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Medienkultur 2 Prof. Oliver Curdt Audiovisuelle Medien HdM Stuttgart Jazz

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Prof. Oliver CurdtAudiovisuelle MedienHdM Stuttgart

Jazz

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Jazz: vereinfachte Epochenübersicht

um 1900: Worksongs, Gospel und Blues1920 - 1930: New Orleans, Dixieland1930 - 1940: Swing, Big Band1940 - 1950: Be Bop (z. B. Charlie Parker)

erste Kunstform des Jazz, bis dahin nur Unterhaltung, Gebrauchsmusik / Tanzmusikkonzertante Musik

1950 - 1960: Cool Jazz, MainstreamBeispiel für Cool Jazz: „Birth of the Cool“ von Miles Davis

1960 - ... : Free Jazz, Hard Bop1970 - ... : Rock Jazz

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Wurzeln des Jazz

hauptsächlich westafrikanische Kultur, Jazz als Folge von Sklaverei und kultureller Enteignung

Ende der Sklaverei gegen Mitte des 19. Jh.

religiöse Versammlungen, „ring shouts“

in den abgesonderten Kirchen der Zeit nach dem Bürgerkrieg

Quelle: John Fordham: Jazz (Geschichte, Instrumente, Musiker, Aufnahmen);

Christian Verlag, 1994, München

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Wurzeln des Jazz

westafrikanische Musik: Rhythmus dominiert über Melodie und Harmonik

Bedeutung von Trommel-Ensembles2 gegen 3 (Rhythmus)Feeling „Swing“ (Nordamerika) und „Latin“ (Lateinamerika, Salsa, Clave) aus afrikanischer Polyrhythmik entwickelt„Laid back“-Timing: „hinten“ am Schlag spielen

z. B. Blues Brothers: Minnie the MoocherDizzi Gillespie Latin in Jazzmusik integriert60er Jahre Bossanova (Song for my father), Latinwelle in Amerika

Quelle: John Fordham: Jazz (Geschichte, Instrumente, Musiker, Aufnahmen);

Christian Verlag, 1994, München

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Wurzeln des Jazz

Besonderheiten von afrikanischen SprachenTonhöhe und Sprachmelodie gleichbedeutend wie Vokabular⇒ Feinheiten im Klang, neu für europäische Musiktradition

FalsettgesangBiegen und Anschleifen von Tönen (⇔ Reinheit klass. Gesang)

G. Gershwin: Rhapsodie in BlueUraufführung am 12.02.1924, Aeolian-Hall, New YorkEuropäische Musik mit Jazzeinflüssen

Quelle: John Fordham: Jazz (Geschichte, Instrumente, Musiker, Aufnahmen);

Christian Verlag, 1994, München

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Jazz / Worksongs

wichtige Quelle der Strukturen des frühen Jazz

ansteckende Rhythmen

Gesänge der Schwarzen bei der Arbeit Felder / Tabak- und BaumwollplantagenEisenbahnbauHäfenVerbesserung von Arbeitsleistung und Stimmung

Ruf-Antwort-Muster (call & response)Vorsänger & antwortende Menge

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Jazz / Worksongs

Quelle: John Fordham: Jazz (Geschichte, Instrumente, Musiker, Aufnahmen); Christian Verlag, 1994, München

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call & response

beliebt in der Kirche (⇒ „Blues Brothers“)

theatralische Einlagen bewirken größeren Zulauf

Aktualisierung der Psalmen durch flexible afrikanische Intonation

mitreißender Rhythmus / Beat

„lining out“-Technik: Gemeinde wiederholt alle zwei oder drei Zeilen die Worte des Predigers⇒ besserer Zugang zu Analphabeten⇒ beliebtes Prinzip in der gesamten Jazzmusik

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Jazz / Worksongs

einfache Mittel:GesangFußstampfenKlatschenKörperpercussionKlappern von Hämmern und Spitzhacken

„Shanty“: „Worksong“ der „schwarzen“ Seeleute

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Jazz / Blues

im späten 19. Jh. noch offene Formflexibler Umgang mit der Dauer von Takten und Akkorden

bei den ersten Veröffentlichungen 1915 bereits harmonischer 12-taktige Form mit drei Akkorden

Bluesschema in C: CCCC FFCC GFCCBluesskala mit BluenotesFats Waller: St. Louis Blues

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Jazz / Blues

afrikanisches Timbre

kurzer Boom in den 20er und frühen 30er Jahren

Entwicklung des Rock and Roll in der 50er Jahren aus dem Blues

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Jazz / Gospel

kirchliche Chorgesänge der Schwarzen

Spiritual: langsame Variante der afroamerikanischen Kirchenmusik

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Ragtime

Modeerscheinung im letzten Jahrzehnt des 19. Jh.

„ragged time“ = zerrissene Zeit

technisch anspruchsvolle KlaviermusikPendelbass in der linken Hand (two-beat-Rhythmus)virtuose Melodie in der rechte Hand mit Akzenten zwischen den Taktzählzeiten optimistische Musik mit relativ wenig Ausdruckskraftmarschähnliche Rhythmik der linken Hand wichtig für Entwicklung des Stride-Piano-Stils der 20er und 30er Jahre

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Ragtime

Jerry Roll Morton: Carolina Shout

Scott Joplin: Maple Leaf Rag

Scott Joplin: The Entertainer

Popularität lässt im 2. Jahrzehnt des 20. Jh. nach

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Jazz / New Orleans, Dixie

New Orleans: kein Lokalstil !!! weiter verbreitet, aber erst in New Orleans populär gewordensehr erfolgreiches Jazzkonzert im „Reisenweber`s“- Restaurant am New Yorker Columbus Circle

zunächst fremdartiger KlangTanzbare Musik, bereits nach 2 Wochen äußerst populär

Fats Waller: Yellow Dog Blues

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Jazz / New Orleans, Dixie

erste Jazz-Schallplatte (Original Dixieland Jazz Band):Livery Stable Blues & Original Dixieland One Step1 Mio. verkaufte Exemplare !!!

überwiegend schwarze Musiker aus den Südstaatenweit verbreitetes Vorurteil der weißen wohlhabenden Bevölkerung: gute Musik nur in Konzertsälen, nicht in Clubs oder Bordellen

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Jazz / New Orleans, Dixie

Buddy Bolden (Trompete): bereits 1905 Vorbild für eine ganze Generation von Musikern in New OrleansBandbesetzung: Kornett, Klarinette, Ventilposaune, Gitarre, Kontrabass, SchlagzeugMusikstil: Mischung populärer Tänze, rauhe Ensemble-Version des Ragtime und des Blues

Musik der schwarzen Arbeiterklasse, Spiel nach Gehör, Improvisation

The Original Jelly Roll Blues (1926)Georgia Swing 1920's

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Jazz / New Orleans, Dixie

in New Orleans: Weiße verdrängen die schwarze Bevölkerung aus den eleganten Wohnvierteln und Arbeitsplätzen

gebildete kreolische Musiker (farbige Nachkommen franz. und spanischer Siedler) lernen den Blues und Improvisation in „uptown“ kennen

hauptsächlich Blaskapellenbillige Militärkapelleninstrumente nach Ende des Bürgerkrieges und Auflösung der TruppenBedarf durch Wohlstand und wachsende BevölkerungMusik auf Beerdigungsfeiern („O when the saints“)nach Zeremonie auf dem Friedhof folgt wilder Umzug zurück in die Stadt

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Jazz / New Orleans, Dixie

Joe „King“ Oliver (Trompete) : Creole Jazz Band (1918 in Chicago)Louis Armstrong (Trompete): von „King“ Oliver nach Chicago geholtJerry Roll Morton (Klavier)Sidney Bechet (Saxophon)

Blüte des New-Orleans-Jazz in ChicagoFlucht vor Plantagen, Baumwollmanufakturen und Rassismus im Süden (z. B. Louisiana)⇒ boomende Industrie im Norden Amerikas: Hochöfen, Holzindustrie und FabrikenOriginal Dixieland Jazz Band 1916 von New Orleans nach Chicago

Quelle: John Fordham: Jazz (Geschichte, Instrumente, Musiker, Aufnahmen); Christian Verlag, 1994, München

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Jazz / New Orleans, Chicago

Prohibition: 1920 Gesetz zum Alkoholverbot⇒ Alkoholschmuggel-Kriminalität⇒ viele Gangster in der 20er Jahren in Chicago⇒ Untergrundnetzwerk sogenannter „speakeasies“⇒ Musik in Clubs mit kontrolliertem Alkoholausschank

Jazz im wesentlichen Ensemblemusik: Improvisation eher in Form von Ornamentenspontane neue Melodien erst durch Louis Armstrong⇒ Improvisationen über längere Strecken, konstruiert

wie kleine Erzählungen

Quelle: John Fordham: Jazz (Geschichte, Instrumente, Musiker, Aufnahmen); Christian Verlag, 1994, München

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Jazz / New Orleans, Chicago

großer Erfolg auch bei weißen Fans (z. B. Benny Goodman)⇒ Entwicklung einen frischen, leichten, swingenden

Jazzform [„Chicago Jazz“]⇒ wichtig für die späteren Stilrichtungen „Swing“ und

„Mainstream“

neue Stadtverwaltung in Chicago setzt Gangstern schwer zu und schließt deren Lokale⇒ deutlich weniger Auftrittsmöglichkeiten für Musiker

⇒ New York löst Chicago als Jazz-Metropole ab

Quelle: John Fordham: Jazz (Geschichte, Instrumente, Musiker, Aufnahmen); Christian Verlag, 1994, München

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Jazz / Big Band / Swing

Krisenjahr 1929

landesweiter Rundfunk als Konkurrenz zur Schallplattenindustrie

nach der Krise neues Publikum, neue Musik⇒ Big-Band-Swing

vorherrschend in der populären Musik ab etwa 1935schnellere, „glattere“, kraftvollere Musik als New-Orleans-Stilaufwendige Arrangements mit brillanten SolistenZielgruppe: junges tanzbegeistertes Tanzpublikum

Quelle: John Fordham: Jazz (Geschichte, Instrumente, Musiker, Aufnahmen); Christian Verlag, 1994, München

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Big Band / Swing

Ella Fitzgerald & Count Basie Big BandHoneysuckle Rose

professionelle Tanzmusik Klangbeispiele:

Benny Goodman: Dixieland BandBenny Goodman: Alexanders Ragtime Band Duke Ellington: Cotton TailGlenn Miller: Moonlight SerenadeGlenn Miller: In the moodDave Brubeck: Take five

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Be Bop

Charlie Parker (sax)„Ornithology“ (1953)meistimitierter Saxofonist

Dizzy Gillespie (tp)meistimitierter Trompeter

Gegenreaktion auf Swing und Tanzmusikerste Kunstform des Jazzwirkt etwas hektischkomplizierte Harmonik und Rhythmik

Dizzy Gillespie

Quelle: John Fordham: Jazz (Geschichte, Instrumente, Musiker, Aufnahmen); Christian Verlag, 1994, München

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Be Bop

Quelle: John Fordham: Jazz (Geschichte, Instrumente, Musiker, Aufnahmen);

Christian Verlag, 1994, München

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Hard Bop

Stil des „Hard Bop“Entwicklung aus dem Bebop und Cool Jazz, Horace Silver (Pianist) als Wegbereiter

„Song for my father“ (1963) ⇒ Hard Bop / Soul Wurzeln in den expressiven Klängen der schwarzen Kirche und des Bluesnicht weit von Blues und Gospel entfernt, Vorbote des Free JazzEntwicklung des Soul Jazz aus dem Hard Bop

noch stärkere Betonung repetierter Blues-MotiveGospelartiger Ensembleklangmitreißender RhythmusRay Charles

Moanin` (1958) [Art Blakey (Drums) and the Jazz Messengers]

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Hard Bop / Hammondorgel

Hammondorgel als Bindeglied zur KircheJimmy Smith als einer der spektakulärsten Jazz-Organisten

Hammondorgel: Lieblingsinstrument der Souljazzer der 50er Jahrekräftige Bässedurchdringende Höhenvokal gehaltener Ton

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Hammondorgel

Quelle: John Fordham: Jazz (Geschichte, Instrumente, Musiker, Aufnahmen);

Christian Verlag, 1994, München

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Hammondorgel

Mechanismus mit rotierenden tone-wheels (1935)Verwendung durch Fats Waller im Jahr 1939Jimmy Smith als bekanntester InterpretLeslielautsprecher: rotierender Reflektor erzeugt Vibrato im Klang

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Hammondorgel

LeslieTieftöner im unteren Teil des Gehäuses, „Gesicht“nach unten – auf einer akustischen Schnecke mit zwei Austrittsschlitzen in 180°Hörner im oberen Teil auf einer Scheibe, ebenfalls in 180°Riemenantrieb mit zwei Geschwindigkeitsstufen

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Mainstream

zeitlich zwischen Be Bop und Hard BopMiles Davis (tp), Charlie Parker (sax)

Miles Davis: “Well, you needn`t“ (1956)Joseph Kosma: „Autumn Leaves“ (1950)

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Cool Jazz

Charlie Parker (sax)Dizzy Gillespie (tp)Miles Davis (tp):

„Boplicity“ aus „Birth of the Cool“„Rouge“ aus „Birth of the Cool“

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Free Jazz

Übergang: traditionelle ⇒ freie Spielweise

John Coltrane: „Compassion“ (1965)

Quelle: John Fordham: Jazz (Geschichte, Instrumente, Musiker, Aufnahmen);

Christian Verlag, 1994, München

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Free Jazz

Ornette Coleman Double Quartet (1960)

„Free Jazz“

Quelle: John Fordham: Jazz (Geschichte, Instrumente, Musiker, Aufnahmen);

Christian Verlag, 1994, München

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Rock Jazz

Rock Jazz / Übergang ⇒ FusionVerwendung elektronischer Tasteninstrumente aus der RockmusikElectric Piano (Chick Corea, Herbie Hancock)

Miles Davis (Trumpet): „Shhh/Peaceful“ (1969)

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Miles Davis

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Miles Davis

„Walkin“„Miles ahead“