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medium gas Das Magazin für die Kunden und Partner der VNG-Gruppe | 17. Jahrgang | 1. Ausgabe | April 2008 Schwerpunkt: Wettbewerb Botschaft: Wettbewerb als Wachstumschance | Strategie: Portfoliomanagement optimieren | Expertenbeitrag: Einsatz von BioErdgas im Erdgasmarkt Interview: Die VNG im Wettbewerb | Beitrag: Erdgasspeicher im Wettbewerb

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medium gasDas Magazin für die Kunden und Partner der VNG-Gruppe | 17. Jahrgang | 1. Ausgabe | April 2008

Schwerpunkt: WettbewerbBotschaft: Wettbewerb als Wachstumschance | Strategie: Portfoliomanagement optimieren | Expertenbeitrag: Einsatz von BioErdgas im ErdgasmarktInterview: Die VNG im Wettbewerb | Beitrag: Erdgasspeicher im Wettbewerb

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Inhalt

10 Markt

24 Schwerpunkt

40 Umschau

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AKTUELL

Personalia: Klaus-Dieter BarbknechtECG baut Unterstützung für Händler und Speicherbetreiber weiter ausstore-x und trac-x mit neuem PartnerLenkungskreise im BDEW neu besetztVerbundnetz für Demokratie und Toleranz erhält Auszeichnung durch die Bertelsmann-StiftungDie „Besten der Besten“ mit der Flamme 2007 geehrtSiebente Berufung der Botschafter des Verbundnetzes der Wärme

MARKT

Erdgas Südsachsen: Chemnitzer stellen sich ideenreich dem WettbewerbGasverkauf mit noch mehr KundennäheŠkoda Octavia CNG-EditionInterview mit IEK und IAVErweitertes Testfahrzeugangebot4,5 Mio. € für den Ausbau der Erdgastankstellen-InfrastrukturBeteiligung ausdrücklich erwünschtAktuelle Termine im nächsten QuartalForum Erdgas: Preisentwicklung auf umkämpften Märkten

SCHWERPUNKT: WET TBEWERB

Interview mit Prof. e. h. Dr.-Ing. Klaus-Ewald Holst: Unser Kunde steht im Wettbewerb an erster StelleVon der konventionellen Beschaffung zum vollständigen PortfoliomanagementEVH setzt auf ENERGIEUNIONEinsatz von BioErdgas im ErdgasmarktErdgasspeicher im WettbewerbMeilenstein Kooperationsvereinbarung II – IT-Trends für Gasnetz und Gashandel

UMSCHAU

E-world 2008: VNG-Gruppe stellt neue Dienstleistungsangebote vorRückblick der VfkE-Veranstaltung vom 20.11.2007 in PotsdamLeiconet: Fünf Partner vereinen ihre ServicedienstleistungenOrbital-Laser-MSG-Hybridschweißen für Rohrverbindungen

FEATURE

Kunstausstellung: Warum ist das Maigrün eine gefährliche Farbe?Die Anfänge der Gaswirtschaft und der Ferngasversorgung in Dessau und Leipzig (1855–1945)

Impressum

medium gas Das Magazin für die Kunden und Partner der VNG-Gruppe | VNG – Verbundnetz Gas Aktiengesellschaft | Braunstraße 7, 04347 Leipzig | Postfach 24 12 63,

04332 Leipzig | Tel. 0341 443 - 0 | Fax 0341 443 - 2057 | www.vng.de | Redaktion Unternehmenskommunikation | Verantwortliche Redakteurin Mandy Nickel |

Tel. 0341 443 – 2045 | [email protected] | Redaktionsbeirat Helge Andrä, Dr. Reinhard Böhm, Mike Diekmann, Bernhard Kaltefleiter, Siegbert Ketelhut,

Kerstin Kietzke, Heinz Möller, Birgit Binder, Birgit Reiss, Laureen Dix, Karsten Wendler | Redaktionsschluss für diese Ausgabe 24.03.2008 | für die

nächste Ausgabe 29.5.2008 | Auflage 4 800 | Gestaltung, Herstellung Erik Sittauer | Militzer & Kollegen GmbH | Reproduktion und Druck Scan Color Leipzig GmbH |

Fotos wenn nicht anders angegeben VNG | Titelseite Prof. Dr.-Ing. Matthias Krause, Technischer Geschäftsführer der EVH GmbH, Dr. Wulf Lammert,

Vorstand der Energieunion AG und Karel Schweng, Leiter Marktsteuerung bei der VNG – Verbundnetz Gas AG auf der Handelsblatttagung in Berlin (v.l.).

Foto: Christoph Busse

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Mandy Nickel

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3 medium gas | 2008.1Editorial

das Thema Wettbewerb im Energiemarkt ist beinahe so vielschichtig und

komplex wie die Suche nach Erdgas in der norwegischen Nordsee. Das

klingt zunächst, als würde man Äpfel mit Birnen vergleichen. Schnell sind

aber wesentliche Gemeinsamkeiten gefunden. Für den Erfolg im Wett-

bewerb und bei der Exploration von Erdgas brauchen Unternehmen nämlich

gleichermaßen eine grundlegende Strategie, fundiertes Know-how, ziel-

strebiges Handeln und immer auch eine kleine Portion Glück.

Derzeit ist das Thema Wettbewerb allerdings ein Fall, an dem sich die Geister

scheiden – und an dem das Image der gesamten Energiebranche Schaden

nimmt. Von Platzhirschen, den „großen Vier“ und von mächtigen Energie-

riesen ist die Rede – keine sonderbar charmante Assoziationen für Unternehmen, die seit Jahrzehnten

eine sichere Versorgung mit Strom und Gas gewährleisten. In dieser kritischen Diskussion wird die

wachsende Bedeutung der Versorgungssicherheit gerne vernachlässigt. Dabei ist Deutschland, vor

allem bei Öl und Gas, in steigendem Maße von Energieimporten abhängig. Umso wichtiger sind des-

halb starke, konkurrenzfähige Unternehmen, die sich im weltweiten Wettbewerb um die Ressourcen

strategisch positionieren, große Mengen bündeln und sich an internationalen Marktbedingungen

orientieren können.

Für die VNG sind Wettbewerbsfähigkeit und Versorgungssicherheit zwei entscheidende Eckpfeiler

im täglichen Geschäft. Davon können Sie sich im Interview mit dem Vorstandsvorsitzenden der VNG,

Prof. e. h. Dr.-Ing. Klaus-Ewald Holst, überzeugen.

Wir versuchen, unsere Angebote und Leistungen konsequent nach den Bedürfnissen unserer Kun-

den auszurichten und mit innovativen Projekten und Produkten immer wieder die Zukunfts- und

Wettbewerbsfähigkeit unseres Unternehmens zu sichern. Das gilt für die Diversifizierung unseres

Bezugsportfolios gleichermaßen wie für die Entwicklung neuer Technologien oder den Einsatz fle-

xibler Preismodelle. Bei alledem verlieren wir nie den Blick für eine sichere Erdgasversorgung. Sie

stellt für uns die wesentlichste Voraussetzung für ein Bestehen im Wettbewerb dar und wird weiter

an Bedeutung gewinnen.

Der zunehmende Wettbewerb im Erdgasmarkt ist eine große Herausforderung für unser Unterneh-

men. Gleichzeitig ist er für uns aber auch ein Ansporn, immer wieder unverwechselbare Leistungen

zu erbringen und unsere Kunden und Partner mit neuen Ideen und Produkten zu überzeugen. Diese

Innovationskraft gilt es nicht nur zu wahren, sondern zukünftig auch weiter auszubauen.

Eine angenehme Lektüre wünscht Ihnen

Mandy Nickel

Liebe Leserinnen, liebe Leser,

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Personalia: Klaus-Dieter Barbknecht

Klaus-Dieter Barbknecht ist seit dem 5. Dezember

2007 Mitglied im Vorstand der VNG – Verbundnetz

Gas Aktiengesellschaft. Er hat die Leitung des

Ressorts Gasbeschaffung übernommen.

Barbknecht war nach dem Studium der Rechts-

wissenschaften und der Volkswirtschaftslehre

an der Universität Göttingen mehrere Jahre als

juristischer Berater im Bereich der Erdöl- und Erd-

gaswirtschaft tätig. Seit 1992 hat er bei der VNG

verschiedene Leitungsaufgaben in den Bereichen

Recht, Gaseinkauf, Gastransport und Gasspeiche-

rung wahrgenommen. Ab Oktober 2004 war er als

Leiter des Hauptbereichs Portfoliomanagement

und anschließend ab 1. Juli 2006 als Direktor

Strategische Koordinierung tätig.

Die Herausforderung der nächsten Jahre sieht

Barbknecht vor allem in der weiteren Diversifi-

zierung des Einkaufsportfolios der VNG. Dabei

setzt er zum einen auf eine Fortführung der guten

Beziehungen mit den russischen und norwegischen

Produzenten sowie den Handelspartnern der

VNG im In- und Ausland. Zum anderen sollen die

langfristigen Lieferverträge auch zukünftig ergänzt

werden. Dazu gehört, Erdgas an den europäischen

Energiebörsen zu handeln. Eine dritte Option ergibt

sich durch den Ausbau der VNG-Aktivitäten im

Bereich einer Beteiligung an der Erdgasproduktion

insbesondere in Norwegen.

ECG baut Unterstützung für Händler und Speicherbetreiber weiter ausDie ECG Erdgas-Consult GmbH, Leipzig, wird in

diesem Jahr ihre führende Rolle in Deutschland

bei Softwarelösungen für Prozesse rund um den

Gastransport und den Gashandel ausbauen. Die

bereits im Transport- und Handelsbereich bei vie-

len Gasnetzbetreibern und -händlern bewährten

Softwaremodule der MTS-Familie werden 2008

auch für kommerzielle Prozesse von Speicher-

betreibern weiter entwickelt. Hier verfügt die ECG

bereits über ein ausgefeiltes Prozess-Know-how

und erste Systemkomponenten für die Speicher-

vermarktung (MTS SSO).

Nachdem sich die ECG in den zurückliegenden vier

Jahren zunächst auf die Prozesse der Netzbetrei-

ber auf der Fern- und Verteilnetzbetreiberebene

konzentriert hatte, standen 2007 die Prozesse

des Gashandels und der Gashandelslogistik im

Vordergrund. So entwickelten die Softwarespezia-

listen der ECG ein leistungsstarkes Nominierungs-

und Bilanzkreismanagement-System (MTS.nom

Trade), das seit 1. Oktober von drei namhaften

deutschen Handelshäusern erfolgreich einge-

setzt wird, ergänzt durch weitere Komponenten

der MTS-Familie.

Neben der MTS-Produktentwicklung und -ver-

marktung gewinnt auch das MTS-basierte Dienst-

leistungsgeschäft mit caplog-x zunehmend an

Bedeutung. Diese gemeinsam mit den Prozess-

informationsspezialisten der VNG – Verbundnetz

Gas AG entwickelte Lösung deckt die gesamte

Wertschöpfungskette des Gastransports bzw.

-handels von der Messdatenerfassung über die

Datenübertragung bis hin zur technischen und

kommerziellen Datenverarbeitung ab.

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Lenkungskreise im BDEW neu besetztIm Februar 2008 wurden die neuen Lenkungskreise

im Bundesverband der Energiewirtschaft und

Wasserwirtschaft besetzt. Es ist der VNG gelun-

gen, in allen Lenkungskreisen mit einem Mitglied

vertreten zu sein. Prof. e. h. Dr.-Ing. Klaus-Ewald

Holst, Vorstandsvorsitzender der VNG, ist Mitglied

im Gesamtvorstand des BDEW (Fachvorstand Gas)

und damit auch Mitglied im Lenkungskreis Gas.

Demnächst werden die neun Lenkungskreise im

BDEW zur konstituierenden Sitzung zusammen

kommen und danach die Fachausschüsse unter-

halb der Lenkungskreise einsetzen.

store-x und trac-x mit neuem Partner

Die European Energy Exchange (EEX) mit Sitz in

Leipzig wird sich mit 12 Prozent an der store-x

GmbH und mit 19 Prozent an der trac-x GmbH be-

teiligen. Das teilte das Unternehmen im Rahmen

der E-world in Essen mit. Hans-Bernd Menzel,

Vorstandsvorsitzender der EEX, zeigte sich davon

überzeugt, dass sich der Kapazitätenhandel in

Europa zukünftig ausweiten wird und damit auch

die Liquidität an den virtuellen Handelspunkten

der EEX steigt.

Die store-x GmbH (Storage Capacity Exchange)

wurde 2006 auf Initiative der VNG – Verbundnetz

Gas AG und der E.ON Ruhrgas AG ins Leben geru-

fen, um die Online-Plattform www.store-x.net zur

Vermarktung von sekundären Speicherkapazitäten

für Erdgas zu betreiben. Bereits im April letzten

Jahres ist die RWE Gas Storage mit Sitz in Prag als

Anteilseigner eingestiegen. Die Beteiligung bedarf,

wie auch das Engagement durch die EEX, noch

der Zustimmung durch das Kartellamt. Die trac-x

GmbH (Transport Capacity Exchange) betreibt die

Online-Plattform www.trac-x.de, über die Händler

seit 2005 sekundäre Transportkapazitäten für

Erdgas buchen können. Zurzeit sind neben VNG

auch E.ON Gastransport, EWE Netz GmbH und RWE

Transportnetz Gas an dem Unternehmen beteiligt.

Damit wurde die bei Gründung der Gesellschaften

durch VNG angedachte breite Gesellschafterstruk-

tur verwirklicht.

Die bisherigen Gesellschafter verbinden mit dem

Beitritt der EEX in den Gesellschafterkreis die

Erwartung, dass die Handelsplattformen trac-x

und store-x in Europa noch stärker als bisher

wahrgenommen werden. Darüber hinaus soll

die Beteiligung der EEX als unabhängige Börse

die Neutralität der Plattformen unterstreichen

und damit zukünftig eine Verbreiterung beider

Plattformen in Europa sicherstellen.

Beide Plattformen verzeichnen ein hohes Interesse

und zunehmende Aktivitäten. Auf store-x sind mit

Stichtag 01. März 2008 389 Nutzer, auf trac-x 247

Nutzer registriert.

Auf der E-world 2008 in Essen konnten store-x und trac-x mit weiteren Neuigkeiten auftrumpfen.

Gashändler können seit neuestem auf store-x an Multi-Auktionen teilnehmen und damit auf

mehrere Produkte gleichzeitig bieten. trac-x wird sich neben der niederländischen Energiebörse

an dem europäischen Pilotprojekt zum Kapazitätshandel an Grenzübergangspunkten beteiligen.

Hier: Bernd Protze, Geschäftsführer von store-x mit Dr. Andreas Kost von der BEB.

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Verbundnetz für Demokratie und Toleranz erhält Auszeichnung durch die Bertelsmann-StiftungDas Verbundnetz für Demokratie und Toleranz (VDT), eine 2006 von der VNG ins Leben gerufene

Initiative zur Stärkung der Zivilgesellschaft in Ostdeutschland, wurde am 21. Januar von der

Bertelsmann-Stiftung für sein Engagement ausgezeichnet. Siegbert Ketelhut, Leiter Öffentlichkeits-

arbeit/Interne Kommunikation bei der VNG, nahm die Auszeichnung aus den Händen von Liz Mohn,

stellvertretende Vorstandsvorsitzende der Stiftung, entgegen.

Im vergangenen Jahr startete die Bertelsmann-Stif-

tung die Initiative „Unternehmen für die Region“

und suchte nach mittelständischen Unternehmen,

die sich in ihrer Region gemeinnützig engagieren.

Ziel war es, „die Vielfalt unternehmerischen Enga-

gements in Deutschland aufzuzeigen und andere

zur Nachahmung anzuregen“, erklärte Liz Mohn.

Rund 700 Unternehmen aus dem gesamten Bun-

desgebiet wurden vorgeschlagen – zehn von

ihnen wurden für ihr gesellschaftliches Enga-

gement als „Ausgezeichnete Unternehmen“ am

21. Januar 2008 in Berlin geehrt. Unter ihnen ist

auch die VNG mit ihrer Initiative „Verbundnetz für

Demokratie und Toleranz“. Die Projekte der zehn

Unternehmen werden in der Publikation: „Mit Ver-

antwortung handeln. Ein CSR-Handbuch für Unter-

nehmer“ vorgestellt. Weitere Informationen unter

www.unternehmen-fuer-die-region.de

Erstes Pilotprojekt des VDT gestartet

2007 war für das Verbundnetz für Demokratie

und Toleranz ein erfolgreiches Jahr, denn unter

Schirmherrschaft von Ministerpräsident Dr. Harald

Ringstorff startete das erste Pilotprojekt in Meck-

lenburg-Vorpommern. Dabei sollen Geschichts-

werkstätten, Diskussionsrunden (so genannte

Quatschclubs) und Bandprojekte zusammen mit

ausgewählten Jugendfeuerwehren durchgeführt

werden. Hauptpartner vor Ort sind der Landesfeu-

erwehrverband sowie weitere zivilgesellschaftliche

Organisationen der Region.

Die Werkstätten in Ludwiglust und Boizenburg

sind bereits in vollem Gange. Zum 140-jährigen

Jubiläum der Freiwilligen Feuerwehr Ludwiglust im

Juni 2008 werden die Jugendlichen eine Chronik

erarbeiten, die in Form eines Films präsentiert

werden soll. In Boizenburg beschäftigt sich die

Jugendfeuerwehr mit ihrer eigenen Geschichte.

Eine dritte Werkstatt startet mit Unterstützung

der Universität Greifswald im März in Zinnowitz

und soll zur 700-Jahr-Feier der Stadt im Sommer

2009 vorgestellt werden.

Die Projekte in Mecklenburg-Vorpommern werden

ganz bewusst in Zusammenarbeit mit den Feuerweh-

ren realisiert. Sie sind wichtige Partner für die VNG

und ihre Kunden und stellen gerade im ländlichen

Raum eine zentrale Anlaufstelle für Kinder und Ju-

gendliche dar. Traditionell leisten die Feuerwehren

einen beachtlichen Beitrag für die Jugendarbeit und

die Vermittlung demokratischer Prinzipien.

Ulrike Krause, ZDK Gesellschaft für

demokratische Kultur gGmbHLiz Mohn überreicht die Auszeichnung der Bertelsmann-Stiftung an Siegbert Ketelhut.

Die Ber telsmann-Stif tung

zeichnete im letzten Jahr

10 Unternehmen aus Deutsch-

land aus, die sich für ihre

Region in besonderer Weise

engagiert haben. Dabei steht

nicht allein die f inanzielle

Unterstützung von Projekten

im Mittelpunkt, sondern vor

allem der nachhaltige Ein-

satz von Know-how, Zeit und

Sachmitteln.

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Die „Besten der Besten“ mit der Flamme 2007 geehrtTraditionell wurden Anfang Januar im Rahmen

des Biathlon-Weltcups in Oberhof die erfolg-

reichsten Sportlerinnen und Sportler aus dem

Projekt „Verbundnetz für den Sport“ mit der

„Flamme 2007“ ausgezeichnet. Platz 1 ging an

die Kanu-Doppelweltmeisterin Fanny Fischer vom

Olympiastützpunkt Potsdam. Auf Platz 2 wählte

die 10-köpfige Jury Robert Harting, den Diskus-

Vizeweltmeister aus Berlin. Rang 3 teilten sich die

Leipziger Kanutin Gesine Ruge und die Berliner

Schwimmerin Britta Steffen.

Prof. e. h. Dr. Klaus-Ewald Holst überreichte den

Preisträgern die Förderpreise im Gesamtwert von

15 000 Euro.

Lorenz Caffier (Innenminister von Mecklenburg-Vorpommern), Frank-Peter Roetsch, Hartwig Gauder, Sven Ottke, Uwe Jens Mey, Fanny Fischer, Gesine

Ruge, Robert Harting, Norman Bröckl, Britta Steffen, Dieter Althaus (Ministerpräsident des Freistaates Thüringen), Prof. e. h. Dr.-Ing. Klaus-Ewald Holst,

Dieter Adolfs (Referatsleiter im Bundesinnenministerium) (v.l.)

Siebente Berufung der Botschafter des Verbundnetzes der WärmeZehn Frauen und Männer aus den neuen Bundes-

ländern wurden am 25. Januar in den Franckeschen

Stiftungen in Halle (Saale) zu Botschaftern des

Verbundnetzes der Wärme berufen. Mit diesem

Titel ehrt die Initiative bereits zum siebenten Mal

Menschen, die sich unermüdlich für das Wohl ihrer

Mitmenschen einsetzen.

Ihre Ernennungsurkunden erhielten die Ge-

ehrten aus den Händen von Prof. Dr. Christiane

Dienel, Staatssekretärin des Sozialministeriums

Sachsen-Anhalt, Frank Bannert, Landrat des

Saalekreises, Dagmar Szabados, Oberbürgermeis-

terin der Stadt Halle und Dr. Gerhard Holtmeier,

Vorstandsmitglied der VNG – Verbundnetz Gas

Aktiengesellschaft.

In den kommenden Monaten werden die zehn

Botschafter verstärkt das Motto des Netwerkes

„Engagement zeigt Gesicht“ in die Öffentlich-

keit hinaustragen und zeigen, was sie mit ihrer

Die Verbundnetz-Botschafter 2008: (1. Reihe v.l.n.r.) Ilonka Struve, Ute Töpfer,

Ingrid Kadner, Margit Rosenthal, Carola Richter, Rosemarie Schneemann;

(2. Reihe v.l.n.r.) Roland Ilse, Frank Bannert, Edward Sulek, Dr. Gerhard Holtmeier,

Prof. Dr. Christiane Dienel, Ralph-Uwe Lange.

Arbeit bewirken. Mit der Urkunde und Ehrennadel

erhielten die Ausgezeichneten außerdem einen

Scheck über 5 000 Euro zur finanziellen Unter-

stützung ihrer Projekte.

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Chemnitzer stellen sich ideenreich dem Wettbewerb

Erdgas Südsachsen agiert jetzt auch als Stromanbieter

Chemnitz, 29. Januar. Erdgas Südsachsen sorgt wieder einmal für eine handfeste Überraschung:

Das Unternehmen verkauft ab sofort auch Strom – preisgünstiger als der Grundversorger. Laut

Pressemitteilung spart man, einschließlich Wechselprämie und Treueprämie, etwa 70 Euro bei einem

Verbrauch von 3 500 Kilowattstunden im ersten Vertragsjahr. Das entspricht dem Verbrauch eines

typischen 4-Personen-Haushalts im Einfamilienhaus. Damit gibt es auf dem Strommarkt erstmals

eine preiswerte regionale Alternative zum Grundversorger. Strom von Erdgas Südsachsen kann ab

sofort bestellt werden, geliefert wird er ab 1. Mai.

Das ist Grund genug für einen Informationsbe-

such bei dem Chemnitzer Energieversorger. Be-

reits am 31. Januar empfängt mich der Sprecher

der Geschäftsführung der Erdgas Südsachsen,

Dipl.-Ing. Reiner Gebhardt im Firmenhauptsitz in

der Straße der Nationen 140.

Gasversorger bietet jetzt auch preiswerten Strom

Weshalb hat man sich für einen solchen spektaku-

lären Schritt entschieden? „Von unseren Gaskunden

haben wir immer wieder die Frage gehört, ob Erdgas

Südsachsen nicht auch Strom liefern könne“, sagt

Geschäftsführer Gebhardt. „Die Entscheidung,

in den Strommarkt einzusteigen, steht für die

langfristige Entwicklungsrichtung unseres Unter-

nehmens: Wir werden als regionales und immer

vor Ort erreichbares Unternehmen die Menschen

in Südsachsen umfassend mit Energie versorgen.

Erdgas Südsachsen beliefert etwa 150 000 Haus-

halts- und Gewerbekunden mit Erdgas.“

Die meisten davon heizen mit Erdgas – und diese

Kunden profitieren besonders vom neuen Stroman-

gebot. Sie erhalten zusätzlich zu einem günstigen

Der Geschäftsführer der

Erdgas Südsachsen

Dipl.-Ing. Reiner Gebhardt.

Starke Werbung für ein starkes Angebot. Foto: Helmut Rosan

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Preis die Wechselprämie in Höhe von 25 Euro und

als Heizgaskunden mit einem Verbrauch von mehr

als 5 000 Kilowattstunden im Jahr eine Treueprä-

mie von weiteren 25 Euro. Voraussetzung ist der

Abschluss eines Vertrages für 12 Monate.

„Das verspricht unseren Kunden planbare Strom-

kosten. Denn wir garantieren den günstigen Strom-

preis bis zum 30. April 2009. Unser Anspruch ist

es, auch danach immer günstige Angebote bereit-

zustellen. Wir sehen unser Engagement im Strom-

bereich langfristig“, erklärt Reiner Gebhardt.

Das Stromangebot richtet sich vorerst an Kunden

im Gebiet der envia Verteilnetz GmbH. Ergänzend

zum bisherigen Versorgungsgebiet von Erdgas

Südsachsen gibt es den preiswerten Strom auch

in der Stadt Plauen und im Gebiet der Stadtwerke

Crimmitschau und Marienberg. Das jetzige Angebot

richtet sich zunächst an Privat- und Kleingewer-

bekunden mit einem Jahresverbrauch von bis zu

30 000 Kilowattstunden.

Der Wechsel vom bisherigen Stromversorger ist

einfach: Nach der Auftragserteilung erledigt Erdgas

Südsachsen alle Formalitäten.

Mit dem gelungenen Strom-Coup ist das Unter-

nehmen seinem wichtigsten Ziel einen erheb-

lichen Schritt näher gekommen: Die Chancen

des liberalisierten Marktes nutzen, d. h., den

Kundenwunsch nach Gas, Strom und Wärme aus

einer Hand erfüllen.

Erdgas Südsachsen auf einen Blick

Seit 1991 ist das Unternehmen als Erdgasversorger

in Südsachsen tätig. Es gehört mehrheitlich dem

„Zweckverband Gasversorgung in Südsachsen“,

einem Zusammenschluss von 132 Städten und

Gemeinden. Das wird als Auftrag verstanden, sich

stark in der Region zu engagieren. Knapp die Hälfte

der Anteile hält die Thüga AG München.

Hauptsitz der Erdgas Südsachsen in der Chemnitzer Straße der Nationen 140. Foto: Erdgas Südsachsen

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Chemnitzer stellen sich ideenreich dem Wettbewerb

Das Unternehmen versorgt, mit Ausnahme der

größeren Städte, die gesamte Region um Chem-

nitz und Plauen bis zur tschechischen Grenze

mit Erdgas. Für das Jahr 2006 bedeutet das

360 Mio. Euro Umsatz und 16 Mio. Euro Gewinn.

Geschäftsführer Reiner Gebhardt erläutert: „Bei

uns arbeiten 380 sehr motivierte Mitarbeiter

und 35 Auszubildende. Als Erdgas Südsachsen

haben wir weit über 850 Mio. Euro in eine hoch-

moderne Infrastruktur investiert. Durch den

Ausbau, die Sanierung und die Erneuerung der

bestehenden Gasversorgungsnetze können wir

statt der ursprünglich 50 000 bereits mehr als

150 000 Privat- und Gewerbekunden sowie ca.

900 Industriekunden in Südsachsen mit Erdgas

versorgen. Jetzt werden jährliche Ergänzungs- und

Ersatzinvestitionen in Höhe von rund 20 Mio.

Euro eingesetzt. Das hochmoderne Leitungsnetz

ist insgesamt 6 500 km lang, darunter 1 200 km

Hochdruckleitungen.

Und wie unsere Technik haben wir auch unsere

Organisation konsequent nach den Wünschen

und Erwartungen unserer Kunden ausgerichtet.

Als regionales Erdgasunternehmen sind wir neben

der Chemnitzer Hauptverwaltung noch mit acht

weiteren Betriebsstellen im Regierungsbezirk

Chemnitz vertreten. Die Betriebsstellen befin-

den sich in Zwickau, Aue, Annaberg-Buchholz,

Flöha, Mittweida, Limbach-Oberfrohna, Plauen

und Auerbach. Unsere Techniker, Monteure und

Servicemitarbeiter sind dort mit der zentralen

Kundenbetreuung vernetzt. Dieser ständige Kon-

takt sorgt für kurze Reaktionszeiten und dafür, dass

Mitarbeiter der Erdgas Südsachsen in kürzester

Zeit vor Ort sind.“

Das gilt natürlich auch für den mit 1 215 Meter am

höchsten gelegenen Kunden – das nicht nur in

Sachsen beliebte Hotel „Fichtelberghaus“.

Der Slogan „Willkommen im Süden“ ist für das

Unternehmen Lebensgefühl und Leitmotiv. Denn

Erdgas Südsachsen arbeitet in der Region für die

Region. Dazu Gebhardt: „Wir sind mehrheitlich

in kommunalem Besitz und vergeben unsere

Aufträge grundsätzlich an regionale Firmen. Die

Regionalität ist für uns das A und O. Wir können

hier keine Stahlrohre kaufen, aber alles andere

fließt sofort wieder zurück in die Region. Das sind

Löhne, Sozialabgaben, Konzessionsabgaben, das

ist der Großteil des Gewinns. Bauaufträge gehen

ausschließlich an regionale Firmen. Da legen wir

ganz großen Wert drauf.“

Geschäftsführer Dipl.-Ing. Reiner Gebhardt arbei-

tet in dieser Funktion seit dem 1. Oktober 1998.

Kennen gelernt hat er indes das Unternehmen Der am höchsten gelegene Kunde – das „Fichtelberghaus“. Foto: Erdgas Südsachsen

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bereits früher: 1990 bis 1991 war er als Berater

in Chemnitz tätig. Der gebürtige Saarländer ist

verheiratet und Vater zweier erwachsener Kinder,

die derzeit studieren.

Gebhardts berufliche Laufbahn begann 1982

bei der Thüga AG in München. In den ersten fünf

Jahren erfuhr er dort eine solide Ausbildung zum

DVGW-Sachverständigen für den kompletten tech-

nischen Bereich. In den Jahren 1992 bis 1998 war

er Geschäftsführer der Mittelfränkischen Erdgas

GmbH, wo er sozusagen die Gasversorgung „auf

der grünen Wiese“ sicherstellte.

Stark engagiert in der Region

Das Chemnitzer Unternehmen unterstützt Maß-

nahmen zur Luftreinhaltung. Förderprogramme

für Heizungsumstellungen von anderen fossilen

Brennstoffen auf Erdgas gehören ebenso dazu, wie

ein flächendeckender Ausbau des Erdgastankstel-

lennetzes. So wurde auch die firmeneigene Flotte

von 132 Autos auf Erdgas umgestellt.

Engagement für die Region heißt ausdrücklich

auch: Engagement für die Menschen. Das zeigt

sich z. B. bei Colortextil im nahen Frankenberg.

Der Textildruck-Spezialist ist Kunde von Erdgas

Südsachsen, doch die beiden Unternehmen

verbindet noch etwas anderes: Colortextil bildet

Lehrlinge aus und bezahlt werden diese Lehrstellen

von Erdgas Südsachsen. Dreißig solcher Ausbil-

dungspatenschaften hat die Erdgas Südsachsen

inzwischen übernommen. Und es könnten noch

ein paar mehr werden. Auch wenn die Wirkung

dieses Engagements nur schwer einschätzbar

ist, räumt Reiner Gebhardt ein: „Ich glaube, dass

man das nicht unbedingt messen kann, ob ein

Kunde bei uns bleibt oder nicht. Ich denke, dass

regionales Engagement ein Image ist, das man

aufbauen muss und dass das Image auch bei der

Kundenbindung hilft.“

Rabatt für treue Kunden

Der Wettbewerb auf den Energiemärkten lässt,

wenngleich in sehr unterschiedlichem Maße,

keinen unberührt. Dem einen geht er längst

schon zu weit, für andere hat er angeblich noch

gar nicht richtig angefangen. Gleichwohl: Ein

schlichtes „weiter so“ führt eher über kurz als

lang in eine Sackgasse. Davon ist auch Reiner

Gebhardt felsenfest überzeugt. „Wir nehmen

den Wettbewerb an und machen unseren Kun-

den schon seit Jahren Angebote, bei denen sie

Gaspreisprodukte wählen können, die auf ihre

individuellen Bedürfnisse zugeschnitten sind.“

So wurde auch die pfiffige Idee des Treuetarifs,

den der Deutschlandfunk in einem Interview

im vergangenen September als „bundesweit

einmaliges Angebot“ klassifizierte, zügig Re-

alität. Neben einem Festpreistarif, der ein Jahr

lang Gaspreisanpassungen ausschließt, hat

vor allem der Treuetarif bei den Südsachsen

eingeschlagen. Vor drei Jahren kam er auf den

Markt. „Kunden, die sich für diesen Tarif ent-

scheiden, bekommen anfänglich zwei Prozent

Rabatt. Bis zum fünften Vertragsjahr steigt die

Ersparnis auf fünf Prozent. Das heißt: Jedes Jahr,

das ein Kunde länger bleibt, bekommt er einen

besseren Preis.“

Dieser Preis ist schon im ersten Treuejahr so

niedrig, dass die Erdgas Südsachsen damit ge-

genüber Konkurrenten im Wettbewerb bestehen

kann. 25 000 Kunden haben sich bis heute für den

Treuetarif entschieden. Weitere 25 000 wurden für

den Festpreistarif „Konstant“ gewonnen. Damit

hat sich fast die Hälfte der 120 000 Vollversor-

gungskunden bewusst für eines der Preisprodukte

entschieden. Produkte, die es aber auch nur gibt,

weil es Wettbewerber gibt und Reiner Gebhardt

und seine Mitarbeiter sich etwas einfallen lassen

mussten, um ihre Kunden weiter zu halten. Neben

den Tarifen ist das vor allem die Strategie, konse-

quent auf Südsachsen zu setzen.

Die VNG ist zuverlässiger und fairer Partner

Angesprochen auf das Verhältnis zur VNG, die

seit der Firmengründung 1991 das Chemnitzer

Unternehmen mit Erdgas beliefert, zeigt sich

Reiner Gebhardt hoch erfreut. Die VNG habe sich

in jeder Situation als sehr zuverlässiger und

fairer Partner bewiesen. Gut waren vor allem

die langjährigen Kontakte mit dem ehemaligen

VNG-Vorstand Wolfgang F. Eschment. Auf ein

ähnlich gutes Verhältnis baut Gebhardt zum

Nachfolger Dr. Gerhard Holtmeier.

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Fortsetzung von Seite 11

Chemnitzer stellen sich ideenreich dem Wettbewerb

Als stets aufmerksame Gesprächspartner empfindet

Reiner Gebhardt ebenfalls Prof. e. h. Dr.-Ing. Klaus-

Ewald Holst und Prof. Dr. Gerhardt Wolff. „Die VNG

kann sich insgesamt zugute schreiben, dass sie

immer eine echte Partnerschaft pflegt. Sehr gut ist

auch die Kooperation bei Marketing und Kommuni-

kationsarbeit. So sind z. B. gemeinsame Auftritte bei

Messen, dem Tag der Sachsen, beim Erdgaspokal

der Schülerköche längst beste Tradition.“ In diesem

Zusammenhang nennt Gebhardt noch die Namen Lutz

Miedtank, Karel Schweng und Dirk Elstermann.

Chemnitz – ein Zentrum der Hochtechnologien,

der Wissenschaft, der Kultur und des Sports

Das über 800-jährige Chemnitz am Rande des schö-

nen Erzgebirges ist mit seinen knapp 250 000 Bür-

gern neben Dresden und Leipzig die drittgrößte

Stadt im Trio der historisch bedeutenden Sachsen-

Metropolen. Im Osten Deutschlands ist Chemnitz

die viertgrößte Stadt. Aber wahre Größe meint

nicht nur die Zahl der Einwohner oder räumliche

Ausdehnung. Chemnitz war und ist wieder einer der

führenden deutschen Industrie- und Technologie-

standorte. Es verfügt über reiche Traditionen im

Werkzeug-, Textil-, Fahrzeug- und Maschinenbau.

Schon um 1530 hatte der Gelehrte und Humanist

Georgius Agricola auch als Bürgermeister die sich

gegenseitig fördernde Verbindung von Ingenieur-

wesen, Wissenschaft und Kultur begründet. Die

zentrale Lage macht die Stadt zu einem wichtigen

Knotenpunkt zwischen Westeuropa und den sich

marktwirtschaftlich entwickelnden Ländern Mittel-

und Osteuropas. Auch deshalb ist Chemnitz eine

Stadt der Zukunft.

Die charakterisierenden Beinamen „Elbflorenz“

für Dresden, „Klein-Paris“ für Leipzig mögen

gelten, aber „sächsisches Manchester“ oder gar

„Rußchamtz“ tun zumindest heute Chemnitz

arg Unrecht. Ich gestehe, jederzeit sehr gern in

Chemnitz zu sein und habe hier freundliche sowie

interessante Menschen kennen gelernt.

Museum der Kunstsammlungen am Theaterplatz.

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Chemnitz ist nicht nur eine Industrie- sondern

auch eine moderne Universitätsstadt – mit her-

vorragenden Bedingungen für Forschung und

Lehre. Mehr als zehntausend Studierende füllen

die Hörsäle, in den Labors und Forschungsein-

hält die Stadt sehr viel bereit – beispielsweise

die Kunstsammlungen, das Theater, das Indus-

triemuseum, die Chemnitzarena.

Nachdem ich 2002 die wunderbare Ausstellung

„Picasso et les femmes“ (Picasso und seine

Frauen) erlebte, bot sich dieses Mal der Be-

such der neuen und hochkarätigen Sammlung

Gunzenhauser an, die mit fast 2 500 Werken zu den

wichtigsten Sammlungen der klassischen Moderne

zählt und deren Wert auf mehr als 100 Mio. Euro

geschätzt wird.

Und außerdem sah ich die bisher einmalige

Bob-Dylan-Ausstellung mit 140 Aquarellen und

Gouachen des legendären Sängers und Rock-

poeten. Das multiple Talent Dylans hat mich seit

meiner Jugend fasziniert. Seinen frühen Anspruch

„Ich bin wie ich bin, und keiner soll meinen Weg

ändern“ hat er über Jahrzehnte beibehalten. Wer

kann das schon von sich sagen? Und jetzt malt er

auch noch! Die Ausstellung wurde glücklicherweise

bis zum 24. März verlängert.

Diese drei nahezu epochalen Kunstcoups ver-

danken die Stadt und ihre Gäste der couragierten

Ingrid Mössinger, Generaldirektorin der Kunst-

sammlungen.

Gönnen Sie sich auch eine Freude und besuchen

Sie Chemnitz.

Helmut Rosan, freier Redakteur

Das Hotel „Mercure“ mit der Stadthalle, rechts das markante Karl-Marx-Denkmal, das 1971

der russische Bildhauer Lew Kerbel schuf. Fotos: Helmut Rosan

Der Rote Turm.

Viel Kunst: Ausstellungen mit Werken von Karl Schmidt-Rottluff,

Bob Dylan und im neuen Museum Gunzenhauser.

richtungen werden neue Produkte und Verfahren

entwickelt, die die Zukunft der Stadt als aner-

kannten Forschungs- und Wirtschaftsstandort

sichern.

Wer in der Geburtsstadt des Expressionisten Karl

Schmidt-Rottluff oder der Olympiasiegerin Katha-

rina Witt Kultur und Unterhaltung sucht, für den

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Gasverkauf mit noch mehr KundennäheDas Ressort Gasverkauf/Technik der VNG, das seit Juli 2007 unter der Leitung von Vorstand Dr. Gerhard Holtmeier

steht, hat sich zum 1. Januar 2008 neu aufgestellt. Damit rückt der Kunde noch spezifischer in den Mittelpunkt

aller Aktivitäten der VNG.

Vier neu organisierte Bereiche

Die bisherigen Verkaufseinheiten der VNG wurden

neu gegliedert und in die Bereiche Gasverkauf

Versorgungsunternehmen (VU) sowie Gasverkauf

Industrie- und Geschäftskunden (IG) geteilt. Beide

Vertriebseinheiten sind kundenspezifisch ausge-

richtet und deutschlandweit aktiv. Der Bereich

Gasverkauf Versorgungsunternehmen berück-

sichtigt zusätzlich auch bestehende regionale

Aspekte und deckt den Verkauf in den Regionen

Nord (Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern,

Schleswig-Holstein und Niedersachsen), Süd-Ost

(Sachsen, Thüringen und Bayern) und Süd-West

(Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Saarland,

Hessen und Baden-Württemberg) ab.

Ergänzt werden die beiden neuen Vertriebsein-

heiten um eine Marktsteuerungsfunktion. Der neue

Bereich übernimmt für den Vertrieb die Funktionen

der Vertriebssteuerung und des -controllings, des

operativen Risikomanagements und des Portfolio-

managements sowie Back Office-Funktionen. Der

Bereich Kundendienst/Marketing wurde im Zuge

der Neustrukturierung ebenfalls weiterentwickelt.

Er konzentriert sich nunmehr verstärkt auf das

Erdgasmarketing der Kunden und will sie bei der

konzeptionellen Entwicklung von Marketingmaß-

nahmen sowie beim Vertrieb unterstützen. Auch

die Beratungsleistungen sollen erhöht werden.

Alte und neue Ansprechpartner

Bei der Neugliederung des Verkaufsbereiches

wurde darauf geachtet, bestehende Strukturen

und Kundenbeziehungen soweit wie möglich

zu erhalten bzw. einen Wechsel der bisherigen

Ansprechpartner zu vermeiden.

Neuer Ansprechpartner für die Verkaufsdirektion

Versorgungsunternehmen ist Olaf Schneider, der

bis Ende 2007 im RWE-Konzern tätig war. André

Burkhardt, bisher Leiter Gasverkauf Nord, hat die

Leitung für den Bereich Gasverkauf Industrie- und

Geschäftskunden übernommen. Der neue Bereich

Marktsteuerung wird von Karel Schweng geführt,

der bis Ende 2007 für den Gasverkauf Süd verant-

wortlich war. Im Bereich Kundendienst/Marketing

bleibt unverändert Dr. Achim Westebbe als An-

sprechpartner bestehen.

Gasverkauf/TechnikDr. Gerhard Holtmeier

VorstandsassistentHeiko Rüdiger

SekretariatBrunhilde Meyer

Verkauf VUOlaf Schneider

Verkauf IGAndré Burkhardt

Kundendienst/MarketingDr. Achim Westebbe

MarktsteuerungKarel Schweng

Region Nord

Industrie-kunden

Produkt-koordination

Portfolio- & Risikomanagement

Region Süd-Ost

Geschäfts-kunden

Operatives Marketing/Beratung

Vertriebssteuerung/Controlling

Region Süd-West

Flüssiggas Strategisches Marketing

Back Office

Dienstleistungs-vertrieb

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4 Fragen, 4 Antworten

Welchen Herausforderungen muss sich ein modernes Versorgungsun-ternehmen heutzutage stellen und wo kann die VNG dabei ansetzen?

Zu den größten Herausforderungen zählen zurzeit der immer stärker wachsende Wettbewerb um Endkun-den und die damit verbundene Vo-latilität der Beschaffungspreise für Energie aufgrund der sich ebenfalls ständig verändernden Ölpreisent-wicklungen am Weltmarkt.Durch die neue Wettbewerbssitua-tion entstehen z.B. Kundenverluste und starke Mengenveränderungen, welche durch die Versorgungsun-ternehmen kompensiert werden müssen.Daher ist es nur zu verständlich, dass Preisanpassungen und Ver-änderungen auf der Einkaufsseite nicht immer gleich sofort 1:1 an die Endkunden weitergegeben werden können. Versorgungsunternehmen benötigen einen hohen Grad an Flexibilität. Durch unsere 50-jährige Erfahrung haben wir als VNG genau diese Kom-petenz und Möglichkeit, um unseren Kunden hochflexible und individuell maßgeschneiderte Lösungen und Produkte anbieten zu können.

Olaf SchneiderLeiter Gasverkauf Versorgungsunternehmen Tel.: 0341 443 - [email protected]

Industriekunden können heute auch von Stadtwerken und Energie-händlern mit Erdgas beliefert wer-den, ohne dabei auf eine maximale Versorgungssicherheit verzichten zu müssen. Wo sehen Sie im Wett-bewerb um dieses Kundensegment die Vorteile der VNG?

Viele Firmengruppen sind mittlerwei-le an einem Lieferanten interessiert, der alle Standorte bedient und so evtl. Skaleneffekte und Optimie-rungspotenziale hebt. Unser großer Vorteil besteht darin, dass wir Gas in allen Marktgebieten in Deutschland zur Verfügung haben und damit na-türlich in der Lage sind, solchen „ge-bündelten“ Anfragen gute Angebote entgegenzustellen. Als Erdgashändler setzen wir vor allem den Fokus auf große bis mittlere Standorte und se-hen nicht nur eine zusammengefasste Menge als Verkaufsziel. Einen weiteren Vorteil sehe ich in un-serem umfangreichen Dienstleistungs-angebot, das unter anderem durch den Bereich Kundendienst/Marketing abgedeckt wird. Hier sind Anwen-dungsberatung und Optimierung der Energieeffizienz beim Kunden zu nennen. Auch die Dienstleistungen unseres Leiconet-Angebotes sind für interne Netzbetreiber (Industrie-parks) eine gute Ergänzung. Wir treten nicht an, um um jeden Preis der billigste Anbieter zu sein, sondern bündeln durch unser Know-how und die verschiedensten Portfolioeffekte in der Mengenbereitstellung und -abwicklung maßgeschneiderte Pakete für unsere Kunden.

André BurkhardtLeiter Gasverkauf Industrie- und Geschäftskunden Tel.: 0341 443 - [email protected]

Der neue Bereich, den Sie vertreten, trägt den Namen „Marktsteuerung“. Kann man Märkte überhaupt steu-ern?

Sicherlich kann man Märkte nicht steuern, wohl aber das eigene Ver-halten in den Märkten. Genau darum geht es im neuen Bereich. Die Spiel-regeln der Märkte, die durch den gesetzlichen Rahmen vorgegeben werden und durch die Gesetze des Marktes selber bestimmt sind, bie-ten eine ganze Reihe von Handlungs-möglichkeiten, die mit Chancen und Risiken verbunden sind.In der Vergangenheit hat die VNG ca. 60 Kunden mit Vollversorgungs-verträgen beliefert. Im letzten Jahr hat allein unser Verkaufsbereich in Neu-Isenburg über 100 Angebote abgegeben – von der klassischen Vollversorgung über Teillieferungen bis zu Bandprodukten. Neben der Produktentwicklung und Bepreisung müssen die notwendigen Dienstleis-tungen wie Transportkapazität, Strukturierungsbedarf oder Bilanz-ausgleich bepreist und gebucht werden. Alles neue Aufgaben, die es früher so nicht gab. Daneben muss man sich auch Gedanken darüber machen, in welchen Gebieten man welche Produkte an welche Kunden mit welchen Wertschöpfungszielen anbieten will. Die Marktsteuerung als Dienstleister und Partner der Verkaufsbereiche hilft, solche Fra-gen zu beantworten.

Karel SchwengLeiter MarktsteuerungTel.: 0341 443 - [email protected]

Ihr Anspruch lautet, die Kunden schon in der konzeptionellen Ent-wicklung von Marketingmaßnah-men einzubinden und sie mit neuen Ideen für das Erdgasmarketing zu unterstützen. Wie wollen Sie das realisieren?

Als geeignete Plattformen dafür dienen der neu einberufene Strate-giekreis „Erdgas-Produktkommuni-kation und Vertriebsunterstützung“, die hierzu gebildete ständige Ar-beitsgruppe sowie das mittlerweile etablierte „Treffen der Kommunika-tions-, Medien- und Marketingver-antwortlichen“. Darüber hinaus sind weitere Maßnahmen über unsere Dienstleistungsplattform www.verbundnetzplus.de in Pla-nung. Viele Informationen erhalten wir natürlich auch aus unseren täglichen Arbeitskontakten mit unseren Kunden.Unsere Herausforderung wird dann in der Zusammenstellung eines entsprechenden Dienstleis-tungsangebotes liegen, welches den Qualitätsansprüchen der Kunden zu wettbewerbsfähigen Preisen gerecht wird. Um dies zu erreichen, haben wir unsere Pro-duktentwicklung personell und organisatorisch deutlich verstärkt. Wir hoffen, dass diese Maßnahmen schon in der ersten Jahreshälfte spürbare Erfolge zeigen.

Dr. Achim WestebbeLeiter Kundendienst/MarketingTel.: 0341 443 - [email protected]

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Škoda Octavia CNG-EditionMit dem Škoda Octavia Combi II CNG kommt ein

neues Erdgasfahrzeug auf den Markt, das insbe-

sondere für Flottenbetreiber interessant ist. Als

Kombivariante ist es für Unternehmen geeignet,

die nicht nur Personen transportieren wollen,

sondern auch sperrige Gegenstände unterbringen

müssen.

Das Mittelklassemodell verfügt über ein bivalent

angelegtes Fahrzeugkonzept und kann sowohl

mit Erdgas als auch mit Benzin betrieben werden.

Mit einem Fassungsvermögen von 17 Kilogramm

Erdgas und einem Durchschnittsverbrauch von

5,7 Kilogramm beträgt die Reichweite im Gas-

betrieb rund 300 Kilometer. Zusammen mit dem

Benzintank kommt man sogar über 700 km weit.

Der Škoda Octavia Combi II CNG punktet vor

allem bei den Kosten, da Erdgas über 30 Prozent

günstiger als Diesel und sogar 50 Prozent güns-

tiger als Benzin ist. Zudem ist der CO2-Ausstoß

mit ca. 145 g/km rund 20 Prozent niedriger als

Der neue Škoda Octavia CNG wurde vom Initiativkreis Erdgas

als Kraftstoff Deutschland e.V. (IEK) zusammen mit dem Fahr-

zeugentwickler IAV GmbH entwickelt. Der Wagen entspricht

dem QVM-Konzept und wird von speziell geschulten Škoda-

Händlern angeboten.

Interview mit IEK und IAVDer neue Škoda Octavia CNG ist ein Gemeinschaftsprojekt vom IEK Deutschland e.V. und der IAV GmbH.

Über die Gründe der Zusammenarbeit und die Potenziale des neuen Mittelklassewagens sprach

medium gas mit den beiden Projektverantwortlichen Maik Hendler (IEK) und Iraklis Avramopoulos (IAV).

Wie ist die Zusammenarbeit zustande gekommen?

Hendler: Obwohl eine Vielzahl an Erdgasserien-

modellen auf dem Markt ist, gibt es kaum Fahrzeuge

im Kompaktklasse-Segment. Mit der IAV GmbH

haben wir schnell einen kompetenten Partner

gefunden, der bereits die aktuellen CNG-Modelle

von VW mit entwickelt hat.

Der Škoda Octavia CNG ist ein so genanntes

QVM-Fahrzeug. Was verbirgt sich hinter diesem

Begriff?

Avramopoulos: Die Abkürzung QVM bedeutet

„Qualified Vehicle Manufacturer“, d. h. auf deutsch

so viel wie „Qualifizierter Hersteller“. Bei einer

QVM-Lösung arbeiten wir nach OEM-Standards.

Bewährte Erdgastechnik im

neuen Škoda Octavia Combi II

CNG.

Jetzt auch mit Erdgasantrieb

bei einer vergleichbaren Benzinvariante. Im

Vergleich zum Dieselmodell werden deutlich

weniger Stickoxide und praktisch kein Feinstaub

ausgestoßen.

Der Einstiegspreis für den Škoda Octavia Combi II

CNG beträgt inkl. Mehrwertsteuer 20 864 Euro.

Das setzt einen sehr hohen Kenntnisstand über

das Basisfahrzeug voraus. Beim Umbau müssen

wir uns nach bestimmten Kriterien richten und so

beispielsweise auf das Engineering achten oder alle

Abläufe während des gesamten Produktionspro-

zesses einhalten. Nur dann bestehen die Fahrzeuge

auch den sehr hohen Qualitätsanforderungen und

den entsprechenden Qualitätskontrollen.

Welche Vorteile hat der neue Škoda Octavia CNG

als CNG-Modell gegenüber einem üblichen um-

bzw. nachgerüsteten Fahrzeug?

Avramopoulos: Bei der QVM-Variante werden nur

Systembauteile verwendet, die wir weltweit und

nach sehr strengen Qualitätskriterien einkaufen.

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Diese sind natürlich auch mit dem Basismodell im

Bezug auf die Steuergeräteentwicklung, den Einbau

oder die Materialauswahl abgestimmt. Dadurch

können wir ein einwandfreies Funktionieren der

Umrüst- und Nachrüstkomponenten garantieren.

Durch die Zertifizierung sind die Fahrzeuge zudem

europaweit zulassungsfähig.

Wo kann man das neue Erdgasmodell kaufen?

Hendler: Die Vertriebsorganisation befindet sich

derzeit zwar noch im Aufbau, aber das Fahrzeug

ist natürlich schon bestellbar. Erste Fahrzeuge

wurden sogar schon an ihre neuen Besitzer aus-

geliefert. Für eine Angebotsanfrage folgt man auf

www.gibgas.de einfach dem Link zum Škoda

Octavia oder man kann auch direkt über die Website

www.erdgasfahrzeuge-kontor.de gehen. Sofern

man lieber zu einem lokalen Škoda-Händler gehen

möchte, sollte man vorsorglich die Information über

den Bestellvorgang mitnehmen, da noch nicht alle

Škoda-Händler das Angebot kennen.

Übernimmt der Škoda-Händler auch den Einbau

bzw. Umbau?

Hendler: Für den Einbau der QVM-Komponenten

wurden einige besonders engagierte Škoda-

Händler ausgewählt. Sie wurden speziell bei der

IAV geschult und sind von TÜV oder DEKRA als

zertifizierte Nachrüster zugelassen. Sie sind derzeit

auch diejenigen, die die Fahrzeuge ausliefern und

den Service übernehmen. Wir sind gerade dabei,

dieses Servicenetz mit ca. 200 Škoda-Partnern in

ganz Deutschland zu vergrößern.

Bleibt die Hersteller-Garantie im vollen Umfang

bestehen?

Avramopoulos: Die Herstellergarantie bleibt er-

halten. Die Mängelhaftung des Herstellers wird

sogar durch die gesetzliche Mängelhaftung des IAV

ergänzt. Das gilt uneingeschränkt für alle Fahrzeug-

komponenten, die vom IAV nachgerüstet wurden,

bzw. direkt von der Umrüstung betroffen sind.

Gibt es Überlegungen, weitere Modelle als

QVM-Lösung anzubieten?

Hendler: Ja! Wie schon erwähnt, sind wir der Auf-

fassung, dass die verfügbare Modellpalette im

Kompaktklassesegment nicht breit genug ist. Aktuell

sind wir dabei, einen Audi A3 mit dem QVM-Konzept

auszustatten. Auch die Umrüstung des Škoda Fabia

haben wir ins Auge gefasst, weil der Wagen – wie

der Octavia – stark nachgefragt wird.

Peter Ganczarski

Kundendienst/Marketing

Tel. 0341 443 - 2286

Fax 0341 443 - 2922

[email protected]

Ihre Ansprechpartner

Steffen Hesse

Kundendienst/Marketing

Tel. 0341 443 - 2904

Fax 0341 443 - 2919

[email protected]

Erweitertes Testfahrzeugangebot

Die VNG hat den Fuhrpark ihrer erdgasbetriebenen

Testfahrzeuge erweitert. Neben den bisher bereits

angebotenen Opel Zafira 1.6 CNG und VW Touran

EcoFuel stehen jetzt zusätzlich ein Ford Focus

2.0 16V CNG Style mit vollständiger Ausrüstung als

Fahrschulfahrzeug und ein VW Caddy Life EcoFuel

als 5-Sitzer-PKW zur Verfügung. Während der Ford

Focus CNG von den Fahrschulen für einen längeren

Die beiden „Neuen“ bei der VNG – VW Caddy Life EcoFuel und

Ford Focus CNG.

Zeitraum von ein bis zwei Wochen ausgeliehen

und im praktischen Betrieb getestet werden kann,

ist der VW Caddy Life EcoFuel schon tageweise

oder übers Wochenende zu buchen. Er kann da-

mit für Presse-Events, Ausstellungen und Probe-

fahrten genutzt werden.

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1 Grimmen, A202 Jarmen, A20/B1103 Neubrandenburg, A20/B964 Birkenwerder, A10/B965 Wustermark, A10/B56 Mittenwalde, A13/2467 Eisenberg, A98 Chemnitz Süd, A729 Cottbus, A15/B168

10 Bautzen, A4/B15611 Grimma, A14/B10712 Lützen, A38/B8713 Bad Lauchstädt, A3814 Sangerhausen, A38/B8615 Sömmerda, A71/B17616 Suhl, A71/A7317 Wolfen, B183/B18418 Dresden, A4/B619 Radeburg, A1320 Halle (ÖPNV), 20 Busse21 Querfurt (ÖPNV), 10 Busse22 Ribnitz-Damgarten, B105

Genehmigungsverfahren/Bauvorbereitung

Standortsondierung

4,5 Mio. € für den Ausbau der Erdgastankstellen-InfrastrukturDie VNG-Erdgastankstellen GmbH wird in den kommenden drei Jahren rund 4,5 Millionen Euro in den Ausbau des Tank-

stellennetzes zwischen Ostsee und Thüringer Wald investieren. Geplant sind zunächst 16 Erdgastankstellen, die vor allem

in Autobahnnähe und an viel befahrenen Bundesstraßen zu finden sein werden.

Ausbau der Infrastruktur

trotz Stagnation

Der Ausbau eines flächendeckenden Netzes auf

bis zu 1 000 Erdgas-Tankstellen in Deutschland

war 2006 ins Stocken geraten, als der Gesetz-

geber Flüssiggas gleichermaßen wie Erdgas als

Kraftstoff steuerlich begünstigte. Die Diskussion

im Vorfeld und im Nachgang der Entscheidung

bremste eine seit dem Jahr 2003 andauernde

Investitionswelle der deutschen Gaswirtschaft

in das Erdgastankstellennetz, das jährlich um bis

zu 150 Tankstellen wuchs. Die Zurückhaltung der

Investoren war nur allzu verständlich, belaufen

sich die Kosten für eine neue Erdgastankstelle

auf bis zu 300 000 Euro. Sowohl Erdgastankstel-

lenbetreiber als auch Hersteller und Nutzer von

Erdgasfahrzeugen brauchen deshalb Sicherheit

und Kontinuität in den politischen und finanziellen

Rahmenbedingungen.

Ungeachtet dessen hat sich die VNG gemeinsam

mit anderen Marktteilnehmern wie der E.ON Gas

Mobil GmbH dazu entschlossen, die Stagnation

zu durchbrechen und in den weiteren Ausbau

des Tankstellennetzes zu investieren. Auch, weil

sich die Rahmenbedingungen zu Gunsten von

Erdgas als Kraftstoff weiterentwickelt haben,

denn mittlerweile fordert die Politik aktiv die

Reduktion von verkehrsbedingten Emissionen,

beispielsweise durch Erdgas als Kraftstoff. Die

Automobilindustrie wurde dadurch zur Entwicklung

leistungsstarker und umweltschonender Erdgas-

Modelle mobilisiert.

Bau der ersten Tankstellen steht

unmittelbar bevor

Seit der Entscheidung, die Investitionen in das

Erdgastankstellennetz wieder zu erhöhen, lau-

fen die Vorbereitungen und Umsetzungen der

einzelnen Projekte mit Hochdruck. Mittlerweile

wurden die verschiedenen Standorte und deren

Anschlussbedingungen geprüft. Dazu waren

im Vorfeld eine Reihe von Abstimmungen mit

den örtlichen Versorgern und Netzbetreibern

sowie mit einzelnen Mineralölgesellschaften

notwendig.

Fünf Vorhaben befinden sich im Genehmigungs-

verfahren der Mineralölgesellschaften bzw. der

örtlichen Baubehörden. Für die ersten Tankstellen

in Birkenwerder (nördlich von Berlin in der Nähe

der A 10) sowie in Wolfen steht die Bauphase

unmittelbar bevor.

Parallel dazu errichtet auch die E.ON Gas Mobil

GmbH, eine Tochter der E.ON Ruhrgas AG, neue

Erdgastankstellen in Deutschland.

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Ihre Ansprechpartner

Hagen Kuschel

Geschäftsführer

Tel. 0341 443 - 2621

Fax 0341 443 - 2483

[email protected]

Steffen Hesse

Geschäftsführer

Tel. 0341 443 - 2904

Fax 0341 443 - 2922

[email protected]

Beteiligung ausdrücklich erwünschtDie VNG-Erdgastankstellen GmbH sucht bei allen Projekten das Gespräch mit den örtlichen Versor-

gern, die in der Regel auch unmittelbar oder mittelbar Kunden der VNG sind. Durch diese Kooperation

soll das Geschäftsfeld mit Erdgastankstellen weiter entwickelt und der Rückstand nach der Phase

der Stagnation wieder aufgeholt werden.

Drei Fragen an Hagen Kuschel, Geschäftsführer der VNG-Erdgastankstellen GmbH, zum gemeinsamen

Engagement von VNG und örtlichen Energieversorgungsunternehmen.

Wer kann sich in welcher Form an einzelnen

Projekten Ihrer Gesellschaft beteiligen?

Kuschel: Wir errichten und betreiben die Erdgas-

tankstellen in Versorgungsgebieten von Erdgasun-

ternehmen, die in der Regel auch unsere Kunden

sind. Es ist unser ausdrücklicher Wunsch, diese

Unternehmen in unser Vorhaben mit einzubezie-

hen. Wir bieten ihnen deshalb an, sich als stiller

Gesellschafter an der Finanzierung einzelner oder

mehrerer Tankstellen zu beteiligen. Im Gegenzug

partizipiert der stille Gesellschafter am Ergebnis

der jeweiligen Tankstelle. Der stille Gesellschafter

hat allerdings nicht die Rechte und Pflichten eines

typischen Gesellschafters. Übrigens: Für eines

unserer ersten Projekte konnten wir bereits einen

Partner als stillen Gesellschafter gewinnen.

Welche Vorteile entstehen dadurch?

Kuschel: Der große Vorteil dieser Gestaltung

liegt zum einen in ihrer rechtlichen Flexibilität,

da sich jedes Unternehmen sehr individuell

und in unterschiedlicher Beteiligungshöhe an

einzelnen Tankstellen beteiligen kann. Auch

ein Wechsel im Kreis der Beteiligten ist ohne

großen rechtlichen und organisatorischen Auf-

wand möglich. Ganz entscheidend hilft diese

Kooperation auch, gemeinsam mit den Partnern

die Tankstelleninfrastruktur weiter auszubauen,

finanziell zu schultern, am wirtschaftlichen Er-

folg zu partizipieren und nicht zuletzt Erdgas als

Kraftstoff weiter zu etablieren. Allerdings: So ganz

still soll der stille Gesellschafter nicht sein. Wir

bieten ihm an, die jeweilige Erdgastankstelle auch

gemeinsam öffentlich zu vermarkten. Dadurch

hat er die Chance, die positiven Effekte einer

Erdgastankstelle in seinem Versorgungsgebiet

für sich zu nutzen.

An wen können sich Interessenten einer solchen

Kooperation wenden?

Herr Hesse und ich laden alle Interessenten gern

ein, das Gespräch mit uns zu suchen. Umgekehrt

werden wir im Rahmen der Planung unserer Tank-

stellen auch auf alle betroffenen Versorgungs-

unternehmen zugehen.

Alle Projekte von VNG und E.ON Gas Mobil werden

in enger Zusammenarbeit mit der erdgas mobil

GmbH & Co. KG, einem Zusammenschluss von

Energieversorgungsunternehmen, realisiert. So-

mit wird insbesondere bei der Standortauswahl

sichergestellt, dass ein auf die Bedürfnisse der

Erdgasfahrer abgestimmtes Erdgastankstellennetz

entlang der Transitrouten entsteht. Aber auch die

Tankstellentechnik und der Tankstellenbetrieb

lassen sich so in hohem Maß standardisieren

und optimieren. Durch den Abschluss von stan-

dardisierten Full-Service-Verträgen soll eine hohe

Verfügbarkeit der Erdgastankstellen sichergestellt

werden.

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Datum Veranstaltung VNG-Stand Ort

April

21.–22.04.2008 Branchentreff Energie-Einkäufer Köln

21.–25.04.2008 Hannover Messe 2008 – Energy Halle 13, Stand D 30/1 Hannover

22.–23.04.2008 World Energy Dialogue im Rahmen der Hannover Messe Hannover

22.–24.04.2008 Stadtwerke 2008 Berlin

25.–27.04.2008 DENEX – Messe & Kongress für dezentrale Energiesysteme, Bioenergie & energieeffizientes Bauen

Kassel

Mai

18.–20.05.2008 Erdgas Marketing Treff Fürstlich Drehna

19.05.2008 Empfang bei der VNG anlässlich des Norwegischen Nationalfeiertages Leipzig

20.05.2008 Bilanz-Pressekonferenz der VNG für das Geschäftsjahr 2007 Leipzig

Juni

01.–03.06.2008 Erdgas Marketing Treff Fürstlich Drehna

03.–04.06.2008 Wissenschaftliche Fachtagung der Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur Leipzig (HTWK) zum Thema „Energie & Gebäudetechnik“

Leipzig

03.–05.06.2008 TOP ENERGY BERLIN Halle 20, Stand 122 Berlin

06.06.2008 Erdgas-Challange-Day des „Verbundnetz für den Sport“ Cottbus

11.06.2008 Festakt: 35 Jahre russisches Erdgas für Deutschland Leipzig

12.–14.06.2008 EUROGAS, Vorstandssitzung und Mitgliederversammlung Leipzig

18.–19.06.2008 1. Bundestagung des BDEW Estrel Convention Center Berlin

22.–24.06.2008 Erdgas Marketing Treff Fürstlich Drehna

23.–27.06.2008 Neftegaz, Messe Halle 2.1 Moskau

27.06.2008 Fachtagung „Erdgas und Handwerk“ gemeinsam mit dem Fachverband SHK Sachsen

Chemnitz

Aktuelle Termine im nächsten QuartalHannover Messe 2008: VNG mit innovativen

Pipelinetechnologien dabei

Vom 21.–25. April ist der

Bereich Betrieb/Techno-

logie der VNG erstmals

mit einem Stand auf der

Hannover Messe Energy

2008 vertreten. Gemein-

sam mit ihren Partnern stellt die VNG-Gruppe

vor allem drei innovative Pipelinetechnologien

in den Mittelpunkt: das trascue Pipeline Inte-

grity Management System (PIMS), das Flotten-

und Störungsmanagement sowie den Smart

PLUG-Molch. Diese Produkte und Dienstleis-

tungen wurden von der VNG-Gruppe gemeinsam

mit ihren Partnern entwickelt.

Dort finden Sie uns: Halle 13, Stand D30/1

Weitere Informationen unter:

www.hannovermesse.de

Wissenschaftliche Fachtagung

der HTWK Leipzig

Am 3. und 4. Juni 2008

veranstaltet der Fach-

bereich Maschinen-

und Energietechnik

der HTWK Leipzig gemeinsam mit namhaften

Kooperationspartnern aus Wirtschaft und Politik

die wissenschaftliche Fachtagung „Energie +

Gebäudetechnik 2008“.

Die Veranstaltung steht unter dem Motto „Energe-

tische Effizienz und Nachhaltigkeit“. Schirmherr ist

Regierungspräsident Walter Christian Steinbach.

Die Fachtagung bietet Energieberatern, Planern,

Baufachleuten und kommunalen, industriellen

sowie privaten Energienutzern die Möglichkeit, sich

über die neuesten wissenschaftlich-technischen

Kenntnisse auszutauschen.

Nähere Informationen unter:

www.htwk-leipzig.de/fbme

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Wettbewerb im Erdgasmarkt

Preisentwicklung auf umkämpften MärktenWettbewerb ist an sich nichts Neues für die

Branche. Schließlich stand Erdgas immer schon

mit anderen Energieträgern in Konkurrenz. Doch

seit der vollständigen Öffnung deutscher Netze

hat sich der Wettbewerb auch auf die Anbieter

innerhalb des Erdgasmarktes ausgeweitet. Das

war überfällig. Die Erdgasbranche hat aus dem

Imageverlust der letzten Jahre gelernt und be-

grüßt die Veränderungen. Jeder Verbraucher soll

prinzipiell die Möglichkeit haben, den Anbieter

von Erdgas zu wechseln. Es ist verständlich, wenn

sich der Verbraucher ansonsten weniger als Kunde

denn als Abgabeknecht fühlt und beispielsweise

den mit Öl heizenden Nachbarn beneidet, nur weil

dieser, wenn es ihm gefällt, jedes Jahr einen ande-

ren Lieferanten beauftragen kann. Der Kunde will

eine Wahl haben. Nur so kann er die Gewissheit

haben, ein gutes Produkt zu einem angemessenen

Preis einzukaufen.

Die Gaswirtschaft sorgt nun aktiv dafür, dass ihre

Kunden mit geringstem Aufwand den Anbieter

wechseln können. Zugegeben, mehr Wettbewerb

verlangt den etablierten Anbietern von Erdgas,

zu denen auch die Mitglieder des Forum Erdgas

gehören, noch mehr Einsatz, Ideenreichtum und

Servicebereitschaft ab. Jeder muss sein Angebot

sehr genau auf Attraktivität prüfen. Doch zeigt sich

bereits, wie gut sich die Versorgungsunternehmen

auf die neuen Bedingungen eingestellt haben. So

entwickelt sich in den Unternehmen etwa eine

erstaunliche Vielfalt an zielgruppenorientierten

Angeboten: von Biogas über spezielle Familienzu-

schnitte oder Preisgarantien für einen bestimmten

Zeitraum bis hin zur Förderung von erstmaligen

Hausanschlüssen für den Erdgasbezug. Die Verbrau-

cher profitieren also längst vom Wettbewerb.

Die Erwartung, die der Gesetzgeber mit der Ver-

änderung der Rahmenbedingungen für den nati-

onalen Absatzmarkt verbindet, ist allerdings eine

Intensivierung des Preiswettbewerbs mit der Folge

massiver Preissenkungen. Bei den Verbrauchern

wurde der Glaube geweckt, der beschränkte

inländische Wettbewerb sei der entscheidende

Faktor für die schmerzhaften Preiserhöhungen der

letzten Jahre. Doch der inländische Wettbewerb

kann nicht die vom Gesetzgeber prophezeiten

Preisstürze bringen. Stattdessen stiegen die Kos-

ten für Energie und mit ihnen die Erdgaspreise

weiter an – und das, obwohl sie auf Länder-,

Bundes- und EU-Ebene zusätzlich noch strengen

kartellrechtlichen Kontrollen unterliegen.

Versagt der Wettbewerb, wie das nach wie vor

Skeptiker glauben machen wollen? Nein. An dem

wirklichen Grund für diese Entwicklung können die

deutschen und europäischen Wettbewerbshüter

nur leider nichts ändern. Die Preissteigerungen sind

eine unvermeidbare Folge des hart umkämpften

internationalen Beschaffungsmarktes und treffen

Versorger wie Endverbraucher gleichermaßen.

Rohstoffarme Länder wie Deutschland haben dabei

unter dem nachhaltigen globalen Nachfrageboom

besonders zu leiden. So bleibt letztendlich nur

eine wirksame Methode, auf die Preissteigerung

zu reagieren, und die heißt: Energie sparen. Das

schont nicht nur das Portmonee, sondern auch

die Umwelt. Ich bin sicher, hier wird der neue

Wettbewerb auch für mehr Beratungsleistungen

seitens der Anbieter sorgen. Das Forum Erdgas

wird jedenfalls weiterhin sein Bestes tun, die

neuen Herausforderungen mit seinen Mitglie-

dern zu diskutieren und die Öffentlichkeit über

die Hintergründe der Gaspreisentwicklung zu

informieren.

Andrej Krocker, Leiter Forum Erdgas

Weitere Informationen

Andrej Krocker

Forum Erdgas

Tel. 0341 443 - 2626

Fax 0341 443 - 3237

[email protected]

www.forum-erdgas.de

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Schwerpunkt: Wettbewerb

Wettbewerb bedeutet Freiheit – die Frei-

heit, seine Chancen zu nutzen und ein Unter-

nehmen gegenüber anderen Marktakteuren

erfolgreich zu positionieren. Das ist anstren-

gend und verlangt viel Engagement und

Kreativität in allen Geschäftsbereichen. Auch

beim Portfoliomanagement, wo die VNG zu-

sammen mit der ENERGIEUNION AG ein neues

Dienstleistungsangebot etablieren wird.

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Dr. Wulf Lammert, Vorstand der ENERGIEUNION AG (links) und Karel Schweng, Leiter

Marktsteuerung bei der VNG – Verbundnetz Gas AG (rechts) diskutieren auf der Handels-

blatttagung in Berlin mit Prof. Dr.-Ing. Matthias Krause, Technischer Geschäftsführer

der EVH GmbH, über die Möglichkeiten, die sich im Wettbewerb durch ein strategisches

Portfoliomanagement für Stadtwerke und Regionalversorger ergeben. Foto: Christoph Busse

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Unser Kunde steht im Wettbewerb an erster Stelle

Interview mit Prof. e. h. Dr.-Ing. Klaus-Ewald Holst

Seit die VNG 1990 den Wandel vom volkseigenen Betrieb in eine Aktiengesellschaft vollzogen

hat, steht sie im Wettbewerb. Einerseits musste sich Erdgas im Wettbewerb mit anderen Energie-

trägern durchsetzen, andererseits gab und gibt es zunehmend im ehemaligen Heimatmarkt in

Ostdeutschland andere Gaslieferanten. Von Beginn an war es für die VNG deshalb wichtig, sich

durch marktgerechte Preise, Servicedienstleistungen und technisches Know-how einen Markt-

vorteil zu erarbeiten. Sie hat dabei eine solide Ausgangsbasis erreicht und beginnt seit einigen

Jahren auch zunehmend, ihre Geschäftsbereiche zu erweitern und sich in anderen europäischen

Märkten zu engagieren.

Wir sprachen mit dem Vorstandsvorsitzenden der VNG, Prof. e. h. Dr.-Ing. Klaus-Ewald Holst, über

die aktuelle Wettbewerbssituation und die künftigen Entwicklungschancen des Unternehmens.

Wo steht die VNG heute in Europa?

Die VNG gehört in Europa zu den zehn größten

Erdgasimporteuren, in Deutschland nimmt sie nach

E.ON Ruhrgas und Wingas den dritten Platz ein und

in Norwegen sind wir mittlerweile der zweitgrößte

deutsche Gaskäufer. So gesehen haben wir uns

seit 1990 zu einer wichtigen Größe in Europa

entwickelt. Übrigens als einziges Unternehmen

der Energiewirtschaft in Ostdeutschland.

Wie erklären Sie sich diese Entwicklung?

Eigene Ideen und eigenes Engagement sowie die

permanente Unterstützung unserer Aktionäre – das

sind die Eckpfeiler unseres Erfolges. Wir haben

beispielsweise in der Wendezeit nicht darauf

gewartet, was auf uns zukommen wird, sondern

haben den Wandel selber in die Hand genommen.

„Hilfe zur Selbsthilfe“ war unser Motto. So konnten

wir frühzeitig die richtigen Entscheidungen treffen

und diese rechtzeitig umsetzen – sowohl bei der

Beschaffung als auch beim Absatz von Erdgas.

Bei allen Entscheidungen standen unsere Akti-

onäre und Partner geschlossen hinter uns. Hier

sind besonders unsere wichtigsten Wegbegleiter

der ersten Unternehmensjahre zu nennen: Die

Unternehmen Ruhrgas, Wintershall, Gazprom, Prof. e. h. Dr.-Ing. Klaus-Ewald Holst

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Gaz de France – und natürlich unsere kommunalen

Anteilseigner. Sie haben seit 1990 den Aufbau der

VNG als Ferngasunternehmen am Standort Leip-

zig getragen und uns bei der Umsetzung unserer

strategischen Ziele unterstützt.

Viele Unternehmen denken bei zunehmendem

Wettbewerbsdruck über eine Neupositionierung

nach. Welche Gedanken gibt es diesbezüglich

bei der VNG?

Wir haben bereits vor zwei Jahren unsere lang-

fristige Strategie bis 2020 in einem Konzept

festgeschrieben. Danach sehen wir uns nach wie

vor als europäischer Erdgasimporteur, der Handel,

Transport und Speicherung von Erdgas zu seinen

Kernkompetenzen zählt und seine Leistungen

Stadtwerken und regionalen Versorgungsunter-

nehmen, Kraftwerken, Industriebetrieben sowie

Gashändlern und Gastransporteuren zur Verfügung

stellt. Am inländischen Endkundengeschäft werden

wir uns auch in Zukunft nicht beteiligen.

Allerdings engagieren wir uns in der Erdgaspro-

duktion und wollen ab 2014/2015 eigenes Erdgas

aus Norwegen nach Deutschland liefern und so

die Erdgasversorgung für unsere Kunden auf eine

noch breitere Basis stellen. Das ist – neben un-

seren langfristigen Lieferverträgen – ein weiterer

Beitrag, um die Versorgungssicherheit mit Erdgas

zukünftig zu gewährleisten.

Ab 2014/2015 will die VNG eigenes Erdgas aus Norwegen nach Deutschland liefern. Foto: Christoph Busse

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Was bedeutet der Wettbewerbsdruck für Ihr

tägliches Geschäft?

Im täglichen Geschäft hat sich Vieles geändert.

Der Vertrieb der VNG konkurriert mit zahlreichen

Marktteilnehmern sowohl auf dem angestammten

heimischen Markt als auch auf für uns relativ neuen

Absatzmärkten. Bei der Belieferung von Kunden

muss unser Handel – wie alle anderen – freie

Netzkapazitäten beim jeweiligen Netzbetreiber

buchen. Um hier erfolgreich zu sein, muss man

bedarfsgerechte Preise bilden und Marktpreise

bezahlen. Die Anforderungen des Marktes sind

aber weiter gestiegen. Um hier entsprechend

agieren zu können, bedarf es neuer Vertriebsstruk-

turen. Darum haben wir unseren Verkaufsbereich

zum Jahresbeginn in Vertriebseinheiten organi-

siert, die sich an unseren wichtigsten Kunden-

gruppen – den Versorgungsunternehmen und den

Industrie- und Geschäftskunden – orientieren.

Wir brauchen heute stärker denn je Strukturen im

Unternehmen, mit denen wir schnell und flexibel

im Wettbewerb agieren können. Nur mit dieser

Fähigkeit zur ständigen Weiterentwicklung kön-

nen wir in einer dynamischen, sich permanent

ändernden Geschäftswelt bestehen.

Wo sehen Sie einen Wettbewerbsvorteil der VNG?

Der Energiemarkt ist noch schnelllebiger geworden

und verlangt von den Unternehmen der Energie-

wirtschaft Konzepte, die sich an den gestiegenen

Erwartungen der Kunden orientieren. Darüber

hinaus ist auch der internationale Beschaffungs-

markt härter geworden. Unser Trumpf ist unsere

50-jährige Erfahrung. Die Geschichte der VNG war

stets von Veränderungen geprägt. Es gab in der

Vergangenheit ständig neue Herausforderungen.

Unsere Mitarbeiter haben diese immer als Chance

gesehen und dadurch das Unternehmen ständig

weiterentwickelt. Insofern bin ich sicher, dass wir

auch neue Aufgaben meistern werden.

In Deutschland sind zahlreiche Energieversorger

im Markt. Ein homogenes Produkt wie „Erdgas“

und eine hohe Anzahl an Anbietern sind doch

die besten Voraussetzungen für einen funkti-

onierenden Wettbewerb. Dennoch wird immer

noch der Vorwurf erhoben, die Marktöffnung sei

bisher unvollständig umgesetzt. Ist das nur ein

Problem der öffentlichen Wahrnehmung oder

doch Realität?

Das ist ganz klar ein Problem der öffentlichen Selbst-

darstellung der Branche. In der Realität ist der Wett-

bewerb im vollen Gange. Der Wechsel des Erdgas-

anbieters ist für alle Stadtwerke, Industriekunden

und Endkunden möglich. Wer will, kann wechseln.

Im Großhandelsbereich, wo die Möglichkeiten schon

länger bestehen, bemerken wir eine zunehmende

Bereitschaft, sich Zweit- und Drittlieferanten für die

Gaslieferungen zu suchen. Wir merken aber auch,

dass nicht allein der günstigste Preis zählt. Viele

Kunden treffen ihre Entscheidung aufgrund weiterer

Aspekte. Langjährige Erfahrungen, ein zuverlässiges

Know-how und energienahe Dienstleistungen sind

unter den Anbietern keinesfalls selbstverständ-

lich. Sie bestimmen aber letztendlich das Preis-

Leistungs-Verhältnis. Bei den Endverbrauchern

stagniert der Anbieterwechsel nach wie vor, obwohl

auch sie durch die neuen gesetzlichen Rahmen-

bedingungen die Wahl haben. Das wird sich aber

schnell weiter entwickeln.

Neue Anbieter kritisieren, dass ihnen der Zugang

zu den Netzen nach wie vor verwehrt bleibt und

sie damit ihr Erdgas nicht in allen Märkten frei

anbieten können.

Die Bundesnetzagentur hat gemeinsam mit den

Netzbetreibern und den Interessenvertretungen

von Gaskunden und Gashändlern für einen rei-

bungslosen Zugang zu den Netzen gesorgt. Das

gilt als notwendige Voraussetzung für mehr Wett-

bewerb im Erdgasmarkt. Heute kann jeder, der mit

Erdgas handelt, zu einem Netzbetreiber gehen

und Netzkapazitäten buchen. Da zählt allein das

Prinzip „wer zuerst kommt, mahlt zuerst“.

Wir setzen uns übrigens aktiv für weitere Verein-

fachungen des Netzzugangs ein. Erste Erfolge haben

wir bereits mit der Plattform „marktgebiete.com“

Fortsetzung von Seite 25

Unser Kunde steht im Wettbewerb an erster Stelle

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erreicht, die unsere Tochter ONTRAS zusammen

mit der BEB eingeführt hat. Das begrüßt die

Bundesnetzagentur und das wird auch von der

Politik sehr positiv bewertet.

Die vom Gesetzgeber verlangte „rechtliche Ent-

flechtung“ hat die Energieunternehmen zu fun-

damentalen Umstrukturierungen gezwungen.

Wie ist die VNG damit umgegangen?

Durch die Trennung von Handel und Netzbetrieb

sind Strukturen aufgebrochen worden, die über

viele Jahre perfekt funktioniert haben. Das hat

uns vor große Herausforderungen gestellt. Die

Umstrukturierung mit der Ausgründung unseres

Netzbetriebes und der Gründung der Netzbe-

triebsgesellschaft ONTRAS war eine logistische

Meisterleistung. Sie bestand vor allem im grund-

legenden systemtechnischen Wandel. Denn durch

die Abwicklung fremdbelieferter Netzendkunden

musste ONTRAS insbesondere in den Bereichen

Netzzugang, Transportmanagement, Handel und

Abrechnung neue Systeme und Funktionsbereiche

schaffen. Bisher hat ONTRAS die neuen Anfor-

derungen gemeistert. Allerdings leidet sie, wie

alle anderen Netzbetreiber auch, unter sich

ständig ändernden rechtlichen Anforderungen.

Ein wenig mehr Kontinuität wäre an dieser Stelle

wünschenswert.

Gestatten Sie uns eine letzte Frage: Die VNG

feiert in diesem Jahr ihr 50-jähriges Bestehen.

Sehen Sie die VNG auch für die nächsten 50 Jahre

gerüstet?

Die VNG hat in den letzten 50 Jahren eine Viel-

zahl besonderer und prägender Erfahrungen

gesammelt. Wir haben 1958 als „lose“ Einheit

die Anfänge der ostdeutschen Erdgaswirtschaft

begründet, sind elf Jahre später in einen sozia-

listischen Betrieb umgewandelt worden, haben

nach der Privatisierung 1990 in Ostdeutschland

zusammen mit unseren Partnern in den Kommunen

erfolgreich die Umstellung von Stadt- auf Erdgas

vollzogen und uns nur 16 Jahre später ins Explo-

rationsgeschäft gewagt. Diese Etappen unserer

Geschichte zeugen von Entschlossenheit und Mut.

Das sind auf jeden Fall wichtige Eigenschaften für

den Wettbewerbserfolg.

Wichtiger denn je – und da wiederhole ich mich

gerne wieder – sind für unsere Zukunftsfähigkeit

die Beziehungen zu unseren Aktionären und Part-

nern. Ohne sie gäbe es heute keine eigenständige

VNG. Vor allem die ostdeutschen Kommunen

haben bei der Privatisierung der VNG und 2002

im Rahmen der Ministererlaubnis bei der Fusion

von E.ON und Ruhrgas dafür gesorgt, dass wir

uns als eigenständiges Unternehmen, fest ver-

wurzelt in Ostdeutschland, entwickeln konnten.

Im Zuge dessen haben die Kommunen von der

Option Gebrauch gemacht, ihren Gesamtanteil

auf 25,79 Prozent zu erhöhen und ihre Position

im Aktionärskreis der VNG zu stärken. Eine starke

Unterstützung seitens unserer Aktionäre gibt uns

heute den Rückhalt, damit wir unsere Kernkompe-

tenzen weiter ausbauen und neue Projekte wie in

Norwegen realisieren können.

Ich bin davon überzeugt, dass die VNG für die

Zukunft gerüstet ist, sofern es uns gelingt, unsere

langjährige Erfahrung zu nutzen und die Nähe zu

unseren Aktionären und Kunden zu wahren.

Die VNG ist in das europäische Verbundsystem durch vier Übergabepunkte integriert.

Die von der ONTRAS – VNG Gastransport GmbH

betriebenen Gasfernleitungen

Netzkopplungspunkte mit

den europäischen

Erdgastransportsystemen

Flussrichtung

Gasfernleitungen

RWE TRANSGAS NET

NEGP

Chemnitz

HalleLauchhammer

Bobbau

Cottbus

Frankfurt / O.

Bernau

Neubrandenburg

Perleberg

Bad DoberanRostock

Stralsund

Kienbaum

Dresden

Leipzig

Erfurt

Magdeburg

Groß Köris

Sayda / Deutschneudorf

Hrádek

Görlitz

Gubin

Berlin

Potsdam

Steinitz

Schwerin

Kamminke

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Von der konventionellen Beschaffung zum vollständigen PortfoliomanagementStadtwerke, Regionalversorger und Industriekunden stehen heute vor der entscheidenden Aufgabe, Strom und Gas möglichst

bedarfsgerecht einzukaufen. Sie sind nur noch wettbewerbsfähig, wenn sie sich ein genaues Bild über ihre zukünftige Ab-

nahmesituation machen, den daraus resultierenden Energiebedarf abschätzen und danach ihre Mengen einkaufen. Vor diesem

Hintergrund steigen natürlich die Anforderungen an die Beschaffungsstrategie der Unternehmen. Schließlich gewinnen neben

längerfristigen Lieferverträgen zunehmend auch kurzfristige Lieferungen an Bedeutung.

Dr. Wulf Lammert, Vorstand der ENERGIEUNION AG, Schwerin, erläutert, wie die ENERGIEUNION AG ihre Kunden beim

integrierten Portfoliomanagement für Strom und Gas unterstützt und warum sein Unternehmen die Zusammenarbeit mit der

VNG gesucht hat.

Energiebeschaffung muss breit

aufgestellt werden

Vor nunmehr 12 Jahren als Verbund einiger größerer

Stadtwerke im Nordosten Deutschlands gegründet,

hat die ENERGIEUNION beizeiten ihre Ausweitungs-

möglichkeiten im liberalisierten Energiemarkt

erkannt. Deshalb hat sie zunächst einen Teil ihrer

Aktien an die Hafslund ASA (Norwegen), später an

die NUON Energy Trading & Whole-

sale übertragen. Mit diesen im inter-

nationalen Stromhandel erfahrenen

Partnern sammelte das Unterneh-

men wertvolle Erfahrungen. Auch

die Leipziger VNG – Verbundnetz

Gas AG besaß bereits seit 2001

mehr als elf Prozent Anteile an der

ENERGIEUNION. Im letzten Jahr

hat sie ihren Anteil auf 92,22 Pro-

zent aufgestockt. Zusammen mit

diesen Unternehmen hat sich unsere

vergleichsweise kleine Mannschaft

als international agierendes Unter-

nehmen im Strommarkt etabliert.

Wir setzen heute weit über 200 Mil-

lionen Euro im Jahr um und erwirt-

schafteten 2006 einen Überschuss von 1,6 Millio-

nen Euro. Dazu trug wesentlich bei, dass wir uns ein

solides Know-how beim Portfoliomanagement im

Energiebereich erarbeitet haben. Beim steigenden

Bedarf an Energie einerseits und dem Streben

nach Kosteneinsparungen andererseits macht es

sich bezahlt, die Energiebeschaffung möglichst

breit aufzustellen. Durch unseren Zugang zu den

fünf umsatzstärksten Brokerplattformen können

wir unseren Partnern ohne eigenen Marktzugang

jedes Produkt zum aktuellen Marktpreis anbieten.

Dafür unterhält die ENERGIEUNION AG eine eige-

ne Handelsplattform sowie Bilanzkreise in allen

Regelzonen in Deutschland.

Uneingeschränkter Handel am Energiemarkt

Als die ENERGIEUNION 1996 von den Stadtwerken

Schwerin, Rostock und Neubrandenburg gegründet

wurde, verfolgte das Unternehmen ausschließlich

das Ziel, die drei Eigentümer durch ein gemeinsam

größeres Handelsvolumen am europäischen Ener-

giemarkt erfolgreich zu positionieren. Heute zählen

wir zahlreiche Industriebetriebe wie Heidelberg-

Cement, große Stadtwerke mit und ohne eigene

Erzeugerkapazitäten wie die DREWAG Stadtwerke

Dresden GmbH sowie kleine Kommunalbetriebe in

Ost- und Westdeutschland zu unseren Kunden. Wir

haben Rahmenvereinbarungen mit 50 europäischen

Handelsunternehmen auf EFET-Basis (European

Federation of Energy Traders) geschlossen und

sind für sie die Schnittstelle zum Strommarkt. Für

viele Partner erweist sich als Vorteil, dass wir das

Risiko- und Bilanzkreismanagement beherrschen und

weitere energienahe Dienstleistungen anbieten – von

Hedging-Produkten über einen Börsenzugang bis hin

zur Finanzierung. So eröffnet sich unseren Kunden

die Möglichkeit, uneingeschränkt am Energiehan-

del teilzunehmen, ohne die gesamten technischen

und personellen Ressourcen vorhalten zu müssen.

Darüber hinaus profitieren sie aber auch davon,

dass wir mit unseren geringeren Handelsmengen

genauer auf ihre Bedürfnisse eingehen können. Wir

können, anders als die EEX, auch kleinere Mengen

Die ENERGIEUNION AG ist ein Großhandels-

unternehmen, dessen Geschäftsfeld den Handel

mit Strom und Gas sowie die Erbringung han-

delsnaher Dienstleistungen für Weiterverteiler,

Kraftwerksverteiler und Großabnehmer umfasst.

Das Handelshaus wurde 1996 vor dem Hinter-

grund des Neubaus und der Optimierung von

Gas- und Dampfturbinen-Kraftwerken gegründet

und ist mit dem Einsetzen der Liberalisierung der

deutschen Energiemärkte im Jahr 1998 in das

Stromhandelsgeschäft eingetreten. Kontinuität

und Solidität haben dazu beigetragen, dass

die ENERGIEUNION AG sich im europäischen

Stromhandel als zuverlässiger Handelspartner

etablieren und in Deutschland als kompetentes

Dienstleistungsunternehmen durchsetzen konn-

te. Gesellschafter der ENERGIEUNION AG sind

mit 92,22 Prozent die VNG – Erdgascommerz

GmbH sowie mit 7,78 Prozent die Stadtwerke

Halle, Schwerin und Rostock.

ENERGIEUNION AG

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handeln. Daher passt unsere Energieplattform zu

jedem Kunden, von einer kleinen Kommune bis hin

zu einem deutschlandweit aufgestellten Konzern,

der sich nicht um die Energiebeschaffung für seine

Werke kümmern will, aber garantiert die günstigsten

Bedingungen für seinen Energiebezug wünscht.

Strom- und Gashandel aus einer Hand

Kunden schätzen heute mehr denn je flexible

Energieprodukte. Wir bieten sie über unsere ei-

gene Handelsplattform seit vielen Jahren für den

Strom- und CO2-Handel an. VNG hat Vergleichbares

im Gasbereich mit acset-x entwickelt, der ersten

Internetplattform für den kurz- und mittelfristigen

Gashandel an virtuellen Handelspunkten von

marktgebietsaufspannenden Netzbetreibern. Auf

www.acset-x.de können registrierte Händler seit

Oktober 2006 Gasmengen am virtuellen Handels-

punkt der ONTRAS – VNG Gastransport GmbH,

Leipzig (ONTRAS) kaufen und verkaufen. Die neu-

trale Plattform führt unabhängige Handelsteilneh-

mer zu standardisierten Lieferbedingungen zusam-

men. Die über die Internetplattform geschlossenen

Verträge werden direkt zwischen den Gashändlern

außerhalb von acset-x abgewickelt.

Angesichts der vergleichbaren Handelsprodukte

von ENERGIEUNION und VNG lag es auf der Hand,

unsere Gemeinsamkeiten zusammenzuführen und

zukünftig eine strukturierte Beschaffung für den

Strom- und Gashandel anzubieten. Dazu hat die

VNG bereits im Dezember ihre Plattform acset-x

auf die ENERGIEUNION übertragen. Sie wird im

Energieportal in Schwerin weitergeführt und das

Know-how beider Unternehmen vereint.

Am 1. April wird die ENERGIEUNION beginnen,

kleinere Kunden mit Gasprodukten zu versorgen.

Zunächst startet die Plattform im ONTRAS-Gebiet

mit Struktur- und Stundenprodukten. Damit treten

wir natürlich in Konkurrenz zur EEX in Leipzig.

Allerdings grenzen wir uns deutlich von ihr ab,

denn während bei der EEX nur große Mengen

von mindestens 10 Megawatt gehandelt werden

können, bieten wir bereits 1 Megawatt-Mengen

an. Außerdem erhalten Kunden weitere Dienstleis-

tungsprodukte rund um die Energieversorgung,

etwa Werkzeuge zur eigenen Analyse der Angebote.

So können sie selbst entscheiden: Wollen sie von

uns ihre Bezugsquellen und -preise optimiert

haben, oder wollen sie das selbst von Fall zu

Fall tun? Von den Kunden der VNG, die bisher vor

allem ihre Stromlieferungen strukturiert haben,

erwarten wir uns eine hohe Resonanz. Da wir nicht

aktiv auf die Endkunden zugehen, erwarten wir

zudem, dass unsere Kunden und Partner – die

Stadtwerke – das mit Treue honorieren.

Zwei strategische Partner mit

anspruchsvollen Zielen

Für Energieversorger und Industriebetriebe, die

beide einen hohen Kostendruck haben, werden die

Möglichkeiten einer strukturierten Beschaffung

von Strom und Gas immer wichtiger.

ENERGIEUNION und VNG sehen

ihre gemeinsame strategische

Linie darin, ihre Kunden bei die-

sem wettbewerbsentscheidenden

Energieeinkauf als Dienstleister zu

unterstützen. Gemeinsam können

wir deutlich mehr kundenspezifische

Energiedienstleistungen anbieten

und zudem ein breiteres Kunden-

spektrum bedienen. Dabei ist die

VNG einerseits der Partner, der groß

genug ist, um zusätzliche Kredit- und

Garantielinien für den Energiehandel

abzusichern. Die ENERGIEUNION

ist im Gegensatz dazu klein und wen-

dig genug, um noch schneller markt-

gerechte Produkte einzuführen.

Ab 1. April wollen wir mit ersten Erdgasprodukten

den Markt testen und die weitere Entwicklung

abwarten. Innerhalb von zwei Jahren könnten

sich daraus gemeinsame Produkte entwickeln:

Statt reiner Energiebeschaffung wird das gesamte

Energieportfolio für Kunden gemanagt. Versteht

sich, dass dafür die ENERGIEUNION bislang out-

gesourcte Bereiche wieder ins Unternehmen holt

und die Mitarbeiterzahl demnächst erhöht.

Strukturierte Beschaffung bedeutet, den Ge-

samtbedarf in verschiedene Segmente zu zerle-

gen und diese zu unterschiedlichen Zeitpunkten

einzukaufen. Voraussetzung hierfür ist eine mög-

lichst genaue Kenntnis der Bedarfsprognosen.

Grundsätzlich kann ein Kunde von sinkenden

Preisen profitieren; aber auch steigende Preise

sind möglich. Durch ein gezieltes Portfolioma-

nagement lässt sich das Preisrisiko begrenzen.

Ein fundiertes Know-how im Energiehandel und

eine dauerhafte Beobachtung sind dabei unab-

dingbar, um den Einkauf von Strom und Gas zum

optimalen Zeitpunkt durchzuführen.

Die ENERGIEUNION AG bietet das Portfolio-

management als frei kombinierbare Module an,

unter anderem mit einer Portfoliosimulation, der

Erstellung eines Handelskonzeptes, Beschaf-

fungsmöglichkeiten und Absicherungs- und

Abwicklungsinstrumente.

Portfoliomanagement und strukturierte

Beschaffung

Ihr Ansprechpartner

Dr. Wulf LammertVorstand ENERGIEUNION AG

Mecklenburgstraße 10–12

19055 Schwerin

Tel.: 0385 59292 - 0

Fax: 0385 59292 - 99

[email protected]

www.ENERGIEUNION.de

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EVH setzt auf ENERGIEUNIONDie EVH GmbH – Energieversorgung Halle – beliefert Privat-, Gewerbe- und Großkunden mit Strom,

Erdgas und Wärme. Der Energieversorger ist mittlerweile über die Grenzen Halles hinaus aktiv und

hat sich deutschlandweit vor allem als preisgünstiger Stromlieferant einen Namen gemacht. Die

EVH sichert ihre Energielieferungen für Strom nicht nur durch eigene Kraftwerke, sondern auch

durch einen strukturierten Stromhandel. Dabei wird der Hallenser Versorger von der ENERGIEUNION

unterstützt, bei dem er zudem mit 3,41 Prozent beteiligt ist.

Vier Fragen an Prof. Dr. Matthias Krause, Technischer Geschäftsführer der EVH GmbH.

Wann haben Sie in Ihrem Unternehmen damit

begonnen, sich mit neuen Beschaffungsstrategien

zu beschäftigen?

Prof. Krause: Mit dem Beginn der Liberalisierung

des Strommarktes ab 1998 wurden die Erfah-

rungen aus dieser Zeit in den Verhandlungen

zum Neuabschluss von Stromlieferungsverträgen

umgesetzt und neue Strategien zur Beschaffung

von Strom und Gas erdacht. Schnell wurde klar,

dass wir uns dazu professionelle Beratung hinzu-

ziehen müssen, da uns entsprechende praktische

Erfahrungen fehlen.

Wie unterstützt Sie die ENERGIEUNION AG bei Ihrer

unternehmensinternen Beschaffungsstrategie?

Prof. Krause: Für die benötigte professionelle

Beratung und Unterstützung haben wir uns seit

2001 für die ENERGIEUNION entschieden. Die

ENERGIEUNION bietet uns den Zugang zur EEX

(einschließlich Sicherheiten) und damit einen

Zugang zum europäischen Strommarkt, um zu

marktüblichen Konditionen die Strombeschaffung

und den Portfolioausgleich (Strom) umsetzen zu

können. Für die Zukunft planen wir Gleiches für

das Medium Gas.

Darüber hinaus bietet uns die ENERGIEUNION

eine umfassende Portfolioberatung an und leitete

daraus mit uns die Strategie zur Beschaffung und

das Risikomanagement ab. Gerade das Risikoma-

nagement gewinnt in Zeiten schwankender Preise

immens an Bedeutung, sodass die Zusammenar-

beit mit der ENERGIEUNION für uns sehr wertvoll

ist. Jedes Unternehmen ist gut beraten, den

Schritt in die strukturierte Beschaffung nur mit

gesicherten Kenntnissen im Portfoliomanagement

und auf Basis eines bereits umgesetzten Risiko-

managements zu vollziehen.

Wie stellen die Stadtwerke und Regionalversorger

heute am sinnvollsten ihre Energielieferungen

zusammen?

Prof. Krause: Ein Unternehmen kann nur ein für

sich vertretbares Risiko eingehen, was es selbst

für sich finden und definieren muss. Daraus

ergeben sich nach den Gesetzen des Marktes

selbstverständlich auch nur begrenzte Chancen.

Selbstverständlich haben wir vor dem Schritt

in die strukturierte Beschaffung dies für unser

Unternehmen definiert.

Im Ergebnis haben wir ein ausgewogenes Verhältnis

von Börsenprodukten, Stundenfahrplänen und

Spotmarktmengen gefunden. Aufgrund der wet-

terabhängigen Erzeugung und den verbleibenden

Prognoserisiken wird von uns darüber hinaus

ebenfalls der Day-ahead-Markt (IntraDyS-Market)

zum nachträglichen Feinabgleich genutzt.

Bisher ergänzen Sie lediglich Ihr Stromportfolio

durch die ENERGIEUNION AG. Planen Sie in Zukunft

auch eine Ausweitung auf den Energieträger

Erdgas?

Prof. Krause: Der Begriff „lediglich“ ist hier nicht

zutreffend. Gerade die klare und transparente

Organisation eines Portfoliomanagements ein-

schließlich Risikomanagements ist eine nicht zu un-

terschätzende Notwendigkeit im Unternehmen.

Seit Beginn unserer Partnerschaft im Jahre 2001

beobachten wir zusammen mit der ENERGIEUNION

die Entwicklungen auf dem Gasmarkt. Für die Rea-

lisierung einer strukturierten Gasbeschaffung stellt

die ENERGIEUNION mit ihrem Know-how bezüglich

Zugang zu den HUB's und einem zugehörigen

Risikomanagement einen wertvollen Partner dar.

Die ENERGIEUNION wird für uns dabei – wie in der

Strombeschaffung – ein wichtiger Partner sein.

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Strom- und Gashandel im Umbruch

Illustriert von Peter M. Hoffmann.

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Einsatz von BioErdgas im ErdgasmarktBioErdgas hat für die Energiewirtschaft ein hohes Potenzial – sowohl ökonomisch als auch ökolo-

gisch. Der Energieträger, der in seiner Eigenschaft dem fossilen Erdgas gleicht, kann zur Verstro-

mung, im Wärmemarkt und als Treibstoff eingesetzt werden. Gleichzeitig werden durch die gute

Umweltbilanz beim Einsatz von „grünem“ Erdgas die europaweiten Klimaschutzziele unterstützt.

Über den Einsatz von BioErdgas berichtet Reinhard Schüler, Präsident der Arbeitsgemeinschaft für

sparsamen und umweltfreundlichen Energieverbrauch e.V. (ASUE) und Mitglied im Vorstand der

Gasanstalt Kaiserslautern AG.

Im Mittelpunkt der Klimaschutzbemühungen steht

die Reduzierung des Kohlendioxid-(CO2)-Ausstoßes

in die Atmosphäre. Diese Emissionen sollen nach

Auffassung der Bundesregierung durch eine hö-

here Energieeffizienz und den verstärkten Einsatz

Erneuerbarer Energien, u. a. von Bioenergie, gesenkt

werden. Bioenergie – so eine aktuelle Schätzung

der Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe für das

Jahr 2030 – wird ca. 17 % des Gesamtenergiebedarfs

decken können. Auf andere Energieträger kann wei-

terhin nicht verzichtet werden. Eine Schlüsselrolle

spielt auch in Zukunft Erdgas, das die niedrigsten

CO2-Emissionen unter den fossilen Brennstoffen hat.

Durch die Einführung der Erdgas-Brennwerttechnik

haben die Gaswirtschaft, die Gasgeräteindustrie

und nicht zuletzt das Fachhandwerk maßgeblichen

Anteil daran, dass in den letzten 20 Jahren bereits

viele Milliarden Kilowattstunden Energie eingespart

werden konnten. In der Klimaschutz-Selbstverpflich-

tung der deutschen Gaswirtschaft von 2000 wurde

eine Reduzierung der CO2-äquivalenten Emissionen

bis 2012 im Vergleich zu 1990 um 45 Millionen

Tonnen im Haushalt- und Kleingewerbesektor ver-

sprochen. Bis 2006 konnte bereits eine Einsparung

von 42 Millionen Tonnen erreicht werden.

Seit langem ist bekannt, dass sich das Gasnetz

ideal zur Verteilung von regenerativen Energien

(BioErdgas) und Wasserstoff anbietet. BioErdgas

ist aufbereitetes Biogas, das durch Fermentation

von Biomasse entsteht. Erneuerbare Energien

(Sonne, Wind) unterliegen meist Schwankungen.

BioErdgas hingegen kann in Deutschland erzeugt

und über das Gasnetz transportiert werden.

Schwankungen zwischen Produktion und Be-

darf werden von Gasspeichern kompensiert. Ein

wichtiges Argument spricht für die Erschließung

der regenerativen Energie „BioErdgas“ – regional

und in größeren Mengen – und deren Verbreitung

über das Gasnetz: Dieser Weg ist für den Kunden

wesentlich billiger, als die Anschaffung von Solar-

kollektoren, Wärmepumpen oder anderer Anlagen

zur Erschließung regenerativer Energien.

Einspeisung von BioErdgas:

Projekte und Fortschritt

Seit einigen Monaten wird in Deutschland Bio-

Erdgas in das Gasnetz eingespeist. Die deutsche

Gaswirtschaft leistet damit einen wirksamen

Beitrag zur Bekämpfung der Klimaerwärmung und

zur Erreichung der Klimaschutzziele im Rahmen

des Kyoto-Protokolls. Trotz noch zahlreicher wirt-

schaftlicher und technischer Herausforderungen

beweisen die Pionieranlagen, dass es geht.

Erdgaskunden können so in Zukunft regenerative

Energie über ihren Gasanschluss beziehen. Im

letzten Jahr hat sich die deutsche Gaswirtschaft

im Rahmen des „Klimaschutz-Aktionsprogramms

2007“ verpflichtet, bis 2010 bis zu 10 % des Ab-

satzes an Erdgas als Kraftstoff durch BioErdgas zu

substituieren und diesen Anteil bis 2020 auf bis

zu 20 % zu erhöhen. Der BioErdgasmarkt soll wirt-

schaftlich ausgebaut werden. Ziel ist es, 2030 jähr-

lich 10 Milliarden m3 BioErdgas einzuspeisen.

BioErdgas-Markt: Herausforderungen

Herausforderungen gibt es noch entlang der

gesamten Nutzungskette von BioErdgas – bei

der Erzeugung der Biomasse, der Erzeugung und

Aufbereitung von Biogas sowie beim Transport

und der Vermarktung von BioErdgas bis hin zu

speziellen Absatzbereichen wie Kraft-Wärme-

Die Karte zeigt eine beispiel-

hafte Auswahl der deutschen

BioErdgas-Projekte sowie Ein-

speisestellen und -mengen.

Alle Angaben in Normkubik-

meter BioErdgas pro Stunde.

* Diese Anlagen befinden sich im Planungs- oder Erprobungsstadium und haben ihren Einspeise-betrieb noch nicht aufgenommen.

Werlteca. 340

Rathenowca. 500*

Ketzinca. 180*

Könnern/Halleca. 680*

Hardegsenca. 1000*

Straelenca. 550

Kerpenca. 550*

Darmstadtca. 150* Groß-Umstadt

ca. 150* Schwandorfca. 1000

Plieningca. 500Graben

ca. 500

Maihingenca. 500*Mühlacker

ca. 500

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kopplungsanlagen (KWK), Kraftfahrzeuge und

Heizanlagen. Aufgrund der vergleichsweise gerin-

gen Energiedichte und dem hohen Wassergehalt

der Biomasse ist eine langfristige Absicherung

des Biomasse-Bezugs unter wirtschaftlichen

Konditionen in unmittelbarer Nähe der Biogasan-

lage zwingend notwendig. Außerdem dürfen der

Anbau und die Düngung der Biomasse den Boden

und das Grundwasser nicht überlasten. Bei den

Aufbereitungsverfahren kann auf Erfahrungen aus

dem Ausland und der chemischen Industrie zu-

rückgegriffen werden. Die wesentlichen Verfahren

(Druckwechseladsorption, Druckwasserwäsche

und Aminwäsche) unterscheiden sich in ihrer

Effizienz, ihrem Personal- und Hilfsenergiebedarf

sowie in der Höhe der Verluste.

Die Anforderungen an das einzuspeisende BioErd-

gas richten sich nach der Vermischung im Netz. Als

„Austauschgas“ sind die Qualitätsansprüche höher

als für „Zusatzgas“. Damit ein signifikanter Anteil

eingespeist werden kann, hat BioErdgas in der Regel

die Anforderungen an „Austauschgas“ zu erfüllen.

Die Einspeisung von BioErdgasmengen kann be-

grenzt werden durch unzureichende Netzkapazitäten

oder auch durch fehlende Absatzmöglichkeiten in

KWK-Anlagen. Die Messung der BioErdgasmengen

gestaltet sich schwierig, da derzeit noch keine für

BioErdgas zugelassenen Messgeräte verfügbar

sind. In H-Gasgebieten kann die Beimischung

von geringen Mengen Flüssiggas notwendig sein,

um die im DVGW-Arbeitsblatt G 685 geforderten

Brennwertvorgaben einhalten zu können.

Der BioErdgasproduzent ist verantwortlich für die

Gasqualität. Er informiert sich beim Netzbetreiber

über verfügbare Netzkapazitäten. BioErdgas-

mengen werden – wie andere Gasmengen – von

einem „virtuellen Handelspunkt“ aus verkauft.

Der Netzbetreiber bilanziert die ein- und ausge-

speisten Mengen. Die Gasnetzzugangsverordnung

sieht abweichend von der üblichen 1-stündigen

Basisbilanzierung bei BioErdgas einen Bilanzie-

rungszeitraum von 12 Monaten vor.

Moderne Erdgas-/BioErdgas-Technologien

reduzieren die CO2-Emissionen nachhaltig

In Deutschland sind 1,9 Millionen Ölfeuerungs-

anlagen und 1,7 Millionen Gasfeuerungsanlagen

älter als 27 Jahre. Durch den Austausch mit mo-

dernen Erdgasanwendungen

und zukünftig mit BioErdgas-

anwendungen lassen sich

vergleichsweise einfach und

kosteneffizient erhebliche Ener-

gie- und Treibhausgasmengen

einsparen. Der Austausch eines

Standardkessels (vor 1978)

durch ein Erdgas-Brennwert-

gerät mit Solarunterstützung für

Warmwasser und Heizung kann

den Primärenergieverbrauch um

bis zu 50 Prozent senken. Die

Erdgas-Wärmepumpe ist ab ca.

30 kW auf dem Markt verfügbar;

Geräte mit kleineren Heizleis-

tungen werden voraussichtlich

in den nächsten Jahren angebo-

ten. Das Einsparpotenzial wird

noch größer, wenn in Zukunft

BioErdgas in Brennwertkesseln

und Wärmepumpen eingesetzt werden kann. Die

Gaswirtschaft setzt hohe Erwartungen in die re-

generative Energie BioErdgas und ist auch bereit

Risiken einzugehen. Auf diesem Weg benötigt sie

entsprechende politische Rahmenbedingungen.

Im Jahr 2007 hat die Bundesregierung mit dem

„Integrierten Energie- und Klimaprogramm“ ein

Gesetzespaket auf den Weg gebracht.

Ein wesentlicher Baustein ist das Erneuerbare-Ener-

gien-Wärmegesetz (EEWärmeG). Es soll den Anteil

Erneuerbarer Energien im Wärmemarkt erhöhen. Ab

2009 sollen Bauherren damit verpflichtet werden,

einen Teil des Wärmebedarfs über Erneuerbare

Energien zu decken. Bis jetzt steht jedoch noch

nicht fest, ob der Gebäudeeigentümer diese Pflicht

erfüllen kann, wenn er die Erneuerbare Energie

„BioErdgas“ zur Wärmeerzeugung nutzt.

Ihr Ansprechpartner

Reinhard SchülerPräsident der ASUE Arbeitsgemeinschaft

für sparsamen und umweltfreundlichen

Energieverbrauch e.V., Mitglied im Vor-

stand der Gasanstalt Kaiserslautern AG

Bismarckstraße 16

67655 Kaiserslautern

[email protected] | www.asue.de

Nutzungskette von BioErdgas:

Potenzial von Anfang bis Ende.

Quelle: ASUE

0

–18

–26

–40

–50

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–50–50–50–50–50–50–50–50–50–50–50–50–50–50–50–50

mehr als –50

Reduktion von CO2-Emissionen durch moderne Erdgas-/ BioErdgas-Wärmeerzeuger

Angaben in %

Quelle: ASUE

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Erdgasspeicher im Wettbewerb

UGS weltweit, Verteilung des Arbeitsgasvolumens nach Regionen (Angaben in %)

Quelle: IGU 2006

35

2

19

2

42 Osteuropa (inkl. GUS)

Nord- und Südamerika

Asien

Westeuropa

Naher Osten

Die Entwicklung neuer Erdgasspeicherkapazitäten spielt eine entscheidende Rolle für die technische und kommerzielle Sicherung der Energieversorgung in Europa.

Immer noch gewährleisten Gasspeicher die

Sicherheit der Energieversorgung in Europa in

Zeiten saisonaler Verbrauchsschwankungen

oder Bezugsbeschränkungen. Aber Speicherpro-

dukte dienen zunehmend auch als den Gasmarkt

fördernde Flexibilitätsinstrumente. Sie stehen

dabei im Wettbewerb mit Flexibilitätsprodukten

anderer Anbieter, wie z. B. denen von Händlern,

Produzenten oder Netzbetreibern.

Traditionell gleichen Erdgasspeicher jahres-

zeitlich bedingte Nachfrageschwankungen aus.

Sie werden im Sommer gefüllt und ihr Volumen

wird im Winter aufgrund der erhöhten Nachfrage

reduziert. Darüber hinaus dienen Speicher der

Preisoptimierung, indem billiges Erdgas ein-

gespeist und in Zeiten höherer Preise aus dem

Speicher entnommen wird. Wichtigste Funktion

von Gasspeichern bleibt jedoch die Gewährleistung

der Versorgungssicherheit.

Aus unternehmerischer Perspektive ist die Versor-

gungssicherheit kein Selbstzweck, sondern dient

als Argument im Wettbewerb der Energieträger.

Das Vertrauen in die Attraktivität von Erdgas als

Energieträger kann beim Kunden nur erreicht

werden, wenn dieser sicher sein kann, dass das

Medium Erdgas, das auch im Wettbewerb zum beim

Kunden lagerbaren Erdöl steht, uneingeschränkt

verfügbar ist.

Die Internationale Energieagentur (IEA) definiert

Versorgungssicherheit als die „Minimierung der

Risiken einer Versorgungsunterbrechung auf ein

akzeptables Niveau.“ Die möglichen Risiken lassen

sich entsprechend ihrer Dauer kategorisieren: Zu

den kurzzeitigen Störungen zählen Versorgungs-

unterbrechungen, die aus technischen Problemen,

Unfällen oder extremen Witterungsbedingungen

resultieren. Längerfristige Störungsrisiken basie-

ren auf fehlenden Investitionen oder politisch bzw.

kommerziell motivierten Lieferstopps. Da die Län-

der, die besonders abhängig von Erdgasimporten

und anfällig für Versorgungsunterbrechungen sind,

nur ein Fünftel der weltweiten Speicherkapazitäten

auf sich vereinen, sind Erdgasspeicher gerade für

diese Regionen bedeutsam. In diesem Zusammen-

hang kommt den europäischen Regierungen eine

Schlüsselrolle bei der Schaffung bestmöglicher

Rahmenbedingungen und der Sicherstellung einer

eindeutigen politischen Richtung zu, unter denen

die Risiken für Investitionen in die Gasinfrastruktur

in einem marktwirtschaftlichen Umfeld unterneh-

merisch kalkulierbar und minimierbar sind.

Die Sicherung der Energieversorgung ist für das

Funktionieren der hoch entwickelten Industrie-

standorte Europas elementar. Die sinkende Erdgas-

förderung in Europa, vor allem in Großbritannien,

der zunehmende Importbedarf der Europäischen

Union (EU) und die Globalisierung des Erdgas-

marktes verschärfen den Wettbewerb um das

verfügbare Gas. Die Wettbewerbssituation für

Speicher ist vor allem dadurch gekennzeichnet,

dass die Produkte, die mit Gasspeicheranlagen

generiert werden, durch gleiche Produkte anderer

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Nation Arbeitsgasvolumen in Mrd. m³

Anzahl der Speicheranlagen

Jahr 2003 2006 2003 2006

Deutschland 18.900 19.068 43 44

Italien 17.300 17.415 10 10

Frankreich 11.633 11.643 15 15

Niederlande 4.750 5.000 3 3

Ungarn 3.610 3.610 5 5

Großbritannien 3.267 3.267 4 4

Tschechische Republik 2.801 2.891 8 8

Österreich 2.647 2.820 4 4

Slowakische Republik 2.341 2.198 4 2

Lettland 2.105 2.300 1 1

Spanien 1.990 1.981 2 2

Polen 1.572 1.556 6 6

Rumänien 1.470 2.300 5 5

Dänemark 815 820 2 2

Belgien 650 550 2 1

Bulgarien 500 500 1 1

Irland 100 210 1 1

Total 76.451 78.129 116 114

UGS in der EU-27 – Arbeitsgasvolumen und Anzahl der Speicheranlagen nach Ländern

Quelle: IGU, 2003, 2006

Speicheranlagen oder durch Produkte anderer Ak-

teure am Erdgasmarkt ersetzt werden können.

Darüber hinaus führt die zunehmende Libera-

lisierung des Gasmarktes zu einer steigenden

Nachfrage nach Speicherkapazitäten. Bei zahl-

reichen Speichernutzern mit unterschiedlichsten

Bedarfseinschätzungen und unterschiedlich

geprägten Intentionen für die Speicherung des

Erdgases wird im Vergleich zu einem einzigen

dominierenden Speichernutzer die Kapazitäts-

bedarfsplanung automatisch unschärfer. Auch

dadurch entsteht ein zusätzlicher Bedarf an neuer

Speicherkapazität. Investitionen in den Bau neuer

Speicheranlagen sind auch aus diesen Gründen

dringend notwendig.

Importabhängigkeit

Die Erdgasspeicherkapazität der EU beträgt rund

80 Mrd. m³. Deutschland, Italien und Frankreich

verfügen über fast zwei Drittel dieses Arbeits-

gasvolumens. Als große Erdgasverbraucher mit

sinkender Eigenproduktion sind diese drei Länder

besonders importabhängig. Importe decken schon

jetzt 80 Prozent ihres jährlichen Bedarfs. Großbri-

tannien und die Niederlande, die über lediglich

4,2 bzw. 6,4 Prozent des EU-Gasspeichervolumens

verfügen, konnten hingegen bislang saisonalen

und verbrauchsbedingten Nachfrageschwan-

kungen durch die flexible Steigerung oder Dros-

selung ihrer Produktion ausgleichen. Doch diese

Situation änderte sich aufgrund der sinkenden

Eigenproduktion rasant. Großbritannien wurde

2007 Netto-Gasimporteur und hat dadurch einen

wachsenden Bedarf an Speicherkapazitäten, was

Auswirkungen auf den gesamten europäischen

Speichermarkt zeigt.

Angaben der International Gas Union (IGU) zufolge

verfügte Deutschland im Jahr 2006 über 44 Spei-

cheranlagen mit einem Arbeitsgasvolumen von

19,1 Mrd. m³. Diese Speicheranlagen werden von

20 Speicherunternehmen betrieben. In Deutschland

entsprechen die vorhandenen Speicherkapazitäten

20 Prozent des Jahresverbrauchs. Doch erfordert

eine steigende Nachfrage nach Erdgas auch mehr

Speicherkapazitäten. Außerdem erhöht die zu-

nehmende Entfernung der Bezugsquellen von den

Verbrauchermärkten das Risiko einer gesicherten

Erdgasversorgung Europas. Die verbrauchsnahe

Gasspeicherung und die Entwicklung neuer Spei-

cherkapazitäten sind daher entscheidend für die

technische und kommerzielle Sicherung der euro-

päischen Energieversorgung. Nach Schätzungen

von Gas Storage Europe (GSE) kann Europas

Speichervolumen bis zum Jahr 2015 um 30 Mrd. m³

erweitert werden. Das niederländische Clingen-

dael-Institut sagt bei einem jährlichen Wachstum

des Gasbedarfs in Europa von zwei Prozent einen

zusätzlichen Speicherkapazitätsbedarf von jährlich

3 Mrd. m³ bis 2025 voraus. Spätestens 2030 wird

die europaweite Importabhängigkeit 80 Prozent

erreichen. Doch setzen die dringend notwendigen

Investitionen in den Bau neuer Speicheranlagen

stabile regulatorische Rahmenbedingungen vo-

raus. Nur durch einen stabilen, transparenten

und vorhersehbaren Regulierungsrahmen kann

das Vertrauen potenzieller Investoren in den Erd-

gasspeichermarkt gefördert werden.

Bernd Protze, Leiter Speicherportfolio bei

der VNG; Gordon Gerisch, Assistent Strategische

Koordinierung bei der VNG

Bernd Protze

Gordon Gerisch

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Meilenstein Kooperationsvereinbarung II – IT-Trends für Gasnetz und GashandelNach der Kooperationsvereinbarung II, die Bundesnetzagentur und Gaswirtschaft im Juni 2007 auf den Weg gebracht haben,

waren weit reichende Änderungen beim Netzzugangsmodell Gas notwendig. Die Anbieter sahen sich vor der schwierigen

Aufgabe, ihre Logistikprozesse an die veränderten Rahmenbedingungen anzupassen. So mussten beispielsweise Abwick-

lungsprozesse entflechtet und neue IT- und Dienstleistungsprodukte eingeführt werden.

Dr. Peter Heine, Geschäftsführer der ECG Erdgas-Consult GmbH weiß, dass vor diesem Hintergrund eine einheitliche IT-Infra-

struktur längst zum Erfolgsfaktor im Wettbewerb geworden ist.

Mit dem 1. Oktober 2007 erreichte

der deutsche Gasmarkt einen Mei-

lenstein: das Zweivertragsmodell

wurde mit der neuen Kooperati-

onsvereinbarung II der deutschen

Gaswirtschaft zur verbindlichen

Geschäftsgrundlage. Diese Verän-

derungen betreffen Gasnetz- und

Speicherbetreiber genauso wie

Endkundenversorger und Gashänd-

ler. Auch in diesem Jahr stehen

eine Reihe von Änderungen an,

wie Marktgebiets-Kooperation

und damit höhere Marktliquidität,

Tagesbilanzierung, Ausgleichs-

energiemarkt und GeLi Gas (Ge-

schäftsprozesse Lieferantenwechsel). Die IT ist

dabei ein kritischer Erfolgsfaktor, denn die Anfor-

derungen des liberalisierten Gasmarktes müssen

in Softwaresystemen abgebildet werden.

Geschäftsprozesse vorher definieren

Aus Entflechtung und Marktgebietsbildung resul-

tieren neue Marktrollen, für die unternehmerische

Strukturen und zahlreiche Abläufe angepasst oder

neu initiiert werden. Das erforderte auch eine

Umgestaltung der Prozesse und der IT. Aufgrund

der gesetzlichen Vorgaben auf der Netzseite und

der Wettbewerbssituation im Handel sind die

Geschäftsabläufe für den Gasmarkt mittlerweile

sehr komplex. Wettbewerbsvorteile generieren

nur die Unternehmen, die ihre Geschäftsmodelle

und Prozesse vorher genau definieren, um sie

danach mittels Software-Systemen gezielt zu

automatisieren.

Modulare Systeme in Gashandel und -vertrieb

Auf der Handelsseite sind u. a. folgende Themen

von Bedeutung:

• Gaslieferung und Gashandel an vir tuellen

Punkten,

• Nominierungsprozesse zur Beschäftigung von

Bilanzkreisen und Bezügen,

• Führen von Bilanzkreisverträgen inkl. Markt-

gebietsübergänge und Sub-Bilanzkreise,

• Beschaffung und Verarbeitung von Endkunden-

daten per Messung, Standard-Lastprofil oder

Prognose,

• Abwicklung von Endkundenbelieferung und

entsprechenden Versorgerwechsel.

Je mehr Endkundengeschäft ein Gasversorger

hat, desto ähnlicher sind Prozesse und IT mit der

Strombranche. Querverbundunternehmen, die auf

Erfahrungen in ihrer Stromsparte zurückgreifen

können, haben gegenüber reinen Gasversorgern

daher einen Vorteil. Marktführer im Endkundenge-

schäft sind die Produkte der Firma SAP. Sie werden

auch zukünftig das Maß der Dinge sein.

Upstream benötigen aktive Gashändler spezi-

fische Systemkomponenten für Logistikprozesse,

Gashandel, Portfolio- und Risikomanagement.

Aufgrund von Marktdynamik, Projektlaufzeiten und

Komplexität ist ein modularer, service-orientierter

Systemansatz sinnvoll.

Ganzheitliche Lösungen im Netzbereich

Auf der Netzseite wird das Geschäftsmodell im

Wesentlichen durch die Kooperationsverein-

barung II und ihre Leitfäden vorgegeben. Neue

Konstrukte und Prozesse, wie z. B. Netzbetrei-

Dr. Peter Heine, Geschäfts-

führer der ECG Erdgas-Consult

GmbH, Leipzig.

Foto: Christoph Busse

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berbilanzkreise und Regelenergiebeschaffung,

erfordern neue IT-Lösungen. So sind für Kapa-

zitäts- und Bilanzkreis- und Ausgleichsenergie-

management leistungsstarke Softwaresysteme

notwendig. Im Netzbereich geht der Trend zu

Lösungen, die über Modularisierung Wer t-

schöpfungsteilung und Netz-Kooperationen

ermöglichen. Dies ist auch eine wesentliche

systemtechnische Grundlage für die Bildung

größerer Marktgebiete mit mehreren Transport-

netzbetreibern.

Wachstumschancen für Service-Anbieter

Die Bundesnetzagentur fordert von den Unter-

nehmen eine möglichst zeitnahe Umsetzung der

gesetzlichen Anforderungen, für die GeLi Gas

ist das z. B. der 01.08.2008. Da gerade kleinere

Unternehmen diese Herausforderungen in der

Regel nicht alleine bewältigen können, müssen sie

verstärkt auf externe Dienstleister zurückgreifen.

Solchen Service-Anbietern können aufwändige

Systemfunktionen (z. B. Nominierungsmanage-

ment) kostengünstig per Service-Pauschale zur

Verfügung gestellt werden. Beispiel für ein solches

Dienstleistungsprodukt ist caplog-x. Mit dieser

Dienstleistung werden bspw. für Gashändler

(zukünftig sogar geeichte) Messdaten ihrer Gas-

lieferung im Drei-Minuten-Takt abgefragt, damit

automatisch bilanziert und resultierende Mengen

bei Lieferanten, Netz- und Speicherbetreibern

nominiert.

Trend zu IT-gestützten Plattformen

Ein weiterer Trend im Energiemarkt sind Internet-

Plattformen, die eine Mittlerfunktion zwischen

den einzelnen Marktteilnehmern übernehmen.

Die Plattformen bieten dabei für spezifische

Gasprodukte ähnliche Funktionen wie große

Internetmarktplätze. So können Händler unter

www.trac-x.de und www.store-x.net Transport-

bzw. Speicher-Kapazitäten wie bei ebay verstei-

gern.Speicherkapazitäten finden mittlerweile an

virtuellen Handelspunkten über store-x „reißenden

Absatz“. Beispiel für eine richtungsweisende

Plattform auf der Netzseite ist www.marktgebiete.

com, auf der Transportkunden ihre Kapazitäten für

die Netzgebiete von ONTRAS, BEB und weiterer

Übertragungsnetzbetreiber buchen können.

Den richtigen Zeitpunkt abpassen

Der Wettbewerb im deutschen Gasmarkt fordert

von allen Marktteilnehmern eine kontinuierliche

Anpassung ihrer Geschäftsprozesse. Die Um-

setzung, vor allem der IT-gestützten Prozesse,

muss dabei in immer kürzeren Zeiträumen erfol-

gen. Dennoch sollten die Investitionen in neue

Software-Lösungen – egal für welche Marktrolle

– mit Augenmaß getroffen werden. Ein großes

Standard-Handelssystem für drei Millionen Euro

und mit 20 Systembetreuern passt nicht auf jedes

Portfolio. In jeder Hinsicht muss die IT im Einklang

mit der beabsichtigten Marktpositionierung stehen

und mit den eigenen personellen Möglichkeiten

korrespondieren. Prozesse sollten erst dann mittels

IT-Systemen automatisiert werden, wenn Klarheit

über das eigene Geschäftsmodell und die daraus

resultierenden Geschäftsprozesse besteht. Das

gilt erst recht, wenn diese neu sind.

Dynamik von Regulierung, Marktentwicklung und

eigenem Geschäftsmodell sollten sich in Projek-

tierung und Projektmanagement der IT-Projekte

niederschlagen. Es ist zweckmäßig, Projekte

mit kurzen, aufeinander folgenden Phasen zu

definieren, in denen sich Vertragsgrundlagen,

Ablauforganisation und IT parallel entwickeln.

Dazu gehört neben einem kompetenten Team im

eigenen Haus ein geeigneter Dienstleister mit

fachlicher und technischer Expertise.

Konsistente, dem Vertrag entsprechende Stammdaten sind die Grundlage

der automatisierten Prozesse aller Marktrollen im Gasmarkt.

Handelsvertrags-

management

Speichervertrags-

management

Transportvertrags-

management

Speicherkopplungs-verträge

Netzkopplungs-verträge

Interne Bestellung

Speicherverträge Transportverträge

Lieferverträge Bezugsverträge

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E-world 2008

VNG-Gruppe stellt neue Dienstleistungsangebote vorVom 19. bis 21. Februar öffnete die E-world in Essen wieder ihre Pforten für die Branchenkenner der

Energiewirtschaft. Die VNG-Gruppe präsentierte sich auf ihrem Messestand mit vielen interessanten

Angeboten, die Anlass zu fruchtbaren Gesprächen gaben.

Gasverkäufer ziehen positive Bilanz

Für den Gasverkauf der VNG gilt die E-world seit

langem als größte Kontaktbörse, auf der eine

enorme Verhandlungsdichte möglich ist. In diesem

Jahr war vor allem eine große Nachfrage nach

Gaslieferungsangeboten spürbar, die sich nicht

nur auf alle Marktgebiete in Deutschland bezog,

sondern auch viele europäische Standorte be-

traf. In vielen interessanten Gesprächen wurden

neue Kontakte geknüpft sowie Lieferangebote

mit potenziellen in- und ausländischen Kunden

besprochen.

v.l.n.r.: Marcel Malcher, Vertriebsleiter der Energieversorgung Offenbach AG, Wolfgang Eschment, ehemaliger Vorstand der VNG, Dirk Fieml, Mitglied des Vorstands

der N-Ergie Aktiengesellschaft und Dr. Gerhard Holtmeier, Vorstand Gasverkauf/Technik bei der VNG.

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Auch zum Dienstleistungsangebot der VNG gab es

zahlreiche Gespräche. Hier wurde deutlich, dass

Kunden und potenzielle Kunden unser breites

Spektrum an technisch und werblich orientierten

Marketingdienstleistungen schätzen. Besonderen

Nutzen sehen die Gesprächspartner in unserer Nähe

zum Kerngeschäft und zum Markt unserer Kunden.

Die Nutzung der vorhandenen Besprechungsräume,

für Angebots- und Vertragsverhandlungen, sparte

viele der sonst anfallenden Besuchstermine und

war auch für die Kunden der VNG sehr effizient.

Töchterfirmen der VNG mit neuen Angeboten

Die ECG Erdgas-Consult GmbH als spezialisierter

Anbieter von Software und Beratungsleistungen

im Energiebereich stellte ihr Prozess-Know-how

sowie erste Systemkomponenten für die Speicher-

vermarktung (MTS SSO) vor. Großes Interesse

bestand an der von ECG entwickelten Prozess-

dienstleistung caplog-x.

Bei ONTRAS stand neben der gemeinsamen

Marktgebietekooperationsplattform mit der

BEB, DONG, StatoilHydro und ExxonMobil unter

www. marktgebiete.com auch die marktgebiets-

übergreifende Bilanzierung im Mittelpunkt. ONTRAS

und BEB bieten gemeinsam seit dem 01.10.2007

als erste Unternehmen in der deutschen Gaswirt-

schaft die marktgebietsübergreifende Saldierung

von Strukturmengen aus den Bilanzkreisen der

beiden Marktgebiete an. Den Transportkunden wird

hiermit zusätzliche Flexibilität beim Gastransport

zur Verfügung gestellt.

Erstmalig war auch die ENERGIEUNION AG auf dem

Stand der VNG-Gruppe vertreten. Der Schweriner

Energiehändler zeigte sich mit seinen Leistungen

rund um eine strukturierte Beschaffung von Energie

und informierte über die zum 1.12.2007 erfolgte

Einbindung der VNG-Gashandelsplattform acset-x

in ihrem Portal.

Mandy Nickel, Redaktion

André Burkhardt, Leiter Gasverkauf Industrie- und Geschäftskunden der VNG, im Gespräch mit Dr. Andreas Seebach, Geschäftsführer von bmp

greengas | Dr. Stephan Krein, Bereich Gasverkauf Industrie- und Geschäftskunden der VNG, im Gespräch mit Thomas Schneider von Dong Energy.

Olaf Schneider (li.) hat am 1. Januar 2008 den Bereich Gasverkauf Versorgungsunternehmen bei der VNG übernommen. Hier im Gespräch mit Uwe Gradel

von E.ON edis. | Sascha Gering (re., ECG) erklärt Grit Burkert und Dr. Thomas Heider von der KOM-STROM AG die Prozessdienstleistung caplog-x.

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Anreizregulierung berücksichtigt ostdeutsche Realitäten nur ungenügend

VfkE-Veranstaltung: Regulierung und kommunale EnergieversorgungAuf Einladung des Verbundnetzes für kommunale Energie (VfkE) diskutierten am 20. November 2007 in Potsdam

150 Kommunalpolitiker, Vorstände und Geschäftsführer kommunaler Unternehmen mit Experten aus der Bundes-

und Landespolitik zum Thema „Regulierung und kommunale Energieversorgung“.

Diskussionsgrundlage der Veranstaltung war ein

im Vorfeld verfasstes Diskussions- und Thesen-

papier des Städte- und Gemeindebundes (StGB),

der ostdeutschen Landesgruppen des Verbandes

kommunaler Unternehmen (VKU) und des VfkE.

Darin belegen sie, dass die Verordnung zur An-

reizregulierung wesentliche strukturelle Beson-

derheiten in den ostdeutschen Bundesländern

nicht ausreichend berücksichtigt. Im Rahmen des

umfassenden Diskussionsforums wurde auf den

Bedarf an Änderungen hingewiesen, um erhebliche

Nachteile von ostdeutschen Städten und deren

Stadtwerken abzuwenden.

Hauptredner der Veranstaltung, Matthias Kurth,

Präsident der Bundesnetzagentur, unterstrich

in seinem Vortrag über die Auswirkungen der

geplanten Anreizregulierung auf kommunale Ver-

sorger, dass mehr Wettbewerb im Energiemarkt

den Stadtwerken auch Chancen biete. Kritisch

entgegnete der Geschäftsführer des Städte- und

Gemeindebundes Karl-Ludwig Böttcher, dass

es der falsche Weg sei, einerseits Versorgungs-

sicherheit zu fordern und andererseits die Inves-

titionsmöglichkeiten der Unternehmen für die

Zukunft zu beschränken. Letztlich würden die

kommunalen Energieunternehmen und damit

auch die Bürger mit höheren Kosten belastet. Es

sei eine Illusion, wenn Bundes- und Landespolitik

den Bürgern vorgaukelten, dass die Netz- und

die neue Anreizregulierung zu einer nennens-

werten Verringerung der Energiepreise führten.

Die Verordnung zur Anreizregulierung münde bei

vielen ostdeutschen kommunalen Unternehmen

unverschuldet in Ertragsminderungen. Allgemein

anerkannte Vorleistungen bei Investitionen und

der Steigerung der betrieblichen Effizienz würden

nur unzureichend berücksichtigt. Gefordert wird

ein eigener Effizienzvergleich für die ostdeutschen

Netzbetreiber. Andernfalls würden die sinkenden

Erlöse aus dem Netzbetrieb spürbar zu Lasten der

Investitionsfähigkeit vieler kommunaler Stadt-

werke gehen.

Ertragsminderungen, so stellte Hubert Handke,

Bürgermeister der Stadt Bernau und Mitglied

der Koordinierungsgruppe des VfkE fest, hätten

in Ostdeutschland nicht nur eine betriebswirt-

schaftliche, sondern auch eine gesellschafts-

politische Dimension. Kommunale Haushalte

in Ostdeutschland würden im Durchschnitt nur

zu knapp 40 Prozent aus eigenen Einnahmen

gespeist. In Westdeutschland sei der Eigenanteil

der Kommunen am Haushalt mit durchschnittlich

70 Prozent fast doppelt so hoch. Bei den Steuer-

einnahmen sei es genau umgekehrt. Hier liege

das Pro-Kopf- Aufkommen in Westdeutschland

doppelt so hoch wie in den neuen Ländern.

Handke wies darauf hin, dass geringere Erträ-

ge die bereits jetzt ungenügende kommunale

Haushaltsausstattung weiter verschlechtern

würden. Ein weiterer wichtiger Punkt der An-

reizregulierung sind Wege zur Erhöhung der

Eff izienz. Wichtige Instrumente dafür seien

interkommunale Kooperationen sowie die Zusam-

menarbeit bei energienahen Dienstleistungen.

Dr. Gerhard Holtmeier, Vorstandsmitglied der

VNG – Verbundnetz Gas AG aus Leipzig verwies

darauf, dass die VNG als unabhängiger und inter-

national tätiger Importeur von Erdgas gerade auch

seinen kommunalen Kunden Leistungen anbiete,

die diese selbst nicht oder nur mit erheblichem

Aufwand übernehmen könnten. Dies sei ein

möglicher Beitrag zur Kostensenkung.

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Weitere Standpunkte zur AnreizregulierungDr. Wolfgang Krüger, Staatssekretär im Branden-

burger Wirtschaftsministerium: Ob zwischen Ost

und West strukturelle Unterschiede im Bereich der

Gas- und Stromversorgung bestehen, betrachtet

Krüger als irrelevant. Strukturelle Besonderheiten

gäbe es deutschlandweit und diese seien wie

auch die demograf ische Entwicklung in der

Verordnung ausreichend berücksichtigt worden.

Damit sei ein bundesweiter Effizienzvergleich

objektiv möglich. Krüger sei überzeugt, „dass

mit der vorliegenden Verordnung zur Anreizregu-

lierung ein nutzbringender Kompromiss gelungen

ist zwischen den Interessen der Netzbetreiber

einerseits und dem Ziel einer preisgünstigen

effizienten und sicheren Gas- und Stromversor-

gung andererseits“.

Matthias Kurth, Präsident der Bundesnetz-

agentur: Widerspricht dem Eindruck, dass

Energieversorger in Ostdeutschland für die

Anreizregulierung schlechtere Startbedingungen

haben. Es gäbe in jeder Größenordnung „sehr

effiziente und sehr ineffiziente Unternehmen“,

sowohl in Ost als auch in West. Die Sonderfak-

toren des Ostens müssten erst einmal ermittelt

werden und seien nicht pauschal für den ganzen

Osten gleich.

Dr. Anke Tuschek, Geschäftsführerin der Stadt-

werke Leipzig: Als Sprecherin für das Forum Erdgas

stimmte Dr. Tuschek dem Diskussionspapier zu. Sie

kritisierte, dass die Politik mit ihren Aussagen zu

den Wirkungen der Netzregulierung falsche Erwar-

tungen geweckt habe. Das Ziel, mehr Wettbewerb

auch bei den Betreibern der Netze zu erreichen,

sei richtig. Die Netzkosten hätten jedoch an den

Energiekosten den kleineren Anteil. Deshalb

würden sich Reduzierungen auf den Gesamtpreis

nur marginal auswirken.

Torsten Maus – Geschäftsführer EWE Netz: Die

Anreizregulierung bringe „mehr Reiz als Anreiz“.

Der wachsende Kostendruck führt zu einer Arbeit

mit einfacheren Netzstrukturen, ein Zurückfah-

ren der Maßnahmen am Netz auf das gesetzlich

geforderte Mindestmaß, Abstriche bei der Ver-

sorgungsqualität, das Streichen von Arbeitsplät-

zen, die Umgestaltung der Zusammenarbeit mit

Dienstleistern und fehlendes Geld für Investitionen.

Damit gefährde die Anreizregulierung den hohen

Standard der Versorgungssicherheit.

Im Ergebnis der Konferenz in Potsdam hat die Koor-

dinierungsgruppe des „Verbundnetz für kommunale

Energie“ das gemeinsame Diskussionspapier an die

politischen Entscheidungsträger übermittelt. Darü-

ber hinaus soll der Dialog mit der Politik intensiviert

werden. Mindestens einmal jährlich werden die Er-

gebnisse und Auswirkungen der Regulierung für die

ostdeutschen Kommunen und deren Unternehmen

analysiert. Die Bestandsaufnahme erfolgt durch

die am Thesenpapier beteiligten ostdeutschen

Spitzenverbände der Städte und Gemeinden, die

ostdeutschen Landesgruppen des VKU und VfkE.

Gleichzeitig wird man sich weiter dafür engagieren,

die Forderungen nach einer differenzierten, den

ostdeutschen Realitäten Rechnung tragenden

Regulierung durchzusetzen. Vor allem Vorstän-

de und Geschäftsführer kleinerer und mittlerer

kommunaler Versorger beteiligten sich nahezu

vollständig. Hier scheint der höchste Bedarf an In-

formationen und Unterstützung zu liegen. Mit dem

Präsidenten der Bundesnetzagentur Matthias Kurth

sowie den beiden Wirtschaftsstaatssekretären aus

Brandenburg, Dr. Wolfgang Krüger, und Sachsen-

Anhalt, Thomas Pleye, wurde die Veranstaltung

von energiepolitischen Entscheidungsträgern

begleitet. Ihre Anwesenheit unterstreicht einen

gemeinsamen Dialog über spezifische Probleme

der Kommunen in Ostdeutschland. Auch in diesem

Jahr wird das VfkE eine Konferenz dieser Größen-

ordnung veranstalten, in deren Mittelpunkt wieder

ein Thema mit hoher kommunalwirtschaftlicher

Brisanz stehen wird.

Sindy Lohse, VNG, Unternehmenskommunikation

Erläuterte die Anreizregulie-

rung aus Sicht der Bundes-

netzagentur: Matthias Kurth.

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Kooperationsverbund Leiconet

Fünf Partner vereinen ihre ServicedienstleistungenIm Herbst 2007 haben sich fünf Unternehmen aus der Energie-, Versorgungs- und Telekommunikati-

onsbranche zum neuen Kooperationsverbund Leiconet zusammengeschlossen. Die Projektpartner,

unter ihnen auch die VNG, versprechen technische Servicedienstleistungen aus einer Hand.

Das Problem ist altbekannt – technische Anla-

gen und Geräte benötigen für eine zuverlässige

und sichere Funktionsweise eine technische

Überprüfung, müssen hin und wieder sogar

repariert werden. Dann ruft man den Elektriker

für die Steckdose, den Schornsteinfeger für die

Heizungsanlage oder den Installateur für den

Gasherd. Für jede Anlage ein anderer Ansprech-

partner.

Das geht auch einfacher, dachten sich die fünf

Unternehmen GDMcom – Gesellschaft für Doku-

mentation und Telekommunikation mbH (Leipzig),

MAX STREICHER GmbH & Co. KG a. A. (Deggendorf),

RAKW Service GmbH & Co. KG (Wildau), VORWERK

Pipeline- und Anlagenservice GmbH (Halle) und

VNG – Verbundnetz Gas Aktiengesellschaft (Leip-

zig). Sie arbeiten bereits seit mehreren Jahren auf

dem Gebiet der Energieversorgung zusammen und

kennen sich mit der wirtschaftlichen Betriebsfüh-

rung von Netzen, Anlagen und Infrastrukturen

bestens aus.

Mit der Gründung von Leiconet bündeln alle fünf

Unternehmen ihr Know-how. Dadurch können sie

ihren Kunden ein komplettes Dienstleistungspaket

anbieten – angefangen bei ingenieurtechnischen

Leistungen über die Betriebsführung mit Leitstel-

lenfunktion bis hin zum kompletten Sicherheits-

management.

Technische Aufgaben an einen Dienstleister wie Leiconet auszulagern, hat für die Kunden zweierlei Vorteile: Kostenersparnis und Rückbesinnung auf das

eigentliche Kerngeschäft.

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Dezentrale Servicestruktur sichert

schnelle Reaktionszeiten

Das Gemeinschaftsprojekt ist in Deutschland

bisher einzigartig. Leiconet kann im Verbund alle

Leistungen rund um die technische Betriebsfüh-

rung von Versorgungsanlagen erbringen – deutsch-

landweit. „Durch die Vielzahl der Niederlassungen

der fünf Kooperationspartner ist jederzeit die

individuelle Nähe zum Kunden gegeben. Das ist

gerade dann besonders wichtig, wenn wir bei-

spielsweise für ein Versorgungsunternehmen den

Bereitschaftsdienst übernommen haben“, erläutert

Dietmar Hartwig vom Netzservice der VNG.

Zeit- und Kostenersparnis bei der

technischen Sicherheit

Dass sich durch die Synergieeffekte im Leiconet-

Verbund auch Kostenersparnisse ergeben, die

an den Kunden weiter gegeben werden, liegt auf

der Hand. Vor allem für Unternehmen aus dem

Kleingewerbe (z. B. Bäckereien) oder für Betreiber

chemischer Anlagen können sich die technischen

Serviceleistungen lohnen. Maximilian Hofmann,

Geschäftsbereichsleiter Rohrleitungsbau von der

Firma STREICHER, erklärt warum: „Viele Kunden,

für die die Energielieferung nicht zum Kernge-

schäft gehört, wissen gar nicht, welche Kosten

beim Betrieb von Anlagen entstehen, weil die

Infrastrukturanlagen zu komplex sind. In solchen

Ganz gleich ob Planen, Bauen, Betreiben oder Dokumentieren – Leiconet bietet umfassende technische Dienstleistungen für alle Versorgungsmedien an. Bei einer

Betriebsführung mit Leitstellenfunktion werden die Netzdaten durch Leiconet überwacht und ein 24-Stunden-Bereitschaftsdienst ermöglicht. Foto links: Christoph Busse

Fällen kann Leiconet eine Betriebskostenanalyse

durchführen und damit dem Unternehmen Wege

aufzeigen, wie die Kosten für Ver- und Entsor-

gungsnetze gesenkt werden können.“

Rund-um-Service für alle Versorgungsmedien

Dabei setzt Leiconet auf Serviceleistungen für

alle Versorgungsmedien. Das ist möglich, weil die

Leiconet-Partner über langjährige Erfahrungen auf

dem Gebiet der Medien Erdgas, Wasser/Abwasser,

Flüssigprodukte und Fernwärme sowie Strom ver-

fügen. Betreiber von komplexen Industrieanlagen,

wo in der Regel eine Vielzahl an Flüssigkeiten und

Gasen zum Einsatz kommen, profitieren deshalb

von Leiconet in besonderer Weise. Statt einen

Techniker für die Ölanlagen, einen Elektriker für

die Stromversorgung und einen Fachmann für den

Wasserkreislauf mit der Wartung zu beauftragen,

können diese Leistungen einheitlich von Leiconet

erbracht werden. Selbst für die Versorgungsmedien

Fernwärme, Abwasser und Telekommunikation bie-

tet Leiconet technische Dienstleistungen an. Auch

Regionalversorgern, Stadtwerken oder kommunalen

Betrieben steht Leiconet bei allen Fragen des Be-

triebs von Versorgungseinrichtungen zur Verfügung,

ganz gleich ob sie nach individuellen Einzellösungen

für technische Aufgaben suchen oder den Betrieb

ganzer Gewerke auslagern wollen.

Mandy Nickel, Redaktion

Page 44: medium gas 2008.1

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Orbital-Laser-MSG-Hybridschweißen für RohrverbindungenHybride-Prozesse versprechen neue Perspektiven im Pipelinebau – die VNG – Verbundnetz Gas AG fördert Forschungsprojekt der SLV Halle GmbH.

Herkömmliche Technik stößt an Grenzen

Seit Jahren kommen beim Verschweißen von Groß-

rohren für Erdöl- und Erdgasleitungen erprobte

und bewährte Lichtbogenverfahren zur Anwen-

dung. Die Verfahrenspalette reicht dabei vom

Lichtbogenhandschweißen mit Stabelektroden

bis zum Einsatz von so genannten Orbitalschweiß-

anlagen, welche mit dem Metall-Aktivgas-Ver-

fahren (MAG) arbeiten. Wenn Leitungslänge und

Geländeprofil es gestatten, kommen diese auch in

größerer Anzahl gleichzeitig zum Einsatz, wobei

jede der einzelnen Stationen für das Schweißen

von ein oder zwei Lagen konzipiert ist und dann

zum nächsten Rohrstoß verbracht wird, um dort

die gleiche Schweißnaht herzustellen. Derartige

Fertigungskomplexe mit mehreren Schweißköpfen

je Anlage repräsentieren sowohl einen hohen

gerätetechnischen als auch schweißtechnolo-

gischen Entwicklungsstand. Jedoch sind sie auch

mit hohem personellen und anlagentechnischen

Aufwand verbunden und die physikalischen

Grenzen der Lichtbogenprozesse lassen kaum

eine Leistungssteigerung zu.

Orbitaltechnik zum Laser-MSG-Hybridschweißen. Orbitaltechnik mit Hybridschweißkopf während der Erprobung.

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Moderne Laserstrahlquellen

sorgen für Mobilität

Strahlquellen der jüngsten Generation, so genannte

Faserlaser, weisen nicht nur Leistungsbereiche im

zweistelligen kW-Bereich auf, sondern zeichnen

sich zudem durch eine robuste und kompakte Bau-

form aus. In Verbindung mit einem sehr hohen Wir-

kungsgrad und einer hervorragenden Strahlqualität

sind sie damit – im Gegensatz zu konventionellen

Laserstrahlquellen (Gas- und Festkörperlaser) des

aktuellen Entwicklungsstandes – hervorragend

für den mobilen Einsatz geeignet.

Laser-MSG-Hybridschweißen

bietet neue Perspektiven

Gerade angesichts des zunehmenden Augenmerks

auf eine künftig tragfähige Energieversorgung

in Deutschland und Europa stellt sich die Frage

nach neuen und leistungsfähigen Technologien

im Rohrleitungsbau, um dem künftig steigenden

Bedarf nachhaltig gerecht werden zu können.

Einen für die Zukunft Erfolg versprechenden Weg stellt

die Anwendung des Laser-MSG-Hybridschweißens

dar. Hier werden beide Prozesse so miteinander

gekoppelt, dass Laserstrahl und Lichtbogen in

einem gemeinsamen Schmelzbad wirken. Das

Ergebnis ist dabei weit mehr als nur die einfache

Addition beider Energiequellen und des einge-

brachten Zusatzwerkstoffes. Vielmehr bewirken

resultierende Synergieeffekte, dass die Vorteile

beider Einzelprozesse erhalten und verstärkt wer-

den. So entsteht ein Nahtprofil, welches ähnlich

tief wie beim Laserstrahlschweißen ist, aber eine

deutlich bessere Spaltüberbrückbarkeit aufweist.

Reduzierung der Lagenzahl führt

zu wirtschaftlichen Effekten

Bei größeren Blechdicken sind die Vorteile des

neuen Verfahrens nicht vordergründig im Bereich

der Schweißgeschwindigkeit zu sehen, sondern

vielmehr in der Möglichkeit zur Reduzierung der

Lagenzahl und der stabilen Wurzelausbildung.

Dadurch entfällt die Notwendigkeit zum Schwei-

ßen der Gegenlage im Rohrinneren. Ein spezielles

Nahtprofil mit wesentlich größerer Steghöhe redu-

ziert den verbleibenden Nahtquerschnitt. Darüber

hinaus gewährleistet die hohe Energiedichte im

Schmelzbad, dass beim Fallnahtschweißen die

bei Lichtbogenverfahren bestehende Bindefeh-

lerproblematik als potenzielle Fehlerquelle ver-

nachlässigt werden kann.

Praxiserprobung ist nächster

Entwicklungsschritt

Die weiterführenden Arbeiten konzentrieren sich

derzeit neben Optimierungsmaßnahmen auf die

Vorbereitung einer Erprobung im praxisnahen

Umfeld, also das Hybridschweißen von Rohr-

schüssen unter Baustellenbedingungen und

unter Nutzung der branchentypischen Ausrüs-

tung für das mechanisierte Verschweißen von

Großrohren.

Mit der Unterstützung dieser Entwicklungsarbeiten

leistet die VNG zielgerichtet einen wichtigen Bei-

trag zur Einführung innovativer Technologien im

Rohrleitungsbau.

Dr. Martin Ströfer, Leiter der Schweißtechnischen

Lehr- und Versuchsanstalt Halle GmbH;

Joachim Roßmann, Netzservice der VNG

Hybridschweißnaht an Wandstärke 10 mm (Y-Naht).

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Kunstausstellung im Atrium der VNG

Warum ist das Maigrün eine gefährliche Farbe?Alles neu macht der Mai, besagt ein deutsches Sprichwort. Bunte Blumen beginnen wieder zu sprießen,

das erste sanfte Grün der Bäume macht sich breit, die Natur erwacht zum Leben. Nicht umsonst ist der

Wonnemonat Mai für Viele der Schönste im Jahr. Mit seinem Maigrün ist er für einige Kunststudenten

der Hochschule für Grafik und Buchkunst in Leipzig (HGB) aber auch der gefährlichste Monat.

Kunst ist immer auch Abenteuer

Jedes Jahr treffen sich Studierende der HGB im

Mai für zehn Tage in Döben im Muldentalkreis, um

sich mit der ländlichen Umgebung künstlerisch

auseinanderzusetzen. Die Exkursion ist ein fakul-

tativer Kurs, der die Studenten im Grundstudium

mit der Beobachtung und Verarbeitung der Land-

schaft vertraut machen soll. Betreut wird er von

Prof. Doris Ziegler und Jörg Enert.

Die Idee für den Ausflug nach Döben kam der

Kunstprofessorin durch die Bekanntschaft mit

der Familie von Below, denen das alte Schloss in

Döben gehört. Die Schlossanlage gleicht einem

herrschaftlichen Anwesen mit alten Burgmauern,

einer steinernen Brücke und imposanten Bäumen.

In dieser historischen Umgebung schlagen die

Kunststudenten und ihre Betreuer jedes Jahr

im Frühjahr ihr „Basislager“ auf – mit Lagerfeu-

er, Wiesendusche und einer gehörigen Portion

Abenteuer.

Herausforderung unter freiem Himmel

Die ersten Tage verbringen die Studenten damit,

ihre Umgebung zu erfassen. „Wir müssen uns in

der unendlichen Weite der Landschaft Ausschnitte

suchen, die für uns interessant sind und die wir in

ein kleines Format zwängen können. Das schwie-

rigste ist dabei sicherlich, die großen Flächen

für sich selber zu ordnen und die verschiedenen

Größenverhältnisse abzuschätzen“, erzählt Agnes

Lammert, die mittlerweile im Hauptstudium zur

Klasse von Neo Rauch gehört.

„Die Studenten müssen ihre Aufmerksamkeit

oder Beobachtungsgabe schärfen und eine große

Portion visueller Neugier mitbringen“, erläu-

tert Prof. Ziegler die Herausforderungen an die

Studenten. Den weiten Horizont ins Taschen-

buchformat zu bringen, der Form eines Baumes

nachzugehen, um ihn dann überzeugend auf dem

Papier einzupflanzen, die farbigen Ornamente

der Fassaden, Autos, Verkehrszeichen, die sich

Sich mit Neugier und Hingabe auf etwas einlassen, unterschiedliche Sichtweisen auf ein gemeinsames Thema erleben, Stilbrüche

und Unzulänglichkeiten einfangen – keine immer leichte Aufgabe in freier Natur. Hier: Aquarelle von Christian Bussenius.

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ständig wandelnden Lichter und Schatten über

der Szenerie, die den Beobachter zu beobachten

scheint – alle diese Impressionen strömen unter

freiem Himmel auf den Maler ein. Sie werden zur

vertrauten Lebenswirklichkeit auf Zeit.

Für viele Studenten ist die Exkursion nach Döben

der erste Ausflug in die Natur. Die meisten arbei-

ten vor allem im Atelier und kennen es nicht, das

Gemalte auch tatsächlich zu erleben. „Dabei ist es

sehr erfrischend, eine Landschaft in verschiedenen

Momenten und von unterschiedlichen Perspektiven

aus zu erfassen“, meint Christian Bussenius. Er

ist Schüler von Neo Rauch, steht kurz vor seinem

Diplom und war bereits zweimal in Döben dabei.

Ihn fasziniert vor allem die Selbstentfremdung

bei der Freilichtmalerei. „Im Atelier bin ich immer

Ich-Selbst, habe auch nur Kontakt zu mir selbst.

Inmitten der Landschaft löse ich mich dagegen

immer mehr auf und werde zu einem Teil der Natur“,

so Bussenius weiter.

Der Wechsel von der Ateliers- zur Freilichtmalerei

bedeutet für die Studenten nicht nur eine Auflösung

ihres fixen Raumes, sondern ändert auch ihre Farb-

wahrnehmung. Gerade im Frühling, wenn die Natur

wieder zum Leben erwacht, werden sie mit einer

gewaltigen Wucht der grünen Frühjahrslandschaft

konfrontiert. Vom Grasgrün über Zart-Lindgrün bis

hin zum hellen Blatt-Grün ist die Landschaft in ein

grünes Meer gehüllt. Die Farben fließen ineinander

und haben dadurch eine beinahe formzersetzende

Wirkung. Dieses überbordende Maigrün kann

wahrhaft schmerzhaft für das Auge sein – schon

Meister wie Dürer und Turner haben es deshalb

zu einer gefährlichen Farbe erklärt.

Gefährlich heißt aber nicht unmöglich. Durch das

Anfertigen von Skizzen, durch Farbkombinations-

übungen und durch das intensive Auseinanderset-

zen mit den Motiven vor Ort lernen die Studenten in

Döben, die unterschiedlichen Grünnuancen agieren

zu sehen und ihr Zusammenspiel zu erkennen. Im

Laufe der Exkursion entwickeln sie ihre eigenen

Sichtweisen auf die Natur, lernen, wie sie ihren Mal-

prozess öffnen können. Schließlich transportieren

sie die zahlreich vorhandenen Grüntöne in andere

Farb- und Wirkungswelten und zitieren die Natur

dabei ohne sie zu kopieren oder zu imitieren.

Mandy Nickel, Redaktion

Jedes Jahr werden die Studierenden der HGB auch zur VNG eingeladen, um sich von dem architek-

tonisch reizvollen Gebäude inspirieren zu lassen. Einige der Arbeiten wurden im Kontext der

Ausstellung im Atrium der VNG gezeigt. Hier: Zwei Aquarelle von Markus Krüger.

Das Muldental eignet sich sehr gut für die Landschaftsmale-

rei, denn die Gegend ist durch die Ansammlung von Wäldern,

Häusern, Teichen, Ruinen und ausgedehnten Feldern sehr

vielfältig. Keine Postkartenidylle wie an der Ostsee, aber ge-

rade durch die Schönheit der „kleinen Dinge“ sehr spannend.

Hier: Aquarell von Agnes Lammert.

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Die Anfänge der Gaswirtschaft und der Ferngasversorgung in Dessau und Leipzig (1855–1945)Am 1. Juli besteht die VNG – Verbundnetz Gas AG 50 Jahre. An diesem Tag des Jahres 1958 wurde der Vorläufer

der VNG, die Technische Leitung Ferngas (TLFG) Leipzig, gegründet. Wir wollen das Jubiläum zum Anlass neh-

men, um die Entwicklung der gesamten ostdeutschen Gaswirtschaft nachzuzeichnen. In der ersten Ausgabe von

medium gas berichtet der Berliner Historiker Dr. Rainer Karlsch über die entscheidenden Etappen beim Aufbau

der Ferngasversorgung bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges.

In der Geschichte der deutschen Gaswirtschaft

haben Ingenieure, Erfinder und Unternehmer aus

Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen eine

herausragende Rolle gespielt. So gehörten der

Freiberger Professor Wilhelm August Lampadius

(1772–1842) und der Dresdner Kommerzienrat

Rudolf Sigismund Blochmann (1784–1871) zu den

Pionieren des neuen Industriezweiges.

Weniger bekannt sind die Geschichten der im Osten

Deutschlands gegründeten Firmen. Zu nennen

sind vor allem die Deutsche-Continental-Gas-

Gesellschaft, Dessau, die Thüringer Gasgesell-

schaft Gotha bzw. Leipzig und die Landesgasver-

sorgung Sachsen AG, Leipzig. Diese Unternehmen

begannen bereits Anfang des 20. Jahrhunderts

mit der Ferngasversorgung. Bis zu einen gewissen

Grade konnte später der VEB Verbundnetz Gas auf

ihre Leistungen aufbauen.

Die Deutsche-Continental-Gas-Gesellschaft

Die erste deutsche Gasfirma, die ähnlich der bri-

tischen Imperial Continental Gas Association auf

dem gesamten europäischen Kontinent agieren

wollte, wurde in Dessau gegründet.

Der ehrgeizige Plan zum Aufbau einer Gasfirma

ging vom Direktor der Anhalt-Dessauischen Lan-

desbank, Louis Nulandt, aus. Er konnte Baurat Hans

Viktor von Unruh für eine Mitarbeit gewinnen, zu-

mal dieser in Preußen einen schweren Stand hatte.

Angesichts fortgesetzter politischer Repressionen

in Preußen zog Unruh 1855 nach Dessau.

Mit Nulandt und Unruh als künftige Direktoren

an der Spitze wagte ein vornehmlich aus anhalti-

nischen Unternehmern, Bankiers und Handwerkern

bestehender Kreis die Gründung der „Deutsche-

Continental-Gas-Gesellschaft“ (DCGG) am 7. Mai

1855. Das Unternehmen errichtete zunächst in

Dessau ein Gaswerk und versorgte die Stadt mit

Gas für die Straßenbeleuchtung. Es ist sicher

nicht übertrieben davon zu sprechen, dass mit der

Gründung der DCGG die Industrialisierung Dessaus

den entscheidenden Impuls erhielt.

Trotz eines guten Starts geriet das Unternehmen

alsbald in wirtschaftliche Nöte. Eine aus den USA,

über England auf den Kontinent überspringende

Bank- und Handelskrise wuchs sich 1858/59 zur

ersten großen Weltwirtschaftskrise aus. Insgesamt

wurde die Gasindustrie von der Krise weniger hart

getroffen als andere Branchen. Jedoch begannen

die Spekulationsgeschäfte von Direktor Nulandt

die DCGG zu belasten. Der Bankier hatte 1856

die Konzession zur Gründung der „Kreditanstalt

für Industrie und Handel“ erhalten. Hauptziel der

Bank war die Industriefinanzierung. Bei diesen

Geschäften übernahm sich Nulandt allerdings, so

dass die Bank Teile ihres Anlagenkapitals einbüßte.

Auch die von ihm geleitete Landesbank manövrierte

am Rande des Ruins. Nun begann Nulandt Teile der

Gewinne der DCGG zum Stopfen der Kreditlöcher der

Banken zu nutzen. Als dies herauskam, wurde er

wegen des Verdachts auf Untreue seines Direktor-

postens enthoben. Bankier Nulandt wusste keinen

Ausweg mehr und nahm sich das Leben.

Unruh dürfte all dies mit Bestürzung gesehen

haben. Er trat Ende 1856 von der Leitung der DCGG

zurück und wandte sich wieder der Politik zu. Der

DCGG blieb er bis 1886 als Aufsichtsratsvorsit-

zender verbunden.

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Neuer Generaldirektor wurde Ingenieur Wilhelm

Oechelhäuser (1820–1902), zuvor Bürgermeister

von Mülheim an der Ruhr. Das war ein Glücksfall

für das angeschlagene Unternehmen. Er sollte die

Geschicke der DCGG 32 Jahre lang leiten.

Im Jahr 1880 verfügte die Dessauer Gesellschaft

bereits über 17 Gaswerke und ein Aktienkapital

von 15 Mio. Mark. Ihre Produktion belief sich auf

21,5 Mio. m3 Gas. Im Durchschnitt der 1880er Jahre

konnten 11 Prozent Dividende je Aktien ausge-

schüttet werden. Angesichts dieser erfolgreichen

Entwicklung begann die DCGG Beteiligungen an

Elektrizitätswerken und anderen Unternehmen zu

erwerben. Dessau sollte über 100 Jahre ein Zentrum

der Gasindustrie und -geräteherstellung bleiben. Als

die DCGG nach 1945 zerschlagen wurde, wirkte ihre

Tätigkeit noch so weit nach, dass die Vereinigung

Volkseigener Betriebe (VVB) „Energiebezirk West“

ihren Hauptsitz in Dessau nahm. Diese VVB bildete

das Dach, unter dem die Technische Leitung Ferngas

(TLFG) Leipzig, der Vorläufer des VEB Verbundnetz,

im Februar 1958 gegründet wurde.

Thüringer Gasgesellschaft

Zum größten privatwirtschaftlichen Konkurrenten

der DCGG entwickelte sich die Thüringer Gasge-

sellschaft (ThGG). Die Initiative zur ihrer Gründung

ging 1863 vom Unternehmer Theodor Weigel aus,

der bereits in Arnstadt über eine Konzession für

ein Gaswerk und Verträge zur Übernahme der

städtischen Gasbeleuchtung verfügte. Am 2. Juni

1864 erteilte Herzog Ernst von Sachsen-Coburg und

Gotha die Genehmigung zur Gründung der Gesell-

schaft. Die vorsichtigen Gründungsväter setzten

das Kapital der AG 1867 von 1 Mio. Taler auf nur

noch 150 000 Taler herab und starteten lediglich

mit zwei Gaswerken in Aschersleben und Bitterfeld.

25 Jahre später beurteilte Theodor Weigel diese

Strategie kritisch: „Man dachte eben allzu solid;

man begann das Geschäft in zu bescheidenem

Umfang und mit zu kleinem Kapital.“

Ab 1871 trat die Thüringer Gasgesellschaft aus

dem Schatten und begann eine lang anhaltende

Phase der Expansion. Deshalb erfolgte 1873 die

Sitzverlegung nach Leipzig. Die verkehrsgünstig

gelegene Messestadt, zugleich wichtigster säch-

sischer Bankenplatz, bot günstigere Vorausset-

zungen für den Ausbau des Gasgeschäftes als dies

in Gotha der Fall war. Zudem hatte die Gesellschaft

in Leipzig zwei Gasanstalten erworben.

Um 1890 verfügte die ThGG über 24 eigene

Gaswerke sowie 4 Beteiligungen und versorgte

49 Städte mit mehr als 532 000 Einwohnern mit

Gas. Die Gesellschaft wurde jetzt auch in Bayern,

Preußen, Österreich und anderen Ländern tätig.

Die ThGG funktionierte wie ein Konzern. So gab es

in der Leipziger Zentrale eine einheitlich geregelte

Buchführung und die technische Abteilung entwarf

die Baupläne, Rohrnetzpläne usw. für alle Gaswerke.

Die einzelnen Werke wurden von „Dirigenten“,

„Inspektoren“ oder „Gasmeistern“ geleitet.

Die Anfänge der Ferngasversorgung

Bereits in ihren Anfangsjahren strebten die Gas-

anstalten danach, ihren Aktionsradius auszuwei-

ten. Dafür bedurfte es jedoch neuer technischer

Verfahren, um das Gas durch größere Leitungen

pumpen zu können. Entscheidende technische

Voraussetzungen für den Ferngastransport waren

die Herstellung eines billigen Gases durch die Ver-

gasung von Koks mit Wasserstoff, die Entwicklung

nahtloser Stahlrohre, Fortschritte in der Schweiß-

technik und die Einführung von Hochdruckverfahren

zur stärkeren Pressung des Gases.

Am weitesten fortgeschritten war die Gasindustrie

in den USA. Dort waren bei der Suche nach Erdöl

auch große Erdgasvorkommen erschlossen worden.

Als die Bohrungen in der Nähe der Produktions-

standorte versiegten, musste das Erdgas aus immer

größeren Entfernungen heran geleitet werden. Um

1900 waren in den USA bereits 45 000 km Rohr-

netze in Nutzung. Von solchen Dimensionen war

die Gasindustrie in Europa, die ja überwiegend auf

Steinkohle beruhte, noch Jahrzehnte entfernt.

Dennoch wurden die amerikanischen Erfahrungen

aufmerksam studiert und gaben auch in Deutsch-

land Projekten für den Aufbau von Ferngasnetzen

Auftrieb. Die Grundlage dafür sollten so genannte

Überlandzentralen bilden. Sie produzierten Gas

für mehrere Gemeinden. Diese Werke arbeiteten

mit Niederdruck, der gerade genügte, um bei ver-

hältnismäßig kurzen Entfernungen das Gas in die

Versorgungsgebiete zu transportieren.

Im Jahr 1904 begann die Thüringer Gasgesellschaft

mit der Ferngasversorgung und die DCGG belie-

ferte in der Provinz Sachsen 34 Gemeinden über

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ein Ferngasnetz. Den größten Umfang erreichte

das Ferngasgeschäft im Umland von Berlin. Dort

versorgte die britische Imperial Continental Gas

Association mit ihren Gasanstalten insgesamt

500 000 Einwohner. Alle besagten Projekte wurden

von jeweils einer Gesellschaft getragen, basierten

auf der herkömmlichen Technologie zur Gaserzeu-

gung und waren regional begrenzt.

Anders verhielt es sich mit den Bestrebungen der

rheinisch-westfälischen Kohlenzechen. Hier kam

erstmals der Gedanke der Verbundwirtschaft zum

Tragen. Die Produktion der Zechen war ursprünglich

ganz auf die Erzeugung von Hüttenkoks gerichtet.

Weitsichtige Ingenieure erkannten aber die wirt-

schaftlichen Vorteile eines Kokereibetriebes mit

großem Gasüberschuss. Ab 1905 begannen die

Ruhrkohlenzechen mit dem Aufbau eines gemein-

samen Gasvertriebs. Dessen rascherem Ausbau

standen die geschäftlichen Differenzen zwischen

August Thyssen und Hugo Stinnes, die über eine

Vielzahl von Kokereien verfügten, entgegen. Sie

konnten sich nicht über ein gemeinsames Vorgehen

einigen. Infolgedessen entstanden im Ruhrgebiet

zunächst mehrere separate Ferngasnetze.

Ein landeseigener Ferngaskonzern in Sachsen

Weitreichende Pläne hegten auch sächsische

Gasfachleute. Ihnen schwebte ein Ferngassystem

für das Land Sachsen vor. Eine entsprechende

Denkschrift wurde 1923 der Landesregierung vor-

gelegt. Das Projekt lief auf eine Sozialisierung der

gesamten Gaswirtschaft in Sachsen hinaus. Ein

solcher Gedanke war nicht ganz abwegig, da sich die

meisten Gaswerke ohnehin in kommunalem Besitz

befanden. Allerdings hätte die Erschließung schwach

besiedelter Gebiete erhebliche Mittel erfordert.

Ungeachtet dessen gründeten die Elektra AG, eine

Tochtergesellschaft der in Landeseigentum befind-

lichen Aktiengesellschaft Sächsische Werke (ASW),

und die Energie AG Markkleeberg im April 1928 die

Landesgasversorgung Sachsen AG, Leipzig. Das lan-

deseigene Unternehmen stieg rasch zum wichtigsten

Ferngasanbieter in Sachsen auf. Eine vollständige

Sozialisierung der Gaswirtschaft gelang trotzdem

nicht. Kleinere Ferngasanbieter, wie die Ferngas-

werke in Annaberg und Rochlitz, behaupteten ihre

Selbstständigkeit. Die Entwicklung in Sachsen, mit

dominierenden Staatsbetrieben in der Energie- und

Gaswirtschaft, blieb ein Sonderfall.

Noch ein anderer Wirtschaftszweig versuchte sich

in die Ferngasversorgungspläne einzuschalten:

der mitteldeutsche Braunkohlenbergbau. Die

Braunkohlenwerke wollten ihr Schwelgas für

die Stadtgasproduktion verwerten. Allerdings

mussten die technischen Voraussetzungen dafür

erst noch entwickelt werden. Die mitteldeutsche

Braunkohle war je nach Vorkommen von recht

unterschiedlicher Qualität und wies einen hohen

Wasser- und CO2-Gehalt auf, was ihre Verarbeitung

zu Stadtgas erschwerte.

Nach jahrelangen aufwendigen Experimenten gelang

der Firma Lurgi mit der Sauerstoffhochdruckverga-

sung der große Wurf. Das Lurgi-Verfahren ermög-

lichte die Gasgewinnung aus Braunkohle im indus-

triellen Maßstab. Die Landesgasversorgung konnte

nunmehr aus der Not, in Sachsen nur über begrenzte

Steinkohlenvorkommen zu verfügen, eine Tugend

machen und begann erstmals in Deutschland, in

Hirschfelde und später auch in Böhlen, Braunkohle

für die Produktion von Ferngas zu nutzen.

Konkurrierende Ferngasprojekte

Ende 1926 stellte die Aktiengesellschaft für

Kohleverwertung, Vorläufer der 1928 gegründe-

ten Ruhrgas AG, einen Plan zum Aufbau eines

nationalen Ferngassystems vor. Dieser stieß

sofort auf heftigen Widerstand der kommunalen

Gaswerke. Das konnte nicht verwundern. Im Jahr

1926 wurden im Ruhrgebiet ca. 6 Mrd. m3 Gas

erzeugt, während die Erzeugung aller deutschen

Gaswerke bei ca. 3 Mrd. m3 Gas lag. Eine komplette

Umsetzung der Pläne der Ruhrzechen hätte also

das Aus für die meisten städtischen Gaswerke

bedeutet. Ein jahrelanger Streit über die Vor- und

Nachteile der Ferngasversorgung folgte. Zwei

große Interessengruppen standen sich dabei

mit unterschiedlichen Konzepten gegenüber: die

Ruhrkohlenzechen und die im „Deutschen Verein

der Gas- und Wasserfachmänner“ zusammenge-

schlossenen Ingenieure und Wirtschaftler, die

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Die Anfänge der Gaswirtschaft und der Ferngasversorgung in Dessau und Leipzig (1855–1945)

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eine Gruppengasversorgung in den einzelnen

Revieren favorisierten.

Auch die ThGG trieb ihr Konzept zum Aufbau der

Gruppengasversorgung voran. Ferngasprojekte

kleinerer Dimension wurden von ihr im Obervogt-

land, in der Region um Schwarzenberg und im Harz

begonnen. Selbst die Ostseebäder von Swinemünde

bis Zinnowitz erhielten jetzt Ferngasanschluss. Der

Direktor der ThGG, Dr. Westphal, begründete das

verstärkte Engagement seiner Gesellschaft in der

Ferngaswirtschaft wie folgt: „Gerade in Bezug auf

das Anlage- und Betriebskapital ist bei der Errich-

tung kleiner und kleinster Werke viel gesündigt wor-

den. Teils waren es die Bauinteressen der Firmen,

teils persönliche Sonderinteressen der nicht immer

sachlich beratenen kleinen Gemeinden, die zu solch

einer Verschwendung von Volksvermögen geführt

haben. In Sachsen (zwischen Schwarzenberg und

Annaberg) sind nicht weniger als 14 Gaswerke im

Umkreis von 10 km errichtet.“

Direktor Bruno Heck von der DCGG kommentierte

das Vorhaben der Ruhrgas AG gegenüber den

eigenen Aktionären mit bissigen Bemerkungen:

„Um es in einer These zusammenzufassen, möch-

te ich Ihnen vertraulich mitteilen, dass für den

Eingeweihten klar ersichtlich ist, dass die Art

der Propagierung der Gasfernversorgung, wie sie

von Essen aus und Umgebung geschieht, in der

Hauptsache auf eine Verstärkung der Machtstel-

lung des RWE-Syndikats herauskommt. Offenbar

sind demselben wertvolle Zacken aus der Herr-

schaftskrone gefallen, die durch eine von Essen

diktierte zentral zusammengefasste und letzten

Endes monopolitische Gasfernversorgung ersetzt

werden sollen.“ Heck beließ es nicht bei Worten,

sondern strebte nun seinerseits den Aufbau eines

Ferngasnetzes an. Die DCGG offerierte den Kom-

munalverbänden, der Provinz Sachsen sowie dem

Land Anhalt den Plan eines auf Mitteldeutschland

beschränkten Ferngasnetzes.

Ein entscheidender Schachzug gelang der DCGG

durch eine strategische Kooperation mit der

Bergwerksgesellschaft Georg v. Giesch’s Erben.

Die Steinkohlenlieferungen aus Westfalen ermög-

lichten der DCGG den Bau einer hochmodernen

Großgaserei in Magdeburg. Am 22. November

1930 begann der Dauerbetrieb. Das Werk konnte

400 000 t Kohle pro Jahr zu rund 150 Mio. m3 Gas

verarbeiten. Der Vertrieb erfolgte über die Gasver-

sorgung Magdeburg-Anhalt AG (GAMANAG).

Für die Ferngasversorgung verlegte die GAMANAG

eine Hauptdruckgasleitung. Die Trasse führte

von Magdeburg nach Unterdükerung der Elbe an

Dessau vorbei bis nach Wiederitzsch bei Leipzig.

Von dort wurde die Fernleitung über Markranstädt

im Bogen um Leipzig herum über Böhlen nach

Zwickau geführt. Von dieser halbkreisförmigen

Hauptleitung gab es Abzweigungen in verschiedene

Richtungen des mitteldeutschen Industriegebietes.

Eine zweite Leitung führte von Magdeburg in den

Nordharz bis nach Bad Harzburg.

Das Ferngasgeschäft der DCGG bzw. GAMANAG

konzentrierte sich hauptsächlich auf die preu-

ßische Provinz Sachsen. Im Jahr 1933 umfasste

das Netz bereits 413 km Hochdruckleitungen zur

Versorgung von 151 Städten und Gemeinden mit

rund 1 Mio. Einwohnern. Ab 1938 wurde auch

noch im Anschluss an das Hauptrohr südlich von

Leipzig eine große Gasleitung von Merseburg über

Weißenfels, Naumburg, Erfurt, Gotha bis nach Suhl

zur Erschließung des thüringischen Raums gelegt.

Weitere 200 Städte und Gemeinden erhielten damit

Anschluss an das Ferngasnetz.

Mit dem Bau der Großgaserei Magdeburg began-

nen sich die Tendenzen der künftigen Entwicklung

klar abzuzeichnen: wenige große Gasproduzenten

würden über Ferngasleitungen einen großen

Teil des Gasgeschäftes beherrschen. Wie ihre

Essener Konkurrenten von der Ruhrgas AG, so

hatten auch die Direktoren der DCGG die Vision

von strahlenförmigen Gasnetzen, die weite Teile

des Reichsgebietes erfassen sollten. Nimmt man

die damaligen Karten mit den geplanten Routen

heute nochmals zur Hand, so kann man unschwer

erkennen, dass in der Gaswirtschaft auf Jahrzehnte

voraus gedacht wurde.

Nach dem Zweiten Weltkrieg gab es in der ost-

deutschen Gaswirtschaft keine „Stunde Null“.

Man konnte auf den vorhandenen Strukturen

aufbauen und nach Überwindung der Kriegsfolgen

den Ausbau des Ferngasnetzes fortsetzen.

Dr. Rainer Karlsch (Berlin)

In der nächsten Ausgabe lesen Sie einen Beitrag über

„Sozialistische Gründerjahre: Technische Leitung Ferngas

(TLFG), Schwarze Pumpe und einheimisches Erdgas (1945

bis 1973)“.

Dr. Rainer Karlsch studierte

Wir tschaf tsgeschichte an

der Humboldt-Universität

in Berlin und hat dort auch

zum Dr. oec. promoviert. Er

hat zahlreiche wirtschafts-

geschichtliche Veröf fent-

lichungen verfasst bzw. he-

rausgegeben, darunter „Fak-

tor Öl. Die Mineralölwirtschaft

in Deutschland 1859–1974“

(zusammen mit Raymond

Stokes). Für sein Buch „Allein

bezahlt? Die Reparationsleis-

tungen der SBZ/DDR 1945–53“

(1993) erhielt Karlsch 1996

den Ersten Preis der Stinnes-

Stif tung. Derzeit arbeitet

Karlsch anlässlich des 50-jäh-

rigen Bestehens der VNG an

einem Buch über die Ent-

wicklung der ostdeutschen

Gaswirtschaft.

Zum Autor

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Energie verbindet.

medium gas | 17. Jahrgang | 1. Ausgabe | April 2008

Angenehm,

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