlechtesEnde in M#N ist. 2

Es gibt die sog. Primzerlegung kompakter, orientierbarer 3-Mannigfaltigkeiten von Kneser undMilnor. Derzufolge kann eine geschlossene, orientierte 3-Mannigfaltigkeit M als zusammen-hangende Summe

M = M1# . . .#Mk#(S1 × S2)# . . .#(S1 × S2)#K1# . . .#Kl

dargestellt werden, wobei die Faktoren dadurch charakterisiert sind, daß die Mi endliche Fun-damentalgruppe |π1(Mi)| <∞ haben, und die Kj K(π, 1)-Mannigfaltigkeiten sind. Die Zerle-gung ist bis auf Permutation und Diffeomorphie eindeutig.Die Mi werden durch Homotopie-Spharen Mi universell uberlagert. Die Elliptisierungs-Vermu-tung umfaßt die beiden Behauptungen, daß zum einen Mi

∼= S3 gelte, – das ist die PoincareVermutung – und zum anderen, daß Mi

∼= S3/Γ fur eine eigentlich diskontinuierliche Unter-gruppe Γ ⊂ SO(4) ist.

Gromov und Lawson haben gezeigt (cf. [7]), daß die Eigenschaft, positive Skalarkrummung zutragen, in Dimension ≥ 3 unter Summenbildung erhalten bleibt. Damit ist dann aber klar, – in-sofern die Elliptisierungs-Vermutung richtig ist – daß eine 3-Mannigfaltigkeit M mit der Prim-zerlegung

M = M1# . . .#Mk#(S1 × S2)# . . .#(S1 × S2)

eine Metrik positiver Skalarkrummung tragt, .Aus dem obigen Satz 40 geht hervor, daß eine kompakte 3-Mannigfaltigkeit, die in ihrer Prim-zerlegung einen K(π, 1)-Faktor enthalt, keine Metrik positiver Skalarkrummung tragt.Eine Bestatigung der Elliptisierungs-Vermutung gabe also eine vollstandige Antwort auf dieFrage, welche kompakten 3-Mannigfaltigkeiten Metriken positiver Skalarkrummung tragen.

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Literatur 73

Literatur

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