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Medienkompetenz und Web 2.0 im Wandel Projektarbeit im Rahmen des Seminars „Leitbilder und Werte für die Informationsgesellschaft“ im Studiengang Informatik und Mathematik für das Lehramt an Gymnasien an der Universität Potsdam von Philipp Tietz (Matrikelnummer: 736910 E-Mail: [email protected]) Seminarleiter: Herr Professor Dr. Ing. Klaus Rebensburg Dozent: Herr Dr. Dieter Klumpp

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Medienkompetenz und Web 2.0

im Wandel

Projektarbeit im Rahmen des Seminars

„Leitbilder und Werte für die Informationsgesellschaft“

im Studiengang Informatik und Mathematik

für das Lehramt an Gymnasien

an der Universität Potsdam

von

Philipp Tietz

(Matrikelnummer: 736910

E-Mail: [email protected])

Seminarleiter: Herr Professor Dr. Ing. Klaus Rebensburg

Dozent: Herr Dr. Dieter Klumpp

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Inhaltsverzeichnis

1. Abstract . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . S. 3

2. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . S. 4

2.1. Web 2.0 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . S. 4

2.2. Medienkompetenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . S. 5

2.3. „Digital Natives“ versus „Digital Immigrants“ . . . . . . . . . . . . . . . S. 8

2.4. Medienpädagogische Projekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . S. 9

3. Aktuelle Forschung zu Medienkompetenz im Internet S. 14

3.1. Erzählkultur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . S. 15

3.2. WATCH YOUR WEB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . S. 18

3.3. schuelerVZ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . S. 22

4. Zusammenfassung und Schlussfolgerungen . . . . . . . . . . S. 32

5. Referenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . S. 35

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1. Abstract

Wir befinden uns im Zeitalter von Web 2.0. Diese neue Generation des Internets bietet uns

zweifelsohne eine Fülle an Möglichkeiten das World Wide Web zu nutzen und auch

mitzugestalten.

Was jedoch häufig vergessen wird, ist, dass dieses neue Zeitalter nicht nur Möglichkeiten

bietet, sondern auch Gefahren birgt, über deren Existenz man sich im Zusammenhang mit

einem kompetenten Umgang mit dem WWW im Klaren sein muss.

Die Ausarbeitung beschäftigt sich mit diesem Thema und versucht den Begriff der

Medienkompetenz möglichst vielseitig zu beleuchten. Weiterhin wird der Frage

nachgegangen, wie Medienkompetenz im Umgang mit dem Internet vermittelt und erweitert

werden kann und wie aktuelle Web 2.0-Produktanbieter ihre Verantwortung diesbezüglich

verwirklichen. Um dies zu verdeutlichen werden zunächst einige medienpädagogische

Projekte vorgestellt und anschließend am Beispiel von „schuelerVZ“ diskutiert, wie soziale

Netze die Vermittlung von Medienkompetenz verwirklichen.

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2. Einleitung

2.1. Web 2.0

Die Nutzung des Internets (oder auch World Wide Web - WWW) wurde in den letzten Jahren

immer verbreiteter, das kann man anhand aktueller Studien, wie zum Beispiel die

„ARD/ZDF-Onlinestudien 1998 – 2009“, belegen. Demnach benutzten 1998 lediglich 6,5%

der deutschen Bevölkerung gelegentlich das Internet. Diese Merkmalausprägung erhöhte sich

bis 2009 auf 67,1% der Befragten.

Web 2.0 ist ein Begriff, der momentan sehr häufig im Zusammenhang mit neuen Medien und

dem Internet gebraucht wird. Das Attribut „2.0“ suggeriert schon den eigentlichen Inhalt des

Begriffs. „2.0“ bedeutet, dass es sich um eine neue Version des bereits bekannten Internets

handelt, wie es bei der Bezeichnung von Software-Produkten üblich ist. Es ist also eine

überarbeitete und verbesserte Variante des WWW. Dabei beschreibt der Begriff das

Umdenken im Zusammenhang mit der Nutzung des World Wide Web.

Noch vor einigen Jahren waren die Nutzer des Internets ausschließlich Rezipienten und hatten

kaum eine Chance das Internet mitzugestalten oder zu verändern. Wollte man das Internet

mitgestalten, so bestand die Möglichkeit eine eigene Homepage einzurichten, was meist nur

mit einer ausgeprägten Affinität zu Internetprogrammiersprachen möglich war. Dem

„normale“ User hingegen, der nicht über tiefgreifende Informatikkenntnisse verfügte, blieb

dabei ausschließlich das Betrachten von Internetinhalten.

Wenn man sich jedoch heutzutage im Internet bewegt, wird man auf zahlreichen Seiten nicht

nur zum Konsumieren bewegt, sondern der moderne Internetbegriff schließt die Mitgestaltung

des Inhalts zwingend mit ein. Es gibt Angebote wie Wikipedia, die es dem User ermöglichen

an einer Online-Enzyklopädie mitzuschreiben und selbst Artikel zu ausgewählten Themen zu

verfassen, die später Anderen bei der Informationsbeschaffung helfen sollen. Oder es gibt

soziale Netzwerke wie "studivz", "facebook" oder "xing", die den Benutzern Raum zur

Verfügung stellen, sich mit Freunden zu unterhalten, Geschäftsbeziehungen zu pflegen oder

eigene Fotos zu veröffentlichen.

Dass die neue Internetkultur an Bedeutung immer mehr gewinnt, belegt die „ARD/ZDF-

Onlinestudie“. Demnach benutzen 34% der Befragten gelegentlich private Netzwerke und

sogar 65% Wikipedia, was 2007 lediglich 47% waren.

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2.2. Medienkompetenz

Die steigende Bereitschaft sich im Internet zu bewegen wirft neben den Chancen auch einige

Probleme auf. Im Umgang mit dem Internet ist Einiges zu beachten, das in der

Medienpädagogik unter dem Begriff der Medienkompetenz zusammengefasst wird. Das

Schwierige an diesem Begriff aus Recherchesicht ist, dass es keine klare und allgemein

anerkannte Definition für Medienkompetenz gibt und viele verschiedene Interpretationen

möglich sind.

Allein der Begriff Kompetenz ist schon nicht einfach zu definieren. Er bezieht sich nicht

ausschließlich auf die Möglichkeit und Fähigkeit eine Sache zu nutzen, sondern schließt noch

Einiges mehr mit ein. Die Sache oder der Gegenstand ist in diesem Fall das moderne Medium.

Sicherlich gehört es zur Kompetenz dazu das Medium prinzipiell nutzen zu können. Es ist

beispielsweise natürlich notwendig eine Tastatur bedienen zu können, nur macht dies noch

nicht die Kompetenz als Ganzes aus.

Der Kompetenzbegriff beinhaltet gleichzeitig noch das kritische Auseinandersetzen mit dem

Bezugsgegenstand und das Hinterfragen. Dies ist eine Fähigkeit, die der Mensch besitzt. Er

kann das Wahrgenommene aus seiner Sicht betrachten, kritisch abwägen und bewerten.

Medienkompetenz kann man aus soziologischer Sicht auch als Teilmenge von

kommunikativer Kompetenz betrachten. Kommunikative Kompetenz beinhaltet die Fähigkeit

sich in seinem sozialen Umfeld mitteilen zu können und mit diesem zu interagieren. Das

Erwerben kommunikativer Kompetenz beginnt also mit der Sprecherziehung im Elternhaus,

wird erweitert durch das Lesen- und Schreibenlernen in der Schule und erstreckt sich noch

weit über die Programmierung von Homepages oder das Benutzen sozialer Netzwerke.

Kommunikative Kompetenz wird dabei nicht wie das Erlernen der Muttersprache

ausschließlich „on the fly“, also ohne größere Anstrengung nebenbei erworben, sondern ist

teilweise mit einem schwierigen Lernprozess verbunden.

Um sich mit dem Thema Medienkompetenz zu beschäftigen ist es natürlich unabdingbar sich

mit dem Medienbegriff als solches zu beschäftigen. Medien werden von der Bundeszentrale

für politische Bildung wie folgt definiert:

„Medien ist ein Sammelbegriff für alle audiovisuellen Mittel und Verfahren zur Verbreitung von Informationen,

Bildern, Nachrichten etc. Zu den Massen-Medien zählen insbesondere die Presse (Zeitungen, Zeitschriften), der

Rundfunk (Hörfunk, Fernsehen) und in zunehmendem Maße auch das Internet.“

Quelle: Schubert, Klaus/Martina Klein: Das Politiklexikon. 4., aktual. Aufl. Bonn: Dietz 2006.

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Zu den Medien im weitesten Sinne gehören also auch die DVD, VHS, Blu-ray, MP3, CD-

ROM oder auch E-Mail, da auch damit Nachrichten in jeglicher Form verbreitet werden

können.

Des Weiteren sollte man sich darüber im Klaren sein, dass Medienkompetenz kein

Lerngegenstand ausschließlich für die Schule ist, sondern zu einem großen Teil auch aus dem

Lernen im Alltag besteht. Als Beispiel wird einem Schüler in der Schule nicht erklärt werden,

dass man seine PIN für den Bankautomaten nicht an Dritte weitergeben oder dass man ihn

nicht mit einem Folienstift auf seine Bankkarte schreiben sollte. Dies wird einem im Alltag

vermittelt, indem der Bankangestellte bei der Aushändigung der Karte darauf hinweist, dass

man darauf gut aufpassen sollte. Eine weitere Möglichkeit ist es, dass man dies per „Trial and

Error“ auf somit möglicherweise schmerzvolle Art lernt. An diesem Beispiel wird also klar,

dass zum Einen die Schule schon aus Zeitgründen nicht das gesamte Gebiet der

Medienkompetenz vermitteln kann, aber auf der anderen Seite viel in diesem Zusammenhang

ohnehin nebenbei erlernt wird. Auch von offizieller Seite wird dies schon 1998 thematisiert

und folgendermaßen beschrieben:

"Die Medienpädagogik hat zwar in der Schule immer schon mit medienerzieherischen Beiträgen auf die

medialen Herausforderungen zu reagieren versucht, doch sind diese Bemühungen angesichts der

Herausforderungen der Medien- und Informationsgesellschaft als völlig unzureichend zu bewerten, wenn sie

nicht ergänzt und fortgeführt werden durch außerschulische und weiterbildende Maßnahme im Sinne

lebenslangen Lernens. Die Vermittlung von Medienkompetenz muß mehr und mehr zu einem immer wichtigeren

und notwendigeren Teil von Allgemeinbildung werden."

Quelle: Landesinstitut für Schule und Weiterbildung (1998, S. 13)

Daraus ergibt sich eine Lebensaufgabe, wenn man betrachtet, wie sich die heutige Welt

entwickelt. Gerade aus technischer Sicht kommen täglich neue Möglichkeiten hinzu, die der

Menschheit das Leben erleichtern sollen. Nun muss es doch aus Medienkompetenzsicht einen

stetigen Lernprozess geben, der sich damit beschäftigt, im Umgang mit neuen Technologien

auf dem neusten Stand zu bleiben, um kompetent zu handeln.

Im Zusammenhang mit der Medienkompetenz gibt es zahlreiche Versuche diesen Begriff zu

definieren, von denen sehr Viele komplexe Betrachtungsweisen der Medienkompetenz

ermöglichen. Es ist jedoch so, dass sie sich im Detail immer unterscheiden, jedoch alle in sich

richtig und stimmig sind. Es ist also nicht möglich von der einen Definition der

Medienkompetenz zu sprechen, da es diese nicht gibt. Jedoch hat sich unter anderem der

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Definitionsversuch von Dieter Baacke etabliert, der hier im Folgenden beschrieben wird.

Baacke unterscheidet in seiner Definition in vier Dimensionen.

Die erste Dimension nennt er Medienkritik und meint damit, dass vorhandenes Wissen

reflektierend in drei Arten zu benutzen.

Die erste so genannte analytische Unterdimension bezieht sich darauf, dass man als

Mediennutzer ein gewisses Hintergrundwissen über Medien haben und anwenden sollte. Das

heißt, man sollte wissen, wie Medien strukturiert sind und wie diese funktionieren, um

Zusammenhänge zu erkennen und kritisch zu hinterfragen. So sollte man zum Beispiel

wissen, dass das Fernsehprogramm nicht beliebig von den Sendern ausgestrahlt werden kann.

Im Hintergrund ist hier zum Einen das Grundprinzip von Angebot und Nachfrage involviert

und zum Anderen gibt es Landesmedienanstalten, die das Programm zulassen und

kontrollieren, die auch wiederum vom Staat kontrolliert werden.

Die zweite Unterdimension der Dimension Medienkritik ist die reflexive. Sie beschreibt, dass

man das vorhandene Wissen über Medien auch für sich selbst anwenden muss. Das heißt also,

dass es keinesfalls ausreicht über die Geheimhaltung des Bankkarten-Pins Kenntnis zu haben,

sondern man darf bei sich selbst keine Ausnahmen machen und darf den Pin nicht an Dritte

weitergeben.

Als dritte Unterteilung der Medienkritik erwähnt Baacke das ethische Betroffensein, die die

ersten beiden Unterdimensionen als sozialverantwortet zusammenfasst.

Als zweite Dimension von Medienkompetenz wird von Baacke der Begriff der Medienkunde

erwähnt, der sich wiederum in die informative und die instrumentell-qualifikatorische

Unterdimension aufspaltet. Die informative Unterdimension ist definitorisch dabei nah bei der

analytischen Unterdimension der Medienkritik. Hierbei handelt es sich um reines

Faktenwissen darüber, wie Medien funktionieren und welche Teile in welcher Weise

miteinander zusammenarbeiten. Jedoch geht es dabei weniger um Hintergrundwissen wie

Prozesse in Medien zu erklären sind, als mehr darum wie die Prozesse aufgebaut sind. Es

interessiert also nicht, warum und wie das Fernsehprogramm beeinflusst wird, sondern nur

dass es beeinflusst wird.

Die instrumentell-qualifikatorische Unterdimension beschreibt, dass man sich neues Wissen

über neue Medien aneignen kann und diese dann auch nutzen kann. Ein klassisches

Negativbeispiel stellen ältere Menschen dar, die keinen DVD-Player haben wollen, weil sie

ihn aus ihrer Sicht sowieso nie bedienen werden können. Bekommt jedoch ein Schüler der

sechsten Klasse die neue Playstation 3 zu Weihnachten geschenkt, wird er sie innerhalb der

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nächsten 24 Stunden bedienen können und falls doch Probleme auftreten, weiß er, dass es

eine Bedienungsanleitung gibt, die er auch lesen und für sich umsetzen kann.

Auch die dritte Dimension – die Mediennutzung - unterteilt sich in zwei Unterdimensionen.

Mit der rezeptiv-anwendenden Unterdimension wird beschrieben, dass der Konsument von

Medien in der Lage sein muss das Gesehene, Gelesene oder Erlebte aufzunehmen und zu

verarbeiten. Einige Menschen berichten von der Angewohnheit nach der Arbeit auf der Couch

zu sitzen, fernzusehen, aber nicht zu realisieren, welches Programm momentan läuft. Jene

Menschen erfüllen zumindest in dieser Situation diese Unterdimension der Mediennutzung

nicht.

Die zweite Unterdimension des interaktiven Handelns gewinnt gerade im Zeitalter des Web

2.0 immer mehr an Bedeutung. Der Benutzer von Medien ist also nicht mehr reiner

Konsument, sondern er ist gleichzeitig auch Produzent. Er wird also aufgefordert sich

beispielsweise in einem Forum am Gespräch zu beteiligen oder bei Youtube ein Video

hochzuladen, das dann andere Nutzer konsumieren, wiederum bewerten oder kommentieren

können.

Die vierte Dimension ist die Mediengestaltung, die sich in die innovative und die kreative

Unterdimension aufspaltet. Die innovative Unterdimension meint dabei die

Weiterentwicklung der technischen Möglichkeiten. Daraus resultiert dann die kreative

Unterdimension, die die ästhetischen Gestaltungsmöglichkeiten beinhaltet.

2.3. „Digital Natives“ versus „Digital Immigrants“

Die Begriffe „Digital Natives“ und „Digital Immigrants“ wurden erstmals von Marc

Prensky verwendet, um damit zu beschreiben, dass die moderne Gesellschaft in zwei Lager

geteilt sei, die aufgrund der rasend schnellen Entwicklung der Computertechnik entstanden

seien.

Die so genannten „Digital Natives“ sind Personen der heutigen Gesellschaft, die nach 1980

geboren wurden. Übersetzt bedeutet der Begriff so viel wie „digitale Ureinwohner“. Dies

bedeutet, „Digital Natives“ sind Menschen, die in der digitalen Welt, wie sie heute existiert

mit Internet, Handy, Notebooks und allem, was dazugehört, aufgewachsen sind und nur selten

Berührungsängste mit diesem Thema und seinen Produkten haben. Ihnen wird eine positive

Grundeinstellung gegenüber den Produkten der heutigen Zeit nachgesagt und oft auch, dass

sie diese Produkte gut und kompetent bedienen und nutzen können. Oftmals wird das

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gleichgesetzt damit, dass „Digital Natives“ keinerlei Probleme im Umgang mit modernen

Produkten haben und diese, ohne darüber nachzudenken, perfekt handhaben können.

„Digital Immigrants“ hingegen sind Personen, die vor 1980 geboren wurden und sozusagen in

die digitale Welt immigrieren oder reinwachsen mussten. Als diese Personen aufwuchsen,

spielten Dinge wie Computer, Handys oder ähnliches im täglichen Leben eine untergeordnete

oder gar keine Rolle. Daher müssen sich die „Digital Immigrants“ Kenntnisse zu diesem

Thema teilweise hart erarbeiten, da es für sie nicht immer selbstverständlich ist, mit diesen

Erzeugnissen umzugehen.

Bei der andauernden Debatte über diese Begriffe wird der „Digital Native“ oftmals so

beschrieben, als könne er von Natur aus mit den Erzeugnissen der modernen Gesellschaft

umgehen, was jedoch nicht unbedingt die korrekte Interpretation dieses Phänomens ist.

„Digital Natives“ können vielmehr als Personen verstanden werden, die andere

Voraussetzung für die digitale Welt mitbringen, als „Digital Immigrants“. Dadurch dass sie in

der digitalen Welt aufwachsen und sich täglich mit digitalen Medien umgeben sehen, stehen

sie in einem anderen Grundverhältnis zu Medien. Sie erlernen Fähigkeiten und Fertigkeiten

leichter als „Digital Immigrants“ und haben keinerlei Berührungsängste. Der Begriff bedeutet

jedoch nicht, wie er oftmals diskutiert wird, dass „Digital Natives“ von der Geburt an jedes

technische Hilfsmittel verstehen und bedienen können oder dass sie keinerlei Schulung

bezüglich Chancen und Gefahren der Technik bräuchten. Vielmehr heißt „Digital Native“,

dass sie schneller, intuitiver und damit leichter mit dem Erlernen neuer Fähigkeiten, im

Umgang mit digitalen Medien und anderen Erzeugnissen der digitalen Welt zu Recht

kommen. Der Begriff stellt also eine Möglichkeit dar und keine Eigenschaft.

Die Hauptfrage des folgenden Abschnittes wird es sein zu untersuchen, inwiefern „Digital

Natives“ tatsächlich medienkompetent sind, ob sie diesbezüglich den „Digital Immigrants“

tatsächlich überlegen sind und inwiefern Medienkompetenz in Produkten des Web 2.0

geschult werden kann.

2.4. Medienpädagogische Projekte

Nachdem man sich also bereits mit Medienkompetenz beschäftigt hat und seine zahlreichen

Dimensionen und Unterdimensionen beleuchtet hat, stellt man fest, dass es in der heutigen

Zeit dringend notwendig ist den Umgang mit den neuen Medien zu erlernen. Da jedoch nicht

jeder eine solche Bildung bereits genossen hat, sollte es Projekte geben, die

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Medienkompetenz schulen und den Umgang mit den Medien lehren. Dabei ist klar, dass dies

nicht ausschließlich die Schule übernehmen kann, da zum Einen die Zeit nicht gegeben ist

ausführlich auf jede Gefahr hinzuweisen und zum Anderen auch nicht ausschließlich Kinder

und Jugendliche Bedarf an Medienkompetenzschulung haben. Gerade bei den „Digital

Immigrants“ gibt es eine große Anzahl an Menschen, die sich mit den neuen Medien

beschäftigen wollen, die jedoch Anleitung benötigen, um dies sicher tun zu können.

Medienpädagogische Projekte sind also dazu da den Umgang mit den Medien zu trainieren

und zu erlernen. Jedoch kann ein Projekt auf verschiedene Weisen definiert und interpretiert

werden. Projekt kann heißen, dass man einen Gegenstand praktisch in einem festen Zeitraum

umsetzt. Ebenso kann aber ein Projekt auch bedeuten, dass man sich mit etwas beschäftigt,

das eine exemplarische Struktur besitzt und somit in einem anderen Kontext verwendet

werden kann, oder man untersucht eine gewisse Zielvorstellung auf ihre Verwirklichung und

Umsetzbarkeit. Alle drei Varianten sind sinnvoll, werden jedoch in unterschiedlicher

Häufigkeit in der Realität angewendet, wobei einen Gegenstand in einem festen Zeitraum

umsetzen die am häufigsten praktizierte Art eines Projekts ist. Gerade die dritte Variante ist

jedoch die, von der man am besten auf gesellschaftliche Entwicklungen schließen kann. Hier

werden Studien durchgeführt, aus denen man Gesetzmäßigkeiten schließen kann, die man

dann wiederum fördern oder bekämpfen kann. Das ist zwar sehr effektiv, jedoch ohne die

erwähnte Forschung nicht leicht zu begründen. Dabei kann es ohne Forschung und deren

Ergebnisse durchaus dazu kommen, dass man an falschen Stellen ansetzt Projekte der ersten

Art zu fördern, was zur Folge hätte, dass man einen Weg einschlägt, der nicht zwingend

notwendig wäre oder gar zu einem konträren Ziel führte.

Bei medienpädagogischen Projekten kann man Ziele formulieren, die erreicht werden sollten,

die aber keinen Katalog darstellen können, der abgearbeitet werden muss.

Medienpädagogische Projekte sind so vielfältig, dass man nie jeden Punkt im Detail

bearbeiten kann, jedoch kann man dies als Richtlinie verstehen.

Medienpädagogische Projekte sollten natürlich als oberstes Ziel die Vermittlung von

Medienkompetenz im oben genannten Sinne haben. Jedoch muss sich dabei jedes Projekt

auch die Frage gefallen lassen, ob man das Ziel, welches zuvor klar formuliert sein sollte,

auch auf andere Art und Weise vermittelt werden könnte. In Stundenvorbereitungen, die

Lehrer vor einer zu haltenden Stunde anfertigen, findet man häufig Inhalte wie

Sozialkompetenz oder Kommunikationsfähigkeit schulen. Werden diese auch im

Zusammenhang mit medienpädagogischen Projekten als alleiniges Ziel ausgegeben, kann

man sich die Frage stellen, ob das nicht auch ohne Medien ginge. Daher ist es immer wichtig

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auch Medienkompetenz als Ziel zu haben und darauf genau einzugehen. Jedoch sollte man

von einem Projekt auch nicht erwarten, dass es jede erwähnte Dimension von

Medienkompetenz zu vermitteln schafft, da dies auch oft nicht nötig ist. Es ist ebenso möglich

ein Projekt, das sich speziell auf Mediengestaltung konzentriert, zu konzipieren, ohne dabei

jede andere Dimension erzwingen zu müssen.

Um Medienkompetenz zu vermitteln, also ein medienpädagogisches Projekt leiten zu können,

sollte der Übermittler selbst auch gewissen Anforderungen genügen. Zuerst gehört die eigene

Medienkompetenz dazu, da man nichts vermitteln kann, das man selbst nicht beherrscht und

kennt. Des Weiteren ist es notwendig, dass man als Projektleiter Grundkenntnisse über

didaktisches Denken und Handeln besitzt. Man sollte sich zum Beispiel darüber im Klaren

sein, dass es verschiedene Lerntypen gibt, die es anzusprechen gilt. Die Theorie der

verschiedenen Lerntypen geht davon aus, dass jeder Lerner verschieden Kanäle hat, über die

er Informationen aufnehmen kann. Es gibt den optisch-visuellen Lerntyp, bei dem die

Aufnahme von Informationen vorrangig über das Sehen funktioniert, es gibt den auditiven

Lerntyp, der vorrangig hörend Infoformationen aufnimmt und den haptischen und kognitiven

Lerntyp, bei denen Informationsverarbeitung vorrangig über das Erleben, Anfassen und

Erfahren erfolgt. Diese Theorie, die sich auf Frederic Vester zurückführen, lässt besagt also,

dass jeder Lerner diese verschiedenen Aufnahmekanäle besitzt, die mit verschiedener

Gewichtung das Lernverhalten jedes Einzelnen charakterisieren. Das bedeutet also, dass

jedem Menschen eine ihm eigene Gewichteformel zu eigen sei, wie er im optimalen Fall

Informationen aufnehmen, verarbeiten und lernen kann. Ein vorrangig haptischer Lerntyp

wird weniger als ein vorrangig visueller mit einem zu lesenden Text anfangen können und

muss dementsprechend methodisch betreut werden. Die Empirie geht weiter davon aus, dass

gerade der haptische und kognitive Kanal das Hauptgewicht bei dem Großteil der Lerner hat,

worauf sich auch die Ziele des folgenden Modells der medienpädagogischen Projekte

beziehen. Diese verschiedenen Lerntypen gilt es in medienpädagogischen Projekten

anzusprechen, um eine gute Voraussetzung zu schaffen, dass der Lernende lernt.

Ein Grundprinzip der Didaktik ist es die Lernenden „dort abzuholen, wo sie stehen“. Das

bedeutet, dass man sich auf gleiche Ebene wie der Lernende begeben muss, um ihm den Stoff

am besten zu vermitteln. So ist es auch im Bereich der medienpädagogischen Projekte. Ein

Projektleiter sollte sich mit dem Stoff aus Sicht des Lernenden beschäftigen können, und dazu

gehört auch die Medien, mit denen gearbeitet wird, auf gleiche Weise zu erfahren. Man sollte

zum Beispiel nicht über eine Online-Community und dem kompetenten Umgang damit

referieren, wenn man noch nie Teil der Community war. Man sollte sich als

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medienpädagogischer Projektleiter auch dessen bewusst sein, dass man manche Themen

anders behandeln sollte, als man es vielleicht täte, wenn man aus einer sehr objektiven Sicht

auf das Thema schauen würde. Man kann nicht Dinge abwerten, die jedoch für den Lernenden

von Bedeutung sind. Ein ganz elementarer Punkt ist der Letzte. Als ein Medienpädagoge ist

es sehr wichtig auch die Praxis zu beherrschen. Praxis kann dabei zweierlei bedeuten. Zum

Einen sollte sich ein Projektleiter nicht nur theoretisch mit dem Gegenstand beschäftigt haben,

sondern sollte auch selbst damit umgehen können, und zum Anderen ist aus pädagogischer

Sicht ein didaktischer Erfahrungsschatz von großer Bedeutung. Dies verleiht dem Pädagogen

die Fähigkeit mit dem Projekt, seinen Teilnehmern und daraus resultierenden möglichen

neuen Situationen professionell umzugehen.

Betrachtet man ein medienpädagogisches Projekt als Prozess, sollte sich während dieses

Prozesses beim Teilnehmer ein Wandel vollziehen, der sich auf folgende vier Punkte bezieht.

Der Teilnehmer sollte von der Passivität zur Aktivität gelangen, das heißt, er soll während des

Projekts nicht nur Input erfahren, sondern selbst das Projekt vorantreiben. Viele Menschen

sind zu einem wesentlichen Anteil haptische und kognitive Lerntypen und lernen somit am

besten, wenn sie selbst aktiv werden. Dieser Punkt erhöht also die Erinnerungsleistung des

Gelernten, da, je mehr Sinne angesprochen werden, auch mehr synaptische Verbindungen im

Gehirn geknüpft werden, die gleichzeitig besser erinnern lassen.

Als nächstes sollte der Lernprozess vom Handeln zum Denken führen. Diejenigen, die sich

wenig mit neuen Medien auseinandersetzen, neigen teilweise dazu das Medium zu benutzen

ohne darüber nachzudenken. Ein Beispiel hierfür ist das Installieren neuer Software auf einem

Computer. Oft kann dabei das Phänomen des ständigen Drückens der „Weiter-Taste“

beobachtet werden, ohne dass der dazugehörige Installationshinweis gelesen wird. Fragt man

eine solche Person im Nachhinein nach dem Inhalt, wissen sie oft nicht, was sie soeben

bestätigt haben. Will man von Programmiererseite aus dem User Schaden zufügen, könnte

man, ohne dass es bemerkt werden würde, Einverständniserklärungen abfragen. Denkt der

Nutzer jedoch über das nach, was er bedient, so ist er der Medienkompetenz einen Schritt

näher.

Als dritten Punkt kann man den Übergang vom Erleben zum Erfahren beschreiben. Erleben

ist von der Wortbedeutung eher passiv gemeint, was bedeutet, dass man wenig Einfluss auf

das Geschehen hat. Erfahren jedoch ist von entdeckendem Charakter, das heißt, dass man

lieber selbst aktiv wird und sich Informationen beschafft, als inaktiv Input zu bekommen.

Auch hier kann man sich wieder auf den Vorteil des entdeckenden Lernens beziehen, der

gerade den haptischen und kognitiven Lerntyp anspricht.

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Der letzte Prozess wird beschrieben durch den Übergang von Information zu Wissen.

Informationen sind Dinge, die man zwar suchen kann aber nicht selbst verwenden kann,

wohingegen Wissen aktiv im Leben Verwendung findet. Hier wird also ebenfalls der

Übergang von inaktiv zu aktiv beschrieben.

Alle vier Prozesse sind wie im Bild verdeutlicht nicht losgelöst von einander zu betrachten.

Ein Projekt funktioniert sehr gut, wenn es möglichst viele dieser Prozesse beschreibt und in

einander verzahnt ist. Allerdings darf dies auch nicht als abzuarbeitender Katalog verstanden

werden, vielmehr ist es eine Richtlinie, die bei der Reflexion des Projektes helfen soll.

(Abbildung 1)

Oftmals wird in Projekten zwar eine aktive Handlung vollzogen, womit der haptische und

kognitive Bereich angesprochen werden soll, es besteht aber die Gefahr des Vergessens des

Reflektierens. Diesen Punkt beschreibt der zuletzt erwähnte Prozess, aber auch der Prozess

vom Handeln zum Denken. Es ist also sehr wichtig nicht einfach Wissen hinzunehmen und

anzuwenden, sondern man sollte auch wissen, warum man das gemacht hat und was das für

Konsequenzen haben kann. Medienkompetenz ist wie oben beschrieben nicht ausschließlich

die Fähigkeit Medien zu bedienen oder zu entwickeln, sondern auch kritisch zu hinterfragen

und etwas über die Medien und deren Auswirkung zu wissen. Dies macht gerade den

pädagogischen Aspekt von medienpädagogischen Projekten aus. Man soll daraus lernen und

seinen Horizont erweitern und die gewonnenen Erfahrungen einzuordnen beziehungsweise

anzuwenden wissen. Professor Dr. Rolf Schulmeister fasst Lernen und insbesondere das

Lernen in medienpädagogischen Projekten während eines Vortrags zu „Personal Learning

Environments“ (2009) so zusammen: „Lernen heißt, selbst aktiv werden“ und „Lernen kann

nicht nur virtuell stattfinden.“

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3. Aktuelle Forschung zu Medienkompetenz im Internet

Noch im vergangenen Jahrzehnt hat das Internet und der Umgang damit nur eine sehr

untergeordnete Rolle im Alltag der Gesellschaft gespielt, was sich jedoch schon Ende der

90er Jahre und spätestens zu Beginn dieses Jahrtausends geändert hat. Wie bereits in der

Einleitung erwähnt entwickelte sich der Anteil derjenigen, die das Internet gelegentlich

nutzen, bei den Befragten der ARD/ZDF-Onlinestudie von 1998 bis 2009 von 6,5% - 67,1%,

was diesen Wandel sehr stark unterstreicht. Noch rasanter zeigt sich die Entwicklung des

Nutzungsverhaltens des Internets bei Jugendlichen zwischen 12 und 19 Jahren, die bei der

JIM-Studie befragt wurden. Hier zeigt sich das 84% der Befragten mehrmals pro Woche mit

dem Internet in Verbindung stehen und insgesamt 62% sogar täglich. Dies wirft die Frage auf,

ob das gleichzeitig einen medienkompetenten Umgang mit dem Internet zur Folge hat oder ob

trotz großem Zeitpensum Fehler im Umgang mit Privatsphäre und Persönlichkeitsrechten

gemacht werden. Maren Gaidis, die verantwortlich für den Bereich „User Care“ im sozialen

Netzwerk „schuelerVZ“ ist und somit auch für die Vermittlung von Medienkompetenz, drückt

in dem kürzlich erschienenen Artikel „Sensibilisierungsangebote in sozialen Online-

Netzwerken“ diesbezüglich ihr Bedenken aus. Schüler und Jugendliche seien zwar schnell in

der Lage die Funktionalitäten solcher Angebote zu erkunden, hätten jedoch Probleme ihr

Handeln rechtlich und ethisch richtig einzuordnen. So ist es für die Nutzer des Netzes schwer

einzuschätzen, ob beispielsweise ein Foto, dass man heute online stellt, in 10 oder 15 Jahren

von einem potentiellen Chef gesehen werden könnte. Dies könnte gleichzeitig für diesen Chef

den Schluss zulassen, der Bewerber sei nicht kompatibel mit der Firmenphilosophie. Schüler

machen sich auch wenig Gedanken darüber, welche Daten, die sie ohne Bedenken

veröffentlichen, für andere Zwecke genutzt werden könnten. Diese Betrachtung soll die

Notwendigkeit herausstellen, dass medienpädagogische Projekte, wie die folgenden,

durchgeführt werden. Dieser Punkt, der auch von Maren Gaidis angesprochen wurde,

verdeutlicht noch einmal den Begriff des „Digital Natives“. Er ist keineswegs als rundum

gebildeter und medienkompetenter User der digitalen Welt zu verstehen, sondern lediglich als

kundiges Gefäß, welches trotz des hohen Grundkapitals immernoch gefüllt werden muss.

Nachdem im vergangenen Abschnitt theoretische Grundlagen zu medienpädagogischen

Projekten vorgestellt wurden, werden nun verschiedene, zum Teil preisgekrönte Projekte

vorgestellt. Im Anschluss wird dann am Beispiel von „schuelerVZ“ vorgestellt, wie soziale

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Netzwerke ihre Verantwortung wahrnehmen und vor allem umsetzen Medienkompetenz zu

fördern.

3.1. Erzählkultur

Der Dieter-Baacke-Preis ist im Bereich der medienpädagogische Projekte eine bedeutende

Auszeichnung, die alljährlich verliehen wird. Im Jahr 2009 wurde das Projekt „Erzählkultur“

mit dem zweiten Preis bedacht. Dieses Projekt richtet sich an Kinder im Alter von 4-10 Jahren

und wurde in vielfacher Form durchgeführt.

Dieses Projekt zielt darauf ab, dass die Schüler, die oftmals einen Migrationshintergrund

haben, mit der deutschen Sprache spielerisch umgehen und somit, „ohne es zu merken“,

Sprachkompetenzen erwerben. Das Instrument der Übermittlung oder das Werkzeug stellt

dabei ein Objekt der Medien dar, und somit erfährt der Schüler ebenfalls „nebenbei“ eine

Weiterbildung im Bereich der Medienkompetenz. Bei diesem Projekt werden also primär

zwei Kompetenzen gleichzeitig vermittelt, sowohl Sprach-, als auch Medienkompetenz. Des

Weiteren wird bei dem Projekt, wie in vielen anderen auch, Gruppenarbeit durchgeführt und

daher wird gleichzeitig Sozialkompetenz im Bereich dieser Gruppenarbeit vermittelt.

Das Projekt ist so angelegt, dass Schüler sich mit einem bestimmten Medium

auseinandersetzen und dann im Nachhinein darüber diskutieren, was sie erlebt haben. Die

Grundidee dabei ist, dass das Medium als solches prinzipiell von „Natur aus“ interessant für

die Schüler ist und somit die Aufmerksamkeit und das Interesse der Schüler weckt. Er

beschäftigt sich gern und intuitiv mit einem Medium. Im Nachhinein werden dann

Reflexionsaufgaben gestellt, die die Schüler veranlassen in einem spielerischen Rahmen mit

dem Medium zu arbeiten und darüber zu diskutieren.

Im Folgenden wird das Projekt am Beispiel des Teilprojekts „Rosalind das Katzenkind“

beschrieben. Bei diesem Teilprojekt handelt es sich um die Bearbeitung eines Kinderbuchs

von Piotr und Jozef Wilkon. Die Geschichte des Buches handelt von einer Katzenfamilie, in

der fünf Katzengeschwister miteinander leben, jedoch Rosalind als Einzige nicht in das

traditionelle Rollenbild der Familie passt und passen will. Alle anderen Katzengeschwister

haben ein schwarzes Fell, Rosalind ein Rotes. Außerdem ist Rosalind mit einem Hund

befreundet und versteht sich äußerst gut mit Mäusen, was nicht in das Bild der „klassischen

Katze“ passt.

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Das Projekt ist so aufgebaut, dass zunächst der Verlauf vorgestellt wird und sich die Schüler

mit Aufnahmetechnik beschäftigen. Sie werden also mit akustischen Aufnahmegeräten in

einem Interview mit Technik umgehen lernen. Danach werden die Geschichte und die

Protagonisten von einem oder einer professionellen GeschichtenerzählerIn vorgestellt, und im

Anschluss werden von dieser Person Tipps gegeben, wie man solche Geschichten möglichst

spannend erzählen und vermitteln kann. Danach darf sich jeder Schüler mit einem Ahnen von

Rosalind identifizieren und bekommt Informationen dazu. Um die Identifikation zu festigen,

werden die Kinder fotografiert oder fotografieren sich gegenseitig mit geschminkten

Katzengesichtern. Somit lernen sie wieder „nebenbei“ mit einer Kamera umzugehen. Um sich

auch mit den Charakteren der Ahnen zu identifizieren, soll nun jeder aus Sicht des Ahnen

seine Position zu Rosalind und ihrer Verhaltensweisen reflektieren, die dann im weiteren

Verlauf auf einem Audioaufnahmegerät von ihnen aufgenommen werden. Während eines

abschließenden Projekttages wird dann eine CD erstellt, die alle Audio- und Fotodateien

enthalten soll und auf der ein selbst gemachtes Hörspiel der Geschichte enthalten sein soll.

Um die Identifikation mit dem Projekt zu steigern, wird eine Präsentation und Vorstellung vor

der Klassenstufe oder der Schule geplant, die das Projekt abrunden soll.

So werden während des gesamten Projekts viele verschiedene Medien eingesetzt und

ausprobiert, sodass die Schüler innerhalb kürzester Zeit die Basis für einen kompetenten

Umgang mit diesen Medien legen. Das Projekt wurde unter anderem in einem Vorort von

München ausprobiert und bekam dort gute Kritiken. Dies ist die Einleitung eines Kommentars

der zugehörigen Klassenlehrerin: „Das Projekt hat den Kindern und mir viel Spaß gemacht.

Die SchülerInnen waren motiviert, die Geschichte von "Rosalind" weiterzuführen. Sie hatten

vielfältige Möglichkeiten, verschiedene Medien kennen zu lernen und kreativ mit ihnen

umzugehen. Gleichzeitig wurden viele Sprechanlässe geboten, um die Sprachkompetenz der

Kinder zu fördern.“ Ein großer Vorteil des Projekts ist, dass man das Prinzip auf einen

beliebigen Themenkomplex und somit an eine beliebige Altersstruktur anpassen kann, indem

man einfach das Thema variiert.

(Abbildung 2)

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Die Frage, die nun noch offen bleibt, ist die, ob dieses preisgekrönte Projekt auch die oben

beschriebene Definition eines medienpädagogischen Projekts erfüllt. Schafft es also das

Beispielprojekt „Rosalind das Katzenkind“ die Kinder vier Teilprozesse zu vermitteln, die

eine medienpädagogisches Projekt ausmachen. Der Prozess von der passiven Aufnahme zur

aktiven Aufnahme des Buches wird so realisiert, dass die Schüler selbst ein Hörbuch

inszenieren und somit selbst Teil des Buches sind. Dadurch wird der Konflikt, den die

Hauptfigur hat wesentlich besser verinnerlicht und verstanden. Die Schüler sollen gleichzeitig

über das Buch und die Situation aus den verschiedenen Ansichten diskutieren, was den

Prozess vom reinen Handeln zum Denken verwirklicht. Die Schüler spielen also nicht „nur“

ein Stück nach, ohne es zu durchdringen, sondern müssen die Positionen, die die einzelnen

Charaktere haben verstehen und während einer Diskussionsrunde selbst anwenden. In dieser

Diskussionsrunde werden von den anderen Kindern Gegenargumente kommen, da sie sich in

andere Charaktere versetzen sollen. Daher lesen sie nicht nur, dass es andere Meinungen zu

diesem Thema gibt, sondern müssen sich in der Argumentation verteidigen, verinnerlichen

ihre Position noch tiefer. Sie erfahren somit die Geschichte, was den dritten Prozess darstellt.

Die Wiederspiegelung des letzten Prozesses kann ebenfalls in der Diskussion erfunden

werden. Sicherlich haben die Schüler auch zu einem früheren Zeitpunkt in der Schule

argumentieren gelernt und die damit verbundenen Satzbausteine, jedoch ist durch das Erleben

der Argumentation aus der reinen Information Wissen geworden. Die Schüler lernen die

Grammatikbausteine zu nutzen und nehmen sie als Wissen auf. An dieser Stelle ist die Rolle

des Lehrers sehr wichtig. Er muss die Schüler darauf aufmerksam machen, was sie gerade

erlebt haben und was sie verwendet haben, dass sie es auch als neues Wissen wahrnehmen. In

ähnlicher Weise könnte man die Prozesse, auch in Bezug auf die erstellte CD, beziehen, die

die Schüler eigenständig erarbeitet haben. Sie waren beim Erstellen selbst aktiv, lernten, wie

diese Technik funktioniert, wendeten sie an und produzierten somit Wissen statt

Informationen. Es handelt sich also zweifelsfrei um ein medienpädagogisches Projekt im oben

genannten Sinne.

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3.2. WATCH YOUR WEB

„Watch your web“ ist kein medienpädagogisches Projekt im eigentlich Sinne, vielmehr ist es

eine Kampagne, um Medienkompetenz zu fördern. Die Wortbedeutung von Kampagne kann

man von seinem Ursprung aus dem 17. Jahrhundert ableiten, als es „Feldzug“ bedeutete.

Heutzutage wird dem Begriff eine ähnliche Übersetzung zugewiesen, jedoch ist der

kriegerische Gedanke, im Sinne eines militärischen Krieges, im Allgemeinen heute nicht

mehr zutreffend. Allerdings kann man Kampagnen weiterhin als Feldzüge verstehen, die einer

bestimmten Sache dienen. Diese Kampagnen finden oftmals in der Werbung statt, um einen

Artikel möglichst gut zu vermarkten oder Aufträge, beispielsweise von Ministerien, der

Gesellschaft zu vermitteln.

„Watch your web“ ist also ein Feldzug, der es sich zum Ziel gesetzt hat Medienkompetenz zu

vermitteln und zu fördern. Dabei wird dem Adressaten dieser Kampagne eine

Informationsplattform zur Verfügung gestellt, die er jederzeit für sich nutzen kann. Die

Zielgruppe von „watch your web“ sind Jugendliche, die sich tagtäglich mit dem Internet

beschäftigen. Es wird auf der Kampagnen-Internetseite ein breites Informationsangebot

bereitgestellt, das sich mit den Risiken der Internetnutzung befasst. Dabei ist es sehr wichtig,

dass die Informationen nicht lediglich als Textdokument auf der Seite präsentiert werden,

sondern dass die komplette Internetseite so gestaltet ist, dass sich auch die Zielgruppe dafür

interessiert. Das bedeutet, es wurde ein Design verwendet, welches Jugendliche anspricht und

es wurden Videos von und mit Jugendlichen gedreht. Die Videos sind in der „Sprache der

Jugendlichen“ gedreht worden und nicht wie ein klassischer Aufklärungsfilm. Die Texte sind

ebenfalls so geschrieben, dass sich Jugendliche direkt angesprochen fühlen und alles

verstehen.

Das Thema Medienkompetenz wird aber nicht nur als Begriff behandelt, sondern wird auch

personifiziert und mit einem Comichelden in Verbindung gesetzt. Der Held heißt „Webman“

und ist ein klassischer Superheld mit Umhang, wie Batman, Superman oder Spiderman. Die

User sollen sich sofort mit diesem Webman identifizieren, denn auch er surft, seinem

Steckbrief zufolge, gern im Internet und chattet. Das Alter von Webman ist ebenfalls an die

Zielgruppe angepasst. Er ist 18 Jahre alt und ist somit unwesentlich älter als die

angesprochene Zielgruppe, was eine Brücke zu den Usern baut. Er ist in einem ähnlichen

Alter wie die Zielgruppe und spricht aus der Sicht der User ihre „Jugendsprache“. Er ist

jedoch unwesentlich älter, was gleichzeitig bewirkt, dass die User zu ihm aufschauen können

und ihn im Idealfall als Vorbild sehen und ihm nacheifern. Da in jedem Comic auch ein

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Gegenspieler zum Helden existiert, gibt es „Data Devil“, der das Gegenteil und somit alles

„Böse“ im Internet verkörpern soll. Danach richten sich auch seine Interessen und Hobbys,

die durch „Internetmobbing“ und „Datenmissbrauch“ dargestellt werden.

„Webman“ und „Data Devil“ finden sich auf der gesamten Internetseite wie ein roter Faden

wieder. Es gibt zum Beispiel eine Pinnwand, auf der User Erlebnisse erzählen können, bei

denen sie „Data Devil“ wiedererkannt haben. Das sind also Erlebnisse bei denen Daten oder

auch Anonymität missbraucht wurden. Dies hilft den Usern zu sehen, was im Internet alles

passieren kann und auf was man als Nutzer des Netzes achten muss.

Ein zentrales Element der Internetseite ist der so genannte „Web-Test“. Bei diesem Test

werden dem User zehn Fragen gestellt, die es zum Einen zum Ziel haben herauszufinden, wie

kompetent sich der User im Internet bewegt und zum Anderen regt dieser Test zum

Nachdenken an. Es werden jeweils drei Antwortmöglichkeiten vorgegeben, die per „multiple

choice“ ausgewählt werden können. Dabei liest der User auch die Antwortmöglichkeiten, die

er nicht ausgewählt hat und bekommt somit unterschwellig Wissen präsentiert, wie er sich

optimal zu verhalten kann. Das funktioniert jedoch nur, wenn die Antwortmöglichkeiten, die

„falsches“ Verhalten suggerieren, auf humorvolle Weise übertrieben dargestellt werden,

sodass es dem Nutzer offensichtlich wird, dass dieses Verhalten „falsch“ ist. Ein Beispiel für

eine solche Frage ist: „Würdest du die Fotos auf deinem Web-Profil jederzeit deinen Eltern

zeigen?“ und die Antwortmöglichkeiten sind: 1. „Klar. Die peinlichen Pics lad ich sowieso

nicht hoch.“ 2. „Omg, nein! Ich glaub, die wissen nicht, was ich am Wochenende so treibe.“

Und 3. „Nach einer kleinen Nachbesserung im Ordner „Partypics“ wäre das okay.“ Die

Antwortmöglichkeiten sind in einer Jugendsprache verfasst und somit können sich die User

mit den Antworten identifizieren. Es werden auch Abkürzungen verwendet, wie sie

normalerweise beim Schreiben von SMS von Jugendlichen benutzt werden. („Omg“, statt „oh

mein Gott“) Da sich die User zwangsläufig mit dem Thema Medienkompetenz beschäftigen,

wenn sie diesen Test machen, merken sie auch schnell, dass die letzten beiden Antworten aus

medienpädagogischer Sicht in die „falsche Richtung“ gehen. Den Usern wird also nicht

offensichtlich gesagt, was „richtig“ und was „falsch“ ist, sondern die User werden beim

bearbeiten der Fragen zum nachdenken angeregt und eignen sich somit eigenständig

Medienkompetenz an. Bei der Auswertung des Tests wird man dann in Kategorien

eingeordnet, wie kompetent man bereits mit Medien umgehen kann. Somit erhalten die User

keine Belehrung von einem Lehrer, sondern sie bekommen den Eindruck einer neutralen

Bewertung.

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Als weitere interaktive Komponenten gibt es weitere Rubriken, die die User zum mitmachen

anregen. Der erste Teil ist ein Videoportal, auf dem Aufklärungsvideos bereitgestellt sind.

Hier kann man sich alle Kampagnenvideos ansehen oder in seine eigene Homepage einbauen.

Auch damit wird wieder Medienkompetenz gefördert, da die User zu Medienkritik erzogen

werden, gleichzeitig aber auch in Mediennutzung geschult werden. Im Falle der Verlinkung

werden sie angehalten Medien selbst mitzugestalten und sie erhalten Hintergrundwissen, sie

werden also in Medienkunde geschult. Als weiteren interaktiven Baustein der Internetpräsenz

gibt es die Rubrik „Aktionen“, in der regelmäßig zum Mitmachen aufgerufen wird und somit

das praktische Erlernen von Medienkompetenz gefördert wird. Hier werden zum Beispiel

Aufgaben erarbeitet, die mit Medienkompetenz zu tun haben. Die Ergebnisse der Aufgaben

werden zum Teil auch veröffentlicht, woran die User sehen, dass sie Ernst genommen werden

und ihre Beiträge wichtig sind, was ein hohes Maß an Motivation induziert. Die letzte

Kategorie bilden dann Internet-Tutorials und Internethilfen. Hier werden verschiedene

Tutorials angeboten, die sich auf die verbreitetsten Web 2.0 Plattformen beziehen

(„schuelerVZ“, „facebook“, „spickmich“, und so weiter). In diesen Tutorials werden

Einstellungen, die zur Sicherheit und zur Wahrung der Persönlichkeitsrechte beitragen,

erläutert und ansprechend aufbereitet vermittelt. So wird dem User eine Wissensbasis

bereitgestellt, die ihn bezogen auf den kompetenten Umgang mit dem Internet sehr gut weiter-

und ausbildet.

(Abbildung 3)

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Betrachtet man „watch your web“ unter den gleichen Gesichtspunkten, wie das

medienpädagogische Projekt zuvor, stellt man folgendes fest. Auch die Kampagne kann es

schaffen bei dem User den Schritt von der Passivität zur Aktivität zu bewirken. Der User kann

in Aktionen einbezogen werden oder kann den „Web Test“ machen und somit selbst Teil

seiner Entwicklung zum medienkompetenten Internetnutzer werden. Auch den zweiten

Teilprozess vom Handeln zum Denken kann die Kampagne schaffen. Bei der Durchführung

des „Web Tests“ wird der User zum Denken angeregt. Durch die scherzhafte und übertriebene

Art der Darstellung der „falschen“ Antworten wird der User dazu bewogen, über seine

Handlungsweisen nachzudenken und zu reflektieren, ob er sich kompetent im Internet bewegt

oder nicht. Auch der Übergang vom Erleben hin zum Erfahren kann mit Hilfe der Aktivitäten

vollzogen werden und es werden auch Informationen in Wissen umgewandelt. Der User erlebt

beispielsweise in den Tutorials, wie „facebook“ zu handhaben ist. Zusammenfassend kann

man also festhalten, dass alle vier Übergänge geschaffen werden können. Nun stellt sich

jedoch die Frage, warum es trotzdem kein medienpädagogisches Projekt ist. Der Grund dafür

ist unter anderem, dass es nicht auf einen festen Zeitraum angesetzt ist und damit nicht die

Definition eines Projekts erfüllt. Ein weiteres Grundproblem ist, dass in der oben

beschriebenen Analyse des Öfteren der Konjunktiv verwendet wurde und somit lediglich ein

Angebot beschrieben wurde. Es wird kein User in irgendeiner Weise verpflichtet, dass

Angebot wahrzunehmen und es wird auch nicht kontrolliert, wer das Angebot wie nutzt. Und

ein letzter wichtiger Unterschied ist der, dass das gesamte Angebot der Kampagne sehr breit

verteilt ist. Es gibt Teile der Kampagne, die als medienpädagogische Projekte bezeichnet

werden können, zum Beispiel unter der Kategorie „Aktionen“. Jedoch als Ganzes ist die

Kampagne wesentlich mehr, als lediglich ein Projekt. Sie ist ein Angebot und

Zusammenstellung aus Informationen, Wissen und auch Projekten, die für die Zielgruppe

ansprechend aufbereitet wurden. Projekte sind also gegebenenfalls Teile von Kampagnen,

jedoch gilt dies umgekehrt nicht.

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3.3. Medienkompetenz und schuelerVZ

Soziale Netzwerke, wie „schuelerVZ“ oder „facebook“, werden im Alltag der Jugendlichen

immer wichtiger. Die aktuelle JIM-Studie 2009 belegt dies mit Zahlen und zeigt auf, dass

98% der Jugendlichen, im Alter von 12-19 Jahren, zumindest gelegentlich das Internet nutzen.

Es gibt also kaum einen Jugendlichen in diesem Alter, der nie mit dem Internet in Berührung

kommt. Ähnlich verhält es sich mit den Nutzern des Internets, die es mehrmals in der Woche

oder sogar täglich benutzen, dies sind 90% aller Jugendlichen in diesem Altersspektrum.

Betrachtet man dann weiter die Aktivitäten der Jugendlichen im Internet stellt man fest, dass

70% der Befragten mehrmals pro Woche oder sogar täglich Online-Communities nutzen

(85% zumindest selten). Dies wird nur noch von Instant-Messengern, wie MSN oder ICQ, mit

71% übertroffen. Die Frage, die daraus resultiert ist, ob diese Jugendlichen auch kompetent

mit dem Medium Internet umgehen können. Jugendliche in diesem Alter werden oft als

„Digital Natives“ bezeichnet. Wenn man diesen Begriff naiv betrachtet, könnte man davon

ausgehen, dass Jugendliche, da sie mit dem Medium aufgewachsen sind, kompetent damit

umgehen können. Experten aus Soziologie, Psychologie und auch Informatik sind sich jedoch

einig, dass auch Jugendliche, die zwar eine andere Grundausrichtung haben als „Digital

Immigrants“, ebenfalls einen Förderungsbedarf in Bezug auf Medienkompetenz haben.

Belegen kann man diese Ansicht ebenfalls mit der JIM-Studie, die verdeutlicht, dass die

Nutzer dieser Plattformen zum Teil sehr nachlässig mit ihren persönlichen Daten umgehen.

83% der Nutzer geben auf ihren Profilen Hobbies und andere Tätigkeiten preis, 69%

hinterlegen eigene Filme und Fotos, 34% hinterlegen ihre E-Mail Adresse und sogar noch 5%

die eigene Handynummer. Was jedoch auch zu erkennen ist, ist dass gerade die letzten beiden

Zahlen im Vergleich zum Vorjahr zurückgegangen sind, was eine erhöhte Aufmerksamkeit

gerade bei sensiblen Daten erhoffen lässt. Jedoch beim Umgang mit Fotos und Vorlieben oder

Hobbies sind Jugendliche oftmals nicht in der Lage, das Gefahrenpotential zu erkennen, das

mit der Veröffentlichung im Zusammenhang steht. Dabei ist es für einen Jugendlichen von

14 Jahren schwer einzusehen, dass seine Partyfotos, die er 2009 auf schuelerVZ hochgeladen

hat, eventuell Einfluss auf die Berufswahl haben. So gilt es den Jugendlichen auch solche

Situationen zu erklären. Es kann durchaus passieren, dass ein Freund das Foto kopiert und an

einem anderen Ort online stellt. Löscht nun der Betroffene das Foto, ist es an anderer Stelle

immer noch existent. Umfragen zu Folge informieren sich viele Arbeitgeber heutzutage vor

einer Einstellung im Internet, über den zukünftigen Arbeitnehmer. Entdeckt ein solcher

Arbeitgeber dann einschlägige Fotos, könnte der Arbeitsplatz, in beispielsweise einer

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Anwaltskanzlei, schnell in Frage gestellt werden. Deutlich wird der Förderbedarf ebenfalls,

wenn man betrachtet, wie viele User in ihren Profilen von der Einstellung der Privatsphäre

Gebrauch machen. Dies sind lediglich 46% der Jugendlichen im Alter von 12 bis 19 Jahren.

Im Abschnitt zuvor wurde die Kampagne „watch your web“ vorgestellt, die sich auch aktiv

gegen Cyber-Mobbing, also dem Mobben im Internet, einsetzt. Beispielsweise agiert sie mit

Aufklärungswerbespots im Internet, Fernsehen und sogar Kino. Die Notwenigkeit solcher

Aktionen wird in der JIM-Studie mit einer erschreckenden Zahl belegt. Etwa jeder vierte

Jugendliche kam im Bekanntenkreis schon mit Cyber-Mobbing in Kontakt. Bedenklich ist

auch der Wert der Jugendlichen, die im Internet schon nach Adressen oder anderen

persönlichen Daten gefragt wurden, dies sind 40% der Befragten. Jedoch noch erschreckender

ist, dass, von den angesprochenen, jeder vierte die Daten auch hergegeben hat. Allein dieser

Aspekt erfordert ein hohes Maß an Aufmerksamkeit und sollte aktives Handeln von Seite der

Betreiber, aber auch anderen Institutionen, zur Folge haben.

(Abbildung 4)

Eine Leitfrage dieser Ausarbeitung ist, ob sich „schuelerVZ“ dieser Verantwortung bewusst

ist und ob und was sie tun, um dieser zumindest teilweise erschreckenden Statistik entgegen

zu wirken. Der Grund dafür, dass hier lediglich „schuelerVZ“ betrachtet wird ist der, dass

„schuelerVZ“ mit Abstand die meist genutzte Community unter Jugendlichen ist. Sie wird

von 42% der befragten Jugendlichen der JIM-Studie angegeben, wohingegen die nächste

Community lediglich bei 6% („wer-kennt-wen“ und „studivz“) liegt.

„SchuelerVZ“ scheint sich dieser Aufgabe bewusst zu sein und geht verschiedene Wege die

im Weiteren erläutert werden sollen. Aktuell gibt es zwei verschiedene Varianten, wie

„schuelerVZ“ Medienkompetenz versucht zu vermitteln. Die eine sind Kampagnen, die sich

mit dem Thema auseinander setzen und die Andere ist die der klassische Aufklärungsarbeit,

die einen Großteil der Arbeit auszumachen scheint.

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„Watch your web“

Eine Kampagne, die auch im „schuelerVZ“ direkt ihre Anwendung findet, ist „watch your

web“. „SchuelerVZ“ hat neben der Kampagne, wie sie bereits beschrieben wurde, ein so

genanntes Edelprofil für die Leitfigur der Kampagne „Webman“ angelegt, welches sich als

Teil der der Community unter den Usern befindet. Somit wird wiederum der

Identifikationsprozess der User mit der Figur, wie er bereits erwähnt wurde, gestärkt, indem

die User von „schuelerVZ“ den „Webman“ als reale Person verstehen. Die User können ihm

Nachrichten schreiben. Er hat, genau wie jeder andere User, eine Pinnwand, auf der spontane

Anmerkungen hinterlassen werden können und man kann „Webman“ zum persönlichen

Freund erklären. Genauso hat „Webman“ ein Profil, auf dem seine Hobbies und Interessen

deutlich erkennbar sind und alle Videos, die auch auf der Homepage der Kampagne stehen,

veröffentlicht sind. Der Kampagne wurde also, im Rahmen der Plattform „schuelerVZ“, die

Möglichkeit gegeben sich vorzustellen und ihren Auftrag zu verdeutlichen. „SchuelerVZ“ hat

diesbezüglich auch eine eigene Umfrage und daraus resultierend eine Statistik erstellt, mit der

der Erfolg von „watch your web“ eingeschätzt werden könnte. Daraus ergeben sich einige

Zahlen, die einen offensichtlichen quantitativen Wert haben, deren Qualität jedoch zumindest

diskutabel ist. Das Profil von „Webman“ wurde im Juli 2009 online gestellt und hatte bis

Mitte September schon 1,2 Millionen Aufrufe zu verzeichnen. Der „Web-Test“ der

Kampagne konnte ebenfalls auf den Profilen der Nutzer installiert werden, was 50.500 User

der Plattform getan haben und dementsprechend haben wahrscheinlich auch eine ähnliche

Anzahl den Test durchgeführt. Nach einiger Zeit, die das Profil online war, hat „schuelerVZ“

dann eine Umfrage gestartet, die es zum Ziel hatte, herauszufinden, wie das Angebot und die

Kampagne genutzt wird. Der erstellte Fragebogen, der diese Frage klären sollte, wurde

lediglich 1,5 Stunden online gestellt und daraus resultierten bereits 20.000 auswertbare

Fragebögen. Auch ohne die Auswertung der Fragebögen kann man hieraus schon einen

Schluss ziehen. Das Thema, dass hier insgesamt behandelt wird, wird von den Usern von

„schuelerVZ“ nicht als störend wahrgenommen, sondern ist ein Thema, dass sie tagtäglich

beschäftigt und was auch von den Usern als wichtig wahrgenommen wird. Aus der Umfrage

geht hervor, dass knapp ein Drittel der Befragten die Kampagne oder zumindest die Leitfigur

„Webman“ kennen, von denen wiederum rund zwei Drittel die Kampagne mindestens mit drei

bewerten, wenn man eine Notenskala wie in der Schule von Eins bis Sechs zugrunde legen

würde. Betrachtet man nun noch die Altersgruppen der Befragten, stellt man fest, dass die

Jüngeren die Kampagne etwas besser bewerten, als die Älteren. Als Begründung dafür könnte

man den höheren Förderungsanspruch der jüngeren Befragten heranziehen, also dass die

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Älteren, aufgrund ihres Alters, bereits mehr Medienkompetenz erworben haben und somit das

Angebot nicht so häufig wahrnehmen müssen. Die Jüngeren hingegen würden dann die

Kampagne positiver wahrnehmen, weil sie mehr Förderung wahrnehmen können und wollen

und somit der Effekt der Kampagne dieses Ergebnis positiv beeinflusst. Es könnten jedoch

auch recht banale Faktoren dieses Urteil begründen, wie zum Beispiel, dass das

Erscheinungsbild der Kampagne eher auf eine jüngere Zielgruppe zugeschnitten ist und die

Älteren die Kampagne für sich als unpassender empfinden.

(Abbildung 5)

In Abbildung Fünf wird dargestellt, wie diejenigen, die „Webman“ und damit die Kampagne

kennen, seinen Einfluss auf das eigene Verhalten im Internet bewerten. Daraus kann man

erkennen, dass lediglich 7% der Befragten ihr Verhalten nicht geändert haben und der

Großteil der Befragten den Einfluss mit positiv bewerten. Dabei ist natürlich zu beachten,

dass dies rein subjektive Beobachtungen der User selbst sind. Man kann jedoch daraus

ebenfalls schließen, dass ein Großteil der befragten User sich mit dem Thema aktiv

auseinander gesetzt hat, was an sich schon als positiv zu bewerten ist. Über Erfolg oder

Misserfolg kann man dann eventuell nach einer weiteren JIM-Studie nachdenken und

vielleicht sind schon die kleinen bereits erwähnten Veränderungen zum Teil durch diese

Kampagne bedingt.

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„Respekt im Netz“

„SchuelerVZ“ beschränkt sich jedoch nicht nur auf das Bewerben von Fremdkampagnen,

sondern hat auch eine eigene Initiative ins Leben gerufen. Unter dem Namen „Respekt im

Netz“ setzt sich die Community aktiv gegen Cybermobbing ein. Bei dieser Aktion ging es

darum, ein offenes Forum zu schaffen, das sich mit dem Thema Cybermobbing

auseinandersetzt und beschäftigt. Das Mittel, um diese Aktion durchzusetzen, war eine

Gruppe in „schuelerVZ“ einzurichten, die als Forum genutzt werden sollte, welches

Erfahrungen von allen Seiten thematisieren sollte. Die Nutzer der Community wurden

aufgefordert in diesem Forum zu berichten, welche Erfahrungen sie direkt oder indirekt mit

Cybermobbing haben und natürlich sollten auch Präventionsmöglichkeiten diskutiert werden.

Als zusätzliche Motivation erhält jeder, der diese Gruppe beigetreten ist, einen Stempel auf

sein Profil, der die Zugehörigkeit zur Gruppe kennzeichnet. Das soll die Identifikation mit

dem Thema stärken, soll aber auch als Werbung für die Aktion genutzt werden und soll somit

bei den Usern im Gedächtnis bleiben, sodass man sich im optimalsten Fall immer wieder für

die Ideale der Gruppe stark macht. Auch hier kann man wieder das quantitative Merkmal der

Beteiligung an der Aktion anführen, was jedoch auch bei dieser Aktion kein Garant für den

Erfolg des Projekts ist. Mittlerweile sind knapp 1,6 Millionen User von „schuelerVZ“

Mitglieder dieser Gruppe, die in mehr als 65.000 Beiträgen über das Thema diskutieren und

sich somit gegenseitig Hilfe bieten. Aufgrund dessen, dass zu viele User im Forum tätig

waren, konnte man jedoch nicht wie üblich in Foren Diskussionen führen, da die Beiträge zu

schnell nacheinander gepostet wurden. Es war also nicht möglich die zur gleichen Zeit

parallel laufenden qualitativ guten Diskussionsstränge zu überblicken, woraufhin eine zweite

Gruppe mit ähnlichem Namen gegründet wurde, um den Debattenansturm zu verteilen. Diese

Aktion wurde ebenfalls in den oben genannten Fragebögen abgefragt und sie hatte eine

enorme Resonanz. 93,6% der Befragten kannten die Kampagne, es gab also kaum einen

Jugendlichen bei „schuelerVZ“, der nicht mit der Aktion in Berührung kam. Das bedeutet

natürlich nicht gleichzeitig, dass man etwas daraus lernt, aber zumindest musste man sich

flüchtig mit dem Thema auseinandersetzen. 77,6% der Befragten empfanden die Aktion als

zumindest befriedigend (Schulnote 3). Jedoch ist ebenfalls zu vermerken, dass nicht die

gesamten 93,6% der Befragten auch der Gruppe beigetreten sind, sondern lediglich 45,6% die

Möglichkeit hatten, sich in der Gruppe aktiv zu beteiligen. Ebenfalls ist klar, dass nie alle

Gruppenmitglieder tatsächlich aktiv werden, sondern dass sich ein Großteil aus Diskussionen

raushält. Demzufolge ist auch diese Zahl nur quantitativ zu bewerten. Wenn man jedoch

betrachtet, dass lediglich 4% der Jugendlichen ihr Verhalten nicht geändert haben und sich

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4% enthalten, dann sind die restlichen 92% dem Teil der Jugendlichen zuzuschreiben, die

entweder auch vorher schon gegen Cybermobbing waren oder, und das ist eine sehr großer

Teil (87%), ihr Verhalten positiv angepasst haben. Der Aktion kann also durchaus Erfolg

zugesprochen werden, jedoch ist ein wesentlicher Punkt bei Aktionen dieser Art, dass sie

nicht vergessen werden oder abgehakt werden sollten, sondern immer wieder möglichst

abgeändert wiederholt werden müssen. Die Themen sind immer wieder wichtig und müssen

immer wieder behandelt werden.

Bei der Betrachtung der Aktion fällt also auf, dass zwar die Nachfrage enorm groß ist, jedoch

die Umsetzung nicht optimal gelungen ist. Man betrachte das folgende Szenario, dass ein

User eine konkrete Frage zum Cybermobbing hat. Stellt er die Frage in das Forum, so ist es

nicht garantiert, und bei der Fülle an Einträgen nicht mal wahrscheinlich, dass er eine

konkrete Antwort auf seine Frage bekommt. Selbst wenn er eine Antwort bekommt, stellt es

sich sehr schwierig dar eine Diskussion zu führen, da einfach zu viele Einträge zwischendurch

gepostet werden. Auch ist es so, dass auf eine solch große Gruppe lediglich fünf Moderatoren,

also professionelle (im besten Falle) Pädagogen kommen, die auf Fragen antworten. Diese

fünf Personen haben im „schuelerVZ“ jedoch auch noch andere Aufgaben und es fällt schwer

zu glauben, dass sie mit der selbst bestätigten Flut an Anfragen zu Recht kommen. Ein

weiterer Kritikpunkt ist bei der Vergabe des „Respekt im Netz“-Stempels zu finden. Es ist für

einige User unwichtig womit sich diese Aktion beschäftigt, sie finden es lediglich „cool“

einen solchen Stempel auf ihrem Profil zu haben und treten deswegen in die Gruppe ein. Der

Stempel kann also als positiv und negativ bewertet werden. Er ist zwar gut, um einen Anreiz

zu schaffen in die Gruppe einzutreten, ihn jedoch ohne jegliche Reflexion oder Kontrolle an

alle User zu verteilen ist nicht konsequent durchdacht.

Medienkompetenz im alltäglichen Geschäft

Nachdem nun die Kampagnen beschrieben und bewertet wurden, wird im Folgenden

beschrieben, was „schuelerVZ“ in ihrem System der Online-Community integriert hat, um

sozusagen im „täglichen Geschäft“ Medienkompetenz zu fördern. Aus Sicht von

„schuelerVZ“ untergliedert sich der Begriff Medienkompetenz in zwei Dimensionen, die eine

ist die technische Unterdimension und die andere ist das Wissen über das Medium und seine

Gefahren und Chancen. Die erste Unterdimension sei nicht explizit zu fördern, da die meisten

User die Technik recht schnell verstehen würden und intuitiv bedienen würden, entsprechend

der Vorstellung von „Digital Natives“. Jedoch sei die zweite Unterdimension besonders zu

beachten, da hier eklatante Schwächen bei den Usern zu erkennen seien, was sich im

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unbedachten Umgang mit dem Medium Internet und speziell mit „schuelerVZ“ zeige. Die

User seien nicht in der Lage einzuschätzen, ob, welche und wie viele Fotos hochgeladen

werden sollten, oder inwiefern ein locker gemeinter Spruch, auf der „Pinnwand“ eines

anderen, als Mobbing zu betrachten ist. Nach der oben beschriebenen Definition nach Baacke,

fehlt es also gerade in den ersten beiden Dimensionen an Grundkompetenzen. Die User sind

also nur bedingt medienkritikfähig und medienkundig, mit all ihren Unterdimensionen. Um

diesen Missstand stetig zu bekämpfen, wurden nun folgende Konzepte im System integriert.

Schon bei der Registrierung wird dem User beiläufig erklärt, wie er sein Passwort zu

konzipieren hat, dass es ein sicheres Passwort ist. Es wird also erläutert, dass es möglichst aus

Ziffern und Buchstaben bestehen sollte, dass es jedoch keine persönlichen Daten, wie

Geburtsdatum, Name oder Adresse enthalten sollte und das es möglichst nicht zu kurz sein

sollte.

Als weitere verwirklichte Möglichkeit der Förderung von Medienkompetenz, geht

„schuelerVZ“ den Weg der Bereitstellung und Vermittlung von Information für Eltern oder

auch Lehrer. In dieser Rubrik, die auch auf der Internetseite verknüpft ist, werden Materialien

bereitgestellt, mit denen Lehrer und Schüler arbeiten können, die sich mit dem Thema

„sinnvoller Umgang mit dem Internet und Online-Communities“ beschäftigen. Hier werden

also Materialien, die sowohl den Schüler als auch den Lehrer weiterbilden sollen. Auch in der

Schule oder zu Hause beschäftigen sich Schüler mit dem Internet, und somit haben auch die

Lehrer und Eltern, aus der Sicht von „schuelerVZ“, die Pflicht in dieser Hinsicht aufzuklären.

Da das Thema der Vermittlung jedoch nicht vollkommen von der Plattform abgespalten

werden kann, da sie selbst im Mittelpunkt der Betrachtung steht, wird die Vorbereitung und

die Informationsbeschaffung erleichtert. So werden außerdem falsche Informationen

verhindert, da sie direkt vom Anbieter kommen. Ein Unterpunkt dieser Rubrik ist, dass jeder

der sich mit dem Thema beschäftigt, auch Fragen stellen kann. Hier wurden schon einige

häufig gefragte Fragen im Voraus beantwortet, jedoch kann man auch direkt mit

„schuelerVZ“ in Kontakt treten und so Probleme oder Fragen, die man bezüglich Bedienung,

Handhabung oder anderen kompetenzfördernden Themen hat, stellen.

Ein letzter Aspekt, der der Wahrung der Persönlichkeitsrechte dient, ist der Fakt, dass

„schuelerVZ“ keine vollkommen offene Community ist. Andere Communities, wie

„facebook“ oder auch „studiVZ“ sind offene Communities, bei denen sich jeder, der einen

Internetzugang hat, registrieren kann. „SchuelerVZ“ hingegen arbeitet mit einer

Einladungsfunktion, das heißt, dass man nur Teil der Community werden kann, wenn man

von einem bereits registriertem Mitglied eine Einladung erhalten hat. Da der Grundgedanke

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dieser Community ist, eine Community für Schüler zu sein, sollten der Theorie nach auch nur

Schüler oder Mitarbeiter registrierte Mitglieder sein. Der Grund für diese Einschränkung ist,

im Kontext der Ausarbeitung, nun der Interessante. Der User von „schuelerVZ“ ist

gleichzeitig angehalten und in der Erwartung, dass seine Privatsphäre, bezogen auf Schüler

und Angestellte, gewahrt wird. Ein medienkompetenter User geht nicht davon aus, dass diese

Community ein „abgeschlossener Raum“ für Schüler ist und somit sein Verhalten

vollkommen unbeobachtet bleibt. Dazu ist jedoch die erwähnte Unterdimension der

Medienkritikfähigkeit und Medienkunde nötig. An dieser Stelle wird also eine gewisse

Medienkompetenz vorausgesetzt, die eher beiläufig oder gar nicht vermittelt wird.

Visualisierung des Verhaltenskodex

Ein weiteres Konzept ist die Idee von einem Verhaltenskodex, der neben den AGB der

Selbstkontrolle dienen soll. Der Verhaltenskodex besteht aus 13 Regeln, die von allen Usern

von „schuelerVZ“ geachtet und gewahrt werden sollen. Auf einer „schuelerVZ“-Tagung

wurden sie sogar als „heimliche AGB“ bezeichnet. Diese Regeln sind wesentlich weniger

förmlich als AGB, betreffen zumeist den Umgang untereinander, sind aber genauso bindend,

wie AGB und können bei Missachtung ebenso einen Ausschluss aus der Community zur

Folge haben. Beispiele für Regeln aus dem Verhaltenskodex sind unter anderem:

Regel 1. „Respektiere die anderen Nutzer“,

Regel 9. „Erst Fragen, dann hochladen“

Regel 13. „Halte die AGBs ein“

Dies sind einige Regeln, die alle User von „schuelerVZ“ bei der Registrierung zu akzeptieren

haben. Des Weiteren werden diese Regel auch nicht, wie üblich AGB dem User komplett

vorgelegt und mit einem Haken bestätigt, sondern bei der Registrierung muss jede Regel

einzeln angesehen und weitergeklickt werden, was sicher stellt, dass sich der neue User

zumindest die Regel angesehen haben muss. Ein weiterer wichtiger Aspekt, der die Regeln

des Verhaltenskodex kennzeichnet, ist ihre Darstellung. Im letzten Jahr wurde ein

Wettbewerb ins Leben gerufen, der die User von „schuelerVZ“ aufrief, die Regeln des

Verhaltenskodex in kurzen Videosequenzen zu verfilmen und zu verdeutlichen, um was es in

der jeweiligen Regel geht. Diese Aktion fand enormen Zuspruch und hatte zur Folge, dass die

Regeln nun mit einem zusätzlichen Video hinterlegt sind, die den Sinn die Regel

verdeutlichen. Daraus resultieren gleich mehrere positive Effekte. Zum Einen identifizieren

sich die User mit den Regeln, da sie sie selbst mit erstellt haben, sie verinnerlichen also den

Sinn der Regel und sind in Form des Videos auf der Internetseite von „schuelerVZ“ als Teil

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der Aktion und als Teil von „schuelerVZ“ präsent. Zum Anderen werden die Regeln kreativ

gestaltet und sind dadurch wesentlich interessanter für den Betrachter. Gerade für

Jugendliche, also die Zielgruppe der Community, ist es spannender ein humorvolles Video

anzusehen, als lediglich den Wortlaut einer Regel zu lesen. Im Sinne der zu vermittelnden

Medienkompetenz werden ebenfalls gleich mehrere Kanäle mit dieser Aktion angesprochen.

Es wird technische Kompetenz bei der Erstellung und Veröffentlichung des Videos verlangt.

Die Regel, die meist einen medienkritischen oder medienkundigen Hintergrund hat, wird bei

der Erstellung des Videos von den Teilnehmern der Aktion durchdrungen und verinnerlicht

und das gleiche gilt für die Betrachtung der Videos, die ein Bewusstsein für die Regel und

ihren Sinn induziert. Der Erfolg dieser Aktion ist zwar nicht in einer Umfrage oder Studie

gemessen worden, jedoch kann man auch hier quantitative Erfolgsmerkmale feststellen. Die

einzelnen Videos wurden bis zu 700.000 Mal nach ihrer Veröffentlichung aufgerufen und für

das Projekt gab es etwa 1000 Teilnehmer, die Videos erstellt haben, was für die Aktion

durchaus als Erfolg gewertet werden kann. Der Verhaltenskodex ist jedoch nicht

ausschließlich bei der Registrierung zu betrachten, sondern kann jederzeit, auch von nicht

registrierten Besuchern der Webseite aufgerufen und betrachtet werden. Ähnliche Aktionen

gehören auch zum Programm zur Sensibilisierung und Medienkompetenzförderung von

„schuelerVZ“, die jetzt jedoch nicht alle im Einzelnen erläutern werden. Dazu gehören

Aktionen wie „Netz gegen Nazis“ oder „Stay Gold“, die sich mit Themen wie

Rechtsextremismus und Alkoholmissbrauch beschäftigen.

Was bei der Auswertung des Projektes zur Visualisierung des Verhaltenskodex jedoch

bemängelt werden kann ist, dass die User bei der Erstellung der Videos und bei der

Integration in das Internet vollkommen allein gelassen wurden. Die Idee war also wieder gut,

jedoch die Durchführung war zum Teil mangelhaft. Die User wurden nicht geschult, wie man

ein Video erstellt oder wie man ein Video im Anschluss online stellt. Denkbar wäre ein

Workshop in diversen Städten Deutschlands gewesen, in denen solche Fertigkeiten geschult

worden wären. Nebenbei hätte man bei solchen Workshops auch auf die eigene Arbeit

aufmerksam machen können und Präsenz zeigen können. Was aus Sicht von „schuelerVZ“

sicherlich auch ein Gewinn war, war dass die Filme für „schuelerVZ“ bis auf geringe

Einbindungskosten eine kostenlose und zugleich gute Werbung darstellten. Eine weitere

Verbesserungsmöglichkeit wäre gewesen, „schuelerVZ“ auch mit anderen Plattformen aus

dem Community-Bereich zu vergleichen. Dabei entsteht sowohl ein Risiko als auch eine

Chance. Das Risiko, welches aus Sicht von „schuelerVZ“ wohl vorherrschend war ist, dass

somit einige User zur Konkurrenz wechseln könnten. Auf der anderen Seite entsteht auch

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riesiges Chancenpotential. Wenn die User reflektieren und kritisch andere und auch die eigene

Plattform betrachten, wird ihnen auffallen, dass sie auf keiner anderen Plattform so gut

geschult oder zumindest animiert werden, wie auf „schuelerVZ“. Das heißt also die User

identifizieren sich mit der eigenen Plattform, bauen ein besseres Verhältnis dazu auf und

trennen sich somit schwerer, was durchaus als Ziel von „schuelerVZ“ verfolgenswert wäre.

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4. Zusammenfassung und Schlussfolgerung

In den vergangenen Kapiteln wurde also der Medienkompetenzbegriff als Konzept mit den

Dimensionen der Medienkritik, Medienkunde, Mediennutzung und Mediengestaltung

definiert und medienpädagogische Projekte und Kampagnen vorgestellt. Bei der Recherche zu

den Projekten war dabei festzustellen, dass es viele verschieden Projekte gibt, von denen viele

immer wieder in der Praxis erfolgreich durchgeführt werden. Die neuen Medien verlangen

jedoch, aufgrund ihrer rasanten Entwicklung, eine ebenso rasante Entwicklung der Forschung

und Ideen, wie man das Verständnis zu den Medien schulen und fördern kann. Dabei

entspricht die Annahme, dass die so genannten „Digital Natives“ von Natur aus

medienkompetent mit den neuen Medien umgehen können, keinesfalls der Realität.

Beobachtet man Erzeugnisse dieser Entwicklung, wie beispielsweise im Web 2.0 Online-

Communities wie „schuelerVZ“, so stellt man fest, dass auch hier die als kompetent

angenommenen Jugendlichen erheblichen Förderungsbedarf, im Bereich der

Medienkompetenz, haben. „SchuelerVZ“ versucht mit einigen Projekten, Ideen und

Konzepten seine Aufgabe wahrzunehmen, diesen Förderungsbedarf zu bedienen. Im letzten

Kapitel soll jedoch hinterfragt werden, ob diese Konzepte ausreichend sind, beziehungsweise

sollen Ansatzpunkte für die Weiterentwicklung der bereits bestehenden und sicherlich guten

Ideen und Konzepten gefunden werden.

Wenn man die Konzepte, die „schuelerVZ“ anbietet zusammenfasst fällt auf, dass hier jeweils

sehr gute Ansätze und Ideen gefunden und zum Teil auch verwirklicht wurden. Die in die

Webseite integrierte und „versteckte“ Vermittlungen von Medienkompetenz, wie zum

Beispiel die Schulung der Passwortgenerierung, sollen an dieser Stelle jedoch nicht

Angriffspunkte von Kritik sein. Jedoch bei der Analyse der Projekte und Integrierung von

Kampagnen fällt folgendes doch sehr eklatant auf. „SchuelerVZ“ bietet hier jeweils nur die

Ansätze und denkt diese Ansätze nicht konsequent bis zum Ende durch. Es werden keine

Schulungen oder Nachbetrachtungen angeboten, sondern immer „nur“ die Idee aufbereitet

und veröffentlicht. An dieser Stelle kann man sich fragen, was dabei dahinter steckt. In der

Unterwasserwelt ist der Kraken für seine hohe Intelligenz bekannt. Ihm werden Gefäße mit

Fressen ins Aquarium gestellt und dann wird abgewartet. Der Kraken schafft es innerhalb

kürzester Zeit das Gefäß zu öffnen und an das Futter zu gelangen. Dieser Ansatz wird auch

von manchen Pädagogen verfolgt und wird oft sehr plakativ als „Wachsen an den Aufgaben“

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bezeichnet. Dieser sehr konstruktivistische Ansatz wird ebenfalls an einigen Schulformen

verfolgt und führt dort auch zum Teil zum Erfolg(vgl. Montessori, Waldorf). Es werden also

dem Schüler Aufgaben gegeben, deren Lösung er auf entdeckende Weise herausfinden soll.

Ich denke, dass dieser Ansatz des entdeckenden Lernens sicherlich sehr hilfreich zum tiefen

und auch interessanten Lernen ist, jedoch ist gerade im Bereich der Reflexion der Lehrer oder

ein überwachendes Organ nicht zu ersetzen. Somit sollte „schuelerVZ“ gerade bei der

Nachbearbeitung solcher Projekte vermehrt aktiv werden, wie es beispielsweise beim Projekt

„Erzählkultur“ getan wurde. Professor Dr. Rolf Schulmeister, angesehener Pädagoge, der an

der Universität Hamburg tätig ist, charakterisiert gutes Lernen in vier Punkten. Gutes lernen

erfordere eine Intentionalität, es soll also der Sinn und Zweck des Lerngegenstandes klar

erkennbar sein. Dieser Punkt wird zweifellos von allen beschriebenen Projekten erfüllt. Des

Weiteren wird die Reflexion als Voraussetzung für nachhaltiges Lernen beschrieben, denn

ohne nachträgliche Reflexion kann bei Projekten, die oftmals auf das „Lernen nebenbei“

abzielen, die Intention nicht immer erkannt werden. Ein weiterer Punkt sei die Kontextualität,

die bedeutet, dass jedem klar sein muss, dass der Gegenstand nicht des Lernens oder des

Gegenstands willens gelernt wird, sondern dass der Gegenstand einen tatsächlich auch im

Leben oder auch in der Ausbildung weiterbringt. Auch dieser Aspekt wird aufgrund der

naturgegebenen Aktualität von vielen (Teil-)Projekten erfüllt. Im letzten Punkt weiche ich ein

wenig von Schulmeisters Auffassung zum Nachhaltigen Lernen ab, der auch das

Wahrnehmen als Lernen als Voraussetzung deklariert. Aus seiner Sicht ist es wichtig, dass

man also Lernen als Lernen wahrnimmt. Ich denke aber, das wiederspricht der Sichtweise,

dass Projektlernen oftmals „nebenbei“ passiert und dass man spielerisch lernt, und somit den

Lerngegenstand nicht als solchen wahrnimmt. Meine Kritik daran begründet sich auch darin,

dass oftmals das Wort „Lernen“ an sich schon negativ vorbelastet ist. Weiß ein Schüler, dass

er etwas lernen soll, so werden ihm automatisch seine früheren Erlebnisse mit dem Lernen

bewusst und gerade bei misserfolgsorientierten Schülern, wie sie zahlreich an Förder-,

Gesamt- aber auch höheren Schulen existieren, kann dies zu Demotivation führen. Bei den

betrachteten Projekten wird dieser Aspekt ebenfalls nicht eingebunden, was meine

Ausführungen bestärkt.

Kommt man nun also zurück zur Ausgangsfrage, wie Medienkompetenz im Internet gefördert

wird und wie dies teilweise umgesetzt wird, ergibt sich folgendes. Es gibt zahlreiche Projekte,

die den Umgang mit den neuen Medien erfolgreich fördern und zahlreich angewendet werden.

„SchuelerVZ“ als die größte Community im Jugendbereich verfolgt gute Ansätze, sollte

jedoch gerade den Bereich der Reflexion weiter ausweiten, auch wenn das der Bereich mit

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dem größten, auch finanziellen, Aufwand ist. Die rasante Entwicklung, wie sie unter anderem

die ARD/ZDF-Online Studien und die JIM-Studien belegen, sollte aufzeigen, dass auch die

Projekte immer weiterentwickelt werden müssen, um die „Digital Natives“ zu kompetenten

„Digital Natives“ zu erziehen und somit zu sichern, dass deren Zukunft nicht durch

Rechtfertigungen von ausgelassenen Fotos oder durch die Behandlung von Mobbingfolgen

bestimmt wird. Die neuen Medien bieten allen Nutzern ein unglaublich großes Potential an

Chancen. Es gibt aber auch große Hindernisse, die es gilt zu erkennen, zu verstehen und dann

zu nutzen und einzureißen,

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5. Referenzen

Medienkompetenz und Medienpädagogische Projekte:

Baacke, Dieter: Medienkompetenz. Tübingen, Niemeyer Verlag 1997

Bildungskommission NRW: Zukunft der Bildung. Schule der Zukunft. Neuwied, Kriftel,

Berlin 1995

Bund-Länder-Kommission für Bildungsplanung und Forschungsförderung: Medienerziehung

in der Schule - Orientierungsrahmen. Bonn 1995

Kultusministerkonferenz: Medienpädagogik in der Schule. Bonn 1995

Kultusministerkonferenz: Neue Medien und Telekommunikation im Bildungswesen. Bonn

1997

Landesinstitut für Schule und Weiterbildung (Hg.): Evaluation der Weiterbildung. Gutachten.

Soest/Bönen 1997

Landesinstitut für Schule und Weiterbildung (Hg.): Jahrbuch des Landesinstituts 1997. Auf

dem Weg zu einer integrierten Medienbildung. Beispiele und Beiträge aus dem

Landesinstitut, Soest/Bönen 1997

Landesinstitut für Schule und Weiterbildung (Hg.): Kompetent für/durch Medien. Impulse für

die Weiterbildung. Soest 1998

Baacke, D. u.a. (Hrsg), Handbuch Medien: Medienkompetenz - Modelle und Projekte, Bonn

(Bundeszentrale für politische Bildung) 1999

Medien:

http://www1.bpb.de/popup/popup_lemmata.html?guid=R009C6

Studien:

JIM-Studie 2008, Jugend, Information, (Multi-) Media

JIM-Studie 2009, Jugend, Information, (Multi-) Media

ARD/ZDF-Onlinestudien 1998 – 2009

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Bilder:

Abbildung 1: http://www.teachsam.de/medien/medienpaed/medienpaed_proj_1.htm

Abbildung 2: http://ecx.images-

amazon.com/images/I/51VME9JYW7L._SL500_AA240_.jpg

Abbildung 3: http://www.watchyourweb.de/m1745829865_456.html

Abbildung 4: http://buraklopez.com/images/logo_schuelerVZ.jpg

Abbildung 5: "schuelerVZ"-Umfrage „Sensibilisierungsangebote im schuelerVZ“; Basis: sinnvolle Antworten (n = 550)

Projekte, Kampagnen und andere analysierte Objekte:

http://www.surfen-zum-job.de/content/projects/index.cfm/isskey.90/arc.0

http://www.dieterbaackepreis.de/preis/preistraeger/index.php

Erzählkultur: http://www.greta.jff.de/faf/index.php?id=153

watch your web: http://www.watchyourweb.de

SchuelerVZ: http://www.schuelerVZ.net

Vortrag:

„PLE zwischen Alltäglichem und Besonderem: Was konstituiert eigentlich eine

LERNumgebung?“ von Prof. Dr. Rolf Schulmeister (Universität Hamburg) auf der

Fachtagung: „Wie Handys, Notebooks und persönliche Netzwerke das Lernen verändern“ am

13.03.2009