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01 MEDIENBRIEF GEOGRAPHIE Medien im Geographieunterricht Beispiele aus der Schule und praktische Hilfen Düsseldorfer Fenster Unterstützungsangebote für Schulen in Düsseldorf Lernort Kultur Neues Land. Hans Berben: Fotografien 1946 - 1951 MEDIENBRIEF | N° 01.2016

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01MEDIENBRIEFGEOGRAPHIE

Medien im GeographieunterrichtBeispiele aus der Schule und

praktische Hilfen

Düsseldorfer Fenster Unterstützungsangebote für Schulen

in Düsseldorf

Lernort KulturNeues Land.

Hans Berben: Fotografien 1946 - 1951

MEDIENBRIEF | N° 01.2016

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Impressum

Herausgeber

Landschaftsverband Rheinland

Landeshauptstadt Düsseldorf

LVR-Zentrum für Medien und Bildung

Medienzentrum für die

Landeshauptstadt Düsseldorf

Medienberatung NRW

Schulmanagement NRW

Redaktion

Michael Jakobs

Layout & Reinzeichnung

Michael Jakobs

Postanschrift

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40025 Düsseldorf

Besucheranschrift

Bertha-von-Suttner-Platz 1

40227 Düsseldorf

Kontakt

Telefon 0211 27404-2131

Fax 0221 8284-3463

E-Mail [email protected]

Internet www.medien-und-bildung.lvr.de

Titelbild

Foto: Anthony Delanoix

Druck

msk marketingservice köln GmbH

Bischofsweg 48-50, 50969 Köln

Auflage

6.000

Der MEDIENBRIEF erscheint zweimal jährlich und

kann kostenlos beim LVR-Zentrum für Medien und

Bildung abonniert oder als Einzelheft bestellt werden.

ISSN 1615-7257

MEDIENBRIEF | N° 01.2016

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Gedenkstätte Düsseldorf hinweisen:

»Neues Land. Hans Berben: Fotografi-

en 1946 bis 1951«. Diese Ausstellung

zeigt erstmals die Arbeiten des

Düsseldorfer Fotojournalisten, der die

Anfänge Nordrhein-Westfalens,

dessen 70-jahriges Jübiläum in

diesem Jahr feierlich begangen wird,

begleitet hat.

Allen, die zu dieser Ausgabe beigetragen

haben, ein herzliches Dankeschön - und

nun eine anregende Lektüre

Ihr

Ulrich Wehrhöfer

Düsseldorf, im Mai 2016

Ulrich WehrhöferAbteilungsleiter 4 (Lehreraus- und -fortbildung, individuelle Förderung, Weiterbildung, Internationales, Qualitätsanalyse) im Ministerium für Schule und Weiterbildung NRW

Liebe Leserinnen und Leser,

am Beispiel des Geographieunterrichts

lässt sich vorbildlich aufzeigen, wie

sinnvoll und abwechslungsreich die

unterschiedlichsten Medien in die

Unterrichtsgestaltung eingebunden

werden können. Nach Atlanten,

Globen, Weltkarten, Filmen, haben

webbasierte und andere technische

Anwendungen schon lange ihren Platz

im Unterricht gefunden.

Für diese Ausgabe hat die MEDIEN-

BRIEF-Redaktion die Zusammenarbeit

mit dem Fachbereich Geographie des

Zentrums für schulpraktische Lehrer-

ausbildung (ZfsL) Düsseldorf gesucht,

dessen Studienreferendarinnen und

-referendare den Themenschwerpunkt

»Medien im Geographieunterricht« mit

Ideenreichtum und großem Engage-

ment bearbeitet haben. Die Beiträge

der jungen Lehrkräfte aus der Schul-

praxis belegen zum einen die Band-

breite eines sinnvollen Einsatzes von

Medien im Unterricht, zum anderen

deutet jeder einzelne Artikel an, dass

die zentralen Forderungen nach

Selbständigkeit der Lernenden,

Problemlösungskompetenz, Aktivität,

Interaktion und Reflexion über Medien

unterstützt werden können. Digitale

Medien stärken vielfältige Lernwege!

Seit knapp einem Jahr bewegt und

beschäftigt uns das Schicksal der

Flüchtlinge, die - nicht nur - aber vor

allem aus Syrien in großer Zahl zu uns

nach Deutschland geflohen sind. Den

Beitrag zu den Möglichkeiten der

Filmbildung für Kinder und Jugendli-

che aus diesen Ländern, darf ich Ihnen

besonders ans Herz legen.

Und schließlich möchte ich noch auf

eine Fotoausstellung vom 23. Mai bis 5.

Oktober 2016 in der Mahn- und

Vielfalt im Unterricht - vor allem durch Medien!

Foto: Stadt Düsseldorf / Michael Gstettenbauer

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VORWORT

Foto: © LVR-ZMB, Stefan Arendt

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Impressum 02

Vorwort 03

Inhaltsverzeichnis 04

Kurzinformationen 06

01 Medien im Geographieunterricht 08

> Jenseits von Materialschlachten: Kritisch-reflexiver

Medieneinsatz im kompetenzorientierten Geographieunterricht 09

> Aktuelle Themen und Medienmix im Geographieunterricht.

Ein exemplarischer Stundenentwurf zur »Fluchtmigration« 14

> Modelle im Geographieunterricht: Fließgewässer lebendig

erfahren 16

> Geocaching im Geographieunterricht 19

> Virtuelle Spaziergänge - Mit Google Street View durch Chicago 22

> Außerschulisches Lernen - Urban Gardening macht Schule 26

> KuLaDig - Landeskundliche Informationen für den

Geographieunterricht 29

> Außerschulische Lernorte. Mit der Pädagogischen Landkarte

spannende Orte finden 30

> Die BIPARCOURS-App im Geographieunterricht 32

> EDMOND-Medien für den Geographieunterricht 33

02 Düsseldorfer Fenster 35

> Medien im Unterricht. Unterstützung für Schulen

in Düsseldorf 36

> »Wir wollen, dass jeder gerne in die Schule geht!« 38

03 Partner im Verbund 40

> Flucht, Migration und Integration und das Potenzial

der Filmbildung 41

04 Berichte 44

> »Digital Naives«? Internetnutzung und Online-Risikoverhalten

bei Jugendlichen 45

05 Medienberatung NRW 48

> Tablets und Gebärdensprache: Unterstütze (digitale)

Kommunikation in einer Förderschule 49

06 Bildungspartner NRW 53

> Wettbewerb »Kooperation.Konkret.« - Die Gewinner 2015 54

07 LVR-ZMB intern 56

> »Schauriges und Schönes aus dem Mittelalter« 57

> Neue Medien im ZMB-Verleih: Flucht/Migration 59

Inhalt – unsere Themen

MEDIENBRIEF

N° 01.2016

MEDIENBRIEF | N° 01.2016

LVR-ZMB, Jan Hüsing

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08 EDMOND NRW 60

> Mit Filmen »Ausgezeichnet!« lernen 61

09 Lernort Kultur 63

> Neues Land. Hans Berben: Fotografien 1946 - 1951 64

> Die Autoren 67

Hinweis

Wir sind bemüht, in unseren Beiträgen Aspekte

des »Gender Mainstream« zu beachten und nach

Möglichkeit auf Personen bezogen sowohl die

weibliche als auch die männliche Form zu nutzen.

Aus Gründen der Vereinfachung und besseren

Lesbarkeit wird dies nicht von allen Autorinnen

und Autoren so gehandhabt. Das möchten wir

respektieren, legen jedoch Wert auf den Hinweis,

dass in der Regel das jeweils nicht erwähnte

Geschlecht mit einbezogen ist. Die Redaktion.

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INHALT – UNSERE THEMEN

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Kurzinformationen –Wichtiges ganz schnell

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MEDIENBRIEF | N° 01.2016

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EVA's BEAUTY CASE.

Schmuckausstellung in Bonn

Das LVR-LandesMuseum Bonn besitzt

eine der größten und bedeutendsten

Sammlungen römischen und frühmit-

telalterlichen Schmucks nördlich der

Alpen. Diese einzigartigen und

kostbaren Funde stehen im Zentrum

der Ausstellung EVA's BEAUTY CASE,

vom 9.6.2016-22.1.2017 im LVR-Lan-

desMuseum Bonn, die sich mit der

Kulturgeschichte des Schmucks und

der Schönheit beschäftigt.

Spannend gerade auch für Schulklassen:

Zahlreiche interaktive Schauelemente,

Medien- und Hands-On-Stationen

ergänzen die Ausstellung. Ein eigener

Mitmachbereich geht auf die Idealvor-

stellungen von Schönheit im Wandel

der Zeit ein: So können sich die

Schülerinnen und Schüler u.a. in

Nofretete, Königin Elisabeth I. oder

auch Ludwig XIV. morphen.

(www.landesmuseum-bonn.lvr.de)

Frisch aus der ZMB-Medienproduktion:

DVD »Mit allen Sinnen... Düsseldorfer

Musikkindergärten«

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iPad-Fortbildungsinitiative für

kommunale Medienzentren in

Nordrhein-Westfalen

Die landesweite Fortbildungsinitiative

des ZMB, im Oktober 2014 mit zehn

rheinischen und westfälischen Medien-

zentren gestartet, wird fortgesetzt.

Ende 2015 fand in Düsseldorf die

Netzwerktagung aller beteiligten

Medienzentren statt, um die Ergebnis-

se des pädagogischen Einsatzes von

Tablets in schulischen und außerschu-

lischen Einrichtungen zu evaluieren

und zu dokumentieren. Vom Spracher-

werb für Flüchtlinge bis zum Einsatz

von iPads in vielen Unterrichtsfächern

konnte belegt werden, dass Kinder

und Jugendliche mit mobilen Endge-

räten individuell und inklusiv gefördert

werden können. Diese Erfahrungen

sollen in weiteren Fortbildungen und

im Erfahrungsaustausch in den

Regionen vertieft und auf andere

Regionen übertragen werden

EDMOND NRW mit neuem Design und

Funktionalitäten

Die Arbeiten an der neuen EDMOND-

Version sind abgeschlossen! Wie schon

im letzten Medienbrief beschrieben, ist

das neue nutzerfreundliche Design

sowie die erweiterten Funktionalitäten

seit März im Praxisbetrieb.

Unter https://nrw.edupool.de können

Lehrkräfte aus NRW die neuen

Möglichkeiten ausprobieren. Dazu

gehören beispielsweise die Erstellung

von Medienlisten oder die digitale

Weitergabe von Medien via Medienliste

an Schülerinnen und Schüler.

Ausführliche Anleitungen mit hilfreichen

Tipps für den Einsatz in der Schule

sind direkt auf der Webseite abrufbar.

Musik ist ein unverzichtbarer Teil einer

ganzheitlichen Erziehung und Bildung.

Für die frühe Bildung und Erziehung

mit, durch und zur Musik machen sich

deshalb die städtische Clara-Schu-

mann-Musikschule und das Jugend-

amt der Stadt Düsseldorf stark.

Gemeinsam haben sie ein Konzept

entwickelt, das in 6 Tageseinrichtun-

gen für Kinder erfolgreich umgesetzt

wird. Die qualitative Weiterentwicklung

der bestehenden Musikkindergärten

sowie die Errichtung von jeweils einem

Musikkindergarten für jeden Stadtbe-

zirk ist der Stadt Düsseldorf jetzt und

in Zukunft ein wichtiges Anliegen

Vorankündigung: »Begabtenförderung

im 360° Feedback«

Ende August 2016 erscheint die vom

Ministerium für Schule und Weiterbil-

dung NRW beauftragte DVD zum

Thema »Begabtenförderung«. Mehr

Informationen dann auf

www.schulministerium.nrw.de

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KURZINFORMATIONEN – WICHTIGES GANZ SCHNELL

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Aktuelle Themen und Medienmix - Modelle, Geocaching, Exkursionen, Virtuelle

Spaziergänge - KuLaDig - Pädagogische Landkarte NRW - BIPACOURS

01 Medien im Geographieunterricht

Foto: Julia Reschucha, LVR-ZMB8

MEDIENBRIEF | N° 01.2016

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Jenseits von Materialschlachten: Kritisch-reflexiver Medieneinsatz im kompetenzorientierten Geographie- unterricht

Gerade letzteres wird im Kontext der

konstruktivistischen Wende in der

Geographiedidaktik verstärkt betont.

Demnach ist jedes Medium ein

Konstrukt, ein »perspektivischer

Blick auf die Welt« (Gryl/Kanwischer:

201), konstruiert durch einen Produ-

zenten, der durch subjektive, bewuss-

te Intentionen und unbewusste

Einstellungen geleitet wird. In diesem

Verständnis liegt den Medien als

Repräsentationen von Wirklichkeit

immer eine konstruierte Wirklichkeit

zugrunde. Dies zu erkennen, Medien

dekodieren und letztlich dekonstruie-

ren zu können, ist Ziel einer kriti-

schen Medienerziehung und eines

kompetenzorientierten Geographie-

unterrichts. Und mehr noch: Durch

den Aufstieg der interaktiven Medien

werden Konsumenten häufig selbst

zu Produzenten – indem sie zum

Beispiel Kommentare in Foren

posten, Fotos produzieren und mit

anderen teilen oder Eintragungen in

verschiedenen Wikis wie OpenStreet-

Map vornehmen. Die Erziehung zu

einem verantwortungsbewussten

Umgang mit Medien sollte daher

integraler Bestandteil des Geogra-

phieunterrichts sein.

Eine hervorragende Möglichkeit, die

Medienkompetenz von Schülerinnen

und Schülern zu fördern und Lehren-

de bei der Unterrichtsgestaltung zu

Nicht erst seit dem Aufstieg der

digitalen und mobilen Medien, allen

voran der sozialen Netzwerke, sind

Medien aller Art im Leben von

Kindern und Jugendlichen allgegen-

wärtig. »Medien sind integrativer

Bestandteil gesellschaftlicher

Wirklichkeit; sie gehören zum Alltag

von Familie und Schule. Medien sind

Miterzieher geworden«. Diese

Feststellung entstammt dem schon

vor über 20 Jahren verfassten

»Orientierungsrahmen des Bundes

und der Länder zur Medienerziehung

in der Schule«. Ihre Gültigkeit hat

sich in den letzten Jahren noch

erhöht. Mehr denn je sieht sich

Schule, Berufsbildung und Hochschu-

le dem Auftrag verpflichtet, zu einem

kompetenten und reflektierten

Umgang mit Medien zu erziehen. Dies

gilt auch und in besonderem Maße für

den modernen Geographieunterricht.

Mit dem Medienerziehungsauftrag

verbunden sind zwei wesentliche

Herausforderungen: zum einen sollen

junge Menschen dazu befähigt

werden, sich in der Flut der Medien

zurecht zu finden und diese kompe-

tent zu nutzen, sowohl rezeptiv als

produktiv. Zum anderen soll ihnen ein

Bewusstsein darüber vermittelt

werden, dass Medien stets nur Mittler

zwischen Realität und Rezipienten

sind und daher kritisch reflektiert

und eingesetzt werden müssen.

unterstützen bietet die Initiative

Medienpass NRW (www.medienpass.

nrw.de). Seit 2011 wurde hier von den

Akteuren ein Kompetenzrahmen für

verschiedene Jahrgangsstufen

entwickelt, der eine Orientierung,

über welche medienbezogenen Fähig-

keiten Kinder und Jugendliche

verfügen sollten, ermöglicht. Darüber

hinaus zeigt ein Lehrplankompass

auf, wie diese Anforderungen in den

Unterricht integriert werden können

(Anregungen für Unterrichtsplanun-

gen). Der Medienpass schließlich, den

alle Lernende erwerben können,

dokumentiert das jeweilige Kompe-

tenzniveau und wirkt motivierend.

Herausforderungen mediengestütz-

ten Geographieunterrichts

Selbstverständlich ist Medienpädago-

gik eine fächerübergreifende Aufgabe

und Medienkompetenz in einem weit

gefassten Verständnis eine Metakom-

petenz, die jenseits von Fächergren-

zen und Fachkompetenzen geschult

werden sollte. Dennoch ist es

notwendig, dass sich die einzelnen

Disziplinen mit ihren jeweils fachspe-

zifischen Medien und ihrer Verwen-

dung auseinandersetzen und Konzep-

te entwickeln, wie ein kompetenter

Umgang mit ihnen erstens definiert

ist und zweitens gefördert werden

kann.

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01 | MEDIEN IM GEOGRPHIEUNTERRICHT

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MEDIENBRIEF | N° 01.2016

verwendeten Medien stets auf

möglichst aktuellem Stand zu halten.

Man denke nur an das Thema Migrati-

on und Flucht, das momentan fast

täglich neue Zahlen und Materialien

evoziert (beispielhaft am Beitrag zum

Medienmix zur Fluchtmigration in

vorliegendem Heft thematisiert).

Nicht zuletzt sind es die unzähligen

Raumbeispiele, die es unumgänglich

machen, Medien aller Art im Geogra-

phieunterricht zum Einsatz zu

bringen. Wie sonst sollen Schülerin-

nen und Schüler zum Beispiel

Kennzeichen einer Global City

herausarbeiten, oder die Nachhaltig-

keit landwirtschaftlicher Produkti-

onssysteme diskutieren, wenn nicht

mit Hilfe von aktuellen und relevanten

Informationen in Form von Karten,

Diagrammen, Tabellen oder Texten zu

Raumbeispielen – sei es New York

oder Tokyo beziehungsweise Kaffee-

anbau in Vietnam oder Maisanbau in

den Great Plains.

Die Vielfalt der verfügbaren Unter-

richtsmedien macht es nahezu

unmöglich, diese eindeutig zu

klassifizieren. Es existieren eine

Vielzahl verschiedener Medienklassi-

Im Fach Erdkunde bzw. Geographie

ist die Intensität des Medieneinsatzes

besonders hoch. Welche(r) Erdkunde-

lehrerin oder -lehrer kennt nicht die

zeitraubende Suche nach dem

richtigen Material – der geeigneten

Karte, dem passenden Klimadia-

gramm oder den aktuellsten Bevöl-

kerungszahlen. Die Gründe für die

häufig beklagte Materialschlacht im

Geographieunterricht liegen auf der

Hand. Zunächst einmal ist ein an

Kompetenzen orientierter Geogra-

phieunterricht ursächlich auf Medien

angewiesen. Durch sie erschließen

sich Schülerinnen und Schüler die

Fachinhalte, schulen sie ihre Metho-

denkompetenz, erproben sie sich im

Beurteilen und Bewerten und werden

schließlich in die Lage versetzt,

räumliche Handlungskompetenz zu

entwickeln. Als Beispiel hierfür mag

der kompetente Umgang mit Pla-

nungskarten (z.B. dem Flächennut-

zungsplan) dienen, der Vorausset-

zung dafür ist, raumrelevante

Entwicklungen zu interpretieren und

letztlich auch zu beeinflussen.

Es kommt hinzu, dass es im Fach

Geographie wichtig ist – wie bei allen

Gesellschaftswissenschaften – die

fikationen, die nach sehr unterschied-

lichen Kriterien vorgehen: digital vs.

analog, materiell vs. immateriell,

abstrakt vs. konkret; oder aber

danach, ob der Zugang zum Medium

visuell, auditiv oder olfaktorisch

erfolgt. Solche Medienklassifikatio-

nen sind zwar nicht beliebig, aber

jeweils abhängig von den gewählten

Klassifikationskriterien, denen

Vorannahmen bezüglich der zu

beschreibenden Medien inhärent sind

(Gryl/Kanwischer: 203). Wichtiger als

eine eindeutige Klassifikation aller

für den Geographieunterricht

verwendbarer Medien erscheint

daher die Abgrenzung spezifischer

Geomedien. Von ebensolchen spricht

man, sobald sie Informationen mit

räumlich referenzierten Informatio-

nen transportieren – Karten, Atlan-

ten, Globen, aber auch Bilder, Texte,

Filme oder Animationen die erdräum-

liche Informationen speichern und

übermitteln. Ihre Anzahl und Verfüg-

barkeit nimmt stetig zu und eröffnet

viele Möglichkeiten des unterrichtli-

chen Einsatzes. Für einige Geomedi-

en sind Kompetenzmodelle in Arbeit

beziehungsweise bereits entwickelt

worden, wie zum Beispiel zur

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Kartenlesekompetenz, kritischen

Kartenkompetenz sowie zu Geogra-

phischen Informationssystemen.

Dimensionen geographischer

Medienkompetenz

Im Hinblick auf die Förderung einer

kritisch reflexiven Medienkompetenz

im Rahmen des Geographieunter-

richts lassen sich vier Dimensionen

ausmachen (vgl. hierzu auch die

Systematik nach Baacke 1997):

Medienkunde: ein erstes Ziel bei der

Vermittlung von Medienkompetenz ist

es, Schülerinnen und Schüler

überhaupt erst in die Lage zu

versetzen, benötigte Informationen zu

finden. Dazu müssen sie Wissen

darüber aufbauen, wo geeignete

Daten vorgehalten werden. Ein

Beispiel hierfür sind die in der

Geographie unverzichtbaren Daten-

banken verschiedener Institutionen,

z.B. statistischer Ämter. Um geeigne-

te Informationen herauszufiltern

bedarf es zusätzlich der Fähigkeit,

mit den jeweiligen Medien umgehen

zu können, das heißt sie zu bedienen,

zum Beispiel Daten zu extrahieren.

Mediennutzung: diese ist zu verste-

hen im Sinne einer erweiterten

Lesekompetenz. Können die Lernen-

den die herausgefilterten Informatio-

nen erfassen und damit »lesen«, sind

sie in einem zweiten Schritt in der

Lage, diese zielgerichtet anzuwen-

den. Als Beispiel aus der analogen

Welt mag hier der Umgang mit dem

Atlas oder Karten allgemein dienen.

In den Bildungsstandards der

Deutschen Gesellschaft für Geogra-

phie wird im Kompetenzbereich

»Räumliche Orientierung« der

Standard formuliert (S6), dass

Schülerinnen und Schüler »topogra-

phische, physische, thematische und

andere alltagsübliche Karten lesen

und unter einer zielführenden

Fragestellung auswerten können«

(DGfG 2015). Zur Kartenauswerte-

kompetenz liegt bereits ein Kompe-

tenzmodell vor (Hüttermann 2012:

206). Ein Beispiel für die Mediennut-

zung in der digitalen Welt ist der

Umgang mit satellitengestützter

Navigation zur räumlichen Orientie-

rung, wie es in vorliegendem Heft am

Beispiel des Geo-Cachings vorge-

stellt wird.

Medienkritik: wie bereits angeführt,

ist die Förderung der reflexiv kriti-

schen Medienkompetenz eine der

zentralen Forderungen an den

kompetenzorientierten Geographie-

unterricht. Hierbei geht es um die

Fähigkeit, Medien beurteilen und

bewerten sowie in ihrer Wirkung

analysieren zu können, aber auch das

eigene Handeln mit Medien zu

reflektieren. Besonders interessant

ist in diesem Kontext die gegenwärtig

in der Geographiedidaktik themati-

sierte kritische Kartenlesekompetenz

(vgl. Gryl 2012) oder auch die Bild-

kompetenz. Letztere zielt auf den

reflektierten Umgang mit visuellen

Medien in der Geographischen

Bildung ab. Hierzu wurden im

Rahmen verschiedener Projekte

bereits wertvolle Impulse für die

unterrichtspraktische Umsetzung

entwickelt (Jahnke 2012).

Mediengestaltung: Längst lassen sich

Produzenten und Konsumenten von

Medien nicht mehr trennscharf

voneinander abgrenzen. Im Rahmen

eines handlungsorientierten Unter-

richts ist es selbstverständlich, dass

Schülerinnen und Schüler unter

LVR-ZMB, Jan Hüsing

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01 | MEDIEN IM GEOGRAPHIEUNTERRICHT

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Verwendung verschiedener Medien

eigene Lernprodukte erstellen, über

die kommuniziert wird und die

weiterverbreitet werden können.

Daher ist die Förderung der produk-

tiv-verarbeitungsbezogenen Kompe-

tenz eine weitere Aufgabe, der sich

Geographielehrerinnen und -lehrer

gegenüber sehen. Dies wird durch die

zunehmende Bedeutung der interak-

tiven Möglichkeiten des Medienein-

satzes noch unterstrichen. Der

Einsatz von google-street-view zur

Entwicklung eines Stadtmodells

(siehe Beitrag in diesem Heft) mag

als Beispiel hierfür dienen. Unter

Auswertung digital zur Verfügung

gestellter Daten entwickeln die

Lernenden ein neues, abstrahiertes

Medium, das sie wiederum zur

Überprüfung an andere Raumbeispie-

le anlegen können.

Der Umgang mit Medien in der

Unterrichtspraxis

Geographielehrerinnen und -lehrer

sehen sich angesichts der Medien-

vielfalt und den hohen Erwartungen

an die Kompetenzförderung großen

Herausforderungen gegenüber. Bei

der Entscheidung darüber, wann

welches Medium eingesetzt werden

sollte, kann die Analysespinne, wie

sie von Hieber et al. (2009) entwickelt

wurde, wertvolle Dienste leisten. Die

Autoren unterscheiden drei relevante

Variablen beim Einsatz von Medien:

die Komplexität des Inhalts, ausge-

drückt u.a. in der Anzahl von Elemen-

ten und ihren Beziehungen unterein-

ander. Als Beispiel hierfür können

thematische Karten angeführt

werden, die sich im Grad ihrer

Komplexität (z.B. Anzahl der Einzel-

elemente und Ebenen) sehr stark

voneinander unterscheiden. Die

zweite Variable beim Einsatz von

Medien ist die Komplexität der

Darstellung bzw. des Mediums an

sich. Diese ergibt sich aus der

Darstellungsform der Information,

die von bildhaft-anschaulich bis

symbolisch-abstrakt variieren kann.

Um wieder das Beispiel der themati-

schen Karte zu bemühen: eine Karte

mit bildlichen Symbolen ist sehr viel

intuitiver zu verstehen, als eine Karte

mit abstrakten Symbolen die u.U.

noch quantitativ unterschieden

werden. Die dritte Variable, die beim

Einsatz von Medien von entscheiden-

der Bedeutung ist, ist die Steuerung

des Lernprozesses. Die Arbeitsan-

weisungen zu einem Medium können

dabei von schwach bis mäßig gesteu-

ert variieren. Gerade diese Gestal-

tung des Lernprozesses ist wichtig

für das binnendifferenzierende

Arbeiten mit Medien. So können

Arbeitsanweisungen sehr kleinschrit-

tig angelegt sein oder aber nur

wenige methodische Hilfestellungen

anbieten. Mit einer sehr strukturier-

ten und kleinschrittigen Arbeitsan-

weisung kann selbst ein vom Inhalt

her sehr komplexes Medium (z.B. ein

MEDIENBRIEF | N° 01.2016

Foto: LVR-ZMB, Julia Reschucha

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schwieriger Text) erfolgreich im

Unterricht eingesetzt werden.

Umgekehrt können wenig komplexe

Medien (z.B. ein Bild) mit der ange-

messenen Aufgabenstellung dabei

helfen, komplexe Inhalte zu erschlie-

ßen. Ein ausgewogenes Verhältnis

von Gestaltung des Lernprozesses

und Komplexität von Inhalt und

Darstellung bei Medien ist gerade

auch bei der Gestaltung von Lern-

und Prüfungsaufgaben von immenser

Bedeutung (Gohrbandt et al. 2013).

Als wichtigstes Postulat eines

reflektierten Umgangs mit Medien

sollte aber immer gelten: Inhalt vor

Form! Medieneinsatz ist kein Selbst-

zweck; nicht allein durch die Verwen-

dung besonders aktueller oder

innovativer Medien sind Lernerfolge

garantiert. Der Medieneinsatz sollte

vielmehr immer vom Inhalt, der

jeweiligen Lerngruppe, den zeitlichen

und räumlichen Rahmenbedingungen

und natürlich auch dem Vorwissen

und dem Interesse der Schülerinnen

und Schüler abhängig gemacht

werden. Dabei liegt der Königsweg in

der Vielfalt und der Abwechslung

beim Medieneinsatz (»Mischwald

statt Monokultur«). So haben sowohl

Tafel und Schulbuch, also auch

Whiteboard und Internet, sowohl

Texte und Karten als auch Bilder und

Filme ihre Berechtigung, im Geogra-

phieunterricht eingesetzt zu werden.

Dr. Dorothee Wiktorin

Dorothee Wiktorin ist Dozentin am Geographischen Institut der Universität zu Köln

Literatur:

Baacke, D. (1997): Medienpädagogik. Tübingen. - Gohrbandt, E.; Mäsgen, J.; Weiss, G.; Wiktorin, D. (2013): Zwischen Materialschlacht und Reproduktion. In: Geographie und Schule 206, S. 4-14. - Gryl, I. (2012): Reflexive Geomedien-kompetenz. Landau. - Gryl, I.; Kanwi-scher, D. (2013): Medien im Geographie-unterricht: Theoretische Ansätze und empirische Analysen. In: Kanwischer, D. (Hrsg.): Geographiedidaktik. S. 198–208. - Hieber, U.; Lenz, T.; Stengelin, M. (2009): Medien auswerten. Fachtypischen Methoden im Spiralcurriculum. In: geographie heute 271/272. - Hüttermann, A. (2012): Karte als Medium. In: Haver-sath, J.-B.: Geographiedidaktik. S. 192-213. - Jahnke, H. (2012): Geographi-sche Bildkompetenz? Über den Umgang mit Bildern im Geographieunterricht. In: Geographie und Schule 195, S. 27-35.

Foto: Miami University Libraries

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01 | MEDIEN IM GEOGRAPHIEUNTERRICHT

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Aktuelle Themen und Medienmix im Geographieunterricht. Ein exemplari-scher Stundenentwurf zum Thema »Fluchtmigration«

Die Flüchtlingsproblematik ist aktueller denn je und sollte

somit auch Einzug in die Schule erhalten. Gerade der

Geographieunterricht eignet sich zu einer raumbezogenen

Betrachtung. Im Folgenden wird ein Unterrichtsentwurf

vorgestellt, der versucht eben diese Thematik mit einer 9.

Klasse zu behandeln, wobei unterschiedliche Medien zum

Einsatz kommen, die durch ihre jeweiligen Vorteile das

Unterrichtsgeschehen stützen sollen.

Unter der Überschrift »Wege der Hoffnung – Flüchtlings-

routen nach Europa« soll das Ziel der Stunde sein, dass die

Schülerinnen und Schüler die Herkunftsländer der

Flüchtlinge lokalisieren, die wichtigsten Flüchtlingsrouten

nach Europa räumlich einordnen und exemplarisch Gründe

für die Fluchtmigration erläutern. Die Stunde kann als

Einstiegsstunde zur Themenreihe »Migration« verwendet

werden oder als aktuelles Beispiel der Fluchtmigration

innerhalb der Reihe fungieren.

Einstieg

Eingeleitet wird die Unterrichtsstunde mit einem Liedim-

puls: »Europa« von den Toten Hosen und wird durch ein

Foto von Flüchtlingen aus Afrika auf einem Boot erweitert.

Durch den auditiven Impuls wird an die Lebenswelt der

Schülerinnen und Schüler angeknüpft und inhaltlich auf

die aktuelle Situation der Fluchtmigration nach Europa

verwiesen. Der Liedtext beschreibt dabei die Überfahrt der

Flüchtlinge auf dem Mittelmeer. Die Ergänzung des Bildes

führt zu einer verstärkten emotionalen Aktivierung und

spricht außerdem den visuellen Lernkanal an. In einem

gelenkten Unterrichtsgespräch erarbeiten die Schülerin-

nen und Schüler die Leitfrage der Unterrichtsstunde: »Wer

kommt warum und von woher nach Europa?«

Erarbeitung

Die Erarbeitungsphase ist in eine arbeitsteilige Gruppenar-

beit aufgeteilt, in welcher jede Gruppe eine exemplarische

Flüchtlingsgruppe nach Herkunftsgebiet betrachtet. Ziel ist

es, die Herkunftsländer der Flüchtlinge mit Hilfe des Atlas

zu lokalisieren und deren Hauptrouten nach Europa

räumlich einzuordnen. Des Weiteren erläutern sie die

Gründe, die die Menschen zur Fluchtmigration bewegen.

Medial werden die Schülerinnen und Schüler mit einem

stummen Kartenausschnitt auf einer OHP-Folie ausgestat-

tet, in den sie die Flüchtlingsroute eintragen können.

Informationen entnehmen sie bereitgestellten Material-

und Arbeitsblättern, die zu diesem Zweck angefertigt

wurden.

»Menschen wandern seit Anbeginn aller Zeiten, und

sie werden weiter wandern, denn die Welt ist klein

geworden, und sie hat heute gläserne Mauern. Jeder

weiß, was im Wohnzimmer seines Nachbarn geschieht.

Und wir sollten uns bewusst sein, dass wir nur die

Spitze des Eisberges sehen, der ununterbrochen

weiterschwimmt, unaufhaltsam.«

Moses Isegawa (afrikanischer Schriftsteller)

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MEDIENBRIEF | N° 01.2016

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Die arbeitsteilige Herangehensweise ermöglicht eine

größere inhaltliche Betrachtung der Flüchtlingsströme in

die EU. Ferner werde die Schülerinnen und Schüler zu

»Experten« in dem von ihnen bearbeiteten Bereich.

Sicherung und Transfer

In der Sicherungsphase präsentieren die Schülerinnen und

Schüler ihre Ergebnisse, indem die Folien mit den eingetra-

genen Flüchtlingsrouten übereinandergelegt werden. Es

entsteht ein Gesamtbild der Flüchtlingsströme, das

Aufschluss darüber gibt, aus welchen Herkunftsländern

und auf welchen Hauptrouten die Flüchtlinge in die EU

kommen. Die einzelnen Gruppen präsentieren in einem

Kurzvortrag die Gründe der Flucht, während das Plenum

die unterschiedlichen Fluchtgründe mitschreibt. Der

Arbeitsauftrag dient dazu, dass die Schülerinnen und

Schüler den Vorträgen ihrer Klassenkameraden folgen. Da

die Gründe der Fluchtbewegung nicht visuell präsentiert

werden können, erfordert dies eine hohe Konzentration des

Plenums. Abschließend wird zum anfänglichen Bildimpuls

zurückgekehrt und im geleiteten Unterrichtsgespräch

Hypothesen aufgestellt, die sich auf die Probleme der

Flüchtenden auf ihrem Weg nach Europa beziehen. Gegebe-

nenfalls ist ein Raumbezug zur Heimatstadt der Schülerin-

nen und Schüler möglich, indem Vermutungen aufgestellt

werden können, vor welche Probleme die jeweilige Stadt

durch den aktuellen Flüchtlingsstrom gestellt wird. Dies

dient erneut der emotionalen Aktivierung sowie als Überlei-

tung zur Folgestunde, in der die Folgen der Fluchtmigration

behandelt werden sollen.

Fazit

Nach mehrfacher Erprobung dieser Stunde kann festgehal-

ten werden, dass die Schülerinnen und Schüler ein hohes

Maß an Motivation und Betroffenheit entwickeln konnten.

Aus medialer Perspektive ist die Overlay-Technik der

OHP-Folien als kritisch zu bewerten, da die eingezeichne-

ten Routen teilweise nicht deutlich genug erkennbar waren.

Hier wäre es denkbar, dass die Schülerinnen und Schüler

ihre Routen alle auf eine einzige Folie eintragen und somit

die Ergebnisse der anderen Gruppen berücksichtigen

müssen. Alternativ könnte auch ein interaktives Whiteboard

genutzt werden.

Maxim Krohmer/Julian Weber

Maxim Krohmer hat sein 1. Staatsexamen an der Universität zu Köln abgelegt und ist Studienreferendar am Zfsl Düsseldorf und Referendar am Konrad-Adenauer-Gymna-sium Langenfeld. Julian Weber hat das 1. Staatsexamen an der Philipps-Universität Marburg abgelegt und ist Referendar am Geschwister-Scholl-Gymnasium Düsseldorf und Studienreferendar am Zfsl Düsseldorf

© magnusfx

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01 | MEDIEN IM GEOGRAPHIEUNTERRICHT

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MEDIENBRIEF | N° 01.2016

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Modelle im Geographieunterricht: Fließgewässer lebendig erfahren

In Zeiten neuer Medien und offener Unterrichtsformen ist

die interessierte Lehrkraft stets auf der Suche nach neuen

und vor allem für die Schülerinnen und Schüler (SuS)

spannenden Zugängen zu größtenteils trockenem Unter-

richtsstoff. Experimente und Modelle sind hierbei ein gern

in Anspruch genommenes Mittel um den SuS Zusammen-

hänge greifbar und damit erlebbar zu machen – denn

Erfahrungen, die mit allen Sinnen gemacht werden, bleiben

den Lernenden länger im Gedächtnis.

Dieser Beitrag befasst sich mit der Einbettung eines

geographischen Modells zum Thema »Fließgewässer« in

den schulischen Alltag. Exemplarisch für einen außerschu-

lischen Lernort werden die Test- und Versuchsanlage der

Universität Trier sowie Möglichkeiten der aktiven Gestal-

tung durch die SuS angesprochen. Der Fokus zielt auf die

ökologischen Zusammenhängen rund um ein natürliches

Fließgerinne und die anwendungsorientierten Möglichkei-

ten für die Schule. Im Allgemeinen sind Modelle anschau-

lich und realitätsbezogen und tragen durch Visualisierung

zum besseren Verständnis der Lebenswirklichkeit bei.

Die Oberfläche der Erde wird durch das Zusammenwirken

verschiedener Prozesse fluvialer, glazialer, äolischer und

hydrogeologischer Art geformt. Entscheidend für jede

Veränderung sind die jeweiligen vorherrschenden Gegeben-

heiten wie das Relief, die Bodenart, die Zusammensetzung

des Gesteins oder die Witterungsverhältnisse.

Modelle sind integraler Bestandteil des heutigen Geogra-

phieunterrichts und lassen sich an verschiedenen Stellen

des nordrhein-westfälischen Kerncurriculums legitimieren.

Zusätzlich können sich die Schüler durch einfache Experi-

mente Erkenntnisse über geographische Sachverhalte

selbst erschließen und bauen somit ihre Kompetenzen

individuell auf. Optimal ist hierbei die theoretische und

praktische Aufarbeitung der Inhalte durch Versuche am

Testgelände in Trier sowie in den Laboren der Universität.

»Geographische Modelle als idealisierte, vereinfachte Bilder

räumlicher Gefügeordnungen haben einen heuristischen Wert,

weil sie einerseits zu Hypothesen, Versuchen und Prognosen

anregen, andererseits können sie bereits das Abbild einer

räumlichen Regelhaftigkeit sein.« (Tobias Raidelet)

Das außerschulische Erlebnis fordert von den SuS ein

gewisses Maß an Selbstdisziplin und sozialer Kompetenz

sowie von den Lehrpersonen eine sorgfältige Planung,

damit die angedachten Inhalte gelingen. Ferner wird das

Umweltbewusstsein der SuS gestärkt und der gerade in der

Unter- und Mittelstufe vorhandene Bewegungsdrang

gestillt. Der praktisch orientierte Geographieunterricht soll

die SuS an die Erschließung ihrer Umwelt heranführen.

Entscheidend für eine gelungene geographische Bildung ist

hierfür neben den inhaltlichen Zielen ein Verständnis für Foto: © Tobias Raidelet

Page 17: MEDIENBRIEF | N° 01.2016 01 · 01 MEDIENBRIEF GEOGRAPHIE N° Medien im Geographieunterricht Beispiele aus der Schule und praktische Hilfen Düsseldorfer Fenster Unterstützungsangebote

01 | MEDIEN IM GEOGRAPHIEUNTERRICHT

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sowie eine kritische Betrachtung auf den Raum. Grundsätz-

lich müssen der Wissensstand der Klasse und die jeweili-

gen zeitlichen und technischen Möglichkeiten bei der

Umsetzung berücksichtigt werden.

An der frischen Luft...

Fließgerinne können natürlich entstehen oder künstlich

erschaffen werden, wie zum Beispiel durch Kanäle. Das

Versuchsgelände in Trier ermöglicht durch den raffinierten

Bau viele Möglichkeiten zur Untersuchung. Um Fließge-

schwindigkeiten und den Unterschied zwischen Durchfluss

und Abfluss zu verdeutlichen, bietet sich das Einleiten von

Schwebstoffen an. Die eindrucksvollsten visuellen Effekte

erzielen hierbei Uranin, welches das Wasser grünlich färbt,

und Kaolinit, das in einer milchigen Wolke abfließt. Weitere

zu untersuchende physikalische Parameter sind die

Wassertemperatur, der Sauerstoffgehalt, der pH-Wert, die

Leitfähigkeit und die Untersuchung auf Spurenelemente

oder toxische Stoffe. Aufgrund seiner Gestaltung zur

anschaulichen Nutzung ist das Fließgerinne in Trier für

Schulklassen besonders geeignet.

Neben dem Einleiten von Schwebstoffen können Schwim-

mer in verschiedenen Formen und Größen in das Gerinne

eingesetzt werden. Je nach Ausgestaltung und Fließge-

schwindigkeit sowie Abflussmenge sammeln sich diese

Objekte an Hindernissen und in Ruhezonen oder rauschen

dem Stromstrich folgend das Gerinne hinab. Mit diesen

Objekten können einfache Zusammenhänge (Transport und

Sedimentation, Entstehung von Prall- und Gleithang,

verschiedene Geschwindigkeiten) sichtbar gemacht werden.

Als gute Schwimmer eignen sich kleine Styroporkugeln oder

Gummienten. Gerade Schwimmerwahl und -verhalten

lassen viel Raum für eigene Ideen und Vermutungen;

entsprechende Fragestellungen können die SuS hierin

unterstützen. Außerdem kann mithilfe von Sand und etwas

gestalterischem Geschick das Entstehen vom Gerinnebett in

individueller Form in der Versuchsanlange modelliert

werden. Um es den Lernenden noch greifbarer zu machen,

bietet sich in der schulischen Vor- oder Nachbereitung ein

Sandkastenmodell an, in dem mit einer Gießkanne der

Wasserzufluss generiert und reguliert werden kann. An

dieser Aufteilung in kleinere und größere Modelle können

beispielsweise Fragestellungen zum Einsatz und Nutzen von

Modellen im Allgemeinen durch die SuS entwickelt werden.

Prinzipiell können alle Versuche nach entsprechender

Einweisung und Anleitung von den SuS selbst durchgeführt

werden. Eine fächerübergreifende Nutzung der Modellan-

lange bietet sich beispielsweise für die Mathematik an, mit

Versuchen zum praktischen Erleben von Volumen- und

Flächenberechnung.

Foto: © Tobias Raidelet

Foto: © Tobias Raidelet

Page 18: MEDIENBRIEF | N° 01.2016 01 · 01 MEDIENBRIEF GEOGRAPHIE N° Medien im Geographieunterricht Beispiele aus der Schule und praktische Hilfen Düsseldorfer Fenster Unterstützungsangebote

Foto: © Tobias Raidelet

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MEDIENBRIEF | N° 01.2016

Zurück im Klassenraum...

Neben den Erfahrungen am außerschulischen Lernort

bietet sich die theoretische Vertiefung der Inhalte auch

durch praktisches Arbeiten in der Schule an. Die SuS

entscheiden beispielsweise selbst, wozu das Modell

geeignet ist und gestalten dazu ein eigenes Schwerpunkt-

modell. Es ist hilfreich, den SuS Texte beispielsweise zur

Flussbegradigung, Sohlenerosion oder zu künstlichen

Mäanderdurchbrüchen zur Verfügung zu stellen. Je nach

Jahrgangsstufe sollten zusätzlich noch Materialien,

Werkzeuge sowie eine kurze Aufbauanweisungen bereitge-

stellt werden.

In einer Einführung in das Projektthema »Fließgewässer«

erhalten die SuS einige grundlegende Hinweise zu Modellen.

In der inhaltlichen Vorbereitung kann die erste Aufgabe

darin bestehen, anhand bestimmter Kriterien (Darstellung

der Fachinhalte, Visualisierung, Materialauswahl, Modellbe-

schreibung und Präsentation) ein Modell zu entwickeln. Der

Unterricht ist hierbei durch ein hohes Maß an Eigenständig-

keit und zunehmender Selbstorganisation der SuS geprägt.

Als Lernprodukt erstellen sie ein Modell, welches die

exogenen Kräfte eines Fließgerinnes darstellt. Am Ende des

Unterrichtsvorhabens sollte sich eine Reflexionsphase

anschließen, die gezielt nach Vor- und Nachteilen von

Modellen im Geographieunterricht fragt und die geleistete

Schülerarbeit wertschätzt.

Die Spezialisierung auf einen bestimmten Flussabschnitt

machen in der Retrospektive Möglichkeiten und Grenzen

von Modellen deutlich: Um die Ideen der Lernenden

hinsichtlich des Modellbaus umzusetzen und zu erleichtern,

ist es notwendig, optimale Rahmenbedingungen zu schaf-

fen. Dies schließt einen hohen Organisationsaufwand ein.

Hierzu zählt, den SuS einen geeigneten Fachraum und

Materialien zur Verfügung zu stellen sowie eine häufige Ein-

bindung der Modelle in den Unterricht. Wichtig für das

Einbinden in den Unterricht bleibt das Verhältnis von

Steuerungsgrad durch die Lehrkraft im Verhältnis zum Maß

an Selbsttätigkeit der SuS: Je weniger die Lehrperson lenkt,

desto mehr werden die SuS für sich und ihre Lebenswelt

mitnehmen. Außerschulisch birgt ein Modellfließgerinne ein

enormes Potential für anschauliche Versuche und Begeg-

nungen mit dem Thema Wasser und seinem Verhalten.

Somit kann es einen entscheidenden Anteil an Umwelter-

ziehung und der Idee von Nachhaltigkeit leisten.

Weitere Versuchsanlagen sind das WasserCluster Lunz in

Niederösterreich, die Fließ- und Stillgewässer-Simulations-

anlage des Umweltbundesamtes am Standort Berlin-Mari-

enfelde und das Zentrum für Agrarlandschaftsforschung mit

mehreren Standorten in Brandenburg.

Informationen rund um das Thema »Wasser/Gewässer«

Die Deutsche Umwelthilfe baut im Dachprojekt »Schulen für

Lebendige Flüsse« ein Netzwerk zwischen Schulen auf und

bietet neben Arbeitsmaterialien eine Doppel-CD »Bach

Land Fluss« mit einer umfassende Anleitung zur Untersu-

chung von Fließgewässern und ihres Einzugsbereichs.

Weitere Informationen zum »Netzwerk Lebendige Flüsse«

unter http://www.duh.de

Beim Bundesumweltministerium kann man das Schüler-

Arbeitsheft »Wasser ist Leben« für die Grundschule (www.

bmub.bund.de/B671-0) und das Schüler-Arbeitsheft mit

Lehrer-Handreichung »Wasser im 21. Jahrhundert« für die

Sekundarstufe I/II anfordern (www.bmub.bund.de/B615-0)

Informationen zum Thema bietet auch die Naturfreundeju-

gend (www.naturfreundejugend.de)

Andrea Heinzen und Tobias Raidelet

Tobias Raidelet, 1. Staatsexamen an der Universität Trier, ist Referendar am Otto-Hahn-Gymnasium, Monheim am Rhein. Andrea Heinzen, Master of Education an der Gutenberg-Universität Mainz, ist Referendarin am Gymnasium Hochdahl, Erkrath. Beide sind Studienreferendare am Zentrum für schulpraktische Lehrerausbildung (ZfsL) Düsseldorf

Page 19: MEDIENBRIEF | N° 01.2016 01 · 01 MEDIENBRIEF GEOGRAPHIE N° Medien im Geographieunterricht Beispiele aus der Schule und praktische Hilfen Düsseldorfer Fenster Unterstützungsangebote

Laacher See, Foto: © Gabriele Frijo

Foto: © Sven von Loga

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01 | FILMBILDUNG FÜR KINDER UND JUGENDLICHE

Geocaching im Geographieunterricht Geocaching stellt eine Art moderner

Schatzsuche und Schnitzeljagd in

digitaler Form dar. Es ist für alle

Altersstufen gleichermaßen geeig-

net, kann entsprechend angepasst

und auch im schulischen Kontext

hervorragend verwendet werden.

Das »Regelwerk« ist mit wenigen

Worten beschrieben: Die Nutzer

verstecken an bestimmten Orten

Behälter mit interessanten Gegen-

ständen sowie einem Notizbüchlein,

dem so genannten Logbuch. Die

Koordinaten des Verstecks werden

anschließend im Internet veröffent-

licht, damit sie auch für andere

Personen zugänglich sind. Diese

Koordinaten werden dann in ein

GPS-Gerät eingeben, ein Teil des

Inhaltes der per GPS gefundenen Dose

wird ausgetauscht, der Besuch im

Logbuch vermerkt und die Dose

wieder an derselben Stelle für die

nachfolgenden Geocacher versteckt.

Die Regeln zur Nutzung sind dabei

vom besuchten Gebiet abhängig. Ein

Grundsatz besteht vor allem im Schutz

der Natur, sodass entsprechend

Vorsicht bei der Platzierung von

Geocaches geboten ist.

Es lassen sich zahlreiche Arten von

Caches unterscheiden: von einfachen

Caches, die schnell mit dem Auto

erreicht werden können bis zu Caches,

die in entlegenen, schwer zugängli-

chen Gebieten positioniert sind und

teilweise nur mit spezieller Ausrüstung

erreichbar sind, beispielsweise mit

Bergsteiger- oder Tauchausrüstung.

Außerdem können Caches mit Rätseln

oder themenspezifischen Aufgaben

verbunden sein, die direkt vor Ort oder

schon als Vorbereitung auf die Suche

Recherche, Knobelei und Zeit erfordern.

Förderung von räumlicher Orientie-

rung und Methodenkompetenz

In den von der Deutschen Gesellschaft

für Geographie erarbeiteten Bildungs-

standards sind bei der Teilkompetenz

»Orientierung im Realraum« Stan-

dards aufgeführt, die für den Mittleren

Schulabschluss erreicht werden

sollen: Schülerinnen und Schüler

sollen mithilfe einer Karte und

anderen Orientierungshilfen (z. B.

Landmarken, Straßennamen, Him-

melsrichtungen, GPS) ihren Standort

im Realraum bestimmen (S11) und

anhand einer Karte eine Wegstrecke

im Realraum beschreiben (S12).

01 | MEDIEN IM GEOGRAPHIEUNTERRICHT

Die Einführung in die Arbeit mit

GPS-Geräten sollte möglichst früh, im

Idealfall bis zur 7. Klasse erfolgen,

damit die SuS ihre Kompetenz in

diesem Bereich bis zum Ende der

Sekundarstufe I noch ausbauen

können.

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MEDIENBRIEF | N° 01.2016

Foto: © Sven von Loga

Geocache, Foto: © Sven von Loga

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bestimmen oder nur als Teil in diese eingebettet sein. Auf

diese Weise kann eine Vielzahl an unterrichtlichen Themen-

felder eingebunden werden, die sowohl einen anthropo-

geographische als auch physisch-geographischen Schwer-

punkt haben können. Bei den thematischen Rundgängen

etwa zeigt das GPS-Gerät dann den Routenverlauf an.

Interessant ist zum Beispiel ein Stadtrundgang, bei dem

verschiedene Sehenswürdigkeiten mit Geocaches versehen

sind, die inhaltlich passendes Zusatzmaterial bereitstellen.

An den einzelnen Positionen erhalten die SuS von der

Lehrkraft zudem Beobachtungsaufgaben, mit deren Hilfe

sie die Koordinaten der nächsten Station herausfinden und

in das GPS-Gerät einspeisen können.

Neben einer Exkursion ist die Durchführung des Geocha-

ching sowohl im Rahmen von Arbeitsgemeinschaften als

auch in kurz- bis langfristigen Unterrichtsprojekten

möglich. Die Anwendung kann in der näheren Schulumge-

bung stattfinden oder auch als Teil eines Austauschpro-

grammes oder von Schulpartnerschaften angewendet

werden. Die Einsatzmöglichkeiten sind also mannigfaltig

und im Grunde nur durch den zeitlichen Rahmen begrenzt.

Die Erkundung des Realraumes zur Veranschaulichung

oder Vertiefung eines Unterrichtsgegenstandes ist für die

SuS besonders motivierend. Am Beispiel des Nationalparks

Eifel wird im Folgenden verdeutlicht, dass sich ein Lernen

in der Natur und der Umgang mit digitalen Medien gegen-

seitig befruchten können und den SuS eine vielseitige

Lernprogression ermöglichen.

Das Raumbeispiel »Naturpark Vulkaneifel«

Der Nationalpark Vulkaneifel bietet exemplarisch die

Möglichkeit Naturgefahren wie Erdbeben und Vulkanismus

zu erforschen. Die Schülerinnen und Schüler erhalten hier

Einblick in geomorphologische Landschaftsprozesse und

entdecken auf spannende Weise die landschaftsprägenden

Auswirkungen des Vulkanismus. In einer als Geocache

angelegten Exkursion können unter anderem der Laacher

Geocaching bietet den SuS eine abwechslungsreiche

Alternative zum herkömmlich Kartenmaterial, bevor es

jedoch gewinnbringend mit den SuS durchgeführt werden

kann, ist eine theoretische Einführung in die Funktionswei-

se sowie eine grundlegende praktische Anleitung zur

Nutzung der GPS-Geräte ratsam. Hinzukommt die inhaltli-

che Vorbereitung des zu besuchenden Geländes und

Einführung in die topographischen und naturgeographi-

schen Besonderheiten. Nur so sind die SuS in der Lage,

einen Zusammenhang zwischen den GPS-Daten und dem

Kartenmaterial, das sie zur Durchführung des Geocaching

nutzen, herzustellen. Eine Anschaffung der Geräte nicht

immer zwingend erforderlich. Diese können teilweise bei

den Fremdenverkehrsämtern, in Nationalparkbüros oder

anderen touristischen Einrichtungen gegen Gebühr

ausgeliehen werden.

Einsatzmöglichkeiten im Unterricht

Neben dem Einsatz im Tourismus-Bereich, wo GPS-Geräte

eine immer größere Rolle spielen, ergibt sich eine gute

Anknüpfungsmöglichkeit im Unterricht. Das Geocaching

kann entweder den kompletten Ablauf einer Exkursion

Page 21: MEDIENBRIEF | N° 01.2016 01 · 01 MEDIENBRIEF GEOGRAPHIE N° Medien im Geographieunterricht Beispiele aus der Schule und praktische Hilfen Düsseldorfer Fenster Unterstützungsangebote

Mofette, Foto: © Gabriele Frijo

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01 | MEDIEN IM GEOGRAPHIEUNTERRICHT

See als Beispiel für einen Maar und die Wingertsbergwand

als Zeugnis der gewaltigen vulkanischen Eruptionen der

jüngeren Erdgeschichte aufgesucht werden. Dabei leitet der

Geocache zu den einzelnen Orten, die nur mit Hilfe von

Aufgaben in Rätselform aufgefunden werden können. So

müssen die SuS beispielsweise Informationen über die Abla-

gerungsschichten an der Wingertsbergwand sammeln, die

Ihnen Einblick in verschiedene Vulkangesteinsarten und

dem Eruptionsverlauf des Vulkans geben. Zugleich erhalten

sie dadurch die neuen Koordinaten und weitere Hinweise,

die sie zum Laacher See führen. Dort findet sich weiteres

vulkanisches Gestein und die berühmten Mofetten, die sich

durch aufsteigendes Kohlenstoffdioxid im Uferbereich

eindrucksvoll betrachten lassen. Das zuvor im Unterricht

angeeignete Fachwissen lässt sich hier nun mit sehr

anschaulichen Beispielen verknüpfen und spornt die Schüle-

rinnen und Schüler bei ihrer Suche an, neue Erkenntnisse

zu sammeln. Im Gegensatz zu einer geführten Tour wird hier

jedoch ganz auf einen selbstständigen entdeckend-erfor-

schenden Ansatz gesetzt. Das Gelände bietet dabei so viele

beeindruckende geologische und erdgeschichtliche

Phänomene, dass dem Routenverlauf des Geochache kaum

Grenzen gesetzt sind. Die Ergebnisse können neben den

erfassten Informationen durch Fotos festgehalten und

anschließend gemeinsam im Unterricht oder bei einem

Workshop im Vulkanmuseum besprochen werden.

Voraussetzungen des Geochaching im Naturpark

GPS-Geräte können an vor Ort unter anderem bei der

Touristen-Information in Mayen ausgeliehen werde.

Für die Erstellung eines Geocaches finden sich im Internet

zahlreiche Anleitungen und Hilfen. Doch neben der Erstel-

lung des Geocaches durch die Lehrperson, ist auch die

Erarbeitung von Geocaches durch Schülergruppen im

Unterricht denkbar. Auch ohne vorherige Felderkundung

lässt sich ein Geocache mit Hilfe von Google Maps und

Informationen der Vulkanparkleitung erstellen.

Markus Bergrath und Till Rütten

Markus Bergrath und Till Rütten sind Studienreferendare am Zentrum für

schulpraktische Lehrerausbildung (ZfsL) Düsseldorf

Literatur:

Jürgen Luga (2009): Der Weg ist das Ziel und der Schatz eine Dose.

In: Praxis Geographie 2/2009, S. 36-41. Piening, Raimund (2011):

GPS-Geräte in der Schule. Eine Einführung in Potenziale und

Technik. In: Praxis Geographie 11/2011, S. 34-35. Zecha, Stefanie

(2009): Geocaching. Förderung der Orientierungskompetenz mit

GPS. In: Praxis Geographie 11/2009, S. 18-20.

Internetquellen:www.geopark-vulkaneifel.de/index.php/forschung/ publikationen-und-lehrermaterial

www.geocaching.de/

www.vulkanpark.com/

www.mayen.de/Tourismus-und-Events/Radfahren-und-

Wandern/Wandern/Geo-Caching/

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MEDIENBRIEF | N° 01.2016

Virtuelle Spaziergänge - Mit Google Street View durch Chicago

Die Einsatzmöglichkeiten digitaler

Medien im Geographieunterricht sind

vielfältig und bei weitem noch nicht

ausgeschöpft. Google Street View ist

eine Möglichkeit, außerschulische

Lernorte zu erkunden, ohne das

Schulgebäude zu verlassen. Durch

virtuelle Rundgänge können Land-

schaften eigenständig erkundet und

neue Erfahrungen gesammelt werden.

Da nordamerikanische Städte meist

klare Strukturen aufweisen, die leicht

zu erschließen sind, bietet es sich an,

dass die Schülerinnen und Schüler bei

einem virtuellen Rundgang durch

Chicago typische Merkmale anglo-

amerikanischer Städte mithilfe

verschiedener Stationen erarbeiten

und dem Modell nach R. Hahn

zuordnen.

Sachanalyse

Die USA gehört zu den am höchsten

verstädterten Staaten der Welt - über

80% der US-amerikanischen Bevölke-

rung leben in Metropolregionen. Die

Stadtentwicklung und Verstädterung

traten vor allem seit den 20er und

30er Jahren des 20. Jahrhunderts ein.

Im Zentrum der US-amerikanischen

Stadt befindet sich das Central

Business District (CBD), welches den

jüngeren Expansions- und auch

Revitalisierungsprozessen der

Downtown-Region zuzuordnen ist.

Hier ist der Finanz- und Management-

sektor zu verorten. Die Randregion

des CBD zeichnet sich durch Parkhäu-

ser, Hotels, Wohnhochhäuser und

Freizeit- sowie Tagungskomplexen

aus. Das Modell deutet jüngere

Rand-Kern-Verlagerungen der

Wohnbevölkerung in Richtung

Downtown-Rand oder -Nähe durch

den Begriff Gentrifizierung an.

An den Downtown-Bereich schließt

sich ein schmaler Ring von Abrissflä-

chen an. Diese werden vorwiegend als

Parkplätze genutzt und als Trennung

zum Übergangsbereich verstanden.

Dieser Übergangsbereich bildet den

breitesten Ring und erstreckt sich vom

CBD zur Stadtgrenze auf: Slums,

Ghetto, angeschlossen durch sozialen

Wohnungsbau und stellenweise

gentrifizierte Bereiche, wie Cityrand-

wohnungen der weißen Bevölkerung

und Gated Communities. Des Weiteren

sind hier Verlagerungstendenzen der

Diese Veränderungen gingen einher

mit dem Beginn flächenextensiver

Suburbanisierungs- und später

darüberhinausgehende Urbanisie-

rungsprozesse, die sich in einem

hohen Maß durch ihre funktionale

Komplexität deutlich abheben. Diese

Prozesse werden in drei Stadtstruk-

tur- bzw. Stadtentwicklungsmodellen

dargestellt:

> »Modell der Viertelsbildung ameri-

kanischer Städte« und das Modell

»Stadtland USA« nach L. HOLZER

(1972)

> »Modell der US-amerikanischen

Stadt« nach R. HAHN (2000)

> »Strukturmodell der US-amerika-

nische Kernstadt« nach R.

SCHNEIDER-SILWA (1999)

Die hier vorgestellte Unterrichtseinheit

bezieht sich auf das Modell nach HAHN

das einerseits typische räumliche

Strukturen, andererseits Expansions-

und Verlagerungstendenzen in der

Nutzung und der Bevölkerungsgrup-

pen in den jeweiligen Stadtregionen

veranschaulicht. Der Aufbau zeigt sich

ringzonal mit Mehrkern-Merkmalen.

Skyline Chicagos vom Segelschiff "Windy" gesehen am 15.10.11, Foto: © Bladerunner2019

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Hypersegregation und z.T. Suburbani-

sierung der schwarzen Bevölkerung

ins Umland im Modell mit einbezogen.

Jenseits der Stadtgrenze erschließt

sich das Umland, welches sich durch

geplante Apartment-Komplexe und

Einzelhausbebauung auszeichnet.

Wichtige Verkehrsknotenpunkten

begünstigen die Entwicklung von

Hightech-Korridoren, die Edge Cities.

Diese zeichnen sich durch Standorte

darauf hingewiesen, dass die Begriffe

Suburbanisierung, Gentrifizierung und

Gated Communities in diesem Fall

inhaltlich vorentlastet werden müssen.

Didaktischer Kommentar

Im Rahmen der Unterrichtsstunde

werden unterschiedliche Kompeten-

zen geschult, die zu einer raumbezo-

genen Handlungskompetenz führen

sollen. Die dargelegte Stunde bietet

sich vor allem in der gymnasialen

Oberstufe (Inhaltsfeld 6) an, ein

Einsatz in der Jahrgangsstufe 9 wäre

denkbar und durch die Bildungsstan-

dards legitimierbar.

Zentrales Ziel ist es hierbei, dass die

SuS mithilfe von Google Street View

die räumliche Gliederung angloameri-

kanischer Städte auf Basis des

Raumbeispiels erfassen und auf ein

allgemeingültiges Modell anwenden

können. Damit werden sie qualifiziert,

Prozesse, die durch soziale oder

wirtschaftliche Aspekte verursacht

werden, zu bewerten und nachhaltige

Ansätze der Raumplanung zu entwi-

ckeln. Hierbei können die SuS in den

verschiedenen Kompetenzbereichen

folgende Fähigkeiten erlangen: Im

Bereich der Sachkompetenz erlangen

sie Wissen über ein kulturraumspezi-

fisches Stadtentwicklungsmodell mit

funktionalen und sozialen Merkmalen

und können es praktisch anwenden.

von Forschung und Entwicklung sowie

Büro- und Industrieparks aus.

Das Raumbeispiel Chicago ermöglicht

nahezu eine flächendeckende Über-

tragung auf das Modell nach HAHN.

Die ausgewählten Standorte zeigen

exemplarisch die jeweilige Zugehörig-

keit im Modell. Außerdem können die

Aufgabenstellungen an das Leistungs-

niveau angepasst werden. Hierbei sei

Abbildung 1: Modell der angloamerikanischen Stadt nach Roland Hahn: Latz, W. (Hrsg.) (2015). Diercke Praxis. Arbeits- und Lernbuch - Qualifikationsphase, Braunschweig. S. 207

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01 | MEDIEN IM GEOGRAPHIEUNTERRICHT

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MEDIENBRIEF | N° 01.2016

Im Zuge einer Analyse des Modells

verstehen sie außerdem, welchen

Einfluss Suburbanisierung, Segregati-

on und Gentrifizierung auf die Stadt-

entwicklung haben und welche

wirtschaftlichen, demographischen

und soziokulturellen Einflüsse hierbei

eine Rolle spielen.

Methodisch spielt insbesondere die

Orientierung auf verschiedenen

Maßstabsebenen mit unterschiedli-

chen Orientierungsrastern eine große

Rolle. Der Umgang mit unterschiedli-

chen Orientierungsrastern (Street

View, Satellitenbild und topographi-

sche Karte) durch digitale Karten

trägt hierbei zu einem Kompetenzer-

werb bei, der auch die Fähigkeiten zur

Beschaffung von Informationen durch

internetbasierte Geoinformations-

dienste fördert. Der ständige Wechsel

von Kartenebenen stellt hierbei eine

besondere Herausforderung für die

SuS dar und schult zusätzlich die

Orientierung. Methodisch wird dabei

ein nomothetischer Ansatz verfolgt,

bei dem die SuS anhand eines konkre-

ten Raumbeispiels ein allgemeingeo-

graphisches Modell entwickeln.

Im Rahmen der Urteilskompetenz las-

sen sich folgende Schwerpunkte

feststellen: Die SuS bewerten das

Modell hinsichtlich ihrer Übertragbar-

keit, Aussagekraft und Relevanz für

die Erschließung von Realräumen.

Ferner bewerten sie den Medienein-

satz in Hinsicht auf das Stundenziel

und zeigen mögliche Probleme

während der Erarbeitung auf. Darauf

aufbauend könnten sie die Folgen von

Entwicklungstendenzen (Suburbani-

sierung/Segregation) für die räumli-

che Gliederung und für das soziale

Zusammenleben in einer Stadt

einschätzen. Anschließend könnten

die SuS im Rahmen der Handlungs-

kompetenz Möglichkeiten zur Ein-

flussnahme auf raumplanerische

Prozesse diskutieren.

Die Unterrichtsstunde bietet Anknüp-

fungspunkte zur Lebenswelt der SuS.

So können sich die SuS durch vergan-

gene und geplante Reisen, Filme und

andere Medien gut mit den USA

identifizieren und haben deshalb

möglicherweise Vorwissen. Hieraus

erschließt sich die gegenwärtige und

zukünftige Bedeutung sowie die

Exemplarität und Zugänglichkeit für

die SuS. Zur Arbeitserleichterung

wurde das Modell der angloamerikani-

schen Stadt didaktisch reduziert und

kann an die Lerngruppe angepasst

werden.

Skizze eines geplanten Unterrichts-

verlaufs

Als Einstieg eignet sich ein Satelliten-

bild einer angloamerikanischen Stadt,

welches die SuS beschreiben und sie

werden erkennen, dass es sichtbare

Strukturen wie ein Schachbrettmuster

Koordinaten Dargestellter Bestandteil

1 Bataan Corregidor Memorial Bridge:

Umschauen!

CBD

IL-110 Chicago, Illinois

IL-90 Chicago, Illinois

Beschreibe die Besonderheit, während du

hinauszoomst

Autobahnnetz

701 W Monroe St Chicago, Illinois Parkplätze

980 Commerce Dr Oak Brook, IL 60523

1724-1798 Busse Hwy, Des Plaines, IL 60016,

USA

Industrie

3199 W Pratt Blvd.

1604 W Juneway Terrace - und dann gen Osten

gehen

Gated Communities

2246 E Devon Ave – auf Schilder achten Büroparks

396 E32nd St, 796 W 66th St Sozialer Wohnungsbau, Slums, Ghettos

gibt. Anschließend werden die SuS in

(Vierer-)Gruppen eingeteilt. Sie

erarbeiten nun mithilfe von Google

Earth/Google Maps und insbesondere

Google Street View sowie vorgegebe-

nen Koordinaten (siehe Infobox der

Stationen) Merkmale dieser Stationen

und notieren diese sowie die grobe

Lage der Standorte auf einer Umriss-

karte von Chicago. Hierbei arbeiten die

Gruppen arbeitsteilig - je zwei

Personen für je drei bis vier Stationen.

Schnellere Partnergruppen können die

Stationen des Partnerteams zusätzlich

bearbeiten. Anschließend folgt eine

Sicherung, in der die Partnerteams

ihre Ergebnisse austauschen.

Danach erhalten die SuS eine Blanko-

version (Abbildung 2) des Modells der

angloamerikanischen Stadt, in dem sie

ausgehend von ihren Recherchen und

den vorgegebenen Begriffen der

Legende diese verschiedenen Farben

und Formen zuordnen (einige sind

bereits vorgegeben). Als Zusatzaufga-

be für schnellere Gruppen kann der

Auftrag gegeben werden, Wanderungs-

24

Page 25: MEDIENBRIEF | N° 01.2016 01 · 01 MEDIENBRIEF GEOGRAPHIE N° Medien im Geographieunterricht Beispiele aus der Schule und praktische Hilfen Düsseldorfer Fenster Unterstützungsangebote

bewegungen der »weißen« und

»schwarzen« Bevölkerung sowie Gentri-

fizierungsprozesse mittels Pfeilen

einzuzeichnen. Nachdem alle Gruppen

die Blankoversion ausgefüllt haben,

werden die Ergebnisse im Plenum

diskutiert und sich auf ein gemeinsa-

mes Ergebnis geeinigt. Nachdem das

Modell erarbeitet wurde, bietet sich

eine Modellkritik an. Ferner können die

Folgen einer solchen Fragmentierung

sowie der Wanderungsbewegungen

diskutiert und Chancen und Möglichkeiten

einer nachhaltigen Stadtentwicklung

sowie Revitalisierungsmaßnahmen

erörtert werden.

Als Differenzierungsmöglichkeit kann

in der zweiten Erarbeitungsphase

(Modell) die vorgegebene Legende

weggelassen werden, sodass die SuS

diese selber erarbeiten müssen. Hier

könnten Hilfekärtchen nützlich sein;

der Übergangsbereich, das Umland

und die High-Tech-Korridore müssen

allerdings in jedem Fall vorgegeben

werden, da die SuS diese nicht im

Zuge des virtuellen Rundgangs

erarbeiten können.

Vor- und Nachteile

Google Street View ist ein Zusatzange-

bot der Geoprogramms Google Earth

verantworten ist. Alternativen wie das

OpenStreetMap-Projekt oder here.com

zeigen zwar Satellitenbilder, besitzen

jedoch nicht die Street View Option.

SuS sind versucht, andere als die

vorgegebenen Orte anzusteuern und

persönlichen Interessen nachzugehen.

Außerdem kann die fehlerhafte

Eingabe des Standpunktes kann zu

anderen Zielorten führen.

Martha Becker und Linda Kühl

Martha Beccker und Linda Kühl sind Studienreferenda-rinnen am Zentrum für schulpraktische Lehrerausbil-dung (ZfsL) Düsseldorf

Vorteile Nachteile

hoch motivierend SuS können leicht abgelenkt sein - gezielte

Lenkung ist wichtig

breite SuS-Aktivierung notwendige technische Ausstattung

»Entdeckercharakter« Reservierung von PC-Raum / Laptops evtl.

schwierig

Förderung der Kartenkompetenz sprachliche Barrieren beim Lesen von

Beschilderung möglich - gegebenenfalls

Vorentlastung durch Vokabelhilfen

Förderung des abstrakten Denkens mangelnde Kenntnisse in Google Earth/ Street

View/ Maps

Umfang der Aufgabenstellungen und Raumbei-

spiel an Klassen anpassbar

teilweise »Umherirren« von Schülern bei

Eingabe falscher Koordinaten

Differenzierende Aufgaben in und Geschwin-

digkeit möglich

und des online-Kartenkatalogs Google

Maps. 360°-Panoramaansichten gibt

es von allen Kontinenten.

Die Vorteile für die Arbeit mit Google

Street View liegen vor allem in der

leichten Bedienbarkeit des Pro-

gramms und das Kartenmaterial ist

kostenlos einsehbar.

Problematisch in erster Linie die

teilweise umstrittene Datenschutzpoli-

tik des Internetriesen Google; hier

kann jede Lehrperson nur selbst

entscheiden, ob die Nutzung zu

Legende

CBD (Central Business District)

Downtown

Parkplätze

Übergangsbereiche

Autobahnachsen

Umland

Industrie/Büroparks

Sozialer Wohnungsbau

Hightech-Korridor

Gated Communities

Abbildung 2: Blankoversion des Modells der angloamerikanischen Stadt nach Roland Hahn, Grafik: Linda Kühl

25

01 | MEDIEN IM GEOGRAPHIEUNTERRICHT

Page 26: MEDIENBRIEF | N° 01.2016 01 · 01 MEDIENBRIEF GEOGRAPHIE N° Medien im Geographieunterricht Beispiele aus der Schule und praktische Hilfen Düsseldorfer Fenster Unterstützungsangebote

MEDIENBRIEF | N° 01.2016

Außerschulisches Lernen - Urban Gardening macht Schule

Seit Jahrzehnten wird dem Thema »Außerschulische

Lernorte« bzw. »Geographische Exkursionen« eine bedeu-

tende Rolle zugeschrieben. Außerschulisches Lernen ist seit

jeher ein wichtiger Bestandteil des Faches. Unter den

Vorzeichen einer stärker an Kompetenzen orientierten

Lernkultur sowie dem Gedanken des konstruktivistischen

Lernens1 erfährt diese Unterrichtsform gegenwärtig eine

neue, erhöhte Wertschätzung – zumindest unter den

Fachdidaktikern. In der schulischen Praxis wird ihr Einsatz

häufig problematischer gesehen: zu groß sei der organisato-

rische Aufwand, zu negativ besetzt der damit einhergehende

Unterrichtsausfall. Das sehr aktuelle und im schulischen

Kontext noch kaum bearbeitete Thema Urban Gardening als

Exkursion aufzubereiten, bietet sich besonders an.

Immer mehr Menschen wollen in der Stadt und (trotzdem)

inmitten der Natur leben. Urban Gardening greift dieses

neue Bedürfnis auf. In den Städten entstehen daher immer

mehr urbane Gärten. Sie bieten mehr als nur Erholung: Es

sind Orte des Zusammenkommens, der Kommunikation

und des voneinander Lernens, aber auch politische

Gedanken spielen eine Rolle beim urbanen Gärtnern. Die

Urban Gardening-Bewegung ist nicht vonseiten der

Stadtplanung entstanden, sondern hat sich aus dem

Verlangen der Bürger entwickelt, die aktiv in die Stadtpla-

nung und Stadtentwicklung eingegriffen haben. Dies bewegt

Wissenschaft und Forschung. Nun stellt sich die Frage, wie

Urban Gardening als aktueller Trend der Stadtentwicklung

in den Geographieunterricht integriert werden kann. Im

Rahmen meiner Examensarbeit habe ich das Thema für die

1 Nach der Theorie des konstruktivistischen Lernens erfolgt nachhaltiges Lernen durch eine prozesshafte, individuelle Erschließung und Aneignung von Wirklichkeit, die vom Lerner selbst ausgeht. Lernen wird dabei als aktiver, konstruktiver, selbst gesteuerter, situativer und sozialer Prozess verstanden.

Sekundarstufe II aufbereitet. Im Zentrum steht eine

Exkursion zu dem Gemeinschaftsgarten NeuLand in Köln.

Dieser ist ein Beispiel eines außerschulischen Lernortes.

Zum Inhaltsfeld »Stadtentwicklung und Stadtstruktur« in

der Oberstufe kann thematisiert werden, wie die Bevölke-

rung aktiv zur nachhaltigen Stadtentwicklung beiträgt.

Aufgrund der Vielfältigkeit des Urban Gardenings ergeben

sich viele Schnittstellen zu anderen Fächern, sodass das

Modul fächerübergreifend ausgeweitet werden kann. Ferner

geht in Verbindung mit der Exkursion eine Förderung

geographischer Arbeitsweisen einher, die es den Schülern

ermöglicht, einen tieferen Einblick in das wissenschaftliche

Arbeiten der Geographie zu erlangen (u.a. Kartierung,

Beobachtung, Karten lesen).

Seit der Gründung des ersten Community Gardens in New York

1974 hat sich Urban Gardening bis heute in viele unterschiedli-

che Richtungen weiterentwickelt. Urban Gardening ist ein fester

Bestandteil gegenwärtiger Stadtentwicklung und stellt einen

wichtigen Schritt in Richtung Umweltbewusstsein, Klimaschutz,

Versorgung mit lokalen Lebensmitteln und den Erhalt öffentli-

cher Flächen als Gemeingut dar. Dieses Bewusstsein zur

Nachhaltigkeit sollte in der Gesellschaft, vor allem in der

Schule, weiter verbreitet werden.

In Anlehnung an Birkenhauers2 Grundsätze und Anforderungen

(bezogen auf die Qualität) von außerschulischen Lernorten,

auf die sich auch heute noch viele Autoren berufen, eignet

sich ein Gemeinschaftsgarten im besonderen Maße als

außerschulischer Lernort. Hierbei stehen die Selbsttätigkeit

2 Birkenhauer, Josef (1995): Außerschulische Lernorte. In: Josef Birkenhauer (Hg.): Außerschulische Lernorte. HGD-Symposium Benediktbeuern 1993. Nürnberg: Hochschulverband für Geographie und ihre Didaktik (Geographiedidaktische Forschungen, 26), S. 9–16.

Foto: © Stefano Chiolo/www.chiolonia.de

26

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Phase Inhalte/ geplanter Verlauf Sozialform Medien

Eröffnung / Einstieg 1. Begrüßung durch die Vertreterinnen und Vertreter von NeuLand

2. Lokalisierung des Gartens im Großraum Köln

3. Impuls: Schüler nehmen den Gemeinschaftsgarten vom Treffpunkt aus

wahr und beschreiben im Austausch mit dem Kurs ihre ersten Eindrücke

4. Einteilung der Schüler in Kleingruppen

LV

UG

Vorbereitung +

Erarbeitung +

Ergebnissicherung

Vor der Erarbeitung planen die Gruppen das weitere Vorgehen. Die

Gruppenmitglieder bestimmen untereinander, wer für welche Aufgaben

zuständig ist. Alle Gruppen achten darauf, dass die Zeit eingehalten wird

(ggf. einen Zeitnehmer bestimmen). Das Ziel der Gruppen ist es, einen Flyer

für NeuLand zu erstellen. Dazu nehmen die Schüler eine kleine Kartierung

des Gartens vor, machen Fotos, befragen Mitglieder und/oder Mitgärtner von

NeuLand, und entwerfen eine erste Vorlage für einen Flyer.

Arbeitsblatt,

Fotoapparat (Schüler

dürfen auch Smartpho-

ne nutzen)

Reflexion I 1. Jede Gruppe reflektiert kurz über ihre Arbeitsphase und gibt erste

Ergebnisse wieder

2. Die Lehrkraft erklärt das weitere Vorgehen: Die Gruppen werten in

Zusammenarbeit eigenständig ihre Materialien aus, sodass sie den anderen

Schülern in der kommenden Unterrichtsstunde vorgestellt werden können.

In der Gruppe soll eine sinnvolle Präsentation erstellt werden (z.B. Flyer

erstellen, Poster, Power-Point-Vortrag)

3. Überleitung und Einteilung zur Gartenarbeit

UG

Erarbeitung II

(»Arbeitsphase«)

Durch aktives Gärtnern und Helfen im Garten (neue Pflanzkästen bauen,

Unkraut jäten, säen, ernten, Pflanzen gießen, usw.) soll den Schülern

bewusst werden, welche Arbeit mit dem Obst und dem Gemüse aus dem

Supermarkt verbunden ist.

EA, PA, GA Gartenhandschuhe,

Gartengeräte

Reflexion II Schüler reflektieren zunächst die Gartenarbeit, dann den gesamten

Exkursionstag

Abkürzungen: EA = Einzelarbeit, GA = Gruppenarbeit, LV = Lehrervortrag, PA = Partnerarbeit, UG = Unterrichtsgespräch

und das geographische Arbeiten im Vordergrund. Es kann

kooperativ und ganzheitlich gelernt werden. Die Schüler

lernen, dass Stadt und Natur keinen Widerspruch darstel-

len, sondern dass gerade das Gärtnern in der Stadt viele

Vorteile bietet. Ebenfalls wird bei den Schülern durch die

reale Begegnung das Bewusstsein für umweltgerechtes

Handeln verstärkt. Besonders im Zuge der nachhaltigen

Bildung sollte das Lernen an außerschulischen Lernorten

mit dem Vorteil der originalen Begegnung gefördert werden.

Denn außerschulische Lernorte leisten einen großen Beitrag

zur Erschließung der Lebenswirklichkeit und sind somit

unerlässlich für Schülerinnen und Schüler. Vom Verlauf her

bietet sich für eine Exkursion die klassische Sequenzierung

in Einstiegs-, Erarbeitungs- und Sicherungs- bzw. Reflexi-

onsphase an (s. Tabelle): Der Besuch im Gemeinschaftsgar-

ten umfasst zwei Arbeitsphasen: Zum einen eine

thematische Erarbeitung und zum anderen eine Arbeits-

phase, in der die Schülergärtnern sollen. Nach einer

kurzen impulsgegebenden Einleitung zur Orientierung,

erstellen die Schüler einen Flyer für NeuLand. Dazu

nehmen die Schüler in Kleingruppen eine Kartierung des

Gartens vor, machen Fotos, befragen Mitglieder und/oder

Mitgärtner des Gartens und entwerfen eine erste Vorlage

für den Flyer. Dieser soll in der Schule fertiggestellt

werden und kann z.B. in der Schule ausgelegt werden.

Nach der ersten Erarbeitungsphase folgt eine kurze

Vorstellung der bisherigen Ergebnisse, bevor die Schüler

selber im Garten aktiv werden. Die Exkursion endet mit

einer abschließenden Reflexion.

27

01 | MEDIEN IM GEOGRAPHIEUNTERRICHT

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MEDIENBRIEF | N° 02.2015

Bei der Exkursion werden alle Kompetenzen gefördert.

Hierbei liegt der Fokus besonders auf der Orientierungs-,

Methoden- und Handlungskompetenz (s. Abb. 1):

Beurteilungskompetenz und fachwissenschaftliche

Kompetenzen stehen bei der Exkursion nicht im Vorder-

grund. Dennoch erweitern und vertiefen die Schüler ihr

Fachwissen über Urban Gardening durch die originale

Begegnung.

Abbildung 2 veranschaulicht zusammenfassend, welche

Möglichkeiten ein Garten als außerschulischer Lernort

bietet. Sie verdeutlichen, dass ein vielfältiger Kompetenzzu-

wachs mit Urban Gardening einhergehen kann. Mit diesem

Beitrag möchte ich alle Lehrer ermutigen, Exkursionen zu

außerschulischen Lernorten durchzuführen. Denn gerade

außerschulische Lernorte haben einen hohen Mehrwert für

die Schüler, die Schule und die Gesellschaft. Sie leisten

einen großen Beitrag zur Erschließung der Lebenswirklich-

keit. Außerdem ermöglichen sie nachhaltiges Lernen, bei

dem besonders die sozialen Kompetenzen der Schüler

gefördert werden, welche sich langfristig auf das Klassen-

klima auswirken.

NeuLand bietet bereits bestehende Module für Schulklas-

sen an. Weitere Anregungen zu Besuchen bei NeuLand mit

Schulklassen finden Sie unter der Internetadresse:

http://www.neuland-koeln.de/

Teresa BönschTeresa Bönsch hat das ErsteStaatsexamen an der Universität zu Köln abgelegt und ist Referendarin am St. Ursula-Gymnasium in Düsseldorf und Studienreferendarin am Zentrum für schulpraktische Lehrerausbildung (ZfsL) Düsseldorf

Abbildung 1: Analysespinne zur Exkursion (Grafik: Teresa Bönsch)

Kompetenzbereiche: F = Fachwissen, O = Orientierung, M = Methoden/Erkenntnisgewinn, K= Kommunikation, B = Beurteilung/Bewertung, H = Handlung

Die Orientierungskompetenz zeigt sich insbesondere durch

den Umgang mit den Karten zur Orientierung und durch

das Erstellen einer eigenen Karte. Die Kommunikations-

kompetenz wird im Bezug auf die Gruppenarbeit gefördert.

Die Methodenkompetenz spielt eine wesentliche Rolle,

denn die Schüler lernen neue Arbeitsmethoden der

Geographie kennen (Flyer/Kartierung).

Abbildung 2

28

Page 29: MEDIENBRIEF | N° 01.2016 01 · 01 MEDIENBRIEF GEOGRAPHIE N° Medien im Geographieunterricht Beispiele aus der Schule und praktische Hilfen Düsseldorfer Fenster Unterstützungsangebote

KuLaDig – Landeskundliche Informa-tionen für den Geographieunterricht Seit Oktober 2015 steht das LVR-Portal KuLaDig. Kultur.

Landschaft. Digital. in einer runderneuerten Version zur

Verfügung. Die kartographischen Funktionen der Anwen-

dung sind auf den neuesten technischen Stand. Auch die

Nutzungsmöglichkeiten des Datenbestands auf mobilen

Endgeräten wurden verbessert. Zudem werden künftig

Inhalte von KuLaDig auch in Form von Web-Kartendiensten

angeboten.

Neben der technischen Optimierung zeigt der inhaltliche

Praxisbetrieb die besonderen Stärken dieses Portals. Ein

Beispiel ist die Kooperation mit der Universität Koblenz.

Dort findet KuLaDig Anwendung in der Lehrerausbildung im

Fach Geographie. Die Studierenden legen innerhalb von

Seminaren fortlaufend Objekte in KuLaDig als Leistung an.

Das didaktische Konzept beinhaltet die aktive Mitwirkung

und Mitarbeit, um im schulischen Einsatz später über ein

solides Grundverständnis zum Portal zu verfügen und damit

Schülerinnen und Schüler eine moderne geographische

Landeskunde zu vermitteln. In der Zeit vom 14.-18.03.2016

fand eine Geländeexkursion an den Unteren Niederrhein

statt, unter anderem vorbereitet mit Dateneintragungen in

KuLaDig. Vor Ort erfolgte dann die Präsentation der Inhalte

im Gelände. Dies war ein weiterer Testlauf für den Einsatz

von KuLaDig in der Schule.

Das aktive Einpflegen von Datensätzen auch durch Prakti-

kanten und Praktikantinnen zeigt, dass damit das Interesse

am Thema der Kulturlandschaft befördert werden kann.

Mit KuLaDig steht für den deutschsprachigen Raum

inzwischen eine Plattform zur Verfügung, die mittelfristig zu

einer soliden Wissensbasis nicht nur für Gelegenheitsnut-

zer, sondern auch für die Wissenschaft und die schulische

Vermittlung werden kann. Der Weg dorthin führt über ein

vertrauensvolles miteinander Arbeiten von Expertinnen und

Experten. Dazu gehören auch Studierende und Schüler -

wenn die Daten belegt und zuverlässig sind. Durch die

personelle oder institutionelle Kennzeichnung der einzel-

nen Artikel und der festen URL eines jeden Eintrags mit

einer festen Zitierregel erfüllt KuLaDig auch die Funktion

eines Veröffentlichungsorgans.

Die Demokratisierung der Wissensgesellschaft im Austausch

der Informationen ist ein wichtiges Ziel. Letztlich fördert dies

die Akzeptanz, dem landschaftlichen Kulturerbe einen Wert

zuzubilligen. Unsere heimatlichen Regionen sind einzigartig

und haben viele spannende Geschichten zu erzählen.

Dr. Klaus-Dieter Kleefeld

Klaus-Dieter Kleefeld ist Mitarbeiter der Redaktion KuLaDig/Abteilung Digitales Kulturerbe LVR

Die Villa Hügel vom Park aus gesehen (Foto: © Karlheinz Flinspach)

29

01 | MEDIEN IM GEOGRAPHIEUNTERRICHT

Page 30: MEDIENBRIEF | N° 01.2016 01 · 01 MEDIENBRIEF GEOGRAPHIE N° Medien im Geographieunterricht Beispiele aus der Schule und praktische Hilfen Düsseldorfer Fenster Unterstützungsangebote

Außerschulisches Lernen. Mit der Pädagogischen Landkarte spannende Orte findenLets do science - forschen, experi-

mentieren, studieren - macht außer-

halb der Schule anders und mehr

Spaß, z.B. im Jugend- und Bildungs-

innovationszentrum Overbach im

Rheinland. Ganzjährig werden dort

Experimentalworkshops, Forscher-

Camps und Ferienakademien in den

MINT-Fächern Mathematik, Informa-

tik, Naturwissenschaft und Technik

für alle Schulformen durchgeführt.

»Begreifen« im wahrsten Sinne des

Wortes können Kinder die Wunder der

Natur z.B. auch in den 19 rheinischen

Biologischen Stationen. Außerschuli-

sche Lernorte können aber auch

Handwerksbetriebe sein - nur finden

muss man sie können, denn Nord-

rhein-Westfalen hat viele solcher Orte

zu bieten. Das kostenlose Internetan-

gebot »Pädagogische Landkarte

NRW« hat aktuell (April 2016) über

870 Lernorte mit über 1770 außer-

schulischen Lernangeboten aufge-

nommen und täglich werden es

mehr.

Lernorte können unter www.paedago-

gische-landkarte-nrw.de über

verschiedene Suchmöglichkeiten

gefunden werden: über eine interakti-

ve Karte, ein Stichwort, die Auswahl

nach Orten, Rubriken, Schulfächern

oder Klassenstufen. Dieses Online-

Portal für Schulen sorgt für einen gut

vorbereiteten Besuch mit der Klasse

vor Ort und ist ideal für die Planung

und Durchführung von Exkursionen in

die Region oder für Klassenfahrten

quer durch NRW.

Dort findet man unter anderem die

Museen des Landschaftsverbands

Rheinland, darüber hinaus präsentie-

ren sich Theater, Gedenkstätten,

Archive, Bauernhöfe, Botanische

Gärten, Zoos und viele weitere

spannende Orte. Außerschulische

Lernorte bereichern den Schulunter-

richt und die vorschulische Erziehung

in vielerlei Hinsicht. Sie ermöglichen

den Zugang zu neuen Lernwelten,

unterstützen die Entwicklung unter-

schiedlicher Potenziale von Kindern

und Jugendlichen, bieten authenti-

sche Erfahrungen.

Lernorte, die auf der Pädagogischen

Landkarte verzeichnet werden, sollten

sich an Lerngruppen richten, ein

praktisches, konkretes und wirklich-

Foto: © Andreas Hub/ScienceCollegeOverbach

30

MEDIENBRIEF | N° 01.2016

Page 31: MEDIENBRIEF | N° 01.2016 01 · 01 MEDIENBRIEF GEOGRAPHIE N° Medien im Geographieunterricht Beispiele aus der Schule und praktische Hilfen Düsseldorfer Fenster Unterstützungsangebote

Diese bewerten die Angebote,

entscheiden, welche Lernorte lokal

erfasst werden und übernehmen auch

die Einpflege ins Redaktionssystem.

Die »Pädagogische Landkarte

Westfalen-Lippe«, der Vorläufer der

»Pädagogischen Landkarte NRW«

wurde auf Initiative des Landschafts-

verbandes Westfalen in enger Zusam-

menarbeit mit den Kreisen und

kreisfreien Städten in Nordrhein-

Westfalen entwickelt. Die Projektlei-

tung liegt bei den beiden Zentralre-

daktionen, im LWL-Medienzentrum

für Westfalen in Münster und im

LVR-Zentrum für Medien und Bildung

in Düsseldorf. Die »Pädagogische

Landkarte« vernetzt sich auch mit

anderen Kultur- und Bildungsplattfor-

men - insbesondere mit der zentralen

Bildungssuchmaschine »learn:line

NRW« des NRW-Schulministeriums.

Für die Pädagogische Landkarte NRW

sind wir stets auf der Suche nach

neuen, spannenden Lernorten: Wir

würden uns freuen, wenn Sie uns an

Ihren Erfahrungen teilhaben lassen

und uns Ihre Lieblingslernorte

mitteilen - per Mail an:

keitsnahes Lernen ermöglichen und

einen Mehrwert bieten, der über das,

was Schulen intern leisten können,

hinausgeht. Selbstverständlich sollten

die Lernangebote zeitlich so begrenzt

sein, dass sie sich in den Schulalltag

integrieren lassen.

In den Kommunen in NRW sorgen

über 50 Lokalredaktionen dafür, dass

attraktive Lernorte ihrer Region über

»Pädagogische Landkarte NRW« noch

bekannter werden. Diese Redaktionen

werden von den kommunalen Medien-

zentren, regionalen Bildungsbüros

oder Schulverwaltungen gestellt.

[email protected] oder

gleich auf www.paedagogische-land-

karte-nrw.de/Start

Amina Johannsen, Miguel DuarteAmina Johannsen ist Leiterin der Abteilung Medienbildung im LVR-ZMB. Miguel Duarte ist Studentischer Mitarbeiter in der Abteilung Medienbildung im LVR-ZMB

Foto: © Maxim Kostenko

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01 | MEDIEN IM GEOGRAPHIEUNTERRICHT

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MEDIENBRIEF | N° 01.2016

BIPARCOURS im Geographieunterricht

Was ist BIPARCOURS?

BIPARCOURS ist eine kostenlose Anwendung von Bildungs-

partner NRW für Schulen und ihre Bildungspartner in NRW:

Mit der App lassen sich Parcours (=Themenrallyes) und

Quizanwendungen zu verschiedensten Themen erstellen.

Bilder, Texte und Videos können punktgenau für bestimmte

Orte zur Verfügung gestellt werden. Dank GPS-Navigation

fällt sogar die Orientierung an unbekannten Orten leicht.

Inhalte unterschiedlicher Schulfächer lassen sich mit der

App vor Ort als interaktives Lernerlebnis sicht- und

erlebbar machen. Um die App in der Schule zu verwenden,

können Lehrende mit dem Parcours-Creator auf www.

biparcours.de ganz leicht eigene Parcours für oder gemein-

sam mit Lerngruppen anlegen. BIPARCOURS wurde

speziell für den pädagogischen Gebrauch entwickelt und ist

kostenlos für iOS oder Android-Geräte erhältlich.

Straßen zum Sprechen bringen

Wohl in keinem anderen Schulfach lässt sich ein so unmit-

telbarer Bezug zur Lebenswelt der Schülerinnen und

Schüler herstellen wie im Fach Erdkunde. Eine geographi-

sche Analyse des direkten Schulumfelds kann, aufbereitet

als Quizanwendung oder Themenrallye mit BIPARCOURS, zu

einem spannenden Lernerlebnis außerhalb des Klassenzim-

mers werden und für die Besonderheiten der eigenen

Lebenswelt sensibilisieren.

Eine wahre Fundgrube an Informationen zu den Lebensbe-

dingungen in einer Region ist die amtliche Statistik einer

jeden Kommune: Sie bietet detaillierte Daten z.B. zur

ethnischen Zusammensetzung und der Sozial- und Bevöl-

kerungsstruktur eines Stadtteils. Gerade der Vergleich mit

anderen Städten macht bewusst, was das eigene Viertel

besonders macht. Im Unterrichtsgespräch über die

statistischen Daten wird schnell deutlich, dass die Zahlen

mit eigenen Erfahrungen des Aufwachsens im jeweiligen

Umfeld verbunden sind. In Kleingruppen bearbeiten die

Schülerinnen und Schüler Leitfragen, recherchieren Daten

und Orte und notieren eigene Erfahrungen und Erlebnisse.

Welche Bevölkerungsgruppen sind im Stadtteil präsent und

wie prägen sie das Stadtbild? Wie hat sich der Ort wirt-

schaftlich entwickelt? Welche Religionsgemeinschaften

sind hier vertreten? Wie steht es um Freizeitangebote für

Kinder und Jugendliche?

Mit dem Parcours-Creator können anhand dieser Leifragen

nun Routen entworfen werden, welche die einzelnen

Aspekte des Lebens und Aufwachsens in einem Stadtteil

vertiefen. Vorgelesen und umgewandelt als mp3 Datei

werden die notierten persönlichen Erfahrungen der

Schülerinnen und Schüler zu einer Art Audio-Guide und

vermitteln persönliche Perspektiven auf das Aufwachsen im

Stadtteil.

Die im Unterricht recherchierten Daten und Information zur

Geographie der Region können als Bild, Text oder Video für

die jeweiligen Wegpunkte bereitgestellt werden. Unterwegs

abgerufen werden so ortsgenau die Besonderheiten und

Geheimnisse eines Stadtteils beleuchtet. Quizelemente im

Parcours können zudem das Erfahrene vertiefen und die

Schülerinnen und Schüler zusätzlich motivieren. Anschlie-

ßend werden der Lehrkraft die Ergebnisse in einer umfas-

senden Auswertung dargestellt und können so optimal mit

den Schülerinnen und Schülern nachbereitet und reflektiert

werden.

Tobias Düttmann

Tobias Düttmann ist Wissenschaftlicher Volontär bei Bildungspartner NRW

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EDMOND-Medien für den Geographieunterricht

Ozeanien – Opfer des Klimawandels?

Online-Medienpaket, D 2015, 27 min, Signatur: 55 11128

Der globale Klimawandel führt zu extremen Wetterereignissen. Intensität und

Häufigkeit von Springfluten, Taifunen und Überschwemmungen nehmen zu. Die

Küsten erodieren. Dürreperioden lassen die Süßwasserlinsen unter den Atoll-Inseln

schrumpfen. Der Anstieg der Konzentration von CO2 in der Atmosphäre führt zu

einer Versauerung der Ozeane. Dadurch sinkt der pH-Wert und die Kalkbildung wird

erschwert. Wissenschaftler sehen die Atoll-Inseln in ihrer Existenz bedroht. Sturm-

fluten und der rasante Anstieg des Meeresspiegels gefährden die Korallenriffe.

Der Film ist in folgende einzeln abrufbare Sequenzen gegliedert:

1. Die Besiedlung Ozeaniens, 2. Die Inseln des Pazifischen Feuerrings, 3. Leben und

Wirtschaften auf den kleinen Inseln, 4. Herausforderung Klimawandel, 5. Folgen des

Klimawandels, 6. Die Versauerung der Ozeane, 7. Blick in die Zukunft

Kartenkunde. Orientierung im Raum

Online-Medienpaket, D 2015, ca. 28 min, Signatur: 55 62346

Der Film will in die Himmelsrichtungen und den richtigen Umgang mit einem

Kompass einführen und erklärt dessen Funktionsweise basierend auf dem Erdmag-

netfeld. Im Anschluss werden Karten als angepasste Vogelperspektive interpretiert

und verschiedene Arten und Zwecke von Karten vorgestellt. Ebenso wird darauf

eingegangen wie und von wem solche Karten hergestellt werden.

Zusatzmaterial: Arbeitsblätter mit Lösungen; Testaufgaben; ergänzendes Unter-

richtsmaterial mit Lösungen; Arbeitsblätter für interaktive Whiteboards; MasterTool

Folien.

Israel, Zwischen Tradition, Hightech und Konflikten

Online-Medienpaket, D 2015, ca. 21 min, Signatur: 55 62345

Das Gebiet des heutigen Israel gehört zu den ältesten Kulturräumen der Erde. Es gilt

als heiliges Land von drei Weltreligionen: Judentum, Christentum und Islam. Doch

dieses traditionsreiche Land zwischen Jordan und Mittelmeer droht an dem Konflikt

zwischen Israelis und Arabern zu zerbrechen. Jugendliche einer Berliner Studenten-

zeitung sprechen mit Vertretern beider Konfliktparteien und gehen der Frage nach,

wieso der Konflikt seit Jahrzehnten trotz aller Friedensbemühungen anhält.

Zusatzmaterial: Arbeitsblätter mit Lösungen; Testaufgaben; Vorschläge zur Unter-

richtsplanung; Arbeitsblätter für interaktive Whiteboards; MasterTool-Folien.

33

01 | MEDIEN IM GEOGRAPHIEUNTERRICHT

Page 34: MEDIENBRIEF | N° 01.2016 01 · 01 MEDIENBRIEF GEOGRAPHIE N° Medien im Geographieunterricht Beispiele aus der Schule und praktische Hilfen Düsseldorfer Fenster Unterstützungsangebote

Landschaftszonen

Online-Medienpaket, D 2014, 37 min, Signatur: 55 61227

4 Filme erklären mithilfe von aufwändigen und impressiven 3D-Computeranimatio-

nen die vielfältigen Landschaftszonen auf der Erde, deren Lage und ihre unter-

schiedlichen Ausprägungen. »Was ist eine Landschaftszone«? bietet als Einleitung

die Definition von Geo-, Klima- und Landschaftszonen. Das Klimamodell von Troll

und Paffen wird vorgestellt. Der zweite Film behandelt die Landschaftszonen

innerhalb der Polarzone und der gemäßigten Zone behandelt und der dritte Film die

Landschaftszonen der Tropen und Subtropen. Der letzte Film verdeutlicht, dass

Landschaften nicht nur durch endogene Faktoren (z.B. Plattentektonik, Vulkanis-

mus), sondern auch durch den Menschen nachhaltig verändert werden.

Klima- und Vegetationszonen

Online-Medienpaket, D 2014, 40 min, Signatur: 55 61228

Vier Filme erläutern das komplexe Klimageschehen auf der Erde. Der erste Film

zeigt die vielfältigen, atmosphärischen Klimaelemente und geographischen Kli-

mafaktoren, die allesamt das Klima beeinflussen. Im zweiten Film wird ausführlich

der Aufbau und die Auswertung eines »landschaftsökologischen Klimadiagramms«

nach Walter & Lieth erklärt. Der dritte Film befasst sich ausführlich mit zwei

genetischen und zwei effektiven Klimaklassifikationsmodellen. Der vierte Film

beschreibt den Begriff der Vegetationszone und unterscheidet die Höhenzonierung

der Vegetation.

Zusatzmaterial: Arbeitsblätter für Schüler und Lösungsbögen für Lehrkräfte sowie

ein Begleitheft mit detaillierter Übersicht der Inhalte und Lernziele

Wasser als Ware oder Menschenrecht?

Online-Medienpaket, D 2014, 16 min, Signatur: 55 61147

Kann man Wasser besitzen und es zur Ware machen? Darf man Wasser zum

Spielball der freien Märkte und zur Strategie von Konzernen machen? Hat der

Mensch ein Recht auf kostenfrei Zugang zu Wasser ? Ausgehend von der Aufnahme

des Rechts auf Wasser und sanitärer Anlagen in die UN-Menschenrechtscharta im

Jahr 2010 zeigt der Film das Spannungsfeld der globalen Wasserversorgung und den

Geschäften mit Wasser.

Ein Mensch verdurstet innerhalb weniger Tage, wenn er kein Wasser zu sich nimmt.

Von jeher war Wasser existenziell und bedeutend für Sieg oder Niederlage, bei-

spielsweise bei Belagerungen. Globale Konflikte um Wasser drohen auch heute. Wie

kann die Ressource Wasser effektiv geschützt werden? Die DVD erläutert Modelle

und Begriffe wie »Virtuelles Wasser« und den »Wasserfußabdruck«, den wir durch

den Konsum von Waren und Lebensmitteln auch in anderen Staaten hinterlassen.

Die DVD thematisiert das Geschäft mit Flaschenwasser in Schwellen- und Entwick-

lungsländern ebenso wie die Diskussion zur Privatisierung der Wasserversorgung

und zeigt unterschiedliche Beispiele der gleichen Problematik in Ghana und Berlin.

»Wasser als Ware oder Menschenrecht«? stellt eine Grundlage für eine sachliche,

aber kontroverse Diskussion für den Unterricht dar.

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MEDIENBRIEF | N° 01.2016

Page 35: MEDIENBRIEF | N° 01.2016 01 · 01 MEDIENBRIEF GEOGRAPHIE N° Medien im Geographieunterricht Beispiele aus der Schule und praktische Hilfen Düsseldorfer Fenster Unterstützungsangebote

Medien im Unterricht. Unterstützung für Lehrkräfte in Düsseldorf -

»Wir wollen, dass jeder gerne in die Schule geht«

02 Düsseldorfer Fenster

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02 | DÜSSELDORFER FENSTER

Page 36: MEDIENBRIEF | N° 01.2016 01 · 01 MEDIENBRIEF GEOGRAPHIE N° Medien im Geographieunterricht Beispiele aus der Schule und praktische Hilfen Düsseldorfer Fenster Unterstützungsangebote

Medien im Unterricht. Unterstützung für Lehrkräfte in Düsseldorf

Medien sind selbstverständlicher und integraler Bestand-

teil nicht nur der Berufs- und Alltagswelt, sie sind auch

aus der Lebenswelt von Kindern und Jugendlichen nicht

mehr wegzudenken und gestalten diese zunehmend mit.

Die Förderung von Medienkompetenz an Schulen und im

Unterricht wird daher immer wichtiger, weil Kinder und

Jugendliche Unterstützung und Begleitung brauchen, um

die Potentiale der Medien ausschöpfen und die Gefahren

einschätzen zu können.

Die Landeshauptstadt Düsseldorf hat sich mit der Vorbe-

reitung und Durchführung der Pilotphase des »Medienpass

NRW«1 in der Primarstufe auf den Weg gemacht und

Schulaufsicht, Schulträger, Medienzentrum, Kompetenz-

team und Lehrerschaft an einen Tisch gebracht, um

gemeinsam am Thema der systematischen Medienkompe-

tenzförderung in Schulen zu arbeiten. Damit wurde ein

wichtiger Grundstein in Richtung eines systematischen,

kompetenzorientierten und nachhaltigen Einsatzes von

Medien als Werkzeuge sowohl für Schülerinnen und

Schüler als auch für Lehrkräfte im Unterricht gelegt.

1 https://www.medienpass.nrw.de/de

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MEDIENBRIEF | N° 01.2016

Page 37: MEDIENBRIEF | N° 01.2016 01 · 01 MEDIENBRIEF GEOGRAPHIE N° Medien im Geographieunterricht Beispiele aus der Schule und praktische Hilfen Düsseldorfer Fenster Unterstützungsangebote

In Kooperation mit den Medienberatern des Kompetenz-

team Düsseldorf bietet das LVR-Zentrum für Medien und

Bildung Lehrerinnen und Lehrern an Düsseldorfer Schulen

seitdem ein vielfältiges Angebot an Beratung und Unter-

stützung in verschiedenen Bereichen des Einsatzes von

Medien in Schulen:

> Medienkonzeptentwicklung auf der Grundlage des

Medienpass NRW

> schulinterne Lehrerfortbildungim Bereich digitale

Medien

> Erwerb von Medienkompetenz und Umsetzung im

Unterricht

> lernförderliche Medienausstattung in Absprache mit

dem Schulträger

> mobiles Lernen – iPads im Unterricht

> Kooperation mit medienspezifischen Bildungspartnern

und Lernorten

Um die Lehrkräfte an Düsseldorfer Grundschulen noch

besser unterstützen zu können, wurde zu Beginn des

Schuljahres 2015/2016 der »Arbeitskreis Medien – Grund-

schule« als Kooperationsprojekt von Kompetenzteam,

LVR-Zentrum für Medien und Bildung und der Unteren

Schulaufsicht gegründet. Dieser Arbeitskreis soll die

Grundschullehrkräfte bei der Entwicklung und Ausgestal-

tung fachübergreifender und fachorientierter Medienent-

wicklung und Medienkonzepterstellung unterstützen. Er

soll sowohl informieren und beraten als auch den Lehr-

kräften die Möglichkeit bieten, Unterrichtserfahrungen im

Bereich des Einsatzes von Medien untereinander auszutau-

schen und gemeinsam neue Ideen zu entwickeln.

Da sich in Düsseldorf immer mehr Schulen in Absprache

mit dem Schulträger dazu entscheiden, iPads zur Förde-

rung der Medienkompetenz im Unterricht einzusetzen,

wird aktuell ein »Arbeitskreis iPad – Grundschule«

gegründet. Dieser soll zusätzlich zum bestehenden

»Arbeitskreis Medien – Grundschule« die Lehrkräfte der

iPad-Grundschulen in Düsseldorf miteinander vernetzen

und sie bei der Entwicklung von Konzepten zur Förderung

der Medienkompetenz sowie fachorientierter Kompetenzen

mit dem iPad im Unterricht unterstützen. Der Arbeitskreis

wird sich schwerpunktmäßig mit dem Austausch von

Unterrichtsideen/-ergebnissen und Konzepten der Teilneh-

mer beschäftigen sowie mit der gemeinsamen Entwicklung

und Dokumentation von Unterrichtsinhalten für den

Unterricht mit iPads. Darüber hinaus soll der Arbeitskreis

auch informieren und beraten und vielfältige Anregungen

und Tipps zur eigenen Unterrichtsplanung und –umsetzung

bieten.

Ansprechpartnerin für die Arbeitskreise ist die Medienbe-

raterin des Kompetenzteams Sabine Weyer, die die

Arbeitskreise leitet bzw. moderiert. Das LVR-Zentrum für

Medien und Bildung stellt als Kooperationspartner die

Räumlichkeiten zur Verfügung und unterstützt mit aktuel-

len Informationen zu den Angeboten des Medienzentrums

und weiterer Bildungspartner. Darüber hinaus wird bei der

inhaltlichen Gestaltung auch eng mit dem Schulträger

(eSchool) zusammengearbeitet.

Für das kommende Schuljahr 2016/2017 ist die Gründung

eines Arbeitskreis »Medien/iPad« auch für die weiterfüh-

renden Schulen in Düsseldorf geplant.

Kontakt:

Sabine Weyer

Medienberaterin »Grundschule«

im LVR-Zentrum für Medien und Bildung

[email protected]

Karsten Schillies

Medienberater »Sek I + II«

[email protected]

Sabine Weyer Sabine Weyer ist Medienberaterin im Kompetenzteam Düsseldorf

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02 | DÜSSELDORFER FENSTER

Page 38: MEDIENBRIEF | N° 01.2016 01 · 01 MEDIENBRIEF GEOGRAPHIE N° Medien im Geographieunterricht Beispiele aus der Schule und praktische Hilfen Düsseldorfer Fenster Unterstützungsangebote

MEDIENBRIEF | N° 01.2016

»Wir wollen, dass jeder gerne in die Schule geht!«

Wer Informationsmaterial des Zentrums für Schulpsycholo-

gie (ZfS) in Düsseldorf zur Hand nimmt oder sich auf der

Website umschaut, erkennt schnell, dass dieser Satz viel

tiefgründiger gemeint ist, als er auf den ersten Blick wirkt.

Jeder denkt zunächst an die Schülerinnen und Schüler:

Natürlich sollen sie gerne und erfolgreich die Schule

besuchen, dazu bietet das ZfS individuelle schulpsychologi-

sche Beratung, wenn möglich gemeinsam mit der Schule

an. Aber auch Lehrkräfte sollen gerne und mit Freude in

der Schule arbeiten. Und dazu können Angebote der

Supervision, der Fortbildung, der Teamentwicklung und der

beruflichen Gesunderhaltung genutzt werden. Nicht zuletzt

werden Schulen mit Maßnahmen der Gewaltprävention und

Medienerziehung, der Begabtenförderung im Rahmen der

individuellen Förderung, der Schulentwicklung unter

psychologischen Gesichtspunkten und dem Vorgehen bei

Fragen der Kindeswohlgefährdung unterstützt.

Kompetente Unterstützung für alle - Individuelle schul-

psychologische Beratung

Die individuelle Beratung nimmt die Situation des einzelnen

Kindes oder Jugendlichen zu schulbezogenen Fragen mit

schulpsychologischen Methoden in den Blick. Dazu gehören

die Erfassung der individuellen Lernmöglichkeiten mit

diagnostischen Methoden, aber auch der zugrundeliegen-

den Situation in der Familie oder in der Klasse. In dieser

Gesamtschau sind Hintergründe für mögliches Lernversa-

gen, Fragen zur passenden Schulform, zur Förderung bei

besonderen Begabungen oder auch zu sozialen Konflikt-

situationen zu verstehen und Lösungen zu finden. Und diese

Lösungen werden möglichst direkt gemeinsam mit Eltern

und den Lehrkräften erarbeitet. Nur wenn alle Beteiligten

mitarbeiten, sind Lösungen tragfähig.

Auch Lehrkräfte können individuelle Beratungsangebote für

ihre Arbeitssituation nutzen: Schwierige Klassenkonstellati-

onen, der Umgang mit einzelnen Schülerinnen und Schü-

lern oder eigene besondere Belastungen können in einer

individuellen Beratung reflektiert werden.

Breit aufgestellt für Schulen - Unterstützungsangebote

für Lehrkräfte

Die Angebote des ZfS sind vielfältig. Ein besonderes

Unterstützungsangebot ist die Möglichkeit zu Supervision

und Coaching für Lehrkräfte und Schulleitungen. Schwieri-

ge berufliche Situationen können mit professioneller

Begleitung reflektiert und Lösungen entwickelt werden.

In Kooperation mit dem Kompetenzteam Lehrerfortbildung

oder anderen Einrichtungen werden ein- oder mehrmoduli-

ge Fortbildungsreihen angeboten. »Duell oder Duett –

Gesprächsführung für Lehrkräfte« oder »Psychologisches

Wissen für den Schulalltag« heißen Fortbildungsangebote

im ZfS, um beispielsweise Lehrkräfte auf schwierige

Gespräche mit Eltern vorzubereiten. Aktuell stehen

Angebote zum Umgang mit neu zugewanderten Kindern

und Jugendlichen im Fokus. In Kooperation mit der

Kommunalstelle für Integration und Bildung in Düsseldorf

werden Informationsveranstaltungen oder auch Super-

visionsgruppen für Lehrkräfte in internationalen Klassen

angeboten.

Ein weiterer Schwerpunkt liegt im Bereich Gewaltpräventi-

on und Krisenintervention. Seit Jahren werden Fortbildun-

gen in Programmen der Gewaltprävention und Medienerzie-

hung sowie zum Aufbau schulinterner Teams initiiert und

organisiert, die sowohl präventiv als auch bei konkreten

Krisen in Schulen eingesetzt werden können. Eine besonde-

re Kooperation zum Thema Kinder- und Jugendmedien-

schutz besteht mit dem LVR-Zentrum für Medien und

Bildung und der Landesanstalt für Medien und Bildung

NRW. Im Fokus liegen die Qualifizierung von pädagogischen

Fachkräften, die Begleitung von Konzepten sowie die

Verstetigung von Programmen in Schulen, wie zum

Beispiel die Ausbildung von Medienscouts.

Die Landespräventionsstelle gegen Gewalt und Cyberge-

walt an Schulen in NRW (LPS), eine gemeinsame Einrich-

tung des Landes und der Landeshauptstadt Düsseldorf, ist

ebenfalls im ZfS angesiedelt. Von hier werden landesweit

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Page 39: MEDIENBRIEF | N° 01.2016 01 · 01 MEDIENBRIEF GEOGRAPHIE N° Medien im Geographieunterricht Beispiele aus der Schule und praktische Hilfen Düsseldorfer Fenster Unterstützungsangebote

02 | DÜSSELDORFER FENSTER

Konzepte und Maßnahmen gegen Gewalt und Cybergewalt

in Schulen unterstützt und neue Konzepte initiiert.

Seit November 2015 ist auch das Competence Center

Begabtenförderung (CCB) Düsseldorf Teil des ZfS. Neben

der psychologischen Beratung zu Fragen der individuellen

Förderung und zur Erkennung von Talenten stehen Semina-

re für Schülerinnen und Schüler sowie Eltern und Fortbil-

dungen für Lehrkräfte und pädagogische Fachkräfte im

Mittelpunkt der Angebote.

Eine besondere Herausforderung für Schulen sind die

Fragen des Kinderschutzes und der Kindeswohlgefährdung

einzelner Schülerinnen und Schüler. Es reicht oft nicht, ein

Kind dem Jugendamt zu »melden«, vielmehr sind erste

Beobachtungen zu sammeln und Gespräche mit den Eltern

zu führen. Das ZfS hat dazu mit dem Jugendamt ein

Konzept zu strukturierten Prozessberatungen in Schulen

entwickelt, die durch das ZfS begleitet werden. Schulen

erhalten Beratung und Begleitung bei ersten Klärungs-

schritten bis hin zu einer möglichen qualifizierten Mittei-

lung an das Jugendamt.

Vernetzt mit Wissenschaft und Forschung

Schulpsychologische Konzepte beruhen auf evaluierten

Konzepten verschiedener Zweige der Psychologie. Die

Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des ZfS sind deutschland-

weit bei der Entwicklung von Angeboten und Konzepten der

Schulpsychologie beteiligt. Der alle zwei Jahre stattfinden-

de »Bundeskongress für Schulpsychologie« wird vom ZfS

maßgeblich mit gestaltet (www.bdp-schulpsychologie.de/

buko2016).

Dipl.-Psych. Stefan Drewes

Stefan Drewes ist Leiter des Zentrums für Schulpsychologie der Landeshauptstadt Düsseldorf www.duesseldorf.de/schulpsychologie

Literatur zur Vertiefung:

Klaus Seifried, Stefan Drewes & Marcus Hasselhorn (Hrsg.): 2016. Handbuch Schulpsychologie - Psychologie für die Schule. Stuttgart 2016, 2., vollst. überarb. Aufl.

Foto: © Contrastwerkstatt

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MEDIENBRIEF | N° 01.2016

Flucht, Migration und Integration und das Potenzial der Filmbildung

03 Partner im Verbund

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03 | PARTNER IM VERBUND

Flucht, Migration und Integration und das Potenzial der Filmbildung

Jeder kennt die Bilder: Hundertausen-

de Männern, Frauen und Kindern, die

vor Krieg, Unterdrückung und Hunger

fliehen und den gefährlichen Weg

übers Mittelmeer wagen oder über die

Balkanroute nach Europa kommen.

Hinter all diesen Menschen steht eine

persönliche Geschichte. Von ihrem

Leben und ihrem Schicksal wissen wir

jedoch wenig.

Wir haben uns daran gewöhnt, von

»Flüchtlingsströmen«, »Flüchtlings-

krise« und »Grenze der Belastbarkeit«

zu sprechen anstatt von den Chancen

der Zuwanderung und von Vielfalt als

Normalität und Potential einer

Gesellschaft, die nicht erst seit heute

eine Einwanderungsgesellschaft ist.

Aktuell hat rund ein Drittel der Kinder

und Jugendlichen in Nordrhein-West-

falen einen Migrationshintergrund,

Prognosen gehen von 50 Prozent und

mehr in den nächsten 10 bis 15 Jahren

aus, zumindest in den Städten.

Unbestritten stellen die derzeitigen

großen Flucht- und Migrationsbewe-

gungen eine besondere Herausforde-

rung dar, die auf allen gesellschaftli-

chen Ebenen mit Engagement und

Phantasie angenommen werden

sollte. Für die Filmbildung bedeutet

das, die besonderen Potentiale von

Filmen für die interkulturelle Bildung

und Erziehung zu nutzen, denn kein

Medium bietet sich mehr an, sich

dokumentarisch, dramatisch oder

zuweilen auch humorvoll der Lebens-

situation von Flüchtlingen zu nähern.

Filme konfrontieren uns unmittelbar

mit fremden Schicksalen, sie sensibili-

sieren, machen betroffen, geben

Denkanstöße und fördern den inter-

kulturellen Dialog. Die Sprache der

Bilder ist international, über sie kann

Kommunikation auch stattfinden,

wenn die Kenntnisse der deutschen

Sprache noch rudimentär sind.

Filmempfehlungsliste zu Flucht,

Migration und Integration

Welche Filme kann man in Willkom-

mensklassen einsetzen? Welche

eignen sich gleichermaßen für

deutsche und zugewanderte Schüle-

rinnen und Schüler? Können Filme

das Erlernen der deutschen Sprache

unterstützen? Welche haben Unterti-

telungen in mehreren Sprachen? Gibt

es unterhaltsame Filme für einen

Filmnachmittag in der Flüchtlingsun-

terkunft? Antworten auf diese Fragen

suchten Schulen und Kommunale

Medienzentren in letzter Zeit häufig

bei FILM+SCHULE NRW und den

beiden Landesmedienzentren. Eine

erste Empfehlungsliste zu den

Themen Flucht, Migration und

Integration hat FILM+SCHULE NRW

bereits zusammengestellt – mit

Filmen, die entweder als EDMOND-

Online-Medium oder als Verleih-DVD

in den Mediatheken der beiden

Landesmedienzentren kostenlos zur

Verfügung stehen. Diese Liste wurde

inzwischen mit direkten Verlinkungen

zu Unterrichtsmaterialien im Webauf-Foto

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MEDIENBRIEF | N° 01.2016

tritt von FILM+SCHULE NRW einge-

stellt (www.filmundschule.nrw.de).

Zur Zeit entsteht eine noch umfangrei-

chere Empfehlungsliste. Auch sie

enthält Filme, die entweder als

EDMOND-Medien oder DVDs in den

Mediatheken vorhanden sind. Unter-

teilt ist sie nach thematischen Schwer-

punkten: »Flucht und Ankommen«,

»Orientierung in der neuen Heimat«

und »Gemeinsam Film erleben«.

Flucht und Ankommen

In dieser Rubrik sind Filme zu finden,

die das Verständnis für die Situation

geflüchteter Menschen fördern

können. Sie zeigen – häufig scho-

nungslos – den oft lebensbedrohlichen

Weg, den Flüchtlinge über Wochen

und Monate gegangen sind. Ihr

Schicksal, ihre Nöte und Ängste

werden für uns spürbar und geben

uns die Möglichkeit, sich dem Schick-

sal der Flüchtlinge zu nähern.

»Die Piroge« (F/SN 2012, 87 Min.)

Der senegalesische Regisseur Moussa

Touré stellt das Schicksal afrikani-

scher Bootsflüchtlinge in den Mittel-

punkt. Erschütternd die Szene, in der

sie auf ein anderes Boot mit Flüchtlin-

gen treffen, die mit defektem Motor

hilflos im Meer treiben. Streit kommt

auf, ob man den Fremden helfen soll.

Die Flüchtlinge in der Piroge geraten

in ein Unwetter, das Tote fordert. Die

Überlebenden werden in letzter

Sekunde vom Spanischen Roten Kreuz

gerettet und wieder in ihre Heimat

abgeschoben...

Und wenn die Wirklichkeit verfremdet

ist wie in Claude K. Dubois’ Bilder-

buchgeschichte, können selbst die

Jüngsten mit dem Thema konfrontiert

werden...

»Akim rennt« (D 2015, 6 Min.)

Akim wird eines Nachmittags von

dröhnendem Lärm und Schüssen aus

dem Spiel gerissen. Die Bewohner des

Dorfes fliehen aus den Trümmern,

Akim verliert seine Familie. Eine

unbekannte Frau nimmt sich des

Jungen an. Auf der Flucht nehmen

Soldaten Akim gefangen. Er kann

entkommen, schlägt sich alleine durch

und erreicht schließlich ein Flücht-

lingslager auf der anderen Seite des

Flusses. Dort findet er seine Mutter.

Weitere Titel sind z.B. »Ich bin jetzt

hier!« (Dokumentarische Kurzfilme,

70 Min. - siehe auch die Filmempfeh-

lungen auf Seite 59 in dieser Heft)

oder »Hoppet – Der große Sprung ins

Glück« (84 Min., D/N/S 2007)

Orientierung in der neuen Heimat

Hierzu gehören Filme, die auf leicht

verständliche Weise Informationen

über das Leben in Deutschland und

die kulturellen Besonderheiten

vermitteln und so die Integration

erleichtern können.

»Marhaba – Ankommen in Deutsch-

land« (D 2015, 28 Min.)

Die jeweils 5minütigen Folgen in

arabischer Sprache mit deutschen

Untertiteln richten sich vor allem an

Menschen aus dem Nahen Osten,

erklären den deutschen Alltag und

geben Tipps zum Leben in Deutsch-

land. Themen sind u.a.: »Das Grund-

gesetz und die Scharia«, »Frauen in

Deutschland« oder auch »Liebe und

Sex in Deutschland«. Für Deutsche ist

es interessant zu sehen, wie das

Leben in Deutschland von außen

wahrgenommen wird.

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03 | PARTNER IM VERBUND

Zur Orientierung sind auch Filme

geeignet wie »Und was glaubst du?«,

in dem zwei Kinder Unterschiede und

Gemeinsamkeiten in ihrem Glauben -

Christentum und Islam – feststellen

und sich gegenseitig in die Kirche und

in die Moschee begleiten.

Gemeinsam Film erleben

Der Alltag in den Flüchtlingsheimen

ist von Tristesse und Langeweile

geprägt. Filme können hier eine

willkommene Abwechslung bieten –

besonders für Kinder und Jugendliche.

Aber was kann man jungen Menschen

überhaupt zeigen, deren Augen das

Schlimmste gesehen haben? Die

Antwort: Animations-, Märchen- und

Abenteuerfilme. Einige Beispiele:

»Grüffelo« (25 Min., D/GB 2009)

»Der Mondbär – Das große Abenteu-

er« (71 Min., D 2008)

»Oliver Twist« (125 Min., F 2005)

»Die Geschichte vom kleinen Muck«

(96 Min., DDR 1953)

»Tomte Tummetott und der Fuchs«

(30 Min. D 2007)

Ihre Sprachversion ist englisch oder

französisch mit deutschen Untertiteln.

Auch wenn die Sprachkenntnisse nicht

ausreichen, um Dialoge zu verstehen,

kann ein Film über Filmmusik, Mimik

und Gestik »erlebt« werden.

Manche Filme kommen auch ganz

ohne Sprache aus wie »Shaun das

Schaf – der Film« (85 Min., GB 2015),

»Macropolis« (8 Min., GB 2012) oder

»Zebra« (3 Min., D 2013).

Die Listen können auf den Webseiten

der beiden Landesmedienzentren

www.lwl-medienzentrum.de und

www.medien-und-bildung.lvr.de sowie

www.filmundschule.nrw.de abgerufen

werden.

Info-Module »Flucht, Migration und

Integration im Film« als Angebot bei

Fortbildungsveranstaltungen

Als neues Format bietet FILM+SCHULE

NRW 2016 auf Anfrage dezentrale

Unterstützung von regionalen oder

landesweiten Fortbildungsveranstal-

tungen und Tagungen an – mit

2stündigen Info-Modulen zum Thema

»Flucht, Migration und Integration« im

Film. Den Auftakt machte am 13.

Januar 2016 in Münster ein Workshop

unter dem Titel »Film ab! Die Ge-

schichte einer Flucht ohne Eltern« im

Rahmen der Tagungsreihe »Migration

und Schule – Warum Pädagogik

interkulturell sein muss«.

Vorgestellt wurden Schlüsselszenen

des Films »Hoppet – Der große

Sprung ins Glück« und die dazu

gehörigen Unterrichtsmaterialien.

Bei der Bombardierung eines Dorfes

irgendwo im Mittleren Osten in einem

nicht genannten Krieg entkommen

Azad und sein Bruder Tigris nur

knapp dem Tod. Seitdem ist Tigris

stumm. Sein Bruder entwickelt sich

dagegen zum besten Hochspringer

seiner Schule. Weil die Eltern politisch

verfolgt werden und nicht gemeinsam

fliehen können, schicken sie ihre

beiden Söhne vorab alleine nach

Deutschland.

Durch Betrug der Schlepperbande

landen die Kinder vollkommen

mittellos in Stockholm. Eine mitrei-

sende Flüchtlingsfamilie nimmt sich

ihrer als fiktive Eltern an, doch um

den Schwindel nicht auffliegen zu

lassen, dürfen die Kinder ihre wahre

Identität nicht preisgeben. Zum Glück

findet Azad Freunde, die ihm über die

schwere Zeit hinweghelfen. Als er im

Schulsportverein sein Springertalent

unter Beweis stellen kann und das

Team zu einer Meisterschaft nach

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MEDIENBRIEF | N° 01.2016

Berlin eingeladen wird, ergreift Azad

die ihm gebotene Chance.

Obwohl schon 2007 produziert, wirkt

der Film hoch aktuell, da er das

Schicksal unbegleiteter junger

Flüchtlinge thematisiert. Durch die

Erzählperspektive (aus Sicht des

zwölfjährigen Azad) bietet er Kindern

und Jugendlichen viel Raum für

Identifikation und Empathie. »Hoppet-

der große Sprung ins Glück« vermittelt

die Zuversicht, dass es selbst in sehr

schwierigen Lebenssituationen noch

einen Ausweg gibt und irgendwann

doch noch alles gut wird (die Familie

im Film findet wieder zusammen).

Filmbildung für Alle!

Man könnte meinen, die Flüchtlings-

thematik habe das Thema Filmbildung

und Inklusion in den Hintergrund

gedrängt. Legt man jedoch den

erweiterten, nicht nur auf sonderpäd-

agogischen Förderbedarf beschränk-

ten Inklusionsbegriff zugrunde, geht

es um ein Bildungssystem ohne

Ausgrenzungen und die Wertschät-

zung von Vielfalt. Ein solches Bil-

dungssystem hat auch Kinder und

Jugendliche mit Zuwanderungsge-

schichte im Blick, die Notwendigkeit

einer intensiven Sprachförderung

beispielsweise ebenso wie die Chance,

durch die persönlichen und authenti-

schen Berichte über ihre Herkunfts-

länder und deren Kulturen das Fenster

zur Welt weit zu öffnen. Thematisch

sorgfältig ausgewählte Filme unter-

stützen die Wahrnehmung und

Wertschätzung von Vielfalt. Die für

inklusive Filmveranstaltungen

entwickelten handlungsorientierten

Materialien können auch in Willkom-

mensklassen eingesetzt werden.

(www.filmundschule.nrw.de)

In diesem Sinne : Film ab für die

interkulturelle Bildung!

Dr. Angela Schöppner-Höper,

Marlies Baak-Witjes

Angela Schöppner-Höper ist Wissenschaftliche Referentin im LWL-Medienzentrum für Westfalen, Marlies Baak-Witjes ist Geschäftsführerin von FILM+SCHULE NRW

Dieser Beitrag ist die gekürzte Fassung eines im FOCUS erschienen Artikels.

Szenenfoto aus: Hoppett - Der große Sprung ins Glück, Foto: © Farbfilm Verleih

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04 | BERICHTE

»Digital Naives«? Internetnutzung und Online-Risikoverhalten

bei Jugendlichen

04 Berichte

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MEDIENBRIEF | N° 01.2016

»Digital Naives«? - Internetnutzung und Online-Risikoverhalten bei Jugendlichen»Meiden Sie die digitalen Medien. Sie machen [...] dick,

dumm, aggressiv, einsam, krank und unglücklich«. Solche

Thesen, wie Manfred Spitzer sie in aller Schärfe formuliert,

bedienen vor allem die Ängste verunsicherter Eltern und

sind als Schlagzeile für eine reißerische Berichterstattung

über das Gefahrenpotenzial des Internets sehr »beliebt«.

Zwar werden Kindern und Jugendlichen, die als sogenannte

Digital Natives mit dem Internet aufgewachsen sind,

Fähigkeiten im technischen Umgang mit dem Internet

zugeschrieben, gleichzeitig wird ihnen jedoch ein verant-

wortungsloser und unkritischer Umgang mit dem Internet

unterstellt. Sie werden demnach als Digital Naives etiket-

tiert. Besonders von Kindern und Jugendlichen aus

sogenannten bildungsfernen und ökonomisch schwachen

Familien wird angenommen, das Internet extensiv und

unkritisch zu nutzen. Fakt ist jedoch, dass das Internet für

alle Jugendlichen zum Alltag dazu gehört, unabhängig von

Bildungsniveau, Geschlecht oder Migrationshintergrund.

Chancen und Risiken des Internets

Es ist nicht zu bestreiten, dass die Nutzung des Internets

nicht nur vielfältige Chancen und Möglichkeiten, sondern

auch einige Risiken mit sich bringt. Eine klare Einordnung

von Online-Aktivitäten in Chancen und Risiken erweist sich

jedoch als problematisch: Während sich manche, wie die

Internetrecherche für schulische Zwecke als Chance und

Cybermobbing eindeutig als Risiko einordnen lassen,

entziehen sich andere, wie etwa das Kennenlernen von

Online-»Freunden«, einer eindeutigen Bewertung. Einer-

seits kann durch den neuen Kontakt ein sozialer Erfah-

rungsaustausch stattfinden und die Jugendlichen lernen,

Foto: © LVR-ZMB / Nicole Schäfer

MEDIENBRIEF | N° 01.2016

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welche Informationen sie über sich preisgeben sollten.

Andererseits birgt die Kommunikation mit einer fremden

Person potentielle Gefahren.

Medienkompetenz als Schlüssel für einen risikofreien

Internetumgang?

Ob das Internet mit all seinen Möglichkeiten positive oder

negative Folgen für die Jugendlichen besitzt, wird in

medienpädagogischen wie auch politischen Debatten vom

Erwerb der Medienkompetenz abhängig gemacht. Medien-

kompetenz beschreibt demnach die Fähigkeit zu einem

kritischen, eigenverantwortlichen, kreativen und genussvol-

len Umgang mit Medien und wird daher als Schlüsselkom-

petenz des 21. Jahrhunderts bezeichnet.

Bei Jugendlichen wurden diese Fähigkeiten in verschiedenen

empirischen Studien untersucht. Die 2015 veröffentliche

internationale Schulleistungsstudie ICILS1 untersuchte compu-

ter- und informationsbezogene Kompetenzen (z.B., ob Informati-

onen eigenständig recherchiert, kritisch bewertet und daraus

Informationsprodukte erzeugt werden können) bei SchülerInnen

der 8. Jahrgangsstufe. Ein Mangel an Medienkompetenz wurde

in Deutschland vor allem bei Jugendlichen aus bildungsfernen

und ökonomisch schwachen Familien festgestellt.

Eine Erklärung für das vergleichsweise schlechtere

Abschneiden dieser Jugendlichen, kann laut Wissenschaft-

lerInnen durch die sogenannte Digitale Spaltung in der

Gesellschaft erklärt werden: Personen aus bildungsnahen

Schichten sind demnach eher in der Lage, die Chancen des

Internets als Informations- und Wissenslieferant für sich zu

nutzen, während schlechter Gebildete von solchen Möglich-

keiten weniger Gebrauch machen können und angeblich

vermehrt Gefahren im Internet ausgeliefert sind. Laut

Theorie können sich bestehende Unterschiede zwischen

sozialen Schichten durch eine unterschiedliche Nutzungs-

weise des Internets weiter verstärken. Besser Gebildete

scheinen eher von ihrer Nutzungsweise des Internets zu

profitieren, da sich die heutige Gesellschaft immer mehr zu

einer Informations- und Wissensgesellschaft entwickelt.

Die Vorstellung einer geteilten Nutzung des Internets,

entweder als Unterhaltungs- oder als Informationsquelle,

je nach Gesellschaftsschicht, stimmt jedoch nicht. Wie die

alljährliche JIM2-Studie zeigt, wird das Internet in erster

1 International Computer and Information Literacy Study

2 Jugend, Information, (Multi-) Media-Studie des Medienpädagogischen Forschungs-verbund Südwest

Linie für kommunikative Zwecke und zur Unterhaltung

(Videos anschauen, Musik hören und Spiele spielen)

verwendet. Der Sozialwissenschaftler Niesyto weist darauf

hin, dass Unterschiede in der Internetnutzung »nicht

automatisch auf Aspekte sozialer Benachteiligung und

Ungleichheit, sondern zunächst einmal auf andere medien-

und sozialästhetische Muster und Präferenzen« verweisen.

Wissenschaftliche Studien wie die ICILS-Studie geben einen

sehr begrenzten Einblick in das digitale Können von

Jugendlichen, da meist nur Fähigkeiten im Bezug auf den

Umgang mit Informationen abgefragt werden. Die Bedeu-

tung von Unterhaltungs- und Spielmöglichkeiten wird

gänzlich ausgeblendet, obwohl der genussvolle Umgang mit

Medien gleichzeitig als wichtiger Teilaspekt einer kompe-

tenten Mediennutzung definiert wird.

Medienkompetenz minimiert nicht zwangsläufig Risiken der

Internetnutzung, denn Chancen und Risiken sind stets

miteinander verbunden. Wer aktiver im Internet ist und

dadurch mehr Möglichkeiten zur Partizipation und Teilhabe

erlebt, trifft auch schneller auf Gefahren. Hinzu kommt,

dass eine höhere Risikobereitschaft etwas ganz Normales

für Jugendliche ist und zu ihrer Entwicklung dazugehört. Es

ist individuell unterschiedlich, ob eine Online-Aktivität als

Risiko wahrgenommen wird und ob sie dann zu problemati-

schen Folgen führt. Wie verschiedene Studien zeigen, sind

nur sehr wenige Jugendliche tatsächlich von Online-Risiken

betroffen. Es sollten daher dringend Vorurteile über die

Internetnutzung von Jugendlichen abgebaut werden und ein

differenziertes Bild darüber entstehen, statt auf moralisch-

ethischer Ebene gewisse Tätigkeiten im Internet pauschali-

sierend als »negativ« einzustufen.

Handlungsempfehlungen für medienpädagogische

Maßnahmen

Ziel von medienpädagogischen Maßnahmen sollte es sein,

Jugendliche begleitend bei ihrer Internetnutzung zu

unterstützen. Hierzu einige Handlungsempfehlungen:

1. Da Gleichaltrige für Jugendliche die ersten Ansprech-

partnerInnen bei Fragen rund um das Internet sind,

scheinen Projekte wie Medienscouts NRW ein guter Ansatz

zu sein, um Jugendliche im Umgang mit digitalen Medien

zu stärken. Medienscouts NRW greift bei der Vermittlung

von Medienkompetenz auf das Konzept der Peer-Education

zurück, also dem Lernen von und mit Gleichaltrigen. Bei

solchen Projekten ist es jedoch wichtig, dass nicht nur über

eine kritische Internetnutzung gesprochen wird, sondern in

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04 | BERICHTE

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MEDIENBRIEF | N° 01.2016

diesem Rahmen auch technische Aspekte des Internets

bedacht werden - wie beispielsweise die Gewährleistung

der Datensicherheit durch regelmäßiges Löschen von

Browser-Verläufen.

2. Theoretisches Wissen über eine kritische und reflektier-

te Internetnutzung, mündet nicht automatisch in einer

entsprechende Handlungsfähigkeit. Jugendliche können vor

allem durch einen aktiven und produktiven Umgang mit

digitalen Medien eine kritische Auseinandersetzung

erlernen. Es sollte ihnen erlaubt sein, ihre eigenen Erfah-

rungen zu machen und eigenständig herauszufinden, was

gut für sie ist. Bei diesem Prozess sollten sie unterstützt

werden, indem sie ihre Erfahrungen frei diskutieren

können. Strikte Regeln und Normen hingegen schränken

die Jugendlichen ein und führen nicht dazu, dass sie im

Sinne der Mediensozialisation lernen, selbstständig im

Internet zu agieren.

3. Zudem sollten die Fähigkeiten sowie die Präferenzen

von Jugendlichen bei der Internetnutzung anerkannt und

bei der Konzeption medienpädagogischer Maßnahmen

bedacht werden. Das bedeutet beispielsweise für ein

Projekt wie Medienscouts NRW, dass entsprechend

kognitiver Fähigkeiten und Internetnutzungspräferenzen

unterschiedliches Arbeitsmaterial erstellt werden muss,

welches die Jugendlichen anregt, sich aktiv mit ihrer

eigenen Internetnutzung auseinanderzusetzen.

4. Darüber hinaus sollten nicht ausschließlich die Aspekte

der Informationsbeschaffung im Internet besprochen

werden, sondern auch die der Unterhaltung. Kommunikati-

on und Unterhaltung gehören zu den häufigsten Online-

Aktivitäten von Jugendlichen und prägen maßgeblich das

Erlernen des Internetumgangs.

5. Um Ängste zur Internetnutzung von Jugendlichen

abzubauen und zum gegenseitigen Verständnis beizutragen,

sollten Erwachsene über die Faszination und das Interesse

für bestimmten Online-Aktivitäten aufgeklärt werden.

Sogenannte Eltern-LANs wie sie von der Bundeszentrale

für politische Bildung angeboten werden, bieten Eltern und

PädadogInnen eine gute Möglichkeit, sich einen Überblick

über virtuelle Spielewelten zu verschaffen und das Interes-

se daran selbst nachzuvollziehen.

Abschließend ist festzuhalten, dass die Debatte um die

Internetnutzung von Jugendlichen einige Kontroversen

hervorruft, da sie stark von normativen Vorstellungen

geprägt ist. Es ist weder gerechtfertigt noch zielführend,

Jugendliche als Digital Naives zu etikettieren, die verant-

wortungslos und unkritisch mit dem Internet umgehen.

Wünschenswert wäre eine weniger pessimistische und

belehrende Haltung, stattdessen eine eher offene und

vorurteilsfreie Sichtweise einzunehmen, welche die

individuellen Fähigkeiten und Interessen der Jugendlichen

annimmt und versucht, diese zu fördern. Dies gilt vor allem

für die Internetnutzung von Jugendlichen mit formal

niedrigem Bildungsniveau.

Sepiedeh Fazlali

Sepiedeh Fazlali (M.Sc.) studierte Angewandte Kognitions- und Medienschaften an der Universität Duisburg-Essen und schrieb ihre Masterarbeit zum Thema kritische Internetnutzung und Online-Risikoverhalten von Jugendlichen unterschiedlicher Schulformen. Sie arbeitet als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl Mediendidaktik an der FernUniversität Hagen

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Tablets und Gebärdensprache: Unterstützte (digitale) Kommuniaktion in

einer Förderschule

05 Medienberatung NRW

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05 | MEDIENBERATUNG NRW

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MEDIENBRIEF | N° 01.2016

Tablets und Gebärdensprache: Unterstützte (digitale) Kommunikation in einer Förderschule

Dass die Frage, ob es »pädagogisch sinnvoll« ist, digitale

Medien im Schulunterricht einzusetzen, überholt ist, zeigt

ein Besuch an der Hilda-Heinemann-Schule/ Förderschu-

le für Geistige Entwicklung in Remscheid. Hier wird

deutlich, dass digitale Medien unabdingbar sind für

gelingende Kommunikations-und Unterrichtsprozesse.

Ein Gespräch mit dem stellvertretenden Schulleiter

Christian Jansen.

Welches Spektrum an Beeinträchtigungen gibt es an der

Hilda-Heinemann-Schule?

In erster Linie werden alle Schülerinnen und Schüler

unterrichtet, bei denen ein sonderpädagogischer Unterstüt-

zungsbedarf im Förderschwerpunkt Geistige Entwicklung

vorliegt, d.h., wenn das schulische Lernen im Bereich der

kognitiven Funktionen und in der Entwicklung der Gesamt-

persönlichkeit dauerhaft und hochgradig beeinträchtigt ist,

und wenn hinreichende Anhaltspunkte dafür sprechen, dass

die Schülerin oder der Schüler zur selbstständigen Lebens-

führung auch nach dem Ende der Schulzeit auf Dauer Hilfe

benötigt.

Die Zusammensetzung der Schülerschaft ist sehr hetero-

gen, denn es werden Schülerinnen und Schüler mit

schweren Mehrfachbehinderungen unterrichtet, ebenso wie

solche, die an der Grenze zum Förderschwerpunkt Lernen

liegen. Der Unterricht fördert also ein breites Spektrum:

von der basalen Ebene über »übliche Unterrichtsfächer« bis

hin zur Persönlichkeitsentwicklung und Anbahnung der

Selbständigkeit.

Die Besonderheit des Unterrichts an unserer Schule

besteht in der Notwendigkeit, den Unterricht ausgehend

von den individuellen Entwicklungsbedingungen der

Schülerinnen und Schüler zu gestalten.

Welche Einschränkungen gibt es im Bereich Sprache?

An unserer Schule ist es mehreren Schülerinnen und

Schülern behinderungsbedingt nicht möglich zu sprechen

bzw. sich verbal mitzuteilen. Oft ist auch die Verständlichkeit

der Sprache eine Barriere, die überwunden werden muss.

Selbst wenn man sich durch Laute mitteilen kann, ist dies für

die Mitmenschen nicht immer hinreichend verständlich. Bei

einigen kommen zusätzlich fehlende Sprachkenntnisse hinzu.

Wie kann die Unterstützte Kommunikation (UK) zur

Verständigung und zum Verstehen beitragen?

Die UK hat zum Ziel, die kommunikativen Fähigkeiten von

Menschen zu verbessern, die sich nicht oder nur wenig

über Lautsprache mitteilen können. Auf der Grundlage des

multimodalen Kommunikationsansatzes werden alle

kommunikativen Möglichkeiten, wie Mimik, Gestik, Laute,

Sprache und Bewegungen genutzt, sowie nichtelektroni-

sche und elektronische Kommunikationshilfen (z.B. Tablets)

eingesetzt. Kommunikation ist ein Grundbedürfnis des

Menschen, dessen Nichterfüllung zu großem Frust und

damit verbundenen erheblichen Verhaltensauffälligkeiten,

wie Rückzug oder Aggression führen kann. Eine gelungene

Kommunikation ist unabdingbar für eine positive Persön-

lichkeitsentwicklung und UK bietet die Möglichkeit, dieses

Grundbedürfnis zu befriedigen.

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05 | MEDIENBERATUNG NRW

Welche Rituale und Routinen finden im Schul- und Unter-

richtsalltag Anwendung, um eine möglichst gelingende

Kommunikation mit allen Beteiligten zu gewährleisten?

Wir bedienen uns lautsprachbegleitender Gebärden, der

primären Nutzung von Symbolsystemen wie Metacom, PCS

und Pictoselector, wir verwenden einen schulinternen

Stundenplan, dargestellt durch Gebärde, Symbol und Schrift

und wir nutzen Tablets mit Metatalk, d.h. einem Programm,

mit Hilfe dessen Sprachmitteilungen gespeichert werden

können, die durch Fingerdruck auf die entsprechenden

Symbolfelder individuell aktiviert werden können. Dies dient

entweder generell der Verständigung oder auch zielgerichtet

der Mitteilung von unterrichtsspezifischen Inhalten.

Welche Medien werden im Unterricht eingesetzt – speziell

im Bereich UK?

Für die Förderung im Bereich UK stehen ein Medienpool

mit einfachen Kommunikationsgeräten, die Kölner Kommu-

nikationstafel, sowie Materialien zur Anbahnung unterstütz-

ter Kommunikation zur Verfügung. Jede Klasse ist bei-

spielsweise mit verschiedenen sogenannten »sprechenden

Tasten« (z.B. BigMack oder Step-by-Step) ausgestattet, die

beim Auslösen individuell aufgezeichnete Sprachmitteilun-

gen, Musik oder Geräusche wiedergeben. Ebenso nutzen

Schülerinnen und Schüler eigene Tablets mit den entspre-

chenden Apps wie metatalk, gotalk now etc. oder können

schuleigene Tablets im Unterricht verwenden.

In NRW befinden sich die Schulen auf dem Weg zur

Inklusion. Welche Herausforderungen sehen Sie in einem

inklusiven Schulsystem, besonders für Schülerinnen und

Schüler, die im Bereich Geistige Entwicklung/Sprache einer

besonderen Förderung bedürfen?

Die allgemeine Schule als ein Förderort für Menschen mit

dem Förderschwerpunkt geistige Entwicklung bietet

sicherlich einen anderen Rahmen als unsere Schule. Sich

in einem größeren System zurecht finden und sich ver-

ständlich mitteilen zu können, ist eine große Herausforde-

rung und bedarf der gezielten Unterstützung. Dies erfolgt

heute schon oft durch Einzelfall- bzw. Integrationshelfer

und durch den Einsatz von Sonderpädagogen, die gezielt

im möglichen Rahmen fördern können. Die unterstützte

Kommunikation bietet die Chance, diese Förderung zu

begleiten und gezielt zu unterstützen. Die jeweiligen

Schülerinnen und Schülern können sich so selbständig

mitteilen, beteiligen und erleben sich selbstwirksam.

Ebenso kann die Vielfalt der medialen Unterstützung eine

Orientierungshilfe und Strukturierung in Gebäuden und

Abläufen bieten, da die angesprochene Schülerschaft in

punkto Selbständigkeit einen großen Förderbedarf auf-

weist. Zusätzlich profitieren alle Kinder – ob mit oder ohne

sonderpädagogischem Unterstützungsbedarf - von der

Visualisierung und Strukturierung durch den Einsatz

lautsprachlich begleitender Gebärden oder Symbolkarten-

systemen.

Foto: © LVR-ZMB / Stefan Arendt

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MEDIENBRIEF | N° 01.2016

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Die große Heterogenität bedingt aber auch eine individuelle

pädagogische Förderung und interdisziplinäre Zusammen-

arbeit, die eine Vernetzung von Eltern, Therapeuten und

allen beteiligten Pädagogen, sowie Hilfsmittelfirmen

erforderlich macht, um ein Kind im Gemeinsamen Lernen

und im Alltag effektiv fördern zu können. Diese Vernetzung

kann durch Übergabebögen, Informationen über bisherige

Maßnahmen etc. erfolgen. Die Erhebung von Bedarfen im

Bereich UK kann z.B. durch Inklusionskoordinatoren an

UK-Berater erfolgen.

Welche Voraussetzungen würden Sie in diesem Zusammen-

hang als unverzichtbar erachten?

Zum einen sind gewisse räumliche Strukturen nötig, zum

anderen ist eine den Bedürfnissen angepasste mediale

Ausstattung sehr sinnvoll. Hier sollte ein Pool an UK-Hilfs-

mitteln und Material für Diagnostik und Unterricht (z.B.

durch eine benachbarte Förderschule) zur Verfügung

stehen. Die Beratung von Eltern, Lehrern und in den

Bereichen der Übergänge in die Arbeitswelt ist ebenfalls ein

wesentliches Kriterium für ein Gelingen.

Sie sind auch Medienberater im Kompetenzteam. Welchen

Fortbildungsbedarf sehen Sie als Medienberater gerade im

Bereich UK?

Beratungsmöglichkeiten für Lehrkräfte im Gemeinsamen

Lernen beinhalten die Notwendigkeit, Schülerinnen und

Schüler mit einem Bedarf an unterstützter Kommunikation

an Hilfsmittel und Nutzung heranzuführen und Fortbil-

dungsangebote zu erstellen. Oftmals sind passende

Hilfsmittel nicht bekannt oder die Nutzung von körpereige-

nen (Gebärden) oder körperfremden Hilfsmitteln (Symbole,

Talker, Tablets) in weiterführenden Schulen im Bereich UK

noch nicht verbreitet.

Gerade im Bereich UK ist der Einsatz unterschiedlicher

Medien angebracht. Eine Verankerung im Medienkonzept

der jeweiligen Schule und die daraus resultierende Umset-

zung im Medienentwicklungsplan sind hier äußerst sinnvoll.

Ebenso finden sich viele Inhalte im Kompetenzrahmen des

Medienpasses NRW wieder. Im Bereich »Kommunizieren

und Kooperieren« heißt es, »Regeln für eine sichere und

zielgerichtete Kommunikation zu beherrschen«.

Zielführende Fortbildungen können so nicht nur weitere

Fördermöglichkeiten aufzeigen, sondern auch den Alltag

für Lehrende und Lernende bereichern und kommunikative

Grenzen lösen. Gleichzeitig kann der Medienberater auch

mit den UK-Beauftragten zusammenarbeiten und diese in

Fortbildungen zu Diagnostik, Beratung, Koordination und

Vernetzung gezielt einbinden.

Informationen zur Hilda-Heinemann-Schule:

http://hilda-heinemann-schule.com/

Informationen zu Fortbildungsangeboten der Kompetenzteams:

http://www.lehrerfortbildung.schulministerium.nrw.de/

Fortbildung/Kompetenzteams/

Claudia Hopstein

Claudia Hopstein ist pädagogische Mitarbeiterin der Medienberatung NRW

Foto: © LVR-ZMB / Stefan Arendt

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06 | BILDUNGSPARTNER NRW

Amselnest, Foto: Sabine Geißler / pixelio.de

Wettbewerb »Kooperation.Konkret.« - Die Gewinner 2015

06 Bildungspartner NRW

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MEDIENBRIEF | N° 01.2016

Wettbewerb »Kooperation. Konkret.« - Die Gewinner 2015

Der Wettbewerb »Kooperation. Konkret.« der Bildungspartner NRW zeichnet jährlich herausragende Praxisbeispiele

aus. 2015 stand die neue Bildungspartner-App »BIPARCOURS« im Fokus des Wettbewerbs. Mit dem kostenlosen

Lernwerkzeug lassen sich ohne technische Vorkenntnisse digitale Themenrallyes erstellen und absolvieren. Gesucht

wurden Parcours, die Themen und Lernangebote außerschulischer Lernorte erschließen und innerhalb einer Koopera-

tion entstanden sind oder für die Zusammenarbeit genutzt werden können. Die achtköpfige Jury ermittelte aus allen

Einreichungen, zehn Gewinner, die die Potenziale der App am besten ausgeschöpfen. Die Preisträger erhalten jeweils

300,- Euro. Alle Parcours können nachgespielt werden, dazu müssen nur nachstehende QR-Codes mit der BIPAR-

COURS-App gescannt werden. Die zehn Gewinner sind:

»Auf den Spuren des Bartmanns«

Der Parcours des Museums KERAMION behandelt die jahrhundertealte Töpfer-tradition der Stadt

Frechen und die Spuren der rheinischen Keramikgeschichte im Stadtbild. Zu einem Thema, das

zunächst wenig Bezug zur Lebenswelt der Schülerinnen und Schüler zu haben scheint, hat das

Museum einen spannenden, humorvollen Parcours geschaffen, der Lokalgeschichte als abwechs-

lungsreiche Entdeckungsreise vermittelt.

»Borbeck Mitte«

Dieser abwechslungsreiche und sehr lebendige Parcours der Dionysiusgrundschule und des kultur-

historischen Vereins Essen Borbeck fordert die Teilnehmenden mit allen Sinnen – es wird getastet,

gelauscht, gerannt. Die Jury ist angetan davon, dass spannende und vielfältige Medien im Parcours

eingebunden sind und sämtliche Möglichkeiten der App BIPARCOURS ausgelotet werden. Der

Parcours wurde zudem sehr schülernah gestaltet.

»Das Ruhr Museum auf Zollverein«

Der Parcours durch das Ruhrmuseum Essen und das Welterbe Zollverein ist ein abwechslungsreicher

Streifzug durch die Ausstellung und beleuchtet verschiedene Epochen und Aspekte der Ruhrgebiets-

geschichte, aber auch Flora, Fauna und Kultur. Die Jury spricht bei diesem Beitrag großes Lob für die

ästhetisch ansprechende informative und komplexe Gestaltung des Parcours aus, der Schülerinnen

und Schülern viel Spaß und sie miteinander ins Gespräch bringt. Hervorzuheben ist außerdem, dass

alle Funktionen der App BIPARCOURS hervorragend genutzt wurden.

»Entscheidungen«

Dieser Parcours des Annette-von-Droste-Hülshoff-Gymnasiums verläuft entlang der Dülmener

Stolpersteine und thematisiert die Verfolgung von Menschen jüdischen Glaubens während der

NS-Zeit. Die Jury lobt neben dem nahen Lehrplanbezug des Themas die hochklassige Nutzung der

Funktionen der App.

»LVR-Kulturhaus Landsynagoge Rödingen«

Der Parcours des LVR-Kulturhaus Landsynagoge Rödingen ist ein spannender Rundgang durch die

Synagoge und das historische Wohnhaus. Geschickt werden mithilfe der App-Funktionen Vergangen-

heit und Gegenwart übereinandergelegt. Die Jury ist beeindruckt und meint: »Der sehr professionell

gestaltete Parcours vermittelt auf unterhaltsame Weise interkulturelles Wissen.«

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06 | BILDUNGSPARTNER NRW

»Märchenrallye Stadtbibliothek Mülheim«

Die Stadtbibliothek Mülheim hat eine tolle Märchenrallye erstellt, in der Kinder ihr Märchenwissen

testen und in Gruppenarbeit sogar ein selbst geschriebenes Märchen verfilmen können. Durch die

thematische Anbindung wird der Vermittlung von Bibliothekskenntnissen Leben eingehaucht und das

Angebot kann von Lehrkräften als Fortführung des Unterrichts eingeplant werden. Dieser Parcours

macht nicht nur Spaß, sondern fördert auch die Konzentrationsfähigkeit und Kreativität.

»Sicher unterwegs in Dortmund«

Der Parcours »Sicher unterwegs in Dortmund« des Arbeitskreises Verkehrssicherheit schult auf

witzige Weise die Wahrnehmung im Straßenverkehr von Kindern und Jugendlichen. Besonders das

spannende Einsatzfeld als solches, der überraschende Einstieg in den Parcours und die Nutzung von

vielen verschiedenen Medien überzeugten die Jury.

»Stadtrundgang in Köln«

Das Projekt KölnBlicke ist ein Kooperationsprojekt der sk stiftung jugend und medien und des Geogra-

phischen Instituts der Universität zu Köln und beschäftigt sich mit den verschiedenen Kölner Vierteln.

Dieser Parcours wurde gemeinsam mit Schülerinnen und Schülern erstellt, macht Spaß und ist

unterrichtsbezogen. Besonders gefällt der Jury, dass die Spielerinnen und Spieler in direkte Interaktion

mit der Umgebung treten, bei der man auch mit anderen Veedelbewohnern ins Gespräch kommt.

»Mülheim« »Neumarkt« »Ehrenfeld«

»Wuppertal Stadtbib«

Der Beitrag der Stadtbibliothek Wuppertal besticht durch seine hohe Praktikabilität: Anhand der App

wird spielerisch vermittelt, wie Bibliotheken funktionieren und wie man sich in dem Gebäude zurecht-

findet. Da dieses Beispiel ein Konzept demonstriert, das niederschwellig auf andere Institutionen

übertragbar ist, hat sich die Jury für den Parcours entschieden.

»4. Klasse«

Auf ihrer interaktiven Reise durch die Räume der Stadtbibliothek Solingen lernen Kinder alles um für

eigene Recherche und Ausleihe gerüstet zu sein. Der Parcours der Stadtbibliothek schafft es auf

freundliche, anschauliche und unterhaltsame Weise sowie mit einer guten Prise Humor, Kinder für

das Angebot der Bibliothek zu begeistern und nutzt dabei alle Funktionen der App.

Die Ausschreibung zum nächsten Wettbewerb wird im Mai 2016 veröffentlicht. Weitere Informationen

zum Wettbewerb unter: www.kooperation.konkret.nrw.de

Katharina Scherff Katharina Scherff ist Wissenschaftliche Volontärin bei Bildungspartner NRW

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MEDIENBRIEF | N° 01.2016

»Schauriges und Schönes aus dem Mittelalter«

Neue Medien für Düsseldorf zum Thema »Flucht und Migration«

07 LVR-ZMB intern

Tanzender Tod, süddeutsch, Anfang 18. Jh., Elfenbein, Museum Schnütgen/KölnFoto: © Rheinisches Bildarchiv Köln / Wolfgang F. Meier

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07 | LVR-ZMB INTERN

»Schauriges und Schönes aus dem Mittelalter«

»So! Hut und Mantel sind in der Garderobe. Wir können

losgehen.« Diese Einladung gilt seit Neuestem den Besu-

cherinnen und Besuchern im Museum Schnütgen in Köln,

die sich mit dem neu gestalteten Multimedia-Führer auf

einen Rundgang durch die Sammlung machen. Begleitet

werden sie dabei von einem launigen Pärchen: dem

kunstbegeisterten Professor Heisterbach und seinem

Freund Manzoni, selbst offenbar kein Unbeleckter in

Sachen mittelalterlicher Kunst. Gemeinsam begeistern sie

sich, bringen die Zuhörerinnen und Zuhörer hier und da

auch zum Schmunzeln. Wer sich anderthalb Stunden Zeit

nimmt, kann in Ruhe mit den beiden durch die Sammlung

schlendern, vorbei an allen Highlights: den Madonnen,

Elfenbeinschnitzereien, Reliquiengefäßen und anderen

Schätzen christlicher Kunst des Mittelalters.

Wer gezieltere Interessen hat oder lieber ohne Ton die

Ausstellung entdecken möchte, der kann sich Informatio-

nen entweder direkt, über die Inventarnummer, auf den

Bildschirm holen oder aber sich von drei Themenführungen

zu den Exponaten leiten lassen. Zu rund 170 Werken stehen

Kurztexte, zu einigen besonderen Exponaten aber auch

weitergehende Informationen und ergänzendes Bildmateri-

al, etwa zur Herstellungstechnik, zu Vergleichsobjekten

oder zum ursprünglichen Bestimmungsort, zur Verfügung,

die auf Wunsch eingeblendet werden. Neben dem Rund-

gang durch die Dauerausstellung stehen dabei zwei

Schwerpunktführungen, »Seide statt Sünde« sowie »Auf

den Spuren von Reliquien und Heiligen«, zur Auswahl.

Junge Mittelalterforscher können zusammen mit Jakob

und Luisa auf eine speziell für Kinder konzipierte Entde-

ckungsreise durch das Museum gehen. »Schauriges und

Schönes aus dem Mittelalter« gibt es dabei zu entdecken,

so verspricht der Titel. Und in der Tat: Gerade die mittelal-

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MEDIENBRIEF | N° 01.2016

Audioführung

Text: Maria Riederer

Übersetzung: Joseph Swann

Sprecherinnen und Sprecher: Hans Bayer, Julia Dillmann, Heike Hagen, Bernt Hahn, Robin Merrill, Matthias Ponnier, Jonathan Schimmer, Alexander Steindorf

Kinder: Emma Brune, Pablo Vuletic

Sprachaufnahme/Audiobearbeitung/sounddesign: Heiko Walter

Regie: Linda König

Produktion: LVR-Zentrum für Medien und Bildung / Medien- zentrum für die Landeshauptstadt Düsseldorf, 2015

terliche Kunst, die sich so sehr mit dem Tod und dem

Jenseits, mit dem gekreuzigten Christus und den Märtyrern

befasst, hat viel Schauriges zu bieten.

Diese Themen Kindern und Jugendlichen angemessen

nahezubringen, stellt eine besondere Herausforderung dar.

Dafür sorgt in der Audioführung ein Begleiter, dem die

Kinder auf ihren Streifzügen durch das Museum immer

wieder begegnen und der mit schaurigem Lachen, aber viel

Verständnis für die Wissbegierde seiner jungen Besucher

Hintergrundgeschichten zu vielen Exponaten erzählt. Ohne

Angst zu machen, entpuppt sich der wissende Begleiter als

der Tod, der zu einem faszinierenden Gesprächspartner

wird. Angelehnt ist die Figur an den am Anfang der Ausstel-

lung stehenden, zu Beginn des 18. Jahrhundert von einem

Elfenbeinschnitzer geschaffenen, Tanzenden Tod. Die nur

14 cm hohe Skulptur zieht durch ihre Lebendigkeit stets die

Aufmerksamkeit der Besucherinnen und Besucher – so

auch die von Jakob und Luisa – auf sich. »Ein bißchen mehr

Respekt, wenn ich bitten darf«, stichelt der Tod mahnend,

als die Kinder über die Reliquien des Heiligen Bimbam

witzeln, erklärt aber zugleich geduldig, warum der Lieb-

lingshut vom Opa nur für sie eine Art Reliquie ist. Ganz

unbefangen können sich Kinder und Jugendliche so mit der

Vorstellung von Tod und Jenseits, aber auch mit den

Traditionen des Christentums auseinandersetzen.

Die neu konzipierten Führungen ersetzen die alten Audio-

führer und fügen ihnen eine visuelle Komponente hinzu.

Wer schon einmal hinein schnuppern möchte, für den

stehen die Themenführungen mit Manzoni, Heisterbach,

Jakob und Luisa auf den Internetseiten des Museums

(www.museum-schnuetgen.de) bereit. Für Individualbesu-

cher ebenso wie für Familien ist damit ein neues Angebot

geschaffen, sich die Ausstellung selbständig zu erschlie-

ßen. Wer mit der Klasse in das Museum kommt, der kann

aber natürlich weiterhin auf das vielfältige Programm der

Museumsschule (www.museenkoeln.de/museumsdienst-

koeln) zurückgreifen.

Christina Clever-Kümper

Christina Clever-Kümper ist Wissenschaftliche Volontärin im Museum

Schnütgen

Neuer Multimediaguide, Foto: © Museum Schnütgen, Köln

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07 | LVR-ZMB INTERN

Medien für Düsseldorf zum Thema »Flucht und Migration«

Flüchtlinge in Deutschland.

Online-Medienpaket, D 2015, ca. 46 min, Signatur: 55 63484

Immer mehr Menschen verlassen ihre Heimat und kommen als Flüchtlinge nach

Deutschland. Wie reagiert der Staat und die Menschen in diesem Land? Sechs

Kurzfilme dokumentieren die ganze Bandbreite des Themas.

Zusatzmaterial: Dossier (23 S.); Didaktischer Kommentar; Vorschläge zur

Unterrichtsplanung; 8 Arbeitsblätter.

Allgemeinbildende Schule (Klassenstufe 9-13); Erwachsenenbildung

Ich bin jetzt hier!

Online-Medienpaket, 70 min, Signatur: 55 63713

Die Dokumentarfilme für Kinder zum Thema Flucht und Migration zeigen vier

reale Schicksale, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Gemeinsam ist den

Filmen allerdings, dass sie sich voll und ganz auf die Perspektive der Protagonis-

ten einlassen und von ihrer Sicht der Dinge berichten. Für die Bildungsarbeit

sind diese Filme daher besonders geeignet, denn sie ermöglichen anderen

Kindern einen unmittelbaren Zugang zu dem, was es bedeutet, Flüchtling in

einem fremden Land zu sein.

Filme für Kinder ab 8 Jahren:

Eleni – Fußball ist meine Sprache, D 2014, 15 Min.

Feifei – Das Versteckspiel, NL 2013, deutsche Fassung, 17 Min.

Filme für Kinder ab 10 Jahren:

Iman – Leben nach der Flucht, D 2015, 25 Min.

Sharaf (Animierter Dokumentarfilm), S/DK/N 2012, OF mit deutschen Untertiteln,

13 Min.

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MEDIENBRIEF | N° 01.2016

Mit Filmen »Ausgezeichnet!« lernen

08 EDMOND NRW

Foto: © LVR-ZMB, Dominik Schmitz

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08 | EDMOND NRW

Mit Filmen »Ausgezeichnet!« lernenFILM+SCHULE NRW nimmt vier weitere Spielfilme in das Label »Ausgezeichnet!« auf. Lehrkräfte aus NRW können die

Filme »Who am I – Kein System ist sicher«, »Pride«, »Ernest & Célestine« und »Die Piroge« über EDMOND NRW

kostenlos streamen oder herunterladen und im Unterricht einsetzen.

Who am I – Kein System ist sicher

Deutschland 2014, Regie: Baran bo Odar, Signatur: 55 63173

Benjamin ist ein Außenseiter. Seine Freizeit verbringt der junge Computercrack

im Internet und versucht sich als Hacker. Als er den charismatischen Hacker

Max kennenlernt, gründen die beiden mit zwei weiteren Computernerds das

Hacker-Kollektiv CLAY (Clowns Laughing @ You). Um in die oberste Liga der

Szene aufzusteigen, knackt die Gruppe schließlich die Server des BND und gerät

so nicht nur ins Fahndungsraster von Europol, sondern bringt auch eine andere

Hackergruppe gegen sich auf, die für ihre kriminellen Machenschaften über

Leichen geht.

FSK 12, empfohlen ab 13 Jahren

Pride

Großbritannien 2014, Regie: Matthew Warchus, Signatur: 55 63177

Minderheiten haben in der britischen Gesellschaft der Thatcher-Ära einen

schweren Stand. Politisch diskriminiert und von der Polizei drangsaliert erkennt

Schwulenaktivist Mark, dass es den streikenden Minenarbeitern ähnlich ergeht

wie der Schwulen- und Lesbenbewegung. Mit anderen Aktivisten sammelt er

Gelder zur Unterstützung des Arbeiterstreiks und fährt nach Wales, um die

Spenden persönlich zu überbringen. Zwischen den Aktivisten und Minenarbeitern

entwickelt sich eine außergewöhnliche Freundschaft.

FSK 6, empfohlen ab 14 Jahren

Foto: © LVR-ZMB, Dominik Schmitz

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MEDIENBRIEF | N° 01.2016

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Ernest & Célestine

(Frankreich/Belgien/Luxemburg 2012, Regie: Benjamin Renner, Vincent Patar,

Stéphane Aubier), Signatur: 55 61488

Mäuse und Bären können keine Freunde sein! Bären sind gefährlich! Das

bekommen alle Mäusekinder schon von klein auf eingetrichtert. Doch die junge

Waise Célestine glaubt nicht an die Schauergeschichten. Als sie den Bären

Ernest trifft, beginnt eine Freundschaft, die alle Grenzen überwinden kann.

FSK 0, empfohlen ab 6 Jahren

Die Piroge

(Senegal/Frankreich/Deutschland 2012, Regie: Moussa Touré), Signatur: 55 61765

Mit dem Boot der Hoffnung ins Paradies Europa: Der Fischer Baye Laye lässt

sich von Schleppern überreden, mit einer Piroge die Überfahrt zu den Kanari-

schen Inseln zu wagen. Auf halber Strecke begegnen sie einem hilflos treibenden

Flüchtlingsschiff. Streit kommt auf, ob man den Fremden helfen soll, doch auf

Geheiß des Schleppers werden die Verunglückten ihrem Schicksal überlassen.

Als plötzlich der Motor ausfällt und in der Nacht ein heftiges Unwetter aufzieht,

treibt die Piroge richtungslos und die Reise der Hoffnung wird zu einem verzwei-

felten Kampf ums Überleben.

FSK 12, empfohlen ab 14 Jahren

Weitere Informationen und Hinweise auf Materialien zu allen Filmen gibt es auf

der Internetseite von FILM+SCHULE NRW unter www.filmundschule.nrw.de in

der Rubrik »Unterrichtsmaterial« unter »Filmempfehlungen«.

Ann-Kristin vom Ort

Ann Kristin vom Ort ist wissenschaftliche Volontärin bei FILM+SCHULE NRW

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08 | BUCHBESPRECHUNG

Neues Land.

Hans Berben: Fotografien 1946 bis 1951

09 Lernort Kultur

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Neues Land. Hans Berben: Fotografien 1946 bis 1951

Aus einer zufälligen Entdeckung

resultiert dieses gemeinsame

Ausstellungsprojekt zu den Fotogra-

fien des Düsseldorfer Journalisten

Hans Berben (1914–1979). Sein Name

ist weder unter Historikern, noch in

der breiten Öffentlichkeit ein Begriff.

Es gibt kein Reportagen-Band, kein

Fotobuch. Es bedurfte eines Zufalls,

dass wir heute seine Bilder in einer

Ausstellung zeigen können. In der

Schlussrecherche für die neue

Dauerausstellung der Mahn- und

Gedenkstätte Düsseldorf suchten wir

noch Aufnahmen der frühen Nach-

kriegszeit in Düsseldorf…

MEDIENBRIEF | N° 01.2016

Ohne Ort, Datum und Beschreibung

Stellen Sie sich vor, Sie finden ein altes

Fotoalbum. Die Bilder sind schwarz/

weiß, aufgeklebt, aber nicht beschrif-

tet. Der Name des Fotografen steht

vorne im Album. Aber er sagt Ihnen

nichts. Sie werden neugierig, denn die

Bilder sind beeindruckend. So ähnlich

müssen Sie sich die Situation vorstel-

len, die sich 2010 dem Team der

Fotoabteilung des LVR-Zentrums für

Medien und Bildung (ZMB) darbot. Nur

waren es keine eingeklebten Abzüge,

sondern Negativstreifen. Doch wenn

Fotos nicht nur als reine Illustration

betrachtet werden sollen, benötigen

sie einen Kontext. Wer hat sie ge-

macht? Und warum? Wer oder was ist

abgebildet und wann genau wurde das

Foto gemacht? Ohne diese Kontextin-

formationen bleiben alle Fotos stumm.

Die Negativstreifen aus dem Nachlass

von Hans Berben wurden im Oktober

2010 dem Fotoarchiv des ZMB angebo-

ten. Im November 2010 erfolgte der

Ankauf des Konvoluts. Als die Negativ-

streifen in der Fotoabteilung bearbei-

tet wurden, suchten Renate Rütten

und ihr Team nach Hinweisen in den

Bildern. Nach bekannten Personen,

nach Orts- oder Straßennamen. Nach

Datierungshilfen. Doch diese Arbeit

war sehr schwierig. Mit dem Bildkon-

volut waren nur sehr wenige Informa-

tionen zum Fotografen übergegeben

worden: Hans Berben war Journalist

und schrieb für die Zeitung »Rhein-

Echo«. Er hatte persönliche Kontakte © LVR-Zentrum für Medien und Bildung

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08 | LERNORT KULTUR

zur Düsseldorfer Künstlerszene. Er

starb alleinstehend 1979 in Düssel-

dorf. Es gibt keine Briefe, kein

Tagebuch, keine familiären Zeitzeu-

gen, die über ihn und seine Arbeit

berichten konnten. Nichts. So musste

das Bildverzeichnis bei vielen Bildern

im Nebulösen bleiben: Gruppenfoto

von Männern…Und so lagen über

11.000 Fotos nummeriert und als

geschlossenes Konvolut verzeichnet in

mehreren Din A4-Ordnern fünf Jahre

im Fotoarchiv des ZMB - bis zu dem

Tag, als Peter Henkel für die Mahn-

und Gedenkstätte nach einigen letzten

Fotos vom Alltagsleben der frühen

Nachkriegszeit in Düsseldorf suchte...

Die Puzzleteile fügen sich zusammen

Das Historikerteam der Mahn- und

Gedenkstätte konnte durch die

Sammlungsbestände, Berichte von

überlebenden Zeitzeugen und anderen

Quellen viele von Hans Berben

fotografierten Ereignisse und Perso-

nen entschlüsseln. Ein gemeinsames

Projekt »Berben« wurde beschlossen.

Für diese erste Werkschau digitali-

sierte das Team der Fotoabteilung des

ZMB sämtliche Negative. Das Team

der Mahn- und Gedenkstätte sichtete

daraufhin noch einmal das gesamte

Konvolut und ergänzte das Findmate-

rial um viele inhaltliche Beschreibun-

gen und Kontextinformationen. Jetzt

erschließt sich dieser interessante

und umfangreiche Fotonachlass einer

breiten Öffentlichkeit.

Was fotografierte Berben?

1946 - Die Städte sind gezeichnet von

den Narben des Krieges, ihre Bewohner

von den körperlichen und mentalen

Folgen, von Wohnungsnot und Hunger.

Im Alltag treffen Flüchtlinge, Displaced

Persons und frühere NS-Funktions-

träger aufeinander. In Düsseldorf

bündeln die Briten ihre Anstrengungen

für den demokratischen Neuaufbau

des zukünftigen Landes Nordrhein-

Westfalen. Düsseldorf wird 1946

Landeshauptstadt.

Der Journalist Hans Berben ist

Chronist dieser Jahre. Die Ausstellung

»Neues Land. Hans Berben. Fotografien

1946 bis 1951« zeigt den bis dato

unveröffentlichten Nachlass dieses

fotografierenden Journalisten. Hans

Berben hatte bereits in seiner Zeit als

junger Soldat fotografiert. Die meisten

seiner überlieferten Fotos sind aber

nach seiner Rückkehr nach Düsseldorf

im Jahr 1945 und seiner Einstellung als

Journalist und Redakteur des »Rhein-

Echos« entstanden. Berben schreibt

nicht nur für seinen Arbeitgeber,

sondern er hält die alltäglichen,

© LVR-Zentrum für Medien und Bildung

9 | LERNORT KULTUR

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MEDIENBRIEF | N° 01.2015

gesellschaftlichen und politischen

Realitäten und Entwicklungen der

frühen Nachkriegszeit mit dem

Fotoapparat fest. So dokumentierte er

den politischen Neubeginn in Ereignis-

sen und Akteuren, er begleitete den

Landtag durch seine ersten drei

Tagungsorte, porträtierte viele der

Abgeordneten und zeigte die großen

Linien der politischen Diskussionen

nach. Er begleitete auch die Menschen:

auf der Straße, in Kneipen, beim

Kabarett und anderen Kulturveran-

staltungen. Beim Besuch der Kirmes

und im Zirkus, beim Sport. Er fotogra-

fierte Kinder beim Empfang des ersten

Care-Pakets, bei der Weihnachtsfeier

oder vor der Fahrt in die Kindererho-

lung. Er war mit seiner Kamera hinter

der Bühne des Kom(m)ödchens bei

Kay und Lore Lorentz, zuhause bei

Johanna (»Mutter«) Ey oder beim

Fußballtraining mit Sepp Herberger.

Als Redakteur der Zeitung »Rhein-

Echo« schrieb er regelmäßig in den

Rubriken »Im Spiegel der Düssel«

oder »Düsseldorfer Mostert« über den

Alltag der Menschen. Dabei hatte er

durch berufliche und freundschaftli-

che Kontakte auch Einblicke in den

MEDIENBRIEF | N° 01.2016

Alltag jener, die in der NS-Zeit aus

politischen oder rassistischen Gründen

verfolgt wurden. In seinem fotografi-

schen Nachlass finden sich seltene

Einblicke in den Neuanfang der

Jüdischen Gemeinde Düsseldorf und

dem Landesverband der jüdischen

Gemeinden. So war Berben 1947 mit

Philipp Auerbach bei der Einweihung

des Jüdischen Mahnmals im ehemali-

gen Konzentrationslager Bergen-

Belsen. Mit dem Herausgeber der

Gemeindezeitung Karl Marx besuchte

Berben ein Displaced Persons-Camp in

Bocholt. Auch bei Veranstaltungen der

Vereinigung der Verfolgten des Nazire-

gimes (VVN) und der Sozialdemokraten

war Berben mit seiner Kamera dabei.

Er war einer der wenigen Fotografen,

die die zwangsweise Unterbringung von

über 4.000 ehemaligen Passagieren des

Flüchtlingsschiffes »Exodus« in den

Lagern »Pöppendorf« und »Am Stau« in

der Nähe von Lübeck dokumentierten.

Das Schiff war am 18. Juli 1947 etwa 20

km vor Palästina von den Briten als

illegales Einwanderungsschiff

aufgebracht und nach Europa zurück

geschickt worden. Am 9. September

1947 waren dann im Rahmen der

britischen Operation »Oasis« die

Flüchtlinge in vergitterten Waggons und

von britischem Militär bewacht in die

beiden DP-Camps überführt worden.

Die sogenannte Exodus-Affäre war ein

wichtiges Ereignis im Kontext der

Gründung des Staates Israel.

Hildegard Jakobs

Hildegard Jakobs ist stellvertretende Leiterin der

Mahn- und Gedenkstätte Düsseldorf

Mahn- und Gedenkstätte Düsseldorf

Mühlenstraße 6, 40213 Düsseldorf

Öffnungszeiten: Di-Fr u. So 11-17 Uhr, Sa 13-17 Uhr,

Mo geschlossen

Ausstellungsdauer: 23. Mai bis 30. Oktober 2016

Der Eintritt ist frei© LVR-Zentrum für Medien und Bildung

© LVR-Zentrum für Medien und Bildung

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Die Autoren

Marlies Baak-Witjes

Martha Becker

Markus Bergrath

Teresa Bönsch

Christina Clever-Kümper

Dipl.-Psych. Stefan Drewes

Miguel Duarte

Tobias Düttmann

Sepiedeh Fazlali

Andrea Heinzen

Kevin Henning

Claudia Hopstein

Hildegard Jakobs

Michael Jakobs

Amina Johannsen

Klaus-Dieter Kleefeld

Maxim Krohmer

Linda Kühl

Tobias Raidelet

Till Ruet

Katharina Scherff

Dr. Angela Schöppner-Höper

Ann-Kristin vom Ort

Georg Weber

Julian Weber

Sabine Weyer

Dr. Dorothea Wiktorin

Foto: Helene Claußen, LVR-ZMB

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Foto: Jan Hüsing, www.janhuesing.com

LVR-Zentrum für Medien und Bildung

Medienzentrum für die Landeshauptstadt Düsseldorf

Bertha-von-Suttner-Platz 1, 40227 Düsseldorf

www.medien-und-bildung.lvr.de

ISSN 1615-7257