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Das Magazin der VNG-Gruppe 02 | 2013 mediumgas IM FOKUS: Die Baustel- len der Energiewende und die Möglichkeiten, die Erdgas bietet.

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Magazin der VNG-Gruppe, Im Focus die Baustellen der Energiewende und die Möglichkeiten, die Erdgas bietet

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Das Magazin der VNG-Gruppe

02 | 2013

mediumgas

Im Fokus: Die Baustel-len der Energiewende und die möglichkeiten,

die Erdgas bietet.

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20 Wissen LNG bald die Nummer 1 unter den

Schiffstreibstoffen?Verflüssigtes Erdgas erfüllt alle Umweltanforder­ungen. Die LNG­Infrastruktur soll deshalb ausge­baut werden. Doch noch scheuen viele Reedereien allerdings die Investitionen.

24 PORTRÄT Ein sauberes Klima in der Zigarrenstadt

Die Energie­ und Wasserversorgung Bünde vereint Tradition und Moderne.

28 HauPTsTadTgesPRÄcH „Wir brauchen tragfähige politische

Beschlüsse und mehr Planungssicherheit für die Akteure.“VKU­Hauptgeschäftsführer Hans­Joachim Reck über die Energiewende, die Förderung Erneuerbarer Ener­gien und die anstehende Bundestagswahl.

Impressum

medium gas Das Magazin der VNG­Gruppe | 21. Jahrgang | Ausgabe 2 | August 2013 | VNG – Verbundnetz Gas Aktiengesellschaft | Braunstraße 7 | 04347 Leipzig Postfach 24 12 63 | 04332 Leipzig | Telefon +49 341 443­0 | Fax +49 341 443­2770 | www.vng.de | Redaktion Unternehmenskommunikation | Verantwortliche Redakteurin Mandy Nickel | Telefon +49 341 443­2045 | [email protected] | Auflage 4.300 | Gestaltung, Herstellung, Reproduktion Militzer & Kollegen GmbH Druck Werbe­ & Sofortdruck GmbH, Leipzig | Fotos atzebadekappe/fotolia (S. 11), Bianca Backert, Lutz Knoch, Stefan Militzer (S. 1–2, S. 12–17, S. 32), Brunsbüttel Ports GmbH (S. 22), Dirk Brzoska (S. 2, S. 31), Christoph Busse (S. 31), Kristina Denhof (S. 7), Gazprom (S. 4, S. 5), Michael Handelmann (S. 3), Wolfram S. C. Heidenreich (S. 18), Linde AG (S. 2, S. 21), HHM/Michael Lindner (S. 22), Fabian Mechtel (S. 10, S. 11), Photok.dk/fotolia (S. 31 ) Werner Schuering (S. 29), shocky/fotolia (S. 8), ŠKODA Auto (S. 10, S. 11), Uni Rostock (S. 8)

04 MaRKTBLicK Erdgas ist noch lange verfügbar! | Gaz­

prom rechnet mit steigendem Verbrauch in Europa | Erdgas­Marketing­Verband gegründet | Nachbes­serungen bei KWK gefordert | IT­Systeme automati­sieren Meldepflichten | Die Kombination macht’s | Gasmotor auf’m Acker | Kommunalwirtschaft Ost ge­winnt an Bedeutung | Mit Herzenswärme unterwegs | Geschafft! Mit weniger als 100 Euro durch Europa

TiTeLTHeMa auf dem richtigen Weg?

die Baustellen der energiewende | das erdgas-Paradox12

Baustelle Energiewende.

INHALT

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in wenigen Tagen wird ein neuer Bundestag gewählt. Er wird sich in der kommenden Legislaturperiode mit einer Vielzahl von wegweisenden Themen beschäftigen müssen. Eines davon ist die weitere Ausge­staltung der Energiewende. Dabei geht es vor allem darum, wie die deutsche Energieversorgung zukünftig sicher bleibt und die häufig volatilen Erneuerbaren und die konventionellen Energien – darunter auch Erdgas – zusammengeführt werden. Dass dies mit den jeweils wirtschaftlichsten und versorgungs­sichersten Mitteln erfolgen sollte und dass die Investitionssicherheit dabei gestärkt werden müsse, das haben die Energiebranche und die Industrieverbände in den vergangenen Monaten deutlich gemacht und damit auch Gehör in der Politik gefunden.

medium gas geht in dieser Ausgabe der Frage nach, wie der politische (Energiewende)­Rahmen in Deutschland aussieht, in welche Richtung er – insbesondere nach der Wahl – steuern könnte und wel­che Chancen ein wettbewerbsbestimmter Energiemarkt für den Erfolg der Energiewende bietet. Unsere Heftgestaltung mit LEGO® steht symbolisch dafür, dass noch nicht alle Bausteine für die zukünftige deutsche Energieversorgung zusammenpassen.

Im Hauptstadtgespräch erklärt Hans­Joachim Reck vom Verband kommunaler Unternehmen, wie er sich einen neuen Energiemarkt in Deutschland vorstellt.

Im direkten Zusammenhang mit der Energiewende steht auch unser Wissensbeitrag. Wir haben uns an­geschaut, wie ein mit verflüssigtem Erdgas betriebenes Tankschiff funktioniert und welche Perspektiven der umweltfreundliche Treibstoff für eine saubere, zukunftsweisende Schifffahrt hat.

Übrigens: Mit den LEGO®-Figuren aus unserem Titelbeitrag spielen jetzt die Kinder im Leipziger Straßen­kinder e. V. Der Verein unterstützt obdachlose und von Obdachlosigkeit bedrohte Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene und bietet ihnen eine Zufluchtsmöglichkeit.

Ich wünsche Ihnen viel Spaß bei der Lektüre.

Ihr Bernhard Kaltefleiter

Liebe Leserinnen und Leser,

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Im Jahr 2012 wurden 24 Prozent des Welt­energiebedarfes durch Erdgas gedeckt – so viel wie noch nie. Noch vor wenigen Jahren wurde diskutiert, ob die Erdgasreserven langfristig ausreichen, um den wachsen­den Bedarf zu decken. Diese Sorge hat sich als unbegründet erwiesen. Denn durch die Industrialisierung der Schwel­lenländer und dem damit verbundenen Hunger nach Energie wurden weitere Res­sourcen erschlossen. Die nachgewiesenen Gasreserven sind dadurch weltweit in den letzten zehn Jahren um rund 20 Prozent

gestiegen. In den USA betrug der Anstieg aufgrund der Erschließung großer Schiefer­gasvorkommen sogar 60 Prozent.

Die Bundesanstalt für Geowissenschaf­ten und Rohstoffe schätzt die globalen Erd­gasreserven auf 191 Billionen Kubikmeter. Die Angaben anderer Quellen (z. B. BP, IEA) bewegen sich in vergleichbaren Größen­ordnungen. Bezogen auf den Verbrauch 2012 würden allein die Reserven rund 60 Jahre für die Versorgung reichen. Als Re­serven bezeichnet man nachgewiesene, zu heutigen Preisen und mit heutiger Technik

ErDGas ist Noch LaNGE VErfüGbar!

ASIEN und AUSTRALIEN

168

EUROPA

421

17

112GUS­STAATEN

61

LATEINAMERIKA

8

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AFRIKA

15

70

NORDAMERIKA

101

10

NAHOST

80

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Reserven2030 Ressourcen2010

die weltweiten erdgasreserven reichen für rund 60 Jahre, die Ressourcen sogar für rund 175 Jahre. (in Billionen m3)

wirtschaftlich gewinnbare Mengen. Um ein Vielfaches höher sind die Erdgasressour­cen, also jene Mengen, die schon nach­gewiesen, aber heute technisch oder wirtschaftlich (noch) nicht gewinnbar sind. Hier wird von einer Reichweite von rund 175 Jahren ausgegangen.

Interessant ist übrigens auch die Ent­wicklung der Erdgasproduktion in den kommenden Jahren. Große Zuwächse in der Erdgasförderung werden u. a. für die USA, den Iran, Katar, Australien und China prognostiziert.

Quelle: BGR 2012Quelle: IEA, World Energy Outlook, Nov. 2012, „New Policies Scenario“

die erdgasproduktion wird weltweit zunehmen – außer in europa (in Milliarden m3)

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AUCNQAEU IRUSA

604

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180 20

4 264

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Zukunft ERDGAS e. V.

Erdgas-Powerriegelwww.zukunft­erdgas.info

… verfügt über 18 % der Welterdgasvorräte und 72 % der russischen Erd­gasvorräte.

… hat eine Gesamtförderkapazität von ca. 600 Mrd. m3/Jahr.… hat sein Ferngasleitungsnetz auf 168.300 km ausgebaut.… ist nicht nur größter russischer Erdgas­ und Erdölproduzent, sondern

auch der größte Stromerzeuger im Land.... hat seit 1973 über eine Billion m³ Erdgas nach Deutschland geliefert,

davon rund 250 Mrd. m³ an VNG.

Russischer Produzent veröffentlicht Jahreszahlen und betont dabei die Wichtigkeit des europäischen Marktes.

Im vergangenen Jahr hat der russische Gaslieferant Gazprom rund 139 Mrd. m3 Erdgas nach Europa gelie­fert. Die Menge entspricht rund einem Viertel des eu­ropäischen Gasverbrauchs. Die größten Abnehmer sind Deutschland (34 Mrd. m3) und Italien (15 Mrd. m3). Für das laufende Jahr rechnet Gazprom zudem mit einem steigenden Verbrauch in Europa. Bereits im ersten Halbjahr 2013, so Gazprom, wären zehn Prozent mehr Erdgas geliefert worden. Weil Europa nach wie vor Gazproms Hauptexportmarkt ist und auch bleiben soll, ist das Unternehmen bestrebt, die Förderung und die Infrastruktur weiter auszubau­en. Große Anstrengungen setzt Gazprom dabei vor allem in den Ausbau von Förderkapazitäten in den Regionen Jakutsk, Irkutsk und Sachalin. Das neueste Leitungsprojekt ist die im Bau befindliche South Stream, die ab 2015 Gas durch das Schwarze Meer bis nach Italien transportieren soll. Außerdem erwei­tert Gazprom nach eigenen Aussagen auch die Spei­cherkapazitäten in den europäischen Märkten. Bis 2015 wolle das Unternehmen hier rund 4,9 Mrd. m3

Speicherkapazitäten vorhalten.

GazproM rEchNEt Mit stEiGENDEM VErbrauch iN Europa

Die Erdgaswirtschaft hat einen neu­en Verband gegründet. Der Zukunft ERDGAS e. V. mit Sitz in Berlin soll Erd­gas als zukunftsfähigen Energieträger gegenüber „Meinungsbildnern und der Politik sowie den Eigenheimbe­sitzern“ positionieren. Bisher wurden diese Marketing­Aktivitäten unter der Produkt­ und Systemkampagne und der Initiative ERDGAS pro Umwelt (IEU) verantwortet. Zu den Gründungsmit­gliedern gehören 35 Unternehmen der Erdgaswirtschaft. Auch VNG ist Mit­glied im neuen Verband und stellt mit seinem Vorstand Prof. Dr. Klaus­Dieter Barbknecht einen der stellvertreten­den Vorsitzenden des Aufsichtsrates.

ErDGas-MarkEtiNG-VErbaND GEGrüNDEtDie Heizgeräteindustrie und das Hand­werk unterstützen die neue Initiative als Partner, ebenso der deutsche Ener­giebranchenverband BDEW. Timm Kehler, der Sprecher der Geschäftsfüh­rung des neuen Verbandes, betonte, wie wichtig es sei, Erdgas als effizien­

ten und kostengünstigen Energieträger für die Energiewende zu kommunizie­ren und dabei eben auch eine Debatte um die Wärmewende zu führen. Der Verband solle diese Aufgabe künftig übernehmen.

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GAZPROM ...

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Ab 2014 müssen Unternehmen im Ener­giesektor ihre Handelstransaktionen umfangreicher als bisher offenlegen. Grund sind die europäischen Verord­nungen EMIR und REMIT. Die damit ver­bundenen Meldepflichten betreffen ins­besondere den außerbörslichen Handel mit Finanzderivaten. So müssen unter EMIR beispielsweise die bisher im „Over­the­Counter“­Handel getätigten Trans­aktionen besichert abgewickelt und an zentrale Transaktionsregister gemeldet werden. Um diese Datenübermittlung durchzuführen, benötigen die Unter­nehmen vor allem IT­Systeme, welche die Schnittstellen zum Transaktionsregister herstellen. „Unternehmen müssen kon­tinuierlich die Handelsdaten aller Deri­vatekontrakte melden, das sind extrem hohe Anforderungen an ein IT­System. Eine Vielzahl von Quellen und eine Viel­zahl von Empfängern können dabei zu

it-systEME autoMatisiErEN MELDEpfLichtEN

unklaren Meldungen, Fehlmeldungen, Verzug bei Meldungen oder völliger Verletzung von Meldepflichten führen“, erklärt Helge Andrä vom IT­Dienstleister ECG. Das Unternehmen – eine VNG­Toch­ter – hat dafür eine eigene IT­Lösung zur Erfüllung der Meldepflichten entwickelt. Diese sammelt alle meldepflichtigen Da­ten aus der bestehenden IT­Landschaft eines Unternehmens, aggregiert sie in ei­ner Melde­ und Reportingdatenbank und schickt sie dann zentral an verschiedene Empfänger in den jeweils geforderten Da­tenformaten. „Die Software gewährleis­tet eine nachhaltige Konformität mit den Regulierungsvorgaben, weil sie in ihrer Architektur sehr flexibel und anpassbar ist. Außerdem archiviert sie alle Daten­ströme und gewährleistet jederzeit die Nachvollziehbarkeit der Meldeprozes­se“, so Andrä weiter. Übrigens: ECG ar­beitet auch an der IT­Umsetzung für die

so genannte REMIT­Verordnung. Diese Verordnung soll Marktmanipulationen und Insiderhandel durch ebenso umfang­reiche Meldepflichten vorbeugen und überwachen. Somit müssen auch hier Unternehmens­ und Transaktionsdaten zu allen Strom­ und Gasverträgen zu­künftig an die EU­Regulierungsbehörde ACER oder eine von ACER benannte Trans­parenzplattform übermittelt werden. Al­lerdings fehlen derzeit auf europäischer Ebene noch entsprechende Vorschriften, die die technischen Standards für die Da­tenübertragung definieren.

Meldepflichtige Daten MTS Transparency Meldedatenbank Transaktionsregister

Informationen zur technischen Umset­

zung von EMIR auf www.ecg­leipzig.de

MTS

KWK­Anlagen könnten bis zu 25 Prozent der für das Jahr 2050 in Deutschland prognostizierten CO2­Emissionen einsparen. Zu dem Ergebnis kommt eine Studie, die der Energiebundesver­band BDEW und der Energieeffizienzverband für Wärme, Kälte und KWK (AGFW) in Auftrag gegeben haben. Zudem könne laut Studie der Anteil von KWK an der steuerbaren Stromer­zeugung im gleichen Jahr bei 63 Prozent liegen und der Anteil von Erdgas in KWK­Anlagen von derzeit rund 50 auf 75 Prozent steigen. Mikro­ und Mini­BHKW­Anlagen hätten ein Potenzial

NachbesseRuNgeN bei KWK gefoRdeRt

von zehn Prozent am Heizungsmarkt. Um die Möglichkeiten von KWK für die Energiewende auch auszuschöpfen, schlagen beide Verbände zahlreiche Änderungen der energiewirtschaft­lichen Rahmenbedingungen vor. So müssten unter anderem der Emissionshandel belebt, die Zuschläge im KWK­Gesetz überprüft und die Förderung von Wärme­ und Kältenetzen bzw. Speichern verbessert werden. Bei der Kraft­Wärme­Kopplung wird gleichzeitig Strom und Wärme erzeugt, was zu einer sehr effizienten Brennstoffnutzung führt.

europäische Verordnungen ReMit und eMiR verlangen nach intelligenten it-Lösungen.

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DiE koMbiNatioN Macht’s

Trakehner Pferde stammen ur­sprünglich aus Ostpreußen. Die Anfänge der Zucht gehen bis ins 13. Jahrhundert zurück. Die Pfer­de eigenen sich für alle Arten des Reitsports, werden jedoch vor allem beim Vielseitigkeits­reiten eingesetzt. Der Pferde­hof in Gordemitz vor den Toren Leipzigs hat sich auf die Zucht und die Reitausbildung der Vollblut­Rasse spezialisiert.www.trakehnerhof-gordemitz.de

InfO

Text Stephan Thomas (HTWK)

Steigende Strompreise – die bringen Florian Müller auf den Trakehner­Pfer­

dehof Gordemitz nahe Leipzig nicht zum Schwitzen. Florian Müller ist Forschungs­projektingenieur der HTWK Leipzig und setzt auf dem Pferdehof ein Projekt um, mit dessen Hilfe aus Erneuerbaren Energi­en und moderner BHKW­Technik steigen­de Stromkosten abgefedert werden kön­nen. Unter Leitung von Professor Michael Kubessa arbeitet er an einem System, das auf einen Mix aus Kraft­Wärme­Kopplung (KWK) auf Erdgasbasis, Solarenergie und einer intelligenten Steuerung setzt.

„Momentan installieren wir die Hard­ware – bestehend aus Photovoltaik­panels sowie einer innovativen Kraft­Wärme­Kopplung, um die Strom und Wärmeversorgung im Wohnhaus sicher­zustellen. Im zweiten Schritt werden dann ein für das Haus optimal ausgelegter Stromspeicher sowie ein intelligentes Energieerzeugermanagement eingebaut. Der hinterlegte Regelalgorithmus, der aus prognostizierten Verbrauchsdaten und

aktuellen Wetterdaten das Haus bedarfs­gerecht mit Wärme und Strom versorgt, wird dabei untersucht und optimiert“, so Florian Müller. Der Energie­ und Umwelt­techniker hat nach seinem Studium als Projekt­ und Entwicklungsingenieur in der Verpackungs­ und Biogasbranche gear­beitet. Er ist nun nach dreieinhalb Jahren wieder an „seine“ Hochschule zurückge­kommen. „Forschen ist abwechslungsrei­cher und mit meinen bisher gemachten Praxiserfahrungen ein Spielplatz für den technischen Geist“, sagt er.

Inhaber des Trakehnerhofes in Gorde­mitz ist Ulrich Buschmann: „Unser Hof verbraucht viel Energie. Das ist teuer, die Stromrechnung ist jeden Monat ein großer Batzen. Natürlich suchen wir da nach Alter­nativen. Deshalb habe ich dem Vorschlag, hier dieses Forschungsprojekt durchzufüh­ren, gleich zugestimmt: Sicher ist das mit Aufwand verbunden, aber sobald das Sys­tem funktioniert, produzieren wir genau die Menge an Strom, die wir benötigen, komplett selber“, so Ulrich Buschmann.

Buschmanns Hof wurde ausgewählt, weil schon wegen der Pferde immer je­

mand vor Ort ist und die Techniker so un­kompliziert 365 Tage im Jahr an die BHKW­Technik herankommen können. „Das ist jetzt in der Testphase besonders wichtig, um die Steuerung und das Zusammen­spiel der Komponenten so detailliert wie möglich auf das Verbrauchsprofil abzu­stimmen“, sagt Florian Müller. Die intelli­gente, selbstlernende Steuerung ist dabei das Herzstück des Projektes. Später soll sie „selbstlernend“ alleine funktionieren und den erzeugten Strom bedarfsgerecht an die Verbraucher im Haus verteilen oder zwischenspeichern.

Das Ziel des Forschungsprojektes ist ein dezentrales Energieversorgungssystem: „Die Anlage wird Erdgas und Solarenergie nutzen und damit Strom und Wärme pro­duzieren. Optimal wäre eine Energiever­sorgung ohne die Notwendigkeit, Strom aus dem öffentlichen Netz zu beziehen oder einzuspeisen. Denn wenn das Sys­tem sinnvoll eingestellt wird, kann der Kunde vielleicht eine fast 100­prozentige Eigenstromdeckung erreichen.“ so Prof. Kubessa.

HTWK-Wissenschaftler forschen zusammen mit Vng an einem Konzept zur dezentralen energieversorgung auf dem Trakehnerhof nahe Leipzig.

Florian Müller von der HTWK und Trakehnerhof­Inhaber Ulrich Buschmann

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sie forschen zurzeit an gas-motoren für die Landwirt-schaft. Wie steht es um das Projekt?Wir haben Ende März 2013 erstmals einen für die Land­wirtschaft bestimmten Gas­motor erfolgreich in Betrieb genommen. Das Projekt mit einer Laufzeit von zunächst zwei Jahren beinhaltet die anwendungsorientierte For­schung an einem monovalent betriebenen Gasmotor. Ziel ist es, die Motorenentwicklung und den Emissionsschutz auf

eine neue Stufe zu heben. Zur­zeit laufen erste Entwicklungs­schritte zur Optimierung des Gas­Brennverfahrens.

ab wann werden die ersten Traktoren auf den Äckern mit erdgas unterwegs sein?Wir erwarten, dass sich in den nächsten zehn Jahren erdgasbetriebene Traktoren in der Landwirtschaft etablieren werden, da mehrere Gründe für den Einsatz dieses umwelt­freundlichen und zugleich CO2­sparenden Kraftstoffes spre­chen. Das ist allerdings nur unsere Sicht als wissenschaft­liche Forschungseinrichtung.

erdgas-PKWs gibt es ja schon seit vielen Jahren. Warum noch keine erdgas-Traktoren?Die Besteuerung von Diesel unterliegt in der Landwirt­

stichwort

GASMOTOR AUF΄M ACKER

im ländlichen Raum. Es ist aber durchaus denkbar, dass irgendwann dezentrale Kom­pressorstationen entstehen, die an das bestehende Erd­gasnetz angebunden sind und das Erdgas aus der Leitung auf den vom Traktor benötigten Druck verdichten.

Wie viel Potenzial sehen sie für erdgas-Traktoren? Motoren im Erdgasbetrieb können gegenüber Diesel­ und Benzinmotoren eine CO2­Einsparung von bis zu 25 % erreichen, daher wird der Ein­satz dieses zukunftweisenden Kraftstoffes auch in der Land­wirtschaft zunehmend an Be­deutung gewinnen. Die Frage nach dem konkreten Potenzial können aber nur die Motoren­ und Fahrzeughersteller beant­worten.

schaft gewissen Ausnahme­tatbeständen, deshalb hatte Erdgas als Kraftstoff nur einen geringen betriebswirtschaft­lichen Anreiz. Hinzu kommt, dass sich die Erdgasspeiche­rung im Traktor aufwendiger gestaltet als beim PKW. Auf­grund der geführten CO2­Debatte und ambitionierter Schadstoffgrenzwerte – auch für off­road­Anwendungen – werden Erdgas und Bioerdgas aber im landwirtschaftlichen Umfeld zunehmend an Bedeu­tung gewinnen.

Wie werden die Traktoren ei-gentlich betankt?Im Regelfall haben die Trak­toren Gasdruckspeicher mit einem Speicherdruck von maximal 200 bar. Noch gibt es leider kaum Tankstellen für die CNG­Druckgasbetankung

ein Forschungsteam der Fakultät für Maschinenbau und schiffstechnik an der universität Rostock tüftelt gemeinsam mit der deutz ag aus Köln an gasmotoren für die Landwirtschaft. medium gas hat bei Prof. dr.-ing. Harndorf, dem Leiter des Lehrstuhls für Kolbenmaschinen und Verbrennungsmotoren nachgefragt.

In Rostock wird ein mo­novalentes Fahrzeug

erforscht, d. h. es wird aus­schließlich mit Erdgas oder Bioerdgas betrieben.

Das Projekt wird von der Deutschen Bundesstif­

tung Umwelt gefördert, um die Entwicklung und Umsetzung eines Gesamtkonzeptes für eine erdgas­ bzw. biomethan­betriebene Landmaschine ein­zuleiten.

InfO

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23 Jahre nach der Wiedervereinigung sind die ostdeutschen Kommunen noch immer wirtschaftlich strukturschwacher als ihre westdeutschen Pendants. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie vom Verbundnetz für kommunale Energie (VfkE). Trotz erheblicher Transferleistungen seien die wirtschaftlichen Unter­schiede zwischen Ost und West nach wie vor eklatant und hätten sich in den vergangenen zehn Jahren auch nicht verändert. In Ostdeutschland herrsche noch immer eine strukturschwache und von Westdeutschland abhängige Wirtschaft, die vor allem durch kleine, kommunale Unternehmen geprägt sei. Diese Unternehmen, darunter auch Stadtwerke und Kranken­

Im Frühjahr dieses Jahres hat das „Ver­bundnetz der Wärme“ erneut sechs eh­renamtlich tätige Männer und Frauen aus Ostdeutschland zu „Botschaftern der Wärme 2013“ ernannt. Sie stehen stellvertretend für die ehrenamtliche Tä­tigkeit in ihrem Bundesland und machen damit auf ein besseres gesellschaftli­ches Miteinander aufmerksam. Um das Interesse an den Botschaftern und deren Arbeit noch weiter zu erhöhen, wird es bis Jahresende in den Städten Berlin, Halle/Dessau, Neubrandenburg, Oelsnitz, Jena und Cottbus auch eine Wanderausstellung geben. Diese zeigt unter dem Motto „Engagement zeigt Gesicht“ eine Auswahl an Porträts aller Verbundnetz­Botschafter und soll auch dazu anregen, selber ehrenamtlich ak­tiv zu werden. Das „Verbundnetz der Wärme“ ist eine in Deutschland einma­lige Plattform, die das gemeinnützige Engagement fördert. Dem von VNG vor 12 Jahren initiierten Netzwerk gehören mittlerweile mehr als 200 Ehrenamtliche an. Schirmherr ist Bundestagsvizepräsi­dent Wolfgang Thierse.

www.verbundnetz-der-waerme.de

KoMMuNaLWiRtschaft ost geWiNNt aN bedeutuNg

Mit heRzeNsWäRMe uNteRWegs

häuser, hätten deshalb – so ein wichtiges Fazit des VfkE – für viele Menschen eine wichtige Funktion, zählen sie doch zu den größten Arbeitgebern überhaupt. Initiiert wurde die Studie vom VfkE, das vor zehn Jahren von ostdeutschen Kommunalpolitikern und VNG als kommunale Dialogplattform gegründet wurde und sich vorrangig mit der Wirtschaftstätigkeit von Kommunen in den neuen Ländern befasst. Für die Studie wurden Oberbürgermeister und Bürgermeister befragt. Zusätzlich zu diesem Stimmungsbild wurden ausgewählte volkswirtschaftliche Kenngrößen über einen Zeitraum von zehn Jahren analysiert.

www.vfke.org

THÜRINGEN

SACHSEN

HESSEN

BAYERN

SACHSEN-ANHALT

BRANDENBURG

MECKLENBURG-VORPOMMERN

BERLINBotschafterin Florence Klement gründete den

Verein Kulina, der junge Menschen über bewusste

Ernährung aufklärt.

OELSNITZBotschafter Daniel

Seltmann unterstützt die Freiwillige Feuerwehr in Oelsnitz und leitet die

Jugendgruppe.

JENABotschafterin Ulrike Eistert

engagiert sich für die Jenaer Bürgerstiftung

„Zwischenraum“.

NEUBRANDENBURGBotschafterin Ursula

Rutsch ist Vorsitzende im Verein „Neubrandenbur­

ger Volkschor“.

HALLEBotschafter Sven Weise ist Vorstand der Stiftung Marthahaus und Vorsit­

zender des Arbeitskreises Armut in Halle.

COTTBUSBotschafter Kay Haven­stein engagiert sich für Sport und Sozialarbeit,

u. a. bei der brandenburgi­schen Sportjugend.

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Gerhard Plattner (im Auto) beim Start zu seiner Rekordfahrt im

italienischen Vicenza.

Gerhard Plattner mit seinem ŠKODA Citigo und dem ŠKODA­Maskottchen Yeti in Berlin.

die gescHicHTeVon Italien nach Schweden mit dem Auto fahren, eine Woche dafür Zeit haben und nur 100 Euro Tankgeld ausgeben: Dieser Herausforderung stellte sich Ende Juli der Österreicher Gerhard Plattner. Mit seiner außergewöhnlichen Fahrt wollte er bewei­sen, dass die Erdgastechnologie nicht nur umweltschonend und effizient, sondern auch kostengünstig, zuverlässig und all­tagstauglich ist.

deR FaHReRGerhard Plattner ist ein ehemaliger öster­reichischer Langstrecken­Rennfahrer und gilt als offizieller Spritspar­Weltmeister. Im Guinness­Buch der Rekorde wird Plattner als „vielseitigster Autofahrer der Welt“ be­titelt. Er hat in den vergangenen 30 Jahren den Globus in der kürzesten Zeit und mit dem geringsten Verbrauch „umrundet“ und auch Europa mehrmals durchquert und dabei stets Strecken­ und Sparrekor­de aufgestellt. Für ihn zählt immer nur die Devise, ein Auto unter Idealbedingungen mit weniger als dem Normverbrauch ins Ziel zu bringen. Plattner ist 75 Jahre alt und lebt in Innsbruck.

die sTRecKe2.619 km lang war die Strecke, die Ger­hard Plattner von Vicenza (Italien) bis Stockholm (Schweden) zurückgelegt hat. Neun europäische Länder – Italien, Österreich, Ungarn, Slowakei, Tschechi­sche Republik, Polen, Deutschland, Dä­nemark und Schweden – hatte er dabei durchquert.

geschafft! Mit weniger als 100 Euro durch Europader Österreicher gerhard Plattner sorgte wieder für einen spritspar-Rekord. Mit einem erdgasbetrie-benen ŠKOda citigo cng fuhr er quer durch europa – mit weniger als 100 euro an Tankkosten.

MARKTBLICK

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Tankstopp an der VNG­T­Tankstelle in Berlin.

Gerhard Plattner hat es geschafft – nur 81,24 Euro

an Kraftstoffkosten hat der Österreicher für seine

Rekordfahrt mit dem erdgasbetriebenen ŠKODA

Citigo durch neun europäische Länder gebraucht.

das auTODer ŠKODA Citigo CNG ist ein Kleinwagen, der als Erdgasvariante seit 2013 auf dem Markt ist. Die beiden Tanks fassen 12 kg Erdgas und 10 Liter Benzin. Im Erdgas­betrieb reicht eine Tankfüllung für rund 380 km, im bivalenten Betrieb kommt der Wagen auf eine Gesamtreichweite von 600 km. Laut Hersteller liegt der Ver­brauch des Stadtflitzers bei 2,9 kg Erdgas pro 100 km. Gerhard Plattner hatte die­sen Durchschnittsverbrauch sogar noch unterboten.

deR sTOPP in BeRLinAuf seinem Weg nach Skandinavien hat Gerhard Plattner auch einen Tankstopp an der TOTAL­Tankstelle der VNG Erdgastank­stellen GmbH (VNG­T) in Berlin eingelegt. Die Tankstelle in der Berliner Chaussee­straße 61 war eine von 12 Tankstopps auf Plattners Strecke.

STOCKHOLM

BERLIN

WIEN

MLADá BOLESLAV

VICENZA

Ohne Gas an rote Ampeln heranrollen und den Motor ausmachen,

wenn man länger als 20 Sekunden stehen muss – das ist nur

einer der vielen Tipps von Spritsparweltmeister Gerhard Plattner.

2.619 km

9 Länder

100 € Tankgeld

JÖNKÖPING

die KOsTen100 Euro durfte Gerhard Plattner für sei­ne Rekordfahrt ausgeben – 81,24 Euro an Kraftstoffkosten hat er tatsächlich gebraucht. Am Ziel in Stockholm hatte er noch eine Restmenge Erdgas im Tank, die für weiter 300 Kilometer gereicht hätte. Insgesamt hat Plattner 62,66 Kilogramm Erdgas getankt – und damit nur 2,39 Ki­logramm pro 100 Kilometer verbraucht.

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Bei der Energiewende gibt es viele Baustellen. Die strompreise steigen, der Netzausbau hinkt hinterher, die sanierungsraten im Altbau gehen nicht nach oben, speicherkapazitäten fehlen. Ein Blick auf anstehende Aufgaben und mögliche Lösungen beim umbau der deutschen Energieversorgung.

A c h t u n g B a u s t e l l e !D e u t s c h l a n d b a u t d i e E n e r g i e v e r s o r g u n g u m .

TITEL

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R E F o R M D E S E R N E u E R B A R E -E N E R G I E N - G E S E T Z E S ( E E G )

Das Erneuerbare Energien­Gesetz gilt als das zentrale Ins­trument zur Gestaltung der Energiewende in Deutschland. Es trat im Jahr 2000 in Kraft und garantiert dem Ökostrom seither einen gesetzlich garantierten Einspeisevorrang so­wie eine staatliche Fixpreisvergütung. Was vor 13 Jahren als Starthilfe begann, droht jetzt die Grenzen des Energiemark­tes zu sprengen. In der Kritik stehen vor allem die steigende EEG­Umlage, die jeder Stromkunde zahlt, um den Ökostrom zu finanzieren sowie die wenig systemorientierte Förderung von Erneuerbaren. Mittlerweile herrscht Einigkeit darüber, dass das EEG schnellstmöglich reformiert werden muss. Die Bundesregierung, alle Oppositionsparteien und zahlreiche Verbände betonen seit Monaten die Notwendigkeit, die Förderung der Erneuerbaren Energien und das Strommarkt­design neu zu strukturieren. Im Kern geht es besonders darum, die Erzeuger von erneuerbarem Strom stärker an den Kosten des Netzausbaus zu beteiligen und den Aus­bau nur dort fortzuführen, wo auch Netze vorhanden sind oder zeitnah gebaut werden können. Gleichzeitig werden auch die Vergünstigungen der Industrie bei verschiedenen Strompreiskomponenten etwa den Netzentgelten oder der EEG­Umlage auf dem Prüfstand stehen. Das Thema hatte jüngst die EU­Kommission auf den Plan gerufen, die gerade prüft, ob die Netzentgeltbefreiung wettbewerbsrechtlich zulässig ist.

W ä R M E M A R K T

Allein 40 % des gesamten Energieverbrauches und rund ein Drittel der CO2­Emissionen in Deutschland entfallen auf Gebäude. Insofern hat der Wärmemarkt erhebliche Klima­schutzpotenziale und eine große Bedeutung für die Ener­giewende. Zwar hat die Bundesregierung das Ziel für den Wärmemarkt klar umrissen – 20 % weniger Wärmebedarf bis 2020 – allerdings konzentriert sich die Diskussion um die Energiewende fast ausschließlich auf den Strommarkt. Das Ergebnis: Die notwendige energetische Sanierung von Gebäuden und die Erneuerung von Heizanlagen kommt nur langsam voran. Die Modernisierungsquote im Heizungskel­ler liegt z. B. bei 3 % pro Jahr. Der Bundesindustrieverband Haus­, Energie­ und Umwelttechnik (BDH) fordert deshalb Impulse für den Wärmemarkt, mehr Markttransparenz und ein einfaches Anreizsystem, um den Austausch alter Heiz­anlagen zu beflügeln. Erdgastechnologien spielen dabei übrigens eine immer wichtigere Rolle: Sie könnten den CO2­Ausstoß um 45 Millionen Tonnen verringern – und das mit vergleichsweise geringen Kosten. Bei einer Innovationsof­fensive mit Erdgas im Wärmemarkt würden pro Tonne CO2 nur 30 Euro anfallen. Zum Vergleich: Bei Umsetzung des aktuellen Energiekonzepts der Bundesregierung (Gebäu­dedämmung plus Heizungstausch) müssten rund 120 €/t eingespartes CO2 investiert werden.

Wenn die EU die CO2-Emissionen kos-

tengünstig reduzieren wil l , geht kein Weg an Erdgas

vorbei .Wir haben das Ziel vor Augen.

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N E T Z A u S B A u S T R o M

Das derzeitige Grundproblem im Stromnetz ist die unaus­gewogene Verteilung von Angebot und Nachfrage bei der Stromerzeugung aus Erneuerbaren Energien. So wird zwar beispielsweise an der norddeutschen Küste ein Großteil des Windstroms erzeugt, gebraucht wird er aber vornehmlich in den Industriezentren im süddeutschen Raum. Bis 2022 sieht der von den Stromnetzbetreibern vorgestellte Netzentwick­lungsplan deshalb insgesamt 3.800 km neue Stromtrassen vor. Zusätzlich sollen rund 4.000 km bereits bestehende Leitungen aufgerüstet werden. Die Kosten liegen bei rund 20 Mrd. Euro. Wer diesen Kostenblock tragen soll, darüber wird aktuell noch diskutiert. Einigkeit besteht zumindest darin, dass sich die Erzeuger von Erneuerbaren Energien stärker am Netzausbau und den Kosten beteiligen müssen. Ein fer­tiges Konzept, wie diese Partizipation aussieht, gibt es indes noch nicht. Weitere Probleme im Netzausbau existieren bei der technischen Anbindung der Offshore­Windparks sowie

bei der Akzeptanz der Bürger für zusätzliche Freileitun­gen. Zumindest im Hinblick auf den zeitlichen Rückstand

beim Netzausbau konnte im April ein Fortschritt ver­meldet werden: Mit dem Beschleunigungsgesetz zum Netzausbau wurden die Planungs­ und Bauzeiten für

geplante Höchstspannungsleitungen erheblich verkürzt und damit der Ausbau

erleichtert.

E N E R G I E S P E I c H E R

Mit der Energiewende steigt die Notwendigkeit, Strom zu speichern um damit die Erzeugung der Erneuerbaren Ener­gien vom Verbrauch zeitlich zu entkoppeln. Schon heute kann der Strom in Batterien, in Druckluftspeichern und in Pumpspeicherkraftwerken (PSW) gespeichert und über meh­rere Stunden bereitgestellt werden. Das Volumen dieser Stromspeicher ist allerdings gering und die Erweiterungs­möglichkeiten, speziell für PSW, sind begrenzt. Die 30 deut­schen PSW verfügen beispielsweise nur über eine Kapazität von 0,076 TWh. Prognosen gehen jedoch davon aus, dass der Stromspeicherbedarf ab 2020 bei circa 20 TWh liegen dürfte. Eine Chance, dieses drängende Speicherproblem zu lösen, liegt in der Power­to­Gas­Technologie. Mit ihr wird der überschüssige Ökostrom zu Wasserstoff und synthe­tischem Erdgas umgewandelt. Beides kann anschließend in die vorhandene Gasinfrastruktur eingespeist werden. Danach kann die Energie wieder zur Stromerzeugung, als Brennstoff, Kraftstoff und Chemierohstoff genutzt werden. Rund 220 TWh Speichervolumen stellen allein die deutschen Erdgasspeicher bereit. Je nach Wirkungsgrad bei der Rück­verstromung entspricht das dem 1.500­fachen der derzei­tigen Stromspeicherkapazitäten. Die Technologie ist zwar vielversprechend, aber noch nicht marktreif. Derzeit wird in zahlreichen Pilotanlagen die technische und wirtschaftliche Umsetzbarkeit weiterentwickelt.

„Das Volumen der Erdgasinfra-struktur reicht , um Strom für

2 Monate vorzuhalten.“

Das deutsche Erdgasnetz

ist mit einer Gesamtlänge

von 470.000 km bereits

sehr gut ausgebaut.

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TITEL

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K R A F T W E R K E u N D S T R o M M A R K T -D E S I G N

Weil die Erzeugung von Strom aus Erneuerbaren Energien starken Schwankungen unterworfen ist, braucht es für eine sichere Energieversorgung auch ergänzende Erzeugungs­kapazitäten, so auch effiziente Gaskraftwerke. Viele dieser Anlagen können allerdings derzeit keine ausreichenden Deckungsbeiträge erwirtschaften, da sie wegen niedriger Preise für Importkohle und des Vorrangs der Erneuerba­ren immer schlechter ausgelastet sind. Der Energiebun­desverband BDEW warnt bereits seit langem davor, dass Bestandskraftwerke außer Betrieb gehen würden und Neubauinvestitionen nicht wirtschaftlich seien. Engpässe drohten spätestens ab 2017. Vor diesem Hintergrund wer­den aktuell verschiedene Modelle zur Sicherung der Netz­stabilität und Versorgungssicherheit diskutiert. Dabei wird unter anderem über sogenannte Kapazitätsmechanismen nachgedacht, die die Vorhaltung von Stromerzeugungska­pazitäten honorieren sollen. Die Europäische Kommission steht derartigen Regelungen auf rein nationaler Ebene al­lerdings skeptisch gegenüber.

E N E R G I E E F F I Z I E N Z

Die beste Energie ist die, die nicht gebraucht wird. Insofern ist das Thema Energieeffizienz ein ganz Entscheidendes für die Energiewende. Bis 2050 soll der Primärenergieverbrauch um 50 % gegenüber 2008 und der Stromverbrauch um 25 % ge­senkt werden. Deutschland setzt dafür auf ein marktbasiertes Energieeffizienzsystem mit Energieeinsparverordnung, Infor­mations­ und Beratungsangeboten sowie Förderprogrammen. Die Deutsche Energie­Agentur dena attestierte den Maß­nahmen bereits, dass sie grundsätzlich zielführend wären, aber noch erhebliches Potenzial bei der Energieeinsparung bestünde. Bis 2020 könne 15 % Energie gegenüber 2008 eingespart werden. Das größte Sparpotenzial liege im Wärme­markt, gefolgt vom Bereich Mobilität sowie Strom. Dena­Chef Stephan Kohler forderte in diesem Zusammenhang vor allem, die Informations­ und Beratungsprogramme zu vereinfachen und attraktive, verlässliche Rahmenbedingungen zu schaf­fen. Diese wären notwendig, damit die privaten Haushalte und Unternehmen weiter in Effizienzmaßnahmen investieren. Einen wesentlichen Beitrag zur Effizienzsteigerung würde übrigens die Modernisierung von Heizungsanlagen bringen. Moderne Heizsysteme – vor allem auf Erdgasbasis – haben sehr hohe Wirkungsgrad und eine hohe Umwelteffizienz. Alte Heizsysteme arbeiten dagegen meist ineffizient mit schlech­tem Wirkungsgrad, hohen Abstrahlverlusten und verursachen somit hohe Energiekosten und Emissionen.

„ D a g e h t n o c h w a s ! “Am Umbau der Versor-

gung wird gearbeitet . Bi t te haben Sie etwas

Geduld.

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I N V E S T I T I o N S B E D A R F

Der Umbau der deutschen Energiewirtschaft wird einen er­heblichen Investitionsbedarf auslösen. Die Bundesregierung spricht in ihren Szenarien zum Energiekonzept von bis zu 550 Mrd. Euro bis 2050, die unter anderem in neue Erzeu­geranlagen, den Ausbau der Netze und Speicher oder die energetische Sanierung von Gebäuden fließen müssen. Die Verantwortung für diese Investitionen liegt zum überwiegen­den Teil bei den Unternehmen. Die äußerten sich jedoch in jüngster Zeit sehr verhalten. BDI­Präsident Ulrich Grillo – immerhin Repräsentant von über 100.000 Unternehmen in Deutschland – etwa kritisierte, dass die Energiewende so wie sie bislang angegangen werde, zu steigenden Strom­preisen aber nicht zu mehr Klimaschutz führe. Das gefährde die Industrie und deren Investitionsbereitschaft. Er forderte eine „Neujustierung“ der Energiewende unter anderem mit bezahlbaren Energiepreisen und einer stärker marktwirt­schaftlichen Ausrichtung, die den Unternehmen ausreichend Luft zum Atmen ließe. Übrigens: Auch die Bundesregierung ist davon überzeugt, dass die Realisierung der energie­ und klimapolitischen Ziele soweit wie möglich dem Markt über­lassen werden müsse, da nur der Wettbewerb selbst die wirtschaftlichsten Maßnahmen zur Zielerreichung hervor­bringt. Wie konkret sich diese politische Zusage für mehr Wettbewerb in der weiteren Umsetzung der Energiewende auswirkt, bleibt jetzt abzuwarten.

M o B I L I TäT

30 % des deutschen Energieverbrauchs und 20 % des CO2­Ausstoßes entfallen auf Autos, Busse und Lastwagen. In­sofern ist der Mobilitätssektor ein entscheidender Bereich, um die angestrebten Klimaziele zu erreichen. Die EU unddie Bundesregierung fördern deshalb alternative Kraft­stoffe für PKW, LKW, den öffentlichen Nahverkehr und Schiffe, insbesondere mit Strom, Erdgas und Bioerdgas. Gleichzeitig setzen sie auf technische Innovationen, die den Verbrauch und die Abgas­Emissionen mindern. Trotz der Bemühungen von Politik und Wirtschaft kommen be­sonders die alternativen Kraftstoffe nicht in großem Maße voran. Mit knapp 100.000 Erdgasfahrzeugen und gut 900 Erdgastankstellen gehört Deutschland in Europa zwar zu den Vorreitern der Erdgasmobilität. Das Potenzial ist damit aber bei weitem nicht ausgereizt. Auch Elektro­ und Hy­bridfahrzeuge verzeichnen kein signifikantes Wachstum. Die Herausforderung für alternative Kraftstoffe dürfte vor allem darin liegen, die offensichtlichen Markteintrittsbar­rieren zu beseitigen. Erreichen könnte man das etwa durch Anreizsysteme für den Kauf der Fahrzeuge oder durch Steu­erbefreiungen. Letztere sind bei Erdgas als Kraftstoff bei­spielweise bis 2018 festgeschrieben, eine Verlängerung wird weiterhin angestrebt. Auch die kürzlich beschlossene Mobilitäts­ und Kraftstoffstrategie sieht übrigens diese Verlängerung der Steuerbefreiung vor.

„ M e i n A u t o i s t u m -w e l t f r e u n d l i c h e r a l s

e i n D i e s e l . “

TITEL

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D i e E n e r g i e w e n d e f u n k t i o n i e r t n u r m i t

d e n w i r t s c h a f t l i c h s t e n u n d v e r s o r g u n g s -

s i c h e r s t e n M i t t e l n !

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P R o j E K T M A N A G E M E N T

Als einer der Ersten schlug Klaus Töpfer, Ex­Umweltminister und ehemaliger Vorsitzender der Ethikkommission „Si­chere Energieversorgung“, einen Projektmanager für die Energiewende vor. Dieser sollte gegenüber Regierung und Bundestag verantwortlich sein und jährlich Bericht erstat­ten über den Fortschritt des Projektes. Töpfers Empfehlung von 2011 ist bis heute nicht umgesetzt und immer mehr Politiker, Unternehmen und Verbände üben auch deshalb harsche Kritik am Energiewende­Management. Eine zentra­le Koordination tue not, so der einheitliche Tenor, um die Abstimmung zwischen Bund, Ländern und Kommunen zu steuern und gegenüber der EU mit einer Stimme zu spre­chen. Wer diese Leitungsfunktion innehaben soll – ein eigens bestimmter Manager oder ein bestehendes oder neu zu schaffendes Ministerium – darüber wird derzeit noch debattiert. Der BDEW und der WWF haben indes eine gemeinsame Initiative vorgeschlagen, das „Nationale Fo­rum Energiewende“. Es soll auf Basis der Überlegungen der Ethikkommission als Plattform alle energiepolitischen Akteure zusammenbringen und den öffentlichen Energie­wende­Diskurs organisieren. Hier besteht die Herausfor­derung darin, dass sich die Initiative auch aussagekräftig positioniert und deren Forderungen von Legislative und Exekutive umgesetzt werden.

W E I T E R E V E R W E N D u N G . . .

Die LEGO®­Steine und Figuren, die wir für die Gestaltung un­seres Titelbeitrages genutzt haben, werden in keinem Archiv verstauben. Wir haben sie dem Leipziger Straßenkinder e. V. geschenkt. Der Verein unterstützt Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene, die in Obdachlosigkeit leben bzw. von Obdachlosigkeit bedroht sind.

www.strassenkinder-leipzig.de

G E W I N N S P I E L

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E n e r g i e w e n d e -M a n a g e r

g e s u c h t !

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... ist seit 2007 Professor für Volkswirt-schaftslehre an der Universität zu Köln sowie gleichzeitig geschäftsführender Direktor und Vorsitzender der Geschäfts-leitung des Energiewirtschaftlichen In-stituts an der Universität zu Köln (EWI). Er befasst sich mit Grundsatzfragen der Energiewirtschaft und Energiepolitik.

Prof. Dr. Marc Oliver Bettzüge ...

Das Erdgas-paradoxWarum die Subvention der Erneuerbaren Energien ausgerechnet den saubersten fossilen Energieträger verdrängt.

Gastbeitrag

Text Prof. Dr. Marc Oliver Bettzüge

Deutschland hat sich mit seiner „Energiewende“ das ehrgeizige

Ziel gesetzt, seine Stromversorgung langfristig nahezu vollständig auf Er­neuerbare Energien (EE) umzustellen. In der öffentlichen Diskussion über diese Transformation der deutschen Stromversorgung spielen Erdgaskraft­werke eine wichtige Rolle. Sie sollen als Back­up­Kraftwerke die Stromver­sorgung übernehmen, wenn Wind­ oder Solarkraftwerke witterungsbedingt nicht genügend Strom liefern. Erdgas­kraftwerke sind flexibel und im Ver­gleich zu anderen fossilen Kraftwerken CO2­arm. Damit gelten sie allgemein als idealer Partner für die volatilen Erneu­erbaren Energien. Tatsächlich positio­nieren sich beispielsweise ausländi­sche Erdgasunternehmen als „Partner der deutschen Energiewende“ und be­tonen die Bedeutung des Rohstoffes für die Zukunft der Energieversorgung.

In der Realität zeigt sich allerdings ein deutlich differenzierteres Bild. Trotz stetig steigendem Anteil der Er­neuerbaren Energien an der deutschen Stromversorgung ist die Verstromung von Erdgas in den letzten Jahren rück­läufig gewesen, von 87 TWh im Jahre 2010 auf 70 TWh in 2012. Gleichzei­tig drückt die marktferne Subvention von Wind und Solar den Börsenstrom­preis bereits heute in erheblichem Ausmaß. Dadurch gelingt es vor allem Gaskraftwerken nicht mehr, ausrei­

chend Volllaststunden zu erreichen und so genügend Deckungsbeiträge für ihren wirtschaftlichen Betrieb zu generieren. In der Folge werden auch modernste Gaskraftwerke entweder stillgelegt – wie dies beispielsweise GDF Suez in Frankreich angekündigt hat – oder müssen durch regulatorische Sondervereinbarungen am Netz gehal­ten werden – wie beispielsweise das Gaskraftwerk Irsching 5 bei München. Auch in den kommenden Jahren werden wachsende Anteile von Erneuerbaren Energien tendenziell mit weiter sinken­den Gasabsatzmengen im Stromsektor

einhergehen. Statt nach einer zunächst augenscheinlichen Symbiose sieht es also eher nach einem Konkurrenzver­hältnis zwischen Erdgas und den Erneu­erbaren aus.

Zwar ist die Überlegung richtig, dass in kostenoptimalen Szenarien für einen weiteren EE­Ausbau ab etwa 2020 vor allem schnell startende Gasturbinen die Absicherung der Erneuerbaren Energien übernehmen würden – in einer Studie für das Bundeswirtschaftsministerium aus dem Jahre 2012 beispielsweise nennt das EWI einen (theoretischen) Wert von 15 GW für das Jahr 2020 und weiteren 24 GW bis zum Jahre 2030. Aber diese Kraftwerke wären selbst in solchen Szenarien nicht besonders stark ausgelastet und würden somit auch nur geringe Mengen von Erdgas verbrauchen. Energiewirtschaftlich spricht man vom Unterschied zwischen Leistung (oder Kapazität) und Arbeit (oder Energie). Fluktuierende Erneu­erbare brauchen zur Absicherung viel Kapazität, doch diese Kapazität muss – bei der politischen Zielvorstellung eines hohen EE­Ziels – vergleichsweise wenig Energie liefern. Diese Energie wird der­zeit vor allem durch die CO2­intensive Braun­ und Steinkohle und nicht durch das sauberere Erdgas erbracht, weil Erdgaskraftwerke mit ihren höheren Grenzkosten bei den gegenwärtigen CO2­Preisen im Vergleich zu Kohle­kraftwerken nicht konkurrenzfähig sind. Bevor Erdgaskraftwerke zum Einsatz kommen, werden zunächst günstigere

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Das EWI wurde vor über 60 Jahren gegründet. Es untersucht vor allem, wie sich po-litische und wirtschaftliche Entscheidungen sowie technologische Entwicklungen auf die Märkte und Marktergebnisse auswirken. Das EWI hat sich zum Ziel gesetzt, zu einem der führenden europäischen forschungsinstitute, einem Think Tank für Energieökonomik, zu werden. www.ewi.uni-koeln.de

Energiewirtschaftliches Institut an der Universität zu Köln (EWI)

Kohlekraftwerke zur Deckung der Strom­nachfrage eingesetzt.

Wenn der CO2­Preis stiege, und da­mit der Abstand des Brennstoffpreises zwischen Kohle und Erdgas (Gas­Kohle­Spread) kleiner würde, könnte es zu ei­nem Brennstoffwechsel von Kohle zu Erdgas kommen. Betrachtet man nur den CO2­Preis wäre – in einer überschlä­gigen Rechnung – ein Emissionspreis von rund 25 €/t notwendig, um bei den derzeitigen Abständen der Brennstoff­preise einen Wechsel von einem durch­schnittlichen Steinkohlekraftwerk zu einem hocheffizienten GuD­Kraftwerk zu vollziehen. Tatsächlich liegt der CO2­Preis derzeit bei rund 4 €/t. Alternativ würden Gaskraftwerke natürlich auch von einer Verringerung des Gas­Kohle­Spreads in Europa profitieren, die der­zeit allerdings nicht absehbar ist.

Die aktuelle Renaissance der Koh­leverstromung wird gemeinhin als Klimasünde kritisiert. Dabei wird aber übersehen, dass mit der gestiegenen Kohleverstromung der CO2­Ausstoß in der EU nicht erhöht wird. Denn die ma­ximal verfügbare Menge an CO2­Emis­sionen wird durch das europäische Emissionshandelssystem (EU­ETS) ge­deckelt. Die starke Nutzung von Kohle ist, energiewirtschaftlich betrachtet, derzeit die effiziente Reaktion des Marktes auf die vorgegebene Emissi­onsgrenze – bei einer unerwarteten, durch die Wirtschaftskrise in Europa hervorgerufenen, Minderung der CO2­Emissionen und einem gleichzeitig

niedrigen relativen Kohlepreis. Aber auch die Förderung der Erneuerbaren spielt in diesen Zusammenhang hin­ein. Denn der staatlich verordnete Aus­bau der Erneuerbaren verdrängt zwar zunehmend fossile Kraftwerke, sorgt aber – wegen des EU­übergreifenden Deckels – nicht für eine entsprechen­de Verringerung der CO2­Emissionen. Die nichtverbrauchten Emissionsrechte gehen nicht verloren, sondern stehen Emittenten weiterhin zur Verfügung. In der Folge sinkt der Preis für CO2­Zertifi­kate, was wiederum den Wechsel von Kohle­ zu Erdgaskraftwerken (soge­nannter Fuel Switch) verhindert.

Ökonomisch betrachtet ist die Ko­existenz von EU­ETS und EE­Förderung fragwürdig. Denn der Brennstoffwech­sel von Kohle zu Gas ist die um ein Vielfaches günstigere CO2­Vermei­dungsoptionen im Vergleich zur Um­stellung auf Erneuerbare Energien. Eine Stärkung des EU­ETS bei gleichzeitigem Verzicht auf die Subventionierung von bestimmten, staatlich verordneten CO2­Vermeidungsoption würde also erheb­liche Effizienzpotenziale für die euro­päische Klimastrategie bergen. Dieser Zusammenhang gilt immer, auch wenn man politisch die Zertifikate weiter verknappen und damit den CO2­Preis erhöhen würde: Die technologiespe­zifische Privilegierung einer einzelnen Vermeidungsoption erhöht insgesamt die Vermeidungskosten.

Doch selbst wenn sich Brennstoff­ und CO2­Preise vorteilhaft für das Erd­

gas entwickeln sollten und damit einen Brennstoffwechsel weg von der Kohle einleiten könnten, würden Erdgaskraft­werke in einem EE­Ausbauszenario langfristig einen schrumpfenden Anteil am Strommarkt haben, insbesondere wenn unsere Nachbarländer gleich­zeitig an der Nutzung der Kernenergie festhalten.

Es ergibt sich also ein Paradox: Eu­ropa will die Emission von Treibhaus­gasen reduzieren und dabei eine im globalen Kontext wettbewerbsfähige Stromversorgung behalten, verzichtet dabei aber gleichzeitig weitgehend auf die kostengünstige Vermeidungsoption des Brennstoffwechsels hin zu Erdgas. Auch im Wärme­ und im Transportsek­tor stellt die Umstellung auf Erdgas eine wettbewerbsfähige CO2­Vermei­dungsoption dar, die zudem bereits kurzfristig umgesetzt werden könnte. Darüber hinaus würde eine solche Stra­tegie auch eine Infrastruktur sichern und entwickeln, die langfristig für den Einsatz von erneuerbar erzeugtem Gas von großer Bedeutung wäre. Ein starker, sektorübergreifender Emissi­onshandel würde diese effizienten CO2­Vermeidungsoptionen aktivieren, doch im öffentlichen Diskurs spielt der Energieträger Erdgas und die mit ihm verbundenen Chancen kaum eine Rol­le. Geht es in der Energiepolitik dann vielleicht doch weniger um die Gewähr­leistung von effizientem Klimaschutz, als viel mehr um die Verfolgung ganz anderer Ziele?

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keine Partikelemissionen

LNg bald die Nummer 1 unter den schiffstreibstoffen?Der flüssigerdgasmarkt zählt zu den spannendsten Wachs-tumsfeldern weltweit. nur als Schiffstreibstoff kommt das Liquefied natural Gas, kurz LnG genannt, noch nicht richtig in fahrt. Senkt die Internationale Seeschifffahrts-Organi-sation (IMO) 2015 die Grenzwerte für Schwefelemissionen in der nord- und Ostsee auf 0,1 Prozent, könnte dies jedoch eine rasante Entwicklung auf diesem Gebiet auslösen.

Text Claudia Koslowski

Die neuen ab 2015 geltenden Schwe­fel­ Grenzwerte zwingen die Reeder

dazu, mehr und mehr vom Schweröl und Diesel wegzukommen. Dabei gilt LNG als zukunftsfähige Alternative. Wird Erdgas bis auf seinen Siedepunkt bei minus 161,5 °C abgekühlt, geht es nicht nur in den flüssigen Zustand über, sondern schrumpft dabei auf ein Sechshun­dertstel seines Volumens – und das bei normalem Umgebungsdruck. So passt ein Kubikmeter Erdgas in eine 1,5­Liter­Thermosflasche. LNG ist eine ungiftige, glasklare und geruchlose Flüssigkeit. LNG­betriebene Schiffe werden zwar un­gefähr 10 Prozent teurer sein als Schiffe mit herkömmlichem Kraftstoff, die Inves­tition zahle sich jedoch laut der Klassifi­

kationsgesellschaft Det Norske Veritas (DNV) durch reduzierte Wartungskosten, einen geringeren Treibstoffverbrauch und günstigeren Kraftstoff über den gesamten Lebenszyklus eines Schif­fes aus. So dauere beispielsweise die Amortisationszeit nach der Installation von LNG­Antriebsmotoren auf einem Kurzstreckenschiff mit einem Leerge­wicht von 8.000 Tonnen nur zirka sechs Jahre – vorausgesetzt, das Schiff fährt nur in Gebiete, in denen die Schadstoff­grenzwerte für Schwefelemissionen von 0,1 Prozent verbindlich gelten.

Für Kapitän Jörg D. Stäussler, Dipl.­Wirtschaftsingenieur für Seeverkehr und Leiter der europäischen Energiema­nagementagentur (IEE), hat der Einsatz von LNG „dramatische Vorteile“: Keine Partikelemissionen, keine Schwefel­

dioxidemissionen, 80 Prozent weniger Stickstoffoxidemissionen, 25 Prozent weniger Treibhausgasemissionen. „LNG als Brennstoff ist die einzige Technolo­gie, die alle Anforderungen erfüllt. Bes­ser kann Klimaschutz nicht umgesetzt werden“, betont er. „Darüber hinaus sind LNG­angetriebene Schiffe leiser und haben einen deutlich geringeren Verschleiß. Ich erinnere mich an einen Besuch auf einem Fährschiff in der Nähe von Bergen. Dort zeigte mir der 1. Ingeni­eur voller Stolz den Peilstab für sein Mo­torenöl. Obwohl normalerweise gerade in der ersten Zeit nach Indienststellung eines Schiffes beziehungsweise Motors der größte Abrieb stattfindet und damit auch stark verschmutzt ist, war dieses Öl klar wie Bernstein. Beim Gasmotor kommen schlicht keine Verbrennungs­

WISSEN

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N

NONW

W

25 % weniger Treibhausgasemissionen

keine schwefeldioxidemissionen

80 % weniger stickstoffoxidemissionen

Kapitän Jörg D. Stäussler

„Besser kann Klimaschutz nicht umgesetzt werden.“

bestandteile ins Motorenöl.“ Gründe, weshalb LNG nur langsam zum Einsatz kommt, sieht er in der Wirtschaftskrise und in der anhaltenden Krise der Schiff­fahrt: „Dadurch werden wichtige Inves­titionen in umweltfreundliche Schiffe ausgebremst. Den Schiffseignern fehlt einfach das Kapital, um in alternative An­triebe zu investieren. Die Reeder haben Interesse, es gibt Pläne, aber bis etwas passiert, ist es ein langer Weg. Schuld am Engpass ist auch, dass viele Banken den Reedern keine Kredite mehr geben.“

Eine weitere Hürde für den LNG­Ein­satz ist die noch fehlende Infrastruktur in Deutschland. Die Vorreiterrolle hat Norwegen. Dort befüllen vier Bunker­stationen Seeschiffe mit LNG. Zehn wei­tere Hafenterminals sind entsprechend ausgelegt. Ende 2011 zählte die DNV in

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Die EU will bis 2050 den CO2­Ausstoß im Verkehrssektor um 60 Prozent sen­ken – und das mit einem Netzwerk aus alternativen Kraftstoffen. Neben dem PKW­ und LKW­Verkehr hat sie dafür auch die Schifffahrt ins Visier genom­men. In einem ersten Vorschlag für eine EU­Kraftstoffstrategie plant die EU 139 LNG­Tankstellen an vielen See­ und Binnenhäfen des transeuropäischen Verkehrsnetzes. Diese sollen bis spä­testens 2025 gebaut werden.

EU-WEITE LnG-InITIATIVE

LNg-VoRReiteR NoRWegeN25 LNG-BETRIEBENE SCHIFFE | LNG-TANKSTATIONEN AN 4 HÄFEN

In Brunsbüttel können Schiffe schon seit 2011 mit LNG betankt werden.

Kommt bald das LNG­Tanklager in den Hamburger Hafen?

WISSEN

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Norwegen bereits 25 LNG­betriebene Schiffe, darunter Fähren, Chemietanker, Patrouillenschiffe und Versorgungsschif­fe für Plattformen – ein schwimmender Beweis für die Zukunftsfähigkeit von LNG in der Seeschifffahrt. Außerhalb Norwegens entstehen kleinere Bunker­einheiten für LNG­Schiffe in den Termi­nals von Zeebrügge und Rotterdam. Der Betrieb läuft 2014 an. Darüber hinaus gibt es Pläne für kleinere LNG­Terminals mit einer Speicherkapazität von weniger als 100.000 Kubikmeter in Rostock, Go­thenburg und Turku (Finnland).

In Rostock soll das Tanklager für Flüs­sig­Erdgas im Seehafen gebaut werden. Arbeitsgruppen beraten derzeit techni­sche und organisatorische Fragen. Wenn alle Punkte geklärt sind, kann die LNG­Tankstelle bis Anfang 2016 den Betrieb aufnehmen. Noch offen ist, ob in Ros­tock kleine Tankschiffe oder Tanklastzü­ge den Kraftstoff zu den Frachtern und Fähren im Hafen bringen werden. Bevor das Gas verteilt werden kann, muss die Tankstelle selbst betankt werden. Das sollen LNG­Tanker übernehmen, die verflüssigtes Erdgas zum Beispiel aus Skandinavien oder Russland nach Ros­tock bringen.

Die im vergangenen Jahr gegründete Bomin Linde LNG GmbH & Co. KG plant ihr erstes Flüssiggasterminal zur Schiffs­betankung im Hamburger Hafen. Auf dem Gelände des im Hafen gelegenen Terminals der Marquard & Bahls Toch­ter Oiltanking werden bereits Wege zur Umsetzung eines LNG­Terminals unter genehmigungsrechtlichen Gesichts­punkten geprüft. Bomin Linde LNG sieht in diesem Projekt einen wesentlichen

Schritt für den raschen Ausbau einer LNG­Infrastruktur in vielen europäischen Häfen. „Es gilt, das Henne­Ei­Problem bei der Einführung eines neuen Treib­stoffs für die Schifffahrt in Europa zu lö­sen. Mit einem zuverlässigen Partner für die Bereitstellung von LNG als Treibstoff in strategisch wichtigen Häfen wird der Bau von Schiffen mit LNG­Antrieb deut­lichen Aufwind erfahren“, sagt Mahin­de Abeynaike, Geschäftsführer für den Infrastrukturaufbau und Finanzen bei Bomin Linde LNG. „Der Hamburger Hafen hat es sich zur Aufgabe gemacht, Wirt­schaft und Umweltschutz in Einklang zu bringen. Der Einsatz von LNG als Schiffs­kraftstoff ist hier ein wichtiger Schritt“, ergänzt Jens Meier, Geschäftsführer der Hamburg Port Authority (HPA). Die HPA, als Infrastrukturbetreiber des Hambur­ger Hafens möchte auch einer der ersten LNG­Nutzer werden: Für das Jahr 2014 plant sie ein Peil­ und Messboot mit LNG­Technologie in Betrieb zu nehmen.

Bei der Meyer Werft ist das verflüs­sigte Erdgas ebenfalls ein wichtiges Thema. Anfang des Jahres wurde der Tanker „CORAL ENERGY“ für die nie­derländische Reederei Anthony Veder ausgeliefert. Es ist der erste Gastanker einer neuen Generation, der mit einem umweltfreundlichen Dual­Fuel­Motor ausgestattet ist. Das Schiff ist knapp 155 Meter lang, 22,70 Meter breit, hat eine Ladekapazität von 15.600 Kubikmeter und fährt bis zu 15,80 Knoten schnell (rund 33 Kilometer pro Stunde). Der Tiefgang bei voller Ladung LNG liegt bei 8,20 Meter. „Das Schiff ist eine Beson­derheit“, erläutert Meyer Werft­Sprecher Peter Hackmann. „Bei der innovativen

Antriebstechnik dient das transportierte Flüssiggas gleichzeitig als Treibstoff.“ Nach Angaben der Werft werden dadurch extrem niedrige Abgaswerte erreicht, die das Schiff zu einem der umweltfreund­lichsten seiner Art machen. Die Meyer Werft will den Antrieb weiterentwickeln und künftig auch bei Passagierschiffen einsetzen.

Die Frage, ob ein grundlegender Wan­del der Schifffahrt ansteht – vergleichbar mit dem historischen Wechsel von Kohle zu Dieselöl, beantwortet Dirk Thum mit Ja. Der Leiter der Abteilung Emissionen und Gas in der Anwendungsentwicklung im Bereich Medium Speed, MAN Diesel & Turbo, hält die Einschätzung für gar nicht so unrealistisch: „Mittelfristig wird es sicherlich einen massiven Trend hin zu LNG geben. Die Vorkommen an Erdgas sind so groß, dass es auf viele Jahre ein Überangebot geben wird, das die Prei­se niedrig hält.“ Technisch gesehen ist es heute kein Problem, Schiffe mit LNG fahren zu lassen. Am Motor sind im Ver­gleich zu einer Dieselmaschine nur klei­ne Veränderungen nötig. „Die Bohrung und der Hub werden vergrößert“, sagt Dirk Thum. „Im Prinzip machen wir aus einem Diesel­ einen Ottomotor.“

Und laut einer Studie der dänischen Seeschifffahrtsbehörde wird das Be­darfspotenzial allein für den maritimen Sektor in Nordsee, Ostsee und Ärmel­kanal im Jahr 2020 auf rund vier Millio­nen Tonnen LNG geschätzt. Somit stehen die Zeichen auf Grün, dass sich LNG in der Schifffahrt zu einem bedeutenden Treibstoff entwickeln kann.

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Für sauBeRes KLiMa in der ZigaRRensTadT

Text Martin Hainbucher | Foto Dirk Brozska

Es ist schon früh am Morgen warm an diesem Sommertag in Bünde, der „Zigarrenstadt“ in Ostwestfalen. Eigentlich

kein guter Tag für Alfred Würzinger, Geschäftsführer der Ener­gie­ und Wasserversorgung Bünde GmbH (EWB) – würde man es ganz eng auf den zu erwartenden Absatz bei Wärme und Gas betrachten. Doch der Chef des gerade mit der Übernahme von Stromkonzessionen beschäftigten Regionalstadtwerkes ist

erstens kein Mann von allzu kurzfristigen Betrachtungen und zweitens ein Charakter, der selbst bei wirklichen Problemen nie ganz die gute Laune verliert – schon gar nicht am Beginn seines Arbeitstages.

Der kleine Chef­Besprechungsraum in dem pragmatischen Verwaltungsbau im Ortsteil Ahle ist der erste Anlaufpunkt. Die letzten Zahlen für den Geschäftsbericht, der dem Aufsichtsrat

vorgelegt werden muss, sind noch einmal zu überprüfen, ein paar Dokumente zu un­terzeichnen und gegen Mittag steht noch ein Termin beim Bürgermeister an. Im Rat­haus will man nicht nur einen ordentlichen Ertrag sehen, der die Finanzierung des Nah­verkehrs, der Bäder und manch weiterer kultureller Leistungen ermöglicht, auch das Unternehmen selbst soll eine gesunde Entwicklung nehmen. „Dass ich das hier umsetzen kann, macht meinen Job so reiz­voll“, bekennt Würzinger. Er verantworte als Chef von gut 80 Mitarbeitern praktisch die gesamte Breite der Energiewirtschaft und habe im operativen Geschäft auch die nötigen Spielräume. „Natürlich muss der Aufsichtsrat zustimmen, wenn wir ins

Bünde liegt im nordosten von nordrhein-Westfalen und ist seit der industrialisierung vor allem als Zigarrenstadt bekannt. Tradition und Moderne begegnet man überall in Bünde – auch beim hiesigen energieversorger eWB.

PORTRÄT

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„Wir verfolgen hier seit Jahren keine kurzfristige Gewinnstrategie, sondern ein solides Wachstum. Dass wir viele innovative Projekte anpacken ist richtig in der Zeit der Energiewende, aber wir machen das mit Augenmaß.“

Stromgeschäft einsteigen, natürlich gehen Investitionen in ei­nen Windpark, die Solaranlagen auf unserem Dach oder die Biogasanlage nicht ohne den Segen von oben“, so der Manager. Doch vertrauen der Bürgermeister und auch die Entscheider der am regionalen Stadtwerk beteiligten Kommunen in hohem Maße seiner Expertise. „Wir verfolgen hier seit Jahren keine kurzfristige Gewinnstrategie, sondern ein solides Wachstum. Dass wir viele innovative Projekte anpacken ist richtig in der Zeit der Energiewende, aber wir machen das mit Augenmaß“, sagt der gelernte Diplom­Ingenieur. Vorrang hätten dabei solche Technologien, bei denen sich ein wirtschaftlicher wie auch der Klimaeffekt mit optimalem Aufwand realisieren lasse.

Und das zahlt sich aus. 90 Prozent der Haushalte mit einem entsprechenden Anschluss beziehen das Gas von ihrem kommu­nalen Anbieter, und seit das Angebot mit Stromlieferungen 2010 komplettiert wurde, wächst auch in diesem Segment der Anteil schnell. „Die Bünder sind sehr bodenständig. Und wenn sich der lokale Versorger in ihrer Mitte als sozial verantwortungsvolles Unternehmen beweist, das die Gewinne wieder hier investiert, das sich vor Ort für die Kultur einsetzt und dessen Mitarbeiter

man persönlich kennt, dann ist das ein ganz wichtiges Argument für einen Gas­, Strom­ oder Wärmevertrag“, meint Würzinger, „besonders, wenn wir wettbewerbsfähige Konditionen bieten“.

Dazu kommt, dass die Bürger der Stadt nicht mehr auf „Dis­counter“ stehen. Anbieter, die es hier versuchten, haben wenig Freunde und Freude. Selbst ein großes Regionalunternehmen hat inzwischen den aktiven Vertrieb vor Ort wieder aufgege­ben. Ein bisschen tragen sicher auch die auffällig lackierten Fahrzeuge oder die Infostände bei allen Stadt­Events bei. „Wir sind immer sehr präsent, aber wir haben auch konkrete Ar­gumente zu bieten“, meint Alfred Würzinger. Dazu gehören zum Beispiel attraktive Hilfen für die Umrüstung von Heizkes­seln auf die neueste Technologie, die über Nachlässe bei den Energierechnungen gegeben werden. Wer beispielsweise ein BHKW anschafft, bekommt je nach Größe bis zu 30.000 kWh geschenkt. Und die Hausanschlusspreise, die bei einigen Ver­sorgern zwischen 3.000 und 5.000 Euro kosten, gibt’s in Bünde zum Volkspreis: „Wir berechnen Gesamtkosten, die bei den meisten Grundstücken zwischen 1.100 bis 1.500 Euro liegen“, versichert der Geschäftsführer.

Der Bürgermeister von Bünde Wolfgang Koch und EWB­Geschäftsführer Alfred Würzinger (re.)

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„Wir sind für die Bürger die ersten Energieberater vor Ort.“

Alfred Würzinger und Petra Eggert­Höfel, Vorstandsvorsitzende der Bau­ und Siedlungsgenossen­schaft in Bünde, planen eine Einfamilienhaussiedlung mit modernem Mikro­BHKW.

Im Rathaus zu Bünde, wo im großen Ratssaal die alten Wappen jener sächsischen Ritter des Mittelalters zeigen, deren Bund zur Eroberung Englands der Stadt ihren Namen gab, empfängt Bür­germeister Wolfgang Koch seinen Versorgungschef ohne jedes Protokoll. Es ist eine von vielen kurzen Besprechungen in seinem Büro, bei denen es um die Erschließung eines Neubaugebietes ebenso geht wie um die laufenden Geschäfte. Konfliktstoff, sagt Koch, gibt es ganz selten, das meiste lasse sich gleich am Tele­fon klären. „Ich würde das am besten mit einer konstruktiven

Begleitung eines sehr kompetenten und leistungsstarken Un­ternehmenslenkers umschreiben“, sagt der Bürgermeister über Würzinger. Doch der Rathaus­Chef will auch Hintergründe für anstehende Entscheidungen kennen, so dass das persönliche Gespräch heute wichtig ist. Für den Reporter schließen sich hier die Türen. Nur so viel wird noch gesagt, dass es um Kooperatio­nen oder auch gesellschaftsrechtliche Verbindungen mit ande­ren kommunalen Versorgern geht, um für die Zukunft gewappnet zu sein. Auf dem Rücksitz von Alfred Würzingers Dienstwagen

Was macht Bünde lebens- und liebens-wert?Es ist eine sehr grüne Region mit viel Na­tur und Raum, zugleich aber auch einer schönen Innenstadt und einer kompletten Infra struktur. Hier kann man sehr gut leben, entspannen und auch Kultur genießen.

Haben sie eine Lieblingskneipe?Ich bin kein typischer Kneipengänger. Aber wo ich gern hingehe ist das Universum, ein denkmalgeschütztes Lichtspieltheater, wo es häufig gute Kleinkunst gibt.

Was ist ihr Lieblingsplatz?Gern bin ich im Steinmeisterpark oder am Else­Flussufer, wo man sehr schön spa­zieren gehen kann. Mitten in der Stadt, aber wundervolles Grün.

Viele kleine städte haben ein demo-grafisches Zukunftsproblem. Wie sieht die Perspektive von Bünde aus?Die Stadt ist wirtschaftlich gesund, die Ar­beitslosigkeit ist u. a. dank der hier ange­siedelten Küchenmöbelhersteller niedrig, die Lebensqualität hoch. Deshalb mache ich mir da wenig Sorgen, die Einwohner­zahl ist vergleichsweise recht stabil.

PORTRÄT

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ALfRED WüRZInGER

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Bünde und die heute noch vorhandene Laurentius­Kirche wurden 853 erstmals urkundlich erwähnt.

Wirtschaftlich lebte die Region lange Zeit von der Weberei, als Ersatz wurde nach der Erfindung des Webstuhls die Tabakverar­beitung etabliert – nicht zuletzt wegen günstiger Zollbedingungen, der Nähe von Bremen und der damals geringen Löhne. Von den einst mehr als 100 Zigarrenfabriken gibt es heute noch drei.

Im Dammtorhaus, dem Deutschen Tabakmuseum, können die größte Zigarre (1,60 Meter lang) und die Geschichte der Tabak­industrie besichtigt werden.

Bünde hat etwa 46.000 Bewohner, das gesamte Versorgungsge­biet der EWB mit weiteren Gemeinden wie Kirchlengern, Röding­hausen und Spenge beherbergt rund 90.000 Einwohner.

BünDE In ALLER KüRZE

Bremen

Hamburg

Hannover

BÜNDE

hängt ein Fan­Schal von Borussia Dortmund, was fast zu einem kleinen Eklat führt. Petra Eggert­Höfel, Vorstandsvorsitzende der Bau­ und Siedlungsgenossenschaft, ist bekennende Unterstüt­zerin von Schalke 04, was im Umkreis des Bielefelder Fußballs eine ebenso eigenartige wie kribbelnde Konstellation ist. Doch die beiden Chefs verbinden viele wirtschaftliche Interessen und können über Fußball durchaus scherzen. Und so findet die gemeinsame Tour zu einer Baustelle am Rande der Stadt dann trotzdem statt – natürlich unter Protest. Das Unternehmen baut hier Einfamilienhäuser, aber auch einige größere Bauten, etwa für eine Seniorenhausgemeinschaft. Das Besondere daran ist, dass die EWB hier ein Mikro­BHKW aufstellen wird, das neben der Heizung zugleich noch einen Teil des benötigten Stromes liefert. „Wir nutzen gern das angebotene Contracting­Modell, bei dem die Anlage Eigentum der EWB bleibt und auch der komplette Service bis hin zur Abrechnung mit den Mietern dort erledigt wird“, berichtet Petra Eggert­Höfel.

Das Genossenschafts­Unternehmen hatte bald nach dem Krieg 1.500 Wohnungen errichtet, um die damalige Wohnungsnot zu lindern. Viele der Mehrgeschosser von damals wurden inzwi­schen durch Neubauten ersetzt, etliche aber auch energetisch saniert – ebenfalls mit Hilfe der Stadtwerke. Auch wenn sich die Kosten nicht voll auf die Mieten umlegen lassen, so sei die Modernisierung dennoch lohnenswert. Statt Nachtspeicheröfen bieten die Wohnungen dann Fußbodenheizung und vor allem deutlich niedrigere Nebenkosten. Bis zu 80 Prozent der Ener­giekosten lassen sich mit dem Umbau etwa zu einem Passiv­haus einsparen, versichert die Wohnungsbau­Chefin, was ja eigentlich bei Alfred Würzinger eher Sorgenfalten aufs Gesicht

„In ein paar Jahren werden die jungen Leute selbst einen Haushalt gründen, und dann sollen sie in der Lage sein, richtig zu entscheiden.“

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zaubern müsste. „Nein, da sind wir voll dabei, Energieeffizienz ist eine ganz wichtige Säule der Energiewende, und wir sind für die Bürger die ersten Energieberater vor Ort“, sagt er. Und dafür stehen nun mal die kommunalen, lokalen Stadtwerke, denen es um Nachhaltigkeit und nicht um den kurzfristigen Gewinn geht. „Das ist schon eine wichtige Gemeinsamkeit zwischen unseren beiden Unternehmen“, pflichtet ihm auch Petra Eggert­Höfel bei.

In der Hauptschule von Bünde trifft Alfred Würzinger eine Stun­de später die Schulleiterin Brigitte Lubitz. Es geht um ein Lernpro­jekt, bei dem die Schüler der achten Klasse viel über Klimaschutz und die Kraft­Wärme­Kopplung hören. Die dafür angereisten Experten von der Deutschen Umwelt­Aktion finanziert die EWB, weil die junge Generation über solch zukunftsrelevante Dinge möglichst anschaulich und aus erster Hand unterrichtet werden soll, wie Würzinger findet. Das Projekt soll fortgesetzt werden, möglichst auch an anderen Schulen. „Ich denke, das ist in mehr­facher Hinsicht eine Investition in die Zukunft. Denn in ein paar Jahren werden die jungen Leute selbst einen Haushalt gründen, und dann sollen sie in der Lage sein, richtig zu entscheiden.“

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1. der VKu hat sich in die debatte um die richtige gestaltung der erneuerba-ren-Förderung mit einem eigenen strom-marktmodell eingebracht. Was sind die eckpunkte?Wir müssen die Förderung der Erneuerba­ren Energien im Rahmen eines Gesamt­konzepts neu ordnen. Hier setzt unser in­tegriertes Energiemarktdesign an. Darin schlagen wir ein neues und wettbewerbli­ches Fördersystem für Erneuerbare Ener­gien vor. Anstelle der bisherigen festen Einspeisevergütung sollen Neuanlagen zukünftig Investitionskostenzuschüsse erhalten, deren Höhe in Versteigerungen auf der Grundlage der Ausbauziele des Bundes und der Länder ermittelt wird. Der in diesen Anlagen erzeugte Strom wird direkt vermarktet. Dadurch lässt sich letztlich ein Höchstmaß an Markt­ und Systemintegration Erneuerbarer Energien erreichen. Idealerweise wird die Anlage über ihre gesamte Abschreibungsdauer gefördert, um sie auch tatsächlich am Netz zu halten und Mitnahmeeffekte zu verhindern.

„Wir brauchen tragfähige politische beschlüsse und mehr Planungs-sicherheit für die akteure.“

der Verband kommunaler unternehmen (VKu) sieht es als Pflichtprogramm der neuen Bundesregierung an, sowohl die Reform des eeg anzugehen, als auch ganz grundlegend die Rollenverteilung zwischen konventi-onellen und erneuerbaren energien zu überarbeiten. VKu-Hauptgeschäftsführer Hans-Joachim Reck erklärt im interview mit medium gas, welchen grundsätzen die Politik bei der neuaufstellung der energieversor-gung folgen sollte und mit welchem „Masterplan“ sie gelingen könnte.

2. gleichzeitig fordert der VKu auch einen Leistungsmarkt und neue Regu-lierungsbedingungen … Ja, das sind zwei weitere Elemente in unserem Modell. Durch den Leistungs­markt sollen hochflexible konventionelle Kraftwerke, die gesicherte Stromerzeu­gung anbieten, zukünftig schon für die Bereitstellung ein Entgelt erhalten. Damit können diese Kraftwerke am Netz blei­ben und auch weiterhin Investitionen in gesicherte Kraftwerks­ oder Spei­cherleistung erfolgen. Nur so kann die große Herausforderung, dass an wind­ oder sonnenarmen Tagen Versorgungsengpässe in der Stromversorgung bestehen, bewältigt werden. Und auch die Regulierungsbedingun­gen für die Stromnetze sind aus unserer Sicht neu zu gestalten. Dazu bedarf es geeigneter Instrumente, die es erlauben, die Verteilnetze zu intelligenten Netzen um­ und aus­zubauen. Das bestehende System der

Anreizregulierung muss aus VKU­Sicht weg von der reinen Kostenbetrachtung beziehungsweise ­senkung hin zu einer Förderung innovativer Investitionen. Der Netzausbau ist die kostengünstigste In­vestition in die Energiewende und sollte daher vordringlich erfolgen.

3. ein weiterer Bestandteil des Konzep-tes ist die verpflichtende direktvermark-tung bei der Förderung der erneuerbaren energien. Wie ist das gemeint?Der Strom, den die Anlagen erzeugen, wird – wie jeder andere Strom auch –

am Strommarkt vermarktet. Das kann durch den Betrei­ber der Anlage selbst oder durch einen Dienstleister erfolgen. Durch die Wettbe­werbssituation werden sich die Konzepte durchsetzen, die durch Effizienz und Fle­xibilität optimal auf Angebot und Nachfrage reagieren. Die

Erneuerbaren Energien lassen sich da­mit in den Strommarkt integrieren und

„Die Erneuer-baren müssen sich möglichst schnell ohne Förderung am Markt behaup-ten können.“

HAUPTSTADTGESPRÄCH

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... ist seit 2007 Hauptgeschäftsführer des Verbandes kommunaler Unterneh­men. Zuvor war er unter anderem bei der Deutschen Telekom beschäftigt und begleitete zahlreiche Ämter in Politik und kommunaler Verwaltung.

Hans­Joachim Reck ...

ihr Ausbau ist so besser regional, aber auch technologiespezifisch steuerbar. Wichtigstes Ziel dabei ist, dass die Er­neuerbaren Energien möglichst schnell Marktparität erreichen, sich also ohne Förderung am Markt behaupten können.

4. Wie europäisch sind ihre Forderun-gen angelegt?Auch wenn der Fokus unseres Energie­marktdesigns auf dem deutschen Ener­giesystem liegt, orientieren sich unsere Forderungen an den europäischen Lang­fristzielen. Denn damit muss es langfris­tig kompatibel sein. Das gilt vor allem für die übergeord­neten und EU­weit verbindli­chen Ziele, also den Ausbau der Erneuerbaren Energien, die Energieeffizienz und den Klimaschutz. Das europäi­sche Ziel, einen wettbewerbs­orientierten Binnenmarkt für Energie zu verwirklichen, passt perfekt zu unseren wettbewerbli­chen Ansätzen zum Leistungsmarkt und

der verpflichtenden Direktvermarktung der Erneuerbaren Energien.

5. Welche antworten liefert das Markt-modell auf die Frage nach der Rentabili-tät von hochmodernen gaskraftwerken? in welchem Verhältnis müssen Wettbe-werb und staatliche eingriffe stehen?Wir fordern einen Leistungsmarkt, der die Bereitstellung von verlässlicher Ver­sorgungsleistung aus hocheffizienten, flexiblen konventionellen Kraftwerken honoriert. Denn gesicherte Leistung braucht einen Wert, da eine sichere und

wirtschaftliche Energieversor­gung die Grundlage für die in­dustrielle Produktion und die Volkswirtschaft insgesamt ist! Durch einen Leistungsmarkt wird die Stromversorgung auch zukünftig sichergestellt und diejenigen Kraftwerke, die dazu einen Beitrag liefern, können wieder wirtschaftlich

betrieben werden. Der heutige Strom­markt vergütet ausschließlich das Be­

reitstellen elektrischer Arbeit. Vor allem Gaskraftwerke werden infolge des stei­genden Anteils von Wind­ und Solarstrom seltener eingesetzt und können nicht mehr kostendeckend betrieben werden. Neuinvestitionen in hochflexible Gaskraft­werke, die mit Blick auf den weiteren Zu­bau der Erneuerbaren Energien und die Abschaltung der Atomkraftwerke dringend nötig sind, finden deshalb derzeit kaum statt. Mit unserem Energiemarktdesign geben wir der Politik einen konstruktiven Lösungsvorschlag an die Hand. Dabei wird der heutige Strommarkt nicht komplett umgekrempelt, sondern vielmehr auf dem bewährten Energy­Only­Markt aufgebaut, der sinnvoll ergänzt wird.

„Ohne die not-wendige Weit-sicht sehe ich dem Gelingen der Energiewen-de mit großer Sorge entgegen.“

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Die Interessenvertretung der kommuna­len Versorgungs­ und Entsorgungswirt­schaft in Deutschland. Sitz des 1949 gegründeten Verbandes ist Berlin. Der VKU vertritt über 1.400 kommunalwirt­schaftliche Unternehmen in den Berei­chen Energie, Wasser/Abwasser und Abfallwirtschaft. Mit 235.000 Beschäf­tigten wurden 2010 Umsatzerlöse von rund 95 Milliarden Euro erwirtschaftet und etwa 8 Milliarden Euro investiert. www.vku.de

Verband kommunaler Unternehmen (VKU)

VKu6. stichwort Masterplan: die diskus-sion um das Management der energie-wende ist derzeit in vollem gange. Wie optimistisch sind sie, dass es nach der Bundestagswahl die vielgeforderte ge-samtkoordination, vielleicht in Form eines energieministeriums geben wird?Ohne die notwendige Weitsicht sowie ein qualif iziertes Projekt­management sehe ich dem Gelingen der Energiewende mit großer Sorge entgegen. Wir brauchen tragfähige politische Beschlüsse und mehr Planungssicherheit für die Akteure. Deshalb appellieren wir hier ganz klar in Richtung Bundesregierung, die energiepolitischen Verantwortlich­keiten zukünftig in einer Instanz zu bündeln. Das kann zum Beispiel in Form eines Bundesministeriums oder durch ei­nen Staatsminister im Bundeskanzleramt gelingen. Die Bundesregierung könnte so besser auf die komplexen Anforderungen reagieren, die die Energiewende an den zukünftigen Strommarkt stellt.

7. im VKu-eckpunktepapier zur Bundes-tagswahl fordern sie, dass die kommu-nale energieversorgung gestärkt werden müsse. Was meinen sie damit?Der VKU und die Stadtwerke stehen klar

zur Energiewende – trotz aller Kritik an einzelnen Umsetzungsdefiziten. Aller­dings ist das wirtschaftliche Risiko für Investitionen in hocheffiziente und flexi­ble Kraftwerke derzeit viel zu hoch. Aber auch die sich regelmäßig ändernden ge­setzlichen Rahmenbedingungen bringen große Unsicherheiten mit sich. Zukünftig

müssen sich Investitionen in konventionelle Anlagen wieder lohnen. Dazu muss der Energiemarkt in einem integrierten Ansatz weiter­entwickelt werden. Trotz Wahljahr und beginnendem

Wahlkampf brauchen wir eine schnel­le Verständigung zwischen Politik und Energiewirtschaft auf ein konsistentes und zukunftsfähiges Energiemarkt­design.

8. ein wesentlicher Baustein der ener-giewende ist auch die Lösung der spei-cherfrage. die erdgasinfrastruktur stellt bereits heute ein riesiges und flächen-deckendes speichermedium für strom aus erneuerbaren energien dar. Welche Rolle wird Power-to-gas aus ihrer sicht in Zukunft spielen?Power­to­Gas ist eine zukunftsträchtige Langzeitspeichermöglichkeit, die einige unserer Mitgliedsunternehmen bereits

in Pilotanlagen erproben. Im „Zeitalter der Erneuerbaren“ kann Power­to­Gas einen wertvollen Beitrag zum Ausgleich von Erzeugungsschwankungen leisten und damit ein wichtiger Baustein für das Gelingen der Energiewende wer­den. Es liegt jetzt an der Politik, dieses Potenzial durch geeignete Anreize zu erschließen. Dann kann die Power­to­Gas­Technologie zum Klimaschutz bei­tragen und als weiteres Instrument zur Flexibilisierung unseres Energiesystems genutzt werden.

„Der VKU und die Stadtwerke stehen klar zur Energiewende.“

95 Mrd. € umsatz

1.400 kommunale unternehmen235.000 Mitarbeiter

8,1 Mrd. € investitionen

HAUPTSTADTGESPRÄCH

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Page 31: Medium gas 02 2013

…, dass es in deutschland nicht nur ein nationales energiewendekonzepte

gibt, sondern auch 16 Län-derstrategien zur senkung der co2-Emissionen und zum ausbau der Erneuer-

baren energien?

…, dass das Erneuerbare- energien-Wärmegesetz

im Jahr 1998 überschau-bare 19 Paragraphen

hatte und es jetzt bereits 118 Paragraphen sind?

…, dass die bundeswehr die höhe für nächtliche

tiefflüge wegen der vielen Windräder um 100 Meter

anheben musste?

…, dass die Losung von 200 zwergkaninchen,

umgewandelt in biogas, ein einfamilienhaus mit

energie versorgen kann?

WussteN sie …Mit unseren unterhaltsamen und interessanten Memory können Sie nach den passenden energiepolitischen Kartenpaaren suchen.

…, dass der DtV-band „energierecht“ in der

1. auflage (2001) 496 seiten und in der 9. aufla-ge (2011) bereits 1.465

seiten dick war?

…, dass die co2-Emissionen laut den vorläufigen zahlen des bundesumweltministe-

riums 2012 wieder um 1,5 Prozent angestiegen

sind?

…, dass ein Eu-Gesetz rund 22 Monate bis zur

implementierung braucht?

…, dass 81 Prozent der nationalen energie- und

umweltpolitischen gesetze auf einem impuls der eu

basieren?

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O h n e e r d g a s g e h t e s n i ch t ! n i ch t h e u t e , n i ch t m o r g e n , n i ch t ü b e r m o r g e n . e r d g a s i s t z u v e r l ä s s i g , g ü n s t i g , sa u b e r u n d s t e h t n o ch s e h r l a n g e z u r Ve r f ü g u n g . n i ch t u m s o n s t i s t e s i n d e u t s ch l a n d d i e n u m m e r 1 i m Wä r m e m a r k t . u n d : e r d g a s i s t e i n s i ch e r e r a n ke r i m v o n d e n e r n e u e r b a r e n g e p r ä g t e n e n e r g i e m i x . e s ka n n a l l e w e t t e r -b e d i n g t e n s ch w a n ku n g e n m i t d e r n o t w e n d i g e n F l e x i b i l ä t a u s g l e i ch e n .

Vng – Verbundnetz gas aktiengesellschaftBraunstraße 7 | 04347 Leipzig | Telefon + 49 341 443­0 | Fax + 49 341 443­1500 | [email protected] | www.vng.de