Masterthesis Strobl, Klaus: Neue Methoden der Kampagnensteuerung, 2011

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Micro-Targeting - Made in USA: Auszug Vorwort... "(...) In verkrustetem Stil verbohren sich die Parteien in seltener Einigkeit mit ihren Werbeberatern („Slogan- und nicht Spin-Doctors“) in der Gedankenwelt von Standardbotschaften, Plakatsujets und Inseratschaltungen und verweigern beharrlich den Wunsch des Bürgers nach lebensnaher Kommunikation und dem persönlichen Gespräch. Umso mehr hoffe ich mit dieser Arbeit im deutschsprachigen Raum einen erstmaligen Gesamtüber- und einblick über und in das Thema „Neue Methoden der Kampagnensteuerung“ geliefert zu haben. Natürlich lag es nahe sich intensiv mit den US-amerikanischen Kampagnentechniken und Wahlkampftaktiken zu beschäftigen, denn nirgendwo sonst gibt es so kompakt und transparent Praxisbeispiele für die Professionalität und Innovationskraft neuzeitlicher Wahlkämpfe als in den USA. (...)"

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Micro-Targeting:Micro-Targeting:Made in USAMade in USA

NEUE METHODEN DER KAMPAGNENSTEUERUNG

Klaus Strobl

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Umschlagbild: Klaus Strobl

Gesperrt: Veröffentlichung als Publikation

Hinweis:Für eine bessere Lesart wurden beidergeschlechtliche Ausdrücke vermieden sind jedoch im Sinne des Gender Mainstreaming beidergeschlechtlich zu verstehen.

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eingereicht von

Klaus Strobl7639154

zur Erreichung des akademischen Grades

Master of Science

eingereicht an derDonau Universität Krems

am Department fürPolitische Kommunikation

im Rahmen desUniversitätslehrgangs

Politische KommunikationSommersemester 2009

bis Wintersemester 2010/11

betreut durchUniv. Prof. Dr. Peter Filzmaier

Graz, Juli 2011

MASTERTHESIS

NEUE METHODEN DER KAMPAGNENSTEUERUNGMicro-Targeting: Made in USA

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Klaus Strobl NEUE METHODEN DER KAMPAGNENSTEUERUNG Micro-Targeting: Made in USA

VORWORT

Es liegen nunmehr fast zwei Jahre intensiver Beschäftigung mit dem Thema „Neue Methoden der Kampagnensteuerung“ hinter mir mit un-zähligen Überarbeitungen, Ergänzungen und neuerlichen Recherchen - ein niemals enden wollendes Bedürfnis eines getriebenen Perfektio-nisten - und glaube ich nunmehr dieses Thema umfassend erarbeitet und untersucht zu haben.

Mit dieser Masterarbeit konnte ich nunmehr dieses so wichtige aber auch komplexe und umfangreiche Thema Kampagnensteuerung zu ei-nem „vorläufi gen“ Abschluss (aber nicht zu Ende) bringen und aus dem politikwissenschaftlichen Blickwinkel untermauern.

Ich danke an dieser Stelle meinem Betreuer, Univ.Prof. Dr. Peter Filz-maier, der mir auf diesem herausfordernden Pfad des Erkenntnisge-winns immer mit sachkundigen Rat zur Seite gestanden und mich im-mer wieder auf den roten Faden des Wesentlichen zurückgeführt hat.

Dies ist ihm allerdings aufgrund meiner Hartnäckigkeit zum Detail und meines manchmal leicht pathologischen Genauigkeitsfanatismus nicht immer gelungen ist.

Auch meinem langjährigen Partner und Freund, Dipl.Ing. Peter Weixel-berger, sei mein Dank ausgesprochen, der mir in unzähligen Gesprä-chen und tiefgehenden Diskussionen immer wieder neue Denkanstöße und Arbeitsimpulse für die Erarbeitung aber auch Weiterentwicklung meiner Denkmodelle zum Thema Kampagnensteuerung gegeben hat.

Danke auch an meine beiden Söhne, Daniel und Klaus, die mich trotz andersgelagerter Interessen wie „Billard spielen“ oder „Baden gehen“ nicht allzu oft von meinen oft stunden- und nächtelangen Grübeleien vor dem Computer abgehalten haben.

An dieser Stelle sei auch all jenen gedankt, die mich nicht unterstützt haben, denn sie haben mich geradezu angespornt, meine Augen noch weiter zu öffnen und so einen noch kritischeren Blick auf die vergleichs-weise Mittelmäßigkeit, Rückständigkeit aber auch selbstverliebte Ober-fl ächlichkeit heimischer Kampagnenpraktiken zu werfen.

In verkrustetem Stil verbohren sich die Parteien in seltener Einigkeit mit ihren Werbeberatern („Slogan- und nicht Spin-Doctors“) in der Gedan-kenwelt von Standardbotschaften, Plakatsujets und Inseratschaltungen

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und verweigern beharrlich den Wunsch des Bürgers nach lebensnaher Kommunikation und dem persönlichen Gespräch.

Umso mehr hoffe ich mit dieser Arbeit im deutschsprachigen Raum ei-nen erstmaligen Gesamtüber- und einblick über und in das Thema „Neue Methoden der Kampagnensteuerung“ geliefert zu haben. Natürlich lag es nahe sich intensiv mit den US-amerikanischen Kampagnentechniken und Wahlkampftaktiken zu beschäftigen, denn nirgendwo sonst gibt es so kompakt und transparent Praxisbeispiele für die Professionalität und Innovationskraft neuzeitlicher Wahlkämpfe als in den USA.

Es war schon einigermaßen erstaunlich - in Zeiten des World Wide Web aber einsehbar - mit welcher Transparenz und Nähe man US-amerika-nische Wahlkämpfe online verfolgen und nachvollziehen kann, so als ob man persönlich daran teilgenommen hätte. Einer Durchsichtigkeit des politischen Geschehen von der man hierzulande noch meilenweit entfernt ist.

Natürlich hat mir bei den Recherchen und Beurteilungen meine eigene langjährige Erfahrung und persönliche Teilnahme an unzähligen heimi-schen „Wahlaktionitis-Einsätzen“ und „Wahlfernkampf-Programmen“ geholfen, den Blick auf das kampagnenspezifi sch Wesentliche und wirklich Neue zu fokussieren und dabei den hohen Komplexitätsgrad professionell gesteuerter Kampagnen herauszuarbeiten.

Leider hat sich dabei mein Eindruck verstärkt mit welcher Sinnlosigkeit und Beliebigkeit manchmal hierzulande noch immer die Wahlkampfres-sourcen Zeit und Geld vergeudet werden. Aber auch die Erkenntnis, dass solange Kampagnenbudgets aus öffentlichen Geldern im Über-fl uss vorhanden sind, die wesentlichen Indikatoren Effi zienz und Effek-tivität im Einsatz von (knappen) Ressourcen nur eine untergeordnete Rolle spielen werden.

Noch kann man hierzulande ungestraft (auch wenn vom Wähler abge-straft) Kampagnenmittel verprassen und auch noch den letzten Cent an Wahlkampfmitteln für die Imagepolitur einer verlorenen Parteiwahl aus-geben, um diese doch noch als Erfolg propagieren zu können, um so wie bisher „weiterwurschteln“ und vor allem parteiintern „weiterleben“ zu können. Ein Zustand wie er in den USA undenkbar wäre. Stellen sich hierzulande noch immer die Parteien und Kandidaten selbstgefällig in den Mittelpunkt, stehen in den USA der Dialog mit dem Bürger und das Engagement der Freiwilligen im Fokus der Kampagnen.

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Da in den USA die Intensität (und damit auch der Erfolg) einer Kampa-gne wesentlich von der Höhe der Spendengelder abhängig ist, spielt auch der strategisch richtige Einsatz mit der Ressource Geld aber auch die Transparenz in der Verwendung dieser Mittel eine enorme Rolle. Auch ist dortzulande der Umgang mit der Ressource Zeit der zahllosen freiwilligen Aktivisten ein gänzlich anderer vor allem respektvollerer und ist nicht umsonst die Partizipationskultur in den USA gänzlich unter-schiedlich zum europäischen Kontinent.

Gerade diese Rahmenbedingungen sind eine Triebfeder der ungeheu-ren Technologie- und Dienstleistungsqualität die in den beiden großen US-amerikanischen Wahlkampfzentralen zu bemerken ist, denn die Wertschöpfungsgüter Zeit und Geld sind dort der Erfolgsgarant jeder Wahlkampagne. Wer nicht im Wettlauf um die technologische und or-ganisatorische Kompetenz im Wahlkampf und damit im Wettbewerb um Wählerstimmen unterliegen will, muss diese Ressourcen wertschätzen und strategisch richtig steuern.

Vielen bei uns geführten Wahlkampagnen würden diese unterschied-lichen Parameter und Voraussetzungen für einen wirtschaftlichen und sorgfältigen Mitteleinsatz einen enormen Entwicklungsschub versetzen: Ein gesund(end)er Katalysator für die Zukunftsentwicklung erstarrter oberfl ächlicher Parteistrukturen hin zur Professionalisierung in „Politics, Technology, Leader- und Entrepreneurship“.

Die bürgerliche Ohnmacht in Zeiten des Umbruches und der Krisen ge-genüber der Verschwendung von Steuergeldern in Plakatschlachten oder an politischen Prozessen nur als unmündiger Kreuzerlmacher teil-nehmen zu dürfen ist auch ein Gutteil der hohen Politikerverdrossenheit, des stetig steigenden Wutbürgertums und eines zunehmenden Defi zits an Mobilität und Aktivität im Wahlzeiten.

Die Bürger sehnen sich heute mehr denn je nach ehrlich gemeinten Dialog und beteiligender Interaktion. Und die Parteien ignorieren dies. Noch. Und die Bürger akzeptieren dies. Noch. Die politische Zukunft gehört aber den Bürgern und der Verwurzelung vor Ort. Jedenfalls.

Klaus Strobl

Graz, im Juli 2011

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INHALTSVERZEICHNIS

VORWORT 5

NEUE METHODEN DER KAMPAGNENSTEUERUNG

I. EINLEITUNG UND KONZEPT 15

I.1 Grundlagen 18 I.2 Masterthesis 19

I.3 Detailstudien 22

I.4 Ziel der Gesamtarbeit 23

Basisstudie Micro-Targeting: Grundlagen

II. BREITEN- VERSUS TIEFENKAMPAGNE 27

III. WAS BEDEUTET MICROTARGETING? 43

III.1 Defi nition und Methodik 49

III.2 Prozessphasen 63 Exkurs: Das Vorwahlsystem für das Präsidenamt in den USA Primary - Caucus - National Convention 81

III.3 Verfahren und Technologie 107

III.4 Neueste Innovationen 141

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Masterstudie Micro-Targeting: Made in USA

IV. ENTWICKLUNG VON MICRO-TARGETING 151

IV.1 Die ersten Ansätze von Micro-Targeting 153

IV.2 Der Wendepunkt 2000: Wettlauf um technologischen Vorsprung 157

IV.3 Erster Höhepunkt: Präsidentschaftswahljahr 2004 179

Exkurs: 527er Advocacy Groups versus PAC‘s Political Action Committees 189

Exkurs: Die „Shadow-Party“ und ihr Netzwerk 196

Exkurs: Die Präsidentenwahl und das System der Wahlmänner in den USA 206

Exkurs: Census Tracks, State Legislative und Voting Districts am Beispiel Ohio 254

IV.4 Ein neuer Meilenstein: Obama Kampagne 2008 289

Exkurs: Die Battleground-Staaten 343

V. ERGEBNISSE UND SCHLUSSFOLGERUNGEN 409

V.1 Conclusio: Strategische Relevanz von Micro-Targeting 433

V.2 Vier Handlungsempfehlungen: Was lernen wir von Amerika? 457

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VI. LITERATUR- UND ABBILDUNGSVERZEICHNIS 471

Monographien 471 Aufsätze 474 Artikel Zeitschriften und Magazine 476 Artikel Internetquellen 480 Weitere Quellen 491 Vertiefende Literaturhinweise 493 Abbildungsverzeichnis 497 Tabellenverzeichnis 508

VII. ANHANG 511

Anhang 1: Eidesstattliche Erklärung 513 Anhang 2: Voter Registration Application 514 Anhang 3: Sample Ballot General Election 515 Anhang 4. USA Präsidentschaftswahl 2004 Ergebnistabelle 517 Anhang 5: USA Präsidentschaftswahl 2008 Ergebnistabelle 518 Anhang 6: US-Vorwahlen in den Bundesstaaten 519 Anhang 7: Campaign Attention Index TV Ad Spending und Visits Presidential Election 2004 523 Anhang 8: PAC Politcal Action Committee FEC Federal Election Committee Registration Form 525 Anhang 9: PAC Politcal Action Committee FEC Federal Election Committee Contribution Limits 527 Anhang 10: PAC Politcal Action Committee

FEC Federal Election Committee Summary Page 528 Anhang 11: 527 Organization IRS Internal Revenue Service 532

VIII. ABKÜRZUNGEN 537

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„Die Zielgenauigkeit der Wahlkampf-Kommunikation ist wichtiger als alle plakativen Werbe- und

Medieninszenierungsstrategien .“Klaus Strobl , 2006

I. EINLEITUNG UND KONZEPT

Die heute nach wie vor vorherrschende Methode der Wahlkampagnen-Steuerung im Bereich der politischen Kommunikation ist die der Brei-tenkampagne d.h. jene Art von Kampagnen, die zum überwiegenden Teil über den massenorientierten Medienmarkt indirekt und ohne direkte Ansprache kommuniziert werden.

Im letzten Jahrzehnt setzte jedoch vor allem in US-amerikanischen Prä-sidentschaftswahlkämpfen trotz vorherrschender Dominanz der mas-senmedialen Vermittlungsstrategien verstärkt ein Trend zu Tiefenkam-pagnen ein (ganz im Gegensatz zum Unternehmenssektor, wo diese Entwicklungen bereits in den frühen neunziger Jahren einsetzten), d.h. jener Typus von Kampagnen, die durch dialogorientierte Formen von Wählerkontaktprogrammen gesteuert werden.

Neue Begriffe wie Micro-Targeting, Predictive Analysis, Mikro-Mar-keting, Wähler-Potentialanalyse, Grassroots-Campaigning, Narrow Casting, Voter Relationship Management, Social Media, Communi-ty Building, etc. tauchen vermehrt im politischen Alltags-Kampagnen-sprachgebrauch auf. Im europäischen Bereich sind diese Schlagwörter zwar immer häufi ger in Dokumentationen und Publikationen zu vergan-genen Wahlkampagnen nachzulesen, diese sind aber im Gegensatz zu den US-amerikanischen Verhältnissen noch keineswegs „State of the Art“.

Eher möchte man das als modeorientierte politische Lippenbekenntnis-se bezeichnen - im Sinne eines „Must have in Politics“, um als fortschritt-lich zu gelten - als dass diese neuen Kampagnensteuerungsmethoden tatsächlich strategisch professionell eingesetzt werden. In den USA ist der Einsatz dieser neuen Kampagnensteuerungsmethoden mittlerweile zum wahlentscheidenden Faktor geworden.

In Österreich, aber auch im benachbarten Deutschland, sind in der ak-

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tuellen Kampagnenpraxis die Anwendung derartiger Methoden eher unterentwickelt und der tatsächliche Einsatz eher zaghaft und immer von akademischer Skepsis begleitet. Die Verwendung derartiger und ähnlicher Begriffe und der Einsatz solcher Methoden werden zwar durchaus bereits vereinzelt in Strategiepapieren politischer Parteien zu österreichischen Wahlkampagnen erwähnt, sind aber noch keines-falls als realer Einsatz von Micro-Targeting zu bewerten.

Eine breite Tendenz in diese Richtung ist derzeit noch nicht feststell-bar und damit können die eher seltenen und vorerst noch mit Skepsis begegneten Vertreter solcher neuen Kampagnensteuerungsmethoden durchaus noch als Pioniere auf dem österreichischen Kampagnenbe-ratungsmarkt bezeichnet werden. De facto befi nden sich hier zu Lande Methoden der Kampagnensteuerung noch eher auf dem Niveau eines diffusen (Makro) Targeting oder nicht zielgerichteten (Mikro) Aktionis-mus.

Es fehlt zum großen Teil am konsequenten Aufbau entsprechender strategischer, struktureller und technologischer Organisations- und Ma-nagementstrukturen (wohl auch aufgrund der überwiegenden staatli-chen Parteienfi nanzierung jedoch keineswegs an fi nanziellen Struktu-ren), und so bleibt ein behaupteter Einsatz von Micro-Targeting eher nur an punktuellen, nicht zielgerichteten und oft nur zufällig entstan-denen Einzelaktionen orientiert und kann sicher nicht als wesentlicher und integrativer Strategiebestandteil einer Wahlkampagne bezeichnet werden.

Es kann als einigermaßen gesichert anzusehen, dass man in der west-europäischen (vor allem auch österreichischen) politischen Praxis noch weit von einer konsequenten und professionellen mit einer medialen Breitenkampagne abgestimmten und integrierten Anwendung von Me-thoden des Micro-Targeting entfernt ist.

Das würde nämlich bedeuten, dass Wahlkampagnen vom Einsatz com-putergestützter Data Warehouse Systeme, entsprechender Data Mining Analyseverfahren, einem konsequenten Aufbau nachhaltiger Wähler-beziehungsnetzwerke mittels Voter Relationship Managementsysteme und daran gekoppelter direktkommunikativer Mobilisierungsstrategien getragen sein müssten.

Rahmenbedingungen wie sie am Sektor des Wahlkampagnenmanage-ments in den USA schon längst „State of the Art“ und laufend rasan-ten Weiterentwicklungen unterworfen sind. Dort ist der Wettbewerb um

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den Wählermarkt technologie - und innovationsgetrieben, und sind dort die Datenbestände von enormer Genauigkeit, die Wähleranalysen von enormer Komplexität, sowie die Mobilisierungsstrategien von ungeheu-rer Präzision gekennzeichnet. Die Entwicklung von neuen Kampagnensteuerungsmethoden am ös-terreichischen, aber auch am deutschen Kampagnenmarkt samt der dazugehörigen Parteienlandschaft befi ndet sich allerdings, anhand der gemachten Beobachtungen und Einschätzungen und wie dies auch die Gesamtarbeit zeigen soll, im deutlichen Gegensatz dazu.

Auch im Bereich der Forschung ist dieses Betätigungsfeld auf dem Ge-biet der politischen Kommunikation im Sinne einer wissenschaftlichen Kampagnentheorie im europäischen Kontext (auch hier ganz im Ge-gensatz zu den Entwicklungen im betriebswirtschaftlichen Marketing bzw. US-amerikanischen Politikbereich) noch eher unterrepräsentiert und sollte hier als Forschungsfeld zukünftig einen viel breiteren Spiel-raum einnehmen.

Dies vor allem aus dem Standpunkt heraus, dass aufgrund der Komple-xität des Wählermarktes und des Wahlverhaltens eine „Verwissenschaft-lichung“ des politischen Kampagnenmanagements durch Beiziehung einschlägig ausgebildeter externer Experten und wissenschaftlicher Berater mehr als notwendig erscheint. Daher werden auch die Parteien am österreichischen aber auch deutschen Wählermarkt, wenn Sie wei-terhin wettbewerbsfähig bleiben wollen, sich diesen Innovationen und neuen Entwicklungen in der Kampagnentechnologie öffnen müssen.

Nicht länger werden Sie sich zu Gunsten eines traditionellen und über-holten mit grossen Beratungsresistenzen behafteten Parteidenkens verschließen können, bei dem nicht die Qualität der Beratung oder die Qualifi kation des Mitarbeiters im Vordergrund steht, sondern die unein-geschränkte Parteiloyalität, die Selbstbewirtschaftung im Parteiennetz-werk und die kritiklose Unterwerfung in verkrustete und intransparente Kampagnenhierarchien.

Dort ernennen sich dann, die über parteiinterne Seilschaften empor-gekommenen Politikgünstlinge, zu selbsternannten und autodidaktisch agierenden „Kampagnenexperten“ mit einem hohen Grad an (die eige-ne Stellung schätzender) Beratungsresistenz.

Informationen und Anwendungsbeispiele zu den professionalisierten, hochtechnologisch entwickelten und bereits seit langem in der US-ame-

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rikanischen Wahlkampfpraxis erprobten und bewährten neuen Kampa-gnensteuerungsmethoden spiegeln sich demzufolge auch in der Quel-lenlage nieder:

Publikationen und wissenschaftliche Literatur, die sich mit dem Thema Micro-Targeting beschäftigen und mit detaillierten Analysen und Bei-spielen aufwarten können, sind vornehmlich nur aus dem US-amerika-nischen Bereich zu beziehen.

Auch ist die Forschungslage in der US-amerikanischen Literatur erheb-lich fortgeschrittener, weshalb die Erstellung dieser Hauptthesis und Teilen der Nebenarbeiten vorwiegend anhand des Studiums einschlä-giger US-amerikanischer Literatur und Wahlkampfberichterstattung in den amerikanischen Medien erfolgte und ein überwiegender Rückgriff auf diese Schriftgüter in der Gesamtarbeit nicht zu vermeiden war.

Auch der Zugriff auf Internetquellen wurde in diesem Falle ob der ra-santen Entwicklung, der Aktualität und des Tempos an Neuerungen zu diesem Thema verstärkt in Anspruch genommen.

Soweit deutsche Literaturquellen und begleitende Publikationen zu Wahlkämpfen vorhanden waren, wurden und werden diese so weit als möglich einbezogen, insbesondere auch zu Erkenntnissen über den Zustand an Wahlkampf - und Kampagnenentwicklung im deutschspra-chigen europäischen Raum.

Der Verfasser dieser Arbeit stellt sich der Herausforderung und dem Ver-such, sich dem Begriff des Micro-Targeting erstmals in einer umfassen-den und systematischen Herangehensweise anzunähern und im Sinne der Wertschöpfungsketten von Micro-Targeting zu durchleuchten.

Anhand einer integrativen Gesamtarbeit (Masterthesis und vertiefen-de Detailstudien) sollen diese „Neuen Methoden der Kampagnen-steuerung“ aus Sicht der politischen Kommunikation in einem zusam-menhängenden Gesamtüberblick dargestellt und theoretisch erläutert sowie deren Anwendungsmöglichkeiten veranschaulicht und in Bezug auf Stärken und Schwächen diskutiert werden.

I.1 GRUNDLAGEN

Die am Beginn der Gesamtarbeit „NEUE METHODEN DER KAMPAG-NENSTEUERUNG“ stehende Basisstudie „Micro-Targeting: Grund-

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lagen“ befasst sich neben einer allgemeinen Gegenüberstellung der Methoden von Breiten- und Tiefenkampagnen vor allem einleitend mit einer umfassenden Erklärung des Begriffes Micro-Targeting.

Das Kapitel II. „BREITEN- VERSUS TIEFENKAMPAGNE“ der Basis-studie soll einen Überblick über die beiden großen Strömungen in der politischen Kampagnenkommunikation vermitteln. Anhand der Konfl ikt-linien zwischen der indirekten Steuerung über medienzentrierte Breiten-kampagnen und der direkten Steuerung über wählerorientierte Tiefen-kampagnen werden die Unterschiede dieser Kampagnenformen deut-lich gemacht.

Das Kapitel III. „WAS BEDEUTET MICRO-TARGETING?“ der Basis-studie beschreibt und defi niert allgemein den Terminus.

Im Unterkapitel III.1 „Defi nition und Methodik“ erfolgt zuallererst der Ver-such einer umfassenden Begriffsbestimmung und grundlegenden Ein-führung in das Thema Micro-Targeting. Das Unterkapitel III.2 „Verfahren und Technologie“ beschäftigt sich mit einer einführenden Darstellung und Überblick verschaffenden Beschrei-bung der notwendigen technologischen Instrumente, analytischen Pro-zessschritte und methodischen Verfahren des Micro-Targeting, also derjenigen Hilfsmittel, die es erst ermöglichen, all die Informationen und Erkenntnisse zu gewinnen, um diese strategisch und operativ für die Optimierung der wahlpolitischen Kampagnensteuerung anwenden zu können. Das Unterkapitel III.3 „Neueste Innovationen“ eröffnet einen Einblick in die letzten Entwicklungen und rasanten Innovationen der Methodiken und Technologien des Micro-Targeting.

I.2 MASTERTHESIS

Anhand der Hauptthesis wird versucht eine Gesamtdarstellung des The-mas anhand der Entwicklungsphasen von Micro-Targeting am Beispiel der US-amerikanischen Präsidentschaftswahlen herauszuarbeiten.

Die Hauptthesis Kapitel IV. „ENTWICKLUNG VON MICRO-TARGE-TING“ zeigt somit einen Abriss der Ursprünge und Entwicklungsphasen von Micro-Targeting in den USA. Anhand der zunehmenden Ausbrei-tung von Micro-Targeting in US-amerikanischen Wahlkämpfen im ers-

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ten Jahrzehnt des einundzwanzigsten Jahrhunderts soll veranschaulicht werden, wie mittlerweile die rasanten technologischen Entwicklungen nicht nur als Treiber für Veränderungen in Wirtschaft, Gesellschaft und Medien verantwortlich zeichnen, sondern wie davon auch die Politik, und damit auch das Wahlkampfmanagement und die Kampagnenkom-munikation, erfasst wurden.

Von den ersten Ansätzen des Micro-Targeting ab den 70iger Jahren, das im Unterkapitel IV.1 „Die ersten Ansätze von Micro-Targeting“ beschrie-ben wird, beginnt ab den späten 90-iger Jahren ein erster großer Ent-wicklungsschub im Micro-Targeting und wird dies im Unterkapitel III.2 „IV.2 „Der Wendepunkt 2000: Wettlauf um technologischen Vorsprung“ anhand des Präsidentschaftswahlkampfes 2000 zwischen George W. Bush und Al Gore ausgeführt.

Das Unterkapitel IV.3 „Erster Höhepunkt: Präsidentschaftswahljahr 2004“ verdeutlicht die enormen Anstrengungen die von seiten der Re-publikaner mit ihrem Präsidenten Bush in der Professionalisierung der statistisch-mathematischer Analysemethoden über einen komplexen Wählermarkt unternommen wurden.

Es beschreibt aber auch den Beginn einer Renaissance traditioneller Wahlkampfmobilisierungstechniken, die auch unter dem Namen Grass-roots-Campaigning bekannt wurden.

Diese wegweisenden Managementanstrengungen durch ein ausge-klügeltes Herausfi ltern potentieller Wählergruppen gepaart mit einer zielgenauen direkten Kommunikation vor Ort der Kampagne war letzt-endlich auch ausschlaggebend für die äußerst knappe Wiederwahl des amtierenden Präsidenten.

Mit dem Präsidentschaftswahlkampf 2008 der im Unterkapitel IV.4 „Ein neuer Meilenstein: Obama Kampagne 2008“ beschrieben wird, verdeut-licht sich das Bild der US-amerikanischen Präsidentschaftswahlkämpfe als riesige kapital- und organisationsintensive Wahlkampfmaschinerien, die durch ein Netzwerk von politischen Beratungsexperten, innovativen Softwareunternehmen, Parteimitarbeitern und -funktíonären und letzt-endlich Parteianhängern und -sympathisanten miteinander verbunden sind.

Dies ist auch der Zeitpunkt in dem das Internet erstmals in vollem Um-fang als zentrales Organisations- und Kommunikationstool in das politi-sche Kampagnenmanagement integriert wurde.

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Insbesondere soll in der Masterthesis folgenden Annahmen nachge-gangen werden, dass durch den Einsatz von Tiefenkampagnenmetho-den - also durch Micro-Targeting -

1. über die Wertschöpfungskette „Technologievorsprung = In-formationsvorsprung = Wissensvorsprung = Strategievor-sprung = Kampagnenvorsprung“ ein Wettbewerbsvorteil er-zielt werden kann.

2. in Wahlkampagnen Wählerpotentiale effi zienter ausgenutzt und die Wähleransprache effektiver eingesetzt werden kön-nen, kostenintensive Streuverluste vermieden und insgesamt der Ressourceneinsatz optimiert werden kann.

3. die Strategiefähigkeit von Kampagnen und Parteien erhöht und damit die Wettbewerbsfähigkeit nachhaltig gesteigert werden kann.

So durchschlagend wie sich das gesellschaftliche Informations- und Kommunikationsverhalten geändert hat, so dynamisch muss sich auch die Kampagnenkommunikation ändern. Wie am Beispiel USA aufgezeigt werden kann, sind heute Vorsprünge in der Kampagnentechnologie und in der Kampagnenkommunikation die Indikatoren und Gradmesser für Wettbewerbsfähigkeit und Erfolg am Wählermarkt.

Die „ERGEBNISSE, SCHLUSSFOLGERUNGEN UND EMPFEHLUN-GEN“ in Kapitel V. der Masterthesis versuchen in einem zusammen-fassenden Überblick die strategische Relevanz von Micro-Targeting für ein professionelles Wahlkampagnenmanagement anhand einer Zusam-menfassung der im Zeitfenster zwischen 2000 und 2010 dargestellten US-amerikanischen Präsidentschaftswahlkämpfe zu erklären.

Vor dem Hintergrund der umfassenden strukturellen Veränderungen im gesellschaftlichen, medialen und politischen Bereich wird die inhaltli-che Aktualität, die strategische Relevanz und die daraus abzuleitenden Handlungsempfehlungen eines verstärkten Einsatzes derartig neuer Kampagnensteuerungsmethoden kurz diskutiert und daraus Hand-lungsempfehlungen abgeleitet.

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I.3 DETAILSTUDIEN

Ergänzende Detailstudien, als Erweiterungsmöglichkeiten, sollen den aus der Masterthesis vermittelten Überblick neuer Kampagnensteue-rungsmethoden theoretisch anhand der drei wesentlichen Wertschöp-fungselemente des Micro-Targeting (dem Informations-, Entwicklungs- und Beziehungskapital) vertiefen und anhand von Praxisbeispielen ver-anschaulichen.

Detailstudie 01: Political Intelligence: Wählermarkt und Wahlverhalten (geplante Veröffentlichung Oktober 2012)

In der Detailstudie 01 „Political Intelligence: Wählermarkt und Wahl-verhalten“ als Vertiefung zu Marktanalyse- und Meinungsforschungs-methoden des Micro-Targeting geht es um Fragen des Wählerpoten-tials, der Markt-Segmentierung und des Wahlverhaltens. Dabei sollen Antworten gegeben werden, wie man aus Daten und Informationen anwendbares Wissen für Wahlkampagnen generiert, um so Informatio-nen über die Strukturen des Wählermarktes, der geo- und soziodemo-graphischen Verteilung der Wählerpotentiale und Einfl ussfaktoren auf die Wahlentscheidung in Form einer Wissenslandkarte der politischen Kampagne zu erhalten.

Detailstudie 02: Micro Campaigning: Kommunikation und Mobilisierung (geplante Veröffentlichung Oktober 2012)

In der Detailstudie 02 „Micro Campaigning: Kommunikation und Mobilisierung“ als Vertiefung zu Kommunikations- und Mobilisierungs-methoden des Micro-Targeting geht es um Fragen der Wähleransprache, des Mini Messaging, der unterschiedlichen Formen der Direktkommu-nikation und den neuen Möglichkeiten des Social Political Networking. Dabei sollen Antworten gegeben werden, ob und welche Auswirkungen der Grad an Kontaktintensität auf Wahlbeteiligung, Stimmenzuwachs und somit auf das Wahlergebnis selbst hat, und welche Ressourcen-verteilungen zwischen tatsächlich „Bewegung“ erzeugender Tiefenkam-pagne („Micro-Geo-Targeting“) und lediglich „Stimmung“ aufbauender Breitenkampagne („Mass-Media-Marketing“) notwendig und sinnvoll sind.

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Detailstudie 03: Härtetest Wahlkampf: Praxisfälle im Vergleich (geplante Veröffentlichung März 2013)

In der Detailstudie 03 „Härtetest Wahlkampf: Praxisfälle im Ver-gleich“ werden Anwendungsmöglichkeiten des Micro-Targeting anhand ausgewählter Praxisbeispiele von Kommunal- und Landtagswahlen in der Steiermark dargestellt und mit den tradierten und klassischen brei-tenmedialen Wahlkampfpraktiken verglichen.

Detailstudie 04: Strategic Party: Strategiekompetenz und Wettbewerbsfähigkeit (geplante Veröffentlichung März 2013)

In der Detailstudie 04 „Strategic Party: Strategiekompetenz und Wettbewerbsfähigkeit“, als Vertiefung zu Strategieentwicklung und Markenbildung politischer Parteien im Rahmen von Micro-Targeting, geht es um Fragen des Political Strategy Mapping und einer zukünf-tigen Rolle von Parteien als Strategieakteure mit Service- und Dienst-leistungscharakter. Dabei sollen Antworten gegeben werden, welche Rahmenbedingungen als Maßstab für die Strategiekompetenz und den Strategiegrad politischer Parteien defi niert werden können, die schluss-endlich auch Indikatoren für deren nachhaltige Wettbewerbsfähigkeit am Wählermarkt sind.

I.4 ZIEL DER GESAMTARBEIT

Ziel und Gegenstand der zuvor beschriebenen Gesamtarbeit ist es erst-mals aus wissenschaftlicher Sicht einen umfassenden Ein- und Über-blick über den aktuellen Stand neuer Methoden der Kampagnensteue-rung insbesondere der Methoden des Micro-Targeting und des Micro-Campaigning zu vermitteln.

Dies soll vor allem im Rahmen der Hauptarbeit - neben dem Versuch ei-ner Begriffsdefi nition, der Methodenbeschreibung und einer überblicks-weisen Darstellung der eingesetzten Technologien und angewandten Verfahren - am Beispiel der Entwicklung des Micro-Targeting in den USA nachgezeichnet werden.

Es soll insgesamt nachgewiesen werden, dass man strategische Wett-

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bewerbsvorteile aufgrund der zumeist knappen Ressource „Finanzka-pital“ nur unter Ausnutzen der drei wesentlichen Wertschöpfungsketten des Micro-Targeting (Informations-, Entwicklungs- und Beziehungskapi-tal) erzielen kann.

Dabei ist ein abgestimmtes und optimales Zusammenspiel aller Wert-schöpfungsketten im Rahmen des politischen Kampagnenmanage-ments notwendig ist, denn

Datenbeschaffung und Marktanalysen (• Informationskapital / Political Intelligence) alleine sind zu wenig, da diese lediglich einen Informationsgewinn über den Wählermarkt schaffen,

Kampagnenstrategien ohne detaillierte Information, ohne • durchdachte Organisation und ohne strategischen Bezugsrah-men sind wahlpolitischer Blindfl ug und Vergeudung wichtiger kommunikationspolitischer Ressourcen (Entwicklungskapi-tal / Finanz-, Human- und Organisationskapital), und

Wahlkampfkommunikation ohne potentialorientierte Segmen-• tierung und gezielter Wähleransprache (Beziehungskapital / Micro Campaigning) hohe Streuverluste und geringe Wir-kungseffekte bedeuten.

Mit der Gesamtarbeit wird in Form eines Kreislaufschlusses die Darstel-lung eines neuen politischen (Kampagnen-) Steuerungsmodells auf Basis der „Strategischen Relevanz von Micro-Targeting“ und der „Wert-schöpfungsketten von Micro-Targeting“ versucht.

Vor dem Hintergrund der Masterarbeit und den vertiefenden Detailstudi-en soll diese Auseinandersetzung mit der Methode des Micro-Targeting folgende Ergebnisse und Schlussfolgerungen ermöglichen:

Eine forschungsbasierte Strategieentwicklung einer Kampa-• gne ist heute unerlässlich, um neue Lösungsansätze für die Ansprache und Mobilisierung von Wählern abseits des mas-senmedialen Nachrichtenfi lters und der sich immer stärker reduzierend und tendenziös werdender Berichterstattung zu fi nden.

Wer heute überzeugend kommunizieren will, muss eine per-• sönliche Verbindung im Sinne von sozialen Handlungen zum Wähler aufbauen, um im Wettbewerb um die Aufmerksamkeit

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des Wählers in Zeiten des Informationsüberdrusses und der Reizüberfl utung bestehen zu können.

Die individuellen Bedürfnisse und Emotionen der Wähler zu • erforschen und durch differenzierende und emotionalisierende Themen anzusprechen steigert das Interesse der Wähler und damit die Wahlbeteiligung, und beeinfl usst aufgrund der stär-keren Überzeugungswirkung vor dem Hintergrund einer Rele-vanz für das eigene Leben, deren Wahlentscheidung.

Die aktive Einbeziehung der Wähler in den Kampagnenpro-• zess im Sinne eines „Civic Political Campaigning“ und „Com-munity Building“ mit organisierter Interaktion, Artikulation und Partizipation erhöht die Zahl der Sympathisanten und aktiven Mitstreiter und ermöglicht so eine noch direktere Anbindung des Wählers an die Wahlbewegung abseits medialer „Stim-mungshype-Mache“.

Die Rückbesinnung auf traditionelle Formen des Wahlkamp-• fes, gepaart mit den zeitaktuellen Technologien der Erfassung, Auswertung und Anwendung von Daten, steigert die Effi zienz und Effektivität der kommunikativen Maßnahmen, die über das Einweg-Gießkannenprinzip traditioneller Medienkampagnen nicht zu erzielen sind.

Die Möglichkeiten des informationstechnologischen Fortschrit-• tes, gekoppelt mit den Methoden der politischen Kommunika-tion über soziale Internetzwerke und der realen Gemeinschaft vor Ort nach dem us-amerikanischen (Obama-)Vorbild birgt neue Chancen für die Politik wieder eine direktere Sprache zu fi nden.

Unter dem Leitsatz „Mass-Media-Marketing schafft Image und Stim-mung, aber „Micro-Grassroots-Targeting“ bewegt die (Wähler-) Stim-men“ soll das Gesamtwerk auch einen Beitrag zu einem Bewusstseins-bildungsprozess leisten, dass nur ein integrierter optimal aufeinander abgestimmter Einsatz von Breiten- (Imagebildung und Stimmungsauf-bau als Teil medialer Begleitarbeit) und Tiefenkampagne (Wählermobili-sierung und -konvertierung als Teil gesellschaftspolitischer Basisarbeit) sowohl die Effi zienz und Effektivität der Kampagnensteuerung gewähr-leisten als auch die Stimmausschöpfung von Wählerpotentialen opti-mieren kann.

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Darüber hinaus soll die Gesamtarbeit vor allem Entwicklungsprozesse in den Managementkompetenzen von Parteien samt den damit verbun-denen strategischen, organisatorischen und technologischen Heraus-forderungen vorantreiben.

Damit soll auch eine kommunikationspolitische Neupositionierung und ein verändertes Rollenverständnis der (mittlerweile in die Jahre und schon fast außer Mode und in Bürgerwut gekommene) Marke „Partei“ als postmoderne Dienstleistungs-, Service- und Netzwerkunternehmung vermittelt werden.

Da es die Parteien mittlerweile schon ziemlich verlernt haben mit dem Bürger direkt in Kontakt und Dialog treten zu wollen und die monologe Kommunikation im Megaphon-Stil über Plakate, Inserate und Fernseh-auftritte mit einseitig vermittelten Steno-Botschaften zukünftig zu wenig sein wird um am politischen Markt bestehen zu können, sind neue und differenziertere, den aktuellen gesellschaftlichen und kommunikativen Rahmenbedingungen angepasste, Steuerungsmethoden notwendig. Letztendlich wird es darauf hinauslaufen, so die These des Autors, dass diejenigen Parteien, die sich diesen Entwicklungserfordernissen nicht anpassen, zukünftig nicht mehr wettbewerbsfähig und somit langfris-tig auch politisch nicht überlebensfähig sein werden. Der strategische Schlüssel-Code dazu liegt in postmodernen demokratischen Gesell-schaftssystemen in der Methodik des Micro-Targeting verborgen.

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