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Porträtfotografie Marion Hogl Der große Fotokurs

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Porträtfotografie

Marion Hogl

Der große Fotokurs

Inhalt

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EinführungVielfältige Porträtfotografie 12

Kapitel 1: Die optimale Technik für perfekte PorträtsBlende: Schärfentiefe und Bildgestaltung 18Brennweiten und ihre Bildwirkung 21Belichtungszeit und ISO-Wert wählen 26Belichtungsmessung leicht gemacht! 31So lesen Sie das Histogramm 35Farbtemperatur und Weißabgleich 38Perfekte Schärfe: manuell oder automatisch 41Das richtige Datei- und Bildformat 45Porträtprogramm oder manuelle Einstellung? 48

Kapitel 2: Porträtbilder gestaltenBildideen entwickeln 52Hoch- oder Querformat? 55Gestalten mit der Drittelregel 58Spannung durch Linienführung 60Farbwirkungen bewusst nutzen 63Die Blickrichtung berücksichtigen 66Das Spiel mit geringer Schärfentiefe 68Führen Sie den Blick 70Dynamik durch Anschnitte 72Tiefe im Bild erzeugen 75Extreme Perspektiven 78

Inhalt

Inhalt

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Kapitel 3: Das klassische PorträtDas perfekte Porträtobjektiv 84Der Fotograf führt Regie 88Blickfang Gesicht 91Nah heran: Detailaufnahmen 94Das Brustbild 97Die Amerikanische Einstellung 100Ganzkörperporträt 102Der Mensch in der Totalen 105Profilaufnahmen 107Dem Porträt Ausdruck verleihen 111Die Pose macht’s 114

Kapitel 4: Natürliche PorträtsSo gelingen Schnappschüsse 120Licht in Innenräumen nutzen 123Spontane Porträtaufnahmen 126Keine Angst vor Mischlicht 128Weiches Licht am Fenster 131Menschen bei der Arbeit 133Straßenszenen einfangen 136Das Licht bei Außenaufnahmen 139Das Tageslicht formen 142Blitzlicht zum natürlichen Aufhellen 147Reportage und Dokumentation 151

Inhalt

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Kapitel 5: CharakterporträtsEmotionen einfangen 156Reife Menschen 159Überzeugende Bewerbungsfotos 162Seriell fotografieren 165Doppelbelichtung für romantische Looks 168Porträts im Gegenlicht 171Effekte mit Filtern erzielen 174Düstere Porträts 177Experimentelle Aufnahmen 180Bildessay oder Fotostrecke 183

Kapitel 6: Kinder fotografierenRichtige Perspektiven für Babyfotos 188Krabbelnde Kleinkinder 190Sanfte Regie bei kleinen Modellen 192Klassische Kinderbilder 195In Pose und mit Accessoires 198Beim Spielen und Toben 201Kunterbunt: mit Farbe gestalten 204Schöne Bilder in Serie 206Actionfotos auf dem Spielplatz 208Kontrastumfang im Sonnenschein 211

Inhalt

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Kapitel 7: Gruppen und PaareMehrere Personen im Bild arrangieren 216Spannung durch Blicke erzeugen 219(Ehe-)Paare 221Eltern mit kleinen Kindern 224Geschwisterkinder 227Familienbilder – klassisch oder kreativ 230Blickwinkel für große Gruppen 233

Kapitel 8: Feste und VeranstaltungenStimmungsbilder: Geburtstage und Partys 238Familienfeiern und große Feste 240Hochzeiten fotografisch begleiten 243Available Light mit hohem ISO-Wert 247Lichtstimmung erhalten trotz Blitz 250Konzert- und Bühnenfotografie 254Im Theater: Mimik und Gestik einfangen 258

Kapitel 9: Menschen in BewegungMachen Sie Serienaufnahmen 262Mitziehen, einfrieren oder verwischen? 265Fotografieren in Sporthallen 269Actionfotos im Freien 272Tanzbewegungen festhalten 276

Inhalt

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Kapitel 10: Porträts im StudioZubehör für Studioaufnahmen 282Die Wirkung von Lichtformern 285Das Licht einrichten 289High Key und Low Key 294Make-up als Blickfang 298Beauty-Aufnahmen 300Accessoires und besondere Posen 303

Kapitel 11: SchwarzweißporträtsAuf Schwarzweiß reduzieren 308Das richtige Motiv für Schwarzweiß 311Farbharmonien und Monochromes 314Schwarzweißumwandlung und Tonung 317

AnhangAusrüstung 324Zubehör: Stativ, Filter & Co. 326Bildbearbeitung 329RAW-Entwicklung 333Porträtretusche 339Rechtliche Anmerkungen 345

Glossar 348Bildnachweis 354Index 355

Kapitel 1 • Die optimale Technik für perfekte Porträts

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17

Die optimale Technik für perfekte PorträtsAm Anfang eines gelungenen Porträts stehen zunächst der gekonnte

Umgang mit der Kamera, die passende Auswahl der Brennweite und die

richtigen Kamera einstellungen. Denn beim fotografischen Umgang mit

Menschen ist oftmals Schnelligkeit gefragt.

Das Modell wurde in einer sehr dunklen Halle nur

beim Licht eines kleinen Fensters oberhalb des Mo-

dells aufgenommen. Dank hoher ISO-Werte sind

solche Aufnahmen heute aus der Hand und ohne

allzu großes Bildrauschen möglich.

[ 85 mm | f2,2 | 1/200 s | ISO 5000 | Reflektor ]

Kapitel 1 • Die optimale Technik für perfekte Porträts

Die Blende Ihrer Kamera regelt zum einen die Menge des einfallenden Lichts und zum anderen die Schär-fentiefe in einem Bild. Je größer die Blendenöffnung ist (entspricht einer kleinen Blendenzahl wie beispiels-weise f2,8), desto geringer ist die Schärfentiefe. Je

kleiner die Blendenöffnung (entspricht einer großen Blendenzahl wie beispielsweise f9), desto größer ist die Schärfentiefe. Und genau diese Schärfentiefe ist das wohl wichtigste kreative Gestaltungsmittel in der Porträtfotografie.

Stellen Sie Ihr Modell gezielt »frei«

Ihr Ziel sollte es stets sein, die porträtierte Person in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit Ihrer Aufnahme zu stellen. Das gelingt am besten, wenn der Hinter-grund in Unschärfe verschwimmt. Geben Sie deshalb beim Fotografieren einer großen Blendenöffnung

Blende: schärfentiefe und BildgestaltungDie gewählte Blende und die damit verbundene Schärfentiefe ist eines der zentralen Gestaltungselemente in der Fotografie. Damit lenken Sie den Blick des Betrachters und können gezielt unruhige Hintergründe durch Unschärfe ausblenden.

y Die sehr große Blendenöffnung und der geringe Abstand zum Modell erzeugen eine minimale Schär-fentiefe, die lediglich das vordere Auge komplett scharf abbildet. Der Hintergrund wird zur verschwom-menen Farbfläche. In solchen Fällen müssen Sie beson-ders exakt fokussieren und sicherstellen, dass wirklich der gewünschte Bereich scharfgestellt ist und nicht etwa die Ohren oder die Nasenspitze.

Wissen: sCHÄRFenTi eFeMit Schärfentiefe bezeichnet man den scharf abge-bildeten Bereich innerhalb eines Fotos. Bei einer sehr großen Schärfentiefe sieht das Bild durchgehend scharf aus, das heißt sowohl Vorder- als auch Hin-tergrund werden klar umrissen dargestellt. Bei einer geringen Schärfentiefe hingegen wird nur ein kleiner Bereich des Bildes wie zum Beispiel eine Person im Vordergrund scharf abgebildet, während der Rest in Unschärfe verschwimmt.

[ 85

mm

| f1

,8 |

1/80

0 s

| ISO

160

]

18

Blende: Schärfentiefe und Bildgestaltung

19

immer den Vorzug. Dabei sind sehr lichtstarke Objek-tive von Vorteil, bei denen sich die Blende sehr weit öff-nen lässt, die größtmögliche Blendenöffnung also eine sehr kleine Zahl hat. So würde man ein Objektiv mit einer maximalen Blendenöffnung von beispielsweise f2,8 als lichtstark bezeichnen. Man spricht dann auch von einer »Lichtstärke von 2,8«. Diesen Wert können Sie direkt am Objektiv ablesen. Lichtstarke Objektive sind optimale Porträtobjektive, weil man damit die porträtierte Person vor dem Hintergrund wunderbar »freistellen « kann. Dies gelingt besonders gut, wenn der Hintergrund zudem räumlich möglichst weit vom Modell entfernt ist.

AchtungViele, vor allem preisgünstige Zoomobjektive sind mit maximal geöffneter Blende nicht optimal scharf. Nur wirklich hochwertige Festbrennweiten zeigen auch bei ganz offener Blende sehr gute op-tische Abbildungsleistungen. Testen Sie deshalb Ihr Objektiv mit verschiedenen Blendenöffnungen und vergleichen Sie die Resultate. Möglicherweise müs-sen Sie für bestmögliche Ergebnisse stets um ein bis zwei Blendenstufen abblenden , indem Sie den Blendenwert zum Beispiel von f2,8 auf f3,2 oder f3,5 ändern. Mehr zum Thema Blendenstufen lesen Sie auf Seite 30 in diesem Kapitel.

Arbeiten Sie deshalb immer mit möglichst weit ge-öffneter Blende und achten Sie auf den Hintergrund. Übrigens: Je näher Sie an Ihr Motiv herangehen und je größer die Brennweite (in Millimeter) eines Objektivs ist, desto geringer ist auch die Schärfentiefe. Nutzen

y Das lichtstarke Objektiv mit einer maximalen Blendenöffnung von f1,8 lässt bei offener Blende den Hintergrund sehr stark verschwimmen. Dieser kann dadurch wunderbar ausgeblendet werden. Be-reits bei einer Blende von f5,6 wirkt der Hintergrund zu unruhig und bei Blende f11 ist die Schärfentiefe für ein schönes Porträt deutlich zu groß.

f5,6 f11f1,8

Kapitel 1 • Die optimale Technik für perfekte Porträts

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Sie diesen Effekt und zoomen Sie möglichst stark an Ihr Modell heran (Teleeinstellung des Objektivs). So stellen Sie Motive mit geringer Schärfentiefe vom Hintergrund frei:

◼ Öffnen Sie die Blende so weit wie möglich. ◼ Nutzen Sie lichtstarke Objektive. ◼ Nutzen Sie Ihr Zoomobjektiv in der Teleeinstellung,

und gehen Sie nah an Ihr Modell heran. ◼ Platzieren Sie Ihr Modell möglichst weit entfernt

von einem unruhigen Hintergrund.

Wissen: BOKeHVielleicht haben Sie den Begriff Bokeh schon ein-mal gehört oder gelesen. Damit bezeichnet man die Art und Weise, wie ein Objektiv unscharfe Berei-che abbildet. Ein hochwertiges Objektiv mit einer kreisrunden Blende erzeugt ein besonders schönes Bokeh. Von einer kreisrunden Blende spricht man dann, wenn auch bei abgeblendetem Objektiv die Blendenöffnung noch rund ist und nicht beispiels-weise sechs- oder achteckig erscheint. Je mehr Lamellen eine Blende hat, desto runder ist sie und desto schöner ist auch das Bokeh des Objektivs.

[ 98

mm

| f4

| 1/

640

s | I

SO 5

00 |

+1/3

]

< Die Pfeiler der Stahlbrücke ver-schwimmen dank offener Blende in Unschärfe und len-ken so vom Modell im Vordergrund nicht zu stark ab.

[ 60 mm | f3,2 | 1/2500 s | ISO 400 | Aufh ellblitz ]

y Obwohl der Hintergrund relativ unruhig ist, lenkt er dank der geringen Schärfentiefe nicht vom Gesicht des Modells ab. Es wurde mit Blende f3,2 perfekt freigestellt.

Ü BU nG Nehmen Sie Ihr lichtstärkstes Objektiv und fo-tografieren Sie zunächst Ihr Modell mit unter-schiedlichen Blendenwerten: Von ganz offen (die kleinste mögliche Blendenzahl) bis stark ge-schlossen (circa f16). Danach gehen Sie näher an Ihr Modell heran, fotografieren ein Kopfporträt und wiederholen die Übung. Wie verändert sich der Hintergrund? Ab welcher Blendenzahl wird Ihr Modell gut vom Hintergrund freigestellt?

f/1,4 f/2 f/2,8 f/4

f/5,6 f/8 f/11 f/16

Brennweiten und ihre Bildwirkung

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Das Objektiv ist das Herzstück oder vielmehr das Auge Ihrer Kamera. Es bestimmt, welchen Bereich eines Motivs Sie aufnehmen und wie das Motiv dargestellt wird. Dazu gehört neben der Schärfentiefe, die wir bereits im vorigen Abschnitt behandelt haben, auch die Brennweite eines Objektivs. Die Brennweite, die in Millimeter (mm) angegeben wird, bestimmt im Zu-sammenhang mit der Sensorgröße den sogenannten Bildwinkel eines Objektivs. Je kleiner die Brennweite ( je kleiner der Millimeterwert), desto weitwinkliger ist das Objektiv, das heißt Sie bekommen einen großen Teil des Motivs auf Ihr Bild. Bei einer großen Brenn-weite spricht man von einer Telebrennweite, Sie kön-nen damit entfernte Objekte nah heranholen.

Weitwinkelobjektive

Bei Weitwinkelobjektiven (8 bis 35 mm) kommt es durch die stark gewölbte Glasoberfläche fast immer zur sogenannten tonnenförmigen Verzeichnung, das heißt gerade Linien im Bild wölben sich nach außen. Bei Teleobjektiven (ab ca. 85 mm Brennweite) tritt der umgekehrte Effekt ein: Die Linien sind leicht nach innen gebogen. Weitwinkelobjektive sind deshalb in der Porträtfotografie nur bedingt sinnvoll, bei reinen Gesichtsporträts entsteht dadurch eine unvorteilhafte Verzerrung der Proportionen, weil der Kamera nahe

Brennweiten und ihre BildwirkungWeitwinkel, Zoomobjektive, Teleobjektive – wählen Sie für jeden Einsatzzweck die richtige Brennweite. Denn nur mit der richtigen Brennweite gelingen Ihnen gute und vor allem schmeichelhafte Fotos, die auch Ihren Modellen gefallen.

10 mm

18 mm

24 mm

50 mm

80 mm

120 mm

200 mm

130˚

100˚

84˚

46˚

30˚

20˚

12˚

Tele

ob

jekt

ivN

orm

al-

ob

jekt

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inke

l

y Unterschiedliche Brennweiten und ihre Bildwinkel

Kapitel 1 • Die optimale Technik für perfekte Porträts

22

Elemente wie beispielsweise die Nase vergrößert und weiter entfernte Objekte wie die Ohren verkleinert dar-gestellt werden. Darüber hinaus ist die Schärfentiefe bei weitwinkligen Objektiven bedeutend größer, eine schöne Freistellung des Motivs ist selbst bei lichtstar-ken Objektiven nahezu unmöglich. Zudem müssen Sie Ihrem Modell extrem dicht auf den Leib rücken, um ein formatfüllendes Porträt aufzunehmen. Das ist weder für Sie noch für den Porträtierten angenehm.

Falls Sie aber eine größere Gruppe aufnehmen möch-ten oder in engen Innenräumen fotografieren, kom-men Sie vermutlich um ein Weitwinkelobjektiv nicht herum. Achten Sie dann darauf, dass Sie die Kamera möglichst waagrecht halten und nicht nach oben oder unten kippen. Bei einem einzelnen Modell sollten Sie unbedingt dafür sorgen, dass es sich in der Bildmitte befindet, denn dort sind die brennweitenbedingten Verzerrungen am geringsten.

y Aufnahme mit einem Ultraweitwinkel-Objektiv (Fisheye). Das Gesicht wirkt verzerrt: Nase und Augen werden im Gegensatz zum Rest des Kopfes stark vergrößert dargestellt. Trotz großer Blendenöffnung wird der Hinter-grund brennweitenbedingt noch relativ scharf abgebildet. Um mit dieser Brennweite ein formatfüllendes Porträt aufzunehmen, muss der Abstand zum Modell sehr gering sein.

y Die sogenannte Normalbrennweite von 50 mm bewirkt immer noch eine ungünstige Verzerrung der Propor-tionen. Nase und Mund erscheinen dominant, die Augen unnatürlich klein. Der Abstand zum Modell betrug etwa 80 Zentimeter. Das Bild wirkt dennoch natürlicher, als die Aufnahme bei 15 mm Brennweite.

[ 15 mm | f2,8 | 1/400 s | ISO 200 | –2/3 ] [ 50 mm | f4 | 1/320 s | ISO 200 | –2/3 ]

Brennweiten und ihre Bildwirkung

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Die Normalbrennweite

Eine Brennweite von 50 mm bezeichnet man als Nor-malbrennweite, da sie in etwa unserem normalen Sichtfeld entspricht. Dabei treten nur geringe Verzer-rungen auf. Bei einem Gesichtsporträt empfinden wir diese realistische Darstellung dennoch als eher unvor-teilhaft, denn das Gesicht wirkt relativ breit. Für Port-räts ist diese Einstellung deshalb nur bedingt geeignet.

Ideale Porträtbrennweiten

Leichte Teleobjektive haben ideale Porträtbrennweiten von 85 bis 135 mm. Sie erlauben einen angemessenen Abstand zum Modell und verzeichnen ganz leicht kissen förmig, was bei formatfüllenden Gesichtspor-träts sehr schmeichelhaft wirkt. Mein persönlicher Favorit und ein wunderbares Objektiv für Porträtauf-nahmen ist eine Festbrennweite von 85 mm, die es mit Lichtstärken von bis zu f1,2 gibt. Damit können Sie nicht nur bei wenig Licht noch Available-Light-Fotogra-fie betreiben, Sie erhalten auch eine extrem geringe Schärfentiefe, mit der Sie Ihre Modelle wunderbar vom Hintergrund freistellen können. Ideal sind auch Makro-objektive mit rund 100 mm Brennweite. Sie verfügen

in der Regel über eine hohe Lichtstärke und optische Qualität und erlauben auch einmal eine extreme Nah-aufnahme.

Falls Sie mit einer Kamera ohne Wechselobjektiv fotografieren, achten Sie unbedingt auf die Brennweite Ihres Zooms. Im Zweifelsfall gehen Sie lieber ein paar Schritte zurück und zoomen an Ihr Modell heran. Für natürlich wirkende Aufnahmen, bei der Sie als Fotograf nicht bemerkt werden wollen, eignet sich auch eine Brennweite von bis zu 200 mm hervorragend. Starke Telebrennweiten jenseits der 300 mm sind dagegen für Porträts weniger geeignet, da sie zu einer opti-schen Verflachung führen. Gesichter werden dadurch unnatürlich platt dargestellt: Die Ohren scheinen sich auf der gleichen Ebene wie die Nasenspitze zu befinden.

TippBeginnen Sie mit einer kleinen, aber möglichst feinen Objektivauswahl und lassen Sie diese nach und nach wachsen. Kaufen Sie stets das Beste, das Sie sich leisten können, denn gut gepflegt halten Objektive ein Leben lang.

y Kissenförmige (Teleobjektiv, links) und tonnenförmige (Weitwinkelobjektiv, rechts) Verzeichnung im Vergleich zur verzeichnungsfreien Abbildung (Normalobjektiv, Mitte)

Kapitel 1 • Die optimale Technik für perfekte Porträts

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y Bei einer Brennweite von 200 mm beträgt bei einem formatfüllenden Porträt der Abstand zum Modell rund vier Meter. Damit lassen sich auch unbemerkt gelungene Porträts realisieren. Die Telebrennweite in Verbindung mit einer Blende von f4 stellen das Modell sehr schön frei.

y Bei einer Brennweite von 95 mm wirkt das Gesicht harmonisch und der Hintergrund ist bereits bei Blende f4 ausreichend verschwommen. Diese Brennweite erlaubt bei einem formatfüllenden Porträt einen angemessenen Abstand zum Modell.

[ 95

mm

| f4

| 1/

250

s | I

SO 2

00 |

–1/3

]

[ 200

mm

| f4

| 1/

125 s

| IS

O 2

00 |

–1/3

]

Teleobjektive

Teleobjektive mit Brennweiten über 100 mm sind gerade für die Action- und Sportfotografie oder bei Situationen, in denen Sie eher unbemerkt und im Hintergrund fotografieren möchten, unverzichtbar. Auch hier gibt es Zoomobjektive, die sich besonders gut eignen, da Sie den Bildausschnitt ohne Standort-wechsel jederzeit ändern können. Achten Sie auch hier möglichst auf eine hohe Lichtstärke und idealerweise auf einen eingebauten Bildstabilisator. Lichtstarke Telezooms sind allerdings groß, schwer und vergleichs-weise teuer. Dennoch liefern sie in vielen Situationen eine beeindruckende Bildqualität und stehen deshalb für besonders ambitionierte Fotografen ganz oben auf der Wunschliste.

Ü BU nG Suchen Sie sich ein Modell und bitten Sie die Person darum, möglichst ruhig und unbeweglich zu stehen oder zu sitzen. Fotografieren Sie ein formatfüllendes Kopfporträt mit unterschiedli-chen Brennweiten, aber ansonsten identischen Einstellungen wie Blende und ISO-Wert, bei-spielsweise mit Blende f5,6 und Brennweiten von 35, 50, 85, 100 und 200 mm. Vergleichen Sie die Resultate. Welche Brennweiten verzerren die Proportionen, welche Brennweite lässt das Modell gut aussehen und vor allem: Wie nah müssen Sie an Ihr Modell heran rücken?

Brennweiten und ihre Bildwirkung

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Das perfekte Einsteigerobjektiv

Für Einsteiger in die Porträtfotografie eignet sich ein Zoomobjektiv mit einem Brennweitenbereich von etwa 24–135 mm besonders gut. Dieses ist deshalb ideal, weil Sie den Bildausschnitt schnell und unkom-pliziert ändern können, ohne sich selbst bewegen zu müssen und unterschiedliche Brennweiten in einem Objektiv vereint sind. Damit können Sie ohne Objektiv-wechsel in der Weitwinkeleinstellung mittelgroße

[ 153 mm | f3,5 | 1/640 s | ISO 2000 | + 1/3 ]

< Eine solche Aufnahme war nur dank eines lichtstarken Telezooms (70–200 mm) möglich. Durch die lange Brennweite konnte ich während des Sportevents nah genug heranzoomen. Die weit geöffnete Blende von f3,5 ermöglichte dabei eine ausreichend kurze Belichtungszeit, um die schnelle Bewegung des Weitspringers scharf einzufrieren und stellte den Sportler gleichzeitig durch die geringe Schärfen-tiefe gut vom Hintergrund frei.

Gruppen und in der Telestellung schön freigestellte Einzelporträts aufnehmen. Je lichtstärker dieses Objek-tiv ist, desto besser eignet es sich auch für schlechte Lichtverhältnisse und Bilder mit wenig Schärfentiefe. Eine durchgehende Lichtstärke (in allen Brennweiten-bereichen) von 4 wäre optimal und ein Bildstabilisator von Vorteil. Denn mit diesem Bildstabilisator können Sie auch bei relativ langen Belichtungszeiten noch gut aus der Hand fotografieren. Das kann manchmal den Unterschied ausmachen zwischen einem schar-fen, gelungenen und einem verwackelten Bild. Derart hochwertige Objektive haben natürlich ihren Preis und liegen im vierstelligen Eurobereich. Sie können selbst-verständlich auch mit einem preisgünstigeren Modell einsteigen, sollten dann aber nicht ganz so hohe An-sprüche an die Bildqualität stellen.

Kapitel 1 • Die optimale Technik für perfekte Porträts

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Die Belichtungs- oder auch Verschlusszeit der Kamera wird in der Porträtfotografie nur in den seltensten Fällen als Gestaltungsmerkmal eingesetzt. Wenn es aber um die Schärfe von Bildern geht, ist sie ein ganz wichtiges Element – bei bewegten ebenso wie bei sta-tischen Motiven. Prinzipiell ergibt sich die Belichtungs-zeit aus der Kombination von vorhandener Helligkeit, Blendenöffnung und ISO-Wert. Für eine korrekte Belichtung eines Motivs ist immer eine bestimmte Menge Licht erforderlich, die auf den Kamerasensor treffen muss. Gelangt zu viel Licht auf den Sensor, ist das Bild überbelichtet, trifft zu wenig Licht auf den Sensor, ist das Bild unterbelichtet. Je länger dabei die Belichtungszeit ist, desto mehr Licht gelangt auf den Sensor und umgekehrt.

Belichtungszeit und isO-Wert wählenDie richtige Belichtungszeit ist in der Porträtfotografie gestalterisch nur bei wenigen Ausnahmen von Bedeutung. Für ein technisch perfektes und vor allem scharfes Bild i st die Wahl der optimalen Verschlusszeit aber ein ganz wichtiges Kriterium.

Die optimale Belichtungszeit

Wenn Sie je nach gewähltem Belichtungsprogramm (siehe auch Abschnitt »Belichtungsmessung leicht ge-macht!« auf Seite 31) die Blende an Ihrer Kamera vor-wählen, passt die Kamera die richtige Belichtungszeit auf Basis der Umgebungshelligkeit und des eingestell-

> Ein stark verwackeltes Bild, das spätabends bei

geringer Beleuchtung und mit zu langer Belichtungszeit

aufgenommen wurde. Eine Erhöhung des ISO- Wertes,

ein Bildstabilisator oder ein Stativ hätten eine scharfe

Aufnahme noch ermöglicht.

[ 85

mm

| f1

,8 |

1/13

s |

ISO

200

]

Belichtungszeit und ISO-Wert wählen

27

ten ISO-Werts an. Als Faustregel kann gelten, dass Sie eine Belichtungszeit wählen sollten, die mindestens dem umgekehrten Wert der verwendeten Brennweite entspricht. Ein Beispiel: Bei einer Brennweite von 50 mm sollten Sie die Belichtungszeit mindestens auf 1/60 s oder kürzer einstellen, und bei einer Brennweite von 100 mm auf 1/125 s. Dann können Sie bei korrekter Handhabung der Kamera recht sicher sein, dass Ihr Bild nicht verwackelt ist. Wenn Sie eine besonders ruhige Hand haben, sich stabil abstützen können oder Ihre Kamera oder das Objektiv einen Bildstabilisator besit-zen, können aber auch längere Belichtungszeiten gute

Wissen: CROPFAKTORDas klassische Kleinbildformat hat eine Größe von 24 × 36 mm. Genauso groß war in analogen Zeiten das Negativ oder Dia einer Kleinbildkamera. Nur so-genannte Vollformatkameras verfügen über einen Aufnahmesensor, der genau dieser Größe entspricht. Die meisten Kameras sind aber mit einem kleineren Sensor ausgestattet und zeichnen damit nur einen Teil des Bildes tatsächlich auf. Dies entspricht einer Art

Sensor im Kleinbildformat

Bildwinkel

Crop-Sensor

Aufnahme mit einer Kamera im Vollformat (36 × 24 mm)

Aufnahme mit einer Kamera im APS-H Format (22,3 × 14,9 mm) mit einem Crop-Faktor von 1,6

Aufnahme mit einer Kamera im APS-H Format (28,1 × 18,7 mm) mit einem Crop-Faktor von 1,3

Ergebnisse bringen. Ein Bildstabilisator der moderns-ten Generation ermöglicht längere Belichtungszeiten von bis zu vier Blendenstufen. Wenn Sie also norma-lerweise bei 200 mm Brennweite eine Belichtungszeit von 1/250 s für ein nicht verwackeltes Bild benötigen, brauchen Sie mit dem Stabilisator für eine scharfe Auf-nahme nur noch 1/60 s oder 1/30 s.

Bedenken Sie aber, dass die meisten digitalen Spie-gelreflexkameras einen sogenannten Cropfaktor (auch Verlängerungsfaktor genannt) haben. Dieser ergibt sich aus einem Sensor, der kleiner ist als das Standard-Kleinbildformat von 36 × 24 mm. Dadurch wird nur ein

Ausschnittsvergrößerung. Diese wird auch Cropfaktor genannt (von engl. to crop = beschneiden). Die meisten Consumer-Kameras haben einen Sensor im sogenann-ten APS-C-Format mit einem Cropfaktor von circa 1,6, je nach Kamerahersteller. Durch den Crop faktor verän-dert sich der Bildwinkel, und es wirkt so, als habe sich auch die physikalische Brennweite verändert, was aber natürlich nicht der Fall ist.

Kapitel 1 • Die optimale Technik für perfekte Porträts

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Teil des tatsächlichen Bildes auf dem Sensor erfasst, als ob Sie ins Bild hineinzoomen würden. Je kleiner der Sensor, desto stärker ist dieser Effekt. So hat zum Bei-spiel die Canon 60D einen Cropfaktor von 1,6 und die Nikon D7000 einen Cropfaktor von 1,5. Daraus ergibt sich eine scheinbare Brennweitenverlängerung, das heißt aus einem 100-mm-Objektiv an einer Canon EOS 60D werden dann 160 mm. Die Brennweite selbst än-dert sich natürlich nicht, sondern lediglich der Bildwin-kel und damit auch die Verwacklungsgefahr bei langen Brennweiten. Dies müssen Sie bei der Wahl Ihrer Be-lichtungszeit immer im Hinterkopf behalten – auch bei

Bridge- oder Kompaktkameras ohne Wechselobjektive. Direkt am Objektiv finden Sie normalerweise die An-gaben zur tatsächlichen, physikalischen Brennweite, in Ihrer Kamerabeschreibung die umgerechneten Werte, die für Sie beim Fotografieren relevant sind.

Kürzer belichten bei bewegten Motive n

Die oben genannte Vorgehensweise zur Wahl der richtigen Belichtungszeit gilt allerdings nur bei unbe-wegten Motiven, etwa einem schlafenden Baby. Falls sich Ihr Motiv aber bewegt, zum Beispiel spielende Kinder oder ein rennender Sportler, müssen Sie die Bewegungsunschärfe, die sich dadurch ergibt, mit ein-kalkulieren. Dabei können Sie sich als Regel merken: Je schneller die Bewegungen, desto kürzer muss auch die Belichtungszeit sein. Personen, die sich ruhig unter-halten, können Sie je nach benutzter Brennweite noch gut mit einer Belichtungszeit von 1/60 s fotografieren, ein rennendes Kind sollten Sie aber nicht mit einer längeren Belichtungszeit als 1/500 s ablichten. Mit der Zeit werden Sie ein Gespür dafür entwickeln, welche Belichtungszeit für welche Situation geeignet ist.

Weniger ist manchmal mehr

Der ISO-Wert beschreibt die Lichtempfindlichkeit des Sensors. Je höher der ISO-Wert, desto weniger Licht be-nötigen Sie für eine korrekte Belichtung, und je kleiner die ISO-Zahl, desto weniger lichtempfindlich ist der Sensor. ISO 100 bis 400 empfiehlt sich an einem hellen

< Das rennende Mädchen ist dank kurzer Belichtungszeit gestochen scharf abgebildet.

[ 100 mm | f4 | 1/1600 s | ISO 500 ]

Belichtungszeit und ISO-Wert wählen

29

sonnigen Tag, ISO 400 bis 1600 bei bedecktem Himmel oder abends. Wenn Sie in Innenräumen oder nachts fo-tografieren, sollten Sie mindestens ISO 1600 oder mehr wählen (immer vorausgesetzt, Sie fotografieren ohne Blitz). Bei der Erhöhung des ISO-Wertes wird allerdings nicht die tatsächliche, physikalische Lichtempfind-lichkeit des Sensors erhöht, sondern nur die Signale in der Kamera elektronisch verstärkt. Dadurch kommt es dann zu dem bereits erwähnten Bildrauschen, das man mit dem »Korn« eines lichtempfindlichen Analog-filmes vergleichen kann.

Je nach Kamera sind unterschiedliche ISO-Werte noch akzeptabel. Testen Sie deshalb Ihre Kamera und fotografieren Sie ein Motiv mit unterschiedlichen ISO-Einstellungen und vergleichen Sie die Bildergeb-nisse. Hier sind Kameras mit größeren Sensoren klar im Vorteil. Je kleiner die Sensorfläche und je mehr Pixel auf dieser Fläche untergebracht sind, desto stärker wird das Bildrauschen ausfallen. Sie können also einer Spiegelreflexkamera dank deren größerem Sensor deutlich höhere ISO-Werte zumuten als einer kleinen Kompaktkamera. Aber generell kann gelten: Lieber ein verrauschtes Bild als ein unscharfes Bild aufgrund von Verwacklungsunschärfe.

> Eine Aufnahme, die abends in einem spärlich be-

leuchteten Innenraum aufge-nommen wurde. Durch einen

Bildstabilisator im Objektiv und dank des hohen ISO-

Wertes und einer ausreichend kurzen Belichtungszeit ist die

Aufnahme dennoch scharf.

[ 100

mm

| f2

,8 |

1/80

s | I

SO 3

200

]

Ü BU nG Fotografieren Sie ein möglichst statisches Motiv (wenn sich Ihr Motiv bewegt, werden die Ergeb-nisse verfälscht) mit einer Brennweite von circa 100 mm ohne Stabilisator und mit unterschiedli-chen Belichtungszeiten. Beginnen Sie mit einer Be-lichtungszeit von 1/250 s und verlängern Sie diese stufenweise bis auf zu 1/15 s. Sehen Sie sich die Er-gebnisse in der 100 %-Ansicht auf Ihrem Computer an. Welche Belichtungszeit gibt noch eine scharfe Aufnahme? Ab wann ist das Bild verwackelt? Falls vorhanden, wiederholen Sie die Übung bei einge-schaltetem Stabilisator und vergleichen Sie die Fotos erneut.

Kapitel 1 • Die optimale Technik für perfekte Porträts

30

Der richtige ISO-Wert zur Belichtungszeit

Behalten Sie beim Fotografieren Ihre Belichtungszeit immer fest im Auge. Diese wird im Normalfall im Su-cher oder Display eingeblendet. Ist die Belichtungszeit auf Basis der oben genannten Regeln zu lang (nicht länger als 1/Brennweite), sollten Sie mehr Licht auf den Sensor lassen, indem Sie entweder die Blende weiter öffnen, also eine kleinere Blendenzahl wählen, oder, falls dies nicht möglich ist, den ISO-Wert entsprechend erhöhen. Generell aber sollten Sie geringe ISO-Werte bevorzugen. Zwar haben moderne Digitalkameras das Bildrauschen immer besser im Griff, doch geht ein geringerer ISO-Wert immer einher mit einer besseren Bildqualität mit weniger Rauschen.

TippRichtwerte für den ISO-Wert:Außenaufnahmen bei Sonne: ISO 100 bis 400Bedeckter Himmel, abends oder helle Innenauf-nahmen: ISO 400 bis 1600Nachts oder dunkle Innenaufnahmen ohne Blitz: ab ISO 1600

y Eine Aufnahme, die mit einer professionellen Spiegelreflexkamera und einem extremen ISO-Wert gemacht wurde. Durch das starke Rauschen gehen Schärfe und Bildqualität deutlich verloren. Sehr hohe ISO-Werte sind also als Notlösung zu sehen.

[ 85

mm

| f1

,8 |

1/80

0 s

| ISO

1280

0 ]

Wissen: BLen DensTU FenEine ganze Blendenstufe plus oder minus ändert die Größe der Blende so, dass sie die halbe oder doppelte Lichtmenge hindurchlässt. Bei den meisten modernen Kameras kann man vorwählen, ob man die Blenden-stufen in halben oder in Drittelschritten verstellen möchte. Bei jeder ganzen Blendenstufe ändert sich die Lichtmenge, die durch das Objektiv fällt, um das 2-fache (×2), bei jeder halben Stufe um circa das 1,41-fa-che, bei jeder Drittelstufe um das circa 1,26- fache. In

ganzen Blendenstufen sieht die Blendenreihe wie folgt aus:1 • 1,4 • 2 • 2,8 • 4 • 5,6 • 8 • 11 • 16 • 22 • 32

Wenn Sie die Blende um eine Stufe schließen, bei-spielsweise 4 auf 5,6, gelangt nur noch halb so viel Licht auf den Sensor. Sie benötigen deshalb eine doppelt so lange Belichtungszeit für die gleiche Menge Licht.

Kapitel 5 • Charakterporträts

154

CharakterporträtsBeim Charakterporträt geht es nicht darum, einen Menschen besonders schön

oder schmeichelhaft abzubilden, sondern seine individuelle Persönlichkeit,

seine Lebenserfahrung, eine berührende Emotion oder Situation darzustellen.

155

Ein sehr spärlich beleuchtetes Low-Key-Bild: Der

finstere und fast bedrohliche Blick des Modells

und die fast völlige Entsättigung machen den Reiz

dieses Männerporträts aus.

[ 105 mm | f4,5 | 1/50 s | ISO 1600 | entfesselter Blitz]

Kapitel 5 • Charakterporträts

156

Jedes Porträt drückt ein gewisses Maß an Gefühl und Emotionen aus. Werden diese Emotionen aber zum primären Motiv, sprechen wir von einem emotionalen Porträt. Diese Gefühle müssen nicht unbedingt positiv sein, auch Traurigkeit, Zorn, Staunen oder Melancho-lie finden hier ihren Platz und können den Betrach-ter ganz besonders in den Bann ziehen. Möchten Sie echte und große Emotionen einfangen, müssen Sie als Fotograf im Hintergrund bleiben, ein stiller Beobachter sein und nicht eingreifen. Bei gestellten Bildern sollten Sie Ihrem Modell dabei helfen, genau diese Gefühle zu empfinden und nicht nur zu simulieren. Denn nur so werden Sie diese Emotionen bildlich einfangen kön-nen. Ein hemmungsloser Lachanfall, eine weinende, gerührte Braut, ein bockiges Kind – das sind Aufnah-men, die auch in vielen Jahren noch bewegen.

Emotionen einfangenEchte Emotionen sind wunderbare Eyecatcher für jedes Porträt. Weinen, lachen, schmollen – authentische Gefühle und ein glaubwürdiger Gesichtsausduck machen jedes Foto besonders lebendig und einzigartig.

> Das kleine Mädchen hatte eine richtige Null-

bock- Phase mitten im Foto-Shooting, und setzte dieses wunderbar trotzige

Gesicht auf. Ein gelungenes Bild muss nicht immer ein lächelndes Gesicht zeigen. [ 148 mm | f4 | 1/1250 s | ISO 250 ]

Emotionen einfangen

157

Nur echte Gefühle sind überzeugend

Nur echte Gefühle wirken im Bild auch authentisch, deshalb wird ein aufgesetztes Lachen selten über-zeugen. Helfen Sie Ihrem Modell in die gewünschte Gefühlssituation hinein, bringen Sie es zum Lachen oder beschreiben Sie eine Situation, die das Modell in Zorn versetzen kann. Am besten ist aber stets ein Gefühl, das aus einer echten Situation entsteht. Da-mit diese Emotion im Bild auch richtig zur Geltung kommt, sollten Sie sich für ein Kopf- oder Oberkör-perporträt entscheiden. Lassen Sie Ihr Modell ruhig richtig laut sein, ein tonloser »Wutschrei« wird – auch wenn es vielleicht paradox klingt – auch auf dem Foto wenig überzeugend sein.

y Die junge Frau schrie beim Shooting lautstark und aus Leibeskräften. Gerade deshalb wirkt ihr wütender Gesichtsausdruck in Kombination mit der geballten Faust so überzeugend.

y Ein ganz besonderer Moment, als die Braut ihre Großmutter an sich drückt. Die Ergriffenheit und innige Beziehung der beiden Frauen ist deutlich zu sehen und berührt sogar den unbeteiligten Betrachter.

[ 105 mm | f4,5 | 1/2500 s | ISO 320 ]

[ 84 mm | f16 | 1/250 s | ISO 100 | Studioblitz ]

158

Ü BU NG Suchen Sie sich ein Modell, das sich gerne foto-grafieren lässt und ein möglichst emotionaler und offener Mensch ist. Versuchen Sie, gemein-sam verschiedene Stimmungen herzustellen, die echte Gefühle im Gesicht Ihres Modells erzeugen. Denken Sie sich Szenarien aus, um Ihr Modell zum Lachen zu bringen oder die Trauer oder Zorn auslösen. Das Modell soll dazu auch die passenden Geräusche machen, also laut lachen, schluchzen oder schreien und auch passend gestikulieren, selbst wenn die Hände im Foto gar nicht zu sehen sind. Und dann ver-suchen Sie, dieselben Emotionen völlig lautlos und ohne Einsatz der Hände darzustellen. Was wirkt später auf den Bildern echter und glaub-würdiger?

> Hier ist keine Nahaufnahme des Gesichts nö-tig, um mit einem Blick die traurige Stimmung

der jungen Frau zu erfassen. In dieser Aufnahme ist die Location, ein alter malerischer Friedhof,

bereits Botschaft genug und wird durch den me-lancholischen Gesichtsausdruck und den Blick an

der Kamera vorbei zusätzlich unterstützt.

< Ein unbeschwertes, spontanes und vor allem so ansteckendes Lachen ist wohl die schönste Emotion, die ein Foto einfangen kann.

[ 115

mm

| f5

,6 |

1/16

0 s

| ISO

200

| –1

/3 |

Blitz

]

[ 85 mm | f2,2 | 1/250 s | ISO 250 | entfesselter Blitz ]

Reife Menschen

159

[ 85 mm | f2,2 | 1/800 s | ISO 100 ]Wenn Sie ältere Menschen fotografieren, sollten Sie die Besonderheiten der Gesichter herausarbei-ten, die Fältchen und Falten in Szene setzen. Zeigen Sie die Lebenserfahrung, die sich in das Gesicht eingeprägt hat. Nehmen Sie Rücksicht auf das Alter Ihres Modells. Wählen Sie also angemessene und machbare Posen und suchen Sie einen geeigneten Hintergrund, etwa die Lieblingsparkbank, das Café um die Ecke oder einen Lieblingsplatz in der Woh-nung. Je älter das Modell, desto klassischer sollten Sie das Porträt gestalten. Jüngere Modelle um die 50 dürfen Sie dagegen gerne auch einmal richtig lebendig in Szene setzen.

Reife MenschenReife Menschen sind ganz besonders interessante Fotomotive. Ihre Gesichter und Hände erzählen uns oft eine ganze Lebensgeschichte. Hier geht es nicht um glatte Schönheit, sondern um Ausdruck und Intensität.

> Das weiche Tageslicht an einem großen Fenster schmei-

chelt der alten Dame und ist dennoch genügend gerichtet,

um durch einen leichten Schattenwurf die zahlreichen

Lebenslinien im Gesicht schön herauszuarbeiten.

Kapitel 5 • Charakterporträts

160

> Die vielen Lachfältchen um die Augen und der strahlende Blick machen den ganz

besonderen Zauber dieses Porträts aus.

[ 70

mm

| f3

,5 |

1/25

0 s

| ISO

250

| Re

fl ekt

or ]

< Die vielen Lebens linien, die vom seitlichen Lichteinfall deutlich herausgearbeitet werden, machen dieses wunderbare reife Gesicht erst so richtig interessant.

[ 100

mm

| f2

,8 |

1/25

0 s

| ISO

1250

]

y Dass es bei der älteren Generation nicht immer nur dezent und gediegen sein muss, zeigt uns die alte Lady in ihrem farbenfro-hen und coolen Beach-Outfit.

[ 285 mm | f5,6 | 1/2000 s | ISO 400 ]

Reife Menschen

161

y Wer so toll und jugendlich aussieht wie dieses Modell, darf auch jenseits der 40 ein cooles und rockiges Outfit tragen.

[ 85

mm

| f2

,2 |

1/50

0 s

| ISO

100

| ent

fess

elte

r Aufh

ellb

litz

]

Retusche ? Aber bitte dezent!

Moderne Bildbearbeitung ermöglicht es, jedes Gesicht um Jahrzehnte zu verjüngen und glatte, faltenfreie Haut zu kreieren. Bei reiferen Menschen sollte es aber auf keinen Fall Ihr Ziel sein, in der Retusche ein glattes Gummigesicht zu erschaffen, sondern nur dezente Schönheitskorrekturen durchzuführen. Belassen Sie den Charakter und auch das Alter Ihres Modells, denn

genau das macht die gelebte Erfahrung dieses Men-schen aus und ist das Besondere an dieser Person – und damit an Ihrem Porträt. Achten Sie vor allem bei Frauen auf weiches Licht und eine weit geöffnete Blende. Damit lassen sich kleine Fältchen schon bei der Aufnahme dezent und unauffällig ausblenden.

Kapitel 5 • Charakterporträts

162

Ein gelungenes Bewerbungsfoto sollte die abgebildete Person möglichst positiv, aber dennoch realistisch abbilden. Denn spätestens beim persönlichen Bewer-bungsgespräch muss man ohnehin Farbe bekennen – und der Bewerber natürlich auch wiederzuerken-nen sein. Die Kleidung sollte passend zum Berufsfeld gewählt werden: Zu einem Banker passen am besten Anzug und Krawatte, während ein Handwerker oder der flippige DJ damit sicher nicht gut beraten sind. Fragen Sie deshalb immer nach, in welcher Branche die jeweilige Person arbeitet. So sollten Sie in eher konser-vativen Berufen auch zum eher klassischen Kopf- oder Brust-porträt im Hochformat greifen, während es in kreativen Berufen gerne auch mal eine ausgefal-lenere Pose oder ein besonderer Bildausschnitt sein darf.

Nicht überheblich und nicht unterwürfig

Nehmen Sie den Bewerber möglichst auf Augenhöhe auf, dann wirkt er weder überheblich noch unter-würfig. Achten Sie auf eine offene Körperhaltung mit geradem Rücken und einen freundlichen, aber nicht al-bernen Gesichtsausdruck. Der Blick sollte direkt in die Kamera gehen, der Kopf kann leicht gesenkt sein. Bei schönen gepflegten Zähnen darf das Modell beim Lä-cheln diese auch zeigen, weniger schöne Zähne sollten besser hinter geschlossenen Lippen verborgen bleiben.

Überzeugende Bewerbungsfotos Gute Bewerbungsfotos müssen verkaufen. Die porträtierte Person sollte sympathisch, kompetent und natürlich wirken, denn es gibt keine zweite Chance für einen guten ersten Eindruck. Kleidung, Ausdruck und Hintergrund sollten deshalb perfekt aufeinander abgestimmt sein.

> Die leuchtende Bluse und das natürliche Lachen wirken offen,

sympathisch und positiv. Der schwarze Hintergrund wurde

so ausgeleuchtet, dass sich ein Mittelgrau ergibt – ein schöner,

ruhiger Gegenpol zu den Haaren und dem pinken Oberteil. [ 80 mm | f13 | 1/250 s | ISO 100 | Studioblitz ]

Überzeugende Bewerbungsfotos

163

Heller oder dunkler Hintergrund?

Ein heller Hintergrund wirkt generell positiver und freundlicher und schmeichelt insgesamt mehr. Aber es darf auch mal ein schwarzer oder grauer Hintergrund sein, vor allem bei Schwarzweißaufnahmen. Achten Sie dann aber darauf, dass sich die Person, durch ein Haarlicht oder einen Lichtverlauf im Hintergrund ausreichend abhebt. Auch die Farbe der Kleidung ist entscheidend. Ein schwarzes Outfit vor tiefschwar-zem Hintergrund wirkt nicht allzu gut. Hier sollten Sie deshalb zu helleren Farben greifen. Bitten Sie Ihr Modell, unterschiedliche Kleidungsstücke in hell und dunkel mitzubringen. Weibliche Modelle sollten ein dezentes Tages-Make-up auflegen – nicht zu viel, aber auch nicht zu wenig. Schmuck sollte immer schlicht und unaufdringlich sein, Krawatten und Hemden nicht allzu gemustert. Denn nicht die Kleidung soll im Vor-dergrund stehen, sondern der Mensch.

y Ein offenes und selbstbewusstes Lächeln überzeugt jeden Personalchef von Anfang an.

[ 70 mm | f13 | 1/250 s | ISO 100 | Studioblitz ]

y Ein Business-Porträt in Büroatmosphäre eignet sich hervorragend für eine Unternehmensdarstellung oder eine Business-Plattform im Internet. Der offene Blick und die Körperhaltung ebenso wie die Perspektive aus Augenhöhe lassen das Modell kompetent, seriös und dabei freundlich erscheinen.

[ 58 mm | f5,6 | 1/125 s | ISO 50 | Studioblitz ]

Kapitel 5 • Charakterporträts

164

Der richtige Bildausschnitt

Das klassische Bewerbungsporträt ist ein Kopf- oder Brustporträt im Hochformat. Heutzutage und vor al-lem in weniger konservativen Branchen darf es gerne auch mal ein Querformat oder quadratisches For-mat sein und der Kopf kann durchaus angeschnitten werden. Fotografieren Sie am besten unterschiedliche Varianten, von klassisch bis eher kreativ. Dann hat Ihr Modell genug Auswahl, um sie dem potenziellen neuen Chef zu schicken oder auch für soziale Netz-werke zu nutzen.

Tipps für Bewerbungsbilder im Überblick ◼ Das Modell sollte die zur Branche passende Klei-

dung tragen: dezente, klassische Kleidung für konservative Berufe, moderne Kleidung für kreative Berufe.

◼ Vermeiden Sie stark gemusterte Kleidung oder auffälligen Schmuck.

◼ Nehmen Sie das Bild aus Augenhöhe auf. ◼ Bitten Sie das Modell, den Kopf leicht zu senken

oder aber ihn ganz gerade zu halten. ◼ Wählen Sie ein klassisches Kopf- oder Brustporträt. ◼ Bei dunklem Hintergrund sollte das Modell helle

Kleidung tragen und umgekehrt.

[ 105

mm

| f1

4 | 1

/250

s | I

SO 10

0 | S

tudi

oblit

z ]

y Ein dezentes und schnörkelloses Business-Porträt für eher konservative Branchen

y Der helle Hintergrund und der offene freundliche Blick wirken sehr sympathisch. Als Autorin darf das Modell ruhig einen lässigen, schwarzen Rollkra-genpullover und ausgefallene Ohrringe tragen. Der Bildausschnitt mit dem angeschnittenen Kopf wirkt sehr modern und unterstützt die Bildaussage.

[ 105

mm

| f1

4 | 1

/200

s | I

SO 10

0 | S

tudi

oblit

z ]

Kapitel 6 • Kinder fotografieren

186

Ein kreatives Kinderporträt, das als dekoratives Gestal-

tungselement ganz normale Seifenblasen nutzt. Kinder

haben immer ihren Spaß daran und die Ergebnisse

sind absolut sehenswert. Machen Sie möglichst viele

Aufnahmen, damit am Ende ein Bild dabei ist, bei

dem möglichst keines der Augen von den Seifenblasen

verdeckt wird.

[ 125 mm | f4 | 1/500 s | ISO 400 ]

187

Kinder fotografierenKinder gehören mit zu den schönsten und spannendsten Motiven in der Por­

trätfotografie. Sie geben sich meist ungezwungen und natürlich, können aber

auch anstrengend, zickig und wieselflink sein. Schnelligkeit und Gelassenheit

sind deshalb hier gefragt.

Kapitel 6 • Kinder fotografieren

188

Wenn Sie sehr junge Kinder fotografieren, sollten Sie sich stets auf Augenhöhe mit Ihren kleinen Model-len begeben und sie nach Möglichkeit nicht von oben herab fotografieren. Das bedeutet im Normalfall, dass Sie auf dem Bauch liegend, sitzend oder in der Hocke fotografieren. Neugeborene und Babys in den ersten Wochen und Monaten, die noch nicht selbstständig den Kopf heben können, bilden allerdings eine gewisse Ausnahme. Wenn diese auf dem Rücken am Boden liegen, beispielsweise auf einer Krabbeldecke, darf es auch mal eine Perspektive direkt von oben sein.

Wohlfühlatmosphäre schaffen

Versuchen Sie in den ersten Tagen und wenn das Baby wach ist, möglichst mit Available Light zu arbeiten oder blitzen Sie indirekt, um die lichtempfindlichen Augen der Neugeborenen nicht zu sehr zu strapazieren. Sor-gen Sie für einen wohltemperierten Raum, vor allem wenn Sie das Baby nackt fotografieren möchten, und planen Sie unbedingt ausreichend Zeit für Stillen und Beruhigen ein. Überhaupt sollten Sie sehr viel Ruhe und Geduld mitbringen, denn wunderschöne Bilder entste-hen vor allem dann, wenn die Kleinen selig schlafen.

Richtige Perspektiven für Babyfotos Beim Fotografieren der ganz Kleinen gilt es einige Besonderheiten zu beachten und spezi-elle Motive und Perspektiven zu wählen. Versuchen Sie, die Zartheit Ihrer kleinen Modelle festzuhalten und nehmen Sie dabei Rücksicht auf ihre besonderen Bedürfnisse.

< Nennen Sie doch ein-mal das Kind beim Namen und fotografieren Sie das Namensbändchen aus dem Krankenhaus oder ein selbstgemachtes Armband an der winzigen Hand des Neugeborenen wie hier in diesem Bild.

[ 100

mm

| f8

| 1/

125 s

| IS

O 10

0 ]

Richtige Perspektiven für Babyfotos

189

Händchen und Füßchen in Szene setzen

In den ersten Lebenstagen sind die Hände und Füße der neuen Erdenbürger wunderbare Motive für Detai-laufnahmen. Im Kontrast mit den erwachsenen und vergleichsweise riesig wirkenden Händen der Eltern sieht man deutlich, wie klein und zerbrechlich diese sind. Nehmen Sie sich unbedingt die Zeit, solche De-tails zu fotografieren. Benutzen Sie dafür nach Mög-lichkeit ein lichtstarkes Makroobjektiv. Damit können Sie nah genug herangehen und erhalten eine geringe Schärfentiefe, um beispielsweise das Gesicht noch unscharf im Hintergrund abzubilden.

z Direkt von oben fotografiert, lässt sich das schlafende Baby besonders schön einfangen.

< Sobald Babys ihren Kopf selbst-ständig heben können, heißt es für den F otografen »runter auf den Boden«, um auf Augen höhe zu kommen.

y Der Fuß des Babys in der Hand der Mutter oder des Vaters ist ein besonders schönes Motiv und sollte bei keinem Baby-Shooting fehlen.

[ 50 mm | f1,8 | 1/500 s | ISO 3200 ][ 1

00 m

m |

f2,8

| 1/

250

s | I

SO 4

00 ]

[ 100

mm

| f2

,8 |

1/16

00 s

| ISO

200

| Bl

itz |

+1/3

]

Kapitel 6 • Kinder fotografieren

190

Vor allem bei Kleinkindern , die gerade krabbeln gelernt haben oder gerade erst sitzen, sollten Sie generell immer auf Augenhöhe fotografieren. Gehen Sie in die Hocke oder legen Sie sich auf den Boden, auch wenn es anstrengend oder unangenehm ist. Beobachten Sie das Kind in Ruhe und über längere Zeit und seien Sie bereit, jederzeit abzudrücken, wenn Pose oder Mimik besonders schön sind.

TippKleine Kinder sind extrem neugierig und schauen oftmals überallhin – nur nicht in die Kamera. Es kann helfen, wenn sich Mutter oder Vater direkt neben Sie stellen. Das erhöht deutlich die Chance, dass das Kind wenigstens ab und zu in Richtung Kamera blickt.

Krabbelnde KleinkinderSobald Kleinkinder mobil werden, sind sie ständig in Bewegung und sitzen kaum eine Sekunde still. Sie fassen alles an, nehmen alles in den Mund und verändern ihre Mimik von einer Sekunde auf die andere. Da heißt es, schnell sein.

y Hier lag ich beim Fotografieren im Gras vor dem Kind. Die Mutter des Kindes stand direkt neben mir, und so blickte der kleine Junge in Richtung Kamera. Die Wiese ist ein schöner homogener Hintergrund für das Kinderporträt.

y Krabbelnde Kleinkinder abzulichten, ist richtige Actionfotografie. Man glaubt kaum, wie schnell sie sein können. Hier gelten ähnliche Regeln wie in der Sportfotografie!

[ 85

mm

| f4

| 1/

640

s | I

SO 10

00 |

Blitz

]

[ 105

mm

| f4

| 1/

200

s | I

SO 4

00 |

Blitz

]

Krabbelnde Kleinkinder

191

Schnell sein!

Sind Kinder gerade mobil geworden, scheint es, als würden sie keine Sekunde stillsitzen. Entsprechend schwierig ist es, sie schön abzu-lichten. Nutzen Sie die wenigen Momente, in denen die Kinder sitzen oder im Spiel vertieft sind. Bewegt sich das Kleinkind krabbelnd auf Sie zu, sollten Sie den mitführenden Autofokus benutzen und auf eine ausreichend kurze Be-lichtungszeit achten. Bringen Sie auf jeden Fall auch Ihr Equipment außer Reichweite. Die klei-nen Forscher lieben teure Kameras und High-Tech-Geräte aller Art mit Knöpfen und Hebeln.

y Das kleine Mädchen hat die Eisenbahn-schienen erspäht und ist voll konzentriert auf die neue Entdeckung. Auf dem Boden liegend, lässt sich diese Szene sehr gut festhalten.

y Wenn Kinder krabbeln, haben sie schnell das weitwinklige Ende Ihres Zoomobjektivs erreicht. Manchmal kann aber genau das be-sonders süß aussehen wie bei diesem Bild des kleinen Mädchens mit den Kulleraugen.

[ 85

mm

| f2

| 1/

60 s

| ISO

400

| Bl

itz ]

[ 28 mm | f4,5 | 1/100 s | 2000 | +1/3 ]

Kapitel 6 • Kinder fotografieren

192

Kinder zu etwas zu zwingen, wird Ihnen kaum gelin-gen und falls doch, dann ist das Resultat sicher kein schönes Kinderfoto. Versuchen Sie deshalb, Ihre klei-nen Modelle sanft und spielerisch zu dirigieren. Binden Sie vor allem ältere Kinder ins Shooting ein, indem Sie zwischendurch die Ergebnisse am Display gemeinsam durchschauen oder eigene Ideen der Kinder aufgreifen. Wenn mal gar nichts geht und die Kinder partout nicht mitmachen wollen, ziehen Sie sich zurück und lassen Sie sie frei spielen. Beobachten Sie mit Ihrer Kamera aus der Ferne und fotografieren Sie unbemerkt. Das ist allemal besser als ein Kind, das weint oder bockt, weil es keine Lust hat. Planen Sie vor allem nicht zu konkret und seien Sie immer flexibel. Auch wenn Sie vielleicht ein ganz bestimmtes Motiv oder eine Pose im Kopf haben, müssen Sie erst einmal abwarten, ob das an diesem Tag und mit diesem speziellen Kind überhaupt möglich ist.

Sanfte Regie bei kleinen ModellenKinder haben bereits ihren ganz eigenen Charakter und sind in der berühmten Trotzphase nicht immer kooperativ. Mit etwas Fingerspitzengefühl und viel Geduld bekommen Sie aber mit Sicherheit ganz tolle Fotos.

< Manche Kinder sind die geborenen Modelle und lieben es, sich in Szene zu setzen. Dann müssen Sie fürs perfekte Foto eigentlich nur noch den richtigen Moment abwarten.[ 105 mm | f13 | 1/250 s | ISO 100 | Studioblitz ]

Sanfte Regie bei kleinen Modellen

193

Bloß kein Zwang!

Kinder müssen nicht immer lächelnd in die Kamera schauen. Denn ein gequältes oder aufgesetztes Grin-sen zerstört jede Natürlichkeit und Spontaneität, die gerade den Zauber von Kinderbildern ausmachen. Nichtsdestotrotz gibt es unter Kindern auch die klei-nen »Poser«, die sich gerne fotografieren lassen und die man nur schwer zu einem neutralen oder authenti-schen Gesichtsausdruck bringt. Lassen Sie diese Kinder rennen oder hüpfen – oder warten Sie einfach einen unbemerkten Moment ab. Das sind mit Sicherheit die besseren und überzeugenderen Bilder.

y Die Eltern wünschten sich – wie wohl alle – ein fröh-liches Porträt ihrer Tochter. Die Aufforderung »Lach doch mal« führte aber nur dazu, dass das Mädchen verkrampfte und das Lächeln unnatürlich wirkte. Also sagte ich zu ihr: »Du musst nicht lachen, wenn Du nicht willst.« Heraus kam dieses ernste, aber authentische und intensive Porträt.

< Beziehen Sie Ihre kleinen Modelle ruhig ins Shooting ein und schauen Sie sich die Fotos gemeinsam an. Dann haben die Kinder Spaß an der Sache und fühlen sich ernst genommen.

[ 105

mm

| f4

,5 |

1/32

0 s

| ISO

400

| +1

]

[ 105

mm

| f4

,5 |

1/32

0 s

| ISO

400

| +1

]

Kapitel 6 • Kinder fotografieren

194

Wunderwaffe Lieblingsspielzeug

Vor allem ganz kleine Kinder haben häufig ein Lieblingsspielzeug, das ihnen vertraut ist und mit dem sie sich sicher fühlen. Mit der Puppe oder dem Teddy im Arm sind sie zufrieden und lassen sich ganz entspannt fotografieren. Gut funktionieren auch kleine Handpuppen, die Sie selbst, die Eltern oder Geschwister einsetzen können, um die Kleinen ganz spielerisch in Fotografierlaune zu bringen.

y Mit der Lieblingspuppe im Arm entstand dieses süße Kinder-foto fast ganz von selbst.

[ 60

mm

| f1

3 | 1

/250

s | I

SO 10

0 | S

tudi

oblit

z ]

[ 24 mm | f7,1 | 1/200 s | ISO 400 | +1 ]

y Es gibt kaum ein Kind, das nicht gerne hüpft und springt. Ein zusammenklappbares Trampolin, ein Rapsfeld und das Kommando »Hüpf doch mal« reichten aus für dieses Bild.

Klassische Kinderbilder

195

Kindergesichter und ihre Mimik sind oft sehr aus-drucksstark und brauchen meiner Meinung nach des-halb nur sehr wenig »schmückendes Beiwerk«. Gerade klassische, schlichte Fotos mit einem dezenten Hin-tergrund wirken toll. Denn ein schlichter Hintergrund stiehlt den Kindern nicht die Schau und so können die kleinen Modelle in vollem Umfang wirken. Vermeiden Sie deshalb, Ihre Bilder mit bunter, gemusterter Klei-dung und unzähligen Accessoires zu überladen.

Besonders gut lassen sich Kinderfotos mit ei-nem weißen oder schwarzen Hintergrund im Studio verwirklichen. Sie können aber auch eine weiß gestri-chene Wand in einer Wohnung als Hintergrund nutzen oder sich mit einem großen weißen Bettlaken oder ein-farbigen Decken behelfen. Oder Sie suchen sich drau-ßen einen schönen farblich homogenen Hintergrund wie beispielsweise eine Wiese, und fotografieren mit weit geöffneter Blende wie im Bild auf Seite 196 unten. Dann verschwimmt der Hintergrund zu einer Farbflä-che und wirkt fast wie ein Studiohintergrund.

Klassische KinderbilderBei klassischen Kinderbildern fallen einem spontan die tollen Motive der australi-schen Fotografin Anne Geddes ein oder ganz schlichte Porträts aus dem Studio mit ruhigem, einfarbigem Hintergrund. Weniger ist hier mit Sicherheit mehr.

> Die reduzierte Farbigkeit der Kleidung und der schlichte weiße

Hintergrund machen dieses Baby-bild zum echten Hingucker, in dem

die großen blauen Augen voll zur Geltung kommen. [ 105 mm | f11 | 1/250 s | ISO 100 | Studioblitz ]

Kapitel 6 • Kinder fotografieren

196

Weiches Licht nutzen

Egal ob Sie drinnen oder draußen fotografieren, ver-suchen Sie, mit möglichst weichem Licht zu arbeiten. Dieses erzeugen Sie entweder im Studio mit einer großen Softbox oder Sie nutzen das sanften Licht an einem bewölkten Tag. Hartes Licht passt einfach nicht zu zarten Kindergesichtern. In normalen Innenräumen fotografieren Sie am besten bei Available Light an ei-nem großen Fenster oder mit einem indirekten Blitz an die Decke oder Zimmerwand.

y Die Aufnahme dieses erst fünf Tage alten Babys wurde zuhause bei Available Light an einem großen Fenster gemacht. Als Hintergrund diente ein einfaches schwarzes Stofftuch.

[ 85 mm | f2,2 | 1/160 s | ISO 1250 ]

> Eine Wiese diente als Hintergrund, der durch die weit geöffnete Blende in völliger

Unschärfe verschwimmt. Die Farbe harmoniert dabei besonders gut mit der Augenfarbe des

Babys. Ein Aufhellblitz sorgte für ein lebendiges Glanzlicht im Auge und für kräftigere Farben.

[ 85 mm | f2,2 | 1/100 s | ISO 100 | Blitz ]

Klassische Kinderbilder

197

Fotos mit Charakter

Große, leuchtende Kinderaugen sind ein ganz be-sonders schönes Motiv, und deshalb dürfen Sie bei klassischen Kinderbildern auch gerne ganz nah an Ihr Modell herangehen. Achten Sie darauf, dass immer ge-nug Licht in die Augen fällt und ein Glanzlicht zu sehen ist. Dann leuchtet die natürliche Augenfarbe und die Augen sehen besonders lebendig aus. Bitte versuchen Sie dabei nicht, die Kinder permanent zum Lächeln zu animieren. Sie sollen ganz sie selbst sein und dürfen gerne auch mal ernst oder böse schauen. Diese Bilder haben ohnehin sehr viel mehr Wirkung als ein aufge-setztes Fotografierlächeln.

> Auch hier stehlen der schneeweiße Hinter-grund und die schlichte Kleidung dem schönen Gesichtsausdruck des kleinen Mädchens nicht die Schau. [ 9

0 m

m |

f13

| 1/2

50 s

| ISO

100

| Stu

diob

litz

]

y Sie müssen ein Vertrauensverhältnis aufbauen, vor allem wenn Sie ein fremdes Kind fotografieren. Stellen Sie sich mit Ihrem Vornamen vor und geben Sie dem Kind das Gefühl, dass Sie es ernst nehmen.

[ 105 mm | f13 | 1/250 s | ISO 100 | Studioblitz ]

y Eine klassische und zeitlose Pose nach dem Vorbild von Anne Geddes, die sich in jedem Fotoalbum hervorragend macht und die eigent-lich alle Eltern lieben.

[ 80 mm | f11 | 1/250 s | ISO 100 | Studioblitz ]

Kapitel 10 • Porträts im Studio

280

Aufnahmen wie diese gelingen besonders gut im Studio.

Maximale Kontrolle über Hintergrund und Licht er-

möglichen Porträtaufnahmen wie aus den Glanzzeiten

Hollywoods.

[ 50 mm | f16 | 1/6 s | ISO 50 | Studioblitz ]

281

Porträts im StudioEin Studio verschafft Ihnen maximale Kontrolle über

den Hintergrund und die Beleuchtung Ihrer Bilder.

Während Sie bei Außenaufnahmen nur die Sonne

bändigen müssen, haben Sie im Studio eine Menge

technisches Equipment zu meistern.

Kapitel 10 • Porträts im Studio

282

Familie dagegen ist selbst der üblicherweise verwen-dete Papierhintergrund mit 2,70 Metern Breite bereits zu schmal.

Ein Papierhintergrund ist in zig Farben und in Längen bis zu elf Metern erhältlich, so dass man auch einmal ein Stück abschneiden kann, falls dieses nicht mehr ansehnlich ist. Für den Anfang reicht ein Hinter-grund in Weiß und Schwarz. Damit sind bereits viele

schöne Motive machbar. Der Hintergrund wird entweder an der Wand oder an ei-nem Hintergrundgestell aufgehängt und

dient bei Ganzkörperaufnahmen als eine Art Hohlkehle für Hintergrund und Bo-den. Dadurch ist später auf dem Foto kein

Übergang zwischen Wand und Boden erkennbar. Darüber hinaus können Sie

auch Stoffhintergründe kaufen – einfarbig oder mit Batikmuster, bemalt oder bedruckt. Im Internet finden Sie ein großes Angebot, Ih-

rer Fantasie (und dem Geld, das Sie dafür ausgeben könnten) sind keine Grenzen gesetzt.

Der richtige Hintergrund ist das A und O der Studio-fotografie und kann eine einfache weiße Wand, ein großes Bettlaken oder ein richtiger Studiohintergrund aus Papier oder Stoff sein. Je nach Anzahl der fotogra-fierten Personen sollte er zwischen eineinhalb und sechs Metern breit sein. Möchten Sie nur hin und wieder ein Kopf- oder Oberkörperporträt aufnehmen, reicht ein schmaler Hintergrund. Für eine sechsköpfige

282

wird entweder an der Wand oder an ei-nem Hintergrundgestell aufgehängt und

dient bei Ganzkörperaufnahmen als eine Art Hohlkehle für Hintergrund und Bo-den. Dadurch ist später auf dem Foto kein

Übergang zwischen Wand und Boden erkennbar. Darüber hinaus können Sie

auch Stoffhintergründe kaufen –

Zubehör für Studioaufnahmen Gelungene Studioaufnahmen kann man bereits mit relativ einfachen Mitteln verwirkli-chen. Ein einfarbiger Hintergrund und eine oder mehrere Lampen oder Blitze ergeben ein Studiosetting, mit dem Sie bereits professionelle Ergebnisse erzielen können

< Ein Hintergrundgestell besteht aus zwei Lampenstativen und einer Querstange, auf der Sie den Papier- oder Stoffhintergrund einhängen können.

Zubehör für Studioaufnahmen

283

Lampen und Blitze

Die richtige Lichtquelle ist ganz entscheidend für gelungene Studioporträts. Obwohl Sie eigentlich mit allen Arten von Lichtquellen arbeiten könnten wie etwa Baustrahlern oder normalen Glüh- oder Halogen-lampen, sind eigentlich nur entweder Studiolampen oder richtige Studioblitze für Fotoaufnahmen wirklich ideal geeignet. Letztere gibt es auch mit einer Vielzahl unterschiedlicher Lichtformer. Für einen klassischen Lichtaufbau benötigen Sie drei Lampen, aber auch mit einer oder zwei Lichtquellen können Sie bereits gute Resultate erzielen. Versuchen Sie möglichst, Lichtfarben nicht zu mischen, also Neonlicht mit Tageslicht, Baustrahler mit Blitz etc., denn sonst werden Sie nur schwerlich einen passenden Weißabgleich finden, um im ganzen Bild natürliche und ho-mogene Farben zu erzielen.

Einfache Studiokomplettsets mit Blitzen, Stativen und unter-schiedlichen Lichtformern gibt es bereits für wenige hundert Euro und diese reichen für erste Geh-versuche im Studio allemal aus.

> Papierhintergründe gibt es in einer riesigen Auswahl an Farben.

> Ein Komplettset fürs Studio, bestehend aus drei

Blitzköpfen, Leuchtensta-tiven und Lichtformern.

Kapitel 10 • Porträts im Studio

284

Belichtungsmesser & Co.

Sofern Sie mit Dauerlicht arbeiten, können Sie ganz einfach den eingebauten Belichtungsmesser in Ihrer Kamera nutzen und wie gewohnt belichten. Arbeiten Sie allerdings mit Studioblitzen, die keine TTL-Messung unterstützen, müssen Sie im manuellen Modus foto-grafieren und sowohl Blende als auch Belichtungszeit sowie den ISO-Wert manuell einstellen. Um die rich-tige Kombination zu ermitteln, eignet sich ein externer Belichtungsmesser, der die passenden Werte für Sie bestimmt. Normalerweise fotografiert man im Studio mit einem eher niedrigen ISO-Wert von beispielsweise ISO 100 und einer Belichtungszeit von 1/200 s. Kürzere Belichtungszeiten sind nicht möglich, da die meisten Kameras den Blitz nur bis maximal 1/200 s synchroni-sieren können (siehe auch Abschnitt »Blitzlicht zum natürlichen Aufhellen« auf Seite 147).

Hilfreich sind auch sogenannte Funkauslöser, mit denen Sie Ihren Studioblitz drahtlos auslösen und sich somit wesentlich freier im Studio bewegen können. Auch hier gibt es einfache und kostengünstige Ein-steigermodelle. Achten Sie zudem darauf, dass Sie das

y Ein externer Belichtungsmesser, der mittels eines Blitzkabels Ihren Studioblitz auslösen kann und dabei die korrekte Kombination aus Belichtungszeit, ISO-Wert und Blende für Sie ermittelt.

y Mit einem Fernauslöser für Ihre Blitz-anlage können Sie ohne störende Kabel fotografieren.

TippFür den Einstieg reicht unter Umständen ein ein-facher und kostengünstiger Baustrahler. Diese erzeugt allerdings ein extrem hartes Licht, das Sie unbedingt absoften sollten – beispielsweise durch einen vorangestellten Diffusor aus transparentem Stoff oder mit einem selbstgebauten Diffusor aus Backpapier direkt an der Lampe. Aber Vorsicht! Diese Leuchten werden im Betrieb sehr heiß und können in der Intensität nicht geregelt – also ge-dimmt – werden. Sie geben außerdem ein rötliches Licht ab, das durch einen korrekten Weißabgleich zwingend korrigiert werden sollte. Für eine gute Grundausleuchtung eines Raumes kann der Bau-strahler aber eingesetzt werden. Er sollte dann eine helle oder weiße Wand oder die Decke anstrahlen. Damit erreichen Sie ein relativ weiches und indirek-tes Licht.

Studio ausreichend heizen können. Für Baby-Shootings und Aktfotografie eignen sich kleine Heizlüfter wun-derbar, um das die Aufnahmen für die Modelle so an-genehm wie möglich zu gestalten.

Die Wirkung von Lichtformern

285

Lichtquellen – ob Blitze oder Lampen – legen die Stärke und Farbe des Lichtes fest, während die Lichtvorsätze oder Lichtformer die Qualität des Lichtes bestimmen: hartes oder weiches Licht, also Schatten mit harten oder weichen Kanten. Je weicher das Licht ist, desto schmeichelhafter wird das Porträt ausfallen, und je härter und gerichteter, desto »gnadenloser« ist das Licht. Je nach gewünschter Bildwirkung wird man also unterschiedlichste Lichtformer einsetzen. Im Allgemei-nen soll ein Porträt natürlich immer schmeichelhaft

Die Wirkung von LichtformernMit dem Einsatz von Lichtformern gestalten Sie Ihre Lichtquellen von hart bis weich, von diffus bis extrem hart und gerichtet. So können Sie ganz gezielt Lichtszenarien erschaffen, um die gewünschte Bildwirkung zu erzielen.

sein, deshalb empfiehlt es sich, gerade bei nicht ganz so »perfekten« Gesichtern auf zu hartes Licht verzich-ten. Wenn Sie allerdings ein sehr junges und makello-ses Modell haben oder gezielt die Falten eines älteren Menschen herausarbeiten möchten, darf es etwas härteres Licht sein. Auch für männliche Modelle eignet sich hartes Licht gut, wenn das Bild besonders markant wirken soll. Nachfolgend erhalten Sie einen Überblick über die gängigsten Lichtformer und ihre Wirkung.

Softbox : Viereckiger Lichtformer mit reflektierendem Innenraum und dif-fuser Bespannung. Softboxen gibt es in den unterschiedlichsten Größen, je nachdem ob nur der Kopf oder der ganze Körper ausgeleuchtet werden soll. Softboxen geben ein sehr wei-ches, diffuses Licht ab, das dennoch leicht gerichtet ist. Je größer die Soft-

box, desto weicher ist das Licht. Die Schatten laufen an den Rändern weich aus. Softboxen eignen sich deshalb sehr gut für weiche, schmeichelhafte Porträt s.

Kapitel 10 • Porträts im Studio

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Octabox: Die Octabox ist eine Sonderform der Softbox und er-zeugt ein besonders weiches Licht und einen natürlich wirkenden, annähernd runden Lichtreflex in den Augen des Modells. Eine große Softbox ab etwa einem Meter Durchmesser erzeugt das wohl schönste und schmeichelhafteste Licht aller Lichtformer.

Striplight mit Wabe : Durch den Wabenvorsatz wird das Licht stär-ker gerichtet. Es ist kontrastreicher und Streulicht wird vermieden. Da-mit können Konturen noch besser herausgearbeitet werden.

Striplight : Eine weitere Sonder-form der Softbox, die sich durch die längliche Rechteckform her-vorragend für Ganzkörperaufnah-men eignet. Ein Striplight erzeugt ein weiches Licht mit reduzierten Schatten. Durch seine geringe Breite entsteht ein begrenzter Lichtkegel. Striplights werden des-halb häufig in der Akt- und in der Low-Key-Fotografie eingesetzt.

Die Wirkung von Lichtformern

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Standardreflektor : Dieser schalen-förmige Lichtformer mit reflektie-render Innenseite gibt das Licht extrem gerichtet ab. Die Schatten sind hart und deutlich abgegrenzt. Der runde Lichtkegel ist in der Mitte deutlich heller und fällt zu den Rändern stark ab. Für ein Cha-rakterporträt eignet er sich gut, ebenso wie für eine kreisförmige Ausleuchtung des Hintergrundes.

Standardreflektor mit Wabe : Mit einem Wabeneinsatz wird das Licht des Standardreflektors noch härter und stärker gerichtet. Die Wabeneinsätze gibt es mit un-terschiedlich großen Waben. Je kleiner die Waben, desto gerichte-ter wird das Licht und desto kleiner und stärker abgegrenzt ist der Lichtkegel.

Spot : Lichtvorsätze, die sich nach vorne verengen, nennt man Spots. Dadurch wird der Lichtkegel klar begrenzt und auf einen sehr klei-nen Kreis reduziert. Kleine Bildteile können mittels eines Spots mit hartem Licht ausgeleuchtet wer-den. Üblicherweise wird ein Spot von hinten als Haarlicht einge-setzt.

Kapitel 10 • Porträts im Studio

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Durchlichtschirm : Der einem Re-genschirm ähnelnde Lichtformer ist eine preisgünstige und vor al-lem portable Alternative zur Soft-box. Das Licht ist weich mit wei-chen Schatten. Durch die offene Bauweise kommt es zu wesentlich mehr Streulicht als bei der Softbox. Eine gezielte Ausleuchtung ist so eher schwierig und das Licht muss mit Abschattern reguliert werden.

Beautydish : Wie der Name bereits vermuten lässt, wird dieser Licht-former häufig in der Beauty- und Modefotografie eingesetzt. Er liefert eine Mischung aus hartem, gerichtetem und weichem, diffu-sen Licht und eignet sich ideal für kontrastreiche und dennoch wei-che Kopfporträts.

Reflektorschirm : Beim Reflektor-schirm wird das Licht in die reflek-tierende Innenseite des Schirms geblitzt. Es ergibt sich ein sehr wei-ches Licht, ähnlich dem einer Soft-box. Durch die offene Bauweise und das resultierende Streulicht ist auch hier eine gezielte Ausleuch-tung eher schwierig. Reflektor-schirme gibt es mit weißer, golde-ner oder silberner Innenfläche.

Index

355

Index

AAbbildungsfehler 348Abbildungsmaßstab 87, 348Abblenden 19, 348Abschatter 142, 288, 290, 296, 348Accessoires 303Actionfoto 208Actionfoto, im Freien 272Aktionen (Photoshop) 175Akzentlicht 291Amerikanische Einstellung 100, 348Anschnitt 72APS-C-Format 27, 348Arbeitsporträt 133Arbeitsumgebung einbinden 133Aufhelllicht 290Auflösung 47, 348Aufsicht 80Aufsteckblitz 250Augenhöhe 188Ausdruck 111Ausrüstung 324Ausrüstung, Checkliste 325Ausrüstung, Reinigung 328Außenaufnahmen 139Autofokus 41, 348Autofokus, mitführender 43, 263, 274Autofokusfeld wählen 42Available Light 123, 247Available Light 255Available Light, Belichtungszeit 248Available Light, ISO-Wert 248Available Light, Objektiv 248

BBabyfoto 188Babyfoto, Details 189Bajonett 348Baustrahler 284Beauty-Aufnahmen 300Beauty-Aufnahmen, Make-up 301Beauty-Licht 292Beautydish 288, 302, 348Beauty Shots 300Beleuchtung 292Beleuchtungsstile, Studio 292Belichtung 348Belichtung mit Histogramm 37Belichtungskorrektur 33, 349Belichtungsmesser 31Belichtungsmesser, Studio 284Belichtungsmessung 31Belichtungsprogramm 32Belichtungszeit 26Belichtungszeit, kurze 203, 264Belichtungszeit, lange 181, 279Bewegte Motive 28, 43Bewegung einfrieren 265, 274Bewegung verwischen 267Bewerbungsfoto 162Bewerbungsfoto, Bildausschnitt 164Bewerbungsfoto, Hintergrund 163Bewölkter Himmel 140Bildausschnitt 72Bildbearbeitung 329Bilddatei 349Bilderserie 165Bilderserie, verbindendes Element 167Bilder veröffentlichen 346Bildessay 183

Bildformat 47Bildformat, Verwendungszweck 56Bildgestaltung 58Bildideen 52Bildideen, Planung 54Bildmaske 332Bildmontage 165, 170, 232Bildnisrecht 345Bildrauschen 349Bildretusche 161Bildstabilisator 27, 86, 267Bildwinkel 21, 28, 349Bit 349Blende 18, 349Blendenautomatik 48, 274Blendenlamellen 20Blendenöffnung, maximale 19Blendenreihe 30Blendenstufen 30, 33, 349Blendenvorwahl 34, 48Blickführung 220Blickführung, geschlossene 67, 70Blickkontakt 219Blickrichtung 66Blitz 252Blitzaufsatz 328Blitzen auf den zweiten Vorhang 253Blitzen, entfesselt 148Blitzen, indirekt 252Blitzen, Lichtstimmung erhalten 251Blitzlicht 147Blitzschuh 250Blitzsynchronzeit 148, 289, 349Bokeh 349Brennweite 19, 350

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Brennweiten, Bildwirkung 21Brennweiten für Porträts 23Brillenträger, Studio 293Broad-Lighting 293Brustbild 97Bühnenfotografie 254Bühnenfotografie, AF-Probleme 256Bühnenfotografie, Genehmigung 257Bühnenfotografie, Licht 255Bühnenfotografie, Standort 255Butterfly-Beleuchtung 292Byte 350

CChromatische Aberration 86, 350Copyright 347Cropfaktor 27Cross-Processing 174, 321

DDateiformat 45Details 94Diffusor 142Digitales Negativ 46Digitalzoom 350Doppelbelichtung 168Doppelbelichtung, Bildbearbeitung 169Dragging the Shutter 251Drehbuch 244Dreiviertelprofil 107Drittelregel 58, 67DSLR 350Durchlichtschirm 288Düstere Porträts 177Dynamikumfang 350

EEltern und Kind(er) 224Emotionen 156Empfindlichkeit 350EXIF 350Experimentelle Aufnahmen 180Exportieren 338

FFaltreflektor 143Familienfeier 240Familienfoto 230Farbgegensatz 64Farbharmonie 314Farbmanagement 350Farbsaum 86, 350Farbstich 128, 350Farbstich ausgleichen 129Farbtemperatur 38, 350Farbtiefe 45, 350Farbwirkung 65Fehlfarben 65Festbrennweite 19, 86, 350Filter 327, 174Foto-Assistent 144Fotografiererlaubnis einholen 136Fotoreportage 151Freistellen 19Froschperspektive 78, 79Führungslicht 289Funkauslöser 284

GGanzkörperporträt 102Gaußscher Weichzeichner 169Gegenlicht 31, 132, 171, 135, 147Generalprobe 242

Geschwisterkinder 227Gesicht 91Gigabyte (GB) 351Gitterlinien 59Goldener Schnitt 58Graufilter 327, 274, 268Großaufnahme 93Grundausrüstung 126Gruppe arrangieren 216Gruppe, große 233Gruppe, Hauptperson(en) 234Gruppenbilder, kreative 235Gruppenbilder, Schärfentiefe 218

HHaarlicht 163, 290Halbprofil 108Hände 114Hauptlicht 289, 351High Key 294Highspeed-Synchronisation 147, 212, 351Hintergrund 103Hintergrund, Studio 282Hintergrund, unscharf 48Hintergrundlicht 290Hintergrundverlauf 163Histogramm 35Histogramm, High Key 36, 295, 296Hochformat 56Hochzeit 243Hochzeitsporträt 245Hochzeitsreportage 244Hochzeit, wichtige Motive 246Horizontale 62

IIndirekt blitzen 252Inspiration 52

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Interpolation 351ISO-Wert 28, 255, 351ISO-Wert, Richtwerte 30

JJPEG 45, 351JPEG-Artefakte 46

KKabelauslöser 326Kameratasche 325Kelvin 38Kickerlicht 291Kilobyte (kB) 351Kindchenschema 92Kinderfotos, Accessoires 198Kinderfotos, Charakter 197Kinderfotos, Farbe 204Kinderfotos, Kitsch 199Kinderfotos, klassisch 195Kinderfotos, Posen 198Kinderfotos, Regie führen 192Kinderfotos, Serie 206Kinderfotos, Spiel 201Kleidung abstimmen 222Kleinbildformat 27Kleinkinder 190Komplementärfarbe 64Kontrastumfang 211Konzertfotografie 254Konzertfotografie, AF-Probleme 256Konzertfotografie, Genehmigung 257Konzertfotografie, Licht 255Konzertfotografie, Standort 255Körperspannung 114Körpersprache 97Kunsturheberrechtsgesetz 347

LLampenstativ 327Landschaftsformat 55Lensflare 171Licht, am Fenster 131Licht, diffuses 140Licht einrichten, Studio 289Licht in Innenräumen 134Lichtformer 285Lichtstärke 19, 351Lichtstimmung 106, 112, 239Lichtstimmung erhalten 239Lichtverhältnisse, schlechte 241Lichtzange 292Lieblingsspielzeug 194Lightroom 333Linien, diagonale 61Linien, imaginäre 60Linienführung 60, 70Live View 351Location 52, 103, 212Low Key 178, 296

MMake-up 298Make-up-Artist 298Make-up für Beauty-Aufnahmen 301Make-up, Schwarzweiß 310Makroobjektiv 87, 96, 351Manueller Modus 252Manueller Modus, Studio 284Manuell scharfstellen 44Megabyte (MB) 351Megapixel (MP) 351Mehrfeldmessung 32Metadaten 352Mimik 97Mischlicht 124, 128Mischlicht, RAW 129

Mittagslicht 139Mittenbetonte Integralmessung 32Mitzieher 209, 266, 274Mitzieher, Bildstabilisator 267Modelle, ältere 159Model Release 346, 352Monitorkalibrierung 329Monochrom 314

NNahaufnahme 96Nase 109Neutraldichtefilter 327Neutralgrau 33Normalbrennweite 23Normalobjektiv 84, 351Normalsicht 78, 80

OOberkörperporträt 97Objektiv 352Objektiv testen 325Octabox 286Offenblende 352

PPaare, Hochzeit 222Paare, Schärfentiefe 221Paarfotografie 223Paar-Shooting 222Panoramaformat 55Partybilder 238Personen staffeln 218Perspektive 78, 80Pixel 35, 352Plug-in 174Polfilter 327

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Porträtformat 56Porträtobjektiv 84Porträtprogramm 48Porträtretusche 339Porträtretusche, 100%-Ansicht 340Porträtretusche, Haut

weichzeichnen 342Porträtretusche, Vignettierung 344Posen 114, 303Posen vormachen 90Posing 114Posing, Hände 114Posing, Tipps 117Profil 109Profilaufnahmen 107Profil, verlorenes 110Programmautomatik 251

QQuerformat 55

RRauschen 352RAW 46, 333RAW-Entwicklung 333RAW-Entwicklung, Farbtemperatur 334RAW-Entwicklung, Freistellen 337RAW-Entwicklung,

Tonwertkorrektur 336RAW-Entwicklung, Weißabgleich 334RAW-Format 352RAW-Konverter 47Recht am eigenen Bild 345Reflektor 143, 212, 198, 146Reflektor, Schatten aufhellen 143Reflektorschirm 288Regie führen 88Religiöse Feste 240Rembrandt-Beleuchtung 292

Reportagestil 243RGB 352Richtiger Moment 127

SSchärfe 41Schärfen 332Schärfentiefe 18, 352Schärfentiefe, geringe 20, 93, 68Scharfstellen, manuell 44Schatten 77Schatten aufhellen, Blitzlicht 147Schatten aufhellen, Reflektor 143Schlechtes Wetter 272Schnappschüsse 120Schulterstellung 98Schwarzweiß 308Schwarzweißmotive 313Schwarzweißumwandlung 318Schwarzweißumwandlung,

Plug-in 320Seitenlicht 140Seitenverhältnis 2:3 55Seitenverhältnis 3:4 55Selbstauslöser 180, 326Selbstporträt 180Selektivmessung 33Senkrechte 62Sensor 352Sensor, Lichtempfindlichkeit 28Sepia 321Sepiatonung 174Short-Lighting 293Silent-Modus 242Silhouette 34Softbox 285, 352Sonnenblende , 352, 141Sonnenbrille 141Sonnenlicht 139Sonnenschein 273Speicherkarte 352

Spiegelvorauslösung 326Spielplatz 208Split-Beleuchtung 292Sporthalle 269Sporthalle, Standort wählen 271Spot 287Spotmessung 33Standardreflektor 287Standardreflektor mit Wabe 287Stativ 326, 352Stiller Beobachter 151Straßenszenen 136Straßenszenen, Urlaub 137Streetlife 136Streiflicht 291Streulicht 288Streulichtblende 353Striplight 286Striplight mit Wabe 286Studioblitze 283Studiohintergrund 282Studiozubehör 282Sucher 353

TTageslicht 123Tageslicht formen 142Tanz 276Teleobjektiv 24, 85, 122, 353Terabyte (TB) 353TFP 347, 353TFP-Shooting 298Theaterfotografie 258Theaterfotografie, Available Light 259Theaterfotografie, Belichtung 259Tiefen/Lichter 331Tiefenwirkung 75Tiefenwirkung, Größenvergleich 77Tiefenwirkung, Helligkeiten 76Tiefenwirkung, Linien 76Tiefenwirkung, Schärfentiefe 76

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Tiefenwirkung, Schatten 77Tiefenwirkung, Weitwinkel 75Tiefe, räumliche 75TIFF 46Time for Print 298, 347Ton in Ton 315Tonung 321Tonwertabrisse 37, 353Tonwertkorrektur 330Totale 105TTL-Messung 149, 353

UÜbung Belichtungszeit 29Übung Bewegtes Motiv 264Übung Bildausschnitt 74Übung Bildformat 56Übung Blendenöffnung 20Übung Blitzen 252Übung Brennweiten 24Übung Emotionales Porträt 158

Übung Farben 316Übung Gegenlicht 173Übung Mitzieher 210Übung Posing 116Übung Profilaufnahmen 110Unscharfer Hintergrund 48Unscharf maskieren 332Untersicht 79, 80

VVerblauung 76Verlängerungsfaktor 27Verschluss 353Vertikale 62Verwackeln 353Verzeichnung 23, 353Verzeichnung, kissenförmig 23Verzeichnung, tonnenförmig 21Viertelprofil 108Vignettierung 353Vintage-Look 174, 321

Visagist 298Vogelperspektive 78, 80Vollformat 27, 353Vorhandenes Licht 123, 124

WWaagerechte 62Weißabgleich 39, 128, 353Weißabgleich, manueller 40Weitwinkelobjektiv 21Windmaschine 303

ZZeichnung 37, 353Zeitautomatik 48Zeitvorwahl 48, 274Zoomobjektiv 19, 25, 86, 353