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Historiographie in der AntikeBeihefte zur Zeitschrift fr diealttestamentliche WissenschaftHerausgegeben vonJohn Barton Reinhard G. KratzChoon-Leong Seow Markus WitteBand 373Walter de Gruyter Berlin New YorkHistoriographie in der AntikeHerausgegeben vonKlaus-Peter AdamWalter de Gruyter Berlin New York Gedruckt auf surefreiem Papier,das die US-ANSI-Norm ber Haltbarkeit erfllt.ISBN 978-3-11-018890-5ISSN 0934-2575Bibliografische Information der Deutschen NationalbibliothekDie Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der DeutschenNationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internetber http://dnb.d-nb.de abrufbar. Copyright 2008 by Walter de Gruyter GmbH & Co. KG, 10785 BerlinDieses Werkeinschlielichaller seiner Teile ist urheberrechtlichgeschtzt. Jede Verwertungauerhalbder engenGrenzendesUrheberrechtsgesetzesist ohneZustimmungdesVerlagesunzulssigundstrafbar. Dasgilt insbesonderefr Vervielfltigungen, bersetzungen, Mikro-verfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.Printed in GermanyEinbandgestaltung: Christopher Schneider, BerlinVorwort ZeugnisseantikerHistoriographiehatdieForschungnichtnurin GriechenlandseitHerodotaufgefunden,sondern,umnureinigezu nennen,imAltenTestament,indergyptischenKnigsnovelle,in historischenOminaundKnigsinschriftenausMesopotamienund hethitischenVertragstexten.DieseGeschichtsberlieferungenwaren Gegenstand eines Gesprchs der Altertumswissenschaften zu Kultur-rumendeszweitenundbesondersdeserstenvorchristlichenJahr-tausends, das vom 3. bis 4. Juni 2005 an der Philipps-Universitt Mar-burg stattfand.AusderSichtderalttestamentlichenWissenschaftschlietdieses Anliegen an den Impuls zum Verstndnis antiker Historiographie vor einhundertJahrenan.DieEigenartalttestamentlicherGeschichtskon-zeptionen bestimmte der Historiker Eduard Meyer besonders im Ver-hltniszurgriechischenGeschichtsschreibung.Erkamzudem Schluss, diese sei aller damals bekannten altorientalischen Geschichts-schreibungberlegenundfindeihrAnalogoneinzigimgriechischen Kulturraum.DieseVerhltnisbestimmungmussalleindeshalbrevi-diertwerden,weilsieeinfralleKulturenalsgltigerachtetesEnt-wicklungsmodellderGeschichtsschreibungzugrundelegenwill,das alskulturgeschichtlicheWertungdensachadquatenBlickaufdie ZeugnisseantikerNachbarkulturenverstellt.Seitlangemhatsich aber nicht nur im Bereich der Literargeschichte biblischer Geschichts-erzhlungen, auf die sich Meyer hier bezieht, vieles verschoben. Seine fruchtbareprototypischeVerhltnisbestimmungbedarfaktuellerin-terdisziplinrerReformulierung.Diehierabgedruckten,teilschrono-logischangeordnetenBeitrgeverlassendaherzumeistdenengen RahmeneinesVergleichesgriechischermitaltisraelitischerHistorio-graphie. Zunchst behandeln Rosel Pientka-Hinz und Jrg Klinger die Geschichtsberlieferung aus dem 2. Jahrtausend aus dem altbabyloni-schenundhethitischenKulturraum.IhnenfolgenHans-UlrichWie-mersReflexionendergriechischenGeschichtssichtdesThukydides undRainerThielsDarstellungderhomerischenFrage.Andiese schlieendieberlegungenzurerzhlendenbiblischenGeschichts-schreibung von Erhard Blum und Klaus-Peter Adam an. Der Periodi-Klaus-Peter Adam VIsierungdurchdieantikeundmoderneGeschichtsschreibunginder gyptologie widmet sich Thomas Schneider.Unabhngig von ihrer Anordnung in diesem Band reflektieren al-leBeitrgedasGeschichtsverstndnisausihrerjeweiligenFachper-spektive unter zwei zentralen Blickwinkeln. Sie berprfen einerseits den Einsatz bzw. die explizite Reflexion von Formen und Kompositi-onsprinzipienhistoriographischerWerke,sowieKonventionenund Prinzipien des Anwachsens bzw. redaktioneller Erweiterungen, die alssolcheVerfassernoderRedaktorennichtbewusstgewesensein mussten. Wie weit der Bogen dieser Untersuchungen zu Formen und Kompositionsprinzipienreicht,zeigtderberblickberdieFormen-vielfaltgeschichtlicherberlieferungenderhethitischenKeilschrift-berlieferungdeszweitenJahrtausendsanhandvielerBeispiele(Jrg Klinger)imVergleichzurexplizitenReflexioneinerbestimmtenge-whltenFormderGeschichtsdarstellungdesThukydidesimfnften Jahrhundert.DessenMethodenreflexionstelltHans-UlrichWiemer eindrcklich dar. Wie sehr die jeweiligen berlieferungsbedingungen die Kompositionsformen prgen knnen, wird im bergang zwischen der oralen Vermittlung und der schriftlichen Fassung deutlich. Deren BedeutungfrdieEntstehungsbedingungengriechischerEpikund ihrerFormengehtRainerThielnach.AuchdasformaleKennzeichen der Anonymitt der religis tradierten Prosaliteratur in der Form der SageimAltenTestamentalseinSpezifikumscheintsichnichtun-abhngigvom(religisen)Kontextderberlieferungherausgebildet zu haben. In ihrer Anonymitt steht diese Form, die Erhard Blum als RegelfalltraditionalenErzhlensversteht,diametralderfrhengrie-chischenAutorenliteraturgegenber.InnerhalbderErzhlungen zeigensichjedochzugleichformaleParallelenzwischendenDarstel-lungstechnikenundCharakterenderFigurenindenSamuelbchern undindergriechischenTragdie.Ihnenwidmetsichdervonmir verfassteBeitrag,dervon dergrundstzlichen Berechtigungdes Ver-gleichsvonTeilenbiblischerErzhlberlieferungmitDramaund Epos ausgeht.DiezweiteReflexionsperspektivegaltFunktionszusammenhn-genantikerGeschichtsberlieferungen.DieseweitgefassteKategorie bezeichnetSemiotisierungenderGeschichtealsHeils-oderUnheils-geschichte,VerwendungenvonGeschichtsberlieferungenimZu-sammenhang mit Rechts- oder Machtansprchen sowie die berliefe-rungengeschichtlicherVorgngeimRahmenvontiologien. SemiotisierungenvonGeschichtealsgrundlegendesPhnomenbil-dendenVerstndnishintergrundalttestamentlicherHistoriographie als Heilsgeschichte des Volkes Israel mit seinem Gott. Entsprechen-VorwortVIIdesfindetsichauchinaltorientalischenundweiterenantikenKultu-ren, die ein gttliches Handeln in der Geschichte voraussetzen und in diesemSinneGeschichtesemiotisieren.DasinterdisziplinreGe-sprch ging spezifischen Ausprgungen der Vorstellungen gttlichen HandelnsinderGeschichte,besondersinstaatlichemoderknigli-chem Interesse, nach, wie es sich beispielsweise in der Motivation des ammu-rapivonBabylonzurliterarischenProduktionzeigt.Seiner bedeutendengeschichtlichenStellungbewusst,schriebersich,wie Rosel Pientka-Hinz darlegt, in das kollektive Gedchtnis Babylons ein in seinen vielfltigen Funktionen als Eroberer, Bauherr, Versorger der Gtter,BewahrervonRechtundGerechtigkeitunddemSonnengott amaverpflichteterHerrscher.Dochbeschrnkensichlegitimatori-scheFunktionalisierungenvonGeschichtsberlieferungennichtauf Listen,BauinschriftenoderRechtskodizes.Grundstzlichkannauch fiktionaleDichtung,geradeweilsiesichimKernnichtalsfiktional, sondernalshistorischverstehtundsoverstandenwerdenwill,zu Legitimationszweckeneingesetztwerden.JrgKlingerweistaufdie BedeutungderfiktionalenElementeinliterarischausgestaltenhethi-tischenTextehin.DasssichzurFunktionalisierunggeradeUr-sprungsgeschichtenberdieHerkunftdesVolkeseignen,zeigtdas BeispielderMose-Exodus-Geschichte,einerjudischenKomposition des 7. Jhs. (Erhard Blum). In griechischen Epen schlagen sich partiku-lareAnsprchesptererRezipienteninliterarischsekundrenAb-schnittennieder,mitdenendiesesichgenealogischdengroenGe-staltendesTrojanischenKriegeszuordnetenundsoihren Herrschafts-oderihrenpolitischenFhrungsanspruchlegitimierten (RainerThiel).VonderleioffensichtlichenFunktionalisierungenvon GeschichtsberlieferungenhebtsichdieUnabhngigkeitdesHistori-kersThukydidesvondenbeteiligtenKriegsparteiensowievonande-renFormenherrscherlicheroderreligiserDominanzab,wieHans-Ulrich Wiemer betont.AusgehendvonKompositionsprinzipienundFunktionszusam-menhngen zeigen sich weitere, hier nur anzudeutende Fragehorizon-te:DasVerhltnisvonGeschichtsbewusstseinzuhistoriographischer Ttigkeit; Verfasserfragen; das Selbstverstndnis der jeweiligen Texte, sowie spezifische kulturgeschichtliche Rahmenbedingungen im zwei-tenbzw.erstenvorchristlichenJahrtausend;dieProblematikvonKa-tegorisierungenundPeriodisierungendermodernenGeschichts-schreibung,teilsaufGrundlagederausderAntikevorgegebenen Epocheneinteilungen,wiesiefrdiegyptologieTh.Schneiderex-emplarisch aufzeigt. KlausPeterAdamVIIIDie methodischeSpannweiteder Beitrgezu dem hier erffnetenVergleichsfeld verdeutlicht die unterschiedliche Behandlung der FragenindenEinzelwissenschaften.DiesistteilsdurchdieuntersuchtenQuellen, teils aber auch durch vorgegebene Forschungskontexte bedingt. Der Versuch, ber die Methodik der Fachgrenzen hinweg einGesprch zur Geschichtsberlieferung zu fhren, erwies sich als besondersfruchtbarfrdiejeweilseigenenArbeitsweisenundFragehorizonte. Wenn den Lesern das Potential dieser Debatte um die antikeGeschichtsschreibung deutlich wird, hat die Zusammenstellung einwichtigesZielerreicht.Fr die eingereichten Beitrge und die Diskussion danke ich besondersdenAutoren;darberhinausfrdieMithilfebeiderKonzeptionHansUlrich Wiemer; fr die Finanzierung der Tagung sowie einesTeils der Druckkosten der FritzThyssenStiftung. Bei der VorbereitungundDurchfhrunghalfendieStudierendenDominikBeckerundLena Schrader; Florian Krpe erstellte die Druckvorlage. Den Herausgebern der Beihefte der ZAW, John Barton, Reinhard G. Kratz,ChoonLeongSeowundMarkusWittedankeichfrdieAufnahmeindieser Reihe, Monika Mller, Sabine Krmer und Sabina DabrowskifrdieBetreuungbeimVerlag.Marburg/BremenimNovember2007 KlausPeterAdamInhaltsverzeichnis Vorwort .......................................................................................................V Rosel Pientka-Hinz Midlifecrisis und Angst vor dem Vergessen?Zur Geschichtsberlieferung ammu-rapis von Babylon ...................1Jrg Klinger Geschichte oder Geschichten zum literarischen Charakterder hethitischen Historiographie ............................................................. 27Hans-Ulrich WiemerThukydides und die griechische Sicht der Vergangenheit ..................49Rainer Thiel Die homerische Frage: Modelle der Entstehungliterarischer Werke zur Zeit mndlicher Dichtung ..............................89Erhard Blum Die Stimme des Autors in den Geschichtsberlieferungendes Alten Testaments ................................................................................107 Klaus-Peter Adam Erzhlerwertung und Geschichtsverstndnis in denSamuelbchern (1Samuel 31, 2Samuel 1; 11; 18) ...................................131 Thomas Schneider Periodizing Egyptian History:Manetho, Convention, and Beyond ........................................................181 Inhaltsverzeichnis XIndex ............................................................................................................197 Namen und Sachen...................................................................................197 Ortsindex ....................................................................................................205 Moderne Namen .......................................................................................207 Zu den Autoren ..........................................................................................209 Midlifecrisis und Angst vor dem Vergessen? Zur Geschichtsberlieferung ammu-rapis von Babylon Rosel Pientka-Hinz im-ma-ti-ma ni-ip-pu- btaim-ma-ti-ma ni-qan-n[a-n] u qin-nu im-ma-ti-ma ame i-zu-uz-[zu] (zitta) im-ma-ti-ma ze-ru-tu(m) i(b)-ba(-)-i ina x-x im-ma-ti-ma nru i-(-a/-am-ma) mla/mi-la/mi-lu ub-lu/lu4 ku-li-li-q-lp-pa-a/lep-pe ina nripa-nu-/ i-na-at-ta-la/lu pa-an/ni damii ul-tu ul-la-nu-um-ma ul i-ba--i mim-ma Irgendwann erbauen wir1 ein Haus, irgendwann grnden wir eine Familie,2irgendwann teilen die Brder (den Erbanteil), irgendwann entsteht Ha ...3Schon immer4 stieg der Flu an (und) brachte die Flut, 1 Variante: ip-pu-u erbaut er. 2 Wrtl.: irgendwann nisten wir in einem Nest (Lokativ-Adverbialis). 3 Eine fr diese Zeile grundstzlich negative Konnotation wird durch das Ha-Motiv vermittelt. Die von A.R. George, The Babylonian Gilgamesh Epic. Introduction, Cri-tical Edition and Cuneiform Texts, Oxford 2003, 696:311, vorgeschlagene Ergnzung imLande(inamtim)erscheintmiraufgrundderZeichenresteproblematisch(ebenso die Variante: [ina] ma-r[u-t?]/ma-t[im!?]). Grundstzlich ist wohl von einer FortsetzungderThematikvon Familiengrndungund -zerfall auszugehen;so auch George, Babylonian Gilgamesh Epic, 875. 4 Da jeder Satz mit der Wendung immatma beginnt, ist der Tempuswechsel in dieser Zeile von bisherigem Prsens zu Prteritum um so aufflliger. Eine Verlagerung der Anzeige von einem unbestimmten Zeitpunkt in der Zukunft auf einen solchen in der VergangenheitundeinedamiteinhergehendeKontrastierungderbeidenAussa-generscheintsinnvoll;vgl.AHw.II632mat/ma, immat/ma1)irgendwann,2) 2Rosel Pientka-Hinz (dennoch) wird die Eintagsfliege (wieder) auf dem Flu hinabtreiben, ihr Gesicht das Antlitz des ama betrachten(d.h. sich ihm zuwenden)5 gleich danach ist nichts mehr davon da! (Gilgame, 12-Tafel-Epos Taf. X 308-315)6MitdiesenWortenbeschreibtUt-napitim inseinerlangenRedeber den Sinn des Lebens und die menschliche Sterblichkeit das vergebliche StrebenderMenschennachbestndigemGlckundReichtum.Dabei wirddemewigenKreislaufvonFamiliengrndungund-zerfalldas SchicksalderEintagsfliegengegenbergestellt,welchezurZeitder FrhjahrsflutinMassenaufdenFlssentreibendzubeobachtensind unddamitzueinemmesopotamischenSymbolderVergnglichkeit avancierten.7Bedeutsamistm.E.derhierbeschriebeneKontrastzwi-schenderinnerenEinstellungderMenschenundderjenigenderEin-tagsfliege gegenber dem bevorstehenden Tod:8 Will der Mensch (und soauchGilgame)seineSterblichkeitnichtakzeptieren,vielmehrvor dem Hintergrund seiner sozialen Einbindung, die doch nicht von Dau-erist,jasogarinHaumschlagenkann,verdrngen,sogibtsichdie Eintagsfliege immer wieder kampflos dem gleichen Todesschicksal hin. Am Ende ihres kurzen Lebens, in dem sie nichts besitzt, wendet sie sich demSonnengottzu,vielleichtauchumihmzuhuldigen,schautmit ihrenaufflliggroenFacettenaugeninseinAntlitz,9welchesoftmals immer a) in Vergang. Vgl. auch die Diskussionbei George, Babylonian Gilgamesh Epic (wie Anm. 3), 875. 5 ImSinnevonaufmerksam,ergebenansehen;vgl.CADN/1123natlu2.,beson-ders a) 2. Vgl. auch CAD A/II 21 amru A 5 pan to see personally, to visit a) re-ferringtogods,sowiedasBeschwrungsritualanItar beiW.Farber,Beschw-rungsritualeanItarundDumuzi,Wiesbaden1977,146f.:105:anunuu tamar pankibegebemichhiermitmde,ermattetvordich.DieHinwendungzurGott-heitgeschiehtdemnachdurchBetrachtungihresGesichtes,waszudemeinegehor-sameHaltungimpliziert;vgl.dazuAHw.I149daglu(m)8)pnd.(er)warten,b) gehorchen,sowieW.R.Mayer,ZumPseudo-LokativadverbialisimJungbabyloni-schen, Or. 65 (1996) 429:b). 6 Vgl. George, Babylonian Gilgamesh Epic (wie Anm. 3), 696f. 7 Die uerst kurzlebigen Eintagsfliegen(Ephemeroptera), die ihre Eier in flieenden GewssernablegenundhufigingroenSchwrmensowohlinderLuftbeider Paarung als auch an der Wasseroberflche nach der letzten Hutung der Larven auf-treten, werden wohl aus diesem Grunde im Sumerischen als Heuschrecke des Flus-ses(buru5-d-da)bezeichnet.Vgl.auchGeorge,BabylonianGilgameshEpic(wie Anm. 3), 875f. 8 HierauserklrtsichauchdasvondenbisherigenInterpretationenabweichende Verstndnis der Passage; vgl. George, Babylonian Gilgamesh Epic (wie Anm. 3), 505 Anm. 217 und 506 mit Anm. 220. 9 VielleichtdarfindiesemZusammenhangandieberdimensionalen,weitaufgeris-senenAugenderBeterstatuettenerinnertwerdeninsbesonderederjenigenaus Zur Geschichtsberlieferung ammu-rapis von Babylon3das einzige und letzte sein wird, was sie zu sehen bekommt. Gotterge-benvertrautsieaufama,deralleGeschpfe(wrtl.:diemitLeben versehensind)ingleicherWeisehtet10ama,denRichtergott, nichtnurderLebendensondernauchderToten,denWahrerdes RechtsundderGerechtigkeit,denBestimmerdesSchicksals,den Schpfer von Leben, der auch Leben verlngern kann, den Begleiter der Einsamen und Gefhrdeten, den Erretter in hchster Not.11 Es ist dem-nach denkbar, da Ut-napitim quasi als Antwort auf die Vergnglich-keitdesLebensundderirdischenGterhiereinenAppellzurHin-wendung zu Gott intendiert dem Sonnengott. Tod und Unsterblichkeit des ammu-rapi von Babylon IstdieeingangszitiertePassageausdem12-Tafel-EposdesGilgame aucherstnachderaltbabylonischenEpocheverfatworden,sowute ammu-rapi vonBabylon,einerderbedeutendstenmesopotamischen Herrscherdes2.Jts.v.Chr.,dennoch,nichtzuletztinKenntnisder altbabylonischenFassungderGilgame-Erzhlung,umdenunab-wendbarenTodderMenschenundinsbesondereseineeigenesterbli-cheHlle,dennnureinGottverweiltaufewigmitdemSonnen-gott.12IngleichemMaewarihmaberauchdieberwindungder dem Menschen durch seine Sterblichkeit auferlegten Grenzen bekannt: durch die Weiterexistenz des krperlosen Geistes (etemmum), durchdasBewahreneinesunsterblichenruhmvollenNamens sowohl in mndlicher als auch in schriftlicher Form und schlielich durch eine Form der Vergttlichung. DadieWeiterexistenzdeskrperlosenGeisteseinesMenschenallein durcheineangemesseneTotenpflege(kispum) vonSeitenderNach-kommen garantiert wurde, musste ammu-rapi sich in diesem Punkte frhdynastischerZeit;vgl.E.A.Braun-Holzinger,FrhdynastischeBeterstatuetten, Berlin 1977, besonders Tafel 1. 10 Nachderberhmtenama-HymnebeiW.G.Lambert,BabylonianWisdomLitera-ture,Oxford1960,126f.:25:u-utna-pi-tiak-namit-a-rite-re-e Whateverhas breath you shepherd without exception. 11 Vgl. zusammenfassend B. Groneberg, Die Gtter des Zweistromlandes, Dsseldorf / Zrich 2004, 209-223. 12 ZurDiskussiondieserZeilederaltbabylonischenGilgame-Erzhlungundder entwederimPrteritumoderPrsenszuergnzendenVerbalformvgl.George,Ba-bylonianGilgameshEpic(wieAnm.3),200f.:141und211.FrdieintendierteBot-schaftistesdabeiunerheblich,obeinebersetzungNurGtterhabensichaufe-wig beim Sonnengott niedergelassen vorgezogen wird. 4Rosel Pientka-Hinz ganzaufseineNachkommenschaftverlassenknnen.Obwohlwirsei-nengenauenTodeszeitpunktkennenerstarbnacheinerKrankheit sptestens am 10. Tag des 5. Monats seines 43. Regierungsjahres13 ist erstaunlicherweise nur sehr wenig ber seine Familie, seine Ehefrauen oder Kinder bekannt.14 Gibt es demnach kaum direkte Evidenz fr eine prosperierendeGrofamilieumammu-rapiselbst,derenExistenz jedochvorausgesetztwird,sozeigteinindenBereichdeskniglichen AhnenkulteseinzuordnendergenealogischerTextausderZeitAmmi-s.aduqas von Babylon und somit eines Nachfolgers von ammu-rapi, in welchemAusmawhrendeinersolchenZeremoniedergesamten amurritischen Dynastie gedacht wurde.15DasBewahreneinesunsterblichenNamenskonntenichtnurmittels der Nachkommen, die in der Totenpflege ihre Ahnen anrufen und da-mitweiterlebenlassen,bewirktwerden.Sowohlindermndlichen Tradition durch das Volk, Snger und Geschichtenerzhler, als auch in der schriftlichen Tradition durch die Niederschrift auf verschiedensten ObjektenundindiversenTextarten,wardasFortlebendesNamens unddamitdasseinesursprnglichenTrgersmglich.UmdieseFor-mendesWeiterlebenszugewhrleisten,musstedereigeneNameso gutwiemglichimDiesseitsverankertwerden.DieMechanismen einer solchen Verewigung das Setzen des (eigenen) Namens (umam aknum)warenallenmesopotamischenHerrscherndurchdieJahr-tausendewohlbekannt,dieKonstituierungihrereigenenUnsterblich-keit ihr hchstes Ziel.16DieausdieserHaltungresultierendeschriftliche(Gedchtnis-)ber-lieferung(Inschriften,Hymnen,Jahresdatenformeln),dieingleichem MaefrdieGegenwartalsauchnachVerfgungdesHerrschersfr die Nachwelt konzipiert wurde und die vorrangig als Kommunikation mitkommendenGenerationenundnichtalsDokumentationvonhis-13 Vgl.D.Charpin,Hammu-rabideBabylone,Paris2003,104,undders.,Histoire politique du Proche-Orient Amorrite (2002-1595), in: P. Attinger / W. Sallaberger / M. Wfler (Hgg.), Mesopotamien. Die altbabylonische Zeit (OBO 160/4), Fribourg / Gt-tingen2004,333;zualtbabylonischenTrauerzeremonienvgl.ders.,Hammu-rabide Babylone, 114f., und jetzt ders., La mort du roi et le deuil en Msopotamie paloba-bylonienne, in: P. Charvt u.a. (Hgg.), Ltat, le pouvoir, les prestations et leurs for-mes en Msopotamie ancienne, Prag 2006, 95-108. 14 Vgl.M.vandeMieroop,King HammurabiofBabylon.A Biography,Oxford2005, 112, sowie Charpin, Hammurabi (wie Anm. 13), 131ff. und ders., Histoire (wie Anm. 13), 251ff. 15 Vgl. Charpin, Histoire (wie Anm. 13), 234f. mit Anm. 1190 (mit Literatur). 16 Vgl. nun ausfhrlich K. Radner, Die Macht des Namens. Altorientalische Strategien zur Selbsterhaltung (SANTAG 8), Wiesbaden 2005. Zur Geschichtsberlieferung ammu-rapis von Babylon5torischenDatenverstandenwerdensollte,istalsZeugnisfrdas SelbstverstndnisaltorientalischerHerrscher,ihreLegitimation,ihr VerhltniszudenGttern,aberauchzudenUntertanenundfrdas Konzept von Knigtum berhaupt17 zu bewerten. Die somit in knig-lichemAuftragniedergeschriebenenhistorischenQuellensind demnachauchgrundstzlichverschiedenvonderGeschichtsschrei-bungderklassischenAntike,diedortzeitgenssischenHistorikern zukam.18DasaltorientalischeKonzeptderEwigkeit,engverbunden miteinemWahrheitsbegriff(kittum),derdasBestndigeundUnabn-derliche als festgelegte Normen der altorientalischen Gesellschaft ver-steht und dessen Umsetzung Privileg und Pflicht eines jeden dazu von GottbeauftragtenmesopotamischenHerrscherswar,19ltwenig RaumfreineHistoriographienachunseremmodernenGe-schichtsverstndnis. NichtsdestotrotzlebtedasAndenkenammu-rapisvonBabylon, imGegensatzzuvielenanderenmesopotamischenHerrschern,noch lange Zeit fort. Als Knig der Gerechtigkeit ging er in die Geschichte ein und ist als solcher noch heute vielen ein Begriff. Im folgenden sol-lenaufdereinenSeitedieBemhungenammu-rapiszurFortfh-rungseinerExistenzberdenphysischenTodhinausskizziertund aufderanderenSeiteseinNachlebenunddamitdasErgebnisdieser Bemhungen nebeneinandergestellt werden. ammu-rapi als Herrscher und Eroberer ZuBeginnseinerRegierungszeitherrschteammu-rapi,Knigvon Babylon, berein kleinesKnigreich, dassichnebenderHauptstadt von Sippar im Norden, ber Ki im Osten und Borsippa und Dilbat im Sdenerstreckte.NebenkleinerenEroberungenimerstenDrittelsei-nerHerrschaftundstndigenVerhandlungenmitZimr-Lm,dem Knig von Mari, gelang ammu-rapi in seinem 29. Regierungsjahr als Kopfeineranti-elamischenAllianzderentscheidendeSiegberdie elamischeInvasion,demweiteremilitrischeHchstleistungenfolg-ten.SeinTriumphberRm-SnvonLarsainseinem30.Regierungs-jahrverhalfihmzuenormerMachtundReichtum,konnteerdoch 17 Vgl. Radner, Macht des Namens (wie Anm. 16), 4. 18 Vgl.Radner,MachtdesNamens(wieAnm.16),158f.HinzukommteineVermi-schungderWirklichkeiten,a.a.O.25:DieAnnahmeeinerOppositionzwischen Mythos(Fiktion;wertbesetzteZweckhaftigkeit)undGeschichte(Realitt;zweck-freieObjektivitt)istfrdasaltorientalischeWeltbildirrelevant.(...)Durchdie schriftliche Niederlegung seiner Geschichte kam zudem die wirklichkeitsschaffende Kraft des geschriebenen Wortes zum Tragen: Was aufgeschrieben wurde, war real. 19 Vgl. zuletzt Radner, Macht des Namens (wie Anm. 16), 11-15. 6Rosel Pientka-Hinz dadurchalsKnigvonSumerundAkkadganzSdbabyloniensei-nemReicheinverleiben.GleichdanachweiteteerseinenEinfluauf die Region des Djebel Sindjar in Nordmesopotamien aus, besiegte den Knig von Enunna und plnderte schlielich Mari, was ihn in seinem 34.RegierungsjahrzumKnigdesgesamtenamurritischenVolkes aufsteigen lie.20ammu-rapisReputationalserfolgreicherKriegsherrmussweitver-breitet in aller Munde gewesen sein, die schriftliche Etablierung seines in dieser Hinsicht ruhmvollen Namens findet sich nicht zuletzt zu die-sem Zweck in Inschriften und Hymnen, aber vor allem in Jahresdaten-formeln.21 Denn insbesondere die auf Urkunden festgehaltenen Jahres-namendientendazu,denRuhmumdieErrungenschaftendes HerrschersimganzenLandzuverbreitenundgeradeauchaufder VerwaltungsebeneundimAlltagfortlebenzulassen.Jedeeinzelne Urkunde, die mit einem Jahresnamen ammu-rapis datiert wurde, trug dazubei,denkniglichenNamenzupreisenundseinenTrgerun-sterblichzumachen,auchundinsbesondereindendurchEroberung annektiertenHerrschaftsgebieten,indenendieKontrolledesneuen Machthabers mglichst breit zur Schau gestellt werden sollte.22ammu-rapi als Bauherr und Versorger der Gtter BaumanahmenanTempeln,StadtmauernundKanlen,diedie Landwirtschaft und Lebensqualitt des Landes verbessern und religi-seAnsprchebefriedigenkonnten,warennebenderStiftungvon Weihgaben besonders dazu geeignet, dem Herrscher eine positive und langanhaltendeTradierungseinesNamenszuverschaffen.23Sosuchte 20 Vgl. zuletzt Charpin, Hammu-rabi (wie Anm. 13), 83ff., insbesondere 109f. zu der an diepolitischenUmstndegebundenenWahlderHerrscherepithetasowieders.,Hi-stoire (wie Anm. 13), 233f. und 317ff. 21 Vgl. D. Frayne, Old Babylonian Period (20031595 BC) (RIME 4), Toronto 1990, 332-371insbesondereNr.4-6;N.Wasserman,CT21,40-42ABilingualReportofan Oracle with a Royal Hymn of Hammurabi, RA 86, 1-18, bes. 5f.; M.J.A. Horsnell, The Year-NamesoftheFirstDynastyofBabylon,Hamilton1999,Vol2,105-174:Jahr7, 10-11, 30-33, 35, 37-39. 22 Vgl.auchRadner,MachtdesNamens(wieAnm.16),112:Deutlichistaber,da Jahresnamen nicht als unabhngige Besttigung des Inhalts einer Knigshymne oder aucheinerBauinschrift(...)gesehenwerdenknnen:BeiallenUnterschiedenim KontextundinderAnwendungdieserdreiTextgattungenistihreAussagedurch dieAufgabedeterminiert,denkniglichenNamenimVerbundmitderVerherrli-chung seiner Person und seiner Taten zu bewahren.23 Vgl.Radner,MachtdesNamens(wieAnm.16),bes.97undCharpin,Histoire(wie Anm. 13), 247f. Zur Geschichtsberlieferung ammu-rapis von Babylon7ammu-rapi auchintensivaufdieseWeisedieWertschtzungder Gtter und des Volkes, heit es doch in seiner anllich des Mauerbaus von Sippar formulierten Bauinschrift: FrmeinLebenwerdensie(dieEinwohnerSippars)gewibeten.Was ama, meinen Herrn, und Aja, meine Herrin, erfreut, habe ich wirklich ge-tan. Meinen guten Namen tagtglich gleich (dem eines) Gott(es) anzurufen, so da er auf ewig nicht vergessen werde, habe ich wahrlich in den Mund der Menschen gesetzt.24Demnachberichtenammu-rapis InschriftenundJahresdatenformeln inabwechselnderReihungvonBaumanahmenanTempeln,25Mau-ern26 und Festungen,27 der Errichtung eines Speichers28, von Kanalarbei-ten29sowiederStiftungvonThronen30,Kultsockeln31,einemPosta-ment32,einemgoldenenEmblem33,Musikinstrumenten34,Schmuck35undSonstigem36,sowieStatuen37auchsolchen,diedenHerrscher selbst in Ausbung seiner Pflichten darstellen.38AlseinbesondersmchtigesMediumfrdieSelbsterhaltungist dabeidieVergabedeseigenenNamensalsBestandteileinererbauten Festung oder eines gegrabenen Kanals hervorzuheben. Kanle namens ammu-rapi istFlle39oderammu-rapiistdieFllederMen-schen40sowiedersicherlichauchapotropischeNamederStadt-24 Vgl. Frayne, Old Babylonian Period (wie Anm. 21), 333-336 Nr. 2:70-81. 25 Vgl. Frayne, Old Babylonian Period (wie Anm. 21), Nr. 8, 9, 11, 13-17 und Horsnell, Year-Names (wie Anm. 21), Jahr 28, 34, 36 und 40. 26 Vgl.Frayne,OldBabylonianPeriod(wieAnm.21),Nr.1,2und12undHorsnell, Year-Names (wie Anm. 21), Jahr 4, 8, 19, 21, 23, 25, 42 und 43. 27 Vgl. Frayne, Old Babylonian Period (wie Anm. 21), Nr. 7 und Horsnell, Year-Names (wie Anm. 21), Jahr 42. 28 Vgl. Frayne, Old Babylonian Period (wie Anm. 21), Nr. 3. 29 Vgl. Frayne, Old Babylonian Period (wie Anm. 21), Nr. 1 und 7 und Horsnell, Year-Names (wie Anm. 21), Jahr 9, 23, 24, 33 und 43. 30 Vgl. Horsnell, Year-Names (wie Anm. 21), Jahr 3, 12, 14, 16, 18 und 20. 31 Vgl. Horsnell, Year-Names (wie Anm. 21), Jahr 6 und 13. 32 Vgl. Horsnell, Year-Names (wie Anm. 21), Jahr 26. 33 Vgl. Horsnell, Year-Names (wie Anm. 21), Jahr 27. 34 Vgl. Frayne, Old Babylonian Period (wie Anm. 21) Nr. 11. 35 Vgl. Horsnell, Year-Names (wie Anm. 21), Jahr 41. 36 Vgl. Horsnell, Year-Names (wie Anm. 21), Jahr 5. 37 Vgl. Horsnell, Year-Names (wie Anm. 21), Jahr 15, 17, 22 und 29. 38 Vgl.Charpin,Histoire(wieAnm.13),273ff.undB.Andr-Salvini,LeCodede Hammurabi, Paris 2003, 20f. 39 Vgl. Horsnell, Year-Names (wie Anm. 21), Jahr 9. 40 Vgl.Horsnell,Year-Names(wieAnm.21),Jahr33undFrayne,OldBabylonian Period (wie Anm. 21), Nr. 7. 8Rosel Pientka-Hinz mauervonSipparAufGeheidesGottesamamgeammu-rapikeinenGegnerhaben!41gedenkenderRolledesHerrschersalsStifter vonZivilisationundWohlstand.42Wennammu-rapi nundieGele-genheiteinersolchenNamensvergabenutzte,umauchseinemVater Sn-muballit mitderErrichtungvonDr-Sn-muballit-abim-wlidja FestungdesSn-muballit,desVaters,dermichgezeugthat43ein Denkmal zu setzen, ist dies ein bis dato unbliches und damit aufflli-ges Vorgehen.44ammu-rapi als Bewahrer von Recht und Ordnung GegenEndeseiner42-jhrigenRegierungszeitgibtderaltehrwrdige ammu-rapi von Babylon in Prolog und Epilog seiner berhmten dem nachihmbenanntenGesetzessammlungKodexammu-rapi45eine eindrucksvolle Selbsteinschtzung seiner berragenden Herrschaft. Der sogenannteProloghebt zunchstdiegttlicheBerufungammu-rapiszumHerrscherberdieMenschen,seineRollealsBeschtzerder SchwachenundMachtlosensowieseineSorgeumdiekultischenBe-langederzahlreichenStdteseinesKnigtumshervor;dabeiliegtdie BetonungaufdemgttlichenAuftrag,denderHerrscherzuerfllen hat.46 (...)damalshabenmichdieGtterAnuundEnlil,umesdenMenschen gutgehenzulassen,beimeinemNamenammu-rapi,frommerFrst, Gottesfrchtigerbenannt,umGerechtigkeitimLandzuverwirklichen, um den Bsen und Schlechten zu vernichten, um den Starken davon abzu-halten,denSchwachenzuunterdrcken,umwieamaberden Schwarzhuptigen aufzugehen und das Land zu erleuchten.41 Vgl.Horsnell,Year-Names(wieAnm.21),Jahr23undFrayne,OldBabylonian Period (wie Anm. 21), Nr. 2. 42 Vgl. auch Radner, Macht des Namens (wie Anm. 16), 38. 43 Vgl.Horsnell,Year-Names(wieAnm.21),Jahr33undFrayne,OldBabylonian Period (wie Anm. 21), Nr. 7 sowie Charpin, Hammu-rabi (wie Anm. 13), 111. 44 Vgl. Radner, Macht des Namens (wie Anm. 16), 38 Anm. 214: Dies passt gut dazu, da ammu-rpi auch sonst in seinen Inschriften den Namen seines Vaters und sei-ner Vorfahren im Rahmen seiner Genealogie und in Bezug auf ihre Taten nennt, eine Verfahrensweise,dieimaltorientalischenInschriftenkorpusbisdahinnichtblich war (...). Vgl. auch Charpin, Hammu-rabi (wie Anm. 13), 111f. 45 SodiemoderneBezeichnung;inderdamaligenZeitwurdederKodexnachseiner Anfangszeile inu Anum srum Als der vorzgliche Gott Anu (...) benannt. Zur lite-rarischen Struktur der Inschrift vgl. ausfhrlich V.A. Hurowitz, Inu Anum srum. Lit-eraryStructuresintheNon-JuridicalSectionsofCodexHammurabi(OPSNKF15), Philadelphia 1994. 46 Vgl. Hurowitz, Literary Structures (wie Anm. 45), 17-24. Zur Geschichtsberlieferung ammu-rapis von Babylon9 (...)derFromme,derzudengroenGtterninbrnstigBetende,Nach-kommedesSumulael,mchtigerErbsohndesSn-muballit,ewigerSame desKnigtums,dermchtigeKnig,SonnevonBabylon,dieberdem LandSumerundAkkadLichtaufgehenlt,derdievierWeltgegenden gefgig macht, Gnstling der Gttin Itar (bin) ich.(Kodex ammu-rapi I 27-49 und IV 64-V 13)47ammu-rapis VerdienstealsErobererundKriegsherrwerdennuram Randeerwhnt,alsTeileinerlangenListevonkunstvollgestalteten Epitheta,diedenHerrscherzueinzelnenStdtenundderenHeiligt-mern in Beziehung setzen (Piety Register)48 und vor allem des KnigsweitreichendeGunstbezeugungenundseineSorgeumdieKulteder lokalen Gottheiten in den Mittelpunkt stellen. DieeigentlicheGesetzessammlungeingebettetineinenliterari-schenRahmen,deramEndedesPrologsbeginntundamAnfangdes Epilogsendet,49beschreibtschlielichammu-rapisErfllungdes vormals gestellten gttlichen Auftrags. (...) legte ich Recht und Gerechtigkeit50 in den Mund des Landes und lie esdenMenschengutgehen.(...)(Diessind) diegerechten Richtersprche, die ammu-rapi, der fhige Knig, festgesetzt hat (). (Kodex ammu-rapi V 20-24 und IV 64-V 13) ErstimEpilogwerdenammu-rapis militrischeErfolgeangespro-chen,wobeiderKnigprimralsFriedensstiftergefeiertwird,um gleich danach zur eigentlichen Thematik des Monuments bergehen zu knnen:DieDarstellungammu-rapis alsKnigderGerechtigkeit, derRechtundOrdnungimLandewiederhergestellthat,ausgewiesen durch seine Gesetzesstele.5147 ZurBearbeitungderSteleninschriftvgl.M.T.Roth,LawCollectionsfromMesopo-tamia and Asia Minor, Atlanta, Georgia 1995. 48 ZudieserListe,dieteilsaustheologischen,teilsausgeographischenGesichtspunk-tenzusammengestelltwurde,vgl.Hurowitz,LiteraryStructures(wieAnm.45),71-89 und Charpin, Histoire (wie Anm. 13), 334. 49 Vgl. Hurowitz, Literary Structures (wie Anm. 45), 24-30. 50 ZukittumRecht,imSinnevonGarantderffentlichenOrdnung,undmarumRecht,imSinnevonWiederherstellungdersozialenGerechtigkeit,vgl.Charpin, Hammu-rabi (wie Anm. 13), 206f. und 209: lidal de la justice sesituait aux origi-nesettouteinjusticetaitfondamentalementconuecommeundsordre.;ders., Histoire (wie Anm. 13), 308. 51 Vgl. Hurowitz, Literary Structures (wie Anm. 45), 30-32. 10Rosel Pientka-Hinz (...) Ich bin ammu-rapi, der vollkommene Knig. Fr die Schwarzhup-tigen, die der Gott Enlil mir geschenkt, deren Hirtenamt der Gott Marduk mirgegebenhat,warichnichtnachlssig,legtedieHndenichtinden Scho.SichereStttensuchteichihnen,drckendeDrangsallsteichauf, Licht lie ichberihnenaufgehen.Mitder mchtigenWaffe, diederGott ZababaunddieGttinItarmirverliehen,mitderWeisheit,diederGott Eamirbestimmthat,mitderTchtigkeit,diederGottMardukmirgege-ben, tilgte ich aus die Feinde oben und unten, lschte ich aus die Kmpfe, demLandezumWohlgefallen.DieMenschenderOrtschaftenlieichru-hen auf geschtzten Wiesen, einen Strenfried lie ich nicht ber sie kom-men.DiegroenGtterhabenmichberufen,sobinichderHirte,derbe-wahrt,dessenStabrechtist.MeinguterSchattenistbermeinerStadt ausgebreitet,aufmeinemSchohieltich dieMenschendesLandes Sumer undAkkadsicher.Siegediehenunter derObhutmeinesSchutzgottes,ich sorgtefrsieinFrieden,ichbargsieinmeinesWissensTiefe.Umvom Starken den Schwachen nicht entrechten zu lassen, um der Witwe und der WaiseRechtzuverschaffen,habeichinBabylon,derStadt,derenHaupt die Gtter Anu und Enlil hoch aufgerichtet haben, in Esaila, dem Tempel, dessenGrundfestengleichHimmelundErdeewigstehen,umRechtdes Landeszurichten,EntscheidungendesLandeszuentscheidenunddem EntrechtetenRechtzuverschaffen,meineberauswertvollenWorteauf meineStelegeschriebenundvormeinerStatuealsKnigderGerechtig-keit52 aufgestellt. (...) (Kodex ammu-rapi XLVII 9-78) Es folgt ein hymnisches Zwischenstck53 mit anschlieendem Gebet fr dasFortbestehendervonammu-rapikonstituiertenGerechtigkeit und fr ein auf ewig positives Andenken des Knigs.54Auf Gehei des Gottes ama, des groen Richters des Himmels und der Erde,mgemeineGerechtigkeitimLandeverwirklichtwerden!Aufdas WortdesGottesMarduk,meinesHerrn,mgemeinReliefkeinenfinden, der es beseitigt! In Esaila, das ich liebe, mge mein Name auf ewig wohl-52 Sowohlausgrammatikalischen(inamaarvor)alsauchsemantischen(salmumAbbild,imSinnevonStellvertreterdesDargestelltenversusnarmStele, DenkmalundusurtumRelief)undschlielichinhaltlichenErwgungen(Stif-tungderStatuelautJahresname22)kannammu-rapisBildnisalsKnigderGe-rechtigkeitnichtmitseinerGesetzessteleidentischsein.Vgl.G.Elsen-Novk/ M. Novk,DerKnigderGerechtigkeit.ZurIkonologieundTeleologiedesCo-dex ammurapi, in: Vorderasiatische Beitrge fr Uwe Finkbeiner (BaM 37), Mainz 2006, 131-155, hier: 144f. 53 Vgl. Hurowitz, Literary Structures (wie Anm. 45), 62-65. 54 Vgl. Hurowitz, Literary Structures (wie Anm. 45), 32-37: This section is very differ-entinspecificdetailsfromthestandardSchlussgebete,notinterestedinstabilityof reign, succession, military victory, long life, and material prosperity (33). Zur Geschichtsberlieferung ammu-rapis von Babylon11wollend ausgesprochen werden! Ein zu Unrecht behandelter Mann, der in einen Rechtsstreit gert, mge vor meine Statue Knig der Gerechtigkeit treten und meine beschriftete Stele ausrufen lassen,55 er mge meine wert-vollen Worte hren und meine Stele ihm den (entsprechenden) Rechtsstreit aufzeigen! Seine Rechtssache mge er prfen! Sein Herz mge er aufatmen lassen und ammu-rapi ist es, der (...) und das Land recht leitete. dies mge er sagen und vor demGott Marduk,meinem Herrn, sowie der Gt-tinZarpantu,meinerHerrin,frmichvonganzemHerzenbeten!Der Schutzgott und die Schutzgttin, die Gtter, die Esaila betreten, sowie das ZiegelwerkvonEsailamgenmeinenRuftglichvordemGottMarduk, meinem Herrn, und der Gttin Zarpantu, meiner Herrin, gut machen! (Kodex ammu-rapi XLVII 84-XLVIII 58) DieInschriftschlietmitLobpreisungenfrdenzuknftigenKnig, derdasvonammu-rapi etablierteRechtzubeachtenundvorallem unverndertfortzufhrenwei,sowiebesondersausfhrlichenFluch-formelngegendenjenigen,derdieSteleselbstoderihreGesetzemi-achten, verndern oder sogar zerstren sollte.56Es ist offensichtlich, da in ammu-rapis Selbstverstndnis die Ge-rechtigkeiteinenherausragendenPlatzeinnahm.GehrtenGnadener-lasse bereits bei Regierungsantritt zum festen Repertoire der altbabylo-nischenKnigsideologieerlaubtensiedochdemneuenHerrscher, sichnichtnurbeidenannektiertenBevlkerungsteileneinegewisse Popularitt zu verschaffen , so gefiel sich ammu-rapi ganz besonders inseinerRollealsgerechterKnig,alsguterHirte,derseinVolk auf den rechten Weg leitet. Galt dies doch seit jeher als die anspruchs-vollste Aufgabe und zugleich als hchstes Gut, dem ein Herrscher sich widmenkonnte.57ZahlreicheUrkundenundBriefenverdeutlichen darber hinaus, in welch starkem Ausma sich der Knig tatschlich in rechtliche Auseinandersetzungen einmischte und wie sich seine regula-tivenManahmenimAlltagauswirkten.58Dieinder22.Jahresdaten-55 Anderebersetzungsversuche,dieeinenGtn-Stammvonasmimmerwieder lesen, studieren einem nur hier belegten t-Stamm sich vorlesen lassen vorziehen (vgl. AHw. III 1196 as(m) Gtn 13) und t), sind m.E. aufgrund der Position, die der RatsuchendevorderStatueKnigderGerechtigkeiteinnehmenmusste,diewie-derumderGesetzesstelegegenbersteht,abzulehnen.DemnachistderFragendederKnigsstatuezugewandt,wobeierineinigerEntfernungvonderGesetzesstele odersogarmitdemRckenzudieserstehensollte.SchlielichseiindiesemZu-sammenhangaufdasunmittelbaranschlieendeGebotundermgemeinewert-vollen Worte hren! hingewiesen. 56 Vgl. Hurowitz, Literary Structures (wie Anm. 45), 37-43. 57 Vgl. Charpin, Histoire (wie Anm. 13), 205 mit Anm. 1602. 58 Vgl. Charpin, Hammu-rabi (wie Anm. 13), 206ff. undders., Histoire (wie Anm. 13), 305ff.IndiesemZusammenhangistvonbesonderemInteresse,dassderPrototyp 12Rosel Pientka-Hinz formel gefeierte Stiftung einer Statue, die den Herrscher als Knig der Gerechtigkeit darstellt, fgt sich in dieses Bild. ImKodexammu-rapi,indenletztenJahrenderbeachtlichen KarrieredesKnigsentstanden,kulminierennunKnnen,Anspruch und Hoffnung eines herausragenden Herrschers. Als literarisches Meis-terwerkvereintdieInschriftaufeinzigartigeWeiseeineWrdigung derErrungenschaftenammu-rapisunddasSetzenseinesNamens fralleEwigkeit.59DesKnigsAnspruch,alsgerechterHerrscherin dasGedenkenderMenscheneinzugehen,alsHerrscher,deringttli-chemAuftragseinVolkrechtleiteteunddieGrundlagefreinege-rechte Ordnung auch in der Zukunft schuf, wird vielfltig thematisiert. ammu-rapis direkter AppellandieNachwelt,seineWortezu achten undalsVorbildinEhrenzuhalten,bindetnochnachfolgendeHerr-scher an sein Lebenswerk. ammu-rapi und der Sonnengott ammu-rapi betont immer wieder, im Auftrag des ama zu handeln, dessenWeisheitstelltdieeigentlicheQuellederdurchdenKnigver-wirklichten Gerechtigkeit dar. Folglich unterstreicht die Verherrlichung ammu-rapis als Knig der Gerechtigkeit eigentlich nur seine Frm-migkeitinsbesonderedemSonnengottgegenber.60Derihmvonden hchsten Gttern verliehene Name ammu-rapi, frommer Frst, Got-tesfrchtiger(s.o.)machtseinePositionierungbesondersdeutlich.In diesemZusammenhangsollteauchdieWeihungsowohlderTochter als auch der einzigen uns bekannten Schwester ammu-rapis zur nad-tum des ama in Sippar herausgestellt werden.61Mag es auch ein Zufall der berlieferung sein, da das einzige uns erhaltene Portrt62 des Knigs sich in der auf der Gesetzesstele abge-des Edikts des Ammi-s.aduqa hchstwahrscheinlich auf die Regierungszeit ammu-rapis zurckgeht.59 Zur Entstehungsgeschichte der Steleninschrift, die als Synthese einzelner Inschriften, JahresdatenformelnundHymnenammu-rapissowieltererGesetzestextever-standen werden muss, vgl. ausfhrlich Hurowitz, Literary Structures (wie Anm. 45). 60 Vgl. Charpin, Hammu-rabi (wie Anm. 13), 201ff. undders., Histoire (wie Anm. 13), 305mitAnm.1605.AuchdievonHurowitz,LiteraryStructures(wieAnm.45) durchgefhrteTextanalyseergabeinanteilmigesGleichgewichtzwischenPassa-gen, die ammu-rapis Gottesdienst und solchen, die sein soziales Engagement dar-stellen:...showthatinportrayingthekingforgodsandposterity,divineservice and social service were considered on an equal part (61). 61 Vgl.auchCharpin,Hammu-rabi(wieAnm.13),137undders.,Histoire(wieAnm. 13), 253 mit Anm. 1295 und 258. 62 DieswarkeinPortrtinunseremSinne;vgl.Charpin,Histoire(wieAnm.13),275 und277mitAnm.1440,sowieE.A.Braun-Holzinger/E.Frahm,LieblingdesMar-Zur Geschichtsberlieferung ammu-rapis von Babylon13bildetenZweisamkeitvonHerrscherundSonnengottwiederfindet,so bleibendochKompositionundAussagederSzenebemerkenswert. EbensowiedieliterarischeAusfhrungderSteleninschriftweistsich auchdieserbildhafteTeildurcheinebisdahineinzigartigeundstilis-tischvollendeteKompositionaus.63DasReliefimoberenDrittelder Stelezeigtammu-rapialsstehendenAdorantenvordeminaltbaby-lonischer Zeit nicht allzu hufig abgebildeten thronenden Sonnengott.64Sowohl die Profildarstellung der Kpfe, die den intensiven Augenkon-takt der beiden Figuren zult, als auch die Berhrung der von ama inderHandgehaltenengttlichenAttributemitammu-rapisArm stelleneinNovumdieserZeitdar.65DieSzene,inderammu-rapi aufgrundseinerstehendenHaltungsogaraufdenSonnengottleicht herabblickt,welcherwiederummitderzweitenHandaufdenHerr-scher weist und somit eine von sich ausgehende Aktion in dessen Rich-tungausfhrt,vermitteltdemBetrachtereineeindeutigeBotschaft:Es bestehteinebesondersengeBeziehungzwischenHerrscherundSon-nengott,wobeibeideFigurengleichrangignebeneinanderstehenund miteinanderkommunizieren.66 ammu-rapi huldigtseinemgttlichen duk Knig der Blasphemie. Groe babylonische Herrscher in der Sicht der Babylo-nierundinderSichtandererVlker,in:J.Renger(Hg.),Babylon:Focusmesopota-mischerGeschichte,WiegefrherGelehrsamkeit,MythosinderModerne(CDOG 2),Saarbrcken1999,131-156,hier:137ff.undAndr-Salvini,CodedeHammurabi (wie Anm. 38), 17f. 63 Vgl. jetzt ausfhrlich Elsen-Novk / Novk, Knig der Gerechtigkeit (wie Anm. 52), 142:DasZusammenspielderwohldurchdachten,ausgewogenenHarmonieder Komposition,derplastischenDarstellungsformderkrftigmodelliertenFiguren und der diese Plastizitt untersttzenden und gleichzeitig sich verselbstndigenden ErscheinungsweisedesverwendetenMaterialsmachtimWesentlichendenstheti-schenReizderDarstellungaufdemCodex ammurapiaus.ZursthetischenWir-kungderSteleimGanzengehrtauchdieErscheinungsweisederInschrift,diein einer archaischen, sehr gleichmig ausgebildeten Palographie und in klar struktu-rierten Kolumnen angeordnet ist. Selbst einder Schriftunkundiger Betrachter kann sich der Anziehungskraft des Schriftfeldes kaum entziehen.64 Vgl. Elsen-Novk / Novk, Knig der Gerechtigkeit (wie Anm. 52), 136 mit Anm. 19, sowie E.Bosshard-Nepustil, ZurDarstellungdesRings in der altorientalischen Iko-nographie,in:L.D.Morenz/D.Bosshard-Nepustil(Hgg.),Herrscherprsentation undKulturkontakte.gyptenLevanteMesopotamien.AchtFallstudien(AOAT 304), Mnster 2003, 49-79, hier: 66 mit Anm. 96-98. 65 VergleichbarsindnurdiesogenannteInvestiturdesZimr-LmausdemPalast von Mari (die wohl eher in die Zeit des Jadun-Lm zu datieren ist, vgl. Charpin, Hi-stoire [wie Anm. 13], 275 mit Anm. 1423), sowie einige Rollsiegel ebenfalls aus dem syrischenRaum.NachA.Otto,DieEntstehungundEntwicklungderKlassisch-Syrischen Glyptik (UAVA 8), Berlin / New York 2000, 173ff. mit Tafel 35, sind ganz hnlicheMotiveinderoffiziellenIkonographiedesReichesvonSamsi-Addunach-zuweisen. 66 Vgl.Elsen-Novk/Novk,KnigderGerechtigkeit(wieAnm.52),145:DieAu-genhheschlielich,diedenKnigaufdenGotthinabsehenlt,stelltinVerbin-14Rosel Pientka-Hinz Gegenber,whrenddieserseinemachterflltenInsignien67anden Knigheranfhrt,umdurchdieMachtderBerhrung68eineWei-tergabeseinergttlichenKrfteunddamitderBefhigung,ihmauf Erdenebenbrtighandelnzuknnen,zugewhrleisten.Einsolcher sicherlich ritualisierter Energiefluss ist m.E. als Teil des von W. Salla-berger69 beschriebenen Konzeptes der Einbindung des Herrschers in dieGtterweltzubetrachten,welchesunterbestimmtenVorausset-zungen(insbesondereinakkadischerundneusumerischerZeit)als Knigsvergttlichungverstandenwird.DerzwischenderMen-schen- und Gtterwelt vermittelnde ammu-rapi wird somit in seiner FunktionalsguterHirtezumSchutzgott,70lautSteleninschriftzur Sonne(s.o.),seinesLandes71undebendieserMomentderLegiti-mationundMachtverleihung,derdirekteKontaktzumSonnengott, derEingangingttlicheSphrenunddamitinsReichderUnsterb-lichkeitistaufammu-rapisDenkmalfralleEwigkeitinhartem Stein festgehalten.72dungmitderdurchdieextremeGlttungdesMaterialserreichten,geradezumys-tischverklrten,strahlendenWirkungderFigurenaufsubtileWeiseeineber-hhung ammurapis als Person dar. 67 AnstelledergngigenDeutungvonRingundStabbzw.Griffel(vgl.zuletztBoss-hard-Nepustil, Herrscherprsentation [wie Anm. 64], besonders 58ff.) sollte m.E. fr die hier behandelte Abbildung neben dem schwer zu deutenden Ring fr den zwei-tenGegenstanddieIdentifizierungmiteinerFackeldemSymboldesamain Erwgung gezogen werden. Eine solche goldene Fackel wurde anllich eines Gna-denerlasses(marum),derimNamendesamabekanntgegebenwurde,feierlich entzndet;vgl.Charpin,Hammu-rabi(wieAnm.13),115undders.,Histoire(wie Anm. 13), 240.68 ZurMachtderBerhrung,dieimmereinenAustauschzwischendenbeiden TeilhabernundeinedarausresultierendeZustandsvernderungbewirkt,wurden erste berlegungen auf der 52e Rencontre in Mnster (2006) vorgetragen, deren Pub-likation an anderer Stelle noch aussteht. 69 Vgl.W.Sallaberger,UrIII-Zeit,in:P.Attinger/M.Wfler(Hgg.),Mesopotamien. Akkade-ZeitundUrIII-Zeit(OBO160/3),Fribourg/Gttingen1999,119-390,hier: 152-156. 70 ManbeachtedieReduktionderursprnglichdreiteiligenEinfhrungsszeneauf KnigundGott,beiderfrdasMediumdereinfhrendenoderfrbittenden Gottheit kein Raum bleibt; vgl. auch Elsen-Novk / Novk, Knig der Gerechtigkeit (wie Anm. 52), 146. 71 Vgl. Sallaberger, Ur III-Zeit (wie Anm. 69), 154: es ist nicht die jeweilige Person, die Gttlichkeitbeansprucht,sonderndasAmtdesKnigswirdingttlichenRanger-hoben und damit der Inhaber dieses Amtes. 72 Damit mchte ich dem besonders ansprechenden Artikel von Elsen-Novk / Novk, Knig der Gerechtigkeit (wie Anm. 52) noch die Knigsvergttlichung als weitere Komponente hinzufgen.Zur Geschichtsberlieferung ammu-rapis von Babylon15Besteht zwar ber den juristischen Status der Gesetzessammlung selbst keinKonsens,73soistdochderGedenkschriftcharakterderInschrift insgesamtmittlerweilehinreichendherausgearbeitetworden.74 am-mu-rapisdirekterAppellandieNachwelt,seinDenkmalvondem wirwissen,dassinallenwichtigenTempelndesKnigreicheseinEx-emplarzur Schaugestellt wurde,75inkeinerleiWeise zuverndern,es inEhrenzuhaltenunddessenAnspruchsogarfortzufhren,unter-streichtdieenormeBedeutungdieserStelealsmnemotechnischesIn-strument. Der Knig legt dabei den Hauptakzent seines Schaffens nicht aufkriegerischeoderbaulicheAktivitten,sondernaufseineBem-hungen um Recht und Gerechtigkeit. Die damit unmittelbar verknpfte engeBeziehungzumSonnengott,diekniglicheinWortundBildzur SchaugestellteFrmmigkeitundHinwendungzuama,76lsstsich auchnochinanderenMomenten,besondersgegenEndeseinerRegie-rungszeit beobachten. 73 Vgl. zusammenfassend M. Stol, Wirtschaft und Gesellschaft in altbabylonischer Zeit, in:P.Attinger/W.Sallaberger/ M.Wfler(Hgg.),Mesopotamien.Diealtbabyloni-sche Zeit (OBO 160/4), Fribourg / Gttingen 2004, 641-975, hier: 654ff. und Charpin, Hammu-rabi (wie Anm. 13), 212ff.: ce texte est la fois le fruit dune tradition plu-risculaireetlersultatdelactivitjudiciaireproprecesouverain.Le Codede Hammu-rabi est dabord laboutissement dun processus accumulatif. Il appartient un genre littraire dont il nest pas la premire attestation () Ces Codes plus anciensontmanifestementinspirceluideHammu-rabi.()partirduncertain nombredecas traditionnels ,les Codes pouvaienttreaccrusparleprocd delavariation,grceauquellesverdictstaientproposspourdessituationsqui constituaient autant de casde figures,sans jamais puiser tous lespossibles ()Le Code de Hammu-rabi fut aussi le fruit de lactivit judiciaire du roi () En fait, il nyeutpasde rditionmisejour duCodedeHammu-rabi:lescopiespost-rieures que nous en possdons sont ne varietur. Sans doute en raison du prestige at-tach la figure de Hammu-rabi, on ne jugea pas possible (ou souhaitable) de com-pltercetexte,quirestadonctelquelunmonumentglorifiantlajusticeduroi() Le roi devant juger un cas difficile devait avant tout montrer sa sagesse (...) Le Code taitdunecertainemanireunmoyenpourleroiderendrelajusticepartoutet tous,commelindiquelpilogue ()Hammu-rabiavaitdecettemaniretrouvle moyendtredisponiblepourtoussessujets,cequitaituneobligationqueles dieux imposaient tous les souverains (). Vgl. auch ders., Histoire (wie Anm. 63), 313ff. 74 Vgl.zuletztHurowitz,LiteraryStructures(wieAnm.45)zueinerphilologisch-literaturwissenschaftlichen Analyse sowie Elsen-Novk / Novk, Knig der Gerech-tigkeit (wieAnm. 52) zu einer stilistisch-ikonologischen Studie des Kodex ammu-rapi.75 Vgl. Charpin, Histoire (wie Anm. 13), 310 mit Anm. 1625. 76 H.Klengel,KnigammurapiundderAlltagBabylons,Dsseldorf/Zrich1991, 180ff.,bezeichnetamaalspersnlichenGottammu-rapis.Vielleichtistdiese Vorliebe indenamurritischenWurzelndesKnigszufinden,teilterdochdieVer-ehrungdesSonnengottesmitSamsi-AdduundanderenNotablenNordsyriens;s. oben Anm. 65. 16Rosel Pientka-Hinz Sowidmetesichdermittlerweilegealterteammu-rapiamEnde seinerHerrschaftverstrktBaumanahmen,diedemSonnengottzur Ehregereichten.Seine42.JahresdatenformelerwhntdenBaueiner Festung namens Kr-ama, im nachfolgenden letzten Jahr des Knigs waresdieVerstrkungderMauervonSippar,77dasalsResidenzdes SonnengottesgaltundeinbevorzugterAufenthaltsortammu-rapiswar.78VielleichtsahderKnigseinenTodkommenundsuchteaus diesemGrundevermehrtdieNhedeslebens-undtrostspendenden Sonnengottes,derihmsonahestand.hnlichmotiviertknnteam-mu-rapi ineinemseinerletztenJahredenUnterweltsgottgndigge-stimmthabenwollen,indemerdemEmeslaminKuthabesondere Pflegeangedeihenlie.79VielleichtweisenalledieseHandlungenauf eine besonders menschliche, von Angst und Hoffnung erfllte Seite des ammu-rapi, des frommen Frsten, des Gottesfrchtigen hin. ammurapi zwischen Stammeszugehrigkeit und Vergttlichung MitderEroberungLarsasinseinem30.Regierungsjahr80erweiterte ammu-rapinichtnurseinHerrschaftsgebietinpolitischerHinsicht, gleichzeitig bernahm er auch die Verantwortung fr die Pflege neuer KulteundderdamiteinhergehendenreligisenVorstellungen.Wird sein Name wohl auch aus diesem Grunde von nun an gelegentlich mit demGottesdeterminativgeschrieben,81soknnenwirdocheinenre-gelmigen Gebrauch dieser sdbabylonischen Tradition nicht feststel-len.82 Selbst die wohl anlsslich dieses Ereignisses komponierte und auf einer Statue festgehaltene Hymne ammu-rapis83 schreibt den Knigs-namen ohne das vergttlichende Merkmal.77 Vgl. auch Frayne, Old Babylonian Period (wie Anm. 21), 348f. Nr. 12. Die von Char-pin, Histoire (wie Anm. 13), 332, geuerte Vermutung, dass der Knig aufgrund ei-nerHochwasserbedrohungzusolchenManahmengezwungenwar,musseiner hier angenommenen Bevorzugung des Sonnengottes nicht widersprechen. 78 Vgl. Charpin, Histoire (wie Anm. 13), 266 mit Anm. 1373. 79 Lautseiner40.Jahresdatenformel;vgl.auchdielangeInschriftbeiFrayne,Old Babylonian Period (wie Anm. 21), 345ff. Nr. 11. 80 Vgl. Charpin, Histoire (wie Anm. 13), 317ff. und Van de Mieroop, King Hammurabi (wie Anm. 14), 31ff. 81 Vgl. Charpin, Hammu-rabi (wie Anm. 13), 121. 82 ZudenwenigengreifbarenHinweisenaufeineArtderKnigsvergttlichungnoch in altbabylonischer Zeit vgl. Charpin, Histoire (wie Anm. 13), 238 mit Anm. 1205f. 83 Vgl. Wasserman, Bilingual Report (wie Anm. 21), 17: Since this conquest () had a crucialroleinthefutureofHammurabisexpansion,itisnotsurprisingthatthere waspropagandisticandideologicalmotivationtocommemorateitonaroyal statue. Vgl. auch Charpin, Histoire (wie Anm. 13), 323 mit Anm. 1681. Zur Geschichtsberlieferung ammu-rapis von Babylon17Dennoch finden sich immer wieder Hinweise darauf, da ammu-rapi sein Handeln durchaus als gttlich legtimiert begriff. Als wolle sie das fehlende Gottesdeterminativ dadurch ersetzen, betitelt der erhalte-neAnfangeinerebenfallssptzudatierendenInschriftdenKnigals Gott:Ich,ammu-rapi,GottseinesLandes(...).84IngleicherWeise erhobsichderKnigaufseinerGesetzesstelezumlichtspendenden Sonnengott von Babylon.85Diese Mittlerrolle des Knigs setzt auch eine Weihinschrift voraus, ausderhervorgeht,dasseinUntergebenerausLarsaeinekostbare Beterstatuette fr das Leben ammu-rapis weiht,86 als Zeugnis einer FrbittefrdenKnig,umandergttlichenGabeteilhabenzukn-nen.87WeiterhintrugenbesondersloyaleMitgliederausderUmge-bung des Herrschers zuweilen so aussagekrftige Namen wie ammu-rapi-muballit ammu-rapi ist derjenige, deramLebenerhlt!, am-mu-rapi-bniammu-rapiistSchpfer!odergarammu-rapi-amammu-rapiistmeineSonne!Namen,indenenderKnigsname einblicherweisetheophoresElementersetzt.88SolcheTendenzen lassen sich in der Folge auch in Zeiten seiner direkten Nachfolger beo-bachten und man darf sie als Zeichen seiner Popularitt auch in ande-ren Personenkreisen interpretieren. Neben ammu-rapi, der des Ver-trauens ist insbesondere ammu-rapi ist mein Gott spektakulr.89AusderWahlderKnigstitulaturwirddarberhinausdieKom-plexittdesProblems,mitdemsichammu-rapiinsbesonderenach derEroberungLarsasunddamitdessumerischgeprgtenSdens konfrontiert sah, deutlich. Auf der einen Seite stand der Knig ganz in seineramurritischenHerrschaftslinie,pflegteundehrtedasGedcht-nisseinerVorfahrenunddamitseineeigeneStammeszugehrigkeit 84 Vgl. Frayne, Old Babylonian Period (wie Anm. 21), 344 Nr. 10:1. 85 Vgl.auchHurowitz,LiteraryStructures(wieAnm.45),93f.:Furthermore,intwo casesthewordLUGALisnotparalleledasexpectedbyarrumbuthasbeensup-planted by the words amu and musi nrim. By doing so, Codex Hammurabi has introduced some parallelism, thereby elevating the style of the passage. At the same time, he has compared Hammurabi with ama, god of justice. 86 Vgl.Frayne,OldBabylonianPeriod(wieAnm.21)360Nr.2002,sowieCharpin, Histoire (wie Anm. 13), 242f. mit Anm. 1235f. und Andr-Salvini, Code de Hammu-rabi (wie Anm. 38), 19. 87 Vgl.Sallaberger,Ur-IIIZeit(wieAnm.69),153.Vgl.weiterekurzeWeihinschriften bei Frayne, Old Babylonian Period (wie Anm. 21), 361f. Nr. 2003 und 2004. 88 Vgl.Klengel, ammu-rapi(wieAnm.76),Charpin,Hammu-rabi(wieAnm.13), 142f. und ders., Histoire (wie Anm. 13), 261, sowie Sallaberger, Ur III-Zeit (wie Anm. 69), 154. 89 Vgl.Klengel, ammu-rapi(wieAnm.76)undHurowitz,LiteraryStructures(wie Anm. 45), 518f. mit Anm. 49. 18Rosel Pientka-Hinz wiekeinanderer,90aufderanderenSeitebetonteerseinegttliche ErwhlungalsneuerHerrscherberdasReichvonLarsa,bzw.wo-mglich sogar als ein zu ihnen aufgestiegener Herrscher. VielleichtsolltenInhaltundErscheinungseinerGesetzesstelein ebendiesem Lichtbetrachtetwerden. Als amurritischerKnigkonnte ammu-rapi nicht explizit als Gott auftreten, wenn auch von den Gt-ternlegitimiertundmitgttlicherMachtversehen.91AlsNachfolger einesRm-SnvonLarsa,derderKnigsvergttlichungwiedereinen hervorragendenPlatzinseinemHerrschaftsprogrammzugewiesen hatte,92musste ammu-rapiaberaucheinerbestimmtenKnigsideo-logieFolgeleisten,wollteerdasneuhinzugewonneneVolkseiner Regierung auf Dauer und in Frieden unterstellen. Somit knnte sein in WortundBildsorgfltigdurchstrukturiertesDenkmal,welcheszwei-felloszurReglementierungundStabilisierungdesneuenReichesbei-tragensollte,auchalsSyntheseseinerBemhungenverstandenwer-den,allendiesenanihngestelltenideologischenAnsprchengerecht zu werden. Eine solche Annahme wrde die erwhnte Zurckhaltung dervergttlichtenberhhungammu-rapiserklren,aberauchdie besondereStellungundaufflligeEinzigartigkeitderGesetzesstele. War ammu-rapidochderersteamurritischeHerrscher,dersowohl Nord-alsauchSdbabylonienvereinenkonnteunddieVerbindung zwischen diesen beiden Kulturbereichen herstellen musste.93Schlielichdarfberdienochvondemsterbendenammu-rapiselbstgetroffeneWahlseinesNachfolgers94spekuliertwerden.Mgli-cherweiseverliefdieseganzindemgeradebeschriebenenSinne.Es flltauf,dassdiebeidenhinlnglichbekanntenShneSm-ditana undMutu-Numaa,95inderSprachwahlganzinderdynastischen Kontinuittgehalten,96nichtdemVateraufdenThronfolgten,son-dern ein Sohn namens Samsu-iluna, ber dessen Jugend absolut nichts 90 S. oben Anm. 44. 91 Dabei ist nicht das grundstzliche Problem des Widerspruchs zwischen dynastischer Herrscherabfolge und gttlicher Legitimation gemeint (vgl. dazu Charpin, Hammu-rabi[wieAnm.13],234f.),sonderndasinLarsanochvorherrschendeKonzeptder Knigsvergttlichung. 92 Vgl. zuletzt R. Pientka-Hinz, Rim-Sn I. und II., Reallexikon der Assyriologie und Vorderasiatischen Archologie Band 11 (2007), 367-371, hier: 370. 93 Zu den administrativen Herausforderungen, die die Etablierung eines neuen Kalen-dersundeinerneuenRechtsgltigkeit,dasProklamiereneinesGnadenerlassesso-wie die Einteilung in zwei Provinzen betrafen, vgl. Charpin, Histoire (wie Anm. 13), 323f. und Stol, Wirtschaft (wie Anm. 73), 698f. und 735ff. 94 Vgl.Charpin,Histoire(wieAnm.13),269mitAnm.1390und333,undnunauch K.R. Veenhof, Letters in the Louvre (AbB 14), Leiden / Boston 2005, 121:130. 95 Vgl. oben Anm. 14. 96 Vgl. Charpin, Hammu-rabi (wie Anm. 13), 135. Zur Geschichtsberlieferung ammu-rapis von Babylon19bekanntist.97ErstmitdemTageseinerThronbesteigungerfahrenwir von ihm. Darf man hier die Vergabe eines der nicht allzu hufig nach-zuweisendenThronnamenvermuten,inderdurchausamurritischen WortwahldennochdemeinenGotthuldigend,dersowohlinSippar alsauchimHaupttempelvonLarsaresidierteunddenammu-rapiam Ende seines Lebens so sehr verehrt hat? Dann knnte auch dies als letzteManahmedesscheidendenKnigsgewertetwerden,derVer-einigungseinerbeidenReichenochfrdieZukunftStabilittzuver-leihen,indemerdenSonnengottzumSymboldergeeintenReiche erhobausgedrcktimThronnamenseinesSohnesundneuenHerr-schers: der Sonnengott ist unser (gemeinsamer) Gott! ammu-rapis Weiterleben Wenn1000JahreeinekleineEwigkeitdarstellen,dannknnenam-mu-rapis Ambitionen, seinen guten Namen auf ewig in den Mund der Menschenlegenzuwollen,rckblickendalsErfolgbewertetwerden. ammu-rapi konnteerreichen,TeildermesopotamischenErinne-rungskulturzuwerden,wobeiinsbesonderederRezeptionseinerSte-leninschrift eine Schlsselrolle zukam.98Der Kodex mitsamt seinem Prolog und Epilog wurde viele Genera-tionen lang abgeschrieben, ja regelrecht studiert. Wir kennen Dutzende DuplikateundAuszgedesTextes,aberauchKommentare,Katalog-eintrgeundzweisprachigeVersionen.Bereitsinderaltbabylonischen ZeitfindensichAbschriftenbestimmterKapiteldesGesetzesteils,die manzustzlichmitstrukturierendenberschriftenversah.Zudemfertigtemanschonbaldsumerischebersetzungenan.DieinderRe-gierungszeitderunmittelbarenNachfolgerammu-rapisverfassten EdikteknntendurchausalsReflexaufdiegesetzgeberischeTtigkeit eines vorbildlichen Knigs verstanden werden sozusagen als literari-sche Antwort mit ideologischem Anspruch. Noch tausend Jahre spter kopiertemandenGesetzestext,wieeinsptbabylonischesManuskript bezeugt, welches ursprnglich 14 Tafeln umfasst haben soll. 97 Vgl. Charpin, Histoire (wie Anm. 13), 336 mit Anm. 1749. So wurde darber speku-liert, ob der angeblich ltere Sohn Sm-ditana eventuell vor seinem Vater verstor-ben oder gar in Ungnade gefallen war; vgl. Van de Mieroop, King Hammurabi (wie Anm. 14), 112. 98 Vgl.zusammenfassendBraun-Holzinger/Frahm,LieblingdesMarduk(wie Anm. 62), insbesondere 143-147; Charpin, Hammu-rabi (wie Anm. 13), 271ff.; Andr-Salvini,CodedeHammurabi(wieAnm.38),47ff.;VandeMieroop,KingHammu-rabi (wie Anm. 14), 128ff. und besonders ausfhrlich jetzt Hurowitz, Literary Struc-tures (wie Anm. 45). 20Rosel Pientka-Hinz Der Kodex ammu-rapi gehrte eindeutig zu Mesopotamiens intellek-tuellemErbe.ImGegensatzzudenanderenmesopotamischenGeset-zestexten, die ihren eigenen Zeitrahmen nicht berdauerten, wurde der Kodex gemeinsam mit anderen Textgattungen wie lexikalischen Listen undOmenkompendienTeildessogenanntenTraditionsflusses,und zwar sowohl in Babylonien als auch in Assyrien. Literarische Aspekte, nichtzuletztdielistenartigeAnordnungdereinzelnenFlle,mgen dazubeigetragenhaben,dieSammlungalsliterarischeEinheitzutra-dieren.IstdochdieInschriftobwohlvonammu-rapi neukompo-niertselbstalseinTeiltraditionellerEntwicklungzusehen,deren Hhepunkt sie zweifelsohne darstellt. ammu-rapiwredemnachalskniglicherAuftraggeberdieser Gesetzessammlunganzusehen,alsMzeneinerkleinenSchreiberelite, die diese ganz besondere Liste in seinem Namen zusammenstellte und miteinemhistorisch-literarischenRahmenversah,welcherwiederum dieGesetzeinihrenpolitischenKontextsetzteunddieRolledesK-nigsalsvondenGtternautorisierterBeschtzerundVerwalterder Gerechtigkeit hervorhob. ammu-rapi hatte also tatschlich vollbracht, was schon viele Herrscher vor ihm angestrebt, aber in diesem Ausma lngstnichtimmererreichthaben:erhatsicheinenNamengesetzt, sichinSteingemeieltaufseinemDenkmalverewigt,alsKnigder Gerechtigkeit.Alssolcheristerauchindiegelehrteberlieferungs-tradition eingegangen. Noch ein aus Ninive stammendes privates Text-verzeichnis, welches ammu-rapis Gesetzestext neben dem babyloni-schenFrstenspiegelnennt,knntealsspterReflexdieses Prestigetitels gelten. Lautet doch gleich die erste knigliche Verfehlung des als Verhaltenskodex fr Knige verstandenen Werkes: WennderKnigaufdasRechtnichtachtet,werdenseineMenschenin Verwirrung geraten; das Land wird verwstet werden.99EinaufschlussreicherTextausderneubabylonischenZeit,dereine detaillierteKenntnisdesgesamtenKodexammu-rapi verrt,be-schreibteinvonsozialerUngerechtigkeitundKorruptiongeplagtes Land, welches nach Ankunft des nicht namentlich genannten gerechten KnigsmithilfevonGesetzgebung,Gerichtshfenundausgewogener Rechtsprechungreformiertwurde.BeiderIdentittdiesesHerrschers 99 NachW.vonSoden,DerbabylonischeFrstenspiegel,in:Weisheitstexte,Mythen undEpen(TUATIII/1),Gtersloh1990,170-173,hier:171.Vgl.Hurowitz,Literary Structures (wie Anm. 45), 506: The inclusion of both compositions in a private col-lectionmayindicatethattheownerhadsomeparticularinterestinenlightened monarchy and sound governance. Zur Geschichtsberlieferung ammu-rapis von Babylon21sollte es sich um einen der beiden Babylon-Knige Nebukadnezar oder Nabonid handeln. Zahlreiche markante Phrasen und Floskeln aus Pro-log, Epilog sowie den Gesetzen des Kodex ammu-rapi sind in diesen rundtausendJahrejngerenTextdergestalteingesponnen,dasich der gerechte Knig wahrlich als neuer ammu-rapi prsentiert.100UmOrdnungundUnordnungrankensichauchmehrerereligis-literarischeDichtungen,diegemeinsammitderAnfangszeiledesKo-dex ammu-rapi auf einer spten Kommentartafel zitiert werden:101 Im WeltschpfungseposEnmaeli wirddieWeltordnungfestgelegt.In derGeschichtevomleidendenGerechtenLudlulblnmeqi stehtder einvermeintlichvorbildlichesLebenfhrendeProtagonistpltzlich absolutemVerfallgegenber,VoraussetzungfrdieThematikvon SndeundSndenlsung.WennimAnzu-MythosdiegesamteWelt-ordnungbedrohtist,soverweistdiesimplizitaufdasZieldesKodex ammu-rapi, eine gerechte Ordnung aufrecht zu erhalten.102DiedurchwegpositivgeprgteErinnerungandiePersnlichkeit des ammu-rapihatdiesenschlielichauchinVerbindungmitma-gisch-medizinischenHeilverfahrengebracht.103HeilkrftigeWirkung versprachmansichnochim1.Jahrtausendvoneinemnachdembe-rhmtenHerrscherbenanntenAmulettkettentyp104sowieeinerbe-stimmtenAugensalbe.Medizinisch-prophylaktischeVerordnungen, dieausdemPalastammu-rapis,desKnigsdesAllskopiertwur-den, finden sich auf einer neuassyrischen Tafel aus Assur. AndiepolitischenErfolgeammu-rapis105erinnernnebenzwei historischenOminaEintrgeinListenvonJahresdatenformeln,K-nigslistenundChroniken.SeingrterFeldzuggegenRm-Snvon 100 Vgl. ausfhrlich Hurowitz, Literary Structures (wie Anm. 45), 507ff. 101 Vgl.Hurowitz,LiteraryStructures(wieAnm.45),506:Interestingly,mostofthe workscitedinthiscommentaryareconnecteddirectlywithMarduk()Ifso,this tabletmaybeevidencethatLHhadreligioussignificance,beingsomehowassoci-ated with worship of Marduk. 102 DasdieserTextzusammenstellungzugrundeliegendePrinzipfestzustellen,bleibt schwierig.OrdnungundUnordnunglegensichnahe;vgl.auchdievorangehende Anmerkung. 103 Vgl. Braun-Holzinger / Frahm, Liebling des Marduk (wie Anm. 9), 145 und 147 und Hurowitz, Literary Structures (wie Anm. 45), 528f. 104 NachAndr-Salvini,CodedeHammurabi(wieAnm.38),16,handeltessichviel-leichtumdieaufderStelevonammu-rapi selbstgetrageneKette.Verfolgtman diesenGedankenweiter,istdaraufhinzuweisen,dassdievorderSteleaufgestellte KnigsfigurKnigderGerechtigkeitebenfallseinesolcheKette,hiertatschlich ausdeneinzelnenSteinenzusammengesetzt,umdenHalsliegenhatte.DieKette wardahereinvermutlichnochvielenGenerationenvonVerehrerndesgroenK-nigs zugngliches Schmuckstck. 105 Vgl. Braun-Holzinger / Frahm, Liebling des Marduk (wie Anm. 62), 146. 22Rosel Pientka-Hinz Larsa ist in der Chronik der frhen babylonischen Knige dokumen-tiert. Es verwundert nicht, dass diese Schlacht, die ihm die Herrschaft berganzSdbabylonienverschaffte,zurBegrndungseinerbeson-derenEhrebeitrug.AlspolitischeIdentifikationsfigurwurdeernoch im8.JahrhundertvondenHerrscherndesamEuphratgelegenen KleinstaatesvonSuubetrachtet,diesichalsdessenNachfahrenlegi-timierten.106ammu-rapis Inschriften, die des Knigs Namen in seiner Rolle als Tempelstifterund-bewahrerverewigenundnachfolgendeKnigezur Ehrerbietung anhalten sollten, erfllten noch zu Zeiten des letzten neu-babylonischen Herrschers ihren Zweck. Bei der Restauration des Ebab-bar-TempelsinLarsafandNaboniddieGrndungstafeldesvorange-gangenen Knigs und verkndete: Ich sah eine Inschrift von ammu-rapi, einem alten Knig, der 700 Jahre vorBurnaburiadenEbabbar-TempelunddieZikkurratfrdenSonnen-gott ama auf den alten Fundamenten erbaut hat.107Obwohl ammu-rapihiernichtmehrmithistorischkorrektenBegrif-fen erfat wurde (der neubabylonische Knig irrte sich um nicht weni-gerals300Jahre),offenbartsichdennochammu-rapisAnsehenals legendrer Knig, an dessen Namen man sich erinnerte. EinewohltuendeWirkungversprachsicheinneubabylonischer SchreiberlehrlingausBosippa,indemereineBauinschriftammu-rapis kopierte und als Weihgeschenk dem Gott Nab in seinen Tempel Ezida gab: Fr sein Leben, Glck und Erhrung seiner Gebete.108EbensowenigverfehltendiebemerkenswerterweiseauchaufStelen bzw.StatuengeschriebenenHymnenammu-rapis,diesomitdie monumentaleTraditionmitderkanonischenverknpften,109die 106 Vgl. Hurowitz, Literary Structures (wie Anm. 45), 527. 107 Vgl. Hurowitz, Literary Structures (wie Anm. 45), 521. 108 Vgl. Braun-Holzinger / Frahm,Liebling desMarduk (wieAnm. 62), 145f.mitAnm. 67.DadieseStiftungvoreinigenJahrenalsantikeFlschungerkanntwurde,bleibt fraglich,obsichdieerhoffteWirkungeinstellte;vgl.Hurowitz,HammurabiinMe-sopotamian Tradition, in: Y. Sefati u.a. (Hgg.), An Experienced Scribe Who Neglects Nothing. Ancient Near Eastern Studies in Honor of Jacob Klein, Bethesda 2005, 497-532, hier: 520 mit Anm. 53. 109 Vgl. Braun-Holzinger / Frahm,Liebling desMarduk (wieAnm. 62), 146f.mitAnm. 71 und s. oben Anm. 83. Zur Geschichtsberlieferung ammu-rapis von Babylon23erhoffteWirkung.DasInteresseandenhymnischenMonumentalin-schriften ammu-rapis bestand,nachinderSippar-Bibliothekgefun-denenneubabylonischenAbschriftendieserWerkezuurteilen,bisins 1. Jahrtausend fort.110Aufgrund der schriftlichen Hinterlassenschaften seiner Nachfolger liegt nahe, dass Knig ammu-rapi eine in weiten Kreisen der Bevlkerung beliebtehistorischeFigurgewesenseindrfte,dessenproklamiertes Ziel, sich einen guten Namen zu setzen, sich erfllt hatte. In welchem Ausma dabei auch mndliche Tradierungsformen eine Rolle spielten, lsst sich nur noch erahnen.111ammu-rapis Winkelzug ammu-rapikanntedieMechanismendesSich-einen-Namen-Setzens genau und bediente sich ihrer in vollendeter Weise. Ruhmvol-len Taten folgte wie bei jedem Knig vor ihm auch eine eindrucks-volle Vermittlung derselben durch monumentale Bilder sowie Gedenk-inschriftenundHymnen.ammu-rapiwussteaberauchumdieganz eigeneBedeutungderSchreiberschulen,welcheRollediesenbeider TradierunggeradeauchdervonihmselbstzurVerschriftlichungbe-auftragtenTextezukam.Sokommtesnichtvonungefhr,dassder Knig,alseraufseineausgesprochenerfolgreicheVergangenheitzu-rckblickenkonnteundvermutlichbereinentsprechendesMacht- undSelbstbewutseinverfgte,112sicheinemauergewhnlichen Projekt widmete seiner Gesetzesstele. Mit ihr gab er ein Werk in Auf-trag,dasdenzeitgenssischenRahmen beiweitemsprengte.Indemer esalsStandardimganzenLandverbreitenundalsTeildesSchreiber-curriculumausweisenlie,sorgteerfrseinedauerhafteVerbrei-tung.113 Als Knig der Gerechtigkeit lie er sich im ganzen Land fei-110 Vgl. Braun-Holzinger / Frahm, Liebling des Marduk (wie Anm. 62), mit Anm. 72 111 Vgl. Radner, Macht des Namens (wie Anm. 16), 4: ... da sie sich durch ein frucht-baresNebeneinandervonschrift-undbildgesttzterundvonkrpergebundener Memorialkulturauszeichneten.GeradezurVerewigungdesNamenswurdenalle dieseMglichkeitenverwendet,unddieSchwierigkeit,imnachhineindieBedeu-tungderverlorenenmndlichenTradierungangemessenzuwrdigen,solltenicht darberhinwegtuschen,daessichdabei,aufdiegesamteBevlkerungbezogen, sicherlich um den wichtigsten Faktor in der Gedchtniskultur handelte. 112 ZudemVersucheinerCharakterstudieammu-rapisvgl.VandenMieroop,King Hammurabi (wie Anm. 14), 112ff. 113 Vgl. Braun-Holzinger / Frahm, Lieblingdes Marduk (wie Anm. 62), 55: Eine wirk-lichbedeutende,weilexemplarischeRolleimGedchtnisderNachweltkamaber nurdenjenigenHerrschernzu,derenTatenEingangineinenschriftlichenoder mndlichenTraditionsstromfanden.DieseFormderErinnerunghattezwarihre 24Rosel Pientka-Hinz ern, als oberste Rechtsautoritt stellte er sich fr alle Zukunft unter den SchutzderGtter.UndalsRechtsbeistandfrjeglichenRatsuchenden unterseinenUntertanenstanderauchnochnachseinemAblebenin den groen Tempeln des Landes bereit, war sichtbar, hrbar und sicher auchdurchBerhrungderStelenerfahrbareinePrsenz,dieindie-sem Ausma noch kein Knig vor ihm inszeniert hatte. Seine Frsorge lieersichinGebetenentgelten(s.o.),somitkonntesichammu-rapiauchdermndlichenTradierungseinesNamensinderbreitenBevl-kerung gewiss sein. DieimoberenBereichderSteledargestellteZweisamkeitvonKnig undSonnengott,inengerVerbindungeinanderzugewandtundden BereichdergttlichenSphreteilend,hltfralleEwigkeitdenent-scheidendenMomentinammu-rapisLebenfest,denbergangvom einfachenMenschenzurSonneBabylons,d.h.alsHerrschereines vereinigten nord- und sdbabylonischen Reiches.spezifischeEigendynamik,einHerrscherkonntejedochversuchen,siedurcheine entsprechendausgerichteteMedienpolitikzumindestanzustoen.Hammurapitat dies,indemerdafrsorgte,daseinGesetzeswerkzumGegenstanddesStudiums angehender Schreiber wurde. Zur Geschichtsberlieferung ammu-rapis von Babylon25AbstractTheissueofdeathandimmortalitywasoneofthemajorconcernsof everyancientNearEasternking,and,alsoofHammurapiofBabylon. The preservation of several genres of texts that were written in his na-me were thought to guarantee him an afterlife in the Babylonian collec-tivememory.Thearticleclaimsthatit wastheconcernofthisOldBa-bylonian king about a perpetual memory that provided the major spur forhimtoauthorizethecompositionofawidevarietyandanexcep-tionalnumberoftexts.ItpresentsHammurapiseffortstoextendthe glory of his name beyond his death, and his success in this endeavour.Thearticledwellsonfivecentralaspectsofhisfame:hisworkasan emperorandconqueror,hisfeatsasbuilderoftemples,citywallsand canals together with his function as a supporter of the gods, his dedica-tion to guaranteeing justice and order, and his close relation to the sun godama.Hiscompositionofthelawcode,inparticular,servedto establish his good reputation as an in some ways even deified king.Geschichte oder Geschichten zum literarischen Charakter der hethitischen Historiographie Jrg Klinger WelchesVerhltnisdieKulturendesaltenVorderasienszuihrereige-nenVergangenheitbesaen,d.h.inwelchemBezugsiezuihrerGe-schichtestandenundwiesichdiesinihrerschriftlichenberlieferung niederschlgt,wurdeundwirdzunehmendintensiver,undzugleich durchauskontroversdiskutiert.1Etwasschematisiertlassensichzwei kontrreSchulenunterscheiden,diemanvereinfachendmitdenNa-menW.W.Hallobzw.M.Liveraniidentifizieren2undderenunter-schiedlichequellenkritischeAnstzemanmitdemBegriffspaarmini-malistisch vs. maximalistisch charakterisieren kann. Demgegenber hat J. Renger in einem wesentlichen und anregenden berblicksartikel zum mesopotamischenGeschichtsbezugdieMeinungvertreten,eshtteim AltenMesopotamiengarkeineHistoriographieimklassischenSinne gegeben. Deshalb lehnte er die Verwendung von Begriffen wie Anna-lenoderChronikengrundstzlichab;selbstdieEinschtzungder umfangreichen,gemeinhinalsannalistischbezeichnetenumfangrei-chenKorporaderassyrischenKnigealsGeschichtsschreibunghlter fr verfehlt, da sie nicht der Aufzeichnung historischer Ereignisse, son-dern nur der Glorifizierung des jeweiligen Herrschers dienten.31 VoreinigenJahrenwidmetesichdie45.RAI(1998)spezielldiesemThema;vgl. T. Abuschetal.(Hg.),HistoriographyintheCuneiformWorld.Proceedingsofthe XLVe Rencontre Assyriologique Internationale, Bethesda 2001. 2 Vgl.etwadiegrundstzlicheundfrdieweitereForschungfolgenreicheStellung-nahmevonM.Liverani,MemorandumintheApproachtoHistoriographicTexts, OrNS 47, 1973, 178-194 und, auch in Reaktion darauf, etwa W. W. Hallo, New Direc-tionsinHistoriography(MesopotamianandIsrael),in:M.Dietrich/O.Loretz (Hgg.), (Fs. W. H. Ph. Rmer, AOAT 253), Neukirchen-Vluyn 1998, 109-128. 3 Vgl.J.Renger,Knigsinschriften.B.Akkadisch,in.D.O.Edzard(Hg.),Reallexikon der Assyriologie, Bd. 6, Berlin New York, 1980-83, 65-77; sowie ders., Vergangenes GescheheninderTextberlieferungdesaltenMesopotamien,in:H.-J.Gehrke/ A. Mller(Hgg.),VergangenheitundLebenswelt.SozialeKommunikation,Traditi-onsbildungundhistorischesBewutsein,Tbingen1996,9-60,bes.12und22;bzw. ders., Betrachtungen zu den Inschriften assyrischer Herrscher im 8. und 7. Jahrhun-28Jrg Klinger TrotzdieserintensivenBeschftigungmitdeneinschlgigenQuel-len,geradeauchuntermethodischenGesichtspunkten,hatsichauer-halbderengerenFachgrenzendieEinschtzungderhistoriographi-schenLeistungderKeilschriftkulturendagegenbisheutenicht grundstzlichgewandelt.4SelbstdergegenberderAltorientalistikso aufgeschlossene Neue Pauly beginnt unter dem Stichwort Geschichts-wissenschaft/Geschichtsschreibungwieselbstverstndlicherstmit denGriechen,mitHerodot,ThukydidesundXenophon.5Undunter demStichwortGeschichtsmodellefindetsichderfolgendebemer-kenswerte Absatz:6GrundlegendeUnterschiedemod.Geschichtsauffassungenbestehenzu denimAltenOrient(gypten,Hethiter,Iran,Mesopotamien)vorhande-nenModellen.DortistdieGeschichtsschreibungalsListevonEreignissen undHerrschernkonzipiertworden.DieorientalischeGeschichtsschrei-bung wurde durch die Griechen berwunden (...) Esdrftegelindegesprochensehrverkrztsein,dieGeschichts-schreibung des Alten Orients nur auf die Form der Liste von Ereignis-sen und Herrschern7 zu reduzieren und somit innerhalb der Historio-dertv.Chr.,in:W.Sallaberger/K.Volk/A.Zgoll(Hgg.),Literatur,Politikund Recht in Mesopotamien,(Fs. C.Wilcke, Orientalia Biblica et Christiana 14), Wiesba-den 2003, 229-236. Diese Position steht immerhin in einer gewissen Nhe zu M. Live-rani. Freilich wre zu fragen, ob die starke Betonung z.B. des Stiftungsvermerks oder einerreinfunktionalorientiertenKlassifizierungalsWeih-bzw.Komme-morativinschriften,wiesiegeradeRengervertritt,angesichtsderdochunverkenn-barengrundstzlichenVernderung,diedieserInschriftentypusdurchdieimmer umfangreicherenannalistischenPassageninderFortentwicklungderassyrischen Traditionerfhrt,undeinerdarinmglicherweisezumAusdruckkommendensich verschiebendenIntentiondurchdieBetonungvonAspekten,diesichzunehmend nur noch einer Konvention verdanken, tatschlich adquat erfassen kann. 4 BedauerlicherweisebergehtderansonstenausgesprochenlesenswerteSammel-bandvonJ. Assmann/K.E.Mller(Hgg.),DerUrsprungderGeschichte.Archai-scheKulturen,dasAltegyptenunddasFrheGriechenland,Stuttgart2005die keilschriftliche Tradition gnzlich. 5 Vgl.J.M.Alonso-Nnez,s.v.Geschichtsmodelle,in:DNPXIV:Rezeptions-und Wissenschaftsgeschichte (2000), 184f. 6 Alonso-Nnez,Geschichtsmodelle(wieAnm.5),160.Bemerkenswertbleibthier aberderHinweisaufdenRezeptionsaspekt,deralseigentlichausschlaggebendfr dieberwindungdurchdiegriechischeGeschichtsschreibungnamhaftgemacht wird,whrendansonstenlediglichdaskaumtragfhigeformaleArgumentder MonumentalinschriftinsFeldgefhrtwird.DieFrage,welchenAdressatenbezug dieseFormderaltorientalischenHistoriographiehat,istdavonunberhrtundhat ihreBerechtigung;vgl.dazuE.Frahm,EinleitungindieSanherib-Inschriften(AfO, Beiheft 26), Wien 1997, 115ff. 7 AusderumfangreichenLiteraturzurspezifischenFunktionderListeinnerhalbder altorientalischenHistoriographietraditionsei hier nur auf C. Wilcke, Gestaltetes Al-tertum in antiker Gegenwart: Knigslisten und Historiographie des lteren Mesopo-Zum literarischen Charakter der hethitischen Historiographie29graphiegeschichte den Alten Orient als eine weitgehend zu vernachls-sigendeGredarzustellen.8AndieserSituationkonnteauchwenig ndern,daspeziellvonSeitenderhethitologischenForschung,die zumindestinTeilendentraditionellenalthistorischenFachdisziplinen nherstand,gegendieseGeringschtzungodermansolltevielleicht besser von einer mangelnden Aufmerksamkeit sprechen fr die keil-schriftliche berlieferung anargumentiert wurde. Die junge Wissenschaft der Hethitologie entwickelte sich erst im Anschlu an die Lsung des hethitischen Problems, der Entdeckung desindogermanischenCharaktersderhethitischenSprache,durch B. Hrozn im Jahre 1915. Es gehrt zu ihren grten Leistungen inner-halb nur relativ weniger Jahre eine ganze Reihe der vor allem in histo-rischerHinsichtbedeutendstenQuelleninwissenschaftlichenEditio-nenaufgearbeitetunddamitderForschungzugnglichgemachtzu haben. Nur durch diese Leistung war es mglich, da bereits sehr frh durchsobedeutendehistoriographischeWerkewiedieCambridgeAn-cientHistory(seit1924)oderE.MeyermitseinerwirkmchtigenGe-schichte des Altertums (1928 bzw. 1931) erste Abrisse der hethitischen GeschichteaucheinembreiterenKreisbekanntwurden,bevordann vor allem A. Goetze mit seinen diversen Publikationen von Texteditio-nenund-bearbeitungeneinerseitsbzw.zusammenfassendenDarstel-lungen andererseits die Forschung ganz erheblich voranbrachte.9tamien,in:D.Kuhn/H.Stahl(Hgg.),DieGegenwartdesAltertums.Formenund FunktionendesAltertumsbezugsindenHochkulturenderAltenWelt,Heidelberg 2001, 93-116, verwiesen. 8 Nicht zuletzt setzt eine derartige Sichtweise eine gleichsam natrliche Vorstellung von dem voraus, was als historisch relevant zu gelten hat; vgl. dagegen W. Sallaber-ger,VonpolitischemHandelnzurituellemKnigtum,in:B.NevlingPorter(Hg.), Ritual and Politics inAncient Mesopotamia (AOS, 88), New Haven 2005, 63-93, der vorallemfrdielteremesopotamischeZeiteineFokussierungdeskniglichen Handelns auf eine dem politischen Alltagsgeschft enthobene Ebene herausarbeitet, inderdieDarstellungprofaner(historisch-politischer)EreignissekeinenRaumhat: Im Laufe der Zeit verlor jedenfalls das Politische seine Bedeutung als Faktum, das in monumentalen Inschriften dargestellt wird. (ebd., 87). 9 Vgl. zu den einschlgigen Texteditionen und den Darstellungen die Zusammenstel-lung bei J. Klinger, Historiographie als Paradigma. Die Quellen zur hethitischen Ge-schichteundihreDeutung,in:G.Wilhelm(Hg.),Aktendes4.Hethitologischen Kongresses Wrzburg 1999 (StBoT 45), Wrzburg 2001, 272-291. Bereits im Jahr 1914 war aus der Feder von E. Meyer die kleine Monographie Reich und Kultur der Che-titerinderneugeschaffenenReiheKunstundAltertum.AlteKulturenimLichte neuerForschungalsBand1beimVerlagKarlCurtiusinBerlinerschienen.Eine Darstellung, die noch vollkommen ohne die Kenntnis der in der hethitischen Haupt-stadt seit einigen Jahren gefundenen, aber noch weitgehend unverstndlichen Texte verfatwurde.SieberuhtvornehmlichaufdenarchologischenZeugnissen(das Buch enthlt mehr als 100 Abbildungen) undden sonstigen Quellen, d.h. vor allem denen aus gypten. Demgegenber stellten die Arbeiten von A. Goetze, Das Hethi-30Jrg Klinger A. Goetze war es auch in erster Linie, der bereits sehr frh nicht nur den Wert der hethitischen berlieferung als historische Quelle betonte, sondernderebendiesenWerkenaucheinebesondereStellunginder GeschichtederHistoriographieallgemeinzuschriebundaufihrenbe-sonderenkulturgeschichtlichenWertverwies10,indemervoneinem hethitischenGeschichtsbewutseinsprach,dassozumerstenMale inderWeltgeschichteseinenliterarischenNiederschlaginFormdes historischenBerichtsgefundenhabe,11VorallemaberGoetzesAn-sicht,dieerimbrigennieeingehenderbegrndete,dadarberhin-ausgeradediehethitischenQuelleneineArtVorbildcharakteroder Modell fr die jngeren mittelassyrischen Knigsinschriften abgegeben htten,wurdeundwirdbisheuteimmerwiederaufgegriffen,aber nicht eigentlich belegt.12 Nach wie vor stellt die Aufarbeitung der hethi-tischenHistoriographieundihrerBedeutungfreineallgemeineHis-toriographiegeschichte ein Desideratum der Forschung dar.13ter-Reich,Leipzig1928undders.,Hethiter,ChurriterundAssyrer.Hauptliniender vorderasiatischenKulturentwicklungimII.Jahrtausendv.Chr.Geb.,Oslo1936, demdiehethitischenQuellenbestensvertrautwaren,einengewaltigenFortschritt dar. Goetze selbst hatte zum Zeitpunkt des Erscheinens des Buches Deutschland be-reits verlassen mssen. 10 ZunochweitergehendenEinschtzungenspeziellderhethitischenHistoriographie etwa durch E. Forrer vgl. Klinger, Historiographie (wie Anm. 9), 273 Anm. 3. 11 Goetze, Hethiter (wie Anm. 9), 73. 12 Vgl.H.Roszkowska-Mutschler,ZudenMannestatenderhethitischenKnige,in: P. Taracha(Hg.)SilvaAnatolica(AnatolianStudiespresentedtoMaciejPopkoon the occasion of his 65th birthday), Warschau 2002, 288-300, 289, die von einer im Al-tenOrientansonstennichtanzutreffendenhistoriographischenKompetenzderHe-thitersprichtundspeziellindenAnnalenderhethitischenKnigeeinneueslite-rarischesGenresieht,dasimAltenOrientohnedirektesVorbildsei(ebd.,292). AlsCharakteristikawerdengenannt:DievorrangigeDarstellungmilitrischerLeis-tungen, die annalistische Form, die nicht weiter definiert wird, und die Abfassung inder1.Person,wasaber,wieeinschrnkendfestgestelltwird,schonnichtfralle Texte gilt, die dem Korpus (dazu s. die Aufzhlung ebd., 291) zugeschlagen werden. Angesichts der Allgemeinheit der genannten Kriterien und der formalen und inhalt-lichenVielfaltgeradeauchltererhistoriographischerInschriftenMesopotamiens erscheint eine solche unterstellte Vorbildlosigkeit doch recht pauschal. Da die ltere hethitischeberlieferungeinaugenscheinlichesInteressegeradeauchanTextenberdieakkadezeitlichenKnigezeigt,seihieralseinBeispielnurandenNarm-Sn-Text ber die Groe Revolte erinnert, der sich jetzt als eine groe Inschrift er-wiesenhat;vgl.dazuW.Sommerfeld,Narm-Sn,dieGroeRevolteunddie MAR.TUki,inJ.Marzahn/H.Neumann(Hgg.),AssyriologicaetSemitica(Fest-schrift fr Joachim Oelsner, AOAT 252), Mnster 2000, 419-436.13 Damit soll auf keinen Fall der Wert wichtiger und grundlegender Arbeiten in Abre-degestelltwerden.Vgl.insbesondereH.Cancik,Grundzgederhethitischenund alttestamentlichenGeschichtsschreibung,Wiesbaden1976;H.A.Hoffner,Histories and Historians of the Ancient Near East: The Hittites, Or 49, 1980, 283ff.; H. G. G-terbock,HittiteHistoriography:ASurvey,in:H.Tadmor/M.Weinfeld(Hgg.),Hi-story,Historiography,andInterpretation,Jerusalem,1983,21ff.Vgl.noch Zum literarischen Charakter der hethitischen Historiographie31Bereits mit dem Beginn der hethitischen schriftlichen berlieferung zeigtsichindenQuellenhistorischenInhaltseineerstaunlicheBreite; selbst wenn man den in seiner Zuordnung problematischen Anitta-Text nicht der genuin hethitischen Tradition zuschlagen will, was in der Tat schwerzuentscheidenist14,sobleibendocheineganzeReihevonun-terschiedlichenTexten,derenhistoriographischerStellenwertoftnicht eindeutigzubestimmenist,wieimFalledessogenanntenZalpa-Textes, der mit seiner Verbindung fast mrchenhnlicher Motive den 30Shnen,dieausgesetzt,vondenGtterngerettet,dannaufderSu-chenachihrerMutteraufihre30Schwesternstoen,diesienichter-kennen und fast annalistischen Passagen schwerlich einer bestimmten Gattungzuzuschlagenist.15KaumvieljngerdrftendanndieTexte sein, die sich sicher einer historisch bezeugten Person, nmlich attuili I., zuordnenlassen.Seinsog.Testament,dasdirektanseinennochju-gendlichenThronfolgergerichtetistundnebeneinerganzenReihe historischerDetailsberinnerfamilireZwistigkeitenauchEmpfeh-lungenfreinengutenHerrscherenthlt,verwendetsprachlichdiffe-renziertestilistischeElementeundstelltzudemdiegeschildertenEr-eignisseinnicht-linearerAbfolgedar.Erstehtdamitinaufflligem KontrastzueinemBerichtdesselbenKnigsberseineTaten,dem ltestenAnnalentext16derhethitischenberlieferung,derdemgegen-G. F. del Monte,Lannalisticaittita(TestidelVicionoOrienteantico,4/2)Brescia 1993, 7ff., H. Cancik, Die hethitische Historiographie, in: Die Hethiter und ihr Reich. Volkder1000Gtter,KatalogderAusstellung,Darmstadt2002,74-81odervon St. deMartino,LAnatoliaoccidentialenelmedioregnoittita(Eothen5),Florenz 1996,18-22,7ff.sowieV.Haas,DiehethitischeLiteratur,BerlinNewYork2006, 77ff. und vor allem im allgemeineren Kontext der Erinnerungskultur A. Archi, I mo-di delle memoria, in: F. Pecchioli Daddi / M. Chr. Guidotti (Hgg.), Narrare gli eventi. Attidelconvegnodegliegittologiedegliorientalistiitalianiinmargineallemostra La battaglia di Qadesh (Studia Asiana 3), Rom 2005, 21-28. 14 Vgl. dazu Klinger, Historiographie (wie Anm. 9), 277f. Anm. 16f. Eine aktuelle ber-setzungbietetG.M.Beckman,TheAnittaText,in:M.Chavalas(Hg.),Historical SourcesinTranslation:TheAncientNearEast,Blackwell2006,216-219,hier:217; s. auerdem Haas, Literatur (wie Anm. 13), 28ff., jeweils mit weiterer Literatur. 15 Zu diesem Text im Kontext der frhen hethitischen historiographischenLiteraturs. jetzt C. Corti, Il raconto delle origini: alcune riflessioni sul testo di Zalpa, in: F. Pec-chioliDaddi/M.Chr.Guidotti(Hgg.),Narrareglieventi.Attidelconvegnodegli egittologi e degli orientalisti italiani in margine alle mostra La battaglia di Qadesh(Studia Asiana 3), Rom 2005, 113-121.16 Den Begriff Annalen verwende ich hier bewut, da er mir in diesem Falle tatsch-lichangemessenerscheint.Ichverstehedarunter,inAnlehnunganHaydenWhite, TheValueofNarrativityintheRepresentationofReality,in:ders.,TheContentof the Form. Narrative Discourse and Historical Representation, Baltimore 1987, 1-25, 9, dieDarstellungeinerListevonEreignisseninchronologischerReihenfolgeohne verbindende narrative Elemente. Es sei hier noch angemerkt, da man als ein Spezi-fikum der hethitischen Annalistik sozusagen von ihrer eigentlichen Zeit- und Raum-32Jrg Klinger ber in karger Sprache formuliert ist und unprtentis und schmucklos in jhrlicher Abfolge in erster Linie Feldzge, erfolgreiche Kmpfe, die Eroberung von Stdten und deren Zerstrung sowie das Beutemachen referiert. Zwei Punkte gilt es festzuhalten: Wir knnen bereits zu dieser frhenZeitnichtohneweiteresvonbestimmtenhistoriographischen, formal eindeutig voneinander geschiedenen Genres sprechen. Darber hinauskanndasGenrederAnnalenkeineswegsalsherausragender TypushethitischerGeschichtsschreibunggelten;andereTextesind diesen in inhaltlicher wie formaler Hinsicht deutlich berlegen.17Ein solches Urteil mag vielleicht berraschen. Gilt doch die hethi-tische Annalistik, vor allem in der Form, wie sie aus der Zeit Murilis II. auf uns gekommen ist, vielfach als der Hhepunkt der hethitischen Historiographie schlechthin. Der Bericht ber die Taten seines Vaters uppiluliumasI.,deneranfertigenlie,dasinsichabgeschlossene Annalen-Werk ber die ersten 10 Jahre seiner eigenen Regierung und dienochumfangreichergestaltetenausfhrlichenAnnalen,dienach unseremheutigenKenntnisstandwohleinenZeitraumvonmehrals 20 Jahren umfat haben drften diese Werke, die alle auf die Regie-rungszeitMurilisII.zurckgehenundzuverschiedenenZeitenko-piertbzw.vielleichtauchneuredigiertwurden,stehennichtnurim MittelpunktderUntersuchungvonH.Cancik,sonderngelteninder Tat als die Paradebeispiele fr die hethitische Historiographie.18IndenletztenJahrzehntenhatsichaberdieTextbasisinsgesamt verbessert.19Auerdemknnenwirjetztrechtzuverlssigzwischen losigkeit sprechen knnte, da in aller Regel auf eine zeitliche Situierung von einer DatierungganzzuschweigensowieaufeinegenauererumlicheOrientierung bisaufdieNennungvonOrtsnamen,derenLageaberalsbekanntvorausgesetztoderletztlichalsnichteigentlichwesentlicherachtetwirdverzichtetwird.Nicht nurderVerzichtaufeinekonkreteZeitangabeisteigentmlich,sonderndabeigibt es auch kaum eine lokale Situierung, d.h. es werden z.B. keine Richtungen der Mr-sche,keineDistanzenoderhnlichesangegeben,sondernlediglichNamenaufgeli-stet. Genau hier liegen ja die Schwierigkeiten der historischen Geographie der Hethi-terzeit, da selbst die Annalentexte in dieser Hinsicht wenig weiterhelfen.17 Das Inventar ist dabei durchaus offen; zu nennen wre auerdem nicht nur der Text ber die Belagerung von Uru (CTH 7), sondern z.B. ebenso die sog. Palastchronik (CTH 8-9) u. a. m. 18 Vgl.auchCancik,Historiographie(wieAnm.13),75:derHhepunktderhethiti-schen Historiographie. 19 FrkeinesdergenanntenWerkestehteineaktuelleBearbeitungoderwenigstens vollstndigebersetzungzurVerfgung,alleinfrdieZehnjahresannalenMuri-lis II. liegt eine relativ rezente Textzusammenstellung in Umschrift vor; die Literatur istzusammengestelltbeiRoszkowska-Mutschler(wieAnm.12),Mannestaten,289 n. 2,hinzukommenzahlreicheinderSekundrliteraturverstreuteEinzelhinweise; vgl.auerdemnochA.M.Polvani,Narrareglieventi,in:Daddi/Guidotti,(Hgg.), Atti del convegno (wie Anm. 15),279-283. Zum literarischen Charakter der hethitischen Historiographie33demAltereinerbestimmtenNiederschrift,alsoderTontafelselbst, unddemEntstehungsalterdesentsprechendenTextesdifferenzieren, so da meiner Meinung nach kein Zweifel mehr daran bestehen kann, daesAnnalistikimebenbeschriebenenSinnewhrenddergesam-tenZeitderhethitischenGeschichtegegebenhat.20NachHattuiliI. setzt sich die Reihe in althethitischer Zeit mit Murili I., Ammuna und schlielichTelipinufort;ausmittelhethitischerZeithabensichTeile dergemeinsamenAnnalenTutalijasI.undseinesSohnesArnuwan-da I. sowie vermutlich auch von Tutalija II. erhalten. Fr die jngere hethitische Geschichte sind schlielich Annalen nachweisbar fr up-piluliumaI.,MuriliII.,attuiliIII.undwohlauchzumindest indirektfrTutalijaIV.unduppiluliumaII.Dageradeausden sptenJahrzehntenwenigerBeispielefrAnnalenwerkealsausfr-herenPhasenbekanntsind,obwohlderUmfangderberlieferung insgesamtgrerist,drfteinderTexttraditiongenerellbe