Masernimpfung schützt auch vor anderen Infektionen Wechsel ...€¦ · Aber niemals geht man so...

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In eigener Sache Wechsel im Herausgeberteam Liebe Hebammen, liebe Leserinnen und Leser, beim letzten Herausgebertreen hat sich Cordula Ahrendt aus dem Heraus- geberteam verabschiedet, allerdings nicht ohne zu betonen, der Zeitschrift verbun- den zu bleiben. Ein schwerer Abschied. Die Zeitschrift verliert eine erfahrene Her- ausgeberin, eine in berufs- und besonders ausbildungspolitischen Fragen sehr enga- gierte und kompetente Hebamme, eine tolle Kollegin. Aber niemals geht man so ganz. Cordula Ahrendt bleibt uns als Buch- und Zeitschriftenautorin erhalten und ist nun Mitglied des Fachbeirats der Zeitschrift. Wir, und da spreche ich sicher im Namen des gesamten Herausgeber- und Redaktionsteams, danken Frau Ahrendt ganz herzlich für ihren jahrelan- gen Einsatz für DIE HEBAMME, die Hebammen und für den Verlag. Gleichzeitig durften wir Heidi Bernard neu im Herausgeberteam willkommen heißen. Sie ist Hebamme, Lehrerin für Pege und Gesundheit M.A. sowie Leiterin der Eltern- schule Neue Kölner in Köln. Sie bringt ab sofort ganz besonders die Perspektive selbstständiger Hebammen ein. Eine wun- derbare Ergänzung und Verstärkung, über die wir uns sehr freuen. Wir wünschen Frau Bernard viel Freude bei ihrem neuen hochspannenden Zusatz-Jobals Heraus- geberin. Rosi Haarer-Becker Projektleitung DIE HEBAMME und Programmbereichsleiterin Therapieberufe Thieme Gruppe Neue Studienergebnisse Masernimpfung schützt auch vor anderen Infektionen Das Ende 2019 eingeführte Masernschutz- gesetz sieht vor, dass alle Kinder ab dem vollendeten ersten Lebensjahr beim Eintritt in Kindergarten oder Schule die von der STIKO empfohlene Masernimpfung vorwei- sen müssen. Aktuell liefern zwei amerikani- sche Studien neue Argumente: Schon lange beobachten Mediziner, dass Kinder nach einer Masernerkrankung anfälliger für Infek- tionen sind. Epidemiologische Studien fan- den unerklärbar erhöhte Mortalitäts- und Morbiditätsraten noch lange nach der Erkrankung. Teams der Harvard Medical School in Boston und des Wellcome Sanger Institutes in Cambridge fanden nun den Grund heraus. Die Forscher werteten dazu Blutproben von 77 Kindern aus den Nieder- landen aus, die 2013 an Masern erkrankt waren. Sie nahmen jeweils eine Probe vor der und zwei Monate nach der Erkrankung und verglichen diese mit Blutproben von geimpften und nicht geimpften Kindern, die nicht an Masern erkrankt waren. Mit dem sog. VirScan-Verfahren untersuchten sie das Blut der Kinder auf spezische Anti- körper, die das Immunsystem bildet, wenn der Körper durch eine Erkrankung oder Imp- fung mit bestimmten Erregern in Kontakt kommt. Dabei konnten sie nachweisen, dass die Kinder nach einer Maserninfektion im Durchschnitt 40% ihrer spezischen Antikörper verloren hatten. Das erklärt die geschwächte Immunabwehr nach der Masernerkrankung und die Anfälligkeit für andere Infektionen. Die Viren regten die Bildung neuer, naiver Gedächtniszellen an, die noch keine abzuwehrenden Erreger kannten. Wie dieses Löschen des Immungedächtnis- ses funktioniert, untersuchte das zweite Forscherteam mit einer Genanalyse von B- Zellen aus Blutproben von an Masern erkrankten Kindern. Diese Gedächtniszellen steuern bei ihnen bekannten Erregern die Produktion der passenden Antikörper. Die Analyse ergab, dass die Masernviren nach einer Infektion B-Gedächtniszellen zerstören, die bereits auf Erreger programmiert waren. So geht auch ein bestehender Impfschutz gegen andere Erkrankungen wie z.B. Grippe ver- loren. Wie die Studien weiter ergaben, blie- ben Gedächtniszellen und Antikörper erhalten, wenn die Kinder bei der gängigen MMR-Impfung erstmals mit in ihrer Viru- lenz abgeschwächten Viren in Kontakt kamen. In diesem Fall nahmen die Abwehr- zellen sogar zu. Daher plädieren die For- scher für die Impfung, da sie auch vor anderen Infektionskrankheiten schützt. Eine Masernimpfung stärkt das Immunsystem auch gegen andere Infektionen. (Foto: ping- pao stock.adobe.com) Auf Cordula Ahrendt folgt Heidi Bernard im Herausgeberteam. (Fotos: privat) NEWS | Kurz berichtet Thieme 4 Die Hebamme 2020; 33: 48 Dieses Dokument wurde zum persönlichen Gebrauch heruntergeladen. Vervielfältigung nur mit Zustimmung des Verlages.

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In eigener Sache

Wechsel imHerausgeberteam

Liebe Hebammen, liebe Leserinnen undLeser, beim letzten Herausgebertreffenhat sich Cordula Ahrendt aus dem Heraus-geberteam verabschiedet, allerdings nichtohne zu betonen, der Zeitschrift verbun-den zu bleiben. Ein schwerer Abschied.Die Zeitschrift verliert eine erfahrene Her-ausgeberin, eine in berufs- und besondersausbildungspolitischen Fragen sehr enga-gierte und kompetente Hebamme, einetolle Kollegin. Aber niemals geht man soganz. Cordula Ahrendt bleibt uns alsBuch- und Zeitschriftenautorin erhaltenund ist nun Mitglied des Fachbeirats derZeitschrift. Wir, und da spreche ich sicherim Namen des gesamten Herausgeber-und Redaktionsteams, danken FrauAhrendt ganz herzlich für ihren jahrelan-gen Einsatz für DIE HEBAMME, dieHebammen und für den Verlag.

Gleichzeitig durften wir Heidi Bernard neuim Herausgeberteam willkommen heißen.Sie ist Hebamme, Lehrerin für Pflege undGesundheit M.A. sowie Leiterin der Eltern-schule Neue Kölner in Köln. Sie bringt absofort ganz besonders die Perspektiveselbstständiger Hebammen ein. Eine wun-derbare Ergänzung und Verstärkung, überdie wir uns sehr freuen. Wir wünschenFrau Bernard viel Freude bei ihrem neuenhochspannenden „Zusatz-Job“ als Heraus-geberin.

Rosi Haarer-BeckerProjektleitung DIE HEBAMME undProgrammbereichsleiterin TherapieberufeThieme Gruppe

Neue Studienergebnisse

Masernimpfung schütztauch vor anderenInfektionen

Das Ende 2019 eingeführte Masernschutz-gesetz sieht vor, dass alle Kinder ab demvollendeten ersten Lebensjahr beim Eintrittin Kindergarten oder Schule die von derSTIKO empfohlene Masernimpfung vorwei-sen müssen. Aktuell liefern zwei amerikani-sche Studien neue Argumente: Schon langebeobachten Mediziner, dass Kinder nacheiner Masernerkrankung anfälliger für Infek-tionen sind. Epidemiologische Studien fan-den unerklärbar erhöhte Mortalitäts- undMorbiditätsraten noch lange nach derErkrankung. Teams der Harvard MedicalSchool in Boston und des Wellcome SangerInstitutes in Cambridge fanden nun denGrund heraus. Die Forscher werteten dazuBlutproben von 77 Kindern aus den Nieder-landen aus, die 2013 an Masern erkranktwaren. Sie nahmen jeweils eine Probe vorder und zwei Monate nach der Erkrankungund verglichen diese mit Blutproben vongeimpften und nicht geimpften Kindern,die nicht an Masern erkrankt waren. Mitdem sog. VirScan-Verfahren untersuchtensie das Blut der Kinder auf spezifische Anti-körper, die das Immunsystem bildet, wennder Körper durch eine Erkrankung oder Imp-

fung mit bestimmten Erregern in Kontaktkommt. Dabei konnten sie nachweisen,dass die Kinder nach einer Maserninfektionim Durchschnitt 40% ihrer spezifischenAntikörper verloren hatten. Das erklärt diegeschwächte Immunabwehr nach derMasernerkrankung und die Anfälligkeit fürandere Infektionen. Die Viren regten dieBildung neuer, naiver Gedächtniszellen an,die noch keine abzuwehrenden Erregerkannten.

Wie dieses Löschen des Immungedächtnis-ses funktioniert, untersuchte das zweiteForscherteam mit einer Genanalyse von B-Zellen aus Blutproben von an Masernerkrankten Kindern. DieseGedächtniszellen steuern bei ihnenbekannten Erregern die Produktion derpassenden Antikörper. Die Analyse ergab,dass die Masernviren nach einer InfektionB-Gedächtniszellen zerstören, die bereitsauf Erreger programmiert waren. So gehtauch ein bestehender Impfschutz gegenandere Erkrankungen wie z.B. Grippe ver-loren. Wie die Studien weiter ergaben, blie-ben Gedächtniszellen und Antikörpererhalten, wenn die Kinder bei der gängigenMMR-Impfung erstmals mit in ihrer Viru-lenz abgeschwächten Viren in Kontaktkamen. In diesem Fall nahmen die Abwehr-zellen sogar zu. Daher plädieren die For-scher für die Impfung, da sie auch voranderen Infektionskrankheiten schützt.

Eine Masernimpfung stärkt das Immunsystem auch gegen andere Infektionen. (Foto: ping-pao–stock.adobe.com)

Auf Cordula Ahrendt folgt Heidi Bernardim Herausgeberteam. (Fotos: privat)

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Quellen: Science 2019, DOI: 10.1126/science.aay6485 und Science Imunology2019, DOI: 10.1126/sciimmunol.aay6125

Prospektive Studie

Striae geben Hinweis aufVerwachsungen

Für die meisten Frauen sind Schwanger-schaftsstreifen (Striae) in erster Linie einkosmetisches Problem. Doch sie könnenauch wichtige medizinische Informationengeben, wie ein Team um den GynäkologenDr. Ozgur Kan von der türkischen Universi-tät Hitit in Corum herausgefunden hat. Ineiner prospektiven Studie wurden 100Frauen mit einer Re-Sectio und vergleich-baren demografischen Faktoren in dreiGruppen eingeteilt, jeweils abhängig vonder Intensität der Striae. Mit dem sog.Davey Score wurde ein Zusammenhangzwischen Striae und inneren Verwachsun-gen ermittelt. Mit diesem Score wird derBauch mit einer gedachten Mittellinie undeiner horizontalen Linie durch den Bauch-nabel in vier Quadranten geteilt. In jedemQuadranten wird sowohl die Menge (0-2)als auch die Schwere (0=abwesend, 1-2=leicht, 3-8=schwer) der Striae beurteilt.Es wurde besonders in den beiden oberenQuadranten ein hoch signifikanter Zusam-menhang zwischen der Dichte der Striaeund der Intensität der Adhäsionen festge-stellt. Das Forscherteam sieht in derpräoperativen Beurteilung von Striae eingutes Instrument, um sich bei einermöglichen Re-Sectio auf Adhäsionenvorzubereiten.

Quelle: Journal of Obstetrics and Gynaeco-logy Research 2019; 45 (12), DOI: https:/ /doi.org/10.1111/jog.14125

Kohortenstudie

Geburtsmodus undspäteres Übergewicht

Eine schwedische Kohortenstudie wider-legt einen Zusammenhang zwischenSectio und späterer Adipositas, den zahl-reiche Studien zuvor herausgefunden

hatten. Das Forscherteam des PublicHealth Departments des StockholmerKarolinska Instituts untersuchte dieDaten von rund 98000Männern ausdem schwedischen Bevölkerungsregis-ter–von ihrer Geburt in den Jahren1982 bis 1987 bis zum Alter von 18 Jah-ren. Dazu wurden sie je nach Geburts-modus in drei Gruppen eingeteilt:vaginale Geburt, elektive oder sekundäreSectio. Rund 4,9% der gesamten Gruppewaren mit 18 Jahren adipös (BMI≥30).Dabei zeigten sich in den drei Gruppennur geringfügige Unterschiede: vaginaleGeburt 4,9%, elektive Sectio 5,5%, sekun-däre Sectio 5,6%. Berücksichtigt wurdenneben dem mütterlichen BMI auch Fakto-ren wie Gestationsdiabetes, mütterlicherHypertonus, Rauchen während derSchwangerschaft sowie das Alter und derBildungsgrad der Mutter, das Geburtsge-wicht und das Gestationsalter. Ebensowurden Probanden mit Geschwistern ver-glichen, um eine Verzerrung durch fami-liäre Faktoren auszuschließen. Dennochsehen die Forscher Schwächen in der Stu-die, da nur Männer untersucht wurden undnur von 42% der 18-Jährigen Daten erho-ben werden konnten.

Quelle: PLOS Medicine 2019, DOI: https:/ /doi.org/10.1371/journal.pmed.1002996

Präventionsprojekt

Unterstützung für Kinderpsychisch kranker Eltern

Haben Eltern eine psychische Erkrankung,besteht für deren Kinder ein mehrfacherhöhtes Risiko, ebenfalls zu erkranken.Doch nicht selten sind sie symptomatischunauffällig und funktionieren angepasst imbelasteten Familienleben. Um diesen Kin-dern bereits präventiv Unterstützung anbie-ten zu können, finanziert der Innovationsfonds des Gemeinsamen Bundesaus-schusses (GBA) das Projekt CHIMPS-NET(CHIMPS=Children of mentally ill parents)für 3 Jahre mit rund 6,8Mio. Euro. UnterFederführung des UniversitätsklinikumsHamburg-Eppendorf soll in jedem Bundes-land ein Standort entstehen, an dem Kinderwährend der Behandlung ihrer Eltern aufpsychische Auffälligkeiten untersucht wer-den können. Neben Präventionsmaßnah-men mit der Unterstützung vonSozialarbeitern sind Familientherapien beiPsychotherapeuten geplant. Für Familien inländlichen Gebieten soll es Online-Angebotemit therapeutischer Begleitung geben. Alledrei Angebote werden in randomisiert kon-trollierten Studien mit Kindern vonpsychisch erkrankten Eltern verglichen, diekeine Unterstützung bekommen. Diese

Präventionsmaßnahmen können Kinder psychisch kranker Eltern davor schützen, selbst zuerkranken. (Illustration: Good Studio – stock.adobe.com)

NEWS | Kurz berichtet Thieme

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bisher fehlende Hilfe könnte nachAbschluss des Projekts in die GKV-Regel-versorgung aufgenommen werden, um zuverhindern, dass psychische Erkrankungenchronifizieren.

Quelle: https: / /innovationsfonds.g-ba.de/projekte/neue-versorgungsformen/chimps-net-kinder-und-jugendliche-mit-psychisch-kranken-und-suchtkranken-eltern-children-of-mentaly-ill-parents-network.256

Klinische Studien

Abnabeln bei Sectio undFrühgeburt untersucht

Obwohl die Weltgesundheitsorganisation(WHO) ein Abnabeln frühestens nach 60Sekunden empfiehlt, wird bei vielen Gebur-ten das verzögerte Abnabeln nicht prakti-ziert. Dazu gehören unter anderemSectiones und Frühgeburten. Während beiSectiones das Blutungsrisiko der Mutter imVordergrund steht, hat bei Frühgeborenendie schnelle Versorgung des Babys Priori-tät. Diese beiden Szenarien wurden in zweiamerikanischen Studien untersucht.

Ein Team am Irving Medical Center derColumbia Universität in New York teilte

113 Frauen in zwei Gruppen auf: Wäh-rend in der ersten Gruppe (n=56)innerhalb von 15 Sekunden abgenabeltwurde, erfolgte die Abnabelung in derzweiten Gruppe (n=57) erst nach 60Sekunden. Alle 113 Frauen bekameneine elektive Sectio am Termin. Beur-teilt wurde der Hb-Wert der Mütter amersten Tag nach der Geburt und derHb-Wert der Neugeborenen. Bei denMüttern mit verzögerter Abnabelungwar der Hb-Wert zwar niedriger alsnach sofortiger Durchtrennung derNabelschnur, dennoch war der Unter-schied klinisch nicht relevant und nichtsignifikant. Bei den Neugeborenen fielder mittlere Hb-Wert nach verzögerterAbnabelung dagegen mit 18,1mg/dlvs. 16,4mg/dl höher aus und war miteinem 95-%-Konfidenzintervall von 0,75bis 2,59 g /dl signifikant.

In einer zweiten Studie, der internationalenPREMOD2-Studie (an der in Deutschland dieUniversität Ulm beteiligt war), sollte heraus-gefunden werden, ob das Ausstreichen derNabelschnur bei Frühgeborenen<32 SSWden Zustand der Babys verbessert. An derStudie sollten 1200 Frühgeborene teilneh-men, bei allen sollte verzögert abgenabeltwerden, aber nur bei der einen Hälfte solltedie Nabelschnur zusätzlich ausgestrichenwerden. Nach dem Einschluss von 474Babys musste die Studie abgebrochen wer-den, da es bei 12% der Babys nach demAusstreichen der Nabelschnur zum Tododer zu einer Hirnblutung gekommen war.

Quellen: JAMA 2019; 322(19): 1869–1876,DOI:10.1001/ jama.2019.15995 und JAMA2019; 322(19): 1877–1886, DOI:10.1001/jama.2019.16004

EVIDENZ ZUM VERZÖGERTEN

ABNABELN

Zusammenfassend lassen sich dieoben zitierten Studien nicht mitei-nander vergleichen. Zum einenunterscheiden sich die jeweilsuntersuchten Gruppen stark inihren Risikofaktoren. Während dieerste Studie Neugeborene am Ter-min untersuchte, wurden in derzweiten Studie ausschließlich Früh-geborene < 32 SSW betrachtet.

Zum anderen kann das Vorgehendes verzögerten Abnabelns nichtmit dem Ausstreichen der Nabel-schnur (Cord milking) gleichge-setzt werden (→ einen Artikeldazu finden Sie in unseremOnline-Archiv in DIE HEBAMME4/2019 unter www.thieme-con-nect.de → Kalbér A, Kühn T. Ver-zögertes Abnabeln – Frauenkompetent beraten. Die Hebamme2019; 32 (4): 23–31).Fakt ist: Gegenwärtig gibt es keineausreichende Evidenz, um dieMethode des Ausstreichens derNabelschnur, insbesondere bei sehrunreifen Frühgeborenen, eindeutigzu unterstützen oder zu widerlegen.Das verzögerte Abnabeln hingegenist eine einfach zu etablierende, kos-tenneutrale und evidenzbasierteMaßnahme mit zahlreichen gesund-heitlichen Vorteilen für alle Neugebo-renen bei allen Geburten (Quelle:WHO 2014, ERC 2015).Die nachfolgende Poster-Grafik zumThema „Abwarten ...“ vermittelt aufeinen Blick, was den optimalen Zeit-punkt ausmacht und welche Vorteileein spätes Abnabeln für das Neuge-borene und eine frauenorientierteBetreuung bietet. Nutzen Sie diesegerne in Ihrer Klinik oder in IhremGeburtshaus (▶ Seite 8).

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ERC (2015)

Frühes Abnabeln (<1 Min. nach Geburt)wird nicht empfohlen, außer das Neu-geborene ist asphyktisch und muss für einesofortige Reanimation (HF <100 spm)umgelagert werden.

Optimales/Spätes Abnabeln

Ermöglicht neben allen oben genannten Vorteilen,den besten Start ins Leben eines Neugeborenen,eine frauenorientierte Betreuung und trägt zur men-talen und emotionalen Gesundheit von Familien bei.

WHO (2014)

Spätes Abnabeln (1–3 Min. nach Geburt)wird für alle Geburten empfohlen, währendgleichzeitig die notwendige Versorgungdes Neugeborenen erfolgen kann.

Neugeborene profitierensignifikant vom Auspulsierender Nabelschnur…

… reduziert das Risiko vonAnämie, Bluttransfusion,nekrotisierender Enterokolitisund Hirnblutungen.

… fördert die neurologischeEntwicklung, reduziertZerebralparesen undLernstörungen.

In Nabelschnur undPlazenta befinden sich biszu 30 % des kindlichenBlutvolumens!

… erhöht Geburtsgewicht,stabilisiert Blutdruck, ver-bessert die Organperfusion.

…bevor nach den Klemmen gegriffen wird!→ Wurde der Zustand des Kindes überprüft?→ Hat das Kind so viel Nabelschnurblut wie möglich erhalten?→ Wurde es im Team abgesprochen?

Abwarten…

→ Etwa 90 % aller Kinder werden in gutem Zustand geboren und benötigen keinerlei Reanimationsmaßnahmen.

→ Optimales Abnabeln ist vor allem für Frühgeborene von Vorteil.

→ Uterotonische Medikamente können bereits während des Auspulsierens verabreicht werden.

→ Die Abnahme der Blutgasanalyse ist auch bei intakter Nabelschnur möglich.

→ Optimales Abnabeln kann das Geburts- erlebnis der Frau bedeutend verbessern.

Autorinnen: Gemma Dicksinson,Daniela Garten, Anna Hutsch (2019). Bildgestaltung: Thieme Gruppe

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