Marx' Warenanalyse

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    Begona Gutierrez de Dtsch

    Facetten derWarenform

    Z u r A r b e i t s w e r t t h e o r i ev o n K a r l M a r x

    Unter besonderer Bercksichtigungder Widerspruchsproblematik

    Fazit der Marxschen Auffassungder Ware-Geld-Beziehung

    Im folgenden mchte ich einige wesentliche Punkte zur MarxschenAuffassung der Ware-Geld-Beziehung zusammenstellen sowie be-stimmte Aspekte der Warenanalyse noch weiter przisieren.

    1. Allgemein charakterisiert handelt es sich bei der Ware-Geld-Beziehung zunchst um eine wesentliche bzw. interneBeziehung.

    Dies bringt Marx im Verlauf seiner Entwicklung und in denverschiedenen Fassungen mehrfach zum Ausdruck:

    Das Geld "ist [existiert] nur im 'Gegensatz von Geld undWare'..."; "das Geld selbst [ist] die verwandelte Form derWare"; "Ware und Geld als solche sind nur gegenstzlicheFormen der Ware selbst, also verschiedene Existenzweisenderselben Wertgre"; das Geld - als "fertige Gestalt desallgemeinen quivalents" - ist "das adquate Dasein desTauschwerts [bzw. Werts] aller anderen Waren", ihre "ge-meinsame Wertform", ihre "Wertgestalt" usw. (hierzu vgl.z.B.: MEW 13, S. 34 und 102; MEGA2 E/5, S. 43 und 54;MEW 23, S. 95 und 102; MEW 26.3, S. 116).

    1.1 Wie nun diese interne Beziehung inhaltlich zu begreifen ist,kann er seit der ersten autorisierten Darstellung anhandder Entdeckung des Doppelcharakters der in der Wareenthaltenen Arbeit erklren.

    Als eine Art Quantensprung zur Endfassung seiner Geld-theorie soll jedoch diese wichtige Entdeckung mitnichtenverstanden werden. Dazu ist er vielmehr durch die (zum Teilerneute) Auseinandersetzung mit bestimmten Autoren ge-kommen (siehe unten).

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    Der innere Zusammenhang zwischen Geld und brger-licher Waren-produzierender Arbeit lt sich - aus Marx'Perspektive - aus der Natur der Ware selbst, genauer gesagtaus ihrem Doppeldasein (Gebrauchswert oder Gebrauchs-gegenstand und Wert) zeigen. Denn daraus ist, wie obenvermerkt, gerade der Doppelcharakter der in ihr enthaltenenArbeit zu schlieen.

    Dies wird, von ihm zum letzten Mal in seinen Randglossen zuAdolph Wagners "Lehrbuch der politischen konomie" wiefolgt ausgesprochen:

    "...schon in der Analyse der Ware (wird) bei mir nichtstehngeblieben bei der Doppelweise, worin sie sich darstellt,sondern (wird) gleich weiter dazu fortgegangen, da indiesem Doppelsein der Ware sich darstellt zwiefacherCharakter der Arbeit, deren Produkt sie ist: der ntzlichenArbeit, i.e. den konkreten Modi der Arbeiten, die Gebrauchs-werte schaffen, und der abstrakten Arbeit, der Arbeit alsVerausgabung der Arbeitskraft, gleichgltig in welcher'ntzlichen' Weise sie verausgabt werde" (MEW 19, S. 370).1

    1 Darauf, wie er interessanterweise in Klammern hinzufgt, "(beruht) spter die

    Darstellung des Produktionsrozesses" (ebd.).Diesbezglich heit es ausdrcklich an einer Stelle des fnften Kapitels desKapitals:

    "Man sieht: der frher aus der Analyse der Ware gewonnene Unterschied zwischender Arbeit, soweit sie Gebrauchswert, und derselben Arbeit, soweit sie Wertschafft, hat sich jetzt als Unterscheidung der verschiednen Seiten des Produk-tionsprozesses dargestellt" (MEW 23, S. 211).

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    Es handelt sich hierbei um einen (wenn nicht um den)zentralen Punkt derMarxschen Gesamtentwicklung.

    Die "zwieschlchtige Natur der in der Ware enthaltenenArbeit", die er zum ersten Mal in Zur Kritik der Politischenkonomie kritisch "entwickelt" bzw. "nachgewiesen" hat, istfr ihn - wie gesagt - nichts Geringeres als "der Springpunkt,um den sich das Verstndnis der politischen konomiedreht"! (MEGA2 n/5, S. 22 und MEW 23, S. 56. Zu diesemPunkt vgl. auch: MEW 31, S. 326 und MEW 32, S. 11).

    1.2 Wie schon hervorgehoben, betrachtet Marx "die Analyse derWare auf Arbeit in Doppelform, des Gebrauchswerts aufreale Arbeit oder zweckmig produktive Ttigkeit, desTauschwerts auf Arbeitszeit oder gleiche gesellschaftlicheArbeit," als "das [von ihm durchgefhrte bzw. vollendete]kritische Endergebnis der mehr als anderthalbhundertjhrigenForschungen der klassischen politischen konomie..."(MEW 13, S. 37). Und es ist eben diese Unterscheidung,die ihm fortan als Mastab, ja als Hauptkriterium dient,unter anderem fr die Beurteilung bzw. Kritik der falschen,unzureichenden Geldvorstellungen mancher seiner Vor-gnger, wie etwa: Sir William Petty, Pierre Boiguillebert undBenjamin Franklin, um drei Beispiele zu nennen.2

    2 So bemerkt er zu Petty, da er zwar "die wirliche Arbeit sofort in ihrer

    gesellschaftlichen Gesamtgestalt, als Teilung der Arbeit (fat)". Gleichwohl nimmter den Tauschwert [bzw. Wert], "wie er im Austauschproze der Waren erscheint,als Geld, und das Geld selbst als existierende Ware, als Gold und Silber. SeinBeispiel zeigt... schlagend, da die Erkenntnis der Arbeit als Quelle des stofflichensiehe nchste Seite

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    1.3 Um die Ware-Geld-Beziehung (als eine wesentliche, interneBeziehung) im Zusammenhang mit dem Doppelcharakterder in der Ware enthaltenen Arbeit nher zu charakterisieren,mchte ich nun das Augenmerk vor allem auf Marx' Auf-fassung der gesellschaftlichen Gesamtarbeit oder der gesell-

    Reichtums keineswegs die Verkennung der bestimmten gesellschaftlichen Formausschliet, worin die Arbeit Quelle des Tauschwerts ist" (MEW 13, S. 39 f.).Boiguillebert seinerseits liefere nach Marx "den Beweis, da die Arbeitszeit alsMa der Wertgre der Waren behandelt werden kann, obgleich die im Tauschwertder Waren vergegenstndlichte und durch die Zeit gemessene Arbeit mit der un-mittelbaren natrlichen Ttigkeit der Individuen verwechselt wird" (fr weitereEinzelheiten dazu vgl. ebd., S. 40 f.).Franklin schlielich wirft der Dialektiker Man: u.a. vor, da die Arbeitszeit sichbei ihm sofort "konomistisch einseitig als Ma der Werte dar(stellt). DieVerwandlung der wirklichen Produkte in Tauschwerte [die es fr Marx zu erklrengilt] versteht sich von selbst, und es handelt sich daher nur um Auffindung einesMaes fr ihre Wertgre". Und weiter, noch aufschlureicher: Da Franklin"die im Tauschwert enthaltene Arbeit nicht [wie Marx es tut] als die abstraktallgemeine, aus der allseitigen Entuerung der individuellen Arbeiten ent-springende gesellschaftliche Arbeit entwickelt, verkennt er notwendig Geld alsdie unmittelbare Existenzform dieser entuerten Arbeit. Geld und Tauschwertsetzende Arbeit stehen ihm daher in keinem innern Zusammenhang, sondern Geldist vielmehr zur technischen Bequemlichkeit in den Austausch uerlich herein-gebrachtes Instrument" (ebd., S. 42).Gleichwohl findet sich - nach Marx' Meinung - bei Benjamin Franklin die "erstebewute, beinahe trivial klare Analyse des Tauschwerts auf Arbeitszeit" (ebd.,S.41). In seinem ersten Essay (A Modest Inquiry into the Nature andNecessity ofa Paper Currency, geschrieben 1729) sei er "als einer der ersten der wahrenNatur des Werts auf die Spur"[!] gekommen, worauf Man: 1865 in seinerSchrift Lohn, Preis und Profit auch hinweist (MEW 16, S. 124). Mehr darberweiter unten.

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    schaftlichen Arbeit als allgemeiner Arbeit richten. Denn siescheint mir nicht nur ein Schlsselbegriff zu sein, sondernauch ein geeigneter Ansatzpunkt zur Deutung dieses zentra-len Problemkomplexes.

    Die gesellschaftliche Arbeit als allgemeiner Arbeit liee sichanschaulicher umschreiben als unbewutes Gesamtkunstwerkder Gesellschaft mit zwei Seiten bzw. Bestandteilen.

    1.3.1 Sie beinhaltet zunchst eine stoffliche Komponente, nm-lich die Teilung der Arbeit, und zwar "als Totalitt allerbesondern produktiven Beschftigungsweisen". Sie sei "dieGesamtgestalt der gesellschaftlichen Arbeit nach ihrerstofflichen Seite, als Gebrauchswerte produzierende Arbeitbetrachtet" (MEW 13, S. 37).

    In der Tat "sind alle Gebrauchswerte nur Waren", hlt Marxbereits in der Urfassung des Kapitals im ersten Kapitel fest,"weil Produkte voneinander unabhngiger Privatarbeiten,Privatarbeiten, die jedoch als besondere, wenn auchverselbstndigte, Glieder des naturwchsigen Systems derTeilung der Arbeit stofflich voneinander abhngen. Siehngen so gesellschaftlich zusammen grade durch ihreVerschiedenheit, ihre besondre Ntzlichkeit. Eben deswegenproduzieren sie qualitativ verschiedne Gebrauchswerte.Wenn nicht, so wrden diese Gebrauchswerte nicht zu Warenfreinander" (MEGA2 II/5, S. 41, siehe auch ebd., S. 635und MEW 23, S. 87).

    hi der Warenwelt sei "eine entwickelte Teilung der Arbeitvorausgesetzt, oder stellt sich vielmehr unmittelbar inder Mannigfaltigkeit der Gebrauchswerte dar, die sich alsbesondere Waren gegenbertreten und in denen ebensomannigfaltige Arbeitsweisen stecken". Allerdings existiertdie Teilung der Arbeit "vom Standpunkt der Waren aus und

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    innerhalb des Austauschprozesses, nur in ihrem Resultat, inder Besonderung der Waren selbst" (MEW 13, S. 37).

    Zum naturwchsigen (quasi ungeplanten und unbewuten)Charakter der gesellschaftlichen Teilung der Arbeit in derbrgerlichen Warenproduktion fuhrt er im dritten Kapiteldes Kapitals unter anderem aus: "die Teilung der Arbeit istein naturwchsiger Produktionsorganismus, dessen Fdenhinter dem Rcken der Warenproduzenten gewebt wurdenund sich fortweben".

    Und etwas spter heit es noch: "Ebenso naturwchsigzufllig, wie die qualitative, ist die quantitative Gliederungdes gesellschaftlichen Produktionsorganismus, der seinemembra disjecta im System der Teilung der Arbeit darstellt... diesselbe Teilung der Arbeit, die sie [die Warenbesitzer]zu unabhngigen Privatproduzenten [macht], (macht) dengesellschaftlichen Produktionsproze und ihre Verhltnissein diesem Proze von ihnen selbst unabhngig"; "dieUnabhngigkeit der Personen voneinander (ergnzt) sich ineinem System allseitiger sachlicher Abhngigkeit".

    Und schlielich: "Die Teilung der Arbeit verwandelt dasArbeitsprodukt in Ware und macht dadurch seine Ver-wandlung in Geld notwendig. Sie macht es zugleich zufallig,ob diese Transsubstantiation gelingt" (MEGA* E/5, S. 68 f.und MEW 23, S. 121 f.).

    1.3.2 Von dieser stofflichen Komponente der "gesellschaftlichenArbeit als allgemeiner Arbeit", die, vereinfacht ausgedrckt,insgesamt die Teilung der Arbeit ausmacht, ist nun "diespezifisch gesellschaftliche Arbeit, die sich im Tauschwertdarstellt" oder "die bestimmte gesellschaftliche Form, worindie Arbeit Quelle des Tauschwerts ist", zu unterscheiden.

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    Letztere soll nach Marx' Ansicht - als die eigentmlichebrgerliche Form der Arbeit - nicht nur von der realenArbeit (die Gebrauchs-werte erzielt), sondern auch vonanderen historischen, vorbrgerlichen gesellschaftlichenFormen der Arbeit differenziert werden.

    Diesbezglich ist abwechselnd die Rede von abstrakter imGegensatz zur konkreten Arbeit, genauer von der "abstraktenArbeit, die keine besondere Qualitt besitzt und daher durchbloe Quantitt mebar" sei, von der "im Tauschwert derWaren vergegenstndlichten und durch die Zeit gemessenenArbeit", von "einfacher Durchschnittsarbeit", "einfacher"oder "unqualifizierter Arbeit", "gleicher gesellschaftlicherArbeit", "allgemein menschlicher Arbeit", von "Tauschwertsetzender, also Waren produzierender Arbeit", usw.

    Diese zweite Seite bzw. Komponente der "gesellschaftlichenArbeit als [in diesem Fall abstrakt] allgemeiner Arbeit" istsozusagen qualitativer Art: Sie hat - wie gesagt - unmittelbarmit der Produktionsweise in der brgerlichen Gesellschazu tun. Aber auch mit der "spezifischen Form, worin dieArbeit gesellschaftlichen Charakter erhlt".

    Sie unterstellt: a) die Reduktion der Arbeit auf einfache,sozusagen qualittslose Arbeit, b) die Existenz eines allge-meinen quivalents ('allgemeinen Produkts1), und zwar, vomStandpunkt des Materialisten Marx, als notwendige "Ver-krperung" oder "allgemeine Materiatur abstrakter mensch-licher Arbeit" sowie c) die Notwendigkeit der Entuerungder Waren im Austauschproze.

    Bei der Reduktion der verschiedenen Arbeiten auf"unterschiedslose, gleichfrmige, einfache Arbeit" soll essich um einen realen Proze handeln, um - eine "objektiveGleichung, die der Gesellschaftsproze gewaltsam zwischenden ungleichen Arbeiten vollzieht" (MEW 13, S.45).

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    Diese "Reduktion erscheint" - wie er in Zur Kritik derPolitischen konomie nachdrcklich betont - zwar "alseine Abstraktion, aber es ist eine Abstraktion, die indem gesellschaftlichen Produktionsproze tglich vollzogenwird ... Diese Abstraktion der allgemein menschlichen Arbeitexistiert in der Durchschnittsarbeit, die jedes Duchschnitts-individuum einer gegebenen Gesellschaft verrichten kann,eine bestimmte produktive Verausgabung von menschlichemMuskel, Nerv, Gehirn usw. Es ist einfache Arbeit, wozujedes Durchschnittsindividuum abgerichtet werden kann unddie es in der einen oder ndern Form verrichten mu. DerCharakter dieser Durchschnittsarbeit ist selbst verschieden inverschiedenen Lndern und verschiedenen Kulturepochen,erscheint aber als gegeben in einer vorhandenen Gesellschaft.Die einfache Arbeit bildet die bei weitem grte Masse allerArbeit der brgerlichen Gesellschaft, wie man sich aus jederStatistik berzeugen kann..." (ebd., S. 18; hierzu vgl. auch:MEGA2 II/5, S. 20 und MEW 23, S. 59).

    Aufweiche Art und Weise nun die Reduktion auf abstraktmenschliche Arbeit wirklich (im gesellschaftlichen Produk-tionsproze) stattfindet, erlutert er - wie oben vermerkt - beiseiner Warenanalyse nicht.

    Bereits in der ersten autorisierten Darstellung bemerkt erdazu ausdrcklich, da die "Gesetze, die diese Reduktion[d.h. der "komplizierten Arbeit" in "zusammengesetzte einfa-che Arbeit, einfache Arbeit auf hherer Potenz"] regeln, nochnicht hierher (gehren)" (MEW 13, S. 19).

    Oder aber, wie er das an einem anderen Ort formuliert:

    "...diese Reduktion der zusammengesetzten Arbeit vollziehtsich durch einen gesellschaftlichen Proze, hinter demRcken der Produzenten, durch einen Vorgang, der hier, beider Entwicklung der Werttheorie, nur festzustellen, aber noch

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    nicht zu erklren ist" (MEW 20, S. 184. Hierzu vgl. auch:MEGA2 II/5, S. 20, 25 und 49; MEW 23, S. 53 f. und 94).

    Man kann also sagen, da Marx in der Warenanalysevon dieser "Reduktion" einfach ausgeht. Und wir habenzuletzt bei der Betrachtung der unmittelbaren Form derWarenzirkulation (W-G-W) gesehen, wie er damit ("aufdem Standpunkt der einfachen Zirkulation, des einfachenGegensatzes von Ware und Geld") konkret anhand derWarenpreise umgeht:

    "Die Voraussetzung der Geldzirkulation" ist - wie gesehen -"die Warenzirkulation, und zwar zirkuliert das Geld Waren,die Preise haben, das heit ideell schon bestimmtenGoldquantitten gleichgesetzt sind" (MEW 13, S. 84).

    In der Tat zirkulieren nach ihm nur preisbestimmte Waren,die sich alle so - in ihren Preisen - bereits "als Materiaturderselben Arbeit, nur quantitativ verschiedene Ausdrckederselben Substanz darstellen".

    Das war von Anfang an eine conditio sine qua non derWarenzirkulation (siehe oben). Allerdings ist - wie obenausgefhrt - ebenfalls in der Preisbestimmung der Warenselbst "die Wertgre des als Maeinheit dienenden Gold-quantums oder der Wert des Goldes als gegeben voraus-gesetzt". Also nicht nur die (gewhnlichen) Waren besitzenals preisbestimmte eine "zirkulationsfhige Form" und sindschon (ideell) gleichgesetzt, sondern die Geldware selbst trittwertbestimmt in die Zirkulation ein: Der Wert der Geldwaresei - wie gesehen - "vorausgesetzt bei der Funktion desGeldes als Wertma, also bei der Preisbestimmung" (sieheauch oben).

    Doch abgesehen davon stellt er bereits bei der Warenform-und Wertformentwicklung in den verschiedenen Ausar-

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    beitungen die Reduktion der Arbeit auf einfache, sozusagenqualittslose Arbeit als einen Sachverhalt dar, der zwar vonden meisten konomen berhaupt nicht reflektiert wird, frihn aber auer Frage steht, ja geradezu evident ist.3

    Allerdings lassen sich im Zusammenhang mit dieser"offensichtlichen Reduktion" verschiedene Argumente unter-scheiden.

    Zum Beispiel: Ein Argument, das bereits bei der Ableitungdes Werts am Anfang der Warenanalyse (und an spterenStellen des Kapitals wieder mit Varianten) zu finden ist,besagt, da im Austauschverhltnis von allen konkretenFormen und ntzlichen Eigenschaften der -wirklichen Ar-beiten abstrahiert wird. Oder aber, da der qualitativeUnterschied der Gebrauchswerte der Waren "ausgelscht"sei.

    Mehr noch: Es sei "grade die Abstraktion von ihrenGebrauchswerten, was das Austauschverhltnis der Warenaugenscheinlich charakterisiert. Innerhalb desselben gilt einGebrauchswert grade so viel wie jeder andre, wenn er nur ingehriger Proportion vorhanden ist" (MEW 23, S. 51-52;

    3 So betont er beispielsweise in Zur Kritik der Politischen konomie:

    "Da die Reduktion aber stattfindet, ist klar: denn als Tauschwert ist das Produktder kompliziertesten Arbeit in bestimmter Proportion quivalent fr das Produktder einfachen Durchschnittsarbeit, also gleichgesetzt einem bestimmten Quantumdieser einfachen Arbeit" (MEW 13, S. 19).

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    hierzu vgl. z.B. auch MEGA2 II/5, S. 19 und MEW 13,S. 17).

    Und nochmals Stichwort 'Abstraktion von': An einer spterenStelle der zweiten Auflage des Kapitals, die oben nur amRande zitiert wurde, heit es ausdrcklich dazu:

    "Die Gleichheit toto coelo verschiedner Arbeiten kann nurin einer Abstraktion von ihrer wirklichen Ungleichheit be-stehen, in der Reduktion auf den gemeinsamen Charakter,den sie als Verausgabung menschlicher Arbeitskraft, abstraktmenschliche Arbeit, besitzen..." (MEW 23, S. 87).

    Ein weiteres Argument zur "Offenkundigkeit" oder Evidenzder Reduktion der verschiedenen Privatarbeiten lautet:"blo quantitativer Unterschied der Arbeiten (setzt) ihrequalitative Einheit oder Gleichheit voraus, also ihre Re-duktion auf abstrakt menschliche Arbeit". Dies ist einHauptargument (vielleicht sogar das herausragendsteArgument), das in vielfltiger Form wiederholt zu finden ist.Dabei fallt brigens auf, da Marx erneut mit Forderungenargumentiert; in diesem Fall streckenweise vor allem mitFormulierungen des "Mssens".4

    4 So zum Beispiel auch an folgender Stelle der Theorien ber den Mehrwert:

    "Damit die Waren an dem in ihnen enthaltnen Quantum Arbeit gemessen werden -und das Ma fr das Quantum Arbeit ist die Zeit -, mssen die verschiedenartigenin den Waren enthaltnen Arbeiten auf gleiche einfache Arbeit reduziert sein,Durchschnittsarbeit, gewhnliche, unskilled labour [unqualifizierte Arbeit]. Erstdann kann das Quantum der in ihnen enthaltnen Arbeitszeit an der Zeit, einemgleichen Ma gemessen werden. Sie mu qualitativ gleich sein, damit ihre

    siehe nchste Seite

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    Seiner Ansicht nach handelt es sich hierbei im Grunde umeine "einfache Reflexion", die jedoch - wie angedeutet - derMehrheit der konomen nicht in dem Sinn gekommen ist(siehe z.B.: MEGA2 u/5, S. 49, Funote 27; MEW 23, S. 64und S. 94, Funote 31; MEW 16, S. 123 und MEW 26.3,S. 137).Nun aber schliet die Qualifizierung 'gesellschaftlich' in demBegriff 'gesellschaftliche Arbeit' "viele Momente in sich"(MEW 16, S. 125).

    In der Tat lassen sich bei der Manschen Auffassung dergesellschaftlichen Arbeit als [abstrakt] allgemeiner Arbeitmehrere Aspekte oder - in seiner Terminologie - "Bestimmt-heiten" bzw. "Bestimmungen" unterscheiden.

    Sie sei nicht nur "gleiche gesellschaftliche Arbeit", "einfacheDurchschnittsarbeit" oder "unqualifizierte Arbeit", sondernauch gesellschaftlich notwendige Arbeit, das heit "diezur Herstellung eines Gebrauchswerts gesellschaftlich not-wendige Arbeitszeit", welche die Wertgre der Warenbestimmt. Und "nur die gesellschaftlich notwendige Arbeits-zeit zhlt als wertbildend"(dazu vgl. z.B., ebd., S. 123 und126; MEW 13, S. 19; MEGA2 u/5, S. 20 und MEW 23,S. 54).Allerdings hat auch diese letztere "Bestimmtheit" der"Qualitt dieser Arbeit" als gesellschaftlich notwendige

    Unterschiede zu blo quantitativen, bloen Grenunterschieden werden" (vgl.MEW 26.3, S. 132 f.; dazu siehe auch ebd., S. 124 f.).

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    Arbeit nur mit der Wertgre der Waren zu tun. Und dasreicht nach Marx bei weitem nicht aus, um den innerenZusammenhang zwischen Geld und Tauschwert setzenderArbeit zu zeigen.

    Das lt sich vor allem aus seiner Kritik an Ricardo heraus-lesen, dessen Fehler genau das sei, "da er blo mit derWertgre beschftigt ist" (MEW 26.3, S. 128).

    Die "Differenz" zwischen ihm und Ricardo drckt eran anderer Stelle so aus, da Ricardo sich in der Tat mitder Arbeit nur als Ma der Wertgre beschftigte unddeswegen keinen Zusammenhang zwischen seiner Wert-theorie und dem Wesen des Geldes fand" (vgl. MEW 19,S. 358).5

    5 Obwohl Marx "Ricardos Analyse der Wertgre" fr "die beste" berhaupt hlt

    (MEGA2 U/5, S. 49 und MEW 23, S. 94), bemngelt er bereits in Zur Kritik derPolitischen konomie, da seine "Untersuchungen sich ausschlielich auf dieWertgre beschrnken" (MEW 13, S. 45)."Was Ricardo nicht untersucht", fuhrt er in den Theorien ber den Mehrwert aus,"ist die spezifische Form, worin labour als Einheit der Waren sich darstellt. Daherbegreift er das Geld nicht. Daher erscheint bei ihm die Verwandlung der Waren inGeld als etwas blo Formelles, nicht tief in das Innerste der kapitalistischenProduktion Eingehendes" (MEW 26.3, S. 136. Hierzu vgl. auch MEW 26.2,S. 169).

    Im brigen wirft ihm Marx auch an dieser Stelle vor, da bei ihm "Verwechslungzwischen labour, soweit sie sich im Gebrauchswert und soweit sie sich im Tausch-wert darstellt, (durchgeht)" (MEW 26.3, S. 136).

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    Wir haben am Beispiel der komplizierten Darstellung in ZurKritik der Politischen konomie gesehen, welche weiterenqualitativen "gesellschaftliche(n) Bestimmungen der Arbeitoder Bestimmungen gesellschaftlicher Arbeit" Marx nochentwickelt hat (MEW 13, S. 19 ff.).

    Diese qualitativen gesellschaftlichen Bestimmungen (zudenen bezeichnenderweise in dieser Schrift auch der"Fetischismus" zhlt) werden allerdings auf einer nochabstrakten Darstellungsstufe angefhrt. Um sie transpa-renter zu machen, kann man auf eine andere Textfassungzurckgreifen, in der er sich nicht "zu pedantisch an diewissenschaftliche Form der Darstellung" [bzw. der Ent-wicklung, 'developpement'] hlt (siehe MEW 34, S. 384).

    Gemeint ist seine Metakritik an Samuel Baileys Kritik anRicardo in den Theorien ber den Mehrwert. Diese"populre Darstellung" in Form einer Auseinandersetzungmit Baileys Ablehnung der Arbeitswerttheorie bildet, zu-mindest in einigen wesentlichen Punkten, die vielleichtklarste und gelungenste Ausarbeitung seiner eigenen Wert-theorie.

    Die "Reduktion auf einfache Durchschnittsarbeit ist jedoch"- wie Marx an diesem Ort erfreulicherweise expressis verbisbetont - "nicht die einzige Bestimmtheit der Qualitt dieserArbeit, worin als Einheit sich die Werte der Waren auf-lsen.":

    "Da das Quantum der in einer Ware enthaltenen Arbeit daszu ihrer Produktion gesellschaftlich notwendige Quantum ist- die Arbeitszeit also notwendige Arbeitszeit -, ist eineBestimmung, die nur die Wertgre betrifft. Aber die Arbeit,die die Einheit der Werte bildet, ist nicht nur gleiche,einfache Durchschnittsarbeit. Die Arbeit ist Arbeit desPrivatindividuums, dargestellt in einem bestimmten Produkt.

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    Als Wert soll jedoch das Produkt Verkrperung dergesellschaftlichen Arbeit sein und als solches unmittelbarverwandelbar aus einem Gebrauchswert in jeden andren ...Die Privatarbeit soll sich also unmittelbar darstellen alsihr Gegenteil, gesellschaftliche Arbeit [sprich: Grundpro-blem des der Ware immanenten Widerspruchs, siehe oben];diese verwandelte Arbeit ist als ihr unmittelbares Gegenteilabstrakt allgemeine Arbeit, die sich daher auch in einemallgemeinen quivalent darstelle" (MEW 26.3, S. 133).6

    Es sei in diesem Zusammenhang nochmals an die Notwen-digkeit der Existenz eines allgemeinen quivalents erinnert.Allerdings kommt fr Marx hierbei - wie frher besprochen -nur eine Ware in Frage, und zwar eben als notwendige"Verkrperung" oder "allgemeine Materiatur abstraktermenschlicher Arbeit".7 Diese besondere Ware wird "ausdem lot [der Gesamtheit]" der Waren ausgeschlossen [sprich:

    6 Die "im quivalent enthaltene bestimmte konkrete Arbeit", heit es an einer in

    diesem Kontext relevanten Stelle der Urfassung des Kapitals, "(gilt) als bestimmteVerwirklichungsform oder Erscheinungsform abstrakt menschlicher Arbeit... sie(besitzt) die Form der Gleichheit mit anderer Arbeit, und ist daher, obgleichPrivatarbeit, wie alle andere, Waren produzierende Arbeit, dennoch Arbeit inunmittelbar gesellschaftlicher Form" (MEGA2 11/5, S. 635; hierzu vgl. auch ebd.,S. 42).7 So nimmt der Materialist Marx beispielsweise an einer Stelle des Kapitals Hegel

    aufs Korn: "Blo der Hegeische 'Begriff bringt es fertig, sich ohne uern Stoff zuobjektivieren" (MEGA2 H/5, S. 31).Zur Notwendigkeit der Existenz einer bestimmten Ware als das allgemeinequivalent \gl ferner: ebd., S. 32 und MEW 13, S. 32.

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    Ausschlielichkeitscharakter der als allgemeines quivalentfungierenden Ware, siehe auch oben]; alle anderen(gewhnlichen) Waren messen dann "ihre Werte in demGebrauchswert dieser ausgeschlonen Ware", und "(ver-wandeln) die in dieser ausschlielichen Ware enthaltneArbeit daher unmittelbar in allgemeine, gesellschaftlicheArbeit" (MEW 26.3, S. 142 f.).Doch, wie er auch im Rahmen seiner Auseinandersetzungmit Bailey mehrfach erlutert, "(sind) die Waren schon alsWerte, als von ihren Gebrauchswerten unterschiedne Werteunterstellt, eh es sich von einer Darstellung dieses Werts ineiner besondren Ware handeln kann" (ebd., S. 132): "Aberdamit die Waren ihren Tauschwert selbstndig im Gelddarstellen, in einer dritten Ware, der ausschlielichen Ware- sind schon die Warenwerte unterstellt. Es handelt sich nurnoch darum, sie quantitativ zu vergleichen. Eine Einheit, diesie zu denselben - zu Werten macht - als Wert qualitativgleichmacht, ist schon unterstellt, damit ihre Werte undWertunterschiede sich in dieser Weise darstellen ... Damitzwei Quanta verschiedner Gebrauchswerte als quivalentesich gleichgesetzt werden, ist schon unterstellt, da siein einem Dritten gleich sind, qualitativ gleich sind undnur verschiedne quantitative Ausdrcke dieses qualitativGleichen ... um die Werte der Waren in Gold auszudrcken,mssen Waren und Gold als Werte identisch sein. Nur alsbestimmte quantitative Ausdrcke dieses Werts, als bestim-mte Wertgren knnten Gold und Ware identisch gesetztwerden..." usw. (ebd., S. 131 f.).

    Bei der Diskussion des Widerspruchs der Ware habenwir auerdem gesehen: Nur durch die Entuerung bzw.Veruerung [sprich: Verkauft "stellt sich die individuelleArbeit wirklich als ihr Gegenteil [abstrakt allgemeine Arbeit]dar. Aber die Ware mu diesen allgemeinen Ausdruckbesitzen, bevor sie veruert ist". Und, wie Marx in den

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    Theorien ber den Mehrwert hierzu weiter ausfhrt, ist diese"Notwendigkeit der Darstellung der individuellen Arbeitals [abstrakt] allgemeiner" eben "die Notwendigkeit derDarstellung einer Ware als Geld. Soweit dies Geld alsMa dient und als Ausdruck des Werts der Ware im Preis,erhlt die Ware diese Darstellung. Erst durch ihre wirklicheVerwandlung in Geld, den Verkauf, gewinnt sie diesen ihrenadquaten Ausdruck als Tauschwert..." (MEW 26.3, S. 133).Besonders deutlich legt er diesen wichtigen Sachverhalt anzwei weiteren Stellen dar, und zwar im Zusammenhang mitRicardos einseitiger, unzulnglicher Analyse.

    Ein Hauptpunkt seiner Kritik gegen ihn ist, wie gesehen, da"ihm die Bestimmung der Wertgre die entscheidende Auf-gabe ist".

    Darin sieht Marx auch den Grund, warum Ricardo"die spezifische Form, worin die Arbeit Element des Wertsist, nicht gefat hat, namentlich nicht, da die einzelne Ar-beit sich als abstrakt allgemeine und in dieser Form alsgesellschaftliche darstellen mu. Den Zusammenhang derGeldbildung mit dem Wesen des Werts und mit derBestimmung dieses Werts durch Arbeitszeit hat er deshalbnicht begriffen" (ebd., S. 135).

    In einer frheren Passage stellt er abermals mit Bezug aufRicardo kritisch fest:

    Er "(richtet) nur sein Augenmerk auf das relative QuantumArbeit, das die verschiednen Waren darstellen, als Werteverkrpert in sich enthalten. Aber die in ihnen enthalteneArbeit mu als gesellschaftliche Arbeit dargestellt werden,als entuerte individuelle Arbeit. Im Preis ist diese Dar-stellung ideell. Erst im Verkauf wird sie realisiert. DieseVerwandlung der in den Waren enthaltenen Arbeiten der

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    Privatindividuen in gleiche gesellschaftliche Arbeit, daherals in allen Gebrauchswerten darstellbare, mit allen aus-tauschbare Arbeit, diese qualitative Seite der Sache, die inder Darstellung des Tauschwerts als Geld enthalten ist, ist beiRicardo nicht entwickelt.Diesen Umstand - die Notwendigkeit, die in ihnen enthaltneArbeit als gleiche gesellschaftliche Arbeit darzustellen, i.e.als Geld - bersieht Ricardo" (ebd., S. 128).

    Zusammenfassend hlt er im Anschlu an die kurz zuvorangefhrte Stelle fest:

    Beim "Dasein der Ware als Geld" ist also nicht nur hervor-zuheben, a) "da die Waren im Geld sich ein bestimmtesMa ihrer Wertgren geben - indem alle ihren Wertim Gebrauchswert derselben Ware ausdrcken" -, sondernb) "da sie sich alle darstellen als Dasein der gesellschaft-lichen, abstrakt allgemeinen Arbeit; eine Form, in der sie alledieselbe Gestalt besitzen; alle als unmittelbare Inkarnationder gesellschaftlichen Arbeit erscheinen; und als solche alledie Wirkung des Daseins der gesellschaftlichen Arbeit haben,unmittelbar - im Verhltnis ihrer Wertgre - austauschbarsind gegen alle andren Waren ... Es zeigt sich aber im Geld- in dieser absoluten echangeabilite, die die Ware als Geldbesitzt, ihrer absoluten Wirksamkeit als valeur d'echange,was mit der Wertgre nichts zu tun hat - keine quantitative,sondern qualitative Bestimmung, da durch den Proze derWare selbst ihr Tauschwert verselbstndigt und in freierGestalt neben ihrem Gebrauchswert real dargestellt wird, wieer es in ihrem Preise schon ideell ist" (ebd., S. 133 f.).

    Hinter dieser letzteren Problematik steht die allgemeineFragestellung: Warum wird Ware Geld? So knnte man sieauch resmieren bzw. auf den Punkt bringen. Hierauf - d.h.auf "die Notwendigkeit der Darstellung einer Ware alsGeld", genauer auf die Grnde dafr - geht Marx in den

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    verschiedenen autorisierten Fassungen mehrfach ein (hierzuvgl. z.B.: MEW 13, S. 67 f. und MEW 23, S. 94 f. und 109).

    Zur Marxschen methodologischen Verfahrensweise mchteich an dieser Stelle noch folgendes unterstreichen:

    Sowohl die zuletzt angesprochene Unterscheidung zwischenquantitativen und qualitativen Bestimmungen als auch dieetwas allgemeinere Differenzierung zwischen stofflicherSeite und Formseite, die - wie vorher gesehen - ebenfalls beiseinem Begriff der 'gesellschaftlichen Gesamtarbeit' oderder 'gesellschaftlichen Arbeit als allgemeiner Arbeit' vor-handen ist, haben sich im Verlauf der Untersuchung alstypisch fr seine dialektische Betrachtungsweise erwiesen.

    Derartige Differenzierungen kommen tatschlich immer wie-der zum Vorschein nicht nur bei seiner eigenen Entwicklung,sondern auch bei seiner Kritik an den methodologischenMngeln bestimmter Autoren.

    Man kann sie somit als Teilaspekte jener qualitativen Seiteseiner Analyse betrachten, wie sie in dieser Arbeit obenbezeichnet und bisher - durch verschiedene Anstze - rekon-struiert zu werden versucht wurde.

    1.3.3 Was nochmals Marx' Auffassung des Doppelcharakters derin der Ware enthaltenen Arbeit anbelangt, mchte ich, er-gnzend zu den Anmerkungen in den Punkten 1.1 und 1.2,im folgenden noch auf einige wichtige Aspekte eingehen:

  • 314

    Den Unterschied zwischen der Arbeit, sofern sie in Ge-brauchswerten, und der Arbeit, sofern sie in Tauschwertenresultiert, charakterisiert Marx sowohl in Zur Kritik derPolitischen konomie als auch spter in Das Kapital teils vianegationes, durch Gegenberstellungen, teils positiv durchihre verschiedenen Bestimmungen?

    8 Diesbezglich ist in der ersten autorisierten Darstellung zunchst allgemein die

    Rede "von der abstrakten Arbeit, wie sie Quelle des Tauschwerts ist" im Gegensatzzur "konkreten Arbeit als einer Quelle stofflichen Reichtums", kurz zur "Arbeit, so-fern sie Gebrauchswerte hervorbringt" (MEW 13, S. 23).Ein Stck spter heit es noch, quasi kontrastierend und weiter konkretisierend:

    "Whrend sich die in Tauschwert setzende Arbeit in der Gleichheit der Waren alsallgemeiner quivalente verwirklicht, verwirklicht sich die Arbeit als zweckmigeproduktive Ttigkeit in der unendlichen Mannigfaltigkeit ihrer Gebrauchswerte.Whrend die Tauschwert setzende Arbeit abstrakt allgemeine und gleiche Arbeit,ist die Gebrauchswert setzende Arbeit konkrete und besondere Arbeit, die sich derForm und dem Stoff nach in unendlich verschiedene Arbeitsweisen zerspaltet.

    Und schlielich, noch eine Gegenberstellung:

    "Als zweckmige Ttigkeit zur Aneignung des Natrlichen in einer oder deranderen Form ist die Arbeit Naturbedingung der menschlichen Existenz, eine vonallen sozialen Formen unabhngige Bedingung des Stoffwechsels zwischen Menschund Natur. Tauschwert setzende Arbeit ist dagegen eine spezifisch gesellschaftlicheForm der Arbeit. Schneiderarbeit z.B. in ihrer stofflichen Bestimmtheit als be-sondere produktive Ttigkeit, produziert den Rock, aber nicht den Tauschwert desRocks. Letztern produziert sie nicht als Schneiderarbeit, sondern als abstraktallgemeine Arbeit, und dieser gehrt einem Gesellschaftszusammenhang, den derSchneider nicht eingefdelt hat..." (ebd., S. 23 f. ; vgl. dazu auch: MEGA2 II/5,S. 22 ff. und MEW 23, S. 56 ff.).

    315

    Gleichwohl besteht er darauf, da es sich um "dieselbeArbeit" handelt. Unmiverstndlich drckt er diesen Sach-verhalt vor allem in der Urfassung des Kapitals aus, wo erzusammenfassend schreibt:

    "Aus dem Bisherigen folgt, da in der Ware zwar nicht zweiverschiedene Sorten Arbeit stecken, wohl aber dieselbeArbeit verschieden und selbst entgegengesetzt bestimmt ist,je nachdem sie auf den Gebrauchswert der Ware als ihrProdukt oder auf den Warenwert als ihren blo gegen-stndlichen Ausdruck bezogen wird" (MEGA2 n/5, S. 26 f.).

    Dementsprechend ist in den verschiedenen Fassungen ab-wechselnd (aber immer nur im Singular) die Rede vomDoppelcharakter oder vom "zwiefachen Charakter der in derWare enthaltenen Arbeit", bzw. von der "zwieschlchtigenNatur" oder von der "zwieschlchtigen Bestimmung derArbeit".

    Des weiteren bezieht sich Marx auf die abstrakt allgemeineArbeit manchmal schlicht als die vernderte bzw. ver-wandelte Form der Arbeit.

    Oder aber, wie er an einer Stelle der Theorien ber denMehrwert ausdrcklich hervorhebt: diese "letztre Form derlabour" sei eigentlich "nur die erstre [i.e. Gebrauchswerthervorbringende] in einer abstrakten Form gefat" (vgl.MEW 26.3, S. 136).

    Dabei stellt sich die Frage, wie das zu verstehen ist? Washeit hier "in einer abstrakten Form gefat"?

    Der "aus der Analyse der Ware gewonnene Unterschiedzwischen der Arbeit, soweit sie Gebrauchswert, und der-selben Arbeit, soweit sie Wert schafft" (MEW 23, S.211),wurde in der Sekundrliteratur immer wieder thematisiert

  • 316

    und oft als Problem dargelegt. Als besonders umstrittengilt eben Marx' Begriff der 'Wert bildenden', 'gleichenmenschlichen oder abstrakt menschlichen Arbeit'. Es handeltsich in der Tat - wie gerade gesehen - um einen vielseitigenBegriff.Diesbezglich haben bestimmte Mansche Bezeichnungenbei mehreren Generationen von Marx-Interpreten zu Irrita-tionen gefhrt, wie zum Beispiel:"Verausgabung menschlicher Arbeitskraft'V'Verausgabungvon menschlichem Muskel, Nerv, Gehirn usw." und, ganzbesonders, der explizite Hinweis auf "Verausgabung men-schlicher Arbeitskraft im physiologischen Sinn" (vgl. hierzu:MEW 13, S. 18; MEGA2 IV5, S. 41 und MEW 23, S. 58und 61).Diese letzte Charakterisierung wurde mehrfach als unver-einbar mit Marx' Auffassung der Wert bildenden Arbeit alseine spezifisch gesellschaftliche Form der Arbeit angesehen.Vielleicht am ausfhrlichsten hat sich Isaak Illich Rubin mitdieser strittigen Bezeichnung befat. Und zwar bereits 1924(1. russische Originalauflage) in seinen Essays on Marx'sTheory ofvalue (Detroit 1972). Fr Rubin steht es jedenfallsfest:

    "One of two things is possible: if abstract labor is anexpediture of human energy in physiological form, thenvalue also has a reified-material character. Or value is asocial phenomenon, and then abstract labor must also beunderstood s a social phenomenon connected with adetermined social form of production. It is not possible toreconcile a physiological concept of abstract labor with thehistorical character of the value which it creates. Thephysiological expediture of energy s such is the same for all

    317

    epochs and, one might say, this energy created value in allepochs. We arrive at the crudest interpretation of the theoryof value, one which sharply contradicts Marx's Theory"(a.a.O., S. 135).

    An einer spteren zusammenfassenden Stelle hlt er genausoresolut fest:

    "Only through such a sociological interpretation of abstractlabor can we understand Marx's central proposition thatabstract labor 'creates' value or finds its expression in theform ofvalue. The physiological conception of abstract laborcould easily lead to a naturalistic concept of value, to aconception which sharply contradicts Marx's theory. Accor-ding to Marx, abstract labor and value are distinguished bythe same social nature and represent purely socialmagnirudes. Abstract labor tneans 'social determination oflabor', and value, the social property of the product of labor.Only abstract labor, which presupposes determined produc-tion relations among people, creates value, and not labor inthe material-technical or physiological sense" (s. S. 152 f.).9

    9 Die entsprechenden Passagen in der (um 8 Kapitel gekrzten! und leider nicht

    fehlerfreien) deutschen Fassung befinden sich auf den Seiten 96 und 116 f.; sie ist(nach der amerikanischen Obersetzung) unter dem Titel: Studien zur ManschenWerttheorie 1973 in Frankfurt am Main erschienen.

    Viel spannender als Rubins Kritik der physiologischen Auffassung der abstraktenArbeit finde ich brigens seine Anmerkungen - aus russischer Sicht - zum sozia-listischen Gemeinwesen im Vergleich zur (brgerlichen) Warenproduktion, zumalMarx, sich kaum (oder nur sehr sprlich) darber geuert hat.

    siehe nchste Seite

  • 318

    Doch auf den ersten Blick haben wir es hierbei auch miteinem Darstellungsproblem zu tun: Wie mir scheint, muman mit bestimmten Merkmalen des Manschen Diskursesgut vertraut sein, um zentrale Aspekte seiner Warenanalyseadquat interpretieren zu knnen.

    Es ist in gewisser Weise eine paradoxe Situation, in der mansich als Interpret befindet. Salopp knnte man das imVolksmund mit dem Spruch ausdrcken: Das ist eine Katze,die sich in den Schwanz beit.

    Zum "Problem" der Interpretation der abstrakten Arbeit als physiologische siehez.B. auch: M. Heinrich, a.a.O., S. 169 ff. Er vertritt die Grundthese, da es "sichbereits bei der Darstellung dieses fundamentalen Konzepts der abstrakten Arbeitbestimmte Ambivalenzen (finden)" (ebd., S. 168).Kritisch uert sich Heinrich brigens unter anderem auch ber Wolfgang FritzHaugs Interpretation in seinen Vorlesungen zur Einfhrung ins "Kapital" (Kln1976). Nach Hang reduzieren sich "sowohl "konkret-ntzliche" als auch "abstrakt-menschliche1 Arbeit... letzlich auf Naturprozesse". Dabei knnte er sich zum Teilauf mehrere Passagen aus Zur Kritik der Politischen konomie und aus derzweiten Auflage des Kapitals berufen.

    In einer kurzen Darlegung der Manschen Wert- und Geldtheorie bemerkt HelmutReichelt lapidar, da "der Marxsche Wertbegriff und vor allem seine Darlegungenber die abstrakte Arbeit als Substanz des Wertes als nicht vllig nachvollziehbarzurckgewiesen wurden..." In: Grundbegriffe des Marxismus. Eine lexikalischeEinfhrung. Herausgegeben von Iring Fetscher, Hamburg 1976, S. 118. Dabeiverweist er direkt (Funote 2, ebd., S. 127) auf die Kritik von Bhm-Bawerk, dersich bereits 1896 sehr kritisch ber Marx' Verfahrensweise zu Beginn des Kapitalsuerte. Zu diesem Punkt vergleiche auch Reichelts Buch: Zur logischen Strukturdes Kapitalbegriffs bei Karl Marx, Frankfurt 1970, z.B. S. 155 ff.

    319

    Will man nun versuchen, sich dem schwierigen Begriff der'abstrakten Arbeit' auf eine andere Weise anzunhern, so istes auf jeden Fall hilfreich, nicht nur mit Marx zwischen derenquantitativen und qualitativen Bestimmungen jeweils zu un-terscheiden.

    Darber hinaus sollten einige der bisher "entdeckten"charakteristischen Aspekte seiner Darstellungs- undEntwicklungsmethode mit in die Auslegung einbezogenwerden.

    Wir haben zum Beispiel gesehen, da sich verschiedeneArgumentation- bzw. Darstellungsebenen im ManschenDiskurs unterscheiden lassen und da nicht wenige(abstrakte) Aspekte im Gang der Darstellung konkreter bzw.durchsichtiger werden.

    Das gilt m.E. auch fr Marx' Darlegung der "abstraktenArbeit".

    Um diese aber "richtig" einordnen zu knnen, halte ich esfr angebracht, nochmals kurz den oben angesprochenenSchlsselbegriff der gesellschaftlichen Gesamtarbeit oderder gesellschaftlichen Arbeit als allgemeiner Arbeit inBetracht zu ziehen. Denn damit hngt - soviel drfte klarsein - Marx' Geldtheorie aufs engste zusammen.

    Zum besseren Verstndnis der Manschen Auffassung der"gesellschaftlichen Arbeit als allgemeiner Arbeit" knnteman sie zunchst durch einen anderen (anschaulicheren)Ausdruck bezeichnen bzw. "bersetzen". Und zwar - wieoben vorgeschlagen - als unbewutes Gesamtkunstwerk derGesellscha mit zwei Seiten bzw. Bestandteilen: einerstofflichen Seite und einer qualitativen - Formseite. Wichtigerscheint es mir, beide Komponenten gleichermaen imAuge zu behalten.

  • 320

    Zur stofflichen Seite der gesellschaftlichen Arbeit als allge-meiner Arbeit, die - wie bereits hervorgehoben - insgesamtdie Teilung der Arbeit ausmacht, mchte ich an dieser Stellenur folgendes nachtragen:

    Auch diese stoffliche Komponente ist geschichtlich undgesellschaftlich bestimmt.In Zur Kritik der Politischen konomie hlt Marx zumBeispiel fest: "So richtig es nun ist, da PrivataustauschTeilung der Arbeit, so falsch ist es, da Teilung der Arbeitden Privataustausch voraussetzt. Unter den Peruanernz.B. war die Arbeit auerordentlich geteilt, obgleich keinPrivataustausch, kein Austausch der Produkte als Warenstattfand" (MEW 13, S. 45).10

    10 Weitere (Gegen-)Beispiele hierzu sind in der Urfassung des Kapitals zu finden,

    nmlich: "... In der altindischen Gemeinde ist die Arbeit gesellschaftlich geteilt,ohne da die Produkte zu Waren werden. Oder, ein nher liegendes Beispiel, injeder Fabrik ist die Arbeit systematisch geteilt, aber diese Teilung nicht dadurchvermittelt, da die Arbeiter ihre individuellen Produkte austauschen. Nur Produkteselbstndiger und von einander unabhngiger Privatarbeiten treten einander alsWaren gegenber" (MEGA2 D75, S. 22)."Ein Ding kann" - wie es ergnzend dazu an einer weiteren Stelle heit - "ntzlichund Produkt menschlicher Arbeit sein, ohne Ware zu sein. Wer durch sein Produktsein eigenes Bedrfnis befriedigt, schafft zwar Gebrauchswert, aber nicht Ware.Um Ware zu produzieren, mu er nicht nur Gebrauchswert produzieren, sondernGebrauchswert fr andere, gesellschaftlichen Gebrauchswert".Und etwas spter heit es noch:

    Die "verschiedne ntzliche Qualitt [allein] (macht) Produkte noch nicht zu Waren.Produziert eine buerliche Familie fr ihren eignen Konsum Rock und Leinwandund Weizen, so treten diese Dinge der Familie als verschiedne Produkte ihrer

    siehe nchste Seite

    321

    Kurzum: Auch mit der realen Arbeit "in ihrer gesell-schaftlichen Gesamtgestalt als Teilung der Arbeit" hat er diespezifisch brgerliche Arbeit vor Augen.

    Auerdem ist in der brgerlichen Warenproduktion dieTeilung der Arbeit "als Totalitt aller besondem produktivenBeschftigungsweisen" (bzw. als "die Gesamtgestalt dergesellschaftlichen Arbeit nach ihrer stofflichen Seite"), einesehr entwickelte. Als solche ist sie auch in der Warenweltvorausgesetzt. Und wie er hierzu im zweiten Kapitel derersten autorisierten Darstellung nachdrcklich betont, "(ist)die Ware [selbst] nur entwickelter Tauschwert, wenn eineWelt von Waren und damit tatschlich entwickelte Teilungder Arbeit vorausgesetzt wird" (MEW 13, S. 69).

    Die Teilung der Arbeit - ich wiederhole es - verwandelt nachMarx "das Arbeitsprodukt in Ware und macht dadurch seineVerwandlung in Geld notwendig. Sie macht es zugleichzufllig, ob diese Transsubstantiation gelingt" (MEGA^ II/5,S. 68 f. und MEW 23, S. 121 f.). Allerdings existiert dieTeilung der Arbeit in dem Darstellungsstadium, mit dem wirhier zu tun haben, "vom Standpunkt der Waren aus undinnerhalb des Austauschprozesses, nur in ihrem Resultat, inder Besonderung der Waren selbst" (MEW 13, S. 37).

    Familienarbeit gegenber, aber nicht sich selbst wechselseitig als Waren. Wre dieArbeit unmittelbar gesellschaftliche, d.h. gemeinsame Arbeit, so erhielten dieProdukte den unmittelbar gesellschaftlichen Charakter eines Gemeinprodukts frihre Produzenten, aber nicht den Charakter von Waren fr einander" (ebd., S. 21 f.und S. 41).

  • 322

    Gehen wir nun erneut auf die Formseite ein, d.h. auf Marx'Darstellung der "gesellschaftlichen Arbeit als [abstrakt]allgemeiner Arbeit", und zwar zuerst am Anfang derWarenanalyse:

    Welche allgemeine Vorstellung von 'abstrakter Arbeit' - alsquasi zusammengefgte Arbeitskraft aller Individuen, alsgesellschaftliche Gesamtarbeit - ihm von vornherein vor-schwebte, lt sich aus verschiedenen Passagen bereits aufdieser Darstellungsstufe, d.h. bei der anfnglichen Waren-analyse, herauslesen.

    Bezeichnenderweise greift er fr die Charakterisierung dergleichen menschlichen, abstrakten Arbeit auf Metaphernzurck. Das fllt vor allem in Zur Kritik der Politischenkonomie aber auch in der Darstellung des Kapitals auf.

    Lt man sich nun auf einige der "Bilder" ein, die er bei derBeschreibung dieser qualittslosen, einfachen Arbeit anfuhrt,so wird sie leichter nachvollziehbar.

    An einer Stelle der zweiten Auflage des Kapitals heit esbeispielsweise hierzu: Die Arbeit "welche die Substanz derWerte bildet, ist gleiche menschliche Arbeit, Verausgabungderselben menschlichen Arbeitskraft. Die gesamte Arbeits-kraft der Gesellschaft, die sich in den Werten der Waren-welt darstellt, gilt hier als eine und dieselbe menschlicheArbeitskraft, obgleich sie aus zahllosen individuellen Ar-beitskrften besteht. Jede dieser individuellen Arbeitskrfteist dieselbe menschliche Arbeitskraft wie die andere,soweit sie den Charakter einer gesellschaftlichen Durch-schnitts-Arbeitskraft besitzt und als solche gesellschaftlicheDurchschnitts-Arbeitskraft wirkt, also in der Produktion einerWare auch nur die im Durchschnitt notwendige odergesellschaftlich notwendige Arbeitszeit braucht..." (vgl.MEW 23, S. 53).

    323

    Allerdings setzt das - wie frher besprochen - die Reduktionder "komplizierten Arbeit" in "zusammengesetzte einfacheArbeit" voraus.11

    An einer parallelen Stelle in Zur Kritik der Politischen ko-nomie fhrt er dazu aus:

    "Die Arbeit, die so gemessen ist durch die Zeit, erscheintin der Tat nicht als Arbeit verschiedener Subjekte, sonderndie verschiedenen arbeitenden Individuen erscheinenvielmehr als bloe Organe der Arbeit. Oder die Arbeit, wiesie sich in Tauschwerten darstellt, knnte ausgedrckt wer-den als allgemein menschliche Arbeit ... Ob A wrend 6Stunden Eisen und whrend 6 Stunden Leinwand produziert,und B ebenfalls whrend 6 Stunden Eisen und whrend 6Stunden Leinwand produziert, oder ob A whrend 12Stunden Eisen und B whrend 12 Stunden Leinwand pro-duziert, erscheint augenfllig als blo verschiedene Anwen-dung derselben Arbeitszeit" (MEW 13, S. 18 f.).12

    1 "Wie diese Reduktion geregelt wird, ist hier gleichgltig. Da sie bestndig

    vorgeht, zeigt die Erfahrung. Eine Ware mag das Produkt der kompliziertestenArbeit sein. Ihr Wert setzt sie dem Produkt einfacher Arbeit gleich und stellt daherselbst nur ein bestimmtes Quantum einfacher Arbeit dar" (MEGA2 11/5, S. 20).

    12 Eine sehr plastische Illustration des "allgemeinen Charakters der vereinzelten

    Arbeit als gesellschaftlichen Charakter derselben" liefert Marx schlielich aneiner weiteren (oben bereits angefhrten) Stelle der ersten autorisierten Dar-stellung, nmlich:

    "Es ist als ob die verschiedenen Individuen ihre Arbeitszeit zusammengeworfen undverschiedene Quanta der ihnen gemeinschaftlich zu Gebote stehenden Arbeitszeit insiehe nchste Seite

  • 324

    Fr die weitere Erluterung der "abstrakten Arbeit" inden verschiedenen Fassungen ist man - wegen der obenbereits angesprochenen Darstellungsvernderungen bei derWarenform-/Wertformentwicklung - gezwungen, etwas diffe-renzierter zu argumentieren. Die folgenden Darlegungen er-heben jedoch keinen Anspruch auf Vollstndigkeit. Sie sol-len vielmehr Marx' Verfahrensweise hierbei weiter illustrie-ren bzw. charakterisieren.

    Da trotz einiger Darstellungsunterschiede die Grundstrukturder Entwicklung der Ware zum Geld in Zur Kritik derPolitischen konomie und im Haupttext der Erstauflage desKapitals durchaus vergleichbar ist, hatten wir oben gesehen.

    Erstens: Der Ausschlielichkeitscharakter der allgemeinenquivalentware ist sowohl in Zur Kritik der Politischenkonomie als auch in der Urfassung des Kapitals(Haupttext) ein zentraler Argumentationspunkt bei derWarenform-/Wertformentwicklung.Diese Frage wird in beiden Fassungen ausdrcklich alsProblem thematisiert und in einem spteren Stadium derAnalyse wieder aufgenommen. Es handelt sich - wie obenausgefhrt - um eine problematisierende Verfahrensweise

    verschiedenen Gebrauchswerten dargestellt htten. Die Arbeitszeit des einzelnen istso in der Tat die Arbeitszeit, deren die Gesellschaft zur Darstellung eines be-stimmten Gebrauchswerts, d.h. zur Befriedigung eines bestimmten Bedrfnissesbedarf..." (MEW 13, S. 20).

    325

    auf verschiedenen Stufen, die als "erste" und "zweite" Pro-blemarisierung gekennzeichnet wurde.

    Zweitens: Beiden Fassungen ist auerdem gemeinsam,da eine objektivistische oder konkretisierende Wendung imMarxschen Diskurs unmittelbar vor der Einfhrung desGeldes - als fertiger Gestalt des allgemeinen quivalents -stattfindet, wobei auf den wirklichen Austauschproze derWaren hingewiesen wird.

    Wie ich am Beispiel der Entwicklung der Ware als Doppel-ding, genauer des der Ware innewohnenden Widerspruchsvon Gebrauchswert und Wert zu demonstrieren versuchthabe, hat sich Marx in den spteren Versionen derWarenform-AVertformentwicklung fr einen "neuen" Wegentschieden (siehe oben, insbesondere die Thesen 3-5 und 7,S. 24 ff.).

    So spielt das Problem des Ausschlielichkeitscharakters derallgemeinen quivalentware in der zweiten und drittenFassung der Wertformanalyse (im Anhang "Die Wertform"zur Erstauflage des Kapitals und im ersten Kapitel derzweiten Auflage) nicht mehr die "zentrale" Rolle, die fr diefrheren autorisierten Ausarbeitungen der Warenanalyse kon-statiert werden konnte.13

    13 Der Ausschlielichkeitscharakter der allgemeinen quivalentware wird bereits

    in der zweiten Fassung im Rahmen der Wertformentwicklung, und zwar bei derallgemeinen Wertform (Form HI) erlutert. Wie in der dritten und endgltigenFassung der Wertformanalyse (in der zweiten Auflage des Kapitals) geschiehtdies positiv (vgl. dazu MEW 23, S. 83 und MEGA2 II/5, S. 646).

    siehe nchste Seite

  • 326

    Charakteristisch fr die erste Darstellung in Zur Kritik derPolitischen konomie ist auerdem, da schon in einemfrheren, abstrakteren Entwicklungsstadium generell aufdie Notwendigkeit eines allgemeinen quivalents fr diegesellschaftliche Darstellung der Privatarbeiten und ihrerProdukte hingewiesen wird (MEW 13, S. 19 f.). Dies ge-schieht allerdings, ohne da auf dieser Stufe der Analyse derAusschlielichkeitscharakter der allgemeinen quivalent-ware von Marx schon thematisiert, geschweige denn "pro-bletnatisiert" wird.

    berhaupt kann man sagen, da sich in dieser erstenautorisierten Darstellung bereits im ersten Kapitel - sowohlvor als auch nach der Einhrung der allgemeinenquivalentware - wichtige Momente der Entwicklung derWare quasi langsam anbahnen und sich erst nachtrglich,stufenweise - etwa mit der Einfhrung der Kategorie desPreises im zweiten Kapitel - weiter konkretisieren.1*

    Darber hinaus wird dort - wie oben wiederholt hervorgehoben - bereits dieGeldform hereingenommen, nmlich beim "bergang aus der allgemeinen Wert-form zur Geldform", und es wird die letzte Form als "Form IV" ausgefhrt (sieheauch oben)

    14 so kann er beispielsweise im zweiten Kapitel folgendes weiter przisieren:

    "Die Waren treten sich jetzt [in der Zirkulation] als Doppelexistenzen gegenber,wirklich als Gebrauchswerte, ideell als Tauschwerte. Die Doppelform der Arbeit,die in ihnen enthalten ist, stellen sie jetzt freinander dar, indem die besondere realeArbeit als ihr Gebrauchswert wirklich da ist, whrend die allgemeine abstrakteArbeitszeit in ihrem Preise ein vorgestelltes Dasein erhlt, worin sie gleichmigeund nur quantitativ verschiedene Materiatur derselben Wertsubstanz sind" (ebd.,S. 53).

    327

    Die Einfhrung der allgemeinen quivalentware erfolgt indiesem Werk - wie oben dargelegt - noch im ersten Kapiteldurch eine objektivistische Wendung im Marxschen Diskurs.Dabei "verlt" der Analytiker Marx gleichsam die bisherigeimmanente, theoretische Darstellung, um zu zeigen, wie das"Dasein einer besonderen Ware als allgemeines quivalentaus bloer Abstraktion gesellschaftliches Resultat des Aus-tauschprozesses selbst (wird)" (ebd., S. 32).

    Nach dieser objektivistischen Wendung zeigen sich oderstellen sich bestimmte Elemente der anfnglichen Waren-analyse quasi in einem "neuen" Licht dar. Das gilt ins-besondere fr die oben angesprochenen gesellschaftlichenBestimmungen der Tauschwert setzenden Arbeit, die alsnotwendige Bedingungen oder Voraussetzungen zunchstquasi "abstrakt" entwickelt worden waren. Sie sollen sich amSchlu als Eigenschaften des Geldes erweisen.

    Weiter konkretisiert wird zugleich die gesellschaftlicheArbeitszeit., die ebenfalls vorher (i.e. whrend der abstraktenEntwicklung) wiederholt angesprochen worden war. So zumBeispiel beim "zweiten" problematisierenden Ansatz, wo esspeziell zur allgemeinen bzw. gesellschaftlichen Arbeitszeitheit: Sie selbst sei "eine Abstraktion, die als solche fr dieWaren nicht existiert" (ebd., S.31). Oder aber, da sie in denWaren "sozusagen nur latent" existiere und sich "erst inihrem Austauschproze" offenbaren soll. Denn es "wirdnicht ausgegangen von der Arbeit der Individuen alsgemeinschaftlicher, sondern umgekehrt von besondern Ar-beiten von Privatindividuen, Arbeiten, die sich erst imAustauschproze durch Aufhebung ihres ursprnglichenCharakters, als allgemeine gesellschaftliche Arbeit beweisen.Die allgemein gesellschaftliche Arbeit ist daher nicht fertigeVoraussetzung, sondern werdendes Resultat" (ebd., S. 31 f.).

  • 328

    An einer spteren Stelle fuhrt er weiter konkretisierendaus, wie die Gleichheit und der allgemeine Charakter derTauschwert setzenden Arbeit wirklich erscheinen und inwelcher Form sich die allgemeine Arbeitszeit schlielichdarstellt, nmlich als "ein Ding", eine auschlieliche Wareneben allen anderen gewhnlichen Waren.15

    Die Darstellung der allgemeinen Arbeitszeit als "ein be-sonderes Ding" betrifft in dieser Fassung die "dritte" gesell-schaftliche Bestimmung der Tauschwert setzenden Arbeit,hier kurz "Fetischismus" genannt.16

    15 Wie oben bereits zitiert, schreibt er hierzu unter anderem:

    "Da alle Waren als Tauschwerte aufeinander bezogen sind, als nur verschiedeneQuanta vergegenstndlichter allgemeiner Arbeitszeit, erscheint jetzt so, da sie alsTauschwerte nur verschiedene Quanta desselben Gegenstandes, der Leinwand [i.e.der Geldware], darstellen. Die allgemeine Arbeitszeit stellt sich daher ihrerseits darals ein besonderes Ding, eine Ware neben und auer allen anderen Waren..." (ebd.,S. 33).

    16 Diesen wichtigen Punkt hebt Marx - wie gesehen - bereits im ersten Kapitel

    hervor:

    "Da also die Warenbesitzer wechselseitig sich auf ihre Arbeiten als allgemeinegesellschaftliche Arbeit beziehen, stellt sich so dar, da sie sich auf ihre Waren alsTauschwerte beziehen, die wechselseitige Beziehung der Waren aufeinander alsTauschwerte im Austauschproze als ihre allseitige Beziehung auf eine besondereWare als adquaten Ausdruck ihres Tauschwerts, was umgekehrt wieder erscheintals spezifische Beziehung dieser besonderen Ware zu allen anderen Waren unddarum als bestimmter gleichsam naturwchsig gesellschaftlicher Charakter einesDings ... Da ein gesellschaftliches Produktionsverhltnis sich als ein auer denIndividuen vorhandener Gegenstand und die bestimmten Beziehungen, die sich imProduktionsproze ihres gesellschaftlichen Lebens eingehen, sich als spezifische

    siehe nchste Seite

    329

    Auf diesen eigenartigen Sachverhalt bezieht er sich erneut imVerlauf seiner weiteren Entwicklung, etwa im Unterabschnit"Der Umlauf des Geldes" im zweiten Kapitel. Hier geht ernochmals - wie oben kurz vermerkt - ausdrcklich auf diespezifische Art und Weise, worin die Waren produzierendeArbeit gesellschaftliche Arbeit ist.Zu dieser besonderen Art der Gesellschaftlichkeit stellt erzuerst rckblickend und dann ergnzend, in Verbindung nunmit ihrer (sachlichen) entsprechenden Erscheinungs- bzw.Vermittlungsform fest:

    "Wie die Warenbesitzer die Produkte ihrer Privatarbeitenals Produkte gesellschaftlicher Arbeit darstellten, indem sieein Ding, Gold, in unmittelbares Dasein der allgemeinenArbeitszeit und darum in Geld verwandelten, so tritt ihnenjetzt ihre eigene allseitige Bewegung, wodurch sie denStoffwechsel ihrer Arbeiten vermittern, als eigentmlicheBewegung eines Dings gegenber, als Umlauf des Goldes..."(MEW 13, S. 81 f.).Wie Marx bereits auf einer "abstrakten" Entwicklungsstufedieser ersten autorisierten Darstellung selbst betont, handeltes sich bei diesen Ausfhrungen in erster Linie "um die

    Eigenschaften eines Dings darstellen, diese Verkehrung und nicht eingebildete,sondern prosaisch reelle Mystifikation charakterisiert alle gesellschaftlichenFormen der Tauschwert setzenden Arbeit. Im Geld erscheint sie nur frappanter alsin der Ware" (ebd., S. 34 f.).

  • 330

    spezifische Form, worin die Arbeit gesellschaftlichen Cha-rakter erhlt" (vgl. ebd., S. 20).

    In der brgerlichen Warenproduktion ist - wie frherbesprochen - der gesellschaftliche Charakter der Arbeitdadurch vermittelt, da "die Arbeit des einzelnen dieabstrakte Form der Allgemeinheit, oder sein Produkt dieForm eines allgemeinen quivalents annimmt".

    Mittels der allgemeinen quivalentware bzw. des Geldes (alsdie "Wertgestalt" der gewhnlichen Waren) werden dieindividuellen Arbeiten (durch ihre Entuerung) gleichsamaufgehoben, bzw. "verneint". Sie werden "nmlich alsArbeit keines [und/oder jedes!] Individuums Geld" (ebd.,S. 21 und 76).

    Nun aber haben wir es in der Darstellung des Kapitals - wiebereits in Zur Kritik der Politischen konomie - mit einerprogressiven und regressiven Entwicklungsmethode zu tun.

    Auf diese weitere charakteristische Verfahrensweise wurdeauch anhand der ersten zwei autorisierten Darstellungenbereits aufmerksam gemacht.

    In beiden Fassungen werden bestimmte Aspekte der an-fnglichen, abstrakten Entwicklung des Warenwerte1 in einemgewissen Stadium der Analyse wieder herangezogen (sieheoben).Auch in der vernderten Darstellung ab der zweiten Auf-lage des Kapitals kehrt Marx im Rahmen der Wertform-analyse ausdrcklich zur Erscheinungsform des Wertszurck. Interessanterweise bezieht er sich darunter auf be-stimmte Charakterisierungen der "abstrakten Arbeit" bei deranfanglichen Warenanalyse.

    331

    Er ging in der Tat vom Tauschwert oder Austauschverhltnisder Waren aus, um - wie er hier nachtraglich erklrt - "ihremdarin versteckten Wert auf die Spur zu kommen".

    Auch mit Verweis auf die anfngliche Analyse erinnert erdaran, "da die Waren nur Wertgegenstndlichkeit besitzen,sofern sie Ausdrcke derselben gesellschaftlichen Einheit,menschlicher Arbeit, sind, da ihre Wertgegenstndlichkeitalso rein gesellschaftlich ist".

    Unumwunden schliet er dann daraus: Es vestehe "sich auchvon selbst, da sie nur im gesellschaftlichem Verhltnis vonWare zu Ware erscheinen kann" (MEW 23, S. 62).

    Jetzt - auf dieser Darstellungsstufe - soll jene rtselhafteWertgegenstndlichkeit,17 die am Anfang der Warenanalyse,bei der "analytischen" Betrachtung des Tauschwerts derWare erstmals thematisiert wurde, weiter bestimmt bzw.konkretisiert werden.

    Das geschieht nun mittels der Analyse der Wertform oderErscheinungsform des Warenwerte.

    17 "Die Wertgegenstndlichkeit der Waren unterscheidet sich dadurch von der

    Wittib Hurtig, da man nicht wei, wo sie zu haben ist. Im graden Gegenteil zursinnlich groben Gegenstndlichkeit der Warenkrper geht kein Atom Naturstoff inihre Wertgegenstndlichkeit ein. Man mag daher eine einzelne Ware drehen undwenden, wie man will, sie bleibt unfabar als Wertding..." (ebd.).

  • 332

    Auch in der Urfassung des Kapitals kehrt er am Anfang der"Analyse der Wertform" - wie er es hier bezeichnet - "zurersten Erscheinungsform des Warenwerte" zurck.

    Im Unterabschnitt Erste oder einfache Form des relativenWerts schreibt er:

    "Als Wert besteht die Leinwand nur aus Arbeit, bildeteine durchsichtig kristallisierte Arbeitsgallerte ... Um Lein-wand als blo dinglichen Ausdruck menschlicher Arbeitfestzuhalten, mu man von allem absehn, was sie wirklichzum Ding macht. Gegenstndlichkeit der menschlichenArbeit, die selbst abstrakt ist, ohne weitere Qualitt undInhalt, ist notwendig abstrakte Gegenstndlichkeit, einGedankending. So wird das Flachsgewebe zum Hirnge-spinnst" (MEGA2 H/5, S. 30).

    Daraufhin folgt in dieser Fassung eine Art objektivistischeoder konkretisierende Wendung im Marxschen Diskurs:

    "Aber Waren sind Sachen. Was sie sind, mssen sie sachlichsein oder in ihren eignen sachlichen Beziehungen zeigen. Inder Produktion der Leinwand ist ein bestimmtes Quantummenschlicher Arbeitskraft verausgabt worden. Dir Wert istblo gegenstndlicher Reflex der so verausgabten Arbeit,aber er reflektiert sich nicht in ihrem Krper. Er offenbartsich, erhlt sinnlichen Ausdruck durch ihr Wertverhltniszum Rock. Indem sie ihn als Wert sich gleichsetzt, wh-rend sie sich zugleich als Gebrauchsgegenstand von ihmunterscheidet, wird der Rock die Erscheinungsform desLeinwand- Werts im Gegensatz zum Leinwand-Trper, ihreWertform im Unterschied von ihrer Naturalform" (ebd.).An einer spteren (fr diesen Zusammenhang relevanten)Stelle ist - im Rahmen der Betrachtung der dritten, um-

    333

    gekehrten oder rckbezogenen zweiten Form - auerdem zulesen:

    "Indes haben wir hier nicht weit zu suchen, worin diegesellschaftliche Form der in den Waren enthaltenen undvon einander unabhngigen Privatarbeiten besteht: Sie ergabsich bereits aus der Analyse der Ware. Ihre gesellschaftlicheForm ist ihre Beziehung aufeinander als gleiche Arbeit, also,da die Gleichheit toto coelo verschiedner Arbeiten nur ineiner Abstraktion von ihrer Ungleichheit bestehen kann, ihreBeziehung auf einander als menschliche Arbeit berhaupt,Verausgabung menschlicher Arbeitskraft, was alle mensch-lichen Arbeiten, welches immer ihr Inhalt und ihre Opera-tionsweise, in der Tat sind".

    Hierbei fugt er interessanterweise noch hinzu: "In jedergesellschaftlichen Arbeitsform sind die Arbeiten derverschiednen Individuen auch als menschliche aufeinanderbezogen, aber hier gilt diese Beziehung selbst [!] als diespezifisch gesellschaftliche Form der Arbeiten. Nun besitztaber keine dieser Privatarbeiten in ihrer Naturalform diesespezifisch gesellschaftliche Form abstrakter menschlicherArbeit, so wenig wie die Ware in ihrer Naturalformdie gesellschaftliche Form bloer Arbeitsgallerte, oder desWertes besitzt. Dadurch aber, da die Naturalform einerWare, hier der Leinwand, allgemeine quivalentformwird, weil sich alle ndern Waren auf dieselbe alsErscheinungsform ihres eignen Werts beziehen, wird auchdie Leinweberei zur allgemeinen Verwirklichungsform ab-strakter menschlicher Arbeit oder zu Arbeit in unmittelbargesellschaftlicher Form..." (ebd., S. 41).Und weiter resmierend:"Da sie [die in den Waren steckenden Privatarbeiten] nichtunmittelbar gesellschaftliche Arbeit sind, so ist erstens diegesellschaftliche Form eine von den Naturalformen der

  • 334

    wirklichen ntzlichen Arbeiten unterschiedne, ihnen fremde,und abstrakte Form, und zweitens erhalten alle Arten Privat-arbeit ihren gesellschaftlichen Charakter nur gegenstzlich,indem sie alle einer ausschlielichen Art Privatarbeit,hier der Leineweberei, gleichgesetzt werden. Dadurch wirdletztere die unmittelbare und allgemeine Erscheinungsformabstrakter menschlicher Arbeit und so Arbeit in unmittelbargesellschaftlicher Form. Sie stellt sich daher auch unmittelbarin einem gesellschaftlich geltenden und allgemein austausch-baren Produkt dar" (ebd.).

    Ein weiteres Beispiel sei aus der Urfassung des Kapitalsgenannt: Auch dort veranschaulicht Marx die ganz besondereund ausschlieliche Rolle der als allgemeines quivalentfungierenden Ware. Und zwar zuerst durch einen Vergleichbzw. Kontrast zwischen den Wertformen II und III: "In derForm II: 20 Ellen Leinwand = l Rock oder = u Kaffeeoder = v Tee oder = x Eisen usw., worin die Leinwandihren relativen Wertausdruck entfaltet, bezieht sie sich aufjede einzelne Ware, Rock, Kaffee usw. als ein besondresquivalent und auf alle zusammen als den Umkreis ihrerbesondern quivalentformen. Ihr gegenber gilt keine ein-zelne Warenart noch als quivalent schlechthin, wie imeinzelnen quivalent [Form I], sondern nur als besondresquivalent, wovon das eine das andere ausschliet. Inder Form III ... erscheint die Leinwand dagegen als dieGattungsform des quivalents fr alle anderen Waren..."(MEGA2 II/5, S. 37).

    Letzteres przisiert er noch weiter, indem er eine etwaserstaunliche Parallele dazu zieht, nmlich: "Es ist als obneben und auer Lwen, Tigern, Hasen und allen ndernwirklichen Tieren, die gruppiert die verschiednen Ge-schlechter, Arten, Unterarten, Familien usw. des Tierreichsbilden, auch noch das Tier existierte, die individuelleInkarnation des ganzen Tierreichs. Ein solches Einzelne, das

    335

    in sich selbst alle wirklich vorhandenen Arten derselbenSache einbegreift, ist ein Allgemeines, wie Tier, Gott usw.Wie die Leinwand daher einzelnes quivalent wurde,dadurch da sich eine andere Ware auf sie als Er-scheinungsform des Werts bezog, so wird sie als allenWaren gemeinschaftliche Erscheinungsform des Werts dasallgemeine quivalent, allgemeiner Wertleib, allgemeineMateriatur der abstrakten menschlichen Arbeit. Die inihr materialisierte besondere Arbeit gilt daher jetzt alsallgemeine Verwirklichungsform der menschlichen Arbeit,als allgemeine Arbeit" (ebd.).18

    Ausfhrlicher und manifester als in der Darstellung derUrfassung des Kapitals (Haupttext), erfolgt schlielich dievorher angefhrte objektivistische Wendung im MarxschenDiskurs in der dritten und endgltigen Fassung der Wert-formanalyse seit der zweiten Auflage des Kapitals.

    Dabei vergleicht sozusagen der Theoretiker bzw. GelehrteMarx einige Aussagen seiner bisherigen immanenten Analyse

    18 Es sei in diesem Zusammenhang auch an die oben zitierte aufschlureiche

    Aussage im Fetischabschnitt erinnert:

    "Wenn ich [der Theoretiker Marx} sage, Rock, Stiefel usw. beziehen sich aufLeinwand als die allgemeine Verkrperung abstrakter menschlicher Arbeit, sospringt die Verrcktheit dieses Ausdrucks ins Auge. Aber wenn die Produzentenvon Rock, Stiefel usw. diese Waren auf Leinwand - oder auf Gold und Silber, wasnichts an der Sache ndert - als allgemeines quivalent beziehn, erscheint ihnendie Beziehung ihrer Privatarbeiten zu der gesellschaftlichen Gesatntarbeit genau indieser verrckten Form" (MEW 23, S. 90; hierzu vgl. auch MEGA2 II/5, S. 47).

  • 336

    mit dem, was sich im Wertverhltnis der Waren selbst"zeigt".

    So hebt er beispielsweise hervor: "Sagen wir: als Werte sinddie Waren bloe Gallerte menschlicher Arbeit, so reduziertunsere Analyse dieselben auf die Wertabstraktion, gibt ihnenaber keine von ihren Naturalform verschiedne Wertform.Anders im Wertverhltnis einer Ware zur ndern. IhrWerteharakter tritt hier hervor durch ihre eigne Beziehung zuder ndern Ware ... Nur der quivalenzausdruck verschie-denartiger Waren bringt den spezifischen Charakter derwertbildenden Arbeit zum Vorschein, indem er die in denverschiedenartigen Waren steckenden, verschiedenartigenArbeiten tatschlich auf ihr Gemeinsames reduziert, aufmenschliche Arbeit berhaupt ... Um den Leinwandwert alsGallerte menschlicher Arbeit auszudrcken, mu er als eine'Gegenstndlichkeit' ausgedrckt werden, welche von derLeinwand selbst dinglich verschieden und ihr zugleich mitandrer Ware gemeinsam ist. Die Aufgabe ist bereits gelst"(MEW 23, S. 65).Zusammenfassend hlt er ein Stck weiter fest:

    "Man sieht, alles, was uns die Analyse des Warenwertsvorher sagte, sagt die Leinwand selbst, sobald sie in Um-gang mit andrer Ware, dem Rock, tritt. Nur verrt sieihre Gedanken in der ihr allein gelufigen Sprache, derWarensprache. Um zu sagen, da die Arbeit in der abstraktenEigenschaft menschlicher Arbeit ihren eignen Wert bildet,sagt sie, da der Rock, soweit er ihr gleich gilt, also Wert ist,aus derselben Arbeit besteht wie die Leinwand. Um zusagen, da ihre sublime Wertgegenstndlichkeit von ihremsteifleinenen Krper verschieden ist, sagt sie, da Wertaussieht wie ein Rock und daher sie selbst als Wertding demRock gleicht wie ein Ei dem ndern ... Vermittelst desWertverhltnisses wird also die Naturalform der Ware B zur

    337

    2.

    Wertform der Ware A oder der Krper der Ware B zumWertspiegel der Ware A. Indem sich die Ware A auf dieWare B als Wertkrper bezieht, als Materiatur menschlicherArbeit, macht sie den Gebrauchswert B zum Material ihreseignen Wertausdrucks..." (ebd., S. 66).

    Sehr hnlich argumentiert er diesbezglich brigens bereitsin der zweiten Fassung der Wertformanalyse im Anhang DieWertform der Erstauflage (vgl. dazu MEGA2 II/5, S. 639).Man kann also sagen, da auch in diesen beiden "spteren"Textfassungen eine objektivistische oder konkretisierendeWendung im Manischen Diskurs stattfindet. Allerdings ge-schieht das - anders als in den ersten zwei autorisiertenDarstellungen - nur im Rahmen der Wertformanalyse.

    So weit einige weitere Beispiele zur Marxschen Erluterungbzw. Bestimmung der abstrakten Arbeit in den verschiedenenAuflagen des Kapitals.

    Man kann dem zentralen Begriff der 'abstrakten Arbeit' sowieanderen Aspekten der Warenanalyse auch auf anderem Wegauf die Spur kommen. Und zwar durch Betrachtung derMarxschen Auseinandersetzung mit bestimmten konomen.

    Gemeint ist zunchst Marx' Beschftigung mit dem Aristo-kraten Sir James Steuart.

    Auf die (in der Sekundrliteratur relativ wenig beachtete)Bedeutung von Steuart fr die Gesamtentwicklung von derWare zum Geld in der ersten autorisierten Darstellungwurde im Verlauf der Untersuchung in mehrfacher Hinsichthingewiesen. So wurde zuletzt auf seine richtige Entwicklungder Geldfunktionen eingegangen. hnlich wie Marx soller die verschiedenen Geldfunktionen "... tatschlich aus denverschiedenen Momenten des Warenaustausches selbst ...entwickelt" haben.

  • 338

    Darber hinaus habe Steuart die "allgemeinen Gesetze desGeldumlaufs" entdeckt. Auf beide Punkte nimmt er in ZurKritik der Politischen konomie ausdrcklich Bezug (sieheoben).

    Konkret nun zu dem gerade diskutierten Problemkomplexum die abstrakte Arbeit ist nochmals folgendes zu ver-gegenwrtigen:

    Marx attestiert Steuart eine "scharfe Unterscheidungzwischen der spezifisch gesellschaftlichen Arbeit, die sich imTauschwert darstellt, und der realen Arbeit, die Gebrauchs-werte erzielt". Wie oben am Rande notiert, zeichnet geradedas "Steuart von seinen Vorgngern und Nachfolgern" aus."Die Arbeit, sagt er, die durch ihre Entuerung(alienation) ein allgemeines quivalent schafft (universalequivalent), nenne ich Industrie" (vgl. MEW 13, S. 44).

    Aus diesem Zitat lt sich indirekt ablesen, da Marx mit derabstrakten Arbeit auch die "Arbeit als Industrie" vor Augenhat. Interessant bei dieser Definition ist natrlich auch dieausdrckliche Erwhnung des allgemeinen quivalents.

    Steuart soll auerdem die Arbeit als Industrie sowohl vonder "realen Arbeit" als auch von anderen gesellschaftlichenFormen der Arbeit unterschieden haben.

    Im brigen bezieht sich Marx ausdrcklich auf "die Wareals elementarische Grundform des Reichtums" und auf "dieEntuerung als die herrschende Form der Aneignung".Beide gehren - wie er auch in Anlehnung an Steuartunterstreicht - "nur der brgerlichen Produktionsperiode an,also der Charakter der Tauschwert setzenden Arbeit [ist]spezifisch brgerlich" (ebd).

    339

    Von methodologischem Interesse fr Marx' Auffassungder konomischen Kategorien als abstrakten Formen derbrgerlichen Arbeit ist eine weitere Anmerkung zu Steuart,nmlich:

    Er weist kritisch darauf hin, da bei Steuart "die abstraktenKategorien der politischen konomie noch im Proze derScheidung von ihrem stofflichen Inhalt" seien und "daherverflieend und schwankend erscheinen, so die des Tausch-werts..." (ebd., S. 43). Es gbe bei ihm noch ein "Ringen mitdem stofflichen Inhalt" (ebd.).

    Auerdem findet Marx bei seiner im Prinzip "richtigen"Darstellung der verschiedenen Geldfunktionen - wie obenangedeutet - auch Einiges zu kritisieren: Sie sei mitunter"getrbt", namentlich "durch phantastische Ansicht vom Mader Werte, durch schwankende Darstellung von Tauschwertberhaupt und durch Reminiszenzen des Merkantilsystems"(MEW 13, S. 140; dazu siehe auch ebd., S. 61 ff.).

    Nach Marx' Meinung versteht er die Verwandlung desMaes der Werte in die daraus abgeleitete Funktion desMastabs der Preise nicht. Unter anderem darauf ist zurck-zufuhren, da er "die Qualitt des Maes (leugnet)", die dieWaren "gleichnamig macht". Dies demonstriert Marx inZur Kritik der Politischen konomie interessanterweise amBeispiel der mathematischen Figur des Kreises.

    Das erinnert brigens an seine sptere Auseinandersetzungmit Bailey (siehe MEW 26.3, z.B. S. 141) und an seine Ver-fahrensweise bei der Ableitung des Werts am Anfang desKapitals (sprich: Beispiel des Dreiecks). Hierauf sowie aufdie besondere Bedeutung von Aristoteles fr die Warenform-und Wertformentwicklung gehe ich weiter unten ein.

  • 340

    Nach eigener Angabe hat Marx den Doppelcharakter der inder Ware enthaltenen Arbeit zum ersten Mal in Zur Kritikder Politischen konomie kritisch "entwickelt" bzw. "nach-gewiesen".

    Wichtig hierfr war neben Steuart gewi Benjamin Franklin.Bei der Lektre von Franklins ersten Essay (A ModestInquiry into the Nature and Necessity ofa Paper Currency)ist ihm offensichtlich ein Licht fr seine eigene Entwicklungaufgegangen. Denn bei Franklin erkennt der DialektikerMarx nicht nur eine (unbewute) doppelte Verwendung desWortes 'Arbeit', sondern zugleich die Vermischung von Ar-beit in der einen Form, mit Arbeit in der ndern Form.

    Das kann man zunchst aus einigen Bemerkungen in ZurKritik der Politischen konomie entnehmen. Wie oben amRande bemerkt, bemngelt er zwar, da "die Arbeitszeit sichsofort bei Franklin konomistisch einseitig als Ma derWerte dar(stellt)". Gleichwohl wird dieser Theoretiker als derAutor prsentiert, bei dem sich die "erste bewute, beinahetrivial klare Analyse des Tauschwerts auf Arbeitszeit" zufinden ist (MEW 13, S. 41): "'Da', sagt er [Franklin] 'derHandel berhaupt nichts ist als der Austausch von Arbeitgegen Arbeit, wird der Wert aller Dinge am richtigstengeschtzt durch Arbeit'" (ebd, S. 42). Marx' Kommentardazu: "Setzt man hier wirkliche Arbeit an die Stelle desWorts Arbeit, so entdeckt man sofort die Vermischung vonArbeit in der einen Form, mit Arbeit in der ndern Form. DaHandel z.B. im Austausch von Schusterarbeit, Minenarbeit,Spinnarbeit, Malerarbeit usw. besteht, wird der Wert vonStiefeln am richtigsten geschtzt in Malerarbeit? Franklinmeinte umgekehrt, da der Wert von Stiefeln, Minen-produkten, Gespinst, Gemlden usw. bestimmt wird durchabstrakte Arbeit, die keine besondere Qualitt besitzt unddaher durch bloe Quantitt mebar ist..." (ebd.).

    341

    Auch in der Darstellung der zweiten Auflage des Kapitalsuert sich Marx zum Teil kritisch ber den "berhmte[n]Franklin". Unter anderem spricht er dort die Reduktion derverschiedenen Arbeiten an.Zu diesem wichtigen Punkt heit es: Franklin sei sichnmlich "nicht bewut, da indem er den Wert aller Dinge'in Arbeit' schtzt, er von der Verschiedenheit der aus-getauschten Arbeiten abstrahiert - und sie so auf gleichemenschliche Arbeit reduziert. Was er nicht wei, sagt erjedoch. Er spricht erst von 'der einen Arbeit1, dann Vonder andren Arbeit', schlielich von 'Arbeit' ohne weitereBezeichnung als Substanz des Werts aller Dinge" (MEW 23,S. 65, Anmerkung 17a).Doch vielleicht am deutlichsten bezieht sich Marx bereits inder ersten autorisierten Darstellung - auch im Rahmenseiner Kritik an Franklin - auf die "abstrakte Arbeit, diekeine besondere Qualitt besitzt und daher durch bloeQuantitt mebar" sei. Wie oben am Rande notiert, trittdabei das wichtige Moment der Entuerung besonders klarhervor.

    Positiv ausgedrckt schreibt er dort: "... die im Tausch-wert enthaltene Arbeit" sei "die abstrakt allgemeine, ausder allseitigen Entuerung der individuellen Arbeiten ent-springende gesellschaftliche Arbeit". Und das Geld sei "dieunmittelbare Existenzform dieser entuerten Arbeit" (vgl.MEW 13, S. 42).Wichtig fr Marx' Warenanalyse waren mindestens zweiweitere Autoren, von denen er sich (bis auf die von ihmbernommenen Beispiele) offenbar stark inspirieren lie.Gemeint sind Henri Storch und Simonde de Sismondi, diesich unter anderem auch mit dem Proze der Entwicklungdes Geldes befaten.

  • 342

    Man denke in diesem Zusammenhang etwa an denprgnanten Satz von Sismondi: "Es ist der Gegensatzzwischen dem Gebrauchswert und dem Tauschwert, woraufder Handel die ganze Sache zurckgefhrt hat" (MEW 13,S. 46, Funote)."In direkter Polemik mit Ricardo betonte Sismondi" - nachMarx' Angabe - "sowohl den spezifisch gesellschaftlichenCharakter der Tauschwert setzenden Arbeit, wie er es als'Charakter unseres konomischen Fortschritts' bezeichnet, dieWertgre auf notwendige Arbeitszeit zu reduzieren, auf'dasVerhltnis zwischen dem Bedrfnis der ganzen Gesellschaftund der Quantitt Arbeit, die hinreicht, dies Bedrfnis zubefriedigen'..." (ebd.; hierzu vgl. auch: Fred E. Schrder,a.a.O., insbesondere S. 126 und 128 f.). Sismondi skizziertbeispielsweise - nach Schrders Angabe - "einen historisch-logischen Proze, in welchem die Edelmetalle Gold undSilber gesellschaftlich zu Geld geworden sind: Als derHandel zwischen die Produzenten trat, die Arbeitsteilungzwischen ihnen voranschritt und jeder nicht mehr (fr den)unmittelbaren Bedarf, sondern fr die Gesellschaft arbeitete,wurde die individuelle Wertschtzung der Produkte durcheine gesellschaftliche ersetzt" (ebd., S. 126 und 128).

    Und noch wichtiger:

    Eine von Sismondi zuerst gemachte "Analogie zwischen demMa der Schwere und dem Ma des Werts" lst er "in seinerweiteren Ausfhrung wieder auf: Um die Schwere allerKrper zu messen, war es leicht, einen Mastb (etalon) zufinden, der eine sinnlich wahrnehmbare Quantitt von immeridentischer Schwere ist. Im Unterschied zur Schwere ist derWert hingegen eine abstrakte, sinnlich berhaupt nichtwahrnehmbare Quantitt. Der Wert ist letzlich durch diegesellschaftlich notwendige Arbeitsquantitt bestimmt, diewechselt, aktuell schwer zu schtzen ist und von der

    343

    Konkurrenz jeweils ex post fest festgesetzt wird..." (ebd.,S. 128 f.; siehe dazu auch, S. 132 und MEW 23, S. 71, woMarx sich ebenfalls auf die Grenze der Analogie des Werts[als "etwas rein Gesellschaftliches"] mit der Schwere be-zieht). ber Storchs Geldansichten vgl. auch Schrder,a.a.O., u.a. S. 129 ff.

    3. Abgesehen nun von den bisher erwhnten Problemen bei derAuslegung bestimmter Fragen der Marxschen Warenanalyse,die durch seine analytische Methode geradezu hervorgerufenwerden, hngen die allgemeinen Schwierigkeiten seitens derInterpreten unmittelbar mit der besonderen Beschaffenheitund der Darstellungsart seines Untersuchungsgegenstandeszusammen; genauer gesagt mit Marx' dialektischer Auf-fassung der Ware als Zwieschlchtiges und mit seiner Deu-tung des Warenwert als - sinnlich-bersinnliche bzw. reingesellschaftliche Dimension.

    Dabei geht er bei seiner Analyse der Ware in den ver-schiedenen autorisierten Fassungen zunchst quasi phnome-nologisch vor:

    "Wovon ich ausgehe, ist die einfachste gesellschaftlicheForm, worin sich das Arbeitsprodukt in der jetzigen Ge-sellschaft darstellt, und dies ist die Ware'. Sie analysiere ich,und zwar zunchst in der Form, worin sie erscheint. Hierfinde ich nun, da sie einerseits in ihrer Naturalform einGebrauchsding, alias Gebrauchswert ist; andrerseits Trgervon Tauschwert, und unter diesem Gesichtspunkt selbstTauschwert1. Weitere Analyse des letzteren zeigt mir, dader Tauschwert nur eine 'Erscheinungsform', selbstndigeDarstellungsweise des in der Ware enthaltnen Werts ist, unddann gehe ich an die Analyse des Letzteren" usw. (MEW 19,S. 368 f.).

  • 344

    So erlutert Marx selbst in den Randglossen zu AdolphWagners "Lehrbuch der politischen konomie" seine Ver-fahrensweise bei der anfnglichen Warenanalyse. Wobei eran derselben Stelle polemisch gegen Wagner und Rodbertusgeradezu bestreitet, von [bloen] 'Begriffen' auszugehen,"also auch nicht vom 'Wertbegriff..." (ebd.).Bei der Auffassung der Ware (bzw. des Arbeitsprodukts) alsDoppelding, (Gebrauchswert und Wert) kann er sich direktauf Aristoteles berufen. Denn, da "der Gebrauch jedes Gutszweifach" sei, habe Aristoteles schon erkannt.

    Darauf verweist er ausdrcklich gleich zu Beginn in derersten autorisierten Darstellung (MEW 13, S. 15 Funote*),aber auch in den spteren Textfassungen des Kapitals (siehedazu: MEGA2 II/5, S. 53, Anmerkung 34 sowie MEW 23,S. 100, Anmerkung 39).Allerdings vertritt Marx - dies sei hier wenigstensandeutungsweise bemerkt - die gleichsam einschrnkendeMeinung, da bei der "wissenschafliche(n) Einsicht in diekonomie der kapitalistischen Produktionsperiode ..., daraufbezgliche Stze und Theoreme, z.B. bei den Schriftstellernder alten griechischen Gesellschaft, nur soweit vorkommen(knnen), wie gewisse Erscheinungen: Warenproduktion,Handel, Geld, zinstragendes Kapital usw., beiden Gesell-schaften gemeinsam sind. Soweit die Griechen gelegentlicheStreifzge in dies Gebiet machen, zeigen sie dieselbeGenialitt und Originalitt wie auf allen ndern Gebieten.Ihre Anschauungen bilden daher geschichtlich die theore-tischen Ausgangspunkte der modernen Wissenschaft" (vgl.MEW 20, S. 213).

    Die Bedeutung von Aristoteles fr die Warenanalyse gehtber seine "richtige" Auffassung des Arbeitsprodukts alsDoppelding hinaus: Bereits in Zur Kritik der Politischen

    345

    konomie wird in mehrfacher Hinsicht auf ihn Bezuggenommen. 19

    Die (erneute) Auseinandersetzung mit dem "Denkriesen"Aristoteles war - abgesehen von der Beschftigung mitBailey - auch besonders wichtig fr die Wertformanalyse inDas Kapital. Hierauf werde ich eigens zurckkommen.

    Bleiben wir einstweilen bei der Auffassung der Ware alsDoppelding:

    Ausgangspunkt der Marxschen Analyse in smtlichen auto-risierten Fassungen ist die Ware als Zwieschlchtiges, was inbestimmter Weise mit der Entdeckung des Doppelcharaktersder in der Ware enthaltenen Arbeit einhergeht.

    Alle konomen haben - nach Marx' Ansicht - nicht bemerkt,da, "wenn die Ware das Doppelte von Gebrauchswertund Tauschwert, auch die in der Ware dargestellte ArbeitDoppelcharakter besitzen mu ..." Und eben dies ist - nachseiner eigenen Angabe - "in der Tat das ganze Geheimnis der[i.e. seiner] kritischen Auffassung" (MEW 32, S. 11; vgl.

    19 So heit es in diesem Werk bezglich des Ausschlielichkeitscharakters der als

    allgemeines quivalent fungierenden Ware:Aristoteles "entwickelt schn, wie aus dem Tauschhandel zwischen verschie-denen Gemeinwesen die Notwendigkeit entspringt, einer spezifischen Ware ... denCharakter des Geldes zu geben..." (im Einzelnen dazu siehe MEW 13, S. 96,Funote***; vgl. auch ebd., S. 35 f., 52,115 und 131).

  • 346

    auch Marx'Brief an Engels vom 24. August 1867, MEW 31,S. 326).2

    20 An dieser Stelle ist zwar von den "konomen" die Rede, gelegentlich spricht er

    ironisch (ebenfalls in allgemeiner Form) von den "Herren konomen", gleichwohlgibt es auch fr Marx solche und solche Vertreter der konomie.Dementsprechend (d.h. differenzierend) fallen dann seine Urteile ber bestimmtekonomen; mal gibt es positive (bis lobende) uerungen, mal kritische unduerst scharfe. Grundstzlich versteht er "unter klassischer politischer konomiealle konomie seit W. Petty, die den inner Zusammenhang der brgerlichenProduktionsverhltnisse erforscht im Gegensatz zur Vulgrkonomie, die sichnur innerhalb des scheinbaren Zusammenhangs herumtreibt, fr eine plausibleVerstndlichmachung der sozusagen grbsten Phnomene und den brgerlichenHausbedarf das von der wissenschaftlichen konomie lngst gelieferte Materialstets von neuem wiederkaut, im brigen aber sich darauf beschrnkt, die banalenund selbstgeflligen Vorstellungen der brgerlichen Produktionsagenten von ihrereignen besten Welt zu systematisieren, pedantisieren und als ewige Wahrheiten zuproklamieren (vgl, MEGA2 11/5, S. 43 f., Anmerkung 24 und MEW 23, S. 95,Anmerkung 32).Allerdings, was den Doppelcharakter der in der Ware enthaltenen Arbeit betrifft,so bemngelt Marx selbst bei der klassischen politischen konomie, da sie"nirgendwo ausdrcklich und mit klarem Bewutsein Arbeit (unterscheidet), diesich in Wert, von derselben Arbeit, soweit sie sich im Gebrauchswert ihresProdukts darstellt. Sie macht natrlich den Unterschied tatschlich, da sie dieArbeit das einemal quantitativ, das andremal qualitativ betrachtet".

    Letzteres unterstreicht bzw. "verstrkt" er im Anschlu daran, indem er auf diedarin implizierte Reduktion der verschiedenen Arbeiten erneut aufmerksam macht:"Aber es fllt ihr nicht ein, da blo quantitativer Unterschied der Arbeiten ihrequalitative Einheit oder Gleichheit voraussetzt, also ihre Reduktion auf abstraktmenschliche Arbeit (MEGA2 11/5, S. 49, Funote 27; vgl. auch MEW 23, S. 94,Funote 31).

    347

    Bereits in der Urfassung des Kapitals hlt Marx zu diesemPunkt fest: "Ursprnglich erschien uns die Ware als einZwieschlchtiges, Gebrauchswert und Tauschwert. Nherbetrachtet wird sich zeigen, da auch die in der Wareenthaltene Arbeit zwieschlchtig ist. Dieser Punkt, der vonmir zuerst kritisch entwickelt [ab 1872: nachgewiesen]wurde, ist der Springpunkt, um den sich das Verstndnisder politischen konomie dreht" (MEGA2 II/5, S. 22 undMEW 23, S. 56).Interessanterweise kommt er in der zweiten Auflage desKapitals im Rahmen der Betrachtung der einfachen Wert-form ausdrcklich auf die anfngliche Zergliederung derWare zurck. Hierzu schreibt er gleichsam korrigierend:

    "Der Wert einer Ware ist selbstndig ausgedrckt durch seineDarstellung als Tauschwert'. Wenn es im Eingang diesesKapitels in der gang und gben Manier hie: Die Wareist Gebrauchswert und Tauschwert, so war dies, genaugesprochen, falsch.Die wre ist Gebrauchswert oder Gebrauchsgegenstand und'Wert'. Sie stellt sich dar als dies Doppelte, was sie ist, sobaldihr Wert eine eigne, von ihrer Naturalform verschiedeneErscheinungsform besitzt, die des Tauschwerts, und siebesitzt diese Form niemals isoliert betrachtet, sondern stetsnur im Wert- oder Austauschverhltnis zu einer zweiten,verschiedenartigen Ware..." (MEW 23, S. 75).

    Doch "weder 'der Wert' noch 'der Tauschwert' ..." sind beiMarx "Subjekte", wie er gegen Wagner nachdrcklich betont(vgl. MEW 19, S. 358).Gegenstand und Ausgangspunkt der Marxschen Analyse istvielmehr - die Ware als Zwieschlchtiges. Man hat abermeiner Meinung nach schon viel gewonnen fr das richtigeVerstndnis der komplizierten Marxschen Entwicklung

  • 348

    der Ware als Zwieschlchtiges, wenn man zunchst dieverschiedenen Fragestellungen, die er dabei behandelt, aus-einanderhlt.

    So ist die Frage nach der Genesis und immanenten Naturdes Wertes, mit der er sich schon am Anfang seinerWarenanalyse befat, und die er im Verlauf seinerDarstellung konkretisiert, nur eine der zentralen Fragender Warenanalyse. Und diese Fragestellung ist von derEntwicklung von der Ware zum Geld im engeren Sinne zuunterscheiden.21

    Die Unterscheidung zwischen Gebrauchswert und Tausch-wert (bzw. Wert), die zuerst bei Aristoteles, und spter wennauch "unvollstndig" bei der klassischen politischen ko-nomie zu finden ist, wurde vom Dialektiker Marx zu Endegedacht.

    Ausgehend von der Grundauffassung der Ware als Zwie-schlchtiges (unmittelbare Einheit von Gebrauchswert undWert) und mittels der Entdeckung des Doppelcharakters derin ihr enthaltenen Arbeit gelangte er zu einer differenzier-teren Analyse jener Unterscheidung.

    Diesbezglich uerte sich (optimistisch) auch Engels: Man"lese nach bei Adam Smith oder irgendeinem ndern offi-

    21 Dies sei hier nicht zuletzt deshalb unterstrichen, weil in manchen

    Interpretationen die Marxsche Warenanalyse verkrzt als Ableitung des Geldesdargelegt wird.

    349

    ziellen konomen von Ruf - so Engels - "welche Qualdiesen Herren der Tauschwert und der Gebrauchswertmachte, wie schwer es ihnen wird, sie ordentlich auseinan-derzuhalten und jeden in seiner eigentmlichen Bestimmtheitzu fassen, und vergleiche dann die klare, ein