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SCHIRMHERRSCHAFT PROJEKTLEITUNG PARTNER MATERIALSAMMLUNG KONTEXTMATERIALIEN FÜR LEHRKRÄFTE Diese Broschüre enthält gesammelte Materialien des Netzwerks Teilchenwelt für Lehrkräfte, die zur Einführung in die Teilchenphysik verwendet werden können. Sie eignen sich insbe- sondere zur Vor- und Nachbereitung von Masterclasses, können aber auch unabhängig da- von eingesetzt werden. Alle Materialien stehen unter www.teilchenwelt.de zum kostenlosen Download zur Verfügung.

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SCHIRMHERRSCHAFTPROJEKTLEITUNG PARTNER

M AT E R I A L S A M M L U N G KO N T E XTM AT E R I A L I E N F Ü R L E H R K R Ä F T E

Diese Broschüre enthält gesammelte Materialien des Netzwerks Teilchenwelt für Lehrkräfte, die zur Einführung in die Teilchenphysik verwendet werden können. Sie eignen sich insbe-sondere zur Vor- und Nachbereitung von Masterclasses, können aber auch unabhängig da-von eingesetzt werden. Alle Materialien stehen unter www.teilchenwelt.de zum kostenlosen Download zur Verfügung.

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INHALT

INHALT

1. Teilchenphysik - Forschung und Anwendung 3-18

2. Das Standardmodell der Teilchenphysik 19-26

3. Die vier Wechselwirkungen 27-32

4. Der ATLAS-Detektor 33-52

5. Selbstbau einer Nebelkammer 53-60

6. Teilchen-Steckbriefe - Hinweise für Lehrkräfte 61-66

MATERIALSAMMLUNG FÜR LEHRKRÄF TEKO N T E XTM AT E R I A L I E N N E TZ W E R K T E I LC H E N W E LT

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SCHIRMHERRSCHAFTPROJEKTLEITUNG KONTEXTMATERIALIEN PARTNER

IMPRESSUM Herausgeber: Michael Kobel, Thomas Trefzger Autoren: Manuela Kuhar Redaktion: Christoph Ilgner, Lisa Leander, Gesche Pospiech Layout und Grafiken: büro quer, www.buero-quer.de Projektleitung: Michael Kobel (Gesamtprojekt) Netzwerk Teilchenwelt | TU Dresden, Institut für Kern- und Teilchenphysik | www.teilchenwelt.de, [email protected] | Thomas Trefzger (Projekt Kontextmaterialien) Julius-Maximilians-Universität Würzburg | Lehrstuhl für Physik und ihre Didaktik Redaktionsschluss: März 2013 Lizenz und Nutzung: Creative Commons 2.0-by-nc-nd | Vervielfältigung und Weiterverbreitung des Inhalts ist bei Nennung der Quelle für Lehrzwecke ohne Rückfragen gestattet, sofern keine Veränderungen vorgenommen werden. Kommerzielle Nutzung, z.B. zu werblichen Zwecken oder in Lehrbüchern, ist ohne Rücksprache nicht gestattet. Es gilt das Impressum unter www.teilchenwelt.de/service/impressum .

TEILCHENPHYSIKFORSCHUNG UND ANWENDUNGEN

Dieses Dokument enthält Informationen und Anregungen rund um aktuelle Forschungsthemen, Methoden und Anwendungen der Teilchenphysik.

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HINWEISE

INHALT

Hinweise und methodische Anregungen 5, 6

CERN und LHC

● Der Teilchenbeschleuniger LHC 7

● Sicherheit am CERN 8

Teilchenphysik und Kosmologie

● Die Geschichte des Universums 9

● Dunkle Materie 10

● Neutrinos 11

Antimaterie 12

Das Higgs-Boson 13, 14

Grundlagenforschung: Sinn und Nutzen 15

Anwendungen der Teilchenphysik 16

Methoden der Teilchenphysik

● Teil 1: Teilchenkollisionen 17

● Teil 2: Die Suche nach neuen Teilchen 18

INHALT

TEILCHEN-PHYSIK

TEILCHENPHYSIKFO R S C H U N G U N D A N W E N D U N G E N

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HINWEISE

HINWEISE

TEILCHEN-PHYSIK

KurzbeschreibungDieses Materialpaket bietet einen Überblick über aktuelle Themen und Methoden der teilchenphysikalischen Forschung. Jede der zwölf Themenseiten enthält einen Informationstext, eine Grafik, weiterführende Diskussions- und Recherche-anregungen sowie dazu passende Internetlinks. Hinzu kommt die Präsentation [Teilchenphysik_Forschung] mit pas-senden Grafiken und weiterführenden Informationen. Die Materialien eignen sich insbesondere zur Vor- und Nachbereitung von Masterclasses, können aber auch un- abhängig davon verwendet werden. Beispielsweise können die Themenseiten „CERN und LHC“ und „Kosmologie“ als Einstieg bzw. zur Motivation einer Unterrichtseinheit zur Astroteilchen- oder Teilchenphysik dienen. Die Informations-blätter können auch die Grundlage für Referate sein. Beispiele für geeignete Themen sind:

Vorkenntnisse ▸ Zum Verständnis der meisten Themenseiten sollten grundlegende Begriffe aus der Kern- und Teilchenphysik bekannt sein: Atomkern, Protonen, Neutronen, Quarks, Elektronen, Photonen, elektrische Ladung, Elektronenvolt, Masse1.

▸ Einige Themenseiten beziehen sich auf die vier Wechselwirkungen (elektromagnetisch, stark, schwach, Gravitation). Arbeitsmaterialien zu diesem Thema finden sie im Materialpaket „Elementarteilchen und Wechselwirkungen“. Dieses steht unter http://www.teilchenwelt.de in der Rubrik „Materialien für Lehrkräfte“ zur Verfügung.

▸ Die meisten Themenseiten bauen inhaltlich nicht aufeinander auf. Ausnahmen sind die Themenseiten über For-schungsmethoden: In diesem Fall sollte Teil 1 vor Teil 2 behandelt werden, und sie sind am besten verständlich, wenn die Inhalte von den Infoblättern „Der Teilchenbeschleuniger LHC“ und „Das Higgs-Boson“ bekannt sind.

Anregungen zu einzelnen Themen ▸ CERN und LHC:

• Die unten zuerst angegebene Internetseite wurde von einem spanischen Lehrer in Zusammenarbeit mit dem CERN erstellt. Sie bietet eine sehr gut strukturierte Einführung in die Physik und Technik des LHC. Rechenaufgaben mit vorgerechneten Schritten bieten Anregungen für Arbeitsaufträge.

• Es gibt immer wieder Medienberichte, welche die Sicherheit des CERN oder des LHC in Frage stellen. Auf S. 5 finden Sie Hinweise, um die verwendeten Argumente zu diskutieren und zu entkräften.

• Das LHC-Spiel (Link siehe unten) bietet einen anschaulichen Einblick in die Funktionsweise des LHC.

▸ Kosmologie: • Im Dokument [Teilchenphysik_Forschung] finden Sie auf Folie 9 eine Grafik, welche die Entwicklung des Univer-

sums vom Urknall bis heute veranschaulicht. • Das unten angegebene Video zeigt, wie sich das Universum entwickelt hätte, wenn eine bestimmte Elementar-

teilchensorte eine andere Masse hätte. Es kann beispielsweise zur Motivation des Themas Teilchenphysik dienen und vielerlei Diskussionen anstoßen. Das Video zeigt vier alternative Entwicklungswege des Universums:

• Tatsächliche Entwicklung (0:00-1:24) • Entwicklung mit leichterem W-Boson (1:25-2:42): Die Sonne verbrennt, bevor höheres Leben entsteht. • Entwicklung mit leichterem Down-Quark (2:43-3:30): Alles besteht aus Neutronensternen. • Entwicklung mit leichterem Elektron (3:31-5:00): Exotisches Leben ist möglich.

• Das Urknallmodell • Beobachtungen, welche das Urknallmodell

unterstützen • Kosmische Hintergrundstrahlung:

Entdeckung, Messungen, Folgerungen

• Dunkle Materie: Beobachtungen, die auf ihre Existenz hinweisen

• Dunkle Materie: Kandidaten und Experimente • Anwendungen der Teilchenphysik • Antimaterie: Fakt und Fiktion

1 In den vorliegenden Materialien steht der Begriff „Masse“ stets für die Ruhemasse eines Teilchens. Die einzige Ausnahme ist die Formel E = mc2. Hier steht das Kürzel „m“ für die relativistische Masse.

CERN UND LHCGut strukturierte Einführung in die Physik und Technik des LHC: http://lhc-closer.esLHC-Spiel: http://cern50.web.cern.ch/cern50/multimedia/LHCGame/StartGame.htmlVideo zur Funktionsweise des LHC: http://www.youtube.com/watch?v=b6CqmHREE1I

KOSMOLOGIEVideo „Was wäre, wenn...“: http://www.tricklabor.com/de/portfolio/was-waere-wenn

FORS CHUNG UND ANWENDUNGEN H I N W E I S E U N D M E T H O D I S C H E A N R EG U N G E N

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HINWEISE

▸ Dunkle Materie: • Unten finden Sie einen Link zu Unterrichtsmaterialien rund um Dunkle Materie. Ein populärwissenschaftlicher

Artikel dient als Einführung ins Thema. • Eine spezielle Software (Link siehe unten) bietet die Möglichkeit, die Rotationsgeschwindigkeiten von Sternen in

der Galaxie NGC3198 zu berechnen und daraus die Materieverteilung in der Galaxie abzuschätzen. Anhand dieses Themas können Gravitationskraft, Zentripetalkraft und Dopplerverschiebung von Spektrallinien behandelt werden.

▸ Neutrinos: • Der erste unten angegebene Link bietet eine gute Zusammenfassung der Neutrinophysik und Ideen für Arbeits-

aufträge. Unter dem zweiten Link finden Sie Aufgaben und Lösungen zu Sonnenneutrinos (Kernfusion, Wirkungs-querschnitt mit Materie etc.)

▸ Antimaterie: • Auf S. 9 ist eine Nebelkammeraufnahme eines Positrons abgebildet. Anhand der Aufnahme können Jugendliche

nachvollziehen, wie Carl Anderson im Jahr 1932 die Existenz von Antimaterie nachwies. Hinweise dazu finden Sie unter dem ersten unten angegebenen Link.

• Wenn die Jugendlichen den Film „Illuminati“ nach dem Roman „Angels and Demons“ von Dan Brown kennen, können Sie den physikalischen Inhalt des Films analysieren. Links zu einer relevanten Filmsequenz (auf englisch) und Erklärungen dazu finden Sie unten.

▸ Higgs-Boson: • Spielen Sie mit einer Klasse die Wirkung des Higgs-Feldes und die Entstehung von Higgs-Bosonen nach. Wie das

aussehen kann, ist auf S. 10 abgebildet.

▸ Forschungsmethoden: • Bei Teilchenphysik-Masterclasses können Jugendliche selbst Daten vom CERN auswerten und die im Infotext

beschriebenen Methoden aus der Teilchenphysik anwenden. • Die im Text auf S. 19 angedeuteten Methoden können in den Kontext einer Unterrichtsreihe über Statistik in der

Oberstufe passen (Standardabweichung, Hypothesentest). Ausführlichere Informationen zur Datenauswertung in der Teilchenphysik finden Sie in der Präsentation [Teilchenphysik_Forschung] auf Folie 11.

FORS CHUNG UND ANWENDUNGENH I N W E I S E U N D M E T H O D I S C H E A N R EG U N G E N

HINWEISE

TEILCHEN-PHYSIK

DUNKLE MATERIEEinführung ins Thema und Unterrichtsmaterial: http://www.wissenschaft-schulen.de/alias/material/rotationskurve-einer-spiralgalaxie/1051349Software zur Untersuchung der Galaxie NGC 3198: http://www.mabo-physik.de/dunkle_materie.html

NEUTRINOSInformationen und didaktische Hinweise zur Neutrinophysik: http://www.wissenschaft-schulen.de/alias/material/astroteilchenphysik-entdeckung-und-entraetselung-der-neutrinoteilchen/1051362Aufgaben und Lösungen zu Sonnenneutrinos, Informationen zum Neutrinoteleskop IceCube: http://www.wissenschaft-schulen.de/alias/material/neutrinos-in-aufgaben/1051534

ANTIMATERIEDie Entdeckung des Positrons: http://www.federmann.co.at/vfhess/Kapiteluebersicht.html (Kapitel 7.2 und 8.7)Filmsequenz von „Angels und Demons“ zum Thema Antimaterie: http://www.youtube.com/watch?v=5oNO7_BOovIErklärungen zur Filmsequenz: http://www.weltderphysik.de/thema/physik-im-spielfilm/illuminati/filmszene-im-detail

HIGGS-BOSONArtikel und Nachrichten rund um das Higgs-Boson: http://www.weltderphysik.de/thema/higgsAnimation zur Veranschaulichung des Higgs-Mechanismus: http://www.youtube.com/watch?v=XGxvRtuTlbY

METHODENInternational Masterclasses: http://atlas.physicsmasterclasses.org/de/index.htm

Mehr Links und Literaturtipps finden Sie auf folgender Webseite: www.teilchenwelt.de/material

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HINWEISE

Wie funktioniert der LHC? Die Protonen bzw. Blei-Ionen werden zunächst mithilfe einer elektrischen Wechselspannung beschleunigt. Sie durchlaufen mehrere Vorbeschleuniger, bis ihre Energie ausreicht, um sie in den LHC zu leiten. Dieser bringt sie auf ihre Endenergie. Im LHC kreisen die Protonen schließlich mit jeweils 4 Tera-elektronenvolt (TeV); ab 2015 sind 7 TeV geplant. Das ent-spricht etwa der Bewegungsenergie einer fliegenden Mücke. Der LHC konzentriert diese Energie jedoch auf ein winziges Volumen; ein Proton erreicht mit dieser Energie 99,999997% der Lichtgeschwindigkeit. Um die Protonen auf ihre ringförmige Bahn zu lenken, ver-wendet man starke Magneten. Die Spulen der Elektromagnete bestehen aus supraleitendem Material (Niob-Titan), durch das der Strom ohne Energieverlust fließt. Dafür werden die Mag-nete mithilfe von flüssigem Helium auf etwa -271 °C gekühlt – das ist kälter als im Weltall! Im LHC kreisen die Protonen in zwei getrennten Strahlrohren in gegenläufigen Richtungen. Sie werden in etwa 2800 Pakete (Bunches) mit jeweils rund 100 Milliarden Protonen aufgeteilt. Die Teilchenpakete werden mithilfe von speziellen Magnet-Anordnungen (Quadrupole) auf einen wenige Tausendstel Millimeter dünnen Strahl fokussiert. Die Teilchenpakete kollidieren an vier Stellen des Beschleu-nigerrings, genau dort, wo sich die Detektoren befinden. Wenn sich zwei Teilchenpakete durchdringen, rechnet man mit je-weils etwa 30 Kollisionen – und das 20 Millionen mal pro Sekunde! Dabei entstehen aus der Energie der Protonen viele neue Teilchen, deren Eigenschaften in Detektoren vermessen werden. Würde man alle Messdaten aufzeichnen, wären die Daten-mengen gigantisch. Daher werden uninteressante Daten nach bestimmten Kriterien aussortiert. Übrig bleiben immer noch rund 15 Millionen Gigabyte pro Jahr! Die Messdaten werden über das sogenannte LHC-Grid auf mehr als 200 000 Com-puter weltweit verteilt. Mehr als 10 000 Teilchenphysiker aus über 100 Ländern beteiligen sich an der Auswertung der Mes-sungen.

Warum ist der LHC so groß?Um die energiereichen Protonen im LHC auf ihre Kreisbahn zu lenken, verwendet man die stärksten Beschleunigermagnete, die je gebaut wurden. Wollte man den LHC-Ring kleiner bauen, bräuchte man noch stärkere Magnete! Es gibt noch einen ganz praktischen Grund für die Größe des LHC: Der Tunnel, in dem der LHC-Beschleuniger gebaut wurde, existierte bereits. Bis zum Ende des Jahres 2000 befand sich darin der LEP-Beschleuniger, in dem Elektronen und Positro-nen miteinander kollidierten. Somit war es günstig, den alten Tunnel wieder zu verwenden.

DER TE ILCHENBES CHLEUNIGER LHC

INFOINFO

LHC

¾ Welche Forschungsziele werden mit dem LHC verfolgt? ¾ Warum liegt der LHC unterirdisch? ¾ Wie wird das CERN finanziert? Was hat der LHC gekostet? ¾ Warum muss im Strahlrohr des LHC ein sehr gutes Vakuum herrschen?

Broschüre mit Informationen rund um den LHC: http://cdsweb.cern.ch/record/1214401Fragen und Antworten zum LHC: http://www.weltderphysik.de/gebiet/teilchen/experimente/teilchenbeschleuniger/lhc/lhc-faqKurze Geschichte des LHC: http://www.weltderphysik.de/gebiet/teilchen/experimente/teilchenbeschleuniger/lhc/meilensteine

Das internationale Forschungszentrum CERN ist das weltweit größte Forschungsinstitut auf dem Gebiet der Teilchenphysik. Das Herzstück des CERN ist der Teilchenbeschleuniger LHC (Large Hadron Collider), der sich etwa 100 Meter unter der Erdoberfläche in einem Tunnel mit 27 Kilometern Umfang befindet. Im LHC kreisen Protonen oder Blei-Ionen mit sehr hohen Energien. Wenn die Teilchen aufeinanderprallen, kann eine Energiedichte erreicht werden, wie sie kurz nach dem Urknall herrschte. Bei den Kollisionen entsteht eine Vielzahl neuer Teilchen, welche mithilfe von Detektoren nachgewiesen werden. So untersuchen Forscher aus aller Welt beispielsweise, wie Elementarteilchen ihre Masse erhalten oder woraus Dunkle Materie besteht.

© C

ERN

▸ Das CERN liegt in der Nähe von Genf im Grenzgebiet zwischen der Schweiz und Frankreich. Bei Teilchenkollisionen im Beschleuniger LHC entstehen neue Teilchen, die mit vier Detektoren (ATLAS, ALICE, CMS und LHCb) nachgewiesen werden.

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HINWEISE

Ist das CERN und der LHC sicher?Immer wieder kursieren Behauptungen wie diejenige, dass am CERN durch Teilchenkollisionen kleine Schwarze Löcher oder „seltsame Materie“ entstehen könnten, die eine Gefahr für die Menschheit darstellen würden. Allerdings geschehen Teilchenkollisionen wie diejenigen am CERN ständig überall im Universum – auch auf der Erde: Kosmische Teilchen erreichen aus dem Weltall die Erde und stoßen mit Atomkernen der Luft zusammen. Einige kosmische Teilchen besitzen eine vielfach höhere Energie als diejenige, die man mit Beschleunigern erreicht. Trotz der natürlichen Teilchenkollisionen existiert die Erde schon seit über vier Milli-arden Jahren. Andere Himmelskörper wie Sterne und Galaxien existieren schon seit viel längerer Zeit. Wenn Teilchenkolli-sionen eine Katastrophe auslösen könnten, wäre diese schon längst eingetreten.

Manchmal wird behauptet, am CERN würde Kernenergie er-forscht oder es würden gar Kernwaffen entwickelt. Die dort verwendeten Teilchenbeschleuniger und Messgeräte eignen sich dafür allerdings nicht. Das Missverständnis geht auf den Namen des CERN zurück: „Conseil Européen pour la Recherche Nucléaire“ (d.h. Europäischer Rat für Kernforschung). Als das CERN 1954 gegründet wurde, war eines seiner Forschungs-ziele, das Innere von Atomkernen zu untersuchen – daher das Wort „Kernforschung“. Heute beschäftigt man sich am CERN hauptsächlich mit Elementarteilchen. Dabei handelt es sich um Grundlagenforschung, die auf reinen Erkenntnisgewinn und nur indirekt auf wirtschaftlichen Nutzen abzielt.

Manchmal ist in den Medien von einer „nie zuvor erreichten Energie“ oder vom „Urknall im Labor“ die Rede. Genauer ge-sagt wird für kurze Zeit eine sehr hohe Energiedichte erreicht (Energie pro Volumen), wenn die im LHC kreisenden Proto-nen kollidieren. In einem winzigen Volumen entstehen dabei für kurze Zeit Bedingungen, wie sie kurz nach dem Urknall herrschten – so versuchen Forscher, die damaligen Ereignisse nachzuvollziehen.

Das Gefährlichste, was der Protonenstrahl anrichten könnte, wäre, die Experimente und das Beschleunigerrohr zu beschä-digen. Auch wenn dies geschehen würde, wären Menschen nicht in Gefahr, da der Tunnel etwa 100 Meter unter der Erd-oberfläche liegt und während des Betriebs gesperrt ist. Um Schäden an den Experimenten vorzubeugen, kontrollie-ren Computer ständig die Flugbahn der Protonen. Schon bei kleinsten Abweichungen wird der Protonenstrahl automatisch innerhalb einer Tausendstelsekunde in einen Graphitblock ge-leitet und darin vollständig abgebremst.

Der Beschleunigerring, in dem sich der LHC befindet, wurde aus mehreren Gründen unterirdisch gebaut. Einerseits war es billiger und rechtlich unkomplizierter, den Tunnel unterirdisch zu bauen. Ein anderer Grund ist der Strahlenschutz. Viele Sicherheitsmaßnahmen stellen sicher, dass nur ein winziger Bruchteil der Strahlung, die beim Betrieb des LHC entsteht, an die Oberfläche gelangt. Beispielsweise wird die Luft gefil-tert, die aus dem Beschleunigertunnel gepumpt wird. So ver-ursacht das CERN für die Anwohner nur eine zusätzliche Dosis von weniger als 10 Mikrosievert pro Jahr. Zum Vergleich: In der Schweiz beträgt die durchschnittliche Strahlendosis aus na-türlichen und medizinischen Quellen etwa 4000 Mikrosievert pro Jahr.

SICHERHEIT AM CERN

INFOINFO

CERNLHC

¾ Wie viel Strom verbraucht das CERN? Wofür wird der größte Teil der elektrischen Energie benötigt? ¾ Warum muss der LHC mit Helium gekühlt werden? ¾ Wie lange dauerte die Planung und der Bau des LHC?

Sicherheit am CERN und am LHC: http://www.weltmaschine.de/cern_und_lhc/lhc/sicherheit_am_lhcFragen und Antworten zum LHC: http://www.weltderphysik.de/gebiet/teilchen/experimente/teilchenbeschleuniger/lhc/lhc-faqKurze Geschichte des LHC: http://www.weltderphysik.de/gebiet/teilchen/experimente/teilchenbeschleuniger/lhc/meilensteineScience Slam: Schwarze Löcher im LHC? www.youtube.com/watch?v=M4frlnOLKdY

▸ Das CERN liegt auf der Grenze zwischen der Schweiz und Frankreich. Der rote Kreis deutet an, wo der Beschleuniger-tunnel des LHC unterirdisch verläuft.

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HINWEISE

TEILCHENPHYSIK UND KOSMOLOGIED I E G E S C H I C H T E D E S U N I V E R S U M S

INFO

KOSMO-LOGIE

Kosmische Hintergrundstrahlung: http://www.weltderphysik.de/gebiet/astro/kosmologie/die-kosmische-hintergrundstrahlungVideo – Entwicklung des Universums mit verschiedenen Teilchenmassen: http://www.tricklabor.com/de/portfolio/was-waere-wennDie Geschichte des Universums: http://abenteuer-universum.de/kosmos/urknall1.html

¾ Welche Eigenschaften hat die kosmische Hintergrundstrahlung? Was verraten Messungen der Hintergrundstrahlung über das frühe Universum?

¾ Wie hätte sich das Universum entwickelt, wenn ein Elementarteilchen (z.B. Elektron oder Down-Quark) leichter wäre?

Beobachtungen weisen darauf hin, dass sich unser Universum immer weiter ausdehnt und abkühlt. Diese Aus-dehnung muss irgendwann einen Anfang gehabt haben; diesen stellt man sich als einen extrem dichten und hei-ßen Zustand vor. Der Moment der Entstehung des Universums wird „Urknall“ genannt. Im Teilchenbeschleuniger LHC lassen sich Materiezustände erzeugen, wie sie kurz nach dem Urknall herrschten.

Wie entwickelte sich das Universum?Viele Messungen deuten darauf hin, dass das Universum vor etwa 14 Milliarden Jahren in einem unvorstellbar dichten und heißen Zustand begann: In diesem „Urknall“ entstanden Raum und Zeit. Was in den ersten Momenten danach geschah, lässt sich mithilfe von Modellrechnungen rekonstruieren, denen das Standardmodell der Teilchenphysik zugrundeliegt.Man geht davon aus, dass zu Anfang des Universums Mate-rie- und Antimaterieteilchen in gleichen Mengen entstanden. Diese konnten sich noch nicht zu Nukleonen oder Atomen zusammenschließen, da die Temperatur noch zu hoch war. Um bestimmte Beobachtungen zu erklären, nimmt man an, dass sich das junge Universum unmittelbar nach dem Urknall (10-35 s) für kurze Zeit rasant ausdehnte (inflationäre Expan- sion). Kurz danach (10-10

s) hatten die elektromagnetische, starke und schwache Wechselwirkung ihre heutige Form an-genommen.Was dann geschah, lässt sich mithilfe von Experimenten und Beobachtungen nachvollziehen. Nach etwa einer Millionstel Sekunde schlossen sich Quarks zu Protonen und Neutronen zusammen. Materie- und Antimaterieteilchen hatten sich nach einer Sekunde größtenteils gegenseitig vernichtet. Übrig blie-ben Photonen (elektromagnetische Strahlung) – und der Rest an Materie, aus dem wir heute bestehen. Drei Minuten nach dem Urknall hatte sich das Universum genügend abgekühlt, damit leichte Atomkerne entstehen konnten. Atome konnten sich noch nicht bilden, weil sie von der energiereichen Strah-lung sofort ionisiert wurden. Das heiße Plasma im frühen Uni-versum war undurchsichtig, da Licht an den frei umherfliegen-den Atomkernen und Elektronen gestreut wurde. Erst nach etwa 380 000 Jahren war die Temperatur im Uni-versum niedrig genug, damit Atomkerne dauerhaft Elektro-nen festhalten konnten: Stabile Atome entstanden. Erst dann konnte sich Strahlung frei ausbreiten, und das Weltall wurde durchsichtig. Die damals freigewordene Strahlung erfüllt heute noch das Universum: Die „kosmische Hintergrundstrahlung“ wurde 1964 experimentell nachgewiesen – eines von vielen überzeugenden Argumenten dafür, dass das Urknallmodell stimmt. Eine Milliarde Jahre nach dem Urknall bildeten sich erste Ster-ne und Galaxien. Unser Sonnensystem entstand nach etwa 9 Milliarden Jahren.

Wie erforscht man die Geschichte des Universums?Astrophysiker vermessen weit entfernte Galaxien und Super-novae, um die Frühphasen des Kosmos zu erforschen. Mes-sungen der kosmischen Hintergrundstrahlung ermöglichen es, in eine Zeit zurückzublicken, als es noch keine Sterne und Galaxien gab. Mit Methoden der Teilchenphysik lassen sich sogar Materie-zustände rekonstruieren, die kurz nach dem Urknall herrsch-ten. Der Teilchenbeschleuniger LHC beschleunigt Protonen und Blei-Ionen. Wenn letztere kollidieren, entsteht in einem winzigen Volumen eine so hohe Energiedichte wie nur wenige Millionstel Sekunden nach dem Urknall. Dabei kann für kurze Zeit ein sogenanntes Quark-Gluon-Plasma entstehen. Darin sind Quarks und Gluonen nicht zu Hadronen gebunden, son-dern bewegen sich frei. Diesen Materiezustand untersucht man mithilfe von speziellen Detektoren wie insbesondere ALICE. Forscher gehen auch der Frage nach, warum wir überhaupt existieren: Eigentlich hätten sich Materie- und Antimaterie-teilchen nach dem Urknall restlos gegenseitig vernichten müs-sen. Doch offensichtlich blieb genug Materie übrig, aus der wir heute bestehen. Also muss es einen grundsätzlichen Unter-schied zwischen Materie und Antimaterie geben. Welcher das ist, versuchen Forscher am CERN und anderen Instituten zu ergründen.

▸ Ein Abbild der Frühzeit des Universums: Diese Grafik wurde aus Messdaten der NASA-Raumsonde WMAP erstellt. Die Farben zeigen winzige Temperaturschwankungen der kosmischen Hinter-grundstrahlung, die 380 000 Jahre nach dem Urknall frei wurde. Die Temperaturunterschiede entsprechen Dichteschwankungen der Materie im frühen Universum. Daraus entwickelten sich mit der Zeit die Galaxienhaufen und Leerräume, die wir heute beobachten.

© N

ASA

/ WM

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HINWEISE

Woraus besteht das Universum? Es mag unglaublich klingen: Der Stoff, aus dem wir selbst und unsere Umgebung bestehen, ist im Universum offenbar eher die Ausnahme als die Regel. Materie aus Atomen macht weni-ger als fünf Prozent der Gesamtenergie des Universums aus. Etwa 68 Prozent bestehen aus „Dunkler Energie“, einer unbe-kannten Energieform, welche die Ausdehnung des Universums vorantreibt. Die restlichen 27 Prozent bestehen aus Dunkler Materie.

Woher weiß man, dass es Dunkle Materie gibt?Schon im Jahr 1933 beobachtete der Astronom Fritz Zwicky den Coma-Haufen, eine Ansammlung von mehr als 1000 Ga-laxien. Diese bewegten sich viel zu schnell, als dass die sicht-bare Materie sie mit ihrer Gravitation zusammenhalten konn-te; dazu war etwa zehnmal mehr Masse notwendig. Daraus schloss er, dass es deutlich mehr Materie im Universum geben muss, als man bis dahin annahm. Beobachtungen von Spiralgalaxien bestätigen dies: Sterne ro-tieren zu schnell um deren Zentren. Gäbe es nur die uns be-kannte atomare Materie, würden diese Galaxien auseinander fliegen. Planeten, Asteroiden, Staubwolken und andere nicht-leuchtende Himmelskörper sind dabei schon berücksichtigt. Selbst wenn man die Masse solcher Objekte sehr großzügig schätzt, wäre ihr Beitrag immer noch viel zu gering.Viele unterschiedliche Messungen zeigen, dass es im Uni-versum etwa fünfmal mehr Dunkle Materie als atomare Ma-terie geben muss. Beispielsweise beobachtet man überall im Weltall großräumige netzartige Ansammlungen von Galaxien. Wenn es nur atomare Materie gäbe, wären diese Strukturen viel kleiner, da sie sich erst relativ spät nach dem Urknall ge-bildet hätten. Um die Strukturen zu erzeugen, die man heute beobachtet, muss die Gravitation von Dunkler Materie ihre Entstehung beschleunigt haben.

Woraus besteht Dunkle Materie?Messungen der kosmischen Hintergrundstrahlung zeigen, dass Dunkle Materie aus Teilchen bestehen muss, die mit ihrer Umgebung keine Photonen austauschen, also elektrisch neu-tral sind. Dunkle Materie kann auch nicht der starken Wech-selwirkung unterliegen, die zwischen Quarks und Nukleonen wirkt, da sich die Teilchen sonst zu Atomkernen zusammen-schließen würden. Sie machen sich also nur durch ihre Gravita-tion und möglicherweise durch die schwache Wechselwirkung bemerkbar.Diese Beschreibung trifft auf den ersten Blick auf Neu-trinos zu. Doch diese Teilchen tragen eine zu kleine Masse,um die vorher erwähnten Beobachtungen zu erklären, und machen nur 0,1–3 Prozent des Universums aus.Also suchen Forscher nach bisher unbekannten Teilchen, die deutlich massereicher als Neutrinos sein sollten und nur schwach wechselwirken: Solche Teilchen bezeichnet man als WIMPs (Weakly Interacting Massive Particles). Einige Theo-rien sagen die Existenz vom WIMPs voraus, jedoch haben For-scher sie bisher nicht experimentell beobachtet.

Wie suchen Forscher nach Dunkler Materie?Teilchenphysiker versuchen mit vielen Methoden, der Dunklen Materie auf die Schliche zu kommen.

▸ Sehr empfindliche Detektoren wie CRESST in Italien sollen die seltenen Stöße von WIMPs mit einem Atomkern des Detektormediums nachweisen. Sie befinden sich tief unter der Erde, um andere kosmische Teilchen abzuschirmen.

▸ Das Spektrometer AMS an Bord der internationalen Raum-station ISS sucht im Weltall unter anderem nach energie-reichen Photonen und Neutrinos. Diese könnten entstehen, wenn WIMPs paarweise zerstrahlen.

▸ Im Teilchenbeschleuniger LHC versuchen Forscher, WIMPs künstlich herzustellen: Bei Teilchenkollisionen wird eine so große Energiedichte erzeugt, wie sie kurz nach dem Urknall herrschte. Dabei könnten auch bisher unbekannte Teilchen entstehen.

▸ Experimente wie CAST und OSQAR am CERN oder auch ALPS am DESY in Hamburg suchen nach sogenannten Axionen: Wenn diese Teilchen existieren, könnten sie einen Teil der Dunklen Materie ausmachen.

TEILCHENPHYSIK UND KOSMOLOGIED U N K L E M AT E R I E

INFO

DUNKLE MATERIE

Übersichtsartikel in „Sterne und Weltraum“: http://www.wissenschaft-online.de/artikel/1038777&_wis=1 Software zur Untersuchung der Galaxie NGC3198: http://www.mabo-physik.de/dunkle_materie.htmlCRESST und andere Experimente zu Dunkler Materie: http://www.weltderphysik.de/gebiet/astro/dunkle-materie-und-dunkle-energie

¾ Wie messen Forscher die Geschwindigkeiten von Sternen in Galaxien? ¾ Untersuche die Geschwindigkeiten von Sternen in der Galaxie NGC3198. Wie muss die Materie in dieser Galaxie verteilt sein, um solche Bewegungen zu ermöglichen?

¾ Wie soll das Experiment CRESST Teilchen der Dunklen Materie nachweisen?

Die Materie, aus der Sterne, Planeten und Lebewesen bestehen, macht nur einen kleinen Teil des Universums aus. Offenbar besteht ein weitaus größerer Teil des Universums aus Dunkler Materie und Dunkler Energie.

Dunkle Energie: 68%

Atomare Materie: 5%

Dunkle Materie: 27%

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HINWEISE

Was sind Neutrinos?Neutrinos sind Elementarteilchen, die eine extrem geringe Masse besitzen – mehr als hunderttausendfach geringer als die des Elektrons. Sie treten nur über die schwache Wechsel-wirkung mit anderen Teilchen in Kontakt. Diese Wechselwir-kung ermöglicht unter anderem Teilchen-Umwandlungen und ist beispielsweise verantwortlich für den Betazerfall und die Kernfusion, die Energiequelle der Sonne. Schwache Wechselwirkungen geschehen bei niedrigen Ener-gien äußerst selten. Deswegen können Neutrinos ungestört durch Materie hindurchfliegen, sogar durch ganze Planeten und Sterne. Nur eines von etwa 1 000 000 000 Neutrinos aus der Sonne wechselwirkt überhaupt mit einem Teilchen der Erde. Das macht es enorm schwierig, Neutrinos experimentell nachzuweisen.

Wie kann man Neutrinos nachweisen?Je größer der Detektor, desto besser – denn umso höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass ein Neutrino mit einem Teilchen im Detektor wechselwirkt, so dass es nachgewiesen werden kann. Einige Neutrino-Detektoren verwenden das Wasser eines Sees oder auch das Eis der Antarktis als Detektor- material (siehe Abbildung). Darin werden empfindliche Licht-sensoren versenkt. Wenn ein Neutrino mit einem Atomkern kollidiert, verwandelt es sich oft in ein energiereiches elek-trisch geladenes Teilchen, zum Beispiel in ein Myon. Dieses be-wegt sich schneller als die Lichtgeschwindigkeit in Eis. Dadurch entsteht in einer Art „Überlichtknall“ ein bläuliches Leuchten – das sogenannte Cherenkov-Licht. Aus diesen Signalen lässt sich die Energie des ursprünglichen Neutrinos bestimmen, so-wie die Richtung, aus der es kam.

Warum sind Neutrinos interessant für die Forschung? Die nächstgelegene kosmische Neutrinoquelle ist die Sonne. Diese Teilchen bieten die einzigartige Möglichkeit, die Kern- fusionsprozesse in ihrem Inneren zu studieren. Denn die Neu-trinos, die dabei entstehen, verlassen die Sonne auf direktem Weg - im Gegensatz zu Photonen, deren Energie erst einige Millionen Jahre nach ihrer Erzeugung aus der Sonne entweicht.Bei der Untersuchung von Sonnenneutrinos fiel Forschern auf, dass viel weniger Neutrinos die Erde erreichen als erwartet. Später stellte sich der Grund dafür heraus: Es gibt drei Neutrino- sorten: Elektron-, Myon- und Tau-Neutrinos. Bei der Kernfusion in der Sonne entstehen nur Elektron-Neutrinos. Auf dem Weg zur Erde verwandeln sich diese zum Teil in die anderen Neutri-nosorten – das wiesen Forscher erst 2002 mit dem Detektor SNO in Kanada nach. Solche Umwandlungen (Oszillationen) sind nur möglich, wenn Neutrinos eine Masse besitzen. Wie diese zustande kommt und warum sie so klein ist, wird derzeit erforscht.Da Neutrinos weitgehend unbeeinflusst durch Magnet- und Gravitationsfelder sowie durch Materie fliegen, lässt sich die Richtung ihrer Herkunft genauer bestimmen als diejenige von anderen kosmischen Teilchen wie beispielsweise Protonen. Durch den Nachweis von Neutrinoquellen im fernen Weltall könnten Forscher also auch die Ursprungsorte von anderen kosmischen Teilchen aufspüren. Damit ließe sich auch aufklä-ren, wie diese ihre teils extrem hohen Energien erreichen. Forscher nutzen Neutrinoteleskope außerdem, um nach der geheimnisvollen Dunklen Materie zu suchen: Wenn Teilchen der Dunklen Materie paarweise zerstrahlen, sollten energie-reiche Photonen oder Neutrinos entstehen. Diese sollten die Erde aus Richtungen erreichen, wo sich Dunkle Materie zu-sammenballt.

TEILCHENPHYSIK UND KOSMOLOGIEN E U T R I N O S

INFO

NEUTRI-NOS

Kosmische Teilchen, Neutrinoteleskop IceCube: http://www.spektrum.de/alias/neutrinoastronomie/icecube-neutrinojagd-am-suedpol/893101Neutrino-Experimente: http://www.weltderphysik.de/gebiet/teilchen/bausteine/neutri-nos http://www.weltderphysik.de/gebiet/astro/kosmische-strah-lung/kosmische-neutrinos Der Neutrinodetektor SNO+:http://www.weltderphysik.de/gebiet/teilchen/bausteine/neutri-nos/experimente/sno/sno-teil-2

¾ Aus dem Weltall erreichen uns ständig kosmische Teilchen wie beispielsweise Protonen. Von welchen Himmelskörpern stammen diese wahrscheinlich?

¾ Welchen Fragen gehen Forscher mit dem neuen Neutrino-detektor SNO+ in Kanada nach?

Unzählige Neutrinos erreichen uns ständig aus Sternen, Supernovae und Galaxien. Allerdings treten sie mit dem Rest des Universums sehr selten in Kontakt. Entsprechend schwierig ist es, Neutrinos experimentell nachzu-weisen. Doch der Aufwand lohnt sich: Da Neutrinos ungehindert durch Materie hindurchfliegen, ermöglichen sie spannende Erkenntnisse über die Prozesse im Inneren von Sternen und Galaxien.

▸ Mit dem IceCube-Experiment in der Antarktis suchen Forscher nach Neutrinoquellen im Weltall. Der Detektor ist mehr als einen Kubik-kilometer groß und befindet sich tief unter der antarktischen Eis- decke. Zum Vergleich ist unten links der Eiffelturm eingezeichnet.

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HINWEISE

Was ist Antimaterie?Antimaterie kann man sich als „Spiegelbild“ der normalen Materie vorstellen. Zur jeder Materieteilchensorte gehört eine Antiteilchensorte mit derselben Masse, derselben Lebensdauer und demselben Spin, das jedoch entgegengesetzte Ladungen trägt. Beispielsweise ist das Elektron negativ elektrisch gela-den, während sein Antiteilchen, das sogenannte Positron, eine positive elektrische Ladung trägt. Ebenso gibt es Antiquarks und Antineutrinos.

Gibt es Antimaterie in der Natur?Antimaterieteilchen kommen durchaus in der Natur vor, Anti-Atome oder größere Objekte aus Antimaterie dagegen nicht. Positronen entstehen beispielsweise, wenn kosmische Strah-lung auf die Erdatmosphäre trifft, oder wenn bestimmte radio-aktive Atomkerne zerfallen. Man spricht vom „Beta-Plus-Zer-fall“: Hierbei verwandelt sich ein Proton in ein Neutron, wobei ein Positron und ein Neutrino neu entstehen.Wenn ein Antiteilchen seinem entsprechenden Materieteilchen begegnet, „annihilieren“ sie sich gegenseitig – das bedeutet, die vorhandene Energie wandelt sich in Austauschteilchen um. Wenn sich beispielsweise Positronen und Elektronen begeg-nen, annihilieren sie meistens in zwei Photonen. Dies wird bei-spielsweise bei einer medizinischen Diagnosemethode ausge-nutzt, der Positronen-Emissions-Tomographie (PET) .

Könnte Antimaterie zur Energieversorgung oder zum Bau von Waffen verwendet werden? Nein. Antimaterie ist für militärische oder wirtschaftliche Zwe-cke uninteressant, da Anti-Atome nicht natürlich vorkommen. Sie lassen sich auch nicht durch chemische Prozesse herstel-len, sondern nur mithilfe von Teilchenbeschleunigern, womit ein vergleichsweise gigantischer Aufwand verbunden ist. Am CERN werden an den Experimenten ATHENA und ATRAP Antiwasserstoff-Atome hergestellt, die zur reinen Grundlagen-forschung dienen (siehe weiter unten). Seit 1996 wurden am CERN nur einige Millionen Anti-Atome hergestellt. Das ist eine verschwindend geringe Menge: Um ein Gramm Antimaterie zu erhalten, würde man 6·1023 Anti-Atome benötigen (eine 6 mit 23 Nullen)! Um diese herzustellen, würde man mehrere Milliarden Jahre brauchen – wenn man einen Weg fände, sie für längere Zeit stabil zu halten. Zu alledem müsste man milli-ardenfach mehr Energie aufwenden, als man durch die Annihi-lation mit Materie gewinnen würde. Die Nutzung von Antimaterie zur Energieversorgung oder für Waffen gehört also ins Reich der Fiktion.

Was wird zum Thema Antimaterie erforscht?Experimente mit Antimaterie können etwas über die Entste-hung und Entwicklung des Universums verraten. Wenn es sich bei Antimaterie um ein exaktes Spiegelbild normaler Materie handelt, sollte beim Urknall ebenso viel Antimaterie wie Mate-rie entstanden sein. Dann dürften wir jedoch gar nicht existie-ren, weil sich sämtliche Materie und Antimaterie schon wieder gegenseitig vernichtet hätte. Doch offenbar blieb ein winziger Anteil an Materie übrig – nämlich die, aus der heute unser Universum besteht. Also muss es einen grundsätzlichen Un-terschied zwischen Materie und Antimaterie geben. Welcher das ist, versuchen Forscher am CERN und anderen Instituten zu ergründen. Dazu stellt man am CERN beispielsweise Antiwasserstoff-Atome her. Derzeit ist es möglich, einige Anti--Atome mehrere Minuten lang mithilfe von Magnetfeldern festzuhalten. So lässt sich beispielsweise ihr Spektrum untersuchen, um zu prüfen, ob sie dieselben Energieniveaus besitzen wie normale Atome. Spannend ist auch die Frage, ob Antimaterie genauso auf Gravi-tation reagiert wie Materie oder nicht. Für solche Experimente benötigt man allerdings noch empfindlichere Messinstrumente, als heute zur Verfügung stehen.

ANTIMATERIE

INFOINFO

ANTI-MATERIE

¾ Was genau ist auf der Abbildung zu sehen? Wie konnte Carl D. Anderson darauf kommen, dass das beobachtete Teilchen ein Positron war?

¾ Was wird am LHCb-Experiment am CERN erforscht? ¾ Wie funktioniert die Positronen-Emissions-Tomographie? Was bekommen Patienten dabei verabreicht und warum?

Artikel und Nachrichten rund um Antimaterie: http://www.weltderphysik.de/gebiet/teilchen/bausteine/antimaterie Die Entdeckung des Positrons: http://www.federmann.co.at/vfhess/Kapitel/8_7.htmlDas Experiment LHCb: http://www.weltderphysik.de/gebiet/teilchen/experimente/teilchenbeschleuniger/lhc/lhc-experimente/lhcbPositronen-Emissions-Tomographie: http://www.krebsinformationsdienst.de/untersuchung/pet-technik.phpAntimaterie im Spielfilm „Illuminati“: http://www.weltderphysik.de/thema/physik-im-spielfilm/illuminati

▸ Die Existenz von Antimaterie wurde 1928 von Paul Dirac theo-retisch vorhergesagt. Schon 1932 entdeckte Carl D. Anderson das Positron – das Antiteilchen des Elektrons. Das Bild stellt die Spur eines Positrons in einer Nebelkammer dar.

Aus:

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HINWEISE

DAS HIGGS-BOS ONW I E E R H A LT E N T E I LC H E N I H R E M ASS E? E I N E A N A LO G I E

INFOINFO

HIGGS-BOSON

¾ Wie erzeugen Forscher am CERN das Higgs-Boson und andere massereiche Elementarteilchen?

Das Wichtigste über das Higgs-Teilchen – Infos, Bilder, Links: http://www.weltmaschine.de/physik/higgsMehr über das Higgs-Boson: http://www.weltderphysik.de/thema/higgsInternational Masterclasses: http://atlas.physicsmasterclasses.org/de/wpath_higgs.htm

Elementarteilchen dürften eigentlich keine Masse besitzen – das besagt zumindest das Standardmodell der Teilchen-physik. Wie sie trotzdem Masse erhalten, kann das sogenannte Higgs-Feld erklären, das das ganze Universum durchzieht. Hindurchfliegende Elementarteilchen wechselwirken mit dem Feld und erhalten so Masse. Selten können dabei sogenann-te Higgs-Bosonen entstehen. Wie man sich das vorstellen kann, veranschaulicht die folgende Analogie.

▸ 1. Man kann sich das Higgs-Feld wie eine große Party-gesellschaft vorstellen.

▸ 2. Nun kommt ein berühmter Gast auf die Party und möchte den Raum durchqueren. Wären die Partygäste nicht da, so könnte er sich ungehindert bewegen. In dieser Analogie entspricht der berühmte Gast einem Elemen-tarteilchen, das sich durch den Raum bewegt. Wäre das Higgs-Feld nicht da, könnte es sich ungehindert mit Lichtgeschwindig-keit bewegen – es hätte keine Masse.

▸ 3. Die Partygäste sammeln sich um den berühmten Gast, so dass er nur noch langsam vorwärts kommt. Analog dazu wechselwirken die meisten Sorten von Elementarteilchen mit dem Higgs-Feld und bewegen sich deswegen langsamer: Sie erhalten Masse.Wäre der Gast nicht berühmt, so könnte er sich ungestört durch die Menschenmenge bewegen. Analog dazu wechselwirken manche Elementarteilchen (wie das Photon) nicht mit dem Higgs-Feld, erhalten also keine Masse und bewegen sich mit Lichtgeschwindigkeit.

▸ 4. Das Higgs-Teilchen kann kurzfristig erzeugt werden, wenn man dem Higgs-Feld viel Energie zuführt. Das ist so, als ob jemand ein skandalöses Gerücht in den Party-raum ruft...

▸ 5. ...Dann stecken einige Partygäste die Köpfe zusammen, um das Gerücht zu diskutieren. Analog dazu ist das Higgs-Boson ein kurzfristige „Anregung“ oder Schwingung des Higgs-Feldes. Das Higgs-Boson sollte sich als elektrisch neutrales, masse- reiches Elementarteilchen nachweisen lassen, das schnell in leichtere Teilchen zerfällt. Im Jahr 2012 wurde am CERN ein Ele-mentarteilchen entdeckt, das dieser Beschreibung entspricht.

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HINWEISE

DAS HIGGS-BOS ON

INFOINFO

HIGGS-BOSON

¾ Welche vier Experimente gibt es am LHC? Welche Forschungsschwerpunkte haben sie? ¾ Kommt das Higgs-Boson als Kandidat für Dunkle Materie in Frage? Warum oder warum nicht?

Das Wichtigste über das Higgs-Teilchen–Infos, Bilder, Links: http://www.weltmaschine.de/physik/higgsMehr über das Higgs-Boson: http://www.weltderphysik.de/thema/higgsZerfälle des Higgs-Teilchens: http://vmsstreamer1.fnal.gov/VMS/111208_HowHiggs/HiggsInteractive.htmExperimente am LHC: https://www.weltmaschine.de/experimente

Wie erhalten Teilchen ihre Masse?Schon seit über 40 Jahren suchen Forscher nach dem Higgs-Boson – dem letzten fehlenden Baustein im Stan-dardmodell der Teilchenphysik. Im Juli 2012 wurden am CERN bis dahin unbekannte Elementarteilchen nachge-wiesen, bei denen es sich um Higgs-Bosonen handelt. Wenn nachgewiesen wird, dass sie tatsächlich die vom Standardmodell vorhergesagten Eigenschaften besitzen, ist das ein überzeugendes Argument für dessen Richtig-keit und seine Erklärung dafür, wie Elementarteilchen ihre Masse erhalten.Das theoretische Gebäude des Standardmodells funk-tioniert nämlich nur dann, wenn Elementarteilchen beim Urknall masselos entstanden sind. Doch das blieb of-fensichtlich nicht so: Masselose Teilchen hätten keine festen Strukturen bilden können, weil sie stets mit Licht-geschwindigkeit fliegen. Wie erhalten Teilchen also nachträglich ihre Masse? Eine mögliche Erklärung haben Peter Higgs und andere Physiker 1964 vorgeschlagen: Ihre Theorie besagt, dass kurz nach dem Urknall durch die Abkühlung im ganzen Universum das sogenannte „Higgs-Feld“ kondensierte. Manche Teilchen, wie beispielsweise Photonen, fliegen ungehindert durch das Feld und bewegen sich daher mit Lichtgeschwindigkeit; andere Teilchen wechselwirken mit dem Higgs-Feld und bewegen sich langsamer – sie ver-halten sich, als hätten sie Masse.1 Warum verschiedene Teilchensorten allerdings jeweils eine bestimmte Masse tragen und nicht irgendeine an-dere, erklärt das Modell nicht.2

Wir spüren das Higgs-Feld nicht, weil es strukturlos und homogen ist und überall im Universum existiert – so ähnlich, wie man Luft nicht bemerkt, wenn es windstill ist. Erst wenn man in der Luft Druckwellen erzeugt, spürt man diese als Geräusch oder Wind. Analog dazu sollte das Higgs-Feld „schwingen“, wenn energiereiche Teilchen hindurchfliegen. Diese Schwingungen heißen „Higgs-Bosonen“; sie sollten sich als kurzlebige Ele-mentarteilchen erzeugen und nachweisen lassen. Der Teilchenbeschleuniger LHC wurde insbesondere zu die-sem Zweck gebaut.

Das Teilchen, das 2012 am CERN nachgewiesen wur-de, hat die Eigenschaften, die das Standardmodell für das Higgs-Boson mit einer Masse von 126 GeV vor-hersagt: Es ist elektrisch neutral, zerfällt in Paare von W-Bosonen, von Z-Bosonen oder Photonen, und die Messergebnisse sind mit einem Spin von 0 verträglich. Doch stimmen die Zerfallswahrscheinlichkeiten mit den Vorhersagen des Standardmodells überein? Und gibt es vielleicht nicht nur eine Art von Higgs-Boson, sondern gleich mehrere? Um solche Fragen zu klären, werden Forscher noch einige Jahre brauchen. Es bleibt also spannend!

1 Mehrere Forscher hatten gleichzeitig die Idee für diese Erklärung: Brout, Englert, Guralnik, Hagen, Higgs und Kibble. Daher gibt es verschie-dene Bezeichnungen für das Higgs-Feld, z.B. „BEH-Feld“. Peter Higgs brachte aber die Idee in Umlauf, dass zu dem Feld auch ein neues Elementarteilchen gehören müsste – deshalb trägt das „Higgs-Boson“ seinen Namen. 2 Das Higgs-Feld erklärt lediglich, wie Elementarteilchen ihre Masse erhalten, nicht dagegen größere Objekte. Beispielsweise stammt der größte Teil der Masse von Protonen und Neutronen aus der Energie der Gluonenwolken zwischen den Quarks.

▸ Das Standardmodell der Teilchenphysik beschreibt Elemen-tarteilchen und ihre Wechselwirkungen hervorragend. Die Vorhersagen des Modells sind durch viele Experimente be-stätigt worden. ©

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HINWEISE

Der Teilchenbeschleuniger LHC dient zur Grundlagen-forschung. Sind die Investitionen für seinen Bau ge-rechtfertigt?Der Bau des LHC hat 14 Jahre gedauert und hat mehr als drei Milliarden Euro gekostet. Ein etwas kleinerer Betrag kam noch für die vier Experimente ATLAS, ALICE, CMS und LHCb hinzu. Die Investitionen in den LHC wurden größtenteils aus dem jährlichen Budget des CERN bezahlt, sowie mithilfe von zu-sätzlichen Zuwendungen von Japan, den USA und anderen Staaten. Die Kosten der Detektoren trugen mehr als 400 For-schungsinstitute aus über 50 Ländern. Derzeit tragen 20 Mitgliedsstaaten zum CERN-Budget bei, das jährlich etwa eine Milliarde Euro beträgt. Der größte Beitrags-zahler ist Deutschland. Der Nutzen des LHC ist dagegen nicht in Zahlen zu messen. Mit dem LHC und anderen Teilchenbeschleunigern wird reine Grundlagenforschung betrieben. Dabei ist kein direkter wirt-schaftlicher Nutzen beabsichtigt, wohl aber ein nachhaltiger gesellschaftlicher Nutzen. Es geht in erster Linie um Erkenntnis- gewinn: Woraus bestehen wir? Wie hat sich das Universum entwickelt? Was wird in Zukunft mit dem Universum gesche-hen? Teilchenforscher suchen Antworten auf Fragen, die wohl jeden Menschen berühren.Nebenbei haben sich aus der Grundlagenforschung in der Vergangenheit auch wichtige Erfindungen ergeben: Das World Wide Web wurde am CERN entwickelt, um Messdaten zwi-schen Wissenschaftlern auszutauschen (s. Abb. 1). Das CERN ist Vorreiter beim Grid-Computing zur Bewältigung der riesigen Datenmengen. Außerdem hat die Entwicklung der Detektoren am CERN die Halbleitertechnologie vorangetrieben.

Methoden aus der Kern- und Teilchenphysik kommen auch in anderen wissenschaftlichen Gebieten zum Einsatz. Ionen- und Neutronenstrahlen beispielsweise werden in der Material- forschung, bei der Bearbeitung von Oberflächen und der Her-stellung neuer Werkstoffe verwendet.In der Medizin werden bei verschiedenen Diagnosemethoden Detektorsysteme und Ausleseelektronik eingesetzt, wie sie ursprünglich für die Grundlagenforschung in der Kern- und Teilchenphysik entwickelt wurden: Bei der Computergestütz-ten Tomographie (CT, s. Abb. 2), bei der Positronen-Emissions-Tomographie (PET) und bei der Magnetresonanztomographie (MRT). Schon bald nach der Entwicklung der ersten Beschleu-niger wurden Gammastrahlen und Elektronen für die Krebs-therapie eingesetzt. Heute verwendet man weiterhin Protonen und schwere Ionen für die Behandlung von Tumoren.Auch andere Bereiche der Grundlagenforschung haben Nutzen gebracht, obwohl dieser von der wissenschaftlichen Frage- stellung her nicht absehbar war. Ohne ein Verständnis der Relativitätstheorie würde GPS-Navigation nicht funktionieren. Computer, Solarzellen, Mobiltelefone und vieles mehr würde es ohne Grundlagenforschung nicht geben.

GRUNDL AGENFORS CHUNG : S INN UND NUTZEN

INFOINFO

FOR-SCHUNG

¾ Sollten Regierungen Geld in Grundlagenforschung investieren? Oder sollte Grundlagenforschung lieber privat oder durch Unternehmen finanziert werden?

¾ Ein Budget von einer Milliarde Euro pro Jahr, etwa sechs Milliarden Euro für den Bau des LHC und die Experimente: Ist das viel für ein Forschungszentrum mit mehr als 10 000 Mitarbeitern weltweit? Recherchiere die jährlichen Budgets von Unternehmen vergleichbarer Größe. Was kosten Autobahnen, Sportereignisse (Fußball, Olympiade), große Bauvorhaben etc.?

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▸ Abb. 1: Im Jahr 1990 bestand das World Wide Web nur aus diesem Server am CERN.

Sinn von Grundlagenforschung: http://www.weltderphysik.de/gebiet/teilchen/grundlagenforschungAnwendungen der Teilchenphysik: http://www.weltmaschine.de/technologietransfer

▸ Abb. 2: Computertomographie-Abbildungen der Lunge

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HINWEISE

Positronen-Emissions-Tomographie (PET)Die PET ist eine Diagnosemethode, mit der sich unter ande-rem Tumore sichtbar machen lassen. Hierfür wird dem Pa-tienten eine Flüssigkeit gespritzt, die Positronen aussendet (ein Beta-Plus-Strahler). Dabei handelt es sich meist um eine spezielle Zuckerlösung, in der Fluor-Atome durch das radio-aktive Isotop 18F ersetzt wurden (Fluor-Desoxyglucose). Da Tumorzellen mehr Zucker verbrauchen als gesunde Zellen, sammelt er sich insbesondere in Tumorgewebe.

Die Positronen aus dem Zerfall der radioaktiven Isotope legen im Körper nur eine sehr kurze Strecke zurück. Sobald ein Posi- tron auf ein Elektron trifft, „annihilieren“ sich beide, d.h. die gesamte Masse der ursprünglichen Teilchen wandelt sich in zwei Photonen um. Diese bewegen sich in genau entgegen-gesetzte Richtungen, und sie haben gemäß E=mc² stets die gleiche Energie, die der Masse der Elektronen entspricht. Rund um den Patienten sind Detektoren angebracht, welche die Photonen nachweisen. Wenn zwei Photonen mit der richtigen Energie gleichzeitig an gegenüberliegenden Orten ankommen, muss ihr Ursprungsort auf der Verbindungslinie dazwischen liegen. Aus den Daten vieler Detektoren setzt ein Computer ein Bild des Körperinneren zusammen.

Tumortherapie mit HadronenHeute werden hauptsächlich drei Methoden verwendet, um Krebs zu behandeln: Operation, Chemotherapie und Strah-lentherapie. Bei der herkömmlichen Strahlentherapie werden Tumore mit hochenergetischen Photonen oder Elektronen be-strahlt. Diese ionisieren auf ihrem Weg durch den Körper Mole-küle in den Zellen, was wiederum chemische Reaktionen aus-löst, welche die Zellen abtöten oder sie an der Teilung hindern. Obwohl die Strahlung möglichst stark auf den Tumor fokussiert wird, schädigt die Behandlung auch gesunde Zellen – insbe-sondere, wenn der Tumor tief unter der Haut liegt.Eine neuartige Form der Strahlentherapie, die am GSI Helm-holtzzentrum für Schwerionenforschung GmbH in Darmstadt entwickelt wurde, verwendet Hadronen (Protonen oder andere Ionen). Hierbei lässt sich gezielt einstellen, wie tief die Teilchen ins Gewebe eindringen sollen, bevor sie den Großteil ihrer Energie abgeben. So kann gesundes Gewebe geschont werden.

ANWENDUNGEN DER TE ILCHENPHYSIK M E D I Z I N

INFOINFO

ANWEN-DUNGEN

¾ Welche Vor- und Nachteile hat die Tumortherapie mit Hadronen? Für welche Tumorarten ist sie besonders geeignet? ¾ Es gibt noch weitere medizinische Verfahren, bei denen Technologien und Prinzipien aus der Kern- und Teilchenphysik zum Einsatz kommen. Welche?

¾ Welche Energie haben die Photonen, die bei der Annihilation eines Positrons mit einem Elektron entstehen?

Grundlagenwissen über die PET: http://www.krebsinformationsdienst.de/untersuchung/pet-technik.phpTumortherapie mit Hadronen: http://www.weltderphysik.de/gebiet/leben/tumortherapie

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Beta-Plus-Strahler Bildrekonstruktion

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▸ Abb. 1: Positronen-Emissions-Tomographie (PET)

▸ Abb. 2: Links: Bei der herkömmlichen Strahlentherapie mit Photonen wird ein großer Teil des umliegenden Gewebes in Mitleidenschaft gezogen. Rechts: Bei der Bestrahlung mit Kohlenstoff-Ionen lässt sich die Dosis auf einen kleineren Bereich beschränken.

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HINWEISE

INFOINFO

METHO-DEN

Was geschieht, wenn zwei Protonen zusammenstoßen? Man kann sich ein Proton als eine „Wolke“ aus vielen kleineren Einzelteilen vorstellen: Drei Quarks (zwei Up-Quarks und ein Down-Quark) sowie Gluonen, die für den Zusammenhalt der Quarks sorgen. Wenn sich Protonen nun wie Autos verhielten, die bei einem Unfall Splitter in die Umgebung verstreuen, müssten bei Pro-tonen-Zusammenstößen immer Quarks und Gluonen heraus-kommen. Aber in Wirklichkeit entstehen auch völlig neue Teilchen: Elektronen, Neutrinos, und sogar Teilchen, die um ein Vielfaches schwerer sind als die ursprünglichen Protonen zusammen!Wie ist das möglich? Dafür ist es wichtig zu verstehen, was Einstein mit der Formel E=mc² ausdrückte: Masse ist eine Form von Energie, genau wie Bewegungsenergie, Wärme oder elektrische Energie. Diese Tatsache wird beispielsweise in Kernkraftwerken genutzt. Dort werden Uran- und Plutonium-Atomkerne gespalten, wobei sich ein geringer Teil ihrer Masse in Wärmeenergie verwandelt; diese wird im Kraftwerksprozess letztendlich in elektrische Energie umgewandelt. Bei Teilchen-kollisionen geschieht das Gegenteil: Ein Teil der Bewegungs-energie der Teilchen verwandelt sich in Masse. Je höher die Energie der usprünglichen Teilchen war, desto massereicher können die entstehenden Teilchen sein.Die Bewegungsenergie zweier kollidierender Protonen im Teil-chenbeschleuniger LHC am internationalen Forschungszent-rum CERN beträgt zusammen 8 Tera-Elektronenvolt (ab 2015 sind 13–14 TeV geplant). Wenn sich diese Energie vollständig in Masse umwandeln würde, entspräche das mehr als 8500 Protonen! In Wirklichkeit wandelt sich nur ein Bruchteil der Bewegungsenergie in Masse um. Doch das genügt, um eine Vielzahl neuer Teilchen entstehen zu lassen.

Warum lassen Forscher Teilchen kollidieren? Wenn Protonen, Atomkerne oder auch Elektronen und Posi-tronen mit hohen Bewegungsenergien zusammenstoßen, kön-nen bisher unbekannte Teilchen erzeugt werden. Die Spuren der entstandenen Teilchen oder ihrer Zerfallsprodukte wer-den durch Messinstrumente aufgezeichnet. Auf diese Weise suchen Forscher beispielsweise nach „supersymmetrischen“ Partnerteilchen der normalen Materie oder nach Teilchen, aus denen die geheimnisvolle Dunkle Materie bestehen könnte. Welche Teilchen bei einer bestimmten Kollision entstehen, ist vom Zufall bestimmt. Man kann lediglich Wahrscheinlich- keiten für bestimmte Teilchenkombinationen berechnen. Bei den allermeisten Kollisionen entstehen nur bekannte Teilchen. Die meisten davon sind vergleichsweise leicht; massereiche Teilchen wie beispielsweise Top-Quarks oder W- und Z-Boso-nen entstehen seltener. Wirklich exotische Teilchen entstehen nur etwa einmal pro einer Billion Kollisionen oder noch selte-ner. Deswegen finden in modernen Teilchenbeschleunigern viele Millionen Teilchenkollisionen pro Sekunde statt. Auf diese Weise haben Forscher am CERN 2012 bis dahin unbekannte Elementarteilchen nachgewiesen, bei denen es sich um Higgs-Bosonen handelt. Wenn nachgewiesen wird, dass sie die vom Standardmodell vorhergesagten Eigen-schaften besitzen, ist das ein überzeugendes Argument für dessen Richtigkeit und seine Erklärung dafür, wie Elemen-tarteilchen ihre Masse erhalten.

¾ Wie kommen die Protonen in den LHC? ¾ Wie werden die Protonen im LHC beschleunigt und auf eine Kreisbahn gelenkt?

¾ Was versteht man unter der Luminosität eines Teil-chenbeschleunigers? Warum ist sie wichtig, und wie kann man sie erhöhen?

Webseite des LHC: http://www.weltmaschine.deFragen und Antworten rund um den LHC: http://www.weltderphysik.de/gebiet/teilchen/experimente/teilchenbeschleuniger/lhc/lhc-faqDie Masse-Energie-Äquivalenz (E=mc²): http://www.drillingsraum.de/room-emc2/emc2.htmlArtikel rund um das Higgs-Teilchen: http://www.weltderphysik.de/thema/higgs

¾ Bei Protonen-Zusammenstößen im LHC entstehen völlig neue Teilchen, die vorher keine Bestandteile der Protonen waren – das ist so, als ob aus Erdbeeren bei einer Kollision ganz andere Früchte entstehen würden.

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METHODEN DER TE ILCHENPHYSIK – 1T E I LC H E N KO L L I S I O N E N

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HINWEISE

Wie erzeugt man exotische Teilchen?Am CERN suchen Forscher beispielsweise nach dem Higgs-Boson oder Kandidaten für Dunkle Materie. Diese Teilchen existieren nicht ständig in unserer Umgebung, sondern entste-hen nur selten und für kurze Zeit – beispielsweise bei Kollisio-nen von kosmischen Teilchen mit Atomkernen in der Erdatmo-sphäre. Um solche exotischen Teilchen zu erforschen, muss man sie also gezielt erzeugen. Dazu beschleunigt man Teilchen (z.B. Protonen oder Elektronen) auf sehr hohe Energien und bringt sie zur Kollision. Beim Zusammenstoß entstehen völlig neue Teilchen – mit viel Glück ist auch einmal ein echter Exot dabei.

Wie weist man neue Teilchen nach?Die meisten gesuchten Teilchen sind sehr kurzlebig – das Higgs-Boson beispielsweise existiert im Mittel nur 10-22 Sekun-den. In einer derart winzigen Zeitspanne gelangen Teilchen nicht einmal aus dem Beschleuniger hinaus in den Detektor. Bis dahin haben sie sich schon in leichtere Teilchen umgewan-delt – man spricht von einem „Zerfall“. Man kann exotische Teilchen also nicht direkt in Detektoren nachweisen. Doch sie hinterlassen trotzdem Spuren. Eine Teil-chensorte kann sich nur in ganz bestimmte Kombinationen von Teilchen umwandeln – welche, bestimmt insbesondere die Ladungserhaltung: Die elektrische Ladung des Teilchens vor dem Zerfall muss gleich der Summe der elektrischen La-dungen danach sein. Dasselbe gilt für die starke Ladung und meistens auch für die schwache Ladung. Ein Higgs-Boson kann sich beispielsweise in folgende Teilchenkombinationen umwandeln:

▸ zwei Photonen ▸ zwei Z-Bosonen (siehe Abbildung) ▸ ein W+- und ein W

--Boson ▸ ein Bottom-Quark und ein Bottom-Antiquark

Physiker suchen also nach entsprechenden Teilchenkombina-tionen, sogenannten „Signalereignissen“, die darauf hinwei-sen, dass ein unbekanntes Teilchen zerfallen sein könnte.

Woher weiß man, ob es sich wirklich um ein neues Teil-chen handelt?Wenn interessante Teilchenkombinationen (Signalereig-nisse) auftauchen, die auf exotische Teilchen hindeuten, fängt die Datenauswertung erst richtig an. Stammen die Signalereignisse – oder zumindest ein Teil davon – wirklich vom Zerfall eines bisher unbekannten Teilchens, oder doch nur von längst bekannten Prozessen? Wenn man Signal- ereignisse einzeln betrachtet, kann man das unmöglich fest-stellen. Also sind zur Auswertung der Messdaten andere Me-thoden notwendig. Physiker gehen dabei so ähnlich vor, als ob man herausfinden wollte, ob ein Würfel manipuliert ist. Dazu würde man sehr oft würfeln und notieren, wie oft welche Augenzahl vorkommt. Bei einem normalen Würfel wäre zu erwarten, dass jede Zahl etwa gleich oft auftaucht. Bei einem manipulierten Würfel da-gegen werden die Häufigkeiten der verschiedenen Zahlen von der Erwartung abweichen. Je öfter man würfelt, desto sicherer kann man sein, ob der Würfel manipuliert ist oder nicht.In der Teilchenphysik funktioniert es analog: Anstatt zu wür-feln, lassen Forscher bei Kollisionen verschiedene Teilchen-kombinationen entstehen. Sie zählen, wie häufig die gesuch-ten Signalereignisse vorkommen, und tragen die Ergebnisse als Histogramme auf. Um diese auswerten zu können, berech-nen Physiker zunächst, was man für verschiedene Fälle er-warten würde: Für den Fall, dass es kein neues Teilchen außer den schon bekannten gibt, und für den Fall, dass ein neues Teilchen existiert, wie beispielsweise das Higgs-Boson. Man vergleicht die gemessenen Häufigkeiten der Signalereignisse mit den Erwartungen, die sich aus dem Standardmodell oder anderen Theorien ergeben (Supersymmetrie etc.). Je mehr Messungen man durchführt, desto sicherer kann man sagen, ob es etwas Neues zu entdecken gibt.

INFOINFO

METHO-DEN

Das LHC-Grid: http://www.weltmaschine.de/experimente/lhc_computing_gridHomepage der International Masterclasses (Identifikation von W-Bosonen):http://atlas.physicsmasterclasses.org/de/wpath_ereignis.htmGeschichte der Teilchenphysik:http://kworkquark.desy.de/zeitleiste/uebersicht/1/index.html

¾ Wieviele Daten produziert der LHC pro Jahr? Wie werden die Daten an Forscher weltweit verteilt?

¾ Welche Eigenschaften haben W-Bosonen? In welche Teil-chen können sie zerfallen?

▸ Die Grafik stellt einen Querschnitt des ATLAS-Detektors dar. Darin sind Spuren von Teilchen zu sehen, die bei einer Protonen-Kollision entstanden. Farbig hervorgehoben sind die Zerfallsprodukte eines Higgs-Bosons: Zwei Elektronen und zwei Positronen. Das Higgs-Boson zerfiel zunächst in zwei Z-Bosonen, die sich dann jeweils in ein Elektron und ein Positron umwandelten.

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METHODEN DER TE ILCHENPHYSIK – 2D I E S U C H E N AC H N E U E N T E I LC H E N

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IMPRESSUM Herausgeber: Michael Kobel, Thomas Trefzger Autoren: Manuela Kuhar (verantwortlich), Fabian Kuger Redaktion: Kerstin Gedigk, Michael Kobel, Carmen Leuschel Layout und Grafiken: büro quer, www.buero-quer.de Projektleitung: Michael Kobel (Gesamtprojekt) Netzwerk Teilchenwelt | TU Dresden, Institut für Kern- und Teilchenphysik | www.teilchenwelt.de, [email protected] | Thomas Trefzger (Projekt Kontextmaterialien) Julius-Maximilians-Universität Würzburg | Lehrstuhl für Physik und ihre Didaktik Redaktionsschluss: März 2013 Lizenz und Nutzung: Creative Commons 2.0-by-nc-nd | Vervielfältigung und Weiterverbreitung des Inhalts ist bei Nennung der Quelle für Lehrzwecke ohne Rückfragen gestattet, sofern keine Veränderungen vorgenommen werden. Kommerzielle Nutzung, z.B. zu werblichen Zwecken oder in Lehrbüchern, ist ohne Rücksprache nicht gestattet. Es gilt das Impressum unter www.teilchenwelt.de/service/impressum .

DAS STANDARDMODELLDER TE ILCHENPHYSIKH I N T E R G RU N D I N FO R M AT I O N E N

In diesem Dokument sind Fragen und Antworten rund um Elementarteilchen und Wechsel-wirkungen zu finden. Diese wurden passend zu den Elementarteilchen-Steckbriefen und den Arbeitsblättern im vorliegenden Materialpaket gestaltet.

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HINWEISE

INHALT

1. Was sind Elementarteilchen? 21

2. Was ist ein Elektronenvolt (eV)? 21

3. Wie erforscht man Elementarteilchen? 21

4. Was ist das Standardmodell der Teilchenphysik? 21

5. Was sind Quarks? 21

6. Was sind Leptonen? 21

7. Worin unterscheiden sich die drei Generationen der Materieteilchen? 22

8. Was ist Antimaterie? 22

9. Was geschieht, wenn ein Teilchen zerfällt? 22

10. Wie bestimmt man die Massen von Quarks? 22

11. Was versteht man unter der mittleren Lebensdauer eines Teilchens? 22

12. Was sind Wechselwirkungen und Austauschteilchen? 23

13. Was bedeutet die Reichweite einer Wechselwirkung und wovon hängt sie ab? 23

14. Was sind Ladungen? 24

15. Was ist eine starke Ladung (Farbladung)? 24

16. Was ist eine schwache Ladung? 25

17. Wie kann man die Stärken der Wechselwirkungen vergleichen? 25

18. Was ist das Higgs-Boson? 25

DAS STANDARDMODELL DER TE ILCHENPHYSIKH I N T E R G R U N D I N F O R M A T I O N E N

INHALT

STANDARD-MODELL

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HINWEISE

1. Was sind Elementarteilchen?Als Elementarteilchen bezeichnet man alle Bestandteile des Universums, bei denen man davon ausgeht, dass sie nicht wei-ter teilbar sind. Dazu gehören die Materie- und Antimaterieteil-chen sowie die Austauschteilchen (s. Frage 12). Elementarteilchen besitzen keine räumliche Ausdehnung – zumindest keine, die sich mit heutigen Messinstrumenten messen ließe. Alle Elementarteilchen derselben Sorte (z.B. alle Elektronen) besitzen die gleiche Masse und gleiche Ladungen (s. Fragen 14-16). Elementarteilchen folgen den Gesetzen der Quantenmecha-nik. So kann beispielsweise ihr Ort und Impuls nicht gleichzei-tig exakt gemessen oder vorhergesagt werden, sondern nur in Form von Wahrscheinlichkeiten.

2. Was bedeutet die Angabe eV/c²?Das Elektronenvolt (eV) ist eine Einheit der Energie, die in der Teilchenphysik genutzt wird. Ein eV entspricht der Energie, die ein Elektron gewinnt, wenn es sich durch eine Spannung von einem Volt bewegt. 1 eV entspricht 1,6 *10-19 Joule. Einsteins Formel E = mc2 drückt aus, dass Masse eine Form von Ener-gie ist; man spricht von der Masse-Energie-Äquivalenz.1 Somit lässt sich die Masse in der Einheit eV/c2 angeben.2

3. Wie erforscht man Elementarteilchen?Elementarteilchen sind für unsere Sinne nicht wahrnehmbar, doch hinterlassen sie Spuren, die mit speziellen Messgerä-ten sichtbar gemacht werden können. Solche Spuren wurden zum ersten Mal Ende des 19. Jahrhunderts in Nebelkammern beobachtet. Darin ionisieren elektrisch geladene Teilchen die Moleküle, an denen sie vorbeifliegen; an den Ionen lagern sich Flüssigkeitströpfchen an, die als Nebelspuren sichtbar wer-den. Moderne Detektoren wie diejenigen am internationalen Forschungszentrum CERN in Genf basieren zum Teil auch auf Ionisation, machen sich aber auch andere Effekte zunutze. Um massereiche, instabile Teilchen gezielt zu erzeugen und zu untersuchen, sind Teilchenbeschleuniger nötig. Bei Teilchen-kollisionen wandelt sich ein Teil der Bewegungsenergie der Teilchen in Masse um (gemäß der Masse-Energie-Äquivalenz E = mc2). Die Technologie, um Teilchen auf immer höhere Energien zu beschleunigen, wurde seit den 1950er Jahren im-mer weiter entwickelt, was die Erzeugung von immer masse-reicheren Teilchen ermöglichte.

4. Was ist das Standardmodell der Teilchenphysik? Das Standardmodell der Teilchenphysik beschreibt Elementar-teilchen und ihre Wechselwirkungen (s. Frage 12). Es sind 12 Materieteilchen bekannt: 6 Quarks und 6 Leptonen, die jeweils

in drei Generationen angeordnet sind. Alle bisher bekannte Materie besteht aus diesen Teilchen. Die Wechselwirkungen werden durch Austauschteilchen vermittelt (s. Frage 12). Die allermeisten Voraussagen des Standardmodells wurden seit den 1970er Jahren experimentell bestätigt. Beispielsweise wurde damals die Existenz von massereichen Quarks vorher-gesagt; später wurden diese mithilfe von Teilchenbeschleuni-gern erzeugt und nachgewiesen. Im Jahr 2012 wurde am CERN wahrscheinlich das letzte fehlende Elementarteilchen nachge-wiesen – das Higgs-Boson (s. Frage 17). Das Standardmodell liefert Erklärungen für viele Vorgänge in der Natur, jedoch gibt es noch viele offene Fragen, beispiels-weise: • Wie passt die Gravitation zum Standardmodell?• Aus was besteht die Dunkle Materie, die einen Großteil der Masse des Universums ausmacht?• Warum gibt es so viel mehr Materie als Antimaterie?

5. Was sind Quarks?Eine Klasse von Materieteilchen wird als Quarks bezeichnet. Man unterteilt sie in die up-artigen Quarks, die eine elektrische Ladung von + 2⁄3 tragen, und die down-artigen Quarks mit - 1⁄3.Quarks können drei verschiedene starke Ladungen annehmen (auch „Farbladungen“ genannt). Aus diesem Grund sind drei verschiedenfarbige Symbole auf den Kärtchen abgebildet. Man bezeichnet die starken Ladungen mit rot, blau und grün, und im Falle von Antimaterie mit antirot, antiblau und antigrün (s. Frage 15). Die „Antifarben“ sind auf den Kärtchen als cyan, gelb und magenta dargestellt. Quarks werden durch die starke Wechselwirkung (s. Frage 12) zusammengehalten. Diese ist dafür verantwortlich, dass Quarks in der Natur nicht einzeln vorkommen können. Nur Zu-sammenschlüsse aus drei Quarks oder aus je einem Quark und Antiquark konnten bisher eindeutig nachgewiesen werden.Der Überbegriff für diese Teilchen lautet „Hadronen“ (altgr.: αδρός hadrós ‚dick‘, ‚stark‘). Die bekanntesten Hadronen sind Protonen und Neutronen (aus 3 Quarks) sowie Pionen (aus einem Quark und einem Antiquark). Alle Hadronen tragen ins-gesamt eine ganzzahlige elektrische Ladung.

6. Was sind Leptonen?Eine Klasse von Elementarteilchen wird „Leptonen“ (gr.: λεπτός leptós ‚klein‘, ‚fein‘) genannt. Anders als Quarks besitzen Leptonen keine starke Ladung (s. Frage 15); sie kom-men also in der Natur einzeln vor. Es gibt elektrisch geladene Leptonen (Elektronen, Myonen und Tauonen) und elektrisch neutrale Leptonen (Neutrinos). Neutrinos besitzen lediglich eine schwache Ladung

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1 In den vorliegenden Materialien steht der Begriff „Masse“ stets für die Ruhemasse eines Teilchens. Die einzige Ausnahme ist die Formel E = mc2. Hier steht das Kürzel „m“ für die relativistische Masse. 2 In der teilchenphysikalischen Literatur werden Massen und Impulse ebenso wie Energie in eV angegeben. Dafür wird der konstante Faktor c gleich 1 gesetzt.

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HINWEISE

(s. Frage 16). Da die schwache Wechselwirkung eine ex-trem kurze Reichweite hat, wechselwirken Neutrinos bei niedrigen Energien äußerst selten mit Materie. Das macht es schwierig, sie in Detektoren nachzuweisen. In den Detek-toren am CERN beispielsweise werden Neutrinos nur indirekt nachgewiesen, indem man die Gesamtenergie vor und nach einer Teilchenkollision vergleicht; wenn danach Energie „fehlt“, lässt sich daraus auf die Entstehung von einem oder mehreren Neutrinos schließen.

7. Worin unterscheiden sich die drei Generationen der Materieteilchen?Sämtliche Materie unserer Umgebung besteht aus Up- und Down-Quarks sowie Elektronen. Diese Teilchen und die Elek-tron-Neutrinos bilden die erste Generation der Materieteilchen. Von jedem dieser Teilchen existieren zwei schwerere „Kopien“, die zweite und dritte Generation, welche sich nur durch ihre Masse voneinander unterscheiden. So ist beispielsweise das Myon rund 200-mal massereicher als das Elektron, und das Tauon sogar rund 4000-mal schwerer. Die Teilchen der zwei-ten und dritten Generation sind instabil, d.h. sie wandeln sich innerhalb von Sekundenbruchteilen in leichtere Teilchen um (s. Frage 9). Warum es genau drei Generationen gibt, oder ob es vielleicht eine vierte, sehr viel schwerere Generation von Teil-chen gibt, wird derzeit noch erforscht.

8. Was ist Antimaterie?Zu jeder Materieteilchensorte gibt es eine Antiteilchensorte mit gleicher Masse, aber entgegengesetzten Ladungen (s. Fra-gen 14-16). Isolierte Antiteilchen verhalten sich genauso wie Materie.Trifft ein Antiteilchen jedoch auf seinen Materiepartner, ent-stehen aus der vorhandenen Energie (Masse und Bewegungs-energie) ein oder mehrere Austauschteilchen. Diesen Prozess nennt man „Annihilation“ oder „Vernichtung“. Meist entsteht dabei elektromagnetische Strahlung in Form von zwei Photo-nen3. Der umgekehrte Prozess heißt „Paarbildung“: Aus Energie in Form von Austauschteilchen entsteht ein Teilchen-Antiteil-chen-Paar. Man geht davon aus, dass beim Urknall auf diese Weise Materie und Antimaterie in gleichen Mengen aus Ener-gie entstanden sind. Warum nicht alle Materie wieder annihi-liert wurde, so dass wir in einem Universum aus der übrig ge-bliebenen Materie existieren, ist eine ungelöste Frage aktueller Forschung.

9. Was geschieht, wenn ein Teilchen „zerfällt“?Stabile Materie besteht nur aus Elementarteilchen der ersten Ge-neration: Elektronen, Up- und Down-Quarks. Elementarteilchen der zweiten und dritten Generation wandeln sich nach kurzer Zeit in leichtere Teilchen um; man sagt, sie „zerfallen“. Die Zerfalls-produkte sind allerdings keine Bruchstücke des ursprünglichen Teilchens, sondern völlig neue Teilchen. Bei Zerfällen gelten Im-puls- und Energieerhaltung sowie weitere Erhaltungssätze. Ins-besondere muss die Summe aller Ladungen vor und nach dem Zerfall gleich sein (Ladungserhaltung).

10. Wie bestimmt man die Massen von Quarks? Da Quarks in der Natur nicht einzeln vorkommen, kann man ihre Masse nicht direkt messen. Stattdessen bestimmen For-scher die Masse von Hadronen – das sind Teilchen, die aus Quarks bestehen, wie beispielsweise Protonen – und schlie-ßen daraus auf die Masse der einzelnen Quarks. Die Masse der schwereren Quarks kann genauer bestimmt werden als die der leichteren.4

11. Was versteht man unter der mittleren Lebensdauer eines Teilchens? Nicht alle Elementarteilchen sind stabil. Up-Quarks und Elek- tronen und ihre Antiteilchen haben eine prinzipiell unbegrenz-te Lebensdauer; auch Photonen und Gluonen könnten unbe-grenzt lange existieren, wenn sie niemals mit anderen Teilchen wechselwirken würden. Die (Anti-)Materieteilchen der zweiten und dritten Generation sowie W- und Z-Bosonen zerfallen da-gegen schnell in leichtere Teilchen (s. Frage 9). Man kann die Lebensdauer eines individuellen Teilchens nicht exakt vorhersagen, sondern lediglich die Wahrscheinlichkeit angeben, dass es innerhalb eines Zeitintervalls zerfallen wird. Die mittlere Lebensdauer einer Teilchensorte (z.B. Myonen) entspricht der Zeit, nach der die Anzahl dieser Teilchen nur noch den Bruchteil 1/e (etwa 36,8 Prozent) von der ursprüng-lichen Anzahl beträgt. Das entspricht also nicht der Halbwerts-zeit, die bei Kernzerfällen verwendet wird. Die Lebensdauer eines Teilchens hängt unter anderem von seiner Masse und der Anzahl der Zerfallsmöglichkeiten ab. Je massereicher ein Teilchen ist und je mehr Zerfallsmöglich-keiten es gibt, desto kürzer ist im Allgemeinen seine Lebens-dauer.Die Lebensdauer von Quarks lässt sich nicht direkt messen, da sie nicht einzeln vorkommen. Bei den auf den Steckbriefen angegebenen Lebensdauern handelt es sich um Schätzungen,

3 Je nachdem, welche Teilchen zusammenstoßen, können auch Gluonen oder ein Z-Boson entstehen. Wenn ein Quark auf ein Antiquark der gleichen Generation und der gleichen schwachen Ladung trifft oder ein Lepton auf ein passendes Antilepton (z.B. ein Elektron auf ein Elektron-Antineutrino oder ein Up-Quark auf ein Down-Antiquark), vernichten sich diese in ein W-- bzw. W+-Boson. 4 Die Masse eines Hadrons ist nicht einfach die Summe der Quarkmassen, sondern auch deren Bindungsenergie trägt einen großen Teil zur Masse bei. Bei aus Up- und Down-Quarks gebildeten Hadronen überwiegt der Anteil der Bindungsenergie, so dass die Massen der einzelnen Quarks nur annäherungsweise mithilfe theoretischer Modelle berechnet werden können. Bei Hadronen, die aus schwereren Quarks bestehen, macht deren Masse einen großen Anteil der Gesamtmasse des Hadrons aus. Dadurch lassen sich die einzelnen Quarkmassen genauer bestimmen. Ein Sonderfall ist das Top-Quark: Es zerfällt so schnell, dass es keine Hadronen bilden kann. In diesem Fall rekonstruiert man die Masse des zerfallenen Top-Quarks aus den Energien seiner Zerfallsprodukte.

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HINWEISE

die aus Zerfällen verschiedener Hadronen berechnet wurden.Down-Quarks sind nur dann stabil, wenn sie sich mit zwei Up-Quarks zu einem Proton zusammenschließen. Protonen sind stabil, da es kein leichteres Hadron mit dem gleichen Spin (1⁄2) gibt, in das sie zerfallen könnten. Bei Neutrinos kann man nicht von einer Lebensdauer spre-chen. Experimente zeigen, dass sie offenbar nicht wie andere Teilchen zerfallen. Mit der Ausbreitung eines Neutrinos ändert sich vielmehr ständig die Wahrscheinlichkeit, es in einem be-stimmten „Flavour“ vorzufinden (Elektron-Neutrino νe, Myon-Neutrino νµ oder Tau-Neutrino ντ). Diese Besonderheit wird „Oszillation“ genannt.

12. Was sind Wechselwirkungen und Austauschteilchen?Wechselwirkungen sorgen dafür, dass sich Elementarteilchen gegenseitig anziehen, abstoßen oder auf andere Weise aufein-ander einwirken: Teilchen können entstehen (z.B. bei der Paar-bildung), sich gegenseitig vernichten (wenn ein Materie- und ein Antimaterieteilchen zusammentreffen) oder sich ineinan-der umwandeln (z.B. die Umwandlung eines Down-Quarks in ein Up-Quark beim Betazerfall).Alle Vorgänge in der Natur lassen sich mithilfe von vier Wech-selwirkungen (oft auch einfach „Kräfte“ genannt) beschreiben:

▸ die elektromagnetische Wechselwirkung, ▸ die starke Wechselwirkung, die für den Zusammenhalt der Atomkerne und die Anziehung der Quarks untereinander sorgt,

▸ die schwache Wechselwirkung, die radioaktive Zerfalls- prozesse (Betazerfall) und die Kernfusion ermöglicht,

▸ die Gravitation, die eine gegenseitige Anziehung aller massebehafteten Teilchen bewirkt.

Nur die ersten drei Wechselwirkungen spielen in der Teilchen-physik eine Rolle. Die Gravitation wird dagegen am besten von der Allgemeinen Relativitätstheorie beschrieben. Es ist noch nicht gelungen, sie in den Rahmen des Standardmodells der Teilchenphysik zu integrieren. Die Wechselwirkungen werden mithilfe von Austauschteilchen vermittelt. Je nach Zusammenhang werden diese manchmal auch als Kraftteilchen, Botenteilchen o.ä. bezeichnet. Alle Austauschteilchen gehören zu den Bosonen (Teilchen mit ganzzahligem Spin). Im Falle einer abstoßenden Kraft kann man sich die Wirkung von Austauschteilchen so wie in Abb. 1 vorstellen.

▸ Abb. 1: Die Figuren im Boot entsprechen Elementarteilchen, der Ball einem Austauschteilchen.

Das bekannteste Austauschteilchen ist das Photon, welches die elektromagnetische Wechselwirkung vermittelt. Die Gluonen (engl. to glue = kleben) vermitteln die starke Wechselwirkung (s. Frage 15). Die schwache Wechselwirkung (s. Frage 16) wird durch die massereichen Austauschteilchen W+, W- und Z0 vermittelt, auch W- und Z-Bosonen genannt. Die Existenz eines Austauschteilchens der Gravitation (das Graviton) wird zwar von verschiedenen Theorien vorhergesagt, jedoch wurde es noch nicht experimentell nachgewiesen. Die Gravitation ist etwa 1040-mal schwächer als die elektromagne-tische Wechselwirkung. Trotzdem hat die Gravitation für den menschlichen Alltag eine offensichtliche Bedeutung, da die Masse der Erde extrem groß ist und da die Gravitation stets eine anziehende Kraft bewirkt, die durch nichts abgeschirmt werden kann.

13. Was bedeutet die Reichweite einer Wechselwirkung und wovon hängt sie ab? In der Langversion der Steckbriefe ist bei den Austauschteil-chen die Reichweite der jeweiligen Wechselwirkung angege-ben. Diese gibt an, bis zu welcher Entfernung Elementarteil-chen wechselwirken können. Die elektromagnetische Wechselwirkung hat eine prinzipiell unbegrenzte Reichweite, da ihre Austauschteilchen (Photo-nen) keine Ruhemasse besitzen und keine Ladungen tragen; sie wechselwirken also nicht miteinander. Gluonen sind zwar ebenfalls masselos und elektrisch neutral, jedoch tragen sie eine Kombination aus zwei oder mehr Farbladungen, so dass sie miteinander wechselwirken. Deswegen hat die starke Wechselwirkung nur eine Reichweite von rund 10-15 m, was etwa einem Protonendurchmesser entspricht.5

5 Die starke Wechselwirkung verhält sich prinzipiell anders als die elektromagnetische Wechselwirkung oder die Gravitation. Es ist mit einem endlichen Energieaufwand möglich, zwei elektrisch geladene Teilchen voneinander zu trennen oder eine Rakete aus dem Gravitationsfeld der Erde zu lösen. Wenn dagegen Quarks voneinander getrennt werden sollen, steigt die nötige Energie mit wachsendem Abstand bis ins Unendliche. Bei Abständen von etwa einem Femtometer (10-15 m) ist die nötige Energie so groß, dass sich daraus neue Quark-Antiquark-Paare bilden können. Diese bilden dann mit den Quarks, die man zu trennen versucht, neue Hadronen. Quarks sind also gewissermaßen im Inneren von Hadronen gefangen; diese Eigenschaft nennt man „Confinement“. Die Reichweite der starken Wech-selwirkung wird aus dem beschriebenen Grund üblicherweise mit 10-15am angegeben.

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HINWEISE

Die schwache Wechselwirkung wird von W- und Z-Bosonen vermittelt. Deren Masse ist um ein Vielfaches höher als die eines Protons; zu ihrer Erzeugung ist also viel Energie notwen-dig. An vielen Prozessen (z.B. Betazerfall, Kernfusion) sind W- und Z-Bosonen beteiligt, obwohl hierbei nicht genug Energie zur Verfügung steht, um sie mit ihrer tatsächlichen Masse zu erzeugen. Die Austauschteilchen können dann trotzdem als „virtuelle Teilchen“ entstehen – allerdings mit einer kleineren Masse, und nur für sehr kurze Zeit.6 Die Reichweite der schwa-chen Wechselwirkung beträgt daher nur etwa 10-18 m.7

14. Was sind Ladungen?Eine Ladung ist eine Eigenschaft eines Teilchens, die bestimmt, von welchen der vier Wechselwirkungen es beeinflusst wird. Am bekanntesten ist die elektrische Ladung: Ist ein Teilchen positiv oder negativ elektrisch geladen, unterliegt es der elekt-romagnetischen Wechselwirkung, ansonsten nicht. Analog gibt es für die anderen Wechselwirkungen jeweils eine zugehörige Ladung. Zur schwachen Wechselwirkung gibt es die schwache Ladung, zur starken Wechselwirkung gehört die starke Ladung, auch „Farbladung“ genannt. Bei Teilchenumwandlungen (z.B. Betazerfall) müssen alle drei Ladungen erhalten bleiben. Eine Ausnahme bildet in manchen Fällen (z.B. Zerfall des Higgs-Bosons) die schwache Ladung.

15. Was ist eine starke Ladung?Die starke Ladung (oft auch Farbladung genannt) bestimmt, ob ein Teilchen der starken Wechselwirkung unterliegt. Quarks und Antiquarks tragen eine Farbladung, sowie auch die Aus-tauschteilchen der starken Wechselwirkung, die Gluonen. Während jede Teilchensorte nur eine bestimmte elektrische Ladung annehmen kann (im Falle von Elektronen: -1), gibt es Quarks mit drei verschiedenen Farbladungen. Man bezeichnet sie mit rot, blau und grün, und im Falle von Antimaterie mit an-tirot, antiblau und antigrün (Die Antifarben sind auf den Kärt-chen als cyan, gelb und magenta dargestellt.). In der Natur kommen Quarks nicht einzeln vor, sondern nur in farbneutralen oder „weißen“ Kombinationen (s. Abb. 2). Das kann auf zwei Arten geschehen: Entweder schließen sich drei Quarks zusammen (rot + grün + blau = weiß) wie es zum Bei-spiel bei Protonen und Neutronen geschieht. Diese Teilchen werden unter dem Oberbegriff „Baryonen“ zusammengefasst. Alternativ kann sich ein Quark für kurze Zeit mit einem Anti-quark zusammenschließen (Farbe + passende Antifarbe = weiß). Diese Paare nennt man „Mesonen“. Ein Beispiel dafür sind die Pionen, welche unter anderem entstehen, wenn kos-

mische Strahlung auf die Erdatmosphäre trifft.Gluonen können acht Kombinationen aus Farbladungen tra-gen. Daher sind auf den Kärtchen acht Symbole abgebildet.Sechs Gluonen haben jeweils zwei Farbladungen. Ein Quark kann seine Farbladung ändern, indem es ein entsprechendes Gluon aussendet. Weiterhin gibt es zwei Gluonen mit mehre-ren Farbladungen. Diese vermitteln Wechselwirkungen zwi-schen Quarks, bei denen sich deren Farbladung nicht ändert (s. Abb. 3).

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blau + rot + grün = weiß

antiblau + antirot + antigrün = weiß

rot + antirot = weiß

blau + antiblau = weiß

grün + antigrün = weiß

Kombinationen von Quarks

▸ Abb. 2: Quarks kommen nicht einzeln vor, sondern nur in farbneutralen oder „weißen“ Kombinationen. Entweder schließt sich ein Quark kurzzeitig mit einem Antiquark zusammen (links), oder es können sich drei Quarks oder drei Antiquarks zusammenschließen (rechts).

Mesonen Baryonen

→ →→

INFO

6 Das geschieht sehr selten, d.h. die Wahrscheinlichkeit für eine schwache Wechselwirkung ist sehr gering, wenn die Energien der beteiligten Teilchen niedrig sind. Dies ist so ähnlich, als ob man ein schwingungsfähiges System (z.B. eine Feder) fern von dessen Eigenfrequenz zum Schwingen anregt; dann wird das System nur mit einer kleinen Auslenkung (Amplitude) schwingen. Die Eigenfrequenz entspricht der tatsächlichen Masse des W-Bosons und die kleine Amplitude der Seltenheit der Wechselwirkung. 7 Die Reichweite der schwachen Wechselwirkung lässt sich folgendermaßen abschätzen: W- und Z-Bosonen können höchstens eine Zeitspanne Δt lang existieren. Diese ist durch die Energie-Zeit-Unschärferelation gegeben: ΔE · Δt ≥ ℏ/2. ΔE entspricht hier der Masse des W- oder Z-Bosons (80 bzw. 91 GeV). Die Entfernung, welche die Bosonen in der Zeit Δt zurücklegen können, ist etwa R = c · Δt (c = Lichtgeschwindigkeit). Wenn man die entsprechenden Werte einsetzt, erhält man eine Reichweite von etwa 10-18 m.

▸ Abb. 3: Gluonen tragen Kombinationen von zwei oder mehr Farb-ladungen. Ein Quark mit einer Farbe der oberen Reihe kann sich in ein Quark der linken Spalte verwandeln, indem es das entsprechende zweifarbige Gluon aussendet. Es gibt nur acht Gluonen anstatt neun, denn Wechselwirkungen ohne Farbänderung werden durch zwei Glu-onen vermittelt, die Kombinationen mehrerer Farbladungen tragen.

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16. Was ist eine schwache Ladung?Die schwache Ladung bestimmt, ob ein Teilchen der schwa-chen Wechselwirkung unterliegt. Materie- und Antimaterie-teilchen sowie das Higgs-Boson tragen eine halbzahlige schwache Ladung. Austauschteilchen tragen eine ganzzah-lige schwache Ladung (W-Bosonen) oder keine (Photonen, Gluonen und Z-Bosonen8). Die schwache Wechselwirkung ermöglicht die Umwand-lung von schweren Leptonen in leichtere Leptonen und von schweren Quarks in leichtere Quarks. Mit genügend Ener-gie geht es auch in umgekehrter Richtung. So bewirkt die schwache Wechselwirkung beispielsweise den Betazerfall von Atomkernen und die Kernfusion, die Energiequelle von Sternen. Beim Beta-Minus-Zerfall verwandelt sich ein Neut-ron ein Proton, indem sich ein Down-Quark in ein Up-Quark umwandelt. Bei der Kernfusion verschmelzen vier Protonen zu einem Heliumkern; dabei wandeln sich zwei Protonen in Neutronen um – also jeweils ein Up-Quark in ein Down-Quark. Neutrinos sind die einzigen Materieteilchen, die nur eine schwache Ladung besitzen. Sie unterliegen also nur der schwachen Wechselwirkung, die eine sehr kurze Reichweite hat (s. Frage 13). Deswegen können sie sich weite Strecken durch Materie bewegen, ohne jemals mit einem anderen Teilchen zu wechselwirken. Daher sind sie in Detektoren sehr schwierig nachzuweisen.

17. Wie kann man die Stärken der vier Wechselwirkun-gen vergleichen?Dafür ist es zunächst notwendig, zu klären, was mit „Stärke“ gemeint ist. Man kann zunächst die Kräfte vergleichen, welche von den Wechselwirkungen erzeugt werden. Man kann aller-dings nur die Kraftwirkungen der elektromagnetischen Wech-selwirkung und der Gravitation direkt vergleichen, da sie dem gleichen Abstandsgesetz folgen – in beiden Fällen nimmt die Kraft mit dem Quadrat des Abstands ab. Vergleiche mit den anderen Wechselwirkungen sind problematisch, da die Kräfte unterschiedlich von der Energie bzw. dem Abstand der Teil-chen abhängen. Im Dokument [Standardmodell_Folien] finden Sie eine Grafik, welche die Abhängigkeit vom Abstand veran-schaulicht (Folie 24). Um die elektromagnetische, starke und schwache Wechsel-wirkung unabhängig vom Abstand miteinander zu verglei-chen, ist es sinnvoller, sich auf ihre Kopplungskonstanten α zu beziehen. Sie bestimmen die Wahrscheinlichkeit, mit der eine Wechselwirkung stattfindet, sowie die Kräfte zwischen den Teilchen. Die Kopplungskonstanten stehen vor der Po-tenzialfunktion der jeweiligen Wechselwirkung. Beispiels-weise ist die Kopplungskonstante der elektromagnetischen Wechselwirkung α

em=1/137 (Feinstrukturkonstante).

Bei allen erreichbaren Energien gilt: αstark

> αschwach

> αem

.Einige Theorien sagen voraus, dass die Kopplungskonstan-ten bei sehr hohen Energien einen gemeinsamen Wert an-nehmen. Dies ließe sich jedoch nur mit sehr viel leistungs-stärkeren Beschleunigern experimentell überprüfen.

18. Was ist das Higgs-Boson? Schon seit über 40 Jahren suchen Forscher nach diesem Elementarteilchen – dem letzten fehlenden Baustein im Standardmodell der Teilchenphysik. Im Juli 2012 wurde am CERN die Existenz eines neuen Elementarteilchens nachge-wiesen. Wenn bestätigt wird, dass es sich hierbei um das Higgs-Boson handelt, ist das ein überzeugender Hinweis für die Richtigkeit des Standardmodells, und dessen Erklärung dafür, wie Elementarteilchen ihre Masse erhalten.Das theoretische Gebäude des Standardmodells funk-tioniert nur dann, wenn Elementarteilchen keine Masse besitzen. Doch das stimmt offensichtlich nicht: Wenn das so wäre, könnten sich keine festen Strukturen bilden, weil masselose Teilchen stets mit Lichtgeschwindigkeit fliegen. Wie erhalten Teilchen also „nachträglich“ ihre Masse? Eine mögliche Erklärung haben Peter Higgs und andere Phy-siker 1964 gegeben: Ihre Theorie besagt, dass das ganze Universum von dem sogenannten „Higgs-Feld“ erfüllt ist. Manche Teilchen, wie beispielsweise Photonen, fliegen ungestört hindurch und bewegen sich daher mit Lichtge-schwindigkeit. Andere Teilchen wechselwirken mit dem Higgs-Feld; es setzt ihnen sozusagen Widerstand entgegen. Somit bewegen sich die Teilchen langsamer – sie verhalten sich, als hätten sie Masse.9 Warum verschiedene Teilchen-sorten aber jeweils eine bestimmte Masse tragen und nicht irgendeine andere, erklärt das Standardmodell nicht.10

Wir spüren das Higgs-Feld nicht, weil es strukturlos und ho-mogen ist und überall im Universum existiert – so wie man Luft nicht bemerkt, wenn es windstill ist. Erst wenn man in der Luft Druckwellen erzeugt, spürt man diese als Geräusch oder Wind. Analog dazu sollte das Higgs-Feld „schwin-gen“, wenn energiereiche Teilchen hindurchfliegen. Diese Schwingungen heißen „Higgs-Bosonen“; sie sollten sich als Elementarteilchen erzeugen und nachweisen lassen. Der Teilchenbeschleuniger LHC wurde insbesondere zu diesem Zweck gebaut.Das Teilchen, das 2012 am CERN nachgewiesen wurde, hat Eigenschaften, die das Standardmodell für das Higgs-Boson mit der Masse von 126 GeV vorhersagt: Es ist elektrisch neutral, und die Messergebnisse sind mit einem Spin von 0 verträglich. Doch stimmen die gemessenen Zerfallswahr-scheinlichkeiten mit den Vorhersagen überein? Und gibt es vielleicht nicht nur eine Art von Higgs-Boson, sondern gleich mehrere? Um solche Fragen zu klären, werden Forscher noch einige Jahre brauchen.

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8 Genau genommen ist die schwache Ladung des Z-Bosons nicht definiert. 9 In der Tat waren Teilchen in der ersten Billionstelsekunde nach dem Urknall masselos. Erst dann war das Universum genügend abgekühlt, damit das Higgs-Feld kondensieren konnte. 10 Das Higgs-Feld erklärt lediglich, wie Elementarteilchen ihre Masse erhalten, nicht dagegen größere Objekte. Beispielsweise stammt der größte Teil der Masse von Protonen und Neutronen von der Bindungsenergie zwischen den Quarks.

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Sämtliche bekannten Vorgänge in der Natur können mit vier grundlegenden Wechselwirkungen beschrieben werden. Die starke, die schwache und die elektromagnetische Wechselwirkung sind für die Teilchenphysik relevant, die Gravitation ausschließlich für makroskopische Objekte. Die vorliegenden Materialien ermöglichen eine systematische Einführung ins Thema.

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KurzbeschreibungSämtliche bekannten Vorgänge in der Natur können mit vier grundlegenden Wechselwirkungen beschrieben werden. Mit dem vorliegenden Material können diese eingeführt und systematisiert werden. Sie finden in diesem Dokument ein Arbeitsblatt, Lösungen sowie ein zusammenfassendes Informationsblatt. Letzteres enthält auch die Lösung der zweiten Aufgabe. Fachliche Hintergrundinformationen rund um Elementarteilchen und Wechselwirkungen finden Sie im Dokument [Standardmodell_Infos] im gleichen Materialpaket. Die Präsentation [Standardmodell_Folien] bietet einführende Erklä-rungen und Grafiken zum Thema sowie Anregungen für Aktivitäten.

Einordnung im Unterricht ▸ Die Einführung der Wechselwirkungen bietet sich im Rahmen einer Unterrichtsreihe über Kern- oder Teilchen-physik an.

▸ Anschließend können Sie zur modernen Forschung mit Teilchenbeschleunigern oder zum Nachweis von Teilchen mittels Detektoren (Nebelkammer, Geigerzähler, ATLAS-Detektor) überleiten.

▸ Die anschließende Durchführung eines Projekttages (Masterclass) zur Teilchenphysik oder Astroteilchenphysik er-möglicht es den Jugendlichen, ihr Wissen aktiv umzusetzen und einen Einblick in die moderne Forschung zu erhal-ten. Mehr Informationen finden Sie auf folgender Webseite: http://www.teilchenwelt.de/angebote/masterclasses

Vorkenntnisse und didaktische HinweiseUm die erste Aufgabe des Arbeitsblatts bearbeiten zu können, sollten die Jugendlichen zumindest die drei Elementar-teilchen kennen, aus denen die stabile Materie aufgebaut ist: Elektronen, Up- und Down-Quarks. Die vier Wechsel-wirkungen sollten vorher in groben Zügen vorgestellt worden sein. Die Präsentation [Standardmodell_Folien] im vor-liegenden Materialpaket bietet dafür Unterstützung. Die zweite Aufgabe (Tabelle) kann zum Vergleich und zur Systematisierung dienen, wenn die Wechselwirkungen und ihre Eigenschaften vorher besprochen wurden. Sie kann allerdings auch als Rechercheaufgabe verwendet werden. Die Jugendlichen können beispielsweise die unten angegebenen Ressourcen verwenden, um die benötigten Informationen selbständig zusammenzutragen. Die Zusatzfragen bieten Anregungen für vertiefende Diskussionen nach einer Unterrichtsreihe oder einer Masterclass.

ZieleDie Jugendlichen...

▸ … beschreiben die Auswirkungen der vier Wechselwirkungen. ▸ … lernen die drei Ladungsarten (elektrisch, stark, schwach) kennen. ▸ … lernen die Austauschteilchen der elektromagnetischen, starken und schwachen Wechselwirkung kennen. ▸ ... vergleichen und systematisieren die Eigenschaften der vier Wechselwirkungen.

Einführung in das Standardmodell der Teilchenphysik:http://kworkquark.desy.de/kennenlernen/modul.teilchen-und-kraefte/1/index.htmlhttp://particleadventure.org/german

Themenheft zur Elementarteilchenphysik:L. Mathelitsch, S. Steurer: Elementarteilchen. ÖBV 2003; ISBN 978-3-209-03908-8

Mehr Links und Literaturtipps finden Sie auf folgender Webseite: www.teilchenwelt.de/material

DIE V IER WECHSELWIRKUNGENH I N W E I S E F Ü R L E H R K R Ä F T E

HINWEISE

WECHSEL-WIRKUNGEN

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DIE V IER WECHSELWIRKUNGENWAS D I E W E LT Z U S A M M E N H Ä LT

Alle bekannten Vorgänge in der Natur lassen sich mit nur vier grundlegenden Wechselwirkungen beschreiben.

¾Welche Wechselwirkungen spüren wir direkt im Alltag, welche nicht? Warum? ¾ Welche Wechselwirkung ist in Atomkernen stärker: Die elektromagnetische oder die starke Wechselwirkung? Begründe

deine Antwort. ¾ Wie groß ist das Verhältnis zwischen der elektromagnetischen Anziehungskraft (Coulombkraft) zwischen zwei Elektronen

und der Gravitationskraft, die sie aufeinander ausüben? ¾ Was unterscheidet die Gravitation von den anderen Wechselwirkungen? ¾ Warum können wir nicht durch feste Gegenstände hindurchgreifen? ¾ Beim Beta-Minus-Zerfall wandelt sich ein Neutron in ein Proton um, wobei ein Elektron und ein Antineutrino entstehen.

Warum ist das Antineutrino notwendig?

¾ Was bewirken die vier Wechselwirkungen jeweils, und welche Eigenschaften haben sie? Fülle die Tabelle aus.

Starke Wechselwirkung

ElektromagnetischeWechselwirkung

Schwache Wechselwirkung

Betroffene Teilchen

Zugehörige Ladung

Austauschteilchen

Gravitation

Wirkungen

Reichweite

¾ Welche der vier Wechselwirkungen spielt für die beschriebenen Vorgänge jeweils die Hauptrolle? Wenn du meinst, dass mehrere Wechselwirkungen im Spiel sind, erkläre.

a) Ein Glas fällt vom Tisch.b) Du telefonierst mit deinem Handy.c) Ein Atomkern wandelt sich durch einen Beta-Zerfall in einen anderen um.d) Dein Gehirn schickt einen Nervenimpuls zu einem Muskel.e) Viele Atomkerne sind stabil.

f) Eine Kompassnadel richtet sich nach Norden aus.g) Zwei Atome gehen eine chemische Bindung ein.h) Die Erde kreist um die Sonne.i) Drei Quarks bilden ein Proton oder ein Neutron.j) Zusatzaufgabe: In der Sonne verschmelzen vier Proto- nen zu einem Heliumkern (Kernfusion).

ARBEITSBLATT

WECHSEL-WIRKUNGEN

?

http://kworkquark.desy.de/kennenlernen/modul.teilchen-und-kraefte/1/index.htmlhttp://particleadventure.org/german

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DIE V IER WECHSELWIRKUNGENL Ö S U N G E N

¾ Welche Wechselwirkungen spüren wir direkt im Alltag, welche nicht? Warum? ▸ Die Reichweiten der Gravitation und der elektromagnetischen Wechselwirkung sind prinzipiell unbegrenzt. Daher spielen sie für makroskopische Objekte eine Rolle, so dass wir sie direkt spüren.

▸ Die starke und die schwache Wechselwirkung spüren wir nicht direkt, da ihre Reichweiten zu gering sind. Jedoch spielen sie trotzdem eine lebenswichtige Rolle: Die starke Wechselwirkung sorgt dafür, dass Atomkerne stabil sein können; die schwa-che Wechselwirkung ermöglicht unter anderem die Kernfusion, mit der die Sonne ihre Energie erzeugt – ohne sie gäbe es kein Leben auf der Erde.

¾ Welche Wechselwirkung ist in Atomkernen stärker: Die elektromagnetische oder die starke Wechselwirkung?

Begründe deine Antwort. ▸ Die anziehende Kraft zwischen Protonen, welche von der starken Wechselwirkung erzeugt wird, muss deutlich stärker sein als die elektromagnetische Abstoßung zwischen ihnen – sonst könnten sich keine stabilen Atomkerne bilden.

▸ Dieser Vergleich gilt allerdings nur bei Teilchenabständen, die in der Größenordnung eines Protonendurchmessers liegen. Bei größeren Abständen fällt die Kraftwirkung der starken Wechselwirkung deutlich ab, bis sie ab etwa 10-15 m keine Rolle mehr spielt. Mehr Informationen zu den Stärken der vier Wechselwirkungen finden Sie auf der nächsten Seite und im Doku-ment [Standardmodell-Infos]. In der Präsentation [Standardmodell_Folien] finden Sie auch eine Grafik zum Thema.

LÖSUNGEN

WECHSEL-WIRKUNGEN

¾ Welche Wechselwirkung spielt die Hauptrolle?

a) Ein Glas fällt vom Tisch: ▸ Gravitation

b) Du telefonierst mit deinem Handy: ▸ Elektromagnetische Wechselwirkung

c) Ein Atomkern wandelt sich durch einen Beta-Zerfall in einen anderen um:

▸ Schwache Wechselwirkungd) Dein Gehirn schickt einen Nervenimpuls zu einem Muskel:

▸ Elektromagnetische Wechselwirkunge) Viele Atomkerne sind stabil:

▸ Starke Wechselwirkungf) Eine Kompassnadel richtet sich nach Norden aus:

▸ Elektromagnetische Wechselwirkungg) Zwei Atome gehen eine chemische Bindung ein:

▸ Elektromagnetische Wechselwirkungh) Die Erde kreist um die Sonne:

▸ Gravitationi) Drei Quarks bilden ein Proton oder ein Neutron:

▸ Starke Wechselwirkung

j ) Zusatzaufgabe: In der Sonne verschmelzen vier Proto- nen zu einem Heliumkern (Kernfusion):

▸ Hier spielen alle vier Wechselwirkungen eine Rolle. In- direkt beteiligt sind die Gravitation und die elektromagne-tische Wechselwirkung; die starke und schwache Wech-selwirkung bestimmen die Kernfusionsreaktion direkt.

▸ Durch die Gravitation werden die Teilchen im Inneren der Sonne sehr stark zusammengepresst. Der extreme Druck und die hohe Temperatur sind notwendig, um die Kern-fusion zu ermöglichen: Die Energie der Protonen muss hoch genug sein, damit sie ihre elektromagnetische Ab-stoßung überwinden können. Erst wenn die Protonen sich näher als etwa 10-15 m kommen, überwiegt die starke Wechselwirkung und hält sie zusammen.Ein Atomkern aus vier Protonen wäre allerdings nicht sta-bil. Um einen stabilen Heliumkern zu bilden, müssen sich zwei Protonen jeweils in ein Neutron umwandeln (indem sich jeweils ein Up-Quark in ein Down-Quark umwandelt). Das ermöglicht die schwache Wechselwirkung.

?

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DIE V IER WECHSELWIRKUNGENL Ö S U N G E N

¾ Wie groß ist das Verhältnis zwischen der elektromagnetischen Anziehungskraft (Coulombkraft) zwischen zweiElektronen und der Gravitationskraft, die sie aufeinander ausüben?

▸ Die Gravitationskraft zwischen zwei Massen lässt sich folgendermaßen berechnen: Die Coulombkraft zwischen zwei elektrischen Ladungen ist durch folgende Formel gegeben: Berechnet man das Verhältnis der zwei Kräfte, fällt der Abstand r weg:

Gravitationskonstante Elektrische Feldkonstante

Masse eines Elektrons Elektrische Ladung eines Elektrons

▸ Setzt man alles ein, ergibt sich ein Verhältnis von etwa ------------------- .

▸ Die elektromagnetische Wechselwirkung ist also sehr viel stärker als die Gravitation. Dies mag zunächst der Intuition widersprechen – schließlich sind die Auswirkungen der Gravitation bzw. Schwerkraft für uns meist offensichtlicher als die-jenigen der elektromagnetischen Wechselwirkung. Doch letztere spielt für uns eine mindestens ebenso lebenswichtige Rolle, da sie unter anderem für den Zusammenhalt von Atomen und Molekülen verantwortlich ist.

▸ Der berechnete Zahlenwert gilt nur für die Kräfte zwischen Elektronen bei relativ großen Abständen (mehr als einige Mikro-meter). Ob das Gravitationsgesetz bei kleineren Abständen gilt, ist bisher experimentell nicht überprüft. Mehr Informationen zu den Stärken der vier Wechselwirkungen finden Sie im Dokument [Standardmodell-Infos].

¾ Was unterscheidet die Gravitation von den anderen Wechselwirkungen? ▸ Die Gravitation passt nicht ins Standardmodell der Teilchenphysik, sondern wird durch die Allgemeine Relativitätstheorie beschrieben. Insbesondere wurden noch keine Austauschteilchen experimentell nachgewiesen. Weiterhin ist die Gravitation um viele Größenordnungen schwächer als die elektromagnetische Wechselwirkung.

¾ Warum können wir nicht durch feste Gegenstände hindurchgreifen? ▸ Die elektromagnetische Abstoßung zwischen den Elektronen der Atomhüllen verhindert, dass sich Atome zu nahe kommen.Hinzu kommt das Pauli-Prinzip, das besagt, dass sich zwei Elektronen innerhalb eines Atoms nicht im gleichen Zustand befinden können. Deswegen können sich gefüllte Orbitale nicht überlappen.

¾ Beim Beta-Minus-Zerfall wandelt sich ein Neutron in ein Proton um, wobei ein Elektron und ein Antineutrinoentstehen. Warum ist das Antineutrino notwendig?

▸ Der Grund ist die Ladungserhaltung: Die elektrische, starke und schwache Ladung müssen bei Zerfällen jeweils erhalten bleiben.

▸ Betrachten wir also den Beta-Minus-Zerfall auf der Ebene der Elementarteilchen: Ein Down-Quark (d) wandelt sich in ein Up-Quark (u) um. Dabei entstehen ein Elektron e- und ein Anti-Elektron-Neutrino ν

e : d→ u + e- + νe

Die Ladungen der beteiligten Teilchen sind wie folgt (siehe Elementarteilchen-Steckbriefe im gleichen Materialpaket): ▹ Elektrische Ladung: - 1⁄3 = + 2⁄3 -1 +0 ▹ Starke Ladung: rot/grün/blau = rot/grün/blau + 0 + 0 ▹ Schwache Ladung: -½ = ½ -½ -½

Das Up-Quark und das Elektron würden ausreichen, damit die starke Ladung und die elektrische Ladung erhalten bleiben - doch um auch die Erhaltung der schwachen Ladung zu gewährleisten, muss zusätzlich ein Antineutrino entstehen.

221

G rmmGF =

221

0C r

qq41Fπε

=

2

311

skgm1067,6G⋅

⋅= −

kg1011,9m 31E

−⋅=

VmAs1085,8 12

0−⋅=ε

As106,1q 19E

−⋅−=

42

210

21

G

C 1016,4mGm4

qqFF

⋅==πε

42GC 01/FF ≈

LÖSUNGEN

WECHSEL-WIRKUNGEN

?

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DAS STANDARDMODELL DER TE ILCHENPHYSIKE L E M E N TA RT E I LC H E N U N D W EC H S E LW I R KU N G E N

Alle Materie besteht aus Elementarteilchen, die sich nicht weiter zerteilen lassen:

¾ Sechs Arten von Quarks … ¾ … und sechs Arten von Leptonen:

▸ Elektronen, Myonen und Tauonen (mit elektrischer Ladung), ▸ und drei Arten von Neutrinos (ohne elektrische Ladung).

Stabile Materie in unserer Umgebung besteht nur aus Elektronen, Up- und Down-Quarks. Von den Teilchensorten der ersten Generation gibt es jeweils zwei massereichere, instabile "Kopien" mit gleichen Ladungen (2. und 3. Generation). Zu jeder Materieteilchensorte gibt es eine Antiteilchensorte mit gleicher Masse, aber entgegengesetzten Ladungen.

Es gibt vier Wechselwirkungen, mit denen man alle Vorgänge in der Natur beschreiben kann. Sie werden durch Austauschteilchen vermittelt.

Starke Wechselwirkung

ElektromagnetischeWechselwirkung

Schwache Wechselwirkung

Quarks Quarks und elektrisch geladene Leptonen

AlleBetroffene Materie-Teilchen

starke Ladung (Farbladung)

elektrische Ladung schwache LadungZugehörige Ladung

Gluonen Photon W+, W-, Z0Austauschteilchen

Anziehung zwischen Quarks, Zusammen-halt von Atomkernen

Licht, Strom, Magne-tismus, Zusammenhalt von Atomen...

Betazerfall, Kernfusion...

Wirkungen

10-15 m (Protonen- durchmesser)

unbegrenzt 10-18 m(1/1000 Protonen- durchmesser)

Reichweite

INFO

STANDARD-MODELL

Gravitation

Alle

unbegrenzt

Anziehung zwischen Massen: Schwerkraft, Umlauf der Planeten um die Sonne etc.

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SCHIRMHERRSCHAFTPROJEKTLEITUNG KONTEXTMATERIALIEN PARTNER

IMPRESSUM Herausgeber: Michael Kobel, Thomas Trefzger Autoren: Manuela Kuhar (verantwortlich), Fabian Kuger Redaktion: Michael Rockstroh, Sascha Schmeling, Gerfried Wiener Layout und Grafiken: büro quer, www.buero-quer.deProjektleitung: Michael Kobel (Gesamtprojekt) Netzwerk Teilchenwelt | TU Dresden, Institut für Kern- und Teilchenphysik | www.teilchenwelt.de, [email protected] | Thomas Trefzger (Projekt Kontextmaterialien) Julius-Maximilians-Universität Würzburg | Lehrstuhl für Physik und ihre Didaktik Redaktionsschluss: März 2013 Lizenz und Nutzung: Creative Commons 2.0-by-nc-nd | Vervielfältigung und Weiterverbreitung des Inhalts ist bei Nennung der Quelle für Lehrzwecke ohne Rückfragen gestattet, sofern keine Veränderungen vorgenommen werden. Kommerzielle Nutzung, z.B. zu werblichen Zwecken oder in Lehrbüchern, ist ohne Rücksprache nicht gestattet. Es gilt das Impressum unter www.teilchenwelt.de/service/impressum .

DER ATL AS-DETEKTORE I N T E I LC H E N D E T E K TO R A M C E R N

ATLAS ist einer von vier Detektoren im Teilchenbeschleuniger LHC. Mit ihm werden Teilchen nachgewiesen, die bei der Kollision von Protonen oder Blei-Ionen entstehen.Die vorliegenden Materialien vermitteln die Technik und Funktionsprinzipien des ATLAS-Detektors auf anschauliche Weise.

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HINWEISE

KurzbeschreibungATLAS ist ein moderner Detektor für Teilchen. Er befindet sich im Teilchenbeschleuniger LHC (Large Hadron Collider) am Forschungszentrum CERN bei Genf. Der Film „ATLAS Episode II: Die Teilchen schlagen zurück“ (Link siehe unten) eignet sich gut zur Einführung in seine Funktionsweise. Jugendliche können die Komponenten des ATLAS-Detektors beispielsweise in einem Expertenpuzzle erarbeiten. Das vorliegende Materialpaket enthält die benötigten Video- ausschnitte sowie Präsentationsfolien zur Zusammenfassung der wichtigsten Inhalte.

Einordnung im Unterricht • Die Vorstellung eines modernen Teilchendetektors bietet sich ab der 10. Klasse im Rahmen einer Unterrichtsreihe über Teilchenphysik an.

• Das Thema eignet sich gut zur Nachbereitung einer Teilchenphysik-Masterclass. • Im Anschluss an eine Einführung des Standardmodells und/oder an dessen historische Entwicklung bietet sich die Überleitung zu modernen Detektoren wie ATLAS an.

• Wurden zuvor einfachere Detektoren, wie beispielsweise eine Nebelkammer, eingeführt oder selbst gebaut (siehe das Materialpaket „Selbstbau einer Nebelkammer“ vom Netzwerk Teilchenwelt), bietet sich die Gegenüberstel-lung mit dem modernen ATLAS-Detektor an.

Vorkenntnisse • Atomaufbau: Protonen, Neutronen, Elektronen • Elementarteilchen: Quarks, Leptonen, Elektronen, Myonen, Photonen, Neutrinos • Ionisation • Impuls, Energie • Ablenkung geladener Teilchen im Magnetfeld

Inhalte und ZieleDie Jugendlichen...

• … bekommen einen Überblick über den Aufbau und die Funktionsweise des ATLAS-Detektors.• … erklären, wie man mit ATLAS Messgrößen wie Impuls, elektrische Ladung und Energie bestimmt. • ... beschreiben, wie bestimmte Teilchensorten in den Komponenten des ATLAS-Detektors wechselwirken.• … erläutern, wie elektrische Signale in Detektoren erzeugt werden können (Ionisation, Szintillation).• … beschreiben, wie man Teilchensorten anhand ihrer charakteristischen Signalmuster unterscheiden kann. • … üben, die wichtigsten Informationen aus Filmsequenzen zu extrahieren.

Auch weitere Themen sind denkbar. Beispielsweise ließe sich erörtern, warum verschiedene Teilchensorten jeweils unterschiedlich mit den Detektor-Komponenten wechselwirken, und wie man aus den Teilchenspuren auf die Eigen-schaften der nachzuweisenden Teilchen schließt. Die vorliegenden Materialien konzentrieren sich auf die im Film vermittelten Inhalte.

DER ATL AS-DETEKTORH I N W E I S E F Ü R L E H R K RÄ F T E

ATLAS-DETEKTOR

Originalvideo „ATLAS Episode II – die Teilchen schlagen zurück“: http://atlas.ch/multimedia/#episode-2 (dann Klick auf „German“) Experimente im LHC: http://www.weltmaschine.de/experimenteAnimation – Teilchenspuren im ATLAS-Detektor: http://atlas.physicsmasterclasses.org/de/wpath_teilchenid1.htmNeutrinoexperimente: http://www.weltderphysik.de/gebiet/teilchen/bausteine/neutrinos/experimente

Mehr Links und Literaturtipps finden Sie auf folgender Webseite: www.teilchenwelt.de/material

INHALT

Didaktische Hinweise 34

Methodische Anregungen 35

Arbeitsblatt 1: Die Detektorkomponenten (Expertenpuzzle) 36

Arbeitsblatt 2/3: Ergebnissicherung 37-38

Arbeitsblatt 4: Teilchenspuren 39

Lösungen zu den Arbeitsblättern 40-47

Skript zum Film 48-49

Hintergrundinformationen 50-52

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HINWEISE

Der Film „ATLAS Episode II – Die Teilchen schlagen zurück“ beginnt mit einer allgemeinen Übersicht über den ATLAS-Detektor und stellt dann die verschiedenen Detektorschichten von innen nach außen vor. Somit bietet sich eine Bearbeitung in Expertengruppen an. Dies kann folgendermaßen ablaufen:

▸ Einführung und Expertengruppen: Zuerst wird der ATLAS-Detektor allgemein im Plenum vorgestellt. Hierfür eignet sich der Videoausschnitt [ATLAS_Intro], der den ersten 3:20 Minuten des Originalvideos auf der ATLAS-Homepage entspricht. Dann bildet man fünf Expertengruppen und weist jeder Gruppe eine Filmsequenz über eine bestimmte Detektorkom-ponente zu. Jede Gruppe füllt das Arbeitsblatt 1 aus. Sämtliche benötigten Videoausschnitte sind im vorliegenden Materialpaket enthalten.

Gruppe Inhalt Dateiname des Videoausschnitts

Länge des Video- ausschnitts (Minuten)

Start- und Endzeit im Originalvideo

Einführung ATLAS_Intro 2:56 0:00-3:35

1a Halbleiter-Spurdetektoren(Pixel- und Streifendetektor)

ATLAS_1a 3:16 3:35 – 6:37

1b Übergangsstrahlungsdetektor ATLAS_1b 1:44 6:38 – 7:50

2a Elektromagnetisches Kalorimeter ATLAS_2a 2:06 7:50 – 9:39

2b Hadronisches Kalorimeter ATLAS_2b 1:41 9:40 – 11:10

3 Myonenkammern ATLAS_3 1:23 11:10 – 12:20

Es sollte ein ausreichender Zeitrahmen gegeben werden, um die kurzen Filmsequenzen mehrmals ansehen und disku-tieren zu können. Da die Gruppe 1a die längste Sequenz bearbeitet und zuerst präsentieren sollte, empfiehlt es sich, hierfür eine Gruppe auszuwählen, die den Ansprüchen gewachsen ist.Wenn Sie weniger Zeit investieren möchten, können Sie exemplarisch zwei Detektorschichten herausgreifen. Als Bei-spiele bieten sich die Halbleiter-Spurdetektoren und das hadronische Kalorimeter an: Dann erfahren die Jugendlichen, wie die Spur bzw. die Energie eines Teilchens gemessen wird, und lernen zwei Möglichkeiten kennen, wie Teilchen im Detektor wechselwirken (Ionisation und Teilchenschauerbildung), ebenso sowie zwei Arten der Signalerzeugung (Ionisation und Szintillation).

▸ Zusammenführung der Ergebnisse (Arbeitsblätter 2 und 3): Diese Arbeitsblätter dienen zur Zusammenführung der Ergebnisse. Es bieten sich verschiedene Methoden an:

• Die Jugendlichen erklären sich die Detektorkomponenten gegenseitig in gemischten Gruppen und füllen die Arbeitsblätter gemeinsam aus.

• Jede Expertengruppe präsentiert ihre Detektorkomponente den anderen Teilnehmern, ggf. mit einem Poster. • Der Film wird im Plenum abschnittsweise durchgegangen, jedoch ohne Ton. Dabei kommentiert ein Experte aus der entsprechenden Gruppe den jeweiligen Filmabschnitt.

▸ Teilchensorten unterscheiden (Arbeitsblatt 4):Dieses Arbeitsblatt fasst zusammen, wie verschiedene Teilchensorten in den Komponenten des ATLAS-Detektors wechselwirken. So wird deutlich, wie Forscher Teilchensorten anhand der jeweiligen Signalmuster unterscheiden können. Im einführenden Video werden die Signale verschiedener Teilchenspuren zu Anfang kurz vorgestellt; mithilfe der erworbenen Kenntnisse über die verschiedenen Komponenten des ATLAS-Detektors können die Jugendlichen nun nachvollziehen, wie die Signalmuster zustandekommen.

• Das Arbeitsblatt kann nach dem Expertenpuzzle eingesetzt werden. Die Jugendlichen können ihre Kenntnisse über die einzelnen Detektorkomponenten in gemischten Gruppen zusammenführen.

• Alternativ kann das Arbeitsblatt nach einer Teilchenphysik-Masterclass zur Wiederholung dienen.

M E T H O D I S C H E A N R E G U N G E NATLAS-

DETEKTOR

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HINWEISE

1. Welche Teilchensorten weist man mit diesem Teil des Detektors nach? ¨ Elektronen ¨ Myonen ¨ Neutrinos¨ Protonen ¨ Photonen ¨ Neutronen

¨ alle elektrisch geladenen Teilchen ¨ alle Hadronen¨ alle elektrisch neutralen Teilchen ¨ alle Leptonen

2. Was geschieht, wenn diese Teilchensorten mit dem Detektor-Material wechselwirken?

¨ Sie ionisieren Atome, d.h. sie setzen Elektronen frei. ¨ Sie erzeugen Photonen.¨ Sie wechselwirken mit den Atomkernen und erzeugen Teilchenschauer aus Hadronen. ¨ Sie erzeugen Teilchenschauer aus Elektronen, Positronen und Photonen.

Bei diesen Prozessen entstehen Sekundärteilchen, die elektrische Signale erzeugen. Anhand dieser Signale bestimmen Forscher die Eigenschaften des ursprünglichen Teilchens.

3. Nur für Gruppen 1b, 2a und 2b: Wie erzeugen die Sekundärteilchen elektrische Signale?

¨ Ionisation ¨ Szintillation

4. Welche physikalische(n) Größe(n) bestimmt man mit diesem Teil des Detektors?

¨ Energie des ursprünglichen Teilchens ¨ Impuls des Teilchens¨ elektrische Ladung des Teilchens ¨ Spur des Teilchens

5. Woraus besteht dieser Teil von ATLAS? ¨ Silizium ¨ flüssiges Argon ¨ Gas in Driftröhren ¨ Blei ¨ Stahl ¨ Szintillatoren

6. Beschreibe kurz in eigenen Worten, was in der Detektor-Komponente geschieht:

DER ATL AS-DETEKTORA R B E I T S B L AT T 1 : D I E D E T E K TO R KO M P O N E N T E N

Im Teilchenbeschleuniger LHC am Forschungszentrum CERN bei Genf kollidieren Protonen mit einer Energie von je-weils 4 Tera-Elektronenvolt (TeV). Bei der Kollision entstehen neue Teilchen, die mithilfe von Detektoren nachgewie-sen werden. Der ATLAS-Detektor besteht aus mehreren Schichten. In diesen verhalten sich verschiedene Teilchensorten jeweils anders. So können Forscher Teilchensorten unterscheiden und Messgrößen wie Impuls und Energie bestimmen.

¾ Welcher Teil des ATLAS-Detektors wird in deinem Video-Ausschnitt vorgestellt?

¾ Zeichne in der Grafik rechts ein, wo sich diese Detektorkomponente befindet:

ARBEITSBLATT

ATLAS- DETEKTOR

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HINWEISE

DER ATL AS-DETEKTOR A R B E I T S B L AT T 2 : Z U S A M M E N FASS U N G

Beschrifte die einzelnen Komponenten des ATLAS-Detektors in der Querschnittsansicht.

¾ Wieso besteht der ATLAS-Detektor aus verschiedenen Detektorkomponenten? ¾ Einige Detektorkomponenten liegen in einem Magnetfeld. Warum? ¾ Die Spulen der Elektromagneten sind supraleitend. Warum ist das notwendig?

E

D

C

B

AA

B

C

D

E

MyonenkammernÜbergangsstrahlungs-

detektorHalbleiter-

Spurdetektoren

HadronischesKalorimeter

ElektromagnetischesKalorimeter

ARBEITSBLATT

ATLAS- DETEKTOR

Video „ATLAS Episode II – Die Teilchen schlagen zurück“: http://atlas.ch/multimedia/#episode-2 (dann Klick auf „German“)Detektoren im LHC: http://www.weltmaschine.de/experimente

?

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HINWEISE

DER ATL AS-DETEKTOR A R B E I T S B L AT T 3 : Z U S A M M E N FASS U N G

1a. Halbleiter-Spurdetektor

Nachgewiesene Teilchen:

Physikalische Größe(n):

Beschreibung des Prozesses:

1b. Übergangsstrahlungsdetektor

Nachgewiesene Teilchen:

Physikalische Größe(n):

Beschreibung des Prozesses:

2a. Elektromagnetisches Kalorimeter

Nachgewiesene Teilchen:

Physikalische Größe(n):

Beschreibung des Prozesses:

2b. Hadronisches Kalorimeter

Nachgewiesene Teilchen:

Physikalische Größe(n):

Beschreibung des Prozesses:

3. Myonenkammern

Nachgewiesene Teilchen:

Physikalische Größe(n):

Beschreibung des Prozesses:

ARBEITSBLATT

ATLAS- DETEKTOR

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HINWEISE

Im Teilchenbeschleuniger LHC am internationalen Forschungszentrum CERN bei Genf kollidieren Protonen mit einer Bewegungsenergie von jeweils 4 TeV. Bei der Kollision entsteht eine Vielzahl neuer Teilchen. Diese können sogar eine größere Masse haben als die ursprünglichen Protonen, da bei der Kollision ein Teil von deren Bewegungsenergie in Masse umgewandelt wird. Die entstandenen Teilchen oder ihre Zerfallsprodukte werden in Detektoren nachgewiesen. So wollen Forscher beispielsweise das Higgs-Boson erzeugen oder herausfinden, woraus Dunkle Materie besteht.

Unten siehst du eine schematische Darstellung der Komponenten des ATLAS-Detektors. Er besteht aus mehreren Schichten, in denen die Impulse und Energien der hindurchfliegenden Teilchen gemessen werden. Der ATLAS-Detektor ermöglicht auch die Unterscheidung zwischen Teilchensorten: In den inneren Spurdetektoren und den Myonenkammern hinterlassen einige Teilchensorten Signale, indem sie das Detektormaterial ionisieren oder Photonen erzeugen. In den Kalorimetern geben einige Teilchensorten Energie ab, indem sie Teilchenschauer erzeugen. Je nach Teilchensorte entstehen so verschiedene Signalmuster („Teilchenspuren“).

DER ATL AS-DETEKTORA R B E I T S B L AT T 4 : T E I LC H E N S O R T E N U N T E R S C H E I D E N

ARBEITSBLATT

ATLAS- DETEKTOR

¾ Warum hinterlassen Neutrinos keine Signale im ATLAS-Detektor? ¾ Wie weisen Forscher Neutrinos mit dem ATLAS-Detektor indirekt nach? ¾ Warum hinterlassen kurzlebige Teilchen wie das Higgs-Boson oder W- und Z-Bosonen keine Signale im Detektor? ¾ Wie weisen Forscher diese Teilchen nach?

Elektromagnetisches Kalorimeter

Hadronisches Kalorimeter

Myonen-kammern

el. geladenes Hadron

innen außen

Abstand vom Strahrohr

Das Teilchen hinterlässt keine Spur

Teilchenspur (durch Ionisation oder Erzeugung von Photonen)

Photon

Elektron, Positron

el. neutrales Hadron

Myon, Antimyon

Energieabgabe (Teilchenschauer)

Neutrino

Innere Spurdetektoren

?

Video „ATLAS Episode II – die Teilchen schlagen zurück“: http://atlas.ch/multimedia/#episode-2 (dann Klick auf „German“)Animation – Teilchenspuren im ATLAS-Detektor: http://atlas.physicsmasterclasses.org/de/wpath_teilchenid1.htmDetektoren im LHC: http://www.weltmaschine.de/experimenteNeutrinoexperimente: http://www.weltderphysik.de/gebiet/teilchen/bausteine/neutrinos/experimente

Halbleiter-Detektor,Übergangsstrahlungs-Detektor

¾ Zeichne in die Grafik ein, in welchen Detektorschichten die links angegebenen Teilchensorten Signale hinterlassen. Ein Beispiel ist vorgegeben.

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HINWEISE

DER ATL AS-DETEKTORLÖ S U N G F Ü R A R B E I T S B L AT T 1 /G R U P P E 1A : H A L B L E I T E R-S P U R D E T E K TO R E N

1. Welche Teilchensorte(n) weist man mit diesem Teil des Detektors nach? ¨ Elektronen ¨ Myonen ¨ Neutrinos¨ Protonen ¨ Photonen ¨ Neutronen

¨ alle elektrisch geladenen Teilchen ¨ alle Hadronen¨ alle elektrisch neutralen Teilchen ¨ alle Leptonen

2. Was geschieht, wenn diese Teilchensorten mit dem Detektor-Material wechselwirken?

¨ Sie ionisieren Atome, d.h. sie setzen Elektronen frei. ¨ Sie erzeugen Photonen.¨ Sie wechselwirken mit den Atomkernen und erzeugen Teilchenschauer aus Hadronen. ¨ Sie erzeugen Teilchenschauer aus Elektronen, Positronen und Photonen.

3. Die freigesetzten Elektronen erzeugen elektrische Signale.

4. Welche physikalische(n) Größe(n) bestimmt man mit diesem Teil des Detektors?

¨ Energie des ursprünglichen Teilchens ¨ Impuls des Teilchens¨ elektrische Ladung des Teilchens ¨ Spur des Teilchens

5. Woraus besteht dieser Teil von ATLAS? ¨ Silizium ¨ flüssiges Argon ¨ Gas in Driftröhren ¨ Blei ¨ Stahl ¨ Szintillatoren

6. Beschreibe kurz in eigenen Worten, was in der Detektor-Komponente geschieht:

Elektrisch geladene Teilchen ionisieren die Atome im Siliziumkristall. Die freigesetzten Elektronen wandern zu

Lötkugeln unter dem Kristall. Die stromdurchflossenen Kugeln zeigen an, wo das ursprüngliche Teilchen entlang-

flog.

LÖSUNG

ATLAS- DETEKTOR

Die Halbleiter-Spurdetektoren*

* Im Video werden zwei Detektorteile vorgestellt – der Pixel- und der Streifendetektor. Beide werden als Halbleiter-Spurdetektor(en) bezeichnet, da beide die Spur von Teilchen mithilfe von Siliziumkristallen messen. Nur die Anordnung des Siliziums ist unterschiedlich. Daher beschreibt der Film nur eine der beiden Detektorkomponenten im Detail.

¾ Welcher Teil des ATLAS-Detektors wird in deinem Video-Ausschnitt vorgestellt?

¾ Zeichne in der Grafik rechts ein, wo sich diese Detektorkomponente befindet:

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HINWEISE

LÖ S U N G F Ü R A R B E I T S B L AT T 1 /G R U P P E 1B : Ü B E R G A N G SST RA H L U N G S D E T E K TO R

1. Welche Teilchensorte(n) weist man mit diesem Teil des Detektors nach? ¨ Elektronen ¨ Myonen * ¨ Neutrinos¨ Protonen * ¨ Photonen ¨ Neutronen

¨ alle elektrisch geladenen Teilchen * ¨ alle Hadronen¨ alle elektrisch neutralen Teilchen ¨ alle Leptonen

2. Was geschieht, wenn diese Teilchensorten mit dem Detektor-Material wechselwirken?

¨ Sie ionisieren Atome, d.h. sie setzen Elektronen frei. ¨ Sie erzeugen Photonen.¨ Sie wechselwirken mit den Atomkernen und erzeugen Teilchenschauer aus Hadronen. ¨ Sie erzeugen Teilchenschauer aus Elektronen, Positronen und Photonen.

3. Wie erzeugen die Sekundärteilchen elektrische Signale?

¨ Ionisation ¨ Szintillation

4. Welche physikalische(n) Größe(n) bestimmt man mit diesem Teil des Detektors?

¨ Energie des ursprünglichen Teilchens ¨ Impuls des Teilchens¨ elektrische Ladung des Teilchens ¨ Spur des Teilchens

5. Woraus besteht dieser Teil von ATLAS? ¨ Silizium ¨ flüssiges Argon ¨ Gas in Driftröhren ¨ Blei ¨ Stahl ¨ Szintillatoren

6. Beschreibe kurz in eigenen Worten, was in der Detektor-Komponente geschieht:

Elektrisch geladene Teilchen erzeugen im Material zwischen den Driftröhren Photonen. Je nach der Teilchensorte

entstehen mehr oder weniger Photonen. Das ursprüngliche Teilchen und die Photonen setzen in den Driftröhren

Elektronen frei. Deren Ladung wird gemessen.

LÖSUNG

ATLAS- DETEKTOR

Der Übergangsstrahlungsdetektor

* Im Film ist allgemein von elektrisch geladenen Teilchen die Rede. Eigentlich weist der Übergangsstrahlungsdetektor hauptsächlich Elektro-nen und Positronen nach. Es ist eine seiner Hauptaufgaben, zwischen diesen und anderen elektrisch geladenen Teilchen zu unterscheiden: Nur Elektronen und Positronen sind schnell und leicht genug, um viele Photonen zu erzeugen und ein starkes elektrisches Signal auszulösen. Andere elektrisch geladene Teilchen sind massereicher und meist zu langsam, um ein messbares Signal zu erzeugen. Im Film werden noch Pionen erwähnt: Das sind leichte Hadronen, die aus einem Quark und einem Antiquark bestehen — nach Elektronen sind Pionen die nächstschwereren elektrisch geladenen Teilchen. Wenn sie einen extrem hohen Impuls (ab etwa 100 GeV/c) tragen, können Pionen einige wenige Photonen erzeugen; das entstehende elektrische Signal ist schwächer als das von Elektronen.

¾ Welcher Teil des ATLAS-Detektors wird in deinem Video-Ausschnitt vorgestellt?

¾ Zeichne in der Grafik rechts ein, wo sich diese Detektorkomponente befindet:

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HINWEISE

LÖ S U N G F Ü R A R B E I T S B L AT T 1 /G R U P P E 2A : E L E K T R O M AG N E T I S C H E S KA LO R I M E T E R

1. Welche Teilchensorte(n) weist man mit diesem Teil des Detektors nach? ¨ Elektronen ¨ Myonen* ¨ Neutrinos¨ Protonen* ¨ Photonen ¨ Neutronen

¨ alle elektrisch geladenen Teilchen* ¨ alle Hadronen¨ alle elektrisch neutralen Teilchen ¨ alle Leptonen

2. Was geschieht, wenn diese Teilchensorten mit dem Detektor-Material wechselwirken?

¨ Sie ionisieren Atome, d.h. sie setzen Elektronen frei. ¨ Sie erzeugen Photonen.¨ Sie wechselwirken mit den Atomkernen und erzeugen Teilchenschauer aus Hadronen. ¨ Sie erzeugen Teilchenschauer aus Elektronen, Positronen und Photonen.

3. Wie erzeugen die Sekundärteilchen elektrische Signale?

¨ Ionisation ¨ Szintillation

4. Welche physikalische(n) Größe(n) bestimmt man mit diesem Teil des Detektors?

¨ Energie des ursprünglichen Teilchens ¨ Impuls des Teilchens¨ elektrische Ladung des Teilchens ¨ Spur des Teilchens

5. Woraus besteht dieser Teil von ATLAS? ¨ Silizium ¨ flüssiges Argon ¨ Gas in Driftröhren ¨ Blei ¨ Stahl ¨ Szintillatoren

6. Beschreibe kurz in eigenen Worten, was in der Detektor-Komponente geschieht:

Photonen und elektrisch geladene Teilchen erzeugen in Blei- und Stahlschichten Schauer aus Elektronen,

Positronen und Photonen. Diese Teilchen ionisieren flüssiges Argon. Die freigesetzten Elektronen wandern zu

Elektroden. Aus der insgesamt gemessenen Ladung kann man schließen, wieviel Energie das ursprüngliche Teil-

chen besaß.

LÖSUNG

ATLAS- DETEKTOR

Das elektromagnetische Kalorimeter

* Im Film werden nur die angekreuzten Teilchen erwähnt; für diese stimmt auch die Antwort auf Frage 2.Genau genommen wechselwirken alle elektrisch geladenen Teilchen im elektromagnetischen Kalorimeter. Hadronen und Myonen durch-queren es jedoch, ohne darin sämtliche Energie abzugeben: Hadronen lösen Teilchenschauer aus Hadronen aus, Myonen ionisieren das Material. Diese Teilchensorten hinterlassen auch in weiter außen liegenden Detektorteilen Signale.

¾ Welcher Teil des ATLAS-Detektors wird in deinem Video-Ausschnitt vorgestellt?

¾ Zeichne in der Grafik rechts ein, wo sich diese Detektorkomponente befindet:

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HINWEISE

LÖ S U N G F Ü R A R B E I T S B L AT T 1 /G R U P P E 2B : H A D R O N I S C H E S KA LO R I M E T E R

1. Welche Teilchensorte(n) weist man mit diesem Teil des Detektors nach? ¨ Elektronen ¨ *Myonen ¨ Neutrinos¨ Protonen ¨ Photonen ¨ Neutronen

¨ alle elektrisch geladenen Teilchen ¨ alle Hadronen¨ alle elektrisch neutralen Teilchen ¨ alle Leptonen

2. Was geschieht, wenn diese Teilchensorten mit dem Detektor-Material wechselwirken?

¨ Sie ionisieren Atome, d.h. sie setzen Elektronen frei. ¨ Sie erzeugen Photonen.¨ Sie wechselwirken mit den Atomkernen und erzeugen Teilchenschauer aus Hadronen. ¨ Sie erzeugen Teilchenschauer aus Elektronen, Positronen und Photonen.

3. Wie erzeugen die Sekundärteilchen elektrische Signale?

¨ Ionisation ¨ Szintillation

4. Welche physikalische(n) Größe(n) bestimmt man mit diesem Teil des Detektors?

¨ Energie des ursprünglichen Teilchens ¨ Impuls des Teilchens¨ elektrische Ladung des Teilchens ¨ Spur des Teilchens

5. Woraus besteht dieser Teil von ATLAS? ¨ Silizium ¨ flüssiges Argon ¨ Gas in Driftröhren ¨ Blei ¨ Stahl ¨ Szintillatoren

6. Beschreibe kurz in eigenen Worten, was in der Detektor-Komponente geschieht:

Hadronen erzeugen in Stahlschichten Teilchenschauer. In Szintillatoren erzeugen diese Teilchen Photonen.

Deren Intensität wird gemessen und in einen elektrischen Impuls umgewandelt. Aus der Intensität wird die

Energie des ursprünglichen Teilchens berechnet.

LÖSUNG

ATLAS- DETEKTOR

Das hadronische Kalorimeter

* Im Film werden nur die angekreuzten Teilchen erwähnt; für diese stimmt auch die Antwort auf Frage 2.Auch Myonen geben einen Teil ihrer Energie im hadronischen Kalorimeter ab. Sie durchqueren es jedoch, wobei sie das Material ionisieren, und erreichen den außen liegenden Myonendetektor.

¾ Welcher Teil des ATLAS-Detektors wird in deinem Video-Ausschnitt vorgestellt?

¾ Zeichne in der Grafik rechts ein, wo sich diese Detektorkomponente befindet:

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HINWEISE

LÖ S U N G F Ü R A R B E I T S B L AT T 1 /G R U P P E 3 : MYO N E N KA M M E R N

1. Welche Teilchensorte(n) weist man mit diesem Teil des Detektors nach? ¨ Elektronen ¨ Myonen ¨ Neutrinos¨ Protonen ¨ Photonen ¨ Neutronen

¨ alle elektrisch geladenen Teilchen ¨ alle Hadronen¨ alle elektrisch neutralen Teilchen ¨ alle Leptonen

2. Was geschieht, wenn diese Teilchensorten mit dem Detektor-Material wechselwirken?

¨ Sie ionisieren Atome, d.h. sie setzen Elektronen frei. ¨ Sie erzeugen Photonen.¨ Sie wechselwirken mit den Atomkernen und erzeugen Teilchenschauer aus Hadronen. ¨ Sie erzeugen Teilchenschauer aus Elektronen, Positronen und Photonen.

3. Die freigesetzten Elektronen erzeugen elektrische Signale.

4. Welche physikalische(n) Größe(n) bestimmt man mit diesem Teil des Detektors?

¨ Energie des ursprünglichen Teilchens ¨ Impuls des Teilchens¨ elektrische Ladung des Teilchens ¨ Spur des Teilchens

5. Woraus besteht dieser Teil von ATLAS? ¨ Silizium ¨ flüssiges Argon ¨ Gas in Driftröhren ¨ Blei ¨ Stahl ¨ Szintillatoren

6. Beschreibe kurz in eigenen Worten, was in der Detektor-Komponente geschieht:

Myonen ionisieren das Gas in Driftröhren. Die getrennten Elektronen und Ionen driften zur Mitte bzw. zum Rand

der Röhren. Aus der Driftzeit bestimmt man den Ort, an dem das Myon die Röhre durchflog. Aus den Signalen

vieler Röhren kann seine Spur bestimmt werden.

LÖSUNG

ATLAS- DETEKTOR

Die Myonenkammern (Myonendetektor, Myonen-Spektrometer)

¾ Welcher Teil des ATLAS-Detektors wird in deinem Video-Ausschnitt vorgestellt?

¾ Zeichne in der Grafik rechts ein, wo sich diese Detektorkomponente befindet:

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HINWEISE

LÖ S U N G F Ü R A R B E I T S B L AT T 2

¾ Wieso besteht ATLAS aus mehreren Detektorkomponenten?

• Jede Detektorkomponente kann nur einen Teil der Eigenschaften (Energie, Impuls) von bestimmten Teilchen mes-sen. Um alle Teilchen vollständig nachzuweisen, benötigt man demnach verschiedene Detektorkomponenten.

• Außerdem erzeugen verschiedene Teilchen (z.B. Myon und Elektron) in einer Detektorkomponente (z.B. Pixel-detektor) ähnliche Signale, sind also nicht eindeutig unterscheidbar. Erst durch die Kombination dieser Messung mit den Ergebnissen anderer Detektorkomponenten können die Teilchen eindeutig identifiziert werden.

¾ Einige Detektorkomponenten liegen in einem Magnetfeld. Warum? • Im Magnetfeld werden elektrisch geladene Teilchen abgelenkt. Anhand der Krümmung der Spur lassen sich der Impuls und die elektrische Ladung des Teilchen bestimmen.

¾ Die Spulen der Elektromagneten sind supraleitend. Warum ist das notwendig? • Um die sehr schnellen Teilchen auf eine gekrümmte Bahn zu lenken, sind starke Magnetfelder in einem großen Volumen nötig. Um diese zu erzeugen, werden sehr hohe Stromstärken benötigt. In normalen Magnetspulen würden die hohen Stromstärken wegen des elektrischen Widerstands zu großem Leistungsverlust und starker Erhitzung führen. Um das zu vermeiden, verwendet man supraleitende Spulen: Diese verlieren unterhalb einer bestimmten Temperatur jeden elektrischen Widerstand.

A

B

C

D

E

LÖSUNG

ATLAS- DETEKTOR

Myonenkammern (auch: Myonendetektor, Myon-Spektrometer)

Übergangsstrahlungsdetektor

Elektromagnetisches Kalorimeter

Hadronisches Kalorimeter

?

* Im Video werden zwei Detektorteile vorgestellt – der Pixel- und der Streifendetektor. Beide werden als Halbleiter-Spurdetektor(en) be-zeichnet, da beide die Spuren von Teilchen mithilfe von Siliziumkristallen messen. Nur die Anordnung des Siliziums ist unterschiedlich. Daher beschreibt der Film nur eine der beiden Detektorkomponenten im Detail.

Halbleiter-Spurdetektoren (Pixel- und Streifendetektor)* E

D

C

B

A

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HINWEISE

LÖ S U N G F Ü R A R B E I T S B L AT T 3

1a. Halbleiter-Spurdetektoren

Nachgewiesene Teilchen:

alle elektrisch geladenen Teilchen

Physikalische Größe(n): Spur, elektrische Ladung, Impuls

Beschreibung des Prozesses: Elektrisch geladene

Teilchen ionisieren die Atome im Siliziumkristall. Die frei-

gesetzten Elektronen wandern zu Lötkugeln unter dem

Kristall. Die stromdurchflossenen Kugeln zeigen an, wo das

ursprüngliche Teilchen entlang flog.

2a. Elektromagnetisches Kalorimeter

Nachgewiesene Teilchen:

Elektronen, Positronen und Photonen

Physikalische Größe(n): Energie

Beschreibung des Prozesses: Elektronen, Posi-

tronen und Photonen erzeugen in Blei- und Stahlschich-

ten Teilchenschauer, die wiederum aus all diesen Teil-

chensorten bestehen. Die Sekundärteilchen ionisieren

flüssiges Argon. Die freigesetzten Ladungen wandern

zu Elektroden. Aus der insgesamt gemessenen Ladung

berechnet man die Energie des ursprünglichen Teilchens.

2b. Hadronisches Kalorimeter

Nachgewiesene Teilchen:

alle Hadronen

Physikalische Größe(n): Energie

Beschreibung des Prozesses: Hadronen erzeugen in

Stahlschichten Teilchenschauer, die wiederum aus

Hadronen bestehen. In Szintillator-Schichten erzeu-

gen diese Teilchen Photonen. Deren Intensität wird

gemessen; daraus berechnet man die Energie des

ursprünglichen Teilchens.

3. Myonenkammern

Nachgewiesene Teilchen:

Myonen und Antimyonen

Physikalische Größe(n): Spur, elektrische Ladung, Impuls

Beschreibung des Prozesses: Myonen ionisieren Gas

in Driftröhren. Die freigesetzten Elektronen driften zur

Mitte der Röhren. Aus der Driftzeit berechnet man, an

welchem Ort das Myon die Röhre durchflog. Aus den

Signalen vieler Röhren kann seine Spur bestimmt werden.

LÖSUNG

ATLAS- DETEKTOR

1b. Übergangsstrahlungsdetektor

Nachgewiesene Teilchen:

hauptsächlich Elektronen und Positronen

Physikalische Größe(n): Spur, elektrische Ladung, Impuls

Beschreibung des Prozesses: Sehr schnelle elektrisch ge-

ladene Teilchen erzeugen im Detektormaterial Photonen.

Das ursprüngliche Teilchen und die Photonen setzen Elek-

tronen frei. Deren Ladung wird gemessen.

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HINWEISE

LÖ S U N G F Ü R A R B E I T S B L AT T 4

LÖSUNG

ATLAS- DETEKTOR

¾ Warum kann der ATLAS-Detektor Neutrinos nicht direkt nachweisen?Neutrinos tragen weder eine elektrische noch eine starke Ladung. Sie wechselwirken also so gut wie nie mit dem Detektormaterial: Sie ionisieren es nicht, sie erzeugen keine Photonen (Szintillation) und lösen auch keine Teilchenschauer aus. Neutrinos tragen nur eine schwache Ladung; rein schwache Wechselwirkungen finden aber nur äußerst selten statt. Beispielsweise wechselwirkt nur eines von etwa 1 000 000 000 Neutrinos, die uns aus der Sonne erreichen, mit einem Teilchen der Erde. Um also ab und zu ein Neutrino direkt nachzuweisen, benötigt man ein möglichst großes Detektorvolumen aus einem sehr dichten Material. Beispiele für Neutrinodetektoren sind IceCube und OPERA.

¾ Wie weisen Forscher Neutrinos mit dem ATLAS-Detektor indirekt nach?Die Teilchen, die bei Kollisionen im LHC entstehen, müssen die Energie- und Impulserhaltung erfüllen. Das heißt, die Impulse der Teilchen (genauer: die Impulskomponenten senkrecht zum Strahlrohr) müssen sich insgesamt zu Null addieren; ebenso muss die Summe der Teilchenenergien über alle Richtungen addiert Null sein. Es gibt keinen Grund, warum eine Richtung speziell ausgezeichnet sein sollte.Wenn nun die Kalorimeter in einer Richtung weniger Energie messen als in anderen, ist das ein Hinweis darauf, dass ein Neutrino durch den Detektor flog und die fehlende Energie forttrug.

¾ Warum hinterlassen instabile Teilchen wie das Higgs-Boson oder W- und Z-Bosonen keine Spuren im Detektor? Higgs-Bosonen existieren nur etwa 10-22 s, W- und Z-Bosonen sogar nur etwa 10-25 s. In dieser winzigen Zeit-spanne gelangen sie nicht aus dem Strahlrohr hinaus in den Detektor.

¾ Wie weisen Forscher diese Teilchen nach?Instabile Teilchen wie das Higgs-Boson wandeln sich nach ihrer Entstehung spontan in leichtere Teilchen um – man spricht von einem „Zerfall“. Welche Teilchen hierbei entstehen können, lässt sich voraussagen: Beispiels-weise muss jede Ladung des ursprünglichen Teilchens der Summe der jeweiligen Ladungen der Teilchen nach dem Zerfall entsprechen. Um kurzlebige Teilchen nachzuweisen, suchen Physiker also nach bestimmten Teilchen-kombinationen, die auf einen Zerfall des gesuchten Teilchens hinweisen.

?

¾ Zeichne in die Grafik ein, in welchen Detektorschichten die links angegebenen Teilchensorten Signale hinterlassen.

* Myonen geben in den Kalorimetern einen Teil ihrer Energie ab. Allerdings verursachen sie dabei keine Teilchenschauer, wie die anderen Teilchensorten es tun, sondern ionisieren das Detektormaterial.

Elektromagnetisches Kalorimeter

Hadronisches Kalorimeter

Myonen-kammern

el. geladenes Hadron

Teilchen hinterlässt keine Signale

Teilchenspur (durch Ionisation oder Erzeugung von Photonen)

Photon

Elektron, Positron

el. neutrales Hadron

Myon, Antimyon*

Energieabgabe (Teilchenschauer)

Neutrino

Innere Spurdetektoren

Halbleiter-Detektor,Übergangsstrahlungs-Detektor

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HINWEISE

Hier finden Sie das vollständige Skript zum Film „ATLAS Episode II – die Teilchen schlagen zurück“. Angegeben sind die Namen der geschnittenen Filmsequenzen sowie die Zeitmarker innerhalb des Originalvideos.

[ATLAS_Intro]: Einführung (0:00-3:35)

In einem 27 km langen Tunnel tief unter dem CERN-Labo-ratorium wurde der 7 Stockwerke hohe ATLAS-Detektor gebaut. Er erlaubt den Wissenschaftlern, die Bedingun-gen im frühen Universum zu erforschen. Schauen wir uns an, wie ATLAS funktioniert. Bei Teil-chenkollisionen im Zentrum des Detektors entstehen verschiedene Typen von Teilchen, die danach den ATLAS-Detektor durchqueren. Der Detektor besteht aus vielen Komponenten. Jede soll einen anderen Teilchentyp nach-weisen. Die inneren Komponenten messen die Spuren geladener Teilchen, die vom Magnetfeld eines dünnen supraleitenden Solenoid-Magneten gekrümmt werden. Weiter außerhalb messen zwei Kalorimeter die Energien der Teilchen. Schließlich misst das Myon-Spektrometer die Spuren von Myonen, die im Feld der supraleitenden Toroid-Magneten abgelenkt werden. Und so weist ATLAS die verschiedenen Teilchenarten nach: Ein Elektron durchfliegt den inneren Detektor und hinterlässt eine Spur, bevor es im elektromagnetischen Kalorimeter absorbiert wird. Ein Photon verhält sich ähn-lich, hinterlässt jedoch keine Spur. Ein Proton erzeugt eine Spur und wechselwirkt hauptsächlich im Hadron-Kalori-meter. Ein Neutron verhält sich ähnlich, hinterlässt jedoch keine Spur. Ein Myon durchquert den gesamten ATLAS-Detektor und hinterlässt eine Spur. Ein Neutrino schließ-lich durchfliegt den gesamten ATLAS-Detektor, ohne eine Spur zu hinterlassen. Viele Milliarden Protonen fliegen fast mit LIchtgeschwin-digkeit aus entgegengesetzten Richtungen aufeinander zu. Wenn zwei Protonen kollidieren, entstehen aus der Kollisionsenergie Hunderte neue Teilchen. Solche Kollisio-nen geschehen eine Milliarde mal pro Sekunde.

[ATLAS_1a]: Halbleiter-Spurdetektoren (3:35-6:38)

Der Innendetektor von ATLAS misst die Spuren gelade-ner Teilchen. Er besteht aus dem Übergangsstrahlungs-detektor, dem Halbleiter-Detektor sowie ganz innen dem Pixeldetektor. Jetzt zoomen wir in den Halbleiter- und den Pixeldetek-tor. Beide sind aus mehreren tausend Modulen aufgebaut und weisen die in der Kollision erzeugten Teilchen nach. Der Halbleiterdetektor und der Pixeldetektor funktionie-ren ganz ähnlich. Schauen wir uns an, wie der Pixeldetektor arbeitet und betrachten eines der elektronischen Module im Detail. Die dünne obere Siliziumstruktur ist mit der unteren Elektro-nikstruktur durch ein ausgedehntes Raster aus Lötkugeln verbunden. Wir wollen jetzt sehen, was im Silizium geschieht, wenn es von einem geladenen Teilchen durchquert wird. Dazu

zoomen wir bis auf die Größe der Moleküle hinunter. Ein geladenes Teilchen setzt im Silizium Elektronen frei. Die-se Elektronen bewegen sich zur Unterseite des Streifens und erzeugen einen elektrischen Strom, der durch eine oder mehrere Kugeln fließt. Die stromdurchflossene Kugel zeigt den Ort des Teilchendurchgangs an. Das Signal wird in binäre Zahlen umgewandelt, die gespeichert und von den Wissenschaftlern analysiert werden. Mit seinem Innendetektor misst ATLAS die Spuren gela-dener Teilchen, die vom Magnetfeld gekrümmt werden. Aus dieser Krümmung berechnet man die Impulse der geladenen Teilchen.

[ATLAS_1b]: Übergangsstrahlungsdetektor (6:38-7:50)

Der Innendetektor von ATLAS misst die Spuren gelade-ner Teilchen. Er besteht aus dem Übergangsstrahlungs-detektor, dem Halbleiter-Detektor sowie ganz innen dem Pixeldetektor. Sehen wir uns jetzt den Übergangsstrahlungsdetektor an, der sich an die Siliziumdetektoren anschließt. Dieser Detektor erlaubt es, verschiedene Arten von Teilchen zu unterscheiden. Er besteht aus einer Vielzahl gasgefüllter Röhren. Sobald ein geladenes Teilchen das Material zwi-schen den Röhren durchfliegt, werden Photonen erzeugt. Betrachten wir den Unterschied zwischen Pionen und Elektronen. Ein Pion ionisiert das Gas in der Röhre und wird von abgestrahlten Photonen begleitet. Diese wech-selwirken mit den Gasmolekülen und setzen weitere Elek-tronen frei, die zu einem Golddraht in der Mitte der Röh-re driften, wo sie registriert werden. Ein Elektron strahlt wesentlich mehr Photonen ab als ein Pion. Deshalb wird auf dem Draht mehr negative Ladung gemessen. Diese Messung erlaubt es dem ATLAS-Detektor zwischen ver-schiedenen Arten von Teilchen zu unterscheiden.Mit seinem Innendetektor misst ATLAS die Spuren gela-dener Teilchen, die vom Magnetfeld gekrümmt werden. Aus dieser Krümmung berechnet man die Impulse der geladenen Teilchen.

INFOINFO

ATLAS- DETEKTOR

DER ATL AS-DETEKTORS K R I P T Z U M F I L M

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HINWEISE

[ATLAS_2a]: Elektromagnetisches Kalorimeter (7:50-9:40)

ATLAS verfügt außerdem über Detektoren, die die Energie neutraler und geladener Teilchen messen. Sie werden Ka-lorimeter genannt. Das elektromagnetische Kalorimeter misst hauptsächlich die Energie von Elektronen und Pho-tonen. Seine akkordeonartige Struktur besteht aus vielen Lagen von Blei und Edelstahl, die die Teilchen absorbie-ren. Dazwischen befindet sich flüssiges Argon mit einer Temperatur von -180 Grad. Im flüssigen Argon befindet sich eine Kupferstruktur, die als Elektrode dient und die durchgehenden Teilchen nachweist. Wir verfolgen jetzt ein hochenergetisches Elektron durch das elektromagne-tische Kalorimeter. Sobald das Elektron auf die Absorber trifft, wechselwirkt es mit dem Material und erzeugt einen Schauer niederenergetischer Elektronen, Positronen und Photonen. So durchquert ein hochenergetisches Elektron mehrere Absorberlagen und erzeugt einen großen Schau-er, der am Ende erlischt. Dieser Schauer niederenerge-tischer Teilchen gelangt in das flüssige Argon, ionisiert dessen Atome und erzeugt dabei immer mehr negative Elektronen und positive Ionen. Die negative Ladung wan-dert zu den Kupferelektroden und wird dort nachgewie-sen. Die auf den Elektroden deponierte Ladungsmenge erlaubt es, die Energie zu messen, die das ursprüngliche Elektron oder Photon besaßen, als sie das elektromagne-tische Kalorimeter erreichten.

[ATLAS_2b]: Hadronisches Kalorimeter (9:40-11:10)

Jetzt sehen wir das große äußere Kalorimeter, das Hadron-Kalorimeter. Es bestimmt die Energien von sogenannten Hadronen, zu denen Neutronen, Protonen und Mesonen gehören. Es besteht abwechselnd aus Stahl und Szintilla-torplatten, die in Paketen angeordnet sind. Ein Szintillator ist ein Material, das Photonen aussendet, wenn es von einem geladenen Teilchen getroffen wird. Wenn ein hoch-energetisches Hadron, wie zum Beispiel ein Proton, die Stahlplatten durchquert, wechselwirkt es mit den Atom-kernen. Diese Kernreaktionen führen zur Erzeugung vieler neuer Teilchen, die ihrerseits weitere Wechselwirkungen verursachen. So entstehen ausgedehnte Teilchenschauer. Diese Teilchenschauer erreichen danach den Szintillator und bringen ihn zum Leuchten. Lange Glasfasern trans-portieren die Photonen dann zu Sensoren, die die Licht-intensität messen und in einen elektrischen Impuls ver-wandeln. Aus der Intensität schließt man auf die Energie des hochenergetischen Hadrons im Kalorimeter.

[ATLAS_3]: Myonenkammern (11:10-12:20)

Myonen jedoch durchfliegen die Kalorimeter fast ungehin-dert und gelangen so in den äußersten Teil von ATLAS, den Myonendetektor. Die ATLAS-Myonenkammern ha-ben die Fläche mehrerer Fußballfelder. Ein Segment einer Myonenkammer besteht aus vielen gasgefüllten Röhr-chen. Wenn ein Myon diese Röhren durchfliegt, hinter-lässt es eine Spur elektrisch geladener Ionen und Elek-tronen, die zum Rand bzw. zur Mitte der Röhre driften. Die Kreise zeigen den Ausgangspunkt dieser Drift in den Röhren. Aus der Driftzeit dieser Ladungen bestimmt man den Ort, an dem das Myon die Röhre durchflogen hat.

S K R I P T Z U M F I L M

INFOINFO

ATLAS- DETEKTOR

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HINWEISE

INHALT

1. Was ist der ATLAS-Detektor? 50

2. Wie ist der ATLAS-Detektor aufgebaut? 50

3. Wie werden Teilchen im ATLAS-Detektor nachgewiesen? 50

4. Was ist ein Spurdetektor? 51

5. Wie funktionieren die Halbleiter-Spurdetektoren? 51

6. Wie funktioniert der Übergangsstrahlungsdetektor? 51

7. Was ist ein Kalorimeter? 51

8. Wie funktioniert das elektromagnetische Kalorimeter? 52

9. Wie funktioniert das hadronische Kalorimeter? 52

10. Wie funktionieren die Myonenkammern? 52

11. Wie weist ATLAS verschiedene Teilchensorten nach? 52

DER ATL AS-DETEKTORH I N T E R G R U N D I N F O R M A T I O N E N

INFO

ATLAS- DETEKTOR

1. Was ist der ATLAS-Detektor?ATLAS steht als Abkürzung für A Toroidal LHC ApparatuS und bezeichnet einen der vier Detektoren des Teilchenbeschleu-nigers LHC am internationalen Forschungszentrum CERN in Genf. Mit einer Länge von 45 m und einen Durchmesser von 22 m ist der 7000 t schwere, zylinderförmige ATLAS-Detektor das größte Experiment des LHC. Mit diesem Detektor werden Teilchen nachgewiesen, die bei der Kollision von Protonen oder Blei-Ionen entstehen.

2. Wie ist der ATLAS-Detektor aufgebaut? Wie die meisten Detektoren in Beschleuniger-Experimenten besitzt ATLAS eine zwiebelschalenartige Struktur; der Kolli-sionspunkt in der Mitte des Detektors ist schalenförmig von mehreren Detektorschichten umgeben. Die innenliegenden Detektoren messen die Spuren von elektrisch geladenen Teilchen und werden daher allgemein Spurdetektoren genannt. Zu ihnen gehören die Halbleiter-Spurdetektoren (Pixel- und Streifendetektor) und der Über-gangsstrahlungsdetektor. Die nächsten Schichten sind das elektromagnetische Kalori-meter und das hadronische Kalorimeter. Diese messen die Energien von Teilchen.Die äußerste Lage bildet der Myonendetektor (auch: Myonen-kammern), der die Spuren von Myonen misst.ATLAS ist von den Spulen supraleitender Magnete durchzo-gen, welche in den inneren Spurdetektoren und dem Myonen-detektor Magnetfelder zwischen 0,5 und 2 Tesla erzeugen.

3. Wie werden Teilchen im ATLAS-Detektor nachge- wiesen? Wenn sich ein energiereiches Teilchen durch das Detektor- material bewegt, können verschiedene primäre Wechselwir-kungen stattfinden: Das Teilchen kann Atome ionisieren, Pho-tonen freisetzen oder Teilchenschauer auslösen (s. Abb. 1).Diese Wechselwirkungen sind je nach Teilchensorte und Detektorart verschieden. So lassen sich Teilchensorten von-einander unterscheiden (s. auch Frage 11 und die zugehörige Präsentation, Folie 10-12).Bei den genannten Prozessen werden Sekundärteilchen frei. die anschließend elektrische Signale erzeugen. Diese können durch zwei Prozesse entstehen: Die Sekundärteilchen können Atome ionisieren. Die getrenn-ten Ladungen werden weitergeleitet; die Stromstärke oder die Ladung wird gemessen. Andererseits können die Sekundärteilchen Photonen erzeugen (Szintillation). Diese werden durch Glasfasern geleitet und in Photomultipliern vervielfacht. Ihre Intensität wird gemessen und in elektrische Impulse umgewandelt. Die elektrischen Signale werden anschließend mithilfe von Computern ausgewertet. So lassen sich die Eigenschaften der ursprünglichen Teilchen rekonstruieren.

▸ Abb. 1: Wechselwirkungen im Detektormaterial:Elektrisch geladene Teilchen erzeugen im Halbleiter-Detektor Elektron-Ion-Paare (links).Elektrisch geladene Teilchen erzeugen im Übergangsstrahlungs-Detektor Photonen (Mitte)Energiereiche Teilchen erzeugen in den Kalorimetern Schauer aus niederenergetischen Teilchen (rechts).

© A

TLAS

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51

HINWEISE

H I N T E R G R U N D I N F O R M A T I O N E N

INFOINFO

ATLAS-DETEKTOR

4. Was ist ein Spurdetektor?Mit Spurdetektoren bestimmt man die Spuren von elektrisch geladenen Teilchen. Dazu werden die Punkte bestimmt, an de-nen das Teilchen den Detektor durchquert. Aus vielen Mess-punkten kann die Spur rekonstruiert werden.Im ATLAS-Detektor gibt es mehrere Spurdetektoren: Einerseits die inneren Spurdetektoren, die wiederum aus den Halbleiter-Spurdetektoren und dem Übergangsstrahlungsdetektor beste-hen, und andererseits die außen liegenden Myonenkammern. Die Spurdetektoren befinden sich in einem starken Magnet-feld, welches die geladenen Teilchen durch die Lorentzkraft auf eine gekrümmte Bahn zwingt. Aus der Richtung und Stärke der Spurkrümmung lässt sich der Impuls und die elektrische Ladung des Teilchens bestimmen.

5. Wie funktionieren die Halbleiter-Spurdetektoren? Die inneren zwei Detektorkomponenten von ATLAS bestehen aus Silizium und messen die Spuren von Teilchen. Daher wer-den beide auch als Halbleiter-Spurdetektoren bezeichnet. Beide Detektorschichten bestehen aus vielen kleinen Mo-dulen. Im Pixeldetektor ist das Silizium in Rechtecken, soge-nannten Pixeln, angeordnet; im Streifendetektor (im Film als „Halbleiterdetektor“ bezeichnet) sind es Streifen (s. Abb. 2). Der Pixeldetektor misst die Spur von Teilchen bis auf 14 µm genau, der Streifendetektor bis auf 17 µm. Beide Detektorschichten funktionieren sehr ähnlich: Wenn ein elektrisch geladenes Teilchen das Silizium durchquert, ionisiert es Atome. Die freigesetzten Elektronen werden von metalli-schen Kontakten angezogen und erzeugen dort einen elek- trischen Strom. Das Funktionsprinzip ist ähnlich wie das einer Digitalkamera: In beiden Fällen geben Teilchen Energie an ei-nen Halbleiter ab, was elektrische Signale erzeugt. Jedes Pixel bzw. jeder Streifen ist über eine Lötkugel elektrisch mit dem darunter liegenden Chip verbunden, welcher das elek-trische Signal in ein digitales Signal (eine Abfolge von Einsen und Nullen) umwandelt. Dieses Signal wird an einen Computer übertragen. Aus den einzelnen Signalen lässt sich die Spur des ursprünglichen Teilchens zusammensetzen.

6. Wie funktioniert der Übergangsstrahlungsdetektor?Die eigentliche Messung findet in Driftröhren statt. Dazwischen befindet sich eine Mischung aus Kohlendioxid und Polypropy-len. Wenn ein sehr schnelles elektrisch geladenes Teilchen eine Grenzfläche zwischen diesen Materialien durchquert, sendet es Photonen aus. Diese werden Übergangsstrahlung genannt. Sie setzen ihrerseits Elektronen frei (durch Compton-Streuung und den Photoeffekt). Die ursprünglichen Teilchen und die Elektronen ionisieren das Gas in den Driftröhren (eine Mischung aus Xenon, Kohlen-dioxid und Sauerstoff). Die freigesetzten Elektronen werden über einen Draht in der Mitte der Röhre abgeleitet und in ein digitales Signal umgewandelt. Die Driftzeit der Elektronen wird gemessen. So kann man den Ort, an dem das ursprüngliche Teilchen durch den Detektor flog, bis auf 170 µm genau be-stimmen. Aus den Messpunkten lässt sich die Spur des Teil-chens zusammensetzen. Eine weitere wichtige Aufgabe des Übergangsstrahlungs-detektors ist es, zwischen Elektronen bzw. Positronen und anderen elektrisch geladenen Teilchen zu unterscheiden: Nur Elektronen und Positronen sind schnell und leicht genug, um viele Photonen zu erzeugen — diese ionisieren entsprechend viele Gasatome und lösen ein starkes elektrisches Signal aus. Andere elektrisch geladene Teilchen sind massereicher und meist zu langsam, um genügend Photonen für ein messbares Signal zu erzeugen.

7. Was ist ein Kalorimeter?Mit Kalorimetern bestimmen Forscher die Energie von Teil-chen. Im Gegensatz zu Spurdetektoren, welche die hindurch-fliegenden Teilchen möglichst nicht beeinflussen sollen, geben Teilchen in Kalorimetern Energie ab bzw. werden vollständig absorbiert. Ein hochenergetisches Teilchen erzeugt in einem Absorber-material einen Schauer aus vielen Teilchen mit niedrigerer Energie. Diese Teilchen lösen durch Ionisation oder Szintilla-tion elektrische Signale in einem aktiven Material aus. Anhand der gemessenen Ladungsmenge bzw. Intensität lässt sich die Energie des ursprünglichen Teilchens berechnen.

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▸ Abb. 2: Ein Modul des Pixeldetektors (links) und des Streifendetek-tors (rechts) mit 1-Euro-Münze zum Größenvergleich

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▸ Abb. 3: Ausschnitt aus dem elektromagnetischen Kalorimeter mit Teilchenschauern (links) und geöffneter Schichtstruktur (rechts)

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HINWEISE

H I N T E R G R U N D I N F O R M A T I O N E N

INFOINFO

ATLAS- DETEKTOR

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El.-mag. Kalorimeter

Spur-detektoren

Myonen- kammern

geladenes Hadron

Teilchen hinterlässt keine Spur

Teilchenspur

Photon

Elektron, Positron

neutrales Hadron

Myon, Antimyon

Energieabgabe

Neutrino

Hadron. Kalorimeter

▸ Abb. 5: Signale unterschiedlicher Teilchen in den Schichten des ATLAS-Detektors

8. Wie funktioniert das elektromagnetische Kalori- meter?Elektronen, Positronen und Photonen werden in dieser Detek-torschicht absorbiert, d.h. sie geben ihre gesamte Energie ab. Massereichere Teilchen (Hadronen und Myonen) geben nur einen Teil ihrer Energie ab und fliegen weiter.Im elektromagnetischen Kalorimeter werden Schichten aus Blei und Stahl als Absorber verwendet. Darin erzeugen Elek-tronen, Positronen und Photonen einen Teilchenschauer, der wiederum aus all diesen Teilchensorten besteht. Die Schauerteilchen ionisieren Atome in flüssigem Argon (bei -183°C). Die freigesetzten Elektronen wandern zu Kupfer-elektroden und werden als elektrisches Signal registriert.Anhand der gemessenen Ladungsmenge lässt sich die Energie des ursprünglichen Teilchens berechnen.

9. Wie funktioniert das hadronische Kalorimeter?Auch im hadronischen Kalorimeter wird Stahl als Absorber verwendet. Energiereiche Hadronen erzeugen darin Teilchen-schauer aus einer Vielzahl niederenergetischer Hadronen. Diese Teilchen fliegen durch Szintillatoren; das sind Materia-lien, die Photonen aussenden, wenn ein elektrisch geladenes Teilchen hindurch fliegt. Anhand der gemessenen Intensität lässt sich die Energie des ursprünglichen Hadrons berechnen.

10. Wie funktionieren die Myonenkammern? In dieser Detektorschicht werden die Spuren von Myonen gemessen und daraus ihr Impuls berechnet. Myonen und Antimyonen sind die einzigen Teilchen, welche diese äußere Schicht des ATLAS-Detektors erreichen können und dort Spu-ren hinterlassen, ohne zuvor zu zerfallen oder in den Kalori- metern absorbiert zu werden. Neutrinos fliegen zwar auch durch alle Detektorschichten hindurch, hinterlassen jedoch keine Spuren. Die äußere Detektorschicht besteht aus vielen Kammern, wel-che wiederum gasgefüllte Röhren enthalten. Wenn ein Myon hindurchfliegt, ionisiert es das Gas in den Röhren (eine Argon-Kohlendioxid-Mischung). Wie auch im Übergangsstrahlungs-detektor werden die freigesetzten Elektronen an einem Draht in der Mitte der Röhre abgeleitet, wodurch sie ein elektrisches Signal erzeugen. Die Driftzeit wird gemessen, sodass der Ort bestimmt werden kann, an dem das ursprüngliche Teilchen durch den Detektor flog. Durch die Kombination der Signale vieler Driftröhren kann die Spur des Myons auf bis zu 50 μm genau gemessen werden.

▸ Abb. 4: Signalentstehung in einer Myonenkammer: Ionisation des Gases in den Driftröhren (links) und Rekonstruktion der Spur des Myons (rechts)

11. Wie unterscheidet ATLAS zwischen Teilchensorten?Die Komponenten des ATLAS-Detektors weisen jeweils nur bestimmte Teilchen nach. Nur die Kombination der Signale aus allen Detektorschichten ermöglicht es, zwischen Teilchen-sorten zu unterscheiden (s. Abb. 5).In den Halbleiter-Spurdetektoren und im Übergangsstrah-lungsdetektor hinterlassen alle elektrisch geladenen Teilchen Signale. Elektrisch neutrale Teilchen durchfliegen die Spur-detektoren, ohne ein Signal zu hinterlassen. Im elektromagnetischen Kalorimeter erzeugen Elektronen, Positronen und Photonen Teilchenschauer, die wiederum aus allen diesen Teilchensorten bestehen. Das ursprüngliche Teil-chen wird dabei absorbiert. Andere elektrisch geladene Teil-chen geben nur einen Teil ihrer Energie ab und bewegen sich weiter. Im hadronischen Kalorimeter wechselwirken Hadronen mit den Atomkernen und erzeugen Teilchenschauer, die wiederum aus Hadronen bestehen. Auch hier wird das ursprüngliche Teil-chen absorbiert. Myonen durchqueren als einzige Teilchen alle Detektorschich-ten, wobei sie das Material ionisieren, und werden im Myonen-detektor nachgewiesen. Kurzlebige Teilchen wie Tauonen, W-Bosonen oder das Higgs-Boson existieren nur so kurz, dass sie nicht aus dem Strahlrohr in den Detektor gelangen. In diesem Fall weist ATLAS ihre Zer-fallsprodukte nach. Neutrinos wechselwirken ausschließlich schwach und durch-queren den gesamten ATLAS-Detektor, ohne ein Signal zu hinterlassen. Jedoch können Neutrinos indirekt nachgewiesen werden: Die Teilchen, die bei Kollisionen im LHC entstehen, müssen die Energie- und Impulserhaltung erfüllen. Die Impul-se der Teilchen (eigentlich: die Impulskomponenten senkrecht zum Strahlrohr) müssen sich also insgesamt zu Null addie-ren; ebenso muss die Summe der Teilchenenergien über alle Richtungen addiert Null sein. Wenn die Kalorimeter in einer Richtung weniger Energie messen als in anderen, ist das ein Hinweis darauf, dass ein Neutrino durch den Detektor flog und die fehlende Energie forttrug.

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SCHIRMHERRSCHAFTPROJEKTLEITUNG KONTEXTMATERIALIEN COSMIC PROJEKT PARTNER

IMPRESSUM Herausgeber: Michael Kobel, Thomas Trefzger Autoren: Manuela Kuhar (verantwortlich), Fabian Kuger Redaktion: Martin Hawner, Carolin Schwerdt Layout und Grafiken: büro quer, www.buero-quer.de Projektleitung: Michael Kobel (Gesamtprojekt) Netzwerk Teilchenwelt | TU Dresden, Institut für Kern- und Teilchenphysik | www.teilchenwelt.de, [email protected] | Thomas Trefzger (Projekt Kontextmaterialien) Julius-Maximilians-Universität Würzburg | Lehrstuhl für Physik und ihre Didaktik Redaktionsschluss: November 2012 Lizenz und Nutzung: Creative Commons 2.0-by-nc-nd | Vervielfältigung und Weiterverbreitung des Inhalts ist bei Nennung der Quelle für Lehrzwecke ohne Rückfragen gestattet, sofern keine Veränderungen vorgenommen werden. Kommerzielle Nutzung, z.B. zu werblichen Zwecken oder in Lehrbüchern, ist ohne Rücksprache nicht gestattet. Es gilt das Impressum unter www.teilchenwelt.de/service/impressum .

SELBSTBAU E INER NEBELKAMMERT E I LC H E N S P U R E N S I C H T B A R M AC H E N

Eine Nebelkammer ist ein einfacher Detektor, in dem hindurchfliegende Teilchen sichtbare Spuren hinterlassen. Die hier beschriebene Bauart kann mit leicht zugänglichen Materialien selbst hergestellt werden.

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BAU E INER NEBELKAMMER H I N W E I S E F Ü R L E H R K RÄ F T E

INHALT

Didaktische Hinweise und Materialliste 54

Anleitung zum Selbstbau einer Nebelkammer 55

Methodische Anregungen, Ressourcen im Internet 56

Hintergrundinformationen: Funktionsweise der Nebelkammer und Teilchenspuren 57

Hintergrundinformationen: Kosmische Teilchen 58

Informationen über Trockeneis 59

KurzbeschreibungEine Nebelkammer ist ein einfacher Detektor, mit dem sich Spuren von hindurchfliegenden Teilchen sichtbar machen lassen. Es gibt viele Möglichkeiten, eine Nebelkammer zu bauen. Die hier beschriebene Variante kann mit leicht zu-gänglichen Materialien selbst hergestellt werden. Aufgrund des einfachen Aufbaus eignet sich das Experiment gut für die Durchführung in Kleingruppen.

Einordnung im UnterrichtDas Experiment passt zu einer Unterrichtssequenz über Astroteilchen- oder Teilchenphysik, ebenso wie zu den The-men Kernphysik oder Radioaktivität. Es bietet sich eine Überleitung zur historischen Entwicklung der Teilchen- und Astroteilchenphysik oder zu weiteren experimentellen Methoden an.

Mögliche LernzieleDie Jugendlichen…▸ wenden eine Methode zum Nachweis von Teilchen an.▸ identifizieren und beschreiben unterschiedliche Teilchenspuren.▸ erklären, wie Teilchenspuren in der Nebelkammer entstehen. ▸ erfahren, was kosmische Teilchen sind.

Zeitbedarf▸ Aufbau: 5–30 Minuten (je nach Vorbereitung)▸ Kühlung der Nebelkammer: 5–10 Minuten

▸ Beobachtung: Erste Spuren sind schon nach wenigen Minuten zu sehen. Für Beobachtungsaufträge (s. Seite 2) sollten zwischen 5 und 20 Minuten eingeplant werden. Die Funktionsdauer der Nebelkammer hängt von mehreren Faktoren ab, z.B. von der verwendeten Menge an Trockeneis und der Dicke des Filzes.

Materialien ▸ Kunststoff- oder Glasbox: Die Wände müssen durchsichtig sein. Ideal ist eine Seitenlänge von 10–30 cm und eine Höhe von 10–15 cm. Der Rand der Öffnung darf keine Vorsprünge aufweisen. Kleine Aquarien oder Terrarien sind gut geeignet, aber auch aus einem durchsichtigen Plastikbecher lässt sich eine Nebelkammer improvisieren.

▸ Metallplatte: Diese sollte etwas größer als die Öffnung der Plastikbox sein. Ihre Oberfläche sollte mattschwarz sein; ideal eignet sich eine eloxierte Platte. Steht keine schwarze Platte zur Verfügung, kann die Oberfläche mit matt-schwarzem Isolierband oder mit Stoff bedeckt werden.

▸ Styroporkiste: Diese sollte groß genug sein, um die Metallplatte hineinzulegen. Eine Höhe von 5 cm ist aus reichend. Gut eignet sich auch eine Holzkiste, die mit einer Schicht Styropor ausgekleidet wird.

▸ Filz: Dieser sollte nicht zu dünn sein (3–5 mm) und auf die Größe der Bodenfläche der durchsichtigen Box zuge-schnitten werden.

▸ 6–8 Magnete: Um den Filz am Boden der Box zu befestigen, eignen sich kleine Neodym-Magnete. Klebstoffe oder -streifen sind nicht geeignet, da sie üblicherweise alkohollöslich sind.

▸ Trockeneis: Um den Boden einer Styroporkiste von 20x15 cm2 Grundfläche zu bedecken, sind etwa 500 g Trocken-eis nötig. Damit kann die Nebelkammer mindestens eine halbe Stunde betrieben werden (s. Seite 3).

▸ Reiner Alkohol (100% Isopropanol) ▸ Knetmasse ▸ Schutzhandschuhe, Schutzbrille ▸ Taschenlampe

HINWEISE

NEBEL-KAMMER

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B AUA N L E I T U N G

1 KA M M E R VO R B E R E I T E NSchneide den Filz so zu, dass er den Boden der durchsichtigen Box be-deckt. Befestige ihn mit Magneten innen an der Oberseite der Box.

2 A L KO H O L E I N F Ü L L E N U N D KA M M E R A B D I C H T E N

Während des Umgangs mit reinem Alkohol Schutzbrille und Handschuhe tragen. Er reizt Haut und Schleimhäute. NICHT TRINKEN!

Tränke den Filz mit Alkohol (Isopropanol), bis er vollgesogen ist. Wenn du die Box leicht schräg hältst, sammelt sich der überschüssige Alkohol in einer Ecke, und du kannst ihn abtropfen lassen.Stelle dann die Box mit der Öffnung nach unten auf die Metallplatte und dichte den Spalt von außen mit Knetmasse ab.

3 KA M M E R AU F D E M T R O C K E N E I S P L ATZ I E R E N

Schutzbrille und Handschuhe nicht vergessen! Das Trockeneis hat eine Temperatur von -78 °C und kann Kälteverbrennungen verursachen.

Fülle eine Schicht Trockeneis in die Styroporkiste, so dass der Boden be-deckt ist. Setze die Metallplatte mit der durchsichtigen Box auf das Tro-ckeneis. Die Platte sollte überall auf dem Trockeneis aufliegen.

4 5–10 M I N U T E N WA RT E NIn dieser Zeit sollte der Versuchsaufbau nicht bewegt oder geöffnet werden. So wird verhindert, dass Luft hinein gelangt.

5 S P U R E N B EO B AC H T E NVerdunkele den Raum und beleuchte die Box mit der Taschenlampe von der Seite, so dass das untere Drittel nahe der Metallplatte erhellt ist. Wenn du feine Tröpfchen siehst, die in Richtung Boden fallen, ist die Nebelkammer bereit. Nun sollten mehrmals pro Minute feine weiße Spu-ren im Nebel zu erkennen sein.

P R O B L E M E?

„Ich sehe keine Spuren!“

▸ Abwarten. Es dauert 5–10 Minuten, bis die Kammer ausreichend abgekühlt ist.

▸ Ändere deinen Blickwinkel. Die Spuren sind nicht von jedem Ort aus gleich gut zu sehen.

▸ Achte darauf, dass der Raum dunkel ist und dass die Lampe hell genug und richtig platziert ist. Die Spuren sind am besten direkt über der Metallplatte zu sehen.

▸ Überprüfe, ob die ganze Metallplatte direkt auf dem Eis aufliegt. Nur so wird es in der Nebel-kammer kalt genug.

▸ Dichte die Kammer gut ab, so dass weder Luft hineinkommt noch Alkoholdampf entweicht.

▸ Füge mehr Alkohol hinzu, falls der Alkohol-vorrat im Filz nicht ausreichend war. Führe dazu alle Schritte der Bauanleitung noch einmal ab Punkt 2 durch.

„Ich sehe Wolken in der Kammer.“

▸ Das ist ein Hinweis auf eine undichte Stelle. Dichte die Kammer ab, warte einige Minuten und achte darauf, den Versuchsaufbau nicht zu bewegen.

BAU E INER NEBELKAMMERT E I LC H E N S P U R E N S I C H T B A R M AC H E N

M AT E R I A L L I ST E U N D B AU P L A N

1 Durchsichtige Kunststoff- oder Glasbox2 Filz und Magnete zum Befestigen3 Taschenlampe4 Schwarze Metallplatte5 Styroporkiste 6 Trockeneis

Außerdem benötigst du reinen Alkohol (100% Isopropanol), Knetmasse, Schutzhandschuhe und eine Schutzbrille.

Aus dem Weltall treffen ständig kosmische Teilchen auf die Erde. Obwohl jeden Tag unzählige Teilchen durch uns hindurch fliegen, können wir sie nicht spüren oder sehen. Eine Nebelkammer macht die kosmischen Teilchen sichtbar.

ANLEITUNG

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Entstehung der Teilchenspuren in Nebelkammern (englisch):www.nuffieldfoundation.org/practical-physics/alpha-particle-tracks (Erklärung)www.scienceinschool.org/repository/images/issue14cloud6_large.jpg (Comic)

Informationen zu kosmischen Teilchen:www.nmdb.eu/?q=node/282 (Einführung)www.weltderphysik.de/gebiet/astro/kosmische-strahlung (Einführungsartikel und Nachrichten)www.wissenschaft-online.de/astrowissen/lexdt.html (Lexikon zur Astrophysik)www.federmann.co.at/vfhess/Kapiteluebersicht.html (Geschichte der Entdeckung der kosmischen Strahlung)http://physik-begreifen-zeuthen.desy.de/angebote/kosmische_teilchen/index_ger.html (Experimente mit kosmischen Teilchen)

Mehr Links und Literaturtipps finden Sie unter www.teilchenwelt.de/material.

Es sind eine Reihe von Arbeitsaufträgen denkbar:

▸ Spuren beobachten: Die Jugendlichen können die verschiedenen Arten von Spuren aufzeichnen oder beschreiben.

▸ Spuren zählen: Die Jugendlichen können die Häufigkeiten verschiedener Spuren vergleichen. ▸ Spuren filmen: Sie können die Nebelkammer mit den Jugendlichen filmen. Es empfiehlt sich eine Hochgeschwindig- keitskamera, falls vorhanden. Aus dem Videomaterial lassen sich Standbildaufnahmen mit verschiedenen Teilchen- spuren gewinnen.

▸ Spuren identifizieren: Die beobachteten oder gefilmten Spuren können verschiedenen Teilchensorten zugeordnet werden. Dabei können die Infoblätter (S. 4 und 5) helfen.

▸ Spuren erzeugen: Stellt man ein radioaktives Präparat in die Kammer, sind deutlich mehr Spuren zu erkennen. An der Richtung der Spuren lässt sich unterscheiden, ob sie aus der radioaktiven Quelle kamen oder nicht. Dabei können Alpha- und Betateilchen unterschieden werden; Photonen (Gamma-Strahlung) hinterlassen keine sichtbaren Spuren in der Nebelkammer. Sie können jedoch Elektronen aus Atomen herauslösen, welche ihrerseits Spuren hinterlassen.

▸ Spuren beeinflussen: Sie können die Nebelkammer in ein starkes Magnetfeld einbringen (z.B. Helmholtzspulen) undmit den Jugendlichen diskutieren, was geschieht. In der Tat wird die Krümmung der Teilchenspuren kaum zu erken-nen sein, da die meisten beobachteten Teilchen viel energiereicher sind als diejenigen in Schulversuchen (Faden-strahl- oder Braunsche Röhre). Um die Krümmung sichtbar zu machen, müsste ein Magnetfeld mit einer Feldstärke von mehr als einem Tesla angelegt werden.

▸ Recherche: Bei der Beschäftigung mit der Nebelkammer können sich verschiedene Fragen ergeben, welche die Jugendlichen recherchieren und diskutieren können. Dabei können die unten angegebenen Links als Recherchegrundlage dienen. Die Infoblätter liefern auch einige Antworten.

• Wer hat die Nebelkammer erfunden und wozu? • Wie funktioniert eine Nebelkammer? Welche Arten von Nebelkammern gibt es? • Wie entstehen Spuren in der Nebelkammer? Warum sehen die Spuren verschieden aus? • Welche Entdeckungen wurden mit der Nebelkammer gemacht? • Woher kommen die Teilchen, die wir in der Nebelkammer sehen? • Warum können wir Myonen auf der Erdoberfläche beobachten, obwohl ihre Lebensdauer eigentlich zu kurz ist, um sie nach ihrer Entstehung zu erreichen? (Anknüpfung zur Relativitätstheorie)

• Aus welchen Teilchen besteht die primäre kosmische Strahlung? Woher kommen diese? • Wie und von wem wurde die kosmische Strahlung entdeckt? • Welche Bedeutung haben kosmische Teilchen für die aktuelle Forschung in der Astroteilchenphysik?

M E T H O D I S C H E A N R E G U N G E N

HINWEISE

NEBEL-KAMMER

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H I N T E R G R U N D I N F O R M A T I O N E N : T E I L C H E N S P U R E N

INFO

Welche Bedeutung hatte die Nebelkammer für die Astroteilchen- und Teilchenphysik?Die Nebelkammer war der erste Teilchendetektor, mit dem sich Spuren von Elementarteilchen sichtbar machen lie-ßen. Nebelkammern ermöglichten viele Erkenntnisse über Elementarteilchen. Erst in den 50er Jahren wurden Nebel-kammern nach und nach durch Blasenkammern ersetzt. Beispiele für wichtige Experimente mit Nebelkammern sind: ▸ Untersuchung der Reichweite von Alpha-Strahlung (L. Meitner, 1926)▸ Entdeckung des Positrons (C. Anderson, 1932)▸ Nachweis der Paarerzeugung und Paarvernichtung von Elektronen und Positronen (P. Blackett und G. Ochialini, 1933)▸ Entdeckung des Myons (C. Anderson und S. Neddermeyer, 1937)

▸ Einzelne gerade Spuren stammen von schnellen Teilchen mit ho-her Bewegungsenergie. Sie ionisieren die Alkoholmoleküle, ohne da-bei gestreut zu werden.

• Dünne Spuren deuten auf energiereiche Myonen, Elektronen oder ihre jeweiligen Antiteilchen hin.

• Dicke Spuren deuten auf ein massereicheres Teilchen hin, das mehr Ionen in seiner Umgebung erzeugt. In der Nähe der Erdober-fläche handelt es sich in den meisten Fällen um ein α-Teilchen (Heliumkern).

▸ Gekrümmte Spuren entstehen, wenn vergleichsweise langsame Teilchen an Atomkernen gestreut werden. Je langsamer das Teilchen ist, desto stärker ist die Spur gekrümmt.

• Es kann sich um Elektronen aus einem radioaktiven Betastrahler handeln.

• Energiereiche Photonen (z.B. Gamma- oder Röntgenstrahlung) hinterlassen selbst keine Spuren in einer Nebelkammer, jedoch können sie Elektronen mit geringer Energie freisetzen, sogenannte Photoelektronen.

▸ Deutlich geknickte Spuren treten auf, wenn ein Myon µ- in ein Elek-tron e- und zwei Neutrinos zerfällt. Letztere hinterlassen keine Spur in der Nebelkammer, weil sie elektrisch neutral sind und nur schwach mit anderen Teilchen wechselwirken. ©

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Wie funktioniert die Selbstbau-Nebelkammer?Der im Filz gespeicherte Alkohol verdunstet, bis die Luft im Innern der Kammer mit Alkoholdampf gesättigt ist. Ein Gasvolumen kann bei einer bestimmten Temperatur nur eine begrenzte Menge Flüssigkeit aufnehmen; je höher die Temperatur ist, desto mehr Flüssigkeit kann verdampfen und vom Gas gehalten werden.Das Trockeneis kühlt den unteren Teil der Kammer stark ab, sodass der Alkoholdampf in diesem Bereich wieder kon-densieren müsste. Da jedoch keine Kondensationskeime (z.B. kleine Staubpartikel oder Ionen) vorhanden sind, geht der Alkoholdampf in einen übersättigten Zustand über; das heißt, die Luft enthält mehr Alkoholdampf, als für diese Temperatur normal ist. Fliegt nun ein elektrisch geladenes Teilchen durch die übersättigte Schicht, erzeugt es zahlrei-che Ionen entlang der Flugbahn. An diesen Ionen kann der Alkoholdampf kondensieren, so dass sichtbare Spuren aus Alkoholtröpfchen entstehen.

Welche Teilchen kann man in der Nebelkammer beobachten?Die meisten beobachteten Teilchen sind Myonen, Elektronen und ihre jeweiligen Antiteilchen, die entstehen, wenn kosmische Teilchen auf die Erdatmosphäre treffen. Man sieht auch Alpha- und Betateilchen (also Heliumkerne und Elektronen bzw. Positronen), die von radioaktiven Bestandteilen der Luft in der Kammer ausgesandt wird. Die Herkunft und Art der Teilchen ist nicht immer eindeutig festzustellen.

Myon

α-Teilchen

Elektron

Elektron (z.B. aus Beta-Strahler)

Photoelektronen

Myon-Zerfall

e -

μ -

INFO

NEBEL-KAMMER

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Was sind kosmische Teilchen?Kosmische Teilchen stammen von Sternen, Galaxien und anderen Quellen im Weltall. Beispielsweise strömen Pro-tonen, Heliumkerne und Elektronen durch das Universum, sowie Neutrinos und Photonen. Diese Teilchen bezeichnet man auch als kosmische Strahlung.1 Ihre Energie reicht von etwa 109 Elektronenvolt (eV) bis hin zu etwa 1020 eV. Zum Vergleich: 1020 eV entspricht der Energie eines mit 90 km/h fliegenden Tennisballs! Der derzeit weltgrößte Teilchenbe-schleuniger, der LHC am CERN, beschleunigt Protonen nur auf eine zehnmillionenfach niedrigere Energie (maximal 1013 eV).

Die kosmischen Teilchen außerhalb der Erdatmosphäre nennt man „primäre kosmische Teilchen“. Wenn sie auf die Erdat-mosphäre treffen, wechselwirken sie früher oder später mit den Luftmolekülen, je nach Energie und Art des Teilchens. Dabei wird eine Vielzahl neuer Teilchen erzeugt, sogenannte sekundäre Teilchen. Auf der Erde kann man diese nachwei-sen und ihre Eigenschaften untersuchen. Am häufigsten be-obachtet man Myonen und Elektronen.

Weiterhin erreichen Photonen und Neutrinos aus dem Weltall die Erde. Diese tragen keine elektrische Ladung und hinter-lassen somit in Nebelkammern keine Spuren; jedoch kön-nen sie mit anderen Detektoren nachgewiesen werden. Ihre Eigenschaften verraten Forschern viel über die Struktur des Universums.

Wo entstehen kosmische Teilchen?Da elektrisch geladene kosmische Teilchen durch galaktische und intergalaktische Magnetfelder abgelenkt werden, können Wissenschaftler bei der Messung auf der Erde nicht mehr auf ihren genauen Ursprungsort schließen. Anhand der Energie, die ein Teilchen der primären kosmischen Strahlung besitzt, können Astroteilchenphysiker aber bestimmen, von welcher Art der wahrscheinlichste Ursprungsort ist.

Die Sonne ist die uns am nächsten gelegene Quelle kosmi-scher Teilchen. Sie sendet insbesondere Teilchen mit ver-gleichsweise niedriger Energie aus. Pulsare, Doppelsternsys-teme und die Druckwellen von Supernovae erzeugen und beschleunigen kosmische Teilchen innerhalb der Milchstraße auf höhere Energien. Sehr hochenergetische Teilchen stammen wahrscheinlich von Quellen außerhalb der Milchstraße.

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Welche Bedeutung haben kosmische Teilchen für die Astroteilchen- und Teilchenphysik?Bis in die 1950er Jahre wurden unter den Sekundärteilchen der kosmischen Strahlung viele bis dahin unbekannte Teilchen entdeckt, beispielsweise Myonen und Positronen sowie eine Vielzahl von Hadronen (aus Quarks bestehende Teilchen). Auch heute ist die kosmische Strahlung ein sehr aktives Forschungsgebiet. Noch ist nicht geklärt, woher energiereiche Teil-chen wirklich stammen und welche Beschleunigungsmechanismen ihnen die teilweise gewaltig hohen Energie verleihen. Als Quellen kommen beispielsweise aktive galaktische Kerne in Frage – massereiche schwarze Löcher im Zentrum von Galaxien.

Abb.1: Ein kosmisches Teilchen trifft auf die Erdatmo-sphäre und erzeugt einen Schauer aus neuen Teilchen.

Symbole:n: Neutron p: Proton π: Pionγ: Photon e: Elektronν: Neutrino μ: Myon

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NEBEL-KAMMER

1 Aus historischen Gründen werden manchmal auch nur die elektrisch geladenen Teilchen als kosmische Strahlung bezeichnet.

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Ist Trockeneis gefährlich?Trockeneis ist festes Kohlendioxid und als solches kein Gefahrstoff. Trotzdem müssen beim Umgang mit Trockeneis Vorsichtsmaßnahmen getroffen werden, um Verletzungen zu vermeiden:

▸ Schutzhandschuhe und Schutzbrille tragen! Trockeneis hat eine Temperatur von ca. -78 °C. Hautkontakt führt nach kurzer Zeit zu Kälteverbrennungen.

▸ Niemals in den Mund nehmen oder verschlucken! Die Ausdehnung von Trockeneis in gasförmiges Kohlendioxid kann im Körper zu tödlichen Verletzungen führen.

▸ Nur bei ausreichender Belüftung verwenden! Das freiwerdende CO2 kann in größeren Mengen zu Sauerstoff-

mangel führen. ▸ Nicht in fest verschlossenen Behältnissen aufbewahren! Diese können bersten.

I N F O R M A T I O N E N Z U T R O C K E N E I S

TROCKENEIS BESTELLEN:www.coditec.dewww.linde-gas.de

Wie wird Trockeneis geliefert?Der Versand erfolgt in Isolierboxen aus Styropor. Da Trockeneis bei Temperaturen von über -78 °C sublimiert, verflüch-tigt sich ein Teil der bestellten Menge während des Transports. Terminlieferungen können für den Versand vereinbart werden, um die Lagerungszeit und damit den Verlust von Trockeneis möglichst gering zu halten.

In welcher Form wird Trockeneis geliefert?Trockeneis gibt es in Form von Nuggets, Pellets, Platten oder Blöcken. Für die Nebelkammer sind Nuggets oder Pellets am besten geeignet.

Wie lagert man Trockeneis am besten?Am besten ist eine Styroporbox geeignet, wie sie auch bei der Lieferung von Trockeneis verwendet wird. Sie isoliert gut, ist aber nicht dicht verschlossen. Der Behälter sollte so wenig wie möglich geöffnet werden und darf nicht luftdicht versiegelt werden, da er sonst bersten kann. Lagerung von Trockeneis in Kühlschränken oder Gefriertruhen hat kaum Einfluss auf die Haltbarkeit, da die notwendi-gen Temperaturen von handelsüblichen Geräten nicht erreicht werden.

Wie viel Trockeneis benötige ich für eine Nebelkammer?Das hängt von der Größe der Styroporbox ab. Um den Boden einer Box mit einer Grundfläche von 20x15 cm2 mit Trockeneisnuggets zu bedecken, sind etwa 500 g Trockeneis nötig.

Wie schnell verflüchtigt sich Trockeneis?Trockeneis sublimiert rückstandslos vom festen direkt in den gasförmigen Zustand, wobei CO

2-Gas entsteht. Die

Herstellerangaben zur Sublimationsrate schwanken. Unsere Erfahrungen zeigen, dass 5 kg Trockeneis innerhalb von 24 Stunden etwa ein Drittel seiner Masse verliert, wenn es in einer verschlossenen Styroporbox gelagert wird.

Warum quietscht das Trockeneis beim Bau der Nebelkammer?Wenn die Metallplatte auf dem Trockeneis platziert wird, kann ein lautes Geräusch entstehen. Dies geschieht, weil das Trockeneis beim Kontakt mit der wärmeren Metallplatte schlagartig sublimiert; da die Metallplatte Druck auf die Gasbläschen ausübt, platzen diese, was das Geräusch verursacht.

Woher bekommt man Trockeneis?Sie können beim Chemischen Institut einer Universität anfragen, ob der Bezug einer kleinen Menge Trockeneis für Lehrzwecke möglich ist. Wenn es in Ihrer Nähe eine Fleischer-Genossenschaft gibt, könnten Sie auch dort fündig werden.Einige Firmen (Linde, Coditec etc.) bieten im Internet den Versand von Trockeneis an.

HINWEISE

NEBEL-KAMMER

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NOTIZEN

IHRE NOTIZEN

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SCHIRMHERRSCHAFTPROJEKTLEITUNG KONTEXTMATERIALIEN

weltphysikder

PARTNER

IMPRESSUM Herausgeber: Michael Kobel, Thomas Trefzger Autoren: Manuela Kuhar (verantwortlich), Fabian Kuger Redaktion: Kerstin Gedigk, Michael Kobel, Carmen Leuschel Layout und Grafiken: büro quer, www.buero-quer.de Projektleitung: Michael Kobel (Gesamtprojekt) Netzwerk Teilchenwelt | TU Dresden, Institut für Kern- und Teilchenphysik | www.teilchenwelt.de, [email protected] | Thomas Trefzger (Projekt Kontextmaterialien) Julius-Maximilians-Universität Würzburg | Lehrstuhl für Physik und ihre Didaktik Redaktionsschluss: März 2013 Lizenz und Nutzung: Creative Commons 2.0-by-nc-nd | Vervielfältigung und Weiterverbreitung des Inhalts ist bei Nennung der Quelle für Lehrzwecke ohne Rückfragen gestattet, sofern keine Veränderungen vorgenommen werden. Kommerzielle Nutzung, z.B. zu werblichen Zwecken oder in Lehrbüchern, ist ohne Rücksprache nicht gestattet. Es gilt das Impressum unter www.teilchenwelt.de/service/impressum .

TEILCHEN-STECKBRIEFEH I N W E I S E F Ü R L E H R K R Ä F T E

Die Elementarteilchen-Steckbriefe eignen sich zur Einführung und Systematisierung der Materie-, Antimaterie- und Austauschteilchen des Standardmodells der Teilchenphysik. In diesem Doku-ment sind Anregungen zu ihrer Verwendung zu finden.

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HINWEISE

ELE MENTARTEILCHEN-STECKBRIEFE H I N W E I S E Z U R V E R W E N D U N G

Up-artige Quarks Down-artige Quarks

Up-artige Antiquarks Down-artige Antiquarks

Elektrisch geladene Leptonen Elektrisch neutrale Leptonen (Neutrinos)

Photon Gluonen W- und Z-Bosonen

Higgs-Boson

UP-QUARKSN A C H W E I S : 1 9 6 9

Masse: 2 MeV/c2

Elektrische Ladung: + ²⁄3 Starke Ladung: blau, rot, grün Schwache Ladung: + ¹⁄²

Mittlere Lebensdauer: unbegrenzt

M A T E R I E T E I L C H E N

uu

u

POSITRONN A C H W E I S : 1 9 3 2

Masse: 0,511 MeV⁄c2

Elektrische Ladung: +1 Starke Ladung: – Schwache Ladung: +¹⁄²

Mittlere Lebensdauer: unbegrenzt

A N T I M A T E R I E T E I L C H E N

e+

PHOTONN A C H W E I S : 1 9 0 5

Masse: 0 Elektrische Ladung: 0 Starke Ladung: – Schwache Ladung: 0

Mittlere Lebensdauer: unbegrenzt

Reichweite: unbegrenzt

A U S T A U S C H T E I L C H E N

γ

KurzbeschreibungDie Elementarteilchen-Steckbriefe können im Unterricht oder in Teilchenphysik-Masterclasses verwendet werden, um die Materie-, Antimaterie- und Austauschteilchen des Standardmodells der Teilchenphysik einzuführen oder ihre Eigenschaften zu wiederholen. In diesem Dokument finden Sie didaktische und methodische Hinweise zur Verwendung der Steckbriefe. Weiterführende fachliche Informationen finden Sie im Dokument [Standardmodell_Infos]. Die Präsentation [Standardmodell_Folien] bietet zusammenfassende Grafiken und Erklärungen, sowie Anregungen für weite-re Aktivitäten. Im Dokument [Wechselwirkungen] finden Sie Arbeitsmaterialien speziell zu den vier Wechsel-wirkungen.

Die Steckbriefe sollten in Farbe auf kräftigem Papier ausgedruckt, ausgeschnitten und ggf. laminiert werden. Ein Satz Steckbriefe besteht aus 30 Karten: Je 12 Materie- und Antimaterieteilchen, 5 Austauschteilchen so-wie das Higgs-Boson. Die Symbole auf den Steckbriefen stellen die verschiedenen Teilchensorten dar (siehe unten). Anhand der Hintergrundfarben lassen sie sich in Gruppen einteilen: Bei Materieteilchen ist der Hin-tergrund hellgrau, bei Antimaterieteilchen dunkelblau und bei Austauschteilchen hellgrün. Das Higgs-Boson, das zu keiner dieser Gruppen gehört, hat einen violetten Hintergrund.

Es gibt zwei Versionen der Steckbriefe. Auf den Kärtchen der Kurzversion [Steckbriefe_kurz] sind lediglich die Masse und elektrische Ladung der Teilchen angegeben; die Langversion [Steckbriefe_lang] enthält au-ßerdem die starke und schwache Ladung, mittlere Lebensdauer und die Reichweite von Austauschteilchen.

STECK-BRIEFE

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HINWEISE

Einordnung im Unterricht • Die Einführung der Elementarteilchen bietet sich ab der 10. Klasse im Rahmen einer Unterrichtsreihe über Teilchen-physik an.

• Das Material kann zur Einführung der Elementarteilchen oder zur Wiederholung und Festigung eingesetzt werden. • Davor oder im Anschluss können die vier Wechselwirkungen eingeführt werden. Die Dokumente [Wechselwirkungen] und [Standardmodell_Folien] im gleichen Materialpaket bieten dafür Unterstützung.

• Das Thema kann an eine Unterrichtsreihe über Kernphysik oder Radioaktivität angeknüpft werden. • Im Anschluss bieten sich Unterrichtsstunden zum Nachweis von Teilchen mittels Detektoren an. Hierfür stehen Arbeitsmaterialien zur Verfügung: http://www.teilchenwelt.de/material/materialien-fuer-lehrkraefte

• Die anschließende Durchführung eines Teilchenphysik-Projekttages (Masterclass) ermöglicht es den Jugendlichen,ihr Wissen aktiv umzusetzen und einen Einblick in die moderne Teilchenphysik zu erhalten. Mehr Informationen finden Sie hier: http://www.teilchenwelt.de/angebote/masterclasses

VorkenntnisseAtomaufbau, Elektronen, elektrische Ladung, Aufbau von Protonen und Neutronen aus Quarks, Vorsilben (Kilo, Mega, Giga…), Elektronenvolt als Energie- und Masseeinheit.

ZieleDie Jugendlichen...

• … lernen die grundlegenden Eigenschaften von Elementarteilchen (Masse, Ladungen etc.) kennen.• … beschreiben Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen Elementarteilchen.• … erklären Unterschiede zwischen Quarks und Leptonen.• … beschreiben die Ordnung der Materieteilchen in drei Generationen.• … vergleichen die Eigenschaften von Materie- und Antimaterieteilchen.• … lernen die drei Ladungsarten (stark, schwach, elektrisch) kennen.• … lernen die Austauschteilchen der drei für die Teilchenphysik relevanten Wechselwirkungen kennen.

ZeitbedarfAbhängig von der verwendeten Methode und den Vorkenntnissen benötigen Sie 10 – 20 Minuten zur Erklärung und Durchführung. Danach sollte eine Auswertung erfolgen.

H I N W E I S E Z U R V E R W E N D U N G

Einführung in das Standardmodell der Teilchenphysik:http://particleadventure.org/germanhttp://kworkquark.desy.de/kennenlernen/modul.teilchen-und-kraefte/1/index.html

Themenheft zur Elementarteilchenphysik:L. Mathelitsch, S. Steurer: Elementarteilchen. ÖBV 2003; ISBN 978-3-209-03908-8

Schulbücher:B. Diehl et al.: Physik Oberstufe. Cornelsen Verlag 2008; ISBN 978-3060130061J. Grehn, J. Krause: Metzler Physik. Schroedel Verlag 2007; ISBN 978-3507107106

Higgs-Boson:http://www.weltmaschine.de/physik/higgshttp://www.weltderphysik.de/thema/higgs

Neutrinos:http://www.weltderphysik.de/gebiet/teilchen/bausteine/neutrinos

Mehr Links und Materialien finden Sie hier: www.teilchenwelt.de/material

STECK-BRIEFE

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HINWEISE

M E T H O D E 1 : T E I L C H E N S O R T I E R E N

▸ Beschreibung: Jeder Teilnehmer erhält einen Steckbrief. Für diese Methode kann das Higgs-Boson weggelassen werden, da es sich in keine Gruppe einordnen lässt. Der Arbeitsauftrag kann lauten: „Findet euch mit anderen Ele-mentarteilchen in sinnvollen Gruppen zusammen. Überlegt dann, welche Gemeinsamkeiten und Unterschiede die Teilchen haben. Gibt es eine Ordnung innerhalb eurer Gruppe?“

▸ Alternative: Die Jugendlichen arbeiten in Gruppen von 2-4 Teilnehmern. Jede Gruppe erhält einen Satz Steckbriefe. Der Arbeitsauftrag lautet sinngemäß: „Ordnet die Elementarteilchen in sinnvollen Gruppen an. Überlegt dann, welche Gemeinsamkeiten und Unterschiede die Teilchen haben. Gibt es eine Ordnung innerhalb der Gruppen?“ Der Fokus liegt hierbei mehr auf dem Gesamtüberblick als auf den einzelnen Eigenschaften der Teilchen. Es können konkurrierende Lösungen entstehen und diskutiert werden.

▸ Hinweise: Die Jugendlichen bilden weitgehend selbstständig Gruppen. Die Lehrkraft sollte nur bei Bedarf eingreifen: „Schau dir die Symbole / den Hintergrund an. Suche nach Elementarteilchen, die ähnliche Eigenschaften haben.“

▸ Auswertung: Die Jugendlichen erläutern, wie und warum sie bestimmte Gruppen gebildet haben. Dabei sollten Gemeinsamkeiten innerhalb der Gruppe und Unterschiede zu anderen Gruppen angesprochen werden, sowie die Ordnung innerhalb der Gruppe. Eine mögliche Reihenfolge wäre: Quarks, Leptonen, Antimaterie, Austauschteilchen.

Im folgenden finden Sie Anregungen für die Auswertung. Zur Zusammenfassung können Sie die Folien im Dokument [Standardmodell_Folien] verwenden. Weiterführende fachliche Informationen finden Sie in [Standardmodell_Infos].

Welchen Namen würdet ihr eurer Gruppe geben? Warum habt ihr eine Gruppe gebildet? • Wir sind alle Materieteilchen / Antimaterieteilchen / Quarks / Neutrinos / Austauschteilchen. • Wir haben die gleiche Hintergrundfarbe / das gleiche Symbol auf der Karte. • Wir haben die gleiche elektrische Ladung.

Welche Eigenschaft(en) haben die Teilchen in eurer Gruppe gemeinsam?

• elektrische Ladung – Quarks tragen eine drittelzahlige elektrische Ladung. Up-artige Quarks tragen eine Ladung von + 2⁄3, während down-artige Quarks eine Ladung von - 1⁄3 tragen.

– Leptonen tragen eine ganzzahlige elektrische Ladung. Neutrinos sind elektrisch neutral, und die elektrisch gela-denen Leptonen sind einfach negativ geladen.

– Unter den (Anti-)Materieteilchen sind nur die Neutrinos elektrisch neutral. – Drei Austauschteilchen sind elektrisch neutral (Photon, Gluon, Z-Boson), während die W-Bosonen eine elektri-sche Ladung tragen.

• Starke und schwache Ladung (s. Fragen 15 und 16 in der Datei [Standardmodell_Infos]): – Quarks tragen eine von drei starken Ladungen (auch Farbladungen genannt), d.h. sie unterliegen der starken Wechselwirkung. Bei der Kurzversion der Steckbriefe sind die starken Ladungen durch die verschiedenfarbigen Symbole dargestellt; bei der Langversion sind die Farbladungen explizit angegeben. Die Austauschteilchen der starken Wechselwirkung (Gluonen) tragen acht verschiedene Kombinationen aus Farbladungen.

– Materie- und Antimaterieteilchen tragen eine halbzahlige schwache Ladung. Austauschteilchen tragen entwe-der eine ganzzahlige schwache Ladung (W-Bosonen) oder keine (Photonen, Gluonen und Z-Bosonen).

• Masse – Neutrinos sind im Vergleich zu anderen Elementarteilchen sehr leicht. Aus experimentellen Daten lassen sich-lediglich Grenzen für ihre Masse angeben: Die Masse des Elektron-Neutrinos liegt zwischen 0,003 und 2 eV, diejenige von Myon- und Tau-Neutrinos zwischen 0,03 und 2 eV.

– Zwei Austauschteilchen besitzen keine Masse (Photon und Gluon), die restlichen sind sehr massereich (W- und Z-Bosonen). Die letzteren Austauschteilchen vermitteln die schwache Wechselwirkung, welche bei- spielsweise den Betazerfall und die Kernfusion ermöglicht (s. Fragen 12 und 16 in der Datei [Standardmodell_ Infos]).

M E T H O D I S C H E A N R E G U N G E NSTECK-BRIEFE

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HINWEISE

Was unterscheidet die Teilchen innerhalb einer Gruppe? Wie könnt ihr sie innerhalb der Gruppe sortie-ren?

• nach der elektrischen Ladung (siehe oben). • nach der Masse: Von jedem der leichtesten Teilchen (Up- und Down-Quark, Elektron) gibt es zwei schwerere „Ko-pien“, die sich nur durch ihre Masse voneinander unterscheiden. (s. Frage 7 in der Datei [Standardmodell_Infos]).

• ggf. nach dem Nachweisdatum. Hier könnte auffallen, dass massereichere Teilchen tendenziell später entdeckt wurden.

Was unterscheidet Quarks und Leptonen voneinander? (s. Fragen 5 und 6 in der Datei [Standardmodell_Infos]) • Leptonen haben eine ganzzahlige elektrische Ladung, Quarks eine drittelzahlige. • Leptonen tragen keine starke Ladung. Jede Quark-Sorte kann eine von drei starken Ladungen annehmen; Quarks unterliegen also der starken Wechselwirkung. (Leptonen kommen also einzeln vor, Quarks dagegen nicht.)

Was unterscheidet Neutrinos von anderen Materieteilchen? • Sie haben eine um mindestens fünf Größenordnungen geringere Masse als das nächstschwerere Elementarteil-chen (das Elektron) und tragen nur eine schwache Ladung. Deswegen sind sie experimentell schwierig nachweis-bar.

Was unterscheidet Materie und Antimaterie voneinander, was haben sie gemeinsam? • Ein Antimaterieteilchen trägt die gleiche Masse wie das entsprechende Materieteilchen, jedoch sind sämtliche Ladungen umgekehrt.

Schließlich können die Eigenschaften der Teilchen anhand von passenden Präsentationsfolien zusammengefasst wer-den, siehe Datei [Standardmodell_Folien.pdf]. Sie können auch leere Tabellen an der Tafel andeuten, in welche die Jugendlichen die Teilchen einordnen:

M E T H O D I S C H E A N R E G U N G E N

Materieteilchen Antimaterieteilchen Austauschteilchen

STECK-BRIEFE

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HINWEISE

M E T H O D E 2 : T R I T E T T - S P I E L

▸ Beschreibung: Hierbei handelt es sich um eine Abwandlung vom normalen Quartettspiel. Es eignet sich gut dafür, die Teilcheneigenschaften nach einer Einführung (z.B. mit Methode 1) zu festigen. Sie benötigen für das Spiel etwa 15-20 Minuten und einen Kartensatz (Langversion) pro 2-4 Spieler.

▸ Hinweise: Als Hilfestellung können Sie während des Spiels eine Übersichtsgrafik austeilen oder an die Wand proji-zieren: Diese finden Sie im Dokument [Standardmodell_Folien]. Da das Spiel lange dauern kann, sollte vorher eine Zeitbegrenzung (z.B. 15 Minuten) festgelegt werden.

▸ Regeln: • Bei 4 Spielern erhält jeder 6 Karten, bei 3 Spielern 7 Karten, bei 2 Spielern 9 Karten. • Ziel ist es, möglichst viele Dreiergruppen (Tritette) abzulegen. • Diese Dreiergruppen bestehen jeweils aus drei Teilchen mit dem gleichen Symbol. Die Gruppen sollten vorher mit den Jugendlichen definiert werden:

– Elektrisch geladene Leptonen (Kreise) – Neutrinos (Rauten) – Up-artige Quarks (Dreieck mit Spitze nach oben) – Down-artige Quarks (Dreieck mit Spitze nach oben) – Entsprechende Antiteilchen-Gruppen – Austauschteilchen der schwachen Wechselwirkung (W- und Z-Bosonen) – Das Photon, die Gluonen und das Higgs-Boson bleiben übrig. Da es keinen physikalischen Grund gibt, sie zu einer Gruppe zusammenzuschließen, sind sie „Schwarze Peter“. Alternativ kann man für diese Karten auch eigene Regeln erfinden.

• Um die Tritette zu sammeln, fragen die Spieler reihum ihren jeweils rechten Nachbarn nach einer fehlenden Karte. • Es dürfen nur Fragen nach den Teilcheneigenschaften gestellt werden, die im unteren Textfeld angegeben sind (Masse, Ladungen, Lebensdauer und Reichweite).

• Wenn der Gefragte eine passende Karte hat, muss er diese dem Fragenden geben; dieser muss die Karte nehmen, auch wenn er eine andere Karte wollte. Hierin liegt eine reizvolle Schwierigkeit des Spiels.

• Wenn der Gefragte keine passende Karte hat, zieht der Fragende eine Karte vom Stapel. • Wenn zu zweit gespielt wird, darf der Gefragte nicht dieselbe Karte zurückgeben, die er gerade bekommen hat. • Wer innerhalb einer bestimmten Zeit die meisten Tritette ablegen kann, hat gewonnen.

M E T H O D E 3 : V I E R - E C K E N - S P I E L

▸ Beschreibung: Dieses kurze Spiel eignet sich als Einführung zu Beginn einer Unterrichtssequenz zur Teilchenphysik, zur Wiederholung oder auch als Überleitung zu verwandten Themen.

Jeder Teilnehmer erhält einen Steckbrief. Die Lehrkraft gibt an, nach welchen Kriterien sich die Jugendlichen auf die Ecken des Raumes verteilen sollen, beispielsweise: • Materie, Antimaterie, Austauschteilchen• Leptonen, Quarks, Austauschteilchen • Elektrische Ladung (neutral, +1/-1, drittelzahlige Ladung)• Farbladung (trägt Farbe, Antifarbe oder keine Farbe).• schwache Ladung (halbzahlig/ganzzahlig).• Masse (m = 0; 0 < m < 20 MeV; 20 MeV < m < 1,5 GeV; m > 1,5 GeV)• 1./2./3. Generation (wenn diese vorher besprochen wurden)

Die Teilnehmer können sich auch in einer Reihe sortieren: • nach der Masse der Teilchen• nach dem Jahr ihrer Entdeckung.

▸ Auswertung: s. Methode 1. Wenn die Jugendlichen sich nach Masse und Entdeckungsjahr der Teilchen sortieren, sollte auffallen, dass massereichere Teilchen tendenziell später entdeckt wurden. Eine Überleitung zur modernen Forschung mit Teilchenbeschleunigern bietet sich an.

M E T H O D I S C H E A N R E G U N G E NSTECK-BRIEFE

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NOTIZEN

IHRE NOTIZEN

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NOTIZEN

IHRE NOTIZEN

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Impressum

Herausgeber: Netzwerk Teilchenwelt © Technische Universität DresdenAutoren: Alle Unterrichtsmaterialien wurden von einem Expertenteam, bestehend aus Didaktikern, Wissenschaftskommuni-katoren und Forschern, entwickelt, um eine hohe Klarheit, professionelle Richtigkeit und eine geeignete Wahl der Terminolo-gie zu gewährleisten.Design und Grafiken: büro quer, www.buero-quer.deSatz: Manuela Kuhar, Flora BrinckmannBildnachweis: Netzwerk Teilchenwelt (Titelbild) Projektleitung: Michael Kobel (Gesamtprojekt) Netzwerk Teilchenwelt | TU Dresden, Institut für Kern- und Teilchenphysik | www.teilchenwelt.de, [email protected]: November 2013Lizenz und Nutzung: Creative Commons 2.0-by-nc-nd | Vervielfältigung und Weiterverbreitung des Inhalts ist bei Nennung der Quelle für Lehrzwecke ohne Rückfragen gestattet, sofern keine Veränderungen vorgenommen werden. Kommerzielle Nutzung, z.B. zu werblichen Zwecken oder in Lehrbüchern, ist ohne Rücksprache nicht gestattet. Es gilt das Impressum unter www.teilchenwelt.de/service/impressum.