medium gas 2008.1
-
Upload
vng-verbundnetz-gas-aktiengesellschaft -
Category
Documents
-
view
239 -
download
6
description
Transcript of medium gas 2008.1
medium gasDas Magazin für die Kunden und Partner der VNG-Gruppe | 17. Jahrgang | 1. Ausgabe | April 2008
Schwerpunkt: WettbewerbBotschaft: Wettbewerb als Wachstumschance | Strategie: Portfoliomanagement optimieren | Expertenbeitrag: Einsatz von BioErdgas im ErdgasmarktInterview: Die VNG im Wettbewerb | Beitrag: Erdgasspeicher im Wettbewerb
Inhalt
10 Markt
24 Schwerpunkt
40 Umschau
50 Feature
24 2523 2615 16 172 3 21129 10 11 18 19 204 5 6 7 81 13 14 22
2
44556
77
81416161718192021
2224
28
30323436
38404244
4648
AKTUELL
Personalia: Klaus-Dieter BarbknechtECG baut Unterstützung für Händler und Speicherbetreiber weiter ausstore-x und trac-x mit neuem PartnerLenkungskreise im BDEW neu besetztVerbundnetz für Demokratie und Toleranz erhält Auszeichnung durch die Bertelsmann-StiftungDie „Besten der Besten“ mit der Flamme 2007 geehrtSiebente Berufung der Botschafter des Verbundnetzes der Wärme
MARKT
Erdgas Südsachsen: Chemnitzer stellen sich ideenreich dem WettbewerbGasverkauf mit noch mehr KundennäheŠkoda Octavia CNG-EditionInterview mit IEK und IAVErweitertes Testfahrzeugangebot4,5 Mio. € für den Ausbau der Erdgastankstellen-InfrastrukturBeteiligung ausdrücklich erwünschtAktuelle Termine im nächsten QuartalForum Erdgas: Preisentwicklung auf umkämpften Märkten
SCHWERPUNKT: WET TBEWERB
Interview mit Prof. e. h. Dr.-Ing. Klaus-Ewald Holst: Unser Kunde steht im Wettbewerb an erster StelleVon der konventionellen Beschaffung zum vollständigen PortfoliomanagementEVH setzt auf ENERGIEUNIONEinsatz von BioErdgas im ErdgasmarktErdgasspeicher im WettbewerbMeilenstein Kooperationsvereinbarung II – IT-Trends für Gasnetz und Gashandel
UMSCHAU
E-world 2008: VNG-Gruppe stellt neue Dienstleistungsangebote vorRückblick der VfkE-Veranstaltung vom 20.11.2007 in PotsdamLeiconet: Fünf Partner vereinen ihre ServicedienstleistungenOrbital-Laser-MSG-Hybridschweißen für Rohrverbindungen
FEATURE
Kunstausstellung: Warum ist das Maigrün eine gefährliche Farbe?Die Anfänge der Gaswirtschaft und der Ferngasversorgung in Dessau und Leipzig (1855–1945)
Impressum
medium gas Das Magazin für die Kunden und Partner der VNG-Gruppe | VNG – Verbundnetz Gas Aktiengesellschaft | Braunstraße 7, 04347 Leipzig | Postfach 24 12 63,
04332 Leipzig | Tel. 0341 443 - 0 | Fax 0341 443 - 2057 | www.vng.de | Redaktion Unternehmenskommunikation | Verantwortliche Redakteurin Mandy Nickel |
Tel. 0341 443 – 2045 | [email protected] | Redaktionsbeirat Helge Andrä, Dr. Reinhard Böhm, Mike Diekmann, Bernhard Kaltefleiter, Siegbert Ketelhut,
Kerstin Kietzke, Heinz Möller, Birgit Binder, Birgit Reiss, Laureen Dix, Karsten Wendler | Redaktionsschluss für diese Ausgabe 24.03.2008 | für die
nächste Ausgabe 29.5.2008 | Auflage 4 800 | Gestaltung, Herstellung Erik Sittauer | Militzer & Kollegen GmbH | Reproduktion und Druck Scan Color Leipzig GmbH |
Fotos wenn nicht anders angegeben VNG | Titelseite Prof. Dr.-Ing. Matthias Krause, Technischer Geschäftsführer der EVH GmbH, Dr. Wulf Lammert,
Vorstand der Energieunion AG und Karel Schweng, Leiter Marktsteuerung bei der VNG – Verbundnetz Gas AG auf der Handelsblatttagung in Berlin (v.l.).
Foto: Christoph Busse
Mandy Nickel
4027 28 30 3129 33 3432 36 3735 38 39 41 42 43 44 45 47 4846 50 5149 52
3 medium gas | 2008.1Editorial
das Thema Wettbewerb im Energiemarkt ist beinahe so vielschichtig und
komplex wie die Suche nach Erdgas in der norwegischen Nordsee. Das
klingt zunächst, als würde man Äpfel mit Birnen vergleichen. Schnell sind
aber wesentliche Gemeinsamkeiten gefunden. Für den Erfolg im Wett-
bewerb und bei der Exploration von Erdgas brauchen Unternehmen nämlich
gleichermaßen eine grundlegende Strategie, fundiertes Know-how, ziel-
strebiges Handeln und immer auch eine kleine Portion Glück.
Derzeit ist das Thema Wettbewerb allerdings ein Fall, an dem sich die Geister
scheiden – und an dem das Image der gesamten Energiebranche Schaden
nimmt. Von Platzhirschen, den „großen Vier“ und von mächtigen Energie-
riesen ist die Rede – keine sonderbar charmante Assoziationen für Unternehmen, die seit Jahrzehnten
eine sichere Versorgung mit Strom und Gas gewährleisten. In dieser kritischen Diskussion wird die
wachsende Bedeutung der Versorgungssicherheit gerne vernachlässigt. Dabei ist Deutschland, vor
allem bei Öl und Gas, in steigendem Maße von Energieimporten abhängig. Umso wichtiger sind des-
halb starke, konkurrenzfähige Unternehmen, die sich im weltweiten Wettbewerb um die Ressourcen
strategisch positionieren, große Mengen bündeln und sich an internationalen Marktbedingungen
orientieren können.
Für die VNG sind Wettbewerbsfähigkeit und Versorgungssicherheit zwei entscheidende Eckpfeiler
im täglichen Geschäft. Davon können Sie sich im Interview mit dem Vorstandsvorsitzenden der VNG,
Prof. e. h. Dr.-Ing. Klaus-Ewald Holst, überzeugen.
Wir versuchen, unsere Angebote und Leistungen konsequent nach den Bedürfnissen unserer Kun-
den auszurichten und mit innovativen Projekten und Produkten immer wieder die Zukunfts- und
Wettbewerbsfähigkeit unseres Unternehmens zu sichern. Das gilt für die Diversifizierung unseres
Bezugsportfolios gleichermaßen wie für die Entwicklung neuer Technologien oder den Einsatz fle-
xibler Preismodelle. Bei alledem verlieren wir nie den Blick für eine sichere Erdgasversorgung. Sie
stellt für uns die wesentlichste Voraussetzung für ein Bestehen im Wettbewerb dar und wird weiter
an Bedeutung gewinnen.
Der zunehmende Wettbewerb im Erdgasmarkt ist eine große Herausforderung für unser Unterneh-
men. Gleichzeitig ist er für uns aber auch ein Ansporn, immer wieder unverwechselbare Leistungen
zu erbringen und unsere Kunden und Partner mit neuen Ideen und Produkten zu überzeugen. Diese
Innovationskraft gilt es nicht nur zu wahren, sondern zukünftig auch weiter auszubauen.
Eine angenehme Lektüre wünscht Ihnen
Mandy Nickel
Liebe Leserinnen, liebe Leser,
4 Aktuell | Markt | Schwerpunkt | Umschau | Feature
24 2523 2615 16 172 3 21129 10 11 18 19 204 5 6 7 81 13 14 22
Personalia: Klaus-Dieter Barbknecht
Klaus-Dieter Barbknecht ist seit dem 5. Dezember
2007 Mitglied im Vorstand der VNG – Verbundnetz
Gas Aktiengesellschaft. Er hat die Leitung des
Ressorts Gasbeschaffung übernommen.
Barbknecht war nach dem Studium der Rechts-
wissenschaften und der Volkswirtschaftslehre
an der Universität Göttingen mehrere Jahre als
juristischer Berater im Bereich der Erdöl- und Erd-
gaswirtschaft tätig. Seit 1992 hat er bei der VNG
verschiedene Leitungsaufgaben in den Bereichen
Recht, Gaseinkauf, Gastransport und Gasspeiche-
rung wahrgenommen. Ab Oktober 2004 war er als
Leiter des Hauptbereichs Portfoliomanagement
und anschließend ab 1. Juli 2006 als Direktor
Strategische Koordinierung tätig.
Die Herausforderung der nächsten Jahre sieht
Barbknecht vor allem in der weiteren Diversifi-
zierung des Einkaufsportfolios der VNG. Dabei
setzt er zum einen auf eine Fortführung der guten
Beziehungen mit den russischen und norwegischen
Produzenten sowie den Handelspartnern der
VNG im In- und Ausland. Zum anderen sollen die
langfristigen Lieferverträge auch zukünftig ergänzt
werden. Dazu gehört, Erdgas an den europäischen
Energiebörsen zu handeln. Eine dritte Option ergibt
sich durch den Ausbau der VNG-Aktivitäten im
Bereich einer Beteiligung an der Erdgasproduktion
insbesondere in Norwegen.
ECG baut Unterstützung für Händler und Speicherbetreiber weiter ausDie ECG Erdgas-Consult GmbH, Leipzig, wird in
diesem Jahr ihre führende Rolle in Deutschland
bei Softwarelösungen für Prozesse rund um den
Gastransport und den Gashandel ausbauen. Die
bereits im Transport- und Handelsbereich bei vie-
len Gasnetzbetreibern und -händlern bewährten
Softwaremodule der MTS-Familie werden 2008
auch für kommerzielle Prozesse von Speicher-
betreibern weiter entwickelt. Hier verfügt die ECG
bereits über ein ausgefeiltes Prozess-Know-how
und erste Systemkomponenten für die Speicher-
vermarktung (MTS SSO).
Nachdem sich die ECG in den zurückliegenden vier
Jahren zunächst auf die Prozesse der Netzbetrei-
ber auf der Fern- und Verteilnetzbetreiberebene
konzentriert hatte, standen 2007 die Prozesse
des Gashandels und der Gashandelslogistik im
Vordergrund. So entwickelten die Softwarespezia-
listen der ECG ein leistungsstarkes Nominierungs-
und Bilanzkreismanagement-System (MTS.nom
Trade), das seit 1. Oktober von drei namhaften
deutschen Handelshäusern erfolgreich einge-
setzt wird, ergänzt durch weitere Komponenten
der MTS-Familie.
Neben der MTS-Produktentwicklung und -ver-
marktung gewinnt auch das MTS-basierte Dienst-
leistungsgeschäft mit caplog-x zunehmend an
Bedeutung. Diese gemeinsam mit den Prozess-
informationsspezialisten der VNG – Verbundnetz
Gas AG entwickelte Lösung deckt die gesamte
Wertschöpfungskette des Gastransports bzw.
-handels von der Messdatenerfassung über die
Datenübertragung bis hin zur technischen und
kommerziellen Datenverarbeitung ab.
5 medium gas | 2008.1
4027 28 30 3129 33 3432 36 3735 38 39 41 42 43 44 45 47 4846 50 5149 52
Lenkungskreise im BDEW neu besetztIm Februar 2008 wurden die neuen Lenkungskreise
im Bundesverband der Energiewirtschaft und
Wasserwirtschaft besetzt. Es ist der VNG gelun-
gen, in allen Lenkungskreisen mit einem Mitglied
vertreten zu sein. Prof. e. h. Dr.-Ing. Klaus-Ewald
Holst, Vorstandsvorsitzender der VNG, ist Mitglied
im Gesamtvorstand des BDEW (Fachvorstand Gas)
und damit auch Mitglied im Lenkungskreis Gas.
Demnächst werden die neun Lenkungskreise im
BDEW zur konstituierenden Sitzung zusammen
kommen und danach die Fachausschüsse unter-
halb der Lenkungskreise einsetzen.
store-x und trac-x mit neuem Partner
Die European Energy Exchange (EEX) mit Sitz in
Leipzig wird sich mit 12 Prozent an der store-x
GmbH und mit 19 Prozent an der trac-x GmbH be-
teiligen. Das teilte das Unternehmen im Rahmen
der E-world in Essen mit. Hans-Bernd Menzel,
Vorstandsvorsitzender der EEX, zeigte sich davon
überzeugt, dass sich der Kapazitätenhandel in
Europa zukünftig ausweiten wird und damit auch
die Liquidität an den virtuellen Handelspunkten
der EEX steigt.
Die store-x GmbH (Storage Capacity Exchange)
wurde 2006 auf Initiative der VNG – Verbundnetz
Gas AG und der E.ON Ruhrgas AG ins Leben geru-
fen, um die Online-Plattform www.store-x.net zur
Vermarktung von sekundären Speicherkapazitäten
für Erdgas zu betreiben. Bereits im April letzten
Jahres ist die RWE Gas Storage mit Sitz in Prag als
Anteilseigner eingestiegen. Die Beteiligung bedarf,
wie auch das Engagement durch die EEX, noch
der Zustimmung durch das Kartellamt. Die trac-x
GmbH (Transport Capacity Exchange) betreibt die
Online-Plattform www.trac-x.de, über die Händler
seit 2005 sekundäre Transportkapazitäten für
Erdgas buchen können. Zurzeit sind neben VNG
auch E.ON Gastransport, EWE Netz GmbH und RWE
Transportnetz Gas an dem Unternehmen beteiligt.
Damit wurde die bei Gründung der Gesellschaften
durch VNG angedachte breite Gesellschafterstruk-
tur verwirklicht.
Die bisherigen Gesellschafter verbinden mit dem
Beitritt der EEX in den Gesellschafterkreis die
Erwartung, dass die Handelsplattformen trac-x
und store-x in Europa noch stärker als bisher
wahrgenommen werden. Darüber hinaus soll
die Beteiligung der EEX als unabhängige Börse
die Neutralität der Plattformen unterstreichen
und damit zukünftig eine Verbreiterung beider
Plattformen in Europa sicherstellen.
Beide Plattformen verzeichnen ein hohes Interesse
und zunehmende Aktivitäten. Auf store-x sind mit
Stichtag 01. März 2008 389 Nutzer, auf trac-x 247
Nutzer registriert.
Auf der E-world 2008 in Essen konnten store-x und trac-x mit weiteren Neuigkeiten auftrumpfen.
Gashändler können seit neuestem auf store-x an Multi-Auktionen teilnehmen und damit auf
mehrere Produkte gleichzeitig bieten. trac-x wird sich neben der niederländischen Energiebörse
an dem europäischen Pilotprojekt zum Kapazitätshandel an Grenzübergangspunkten beteiligen.
Hier: Bernd Protze, Geschäftsführer von store-x mit Dr. Andreas Kost von der BEB.
Aktuell | Markt | Schwerpunkt | Umschau | Feature6 Aktuell | Markt | Schwerpunkt | Umschau | Feature
24 2523 2615 16 172 3 21129 10 11 18 19 204 5 6 7 81 13 14 22
Verbundnetz für Demokratie und Toleranz erhält Auszeichnung durch die Bertelsmann-StiftungDas Verbundnetz für Demokratie und Toleranz (VDT), eine 2006 von der VNG ins Leben gerufene
Initiative zur Stärkung der Zivilgesellschaft in Ostdeutschland, wurde am 21. Januar von der
Bertelsmann-Stiftung für sein Engagement ausgezeichnet. Siegbert Ketelhut, Leiter Öffentlichkeits-
arbeit/Interne Kommunikation bei der VNG, nahm die Auszeichnung aus den Händen von Liz Mohn,
stellvertretende Vorstandsvorsitzende der Stiftung, entgegen.
Im vergangenen Jahr startete die Bertelsmann-Stif-
tung die Initiative „Unternehmen für die Region“
und suchte nach mittelständischen Unternehmen,
die sich in ihrer Region gemeinnützig engagieren.
Ziel war es, „die Vielfalt unternehmerischen Enga-
gements in Deutschland aufzuzeigen und andere
zur Nachahmung anzuregen“, erklärte Liz Mohn.
Rund 700 Unternehmen aus dem gesamten Bun-
desgebiet wurden vorgeschlagen – zehn von
ihnen wurden für ihr gesellschaftliches Enga-
gement als „Ausgezeichnete Unternehmen“ am
21. Januar 2008 in Berlin geehrt. Unter ihnen ist
auch die VNG mit ihrer Initiative „Verbundnetz für
Demokratie und Toleranz“. Die Projekte der zehn
Unternehmen werden in der Publikation: „Mit Ver-
antwortung handeln. Ein CSR-Handbuch für Unter-
nehmer“ vorgestellt. Weitere Informationen unter
www.unternehmen-fuer-die-region.de
Erstes Pilotprojekt des VDT gestartet
2007 war für das Verbundnetz für Demokratie
und Toleranz ein erfolgreiches Jahr, denn unter
Schirmherrschaft von Ministerpräsident Dr. Harald
Ringstorff startete das erste Pilotprojekt in Meck-
lenburg-Vorpommern. Dabei sollen Geschichts-
werkstätten, Diskussionsrunden (so genannte
Quatschclubs) und Bandprojekte zusammen mit
ausgewählten Jugendfeuerwehren durchgeführt
werden. Hauptpartner vor Ort sind der Landesfeu-
erwehrverband sowie weitere zivilgesellschaftliche
Organisationen der Region.
Die Werkstätten in Ludwiglust und Boizenburg
sind bereits in vollem Gange. Zum 140-jährigen
Jubiläum der Freiwilligen Feuerwehr Ludwiglust im
Juni 2008 werden die Jugendlichen eine Chronik
erarbeiten, die in Form eines Films präsentiert
werden soll. In Boizenburg beschäftigt sich die
Jugendfeuerwehr mit ihrer eigenen Geschichte.
Eine dritte Werkstatt startet mit Unterstützung
der Universität Greifswald im März in Zinnowitz
und soll zur 700-Jahr-Feier der Stadt im Sommer
2009 vorgestellt werden.
Die Projekte in Mecklenburg-Vorpommern werden
ganz bewusst in Zusammenarbeit mit den Feuerweh-
ren realisiert. Sie sind wichtige Partner für die VNG
und ihre Kunden und stellen gerade im ländlichen
Raum eine zentrale Anlaufstelle für Kinder und Ju-
gendliche dar. Traditionell leisten die Feuerwehren
einen beachtlichen Beitrag für die Jugendarbeit und
die Vermittlung demokratischer Prinzipien.
Ulrike Krause, ZDK Gesellschaft für
demokratische Kultur gGmbHLiz Mohn überreicht die Auszeichnung der Bertelsmann-Stiftung an Siegbert Ketelhut.
Die Ber telsmann-Stif tung
zeichnete im letzten Jahr
10 Unternehmen aus Deutsch-
land aus, die sich für ihre
Region in besonderer Weise
engagiert haben. Dabei steht
nicht allein die f inanzielle
Unterstützung von Projekten
im Mittelpunkt, sondern vor
allem der nachhaltige Ein-
satz von Know-how, Zeit und
Sachmitteln.
7 medium gas | 2008.1
4027 28 30 3129 33 3432 36 3735 38 39 41 42 43 44 45 47 4846 50 5149 52
Die „Besten der Besten“ mit der Flamme 2007 geehrtTraditionell wurden Anfang Januar im Rahmen
des Biathlon-Weltcups in Oberhof die erfolg-
reichsten Sportlerinnen und Sportler aus dem
Projekt „Verbundnetz für den Sport“ mit der
„Flamme 2007“ ausgezeichnet. Platz 1 ging an
die Kanu-Doppelweltmeisterin Fanny Fischer vom
Olympiastützpunkt Potsdam. Auf Platz 2 wählte
die 10-köpfige Jury Robert Harting, den Diskus-
Vizeweltmeister aus Berlin. Rang 3 teilten sich die
Leipziger Kanutin Gesine Ruge und die Berliner
Schwimmerin Britta Steffen.
Prof. e. h. Dr. Klaus-Ewald Holst überreichte den
Preisträgern die Förderpreise im Gesamtwert von
15 000 Euro.
Lorenz Caffier (Innenminister von Mecklenburg-Vorpommern), Frank-Peter Roetsch, Hartwig Gauder, Sven Ottke, Uwe Jens Mey, Fanny Fischer, Gesine
Ruge, Robert Harting, Norman Bröckl, Britta Steffen, Dieter Althaus (Ministerpräsident des Freistaates Thüringen), Prof. e. h. Dr.-Ing. Klaus-Ewald Holst,
Dieter Adolfs (Referatsleiter im Bundesinnenministerium) (v.l.)
Siebente Berufung der Botschafter des Verbundnetzes der WärmeZehn Frauen und Männer aus den neuen Bundes-
ländern wurden am 25. Januar in den Franckeschen
Stiftungen in Halle (Saale) zu Botschaftern des
Verbundnetzes der Wärme berufen. Mit diesem
Titel ehrt die Initiative bereits zum siebenten Mal
Menschen, die sich unermüdlich für das Wohl ihrer
Mitmenschen einsetzen.
Ihre Ernennungsurkunden erhielten die Ge-
ehrten aus den Händen von Prof. Dr. Christiane
Dienel, Staatssekretärin des Sozialministeriums
Sachsen-Anhalt, Frank Bannert, Landrat des
Saalekreises, Dagmar Szabados, Oberbürgermeis-
terin der Stadt Halle und Dr. Gerhard Holtmeier,
Vorstandsmitglied der VNG – Verbundnetz Gas
Aktiengesellschaft.
In den kommenden Monaten werden die zehn
Botschafter verstärkt das Motto des Netwerkes
„Engagement zeigt Gesicht“ in die Öffentlich-
keit hinaustragen und zeigen, was sie mit ihrer
Die Verbundnetz-Botschafter 2008: (1. Reihe v.l.n.r.) Ilonka Struve, Ute Töpfer,
Ingrid Kadner, Margit Rosenthal, Carola Richter, Rosemarie Schneemann;
(2. Reihe v.l.n.r.) Roland Ilse, Frank Bannert, Edward Sulek, Dr. Gerhard Holtmeier,
Prof. Dr. Christiane Dienel, Ralph-Uwe Lange.
Arbeit bewirken. Mit der Urkunde und Ehrennadel
erhielten die Ausgezeichneten außerdem einen
Scheck über 5 000 Euro zur finanziellen Unter-
stützung ihrer Projekte.
8 Aktuell | Markt | Schwerpunkt | Umschau | Feature
24 2523 2615 16 172 3 21129 10 11 18 19 204 5 6 7 81 13 14 22
Chemnitzer stellen sich ideenreich dem Wettbewerb
Erdgas Südsachsen agiert jetzt auch als Stromanbieter
Chemnitz, 29. Januar. Erdgas Südsachsen sorgt wieder einmal für eine handfeste Überraschung:
Das Unternehmen verkauft ab sofort auch Strom – preisgünstiger als der Grundversorger. Laut
Pressemitteilung spart man, einschließlich Wechselprämie und Treueprämie, etwa 70 Euro bei einem
Verbrauch von 3 500 Kilowattstunden im ersten Vertragsjahr. Das entspricht dem Verbrauch eines
typischen 4-Personen-Haushalts im Einfamilienhaus. Damit gibt es auf dem Strommarkt erstmals
eine preiswerte regionale Alternative zum Grundversorger. Strom von Erdgas Südsachsen kann ab
sofort bestellt werden, geliefert wird er ab 1. Mai.
Das ist Grund genug für einen Informationsbe-
such bei dem Chemnitzer Energieversorger. Be-
reits am 31. Januar empfängt mich der Sprecher
der Geschäftsführung der Erdgas Südsachsen,
Dipl.-Ing. Reiner Gebhardt im Firmenhauptsitz in
der Straße der Nationen 140.
Gasversorger bietet jetzt auch preiswerten Strom
Weshalb hat man sich für einen solchen spektaku-
lären Schritt entschieden? „Von unseren Gaskunden
haben wir immer wieder die Frage gehört, ob Erdgas
Südsachsen nicht auch Strom liefern könne“, sagt
Geschäftsführer Gebhardt. „Die Entscheidung,
in den Strommarkt einzusteigen, steht für die
langfristige Entwicklungsrichtung unseres Unter-
nehmens: Wir werden als regionales und immer
vor Ort erreichbares Unternehmen die Menschen
in Südsachsen umfassend mit Energie versorgen.
Erdgas Südsachsen beliefert etwa 150 000 Haus-
halts- und Gewerbekunden mit Erdgas.“
Die meisten davon heizen mit Erdgas – und diese
Kunden profitieren besonders vom neuen Stroman-
gebot. Sie erhalten zusätzlich zu einem günstigen
Der Geschäftsführer der
Erdgas Südsachsen
Dipl.-Ing. Reiner Gebhardt.
Starke Werbung für ein starkes Angebot. Foto: Helmut Rosan
9 medium gas | 2008.1
4027 28 30 3129 33 3432 36 3735 38 39 41 42 43 44 45 47 4846 50 5149 52
Preis die Wechselprämie in Höhe von 25 Euro und
als Heizgaskunden mit einem Verbrauch von mehr
als 5 000 Kilowattstunden im Jahr eine Treueprä-
mie von weiteren 25 Euro. Voraussetzung ist der
Abschluss eines Vertrages für 12 Monate.
„Das verspricht unseren Kunden planbare Strom-
kosten. Denn wir garantieren den günstigen Strom-
preis bis zum 30. April 2009. Unser Anspruch ist
es, auch danach immer günstige Angebote bereit-
zustellen. Wir sehen unser Engagement im Strom-
bereich langfristig“, erklärt Reiner Gebhardt.
Das Stromangebot richtet sich vorerst an Kunden
im Gebiet der envia Verteilnetz GmbH. Ergänzend
zum bisherigen Versorgungsgebiet von Erdgas
Südsachsen gibt es den preiswerten Strom auch
in der Stadt Plauen und im Gebiet der Stadtwerke
Crimmitschau und Marienberg. Das jetzige Angebot
richtet sich zunächst an Privat- und Kleingewer-
bekunden mit einem Jahresverbrauch von bis zu
30 000 Kilowattstunden.
Der Wechsel vom bisherigen Stromversorger ist
einfach: Nach der Auftragserteilung erledigt Erdgas
Südsachsen alle Formalitäten.
Mit dem gelungenen Strom-Coup ist das Unter-
nehmen seinem wichtigsten Ziel einen erheb-
lichen Schritt näher gekommen: Die Chancen
des liberalisierten Marktes nutzen, d. h., den
Kundenwunsch nach Gas, Strom und Wärme aus
einer Hand erfüllen.
Erdgas Südsachsen auf einen Blick
Seit 1991 ist das Unternehmen als Erdgasversorger
in Südsachsen tätig. Es gehört mehrheitlich dem
„Zweckverband Gasversorgung in Südsachsen“,
einem Zusammenschluss von 132 Städten und
Gemeinden. Das wird als Auftrag verstanden, sich
stark in der Region zu engagieren. Knapp die Hälfte
der Anteile hält die Thüga AG München.
Hauptsitz der Erdgas Südsachsen in der Chemnitzer Straße der Nationen 140. Foto: Erdgas Südsachsen
10 Aktuell | Markt | Schwerpunkt | Umschau | Feature
24 2523 2615 16 172 3 21129 10 11 18 19 204 5 6 7 81 13 14 22
Fortsetzung von Seite 9
Chemnitzer stellen sich ideenreich dem Wettbewerb
Das Unternehmen versorgt, mit Ausnahme der
größeren Städte, die gesamte Region um Chem-
nitz und Plauen bis zur tschechischen Grenze
mit Erdgas. Für das Jahr 2006 bedeutet das
360 Mio. Euro Umsatz und 16 Mio. Euro Gewinn.
Geschäftsführer Reiner Gebhardt erläutert: „Bei
uns arbeiten 380 sehr motivierte Mitarbeiter
und 35 Auszubildende. Als Erdgas Südsachsen
haben wir weit über 850 Mio. Euro in eine hoch-
moderne Infrastruktur investiert. Durch den
Ausbau, die Sanierung und die Erneuerung der
bestehenden Gasversorgungsnetze können wir
statt der ursprünglich 50 000 bereits mehr als
150 000 Privat- und Gewerbekunden sowie ca.
900 Industriekunden in Südsachsen mit Erdgas
versorgen. Jetzt werden jährliche Ergänzungs- und
Ersatzinvestitionen in Höhe von rund 20 Mio.
Euro eingesetzt. Das hochmoderne Leitungsnetz
ist insgesamt 6 500 km lang, darunter 1 200 km
Hochdruckleitungen.
Und wie unsere Technik haben wir auch unsere
Organisation konsequent nach den Wünschen
und Erwartungen unserer Kunden ausgerichtet.
Als regionales Erdgasunternehmen sind wir neben
der Chemnitzer Hauptverwaltung noch mit acht
weiteren Betriebsstellen im Regierungsbezirk
Chemnitz vertreten. Die Betriebsstellen befin-
den sich in Zwickau, Aue, Annaberg-Buchholz,
Flöha, Mittweida, Limbach-Oberfrohna, Plauen
und Auerbach. Unsere Techniker, Monteure und
Servicemitarbeiter sind dort mit der zentralen
Kundenbetreuung vernetzt. Dieser ständige Kon-
takt sorgt für kurze Reaktionszeiten und dafür, dass
Mitarbeiter der Erdgas Südsachsen in kürzester
Zeit vor Ort sind.“
Das gilt natürlich auch für den mit 1 215 Meter am
höchsten gelegenen Kunden – das nicht nur in
Sachsen beliebte Hotel „Fichtelberghaus“.
Der Slogan „Willkommen im Süden“ ist für das
Unternehmen Lebensgefühl und Leitmotiv. Denn
Erdgas Südsachsen arbeitet in der Region für die
Region. Dazu Gebhardt: „Wir sind mehrheitlich
in kommunalem Besitz und vergeben unsere
Aufträge grundsätzlich an regionale Firmen. Die
Regionalität ist für uns das A und O. Wir können
hier keine Stahlrohre kaufen, aber alles andere
fließt sofort wieder zurück in die Region. Das sind
Löhne, Sozialabgaben, Konzessionsabgaben, das
ist der Großteil des Gewinns. Bauaufträge gehen
ausschließlich an regionale Firmen. Da legen wir
ganz großen Wert drauf.“
Geschäftsführer Dipl.-Ing. Reiner Gebhardt arbei-
tet in dieser Funktion seit dem 1. Oktober 1998.
Kennen gelernt hat er indes das Unternehmen Der am höchsten gelegene Kunde – das „Fichtelberghaus“. Foto: Erdgas Südsachsen
11 medium gas | 2008.1
4027 28 30 3129 33 3432 36 3735 38 39 41 42 43 44 45 47 4846 50 5149 52
bereits früher: 1990 bis 1991 war er als Berater
in Chemnitz tätig. Der gebürtige Saarländer ist
verheiratet und Vater zweier erwachsener Kinder,
die derzeit studieren.
Gebhardts berufliche Laufbahn begann 1982
bei der Thüga AG in München. In den ersten fünf
Jahren erfuhr er dort eine solide Ausbildung zum
DVGW-Sachverständigen für den kompletten tech-
nischen Bereich. In den Jahren 1992 bis 1998 war
er Geschäftsführer der Mittelfränkischen Erdgas
GmbH, wo er sozusagen die Gasversorgung „auf
der grünen Wiese“ sicherstellte.
Stark engagiert in der Region
Das Chemnitzer Unternehmen unterstützt Maß-
nahmen zur Luftreinhaltung. Förderprogramme
für Heizungsumstellungen von anderen fossilen
Brennstoffen auf Erdgas gehören ebenso dazu, wie
ein flächendeckender Ausbau des Erdgastankstel-
lennetzes. So wurde auch die firmeneigene Flotte
von 132 Autos auf Erdgas umgestellt.
Engagement für die Region heißt ausdrücklich
auch: Engagement für die Menschen. Das zeigt
sich z. B. bei Colortextil im nahen Frankenberg.
Der Textildruck-Spezialist ist Kunde von Erdgas
Südsachsen, doch die beiden Unternehmen
verbindet noch etwas anderes: Colortextil bildet
Lehrlinge aus und bezahlt werden diese Lehrstellen
von Erdgas Südsachsen. Dreißig solcher Ausbil-
dungspatenschaften hat die Erdgas Südsachsen
inzwischen übernommen. Und es könnten noch
ein paar mehr werden. Auch wenn die Wirkung
dieses Engagements nur schwer einschätzbar
ist, räumt Reiner Gebhardt ein: „Ich glaube, dass
man das nicht unbedingt messen kann, ob ein
Kunde bei uns bleibt oder nicht. Ich denke, dass
regionales Engagement ein Image ist, das man
aufbauen muss und dass das Image auch bei der
Kundenbindung hilft.“
Rabatt für treue Kunden
Der Wettbewerb auf den Energiemärkten lässt,
wenngleich in sehr unterschiedlichem Maße,
keinen unberührt. Dem einen geht er längst
schon zu weit, für andere hat er angeblich noch
gar nicht richtig angefangen. Gleichwohl: Ein
schlichtes „weiter so“ führt eher über kurz als
lang in eine Sackgasse. Davon ist auch Reiner
Gebhardt felsenfest überzeugt. „Wir nehmen
den Wettbewerb an und machen unseren Kun-
den schon seit Jahren Angebote, bei denen sie
Gaspreisprodukte wählen können, die auf ihre
individuellen Bedürfnisse zugeschnitten sind.“
So wurde auch die pfiffige Idee des Treuetarifs,
den der Deutschlandfunk in einem Interview
im vergangenen September als „bundesweit
einmaliges Angebot“ klassifizierte, zügig Re-
alität. Neben einem Festpreistarif, der ein Jahr
lang Gaspreisanpassungen ausschließt, hat
vor allem der Treuetarif bei den Südsachsen
eingeschlagen. Vor drei Jahren kam er auf den
Markt. „Kunden, die sich für diesen Tarif ent-
scheiden, bekommen anfänglich zwei Prozent
Rabatt. Bis zum fünften Vertragsjahr steigt die
Ersparnis auf fünf Prozent. Das heißt: Jedes Jahr,
das ein Kunde länger bleibt, bekommt er einen
besseren Preis.“
Dieser Preis ist schon im ersten Treuejahr so
niedrig, dass die Erdgas Südsachsen damit ge-
genüber Konkurrenten im Wettbewerb bestehen
kann. 25 000 Kunden haben sich bis heute für den
Treuetarif entschieden. Weitere 25 000 wurden für
den Festpreistarif „Konstant“ gewonnen. Damit
hat sich fast die Hälfte der 120 000 Vollversor-
gungskunden bewusst für eines der Preisprodukte
entschieden. Produkte, die es aber auch nur gibt,
weil es Wettbewerber gibt und Reiner Gebhardt
und seine Mitarbeiter sich etwas einfallen lassen
mussten, um ihre Kunden weiter zu halten. Neben
den Tarifen ist das vor allem die Strategie, konse-
quent auf Südsachsen zu setzen.
Die VNG ist zuverlässiger und fairer Partner
Angesprochen auf das Verhältnis zur VNG, die
seit der Firmengründung 1991 das Chemnitzer
Unternehmen mit Erdgas beliefert, zeigt sich
Reiner Gebhardt hoch erfreut. Die VNG habe sich
in jeder Situation als sehr zuverlässiger und
fairer Partner bewiesen. Gut waren vor allem
die langjährigen Kontakte mit dem ehemaligen
VNG-Vorstand Wolfgang F. Eschment. Auf ein
ähnlich gutes Verhältnis baut Gebhardt zum
Nachfolger Dr. Gerhard Holtmeier.
12 Aktuell | Markt | Schwerpunkt | Umschau | Feature
24 2523 2615 16 172 3 21129 10 11 18 19 204 5 6 7 81 13 14 22
Fortsetzung von Seite 11
Chemnitzer stellen sich ideenreich dem Wettbewerb
Als stets aufmerksame Gesprächspartner empfindet
Reiner Gebhardt ebenfalls Prof. e. h. Dr.-Ing. Klaus-
Ewald Holst und Prof. Dr. Gerhardt Wolff. „Die VNG
kann sich insgesamt zugute schreiben, dass sie
immer eine echte Partnerschaft pflegt. Sehr gut ist
auch die Kooperation bei Marketing und Kommuni-
kationsarbeit. So sind z. B. gemeinsame Auftritte bei
Messen, dem Tag der Sachsen, beim Erdgaspokal
der Schülerköche längst beste Tradition.“ In diesem
Zusammenhang nennt Gebhardt noch die Namen Lutz
Miedtank, Karel Schweng und Dirk Elstermann.
Chemnitz – ein Zentrum der Hochtechnologien,
der Wissenschaft, der Kultur und des Sports
Das über 800-jährige Chemnitz am Rande des schö-
nen Erzgebirges ist mit seinen knapp 250 000 Bür-
gern neben Dresden und Leipzig die drittgrößte
Stadt im Trio der historisch bedeutenden Sachsen-
Metropolen. Im Osten Deutschlands ist Chemnitz
die viertgrößte Stadt. Aber wahre Größe meint
nicht nur die Zahl der Einwohner oder räumliche
Ausdehnung. Chemnitz war und ist wieder einer der
führenden deutschen Industrie- und Technologie-
standorte. Es verfügt über reiche Traditionen im
Werkzeug-, Textil-, Fahrzeug- und Maschinenbau.
Schon um 1530 hatte der Gelehrte und Humanist
Georgius Agricola auch als Bürgermeister die sich
gegenseitig fördernde Verbindung von Ingenieur-
wesen, Wissenschaft und Kultur begründet. Die
zentrale Lage macht die Stadt zu einem wichtigen
Knotenpunkt zwischen Westeuropa und den sich
marktwirtschaftlich entwickelnden Ländern Mittel-
und Osteuropas. Auch deshalb ist Chemnitz eine
Stadt der Zukunft.
Die charakterisierenden Beinamen „Elbflorenz“
für Dresden, „Klein-Paris“ für Leipzig mögen
gelten, aber „sächsisches Manchester“ oder gar
„Rußchamtz“ tun zumindest heute Chemnitz
arg Unrecht. Ich gestehe, jederzeit sehr gern in
Chemnitz zu sein und habe hier freundliche sowie
interessante Menschen kennen gelernt.
Museum der Kunstsammlungen am Theaterplatz.
13 medium gas | 2008.1
4027 28 30 3129 33 3432 36 3735 38 39 41 42 43 44 45 47 4846 50 5149 52
Chemnitz ist nicht nur eine Industrie- sondern
auch eine moderne Universitätsstadt – mit her-
vorragenden Bedingungen für Forschung und
Lehre. Mehr als zehntausend Studierende füllen
die Hörsäle, in den Labors und Forschungsein-
hält die Stadt sehr viel bereit – beispielsweise
die Kunstsammlungen, das Theater, das Indus-
triemuseum, die Chemnitzarena.
Nachdem ich 2002 die wunderbare Ausstellung
„Picasso et les femmes“ (Picasso und seine
Frauen) erlebte, bot sich dieses Mal der Be-
such der neuen und hochkarätigen Sammlung
Gunzenhauser an, die mit fast 2 500 Werken zu den
wichtigsten Sammlungen der klassischen Moderne
zählt und deren Wert auf mehr als 100 Mio. Euro
geschätzt wird.
Und außerdem sah ich die bisher einmalige
Bob-Dylan-Ausstellung mit 140 Aquarellen und
Gouachen des legendären Sängers und Rock-
poeten. Das multiple Talent Dylans hat mich seit
meiner Jugend fasziniert. Seinen frühen Anspruch
„Ich bin wie ich bin, und keiner soll meinen Weg
ändern“ hat er über Jahrzehnte beibehalten. Wer
kann das schon von sich sagen? Und jetzt malt er
auch noch! Die Ausstellung wurde glücklicherweise
bis zum 24. März verlängert.
Diese drei nahezu epochalen Kunstcoups ver-
danken die Stadt und ihre Gäste der couragierten
Ingrid Mössinger, Generaldirektorin der Kunst-
sammlungen.
Gönnen Sie sich auch eine Freude und besuchen
Sie Chemnitz.
Helmut Rosan, freier Redakteur
Das Hotel „Mercure“ mit der Stadthalle, rechts das markante Karl-Marx-Denkmal, das 1971
der russische Bildhauer Lew Kerbel schuf. Fotos: Helmut Rosan
Der Rote Turm.
Viel Kunst: Ausstellungen mit Werken von Karl Schmidt-Rottluff,
Bob Dylan und im neuen Museum Gunzenhauser.
richtungen werden neue Produkte und Verfahren
entwickelt, die die Zukunft der Stadt als aner-
kannten Forschungs- und Wirtschaftsstandort
sichern.
Wer in der Geburtsstadt des Expressionisten Karl
Schmidt-Rottluff oder der Olympiasiegerin Katha-
rina Witt Kultur und Unterhaltung sucht, für den
14 Aktuell | Markt | Schwerpunkt | Umschau | Feature
24 2523 2615 16 172 3 21129 10 11 18 19 204 5 6 7 81 13 14 22
Gasverkauf mit noch mehr KundennäheDas Ressort Gasverkauf/Technik der VNG, das seit Juli 2007 unter der Leitung von Vorstand Dr. Gerhard Holtmeier
steht, hat sich zum 1. Januar 2008 neu aufgestellt. Damit rückt der Kunde noch spezifischer in den Mittelpunkt
aller Aktivitäten der VNG.
Vier neu organisierte Bereiche
Die bisherigen Verkaufseinheiten der VNG wurden
neu gegliedert und in die Bereiche Gasverkauf
Versorgungsunternehmen (VU) sowie Gasverkauf
Industrie- und Geschäftskunden (IG) geteilt. Beide
Vertriebseinheiten sind kundenspezifisch ausge-
richtet und deutschlandweit aktiv. Der Bereich
Gasverkauf Versorgungsunternehmen berück-
sichtigt zusätzlich auch bestehende regionale
Aspekte und deckt den Verkauf in den Regionen
Nord (Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern,
Schleswig-Holstein und Niedersachsen), Süd-Ost
(Sachsen, Thüringen und Bayern) und Süd-West
(Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Saarland,
Hessen und Baden-Württemberg) ab.
Ergänzt werden die beiden neuen Vertriebsein-
heiten um eine Marktsteuerungsfunktion. Der neue
Bereich übernimmt für den Vertrieb die Funktionen
der Vertriebssteuerung und des -controllings, des
operativen Risikomanagements und des Portfolio-
managements sowie Back Office-Funktionen. Der
Bereich Kundendienst/Marketing wurde im Zuge
der Neustrukturierung ebenfalls weiterentwickelt.
Er konzentriert sich nunmehr verstärkt auf das
Erdgasmarketing der Kunden und will sie bei der
konzeptionellen Entwicklung von Marketingmaß-
nahmen sowie beim Vertrieb unterstützen. Auch
die Beratungsleistungen sollen erhöht werden.
Alte und neue Ansprechpartner
Bei der Neugliederung des Verkaufsbereiches
wurde darauf geachtet, bestehende Strukturen
und Kundenbeziehungen soweit wie möglich
zu erhalten bzw. einen Wechsel der bisherigen
Ansprechpartner zu vermeiden.
Neuer Ansprechpartner für die Verkaufsdirektion
Versorgungsunternehmen ist Olaf Schneider, der
bis Ende 2007 im RWE-Konzern tätig war. André
Burkhardt, bisher Leiter Gasverkauf Nord, hat die
Leitung für den Bereich Gasverkauf Industrie- und
Geschäftskunden übernommen. Der neue Bereich
Marktsteuerung wird von Karel Schweng geführt,
der bis Ende 2007 für den Gasverkauf Süd verant-
wortlich war. Im Bereich Kundendienst/Marketing
bleibt unverändert Dr. Achim Westebbe als An-
sprechpartner bestehen.
Gasverkauf/TechnikDr. Gerhard Holtmeier
VorstandsassistentHeiko Rüdiger
SekretariatBrunhilde Meyer
Verkauf VUOlaf Schneider
Verkauf IGAndré Burkhardt
Kundendienst/MarketingDr. Achim Westebbe
MarktsteuerungKarel Schweng
Region Nord
Industrie-kunden
Produkt-koordination
Portfolio- & Risikomanagement
Region Süd-Ost
Geschäfts-kunden
Operatives Marketing/Beratung
Vertriebssteuerung/Controlling
Region Süd-West
Flüssiggas Strategisches Marketing
Back Office
Dienstleistungs-vertrieb
15 medium gas | 2008.1
4027 28 30 3129 33 3432 36 3735 38 39 41 42 43 44 45 47 4846 50 5149 52
4 Fragen, 4 Antworten
Welchen Herausforderungen muss sich ein modernes Versorgungsun-ternehmen heutzutage stellen und wo kann die VNG dabei ansetzen?
Zu den größten Herausforderungen zählen zurzeit der immer stärker wachsende Wettbewerb um Endkun-den und die damit verbundene Vo-latilität der Beschaffungspreise für Energie aufgrund der sich ebenfalls ständig verändernden Ölpreisent-wicklungen am Weltmarkt.Durch die neue Wettbewerbssitua-tion entstehen z.B. Kundenverluste und starke Mengenveränderungen, welche durch die Versorgungsun-ternehmen kompensiert werden müssen.Daher ist es nur zu verständlich, dass Preisanpassungen und Ver-änderungen auf der Einkaufsseite nicht immer gleich sofort 1:1 an die Endkunden weitergegeben werden können. Versorgungsunternehmen benötigen einen hohen Grad an Flexibilität. Durch unsere 50-jährige Erfahrung haben wir als VNG genau diese Kom-petenz und Möglichkeit, um unseren Kunden hochflexible und individuell maßgeschneiderte Lösungen und Produkte anbieten zu können.
Olaf SchneiderLeiter Gasverkauf Versorgungsunternehmen Tel.: 0341 443 - [email protected]
Industriekunden können heute auch von Stadtwerken und Energie-händlern mit Erdgas beliefert wer-den, ohne dabei auf eine maximale Versorgungssicherheit verzichten zu müssen. Wo sehen Sie im Wett-bewerb um dieses Kundensegment die Vorteile der VNG?
Viele Firmengruppen sind mittlerwei-le an einem Lieferanten interessiert, der alle Standorte bedient und so evtl. Skaleneffekte und Optimie-rungspotenziale hebt. Unser großer Vorteil besteht darin, dass wir Gas in allen Marktgebieten in Deutschland zur Verfügung haben und damit na-türlich in der Lage sind, solchen „ge-bündelten“ Anfragen gute Angebote entgegenzustellen. Als Erdgashändler setzen wir vor allem den Fokus auf große bis mittlere Standorte und se-hen nicht nur eine zusammengefasste Menge als Verkaufsziel. Einen weiteren Vorteil sehe ich in un-serem umfangreichen Dienstleistungs-angebot, das unter anderem durch den Bereich Kundendienst/Marketing abgedeckt wird. Hier sind Anwen-dungsberatung und Optimierung der Energieeffizienz beim Kunden zu nennen. Auch die Dienstleistungen unseres Leiconet-Angebotes sind für interne Netzbetreiber (Industrie-parks) eine gute Ergänzung. Wir treten nicht an, um um jeden Preis der billigste Anbieter zu sein, sondern bündeln durch unser Know-how und die verschiedensten Portfolioeffekte in der Mengenbereitstellung und -abwicklung maßgeschneiderte Pakete für unsere Kunden.
André BurkhardtLeiter Gasverkauf Industrie- und Geschäftskunden Tel.: 0341 443 - [email protected]
Der neue Bereich, den Sie vertreten, trägt den Namen „Marktsteuerung“. Kann man Märkte überhaupt steu-ern?
Sicherlich kann man Märkte nicht steuern, wohl aber das eigene Ver-halten in den Märkten. Genau darum geht es im neuen Bereich. Die Spiel-regeln der Märkte, die durch den gesetzlichen Rahmen vorgegeben werden und durch die Gesetze des Marktes selber bestimmt sind, bie-ten eine ganze Reihe von Handlungs-möglichkeiten, die mit Chancen und Risiken verbunden sind.In der Vergangenheit hat die VNG ca. 60 Kunden mit Vollversorgungs-verträgen beliefert. Im letzten Jahr hat allein unser Verkaufsbereich in Neu-Isenburg über 100 Angebote abgegeben – von der klassischen Vollversorgung über Teillieferungen bis zu Bandprodukten. Neben der Produktentwicklung und Bepreisung müssen die notwendigen Dienstleis-tungen wie Transportkapazität, Strukturierungsbedarf oder Bilanz-ausgleich bepreist und gebucht werden. Alles neue Aufgaben, die es früher so nicht gab. Daneben muss man sich auch Gedanken darüber machen, in welchen Gebieten man welche Produkte an welche Kunden mit welchen Wertschöpfungszielen anbieten will. Die Marktsteuerung als Dienstleister und Partner der Verkaufsbereiche hilft, solche Fra-gen zu beantworten.
Karel SchwengLeiter MarktsteuerungTel.: 0341 443 - [email protected]
Ihr Anspruch lautet, die Kunden schon in der konzeptionellen Ent-wicklung von Marketingmaßnah-men einzubinden und sie mit neuen Ideen für das Erdgasmarketing zu unterstützen. Wie wollen Sie das realisieren?
Als geeignete Plattformen dafür dienen der neu einberufene Strate-giekreis „Erdgas-Produktkommuni-kation und Vertriebsunterstützung“, die hierzu gebildete ständige Ar-beitsgruppe sowie das mittlerweile etablierte „Treffen der Kommunika-tions-, Medien- und Marketingver-antwortlichen“. Darüber hinaus sind weitere Maßnahmen über unsere Dienstleistungsplattform www.verbundnetzplus.de in Pla-nung. Viele Informationen erhalten wir natürlich auch aus unseren täglichen Arbeitskontakten mit unseren Kunden.Unsere Herausforderung wird dann in der Zusammenstellung eines entsprechenden Dienstleis-tungsangebotes liegen, welches den Qualitätsansprüchen der Kunden zu wettbewerbsfähigen Preisen gerecht wird. Um dies zu erreichen, haben wir unsere Pro-duktentwicklung personell und organisatorisch deutlich verstärkt. Wir hoffen, dass diese Maßnahmen schon in der ersten Jahreshälfte spürbare Erfolge zeigen.
Dr. Achim WestebbeLeiter Kundendienst/MarketingTel.: 0341 443 - [email protected]
16 Aktuell | Markt | Schwerpunkt | Umschau | Feature
24 2523 2615 16 172 3 21129 10 11 18 19 204 5 6 7 81 13 14 22
Škoda Octavia CNG-EditionMit dem Škoda Octavia Combi II CNG kommt ein
neues Erdgasfahrzeug auf den Markt, das insbe-
sondere für Flottenbetreiber interessant ist. Als
Kombivariante ist es für Unternehmen geeignet,
die nicht nur Personen transportieren wollen,
sondern auch sperrige Gegenstände unterbringen
müssen.
Das Mittelklassemodell verfügt über ein bivalent
angelegtes Fahrzeugkonzept und kann sowohl
mit Erdgas als auch mit Benzin betrieben werden.
Mit einem Fassungsvermögen von 17 Kilogramm
Erdgas und einem Durchschnittsverbrauch von
5,7 Kilogramm beträgt die Reichweite im Gas-
betrieb rund 300 Kilometer. Zusammen mit dem
Benzintank kommt man sogar über 700 km weit.
Der Škoda Octavia Combi II CNG punktet vor
allem bei den Kosten, da Erdgas über 30 Prozent
günstiger als Diesel und sogar 50 Prozent güns-
tiger als Benzin ist. Zudem ist der CO2-Ausstoß
mit ca. 145 g/km rund 20 Prozent niedriger als
Der neue Škoda Octavia CNG wurde vom Initiativkreis Erdgas
als Kraftstoff Deutschland e.V. (IEK) zusammen mit dem Fahr-
zeugentwickler IAV GmbH entwickelt. Der Wagen entspricht
dem QVM-Konzept und wird von speziell geschulten Škoda-
Händlern angeboten.
Interview mit IEK und IAVDer neue Škoda Octavia CNG ist ein Gemeinschaftsprojekt vom IEK Deutschland e.V. und der IAV GmbH.
Über die Gründe der Zusammenarbeit und die Potenziale des neuen Mittelklassewagens sprach
medium gas mit den beiden Projektverantwortlichen Maik Hendler (IEK) und Iraklis Avramopoulos (IAV).
Wie ist die Zusammenarbeit zustande gekommen?
Hendler: Obwohl eine Vielzahl an Erdgasserien-
modellen auf dem Markt ist, gibt es kaum Fahrzeuge
im Kompaktklasse-Segment. Mit der IAV GmbH
haben wir schnell einen kompetenten Partner
gefunden, der bereits die aktuellen CNG-Modelle
von VW mit entwickelt hat.
Der Škoda Octavia CNG ist ein so genanntes
QVM-Fahrzeug. Was verbirgt sich hinter diesem
Begriff?
Avramopoulos: Die Abkürzung QVM bedeutet
„Qualified Vehicle Manufacturer“, d. h. auf deutsch
so viel wie „Qualifizierter Hersteller“. Bei einer
QVM-Lösung arbeiten wir nach OEM-Standards.
Bewährte Erdgastechnik im
neuen Škoda Octavia Combi II
CNG.
Jetzt auch mit Erdgasantrieb
bei einer vergleichbaren Benzinvariante. Im
Vergleich zum Dieselmodell werden deutlich
weniger Stickoxide und praktisch kein Feinstaub
ausgestoßen.
Der Einstiegspreis für den Škoda Octavia Combi II
CNG beträgt inkl. Mehrwertsteuer 20 864 Euro.
Das setzt einen sehr hohen Kenntnisstand über
das Basisfahrzeug voraus. Beim Umbau müssen
wir uns nach bestimmten Kriterien richten und so
beispielsweise auf das Engineering achten oder alle
Abläufe während des gesamten Produktionspro-
zesses einhalten. Nur dann bestehen die Fahrzeuge
auch den sehr hohen Qualitätsanforderungen und
den entsprechenden Qualitätskontrollen.
Welche Vorteile hat der neue Škoda Octavia CNG
als CNG-Modell gegenüber einem üblichen um-
bzw. nachgerüsteten Fahrzeug?
Avramopoulos: Bei der QVM-Variante werden nur
Systembauteile verwendet, die wir weltweit und
nach sehr strengen Qualitätskriterien einkaufen.
17 medium gas | 2008.1
4027 28 30 3129 33 3432 36 3735 38 39 41 42 43 44 45 47 4846 50 5149 52
Diese sind natürlich auch mit dem Basismodell im
Bezug auf die Steuergeräteentwicklung, den Einbau
oder die Materialauswahl abgestimmt. Dadurch
können wir ein einwandfreies Funktionieren der
Umrüst- und Nachrüstkomponenten garantieren.
Durch die Zertifizierung sind die Fahrzeuge zudem
europaweit zulassungsfähig.
Wo kann man das neue Erdgasmodell kaufen?
Hendler: Die Vertriebsorganisation befindet sich
derzeit zwar noch im Aufbau, aber das Fahrzeug
ist natürlich schon bestellbar. Erste Fahrzeuge
wurden sogar schon an ihre neuen Besitzer aus-
geliefert. Für eine Angebotsanfrage folgt man auf
www.gibgas.de einfach dem Link zum Škoda
Octavia oder man kann auch direkt über die Website
www.erdgasfahrzeuge-kontor.de gehen. Sofern
man lieber zu einem lokalen Škoda-Händler gehen
möchte, sollte man vorsorglich die Information über
den Bestellvorgang mitnehmen, da noch nicht alle
Škoda-Händler das Angebot kennen.
Übernimmt der Škoda-Händler auch den Einbau
bzw. Umbau?
Hendler: Für den Einbau der QVM-Komponenten
wurden einige besonders engagierte Škoda-
Händler ausgewählt. Sie wurden speziell bei der
IAV geschult und sind von TÜV oder DEKRA als
zertifizierte Nachrüster zugelassen. Sie sind derzeit
auch diejenigen, die die Fahrzeuge ausliefern und
den Service übernehmen. Wir sind gerade dabei,
dieses Servicenetz mit ca. 200 Škoda-Partnern in
ganz Deutschland zu vergrößern.
Bleibt die Hersteller-Garantie im vollen Umfang
bestehen?
Avramopoulos: Die Herstellergarantie bleibt er-
halten. Die Mängelhaftung des Herstellers wird
sogar durch die gesetzliche Mängelhaftung des IAV
ergänzt. Das gilt uneingeschränkt für alle Fahrzeug-
komponenten, die vom IAV nachgerüstet wurden,
bzw. direkt von der Umrüstung betroffen sind.
Gibt es Überlegungen, weitere Modelle als
QVM-Lösung anzubieten?
Hendler: Ja! Wie schon erwähnt, sind wir der Auf-
fassung, dass die verfügbare Modellpalette im
Kompaktklassesegment nicht breit genug ist. Aktuell
sind wir dabei, einen Audi A3 mit dem QVM-Konzept
auszustatten. Auch die Umrüstung des Škoda Fabia
haben wir ins Auge gefasst, weil der Wagen – wie
der Octavia – stark nachgefragt wird.
Peter Ganczarski
Kundendienst/Marketing
Tel. 0341 443 - 2286
Fax 0341 443 - 2922
Ihre Ansprechpartner
Steffen Hesse
Kundendienst/Marketing
Tel. 0341 443 - 2904
Fax 0341 443 - 2919
Erweitertes Testfahrzeugangebot
Die VNG hat den Fuhrpark ihrer erdgasbetriebenen
Testfahrzeuge erweitert. Neben den bisher bereits
angebotenen Opel Zafira 1.6 CNG und VW Touran
EcoFuel stehen jetzt zusätzlich ein Ford Focus
2.0 16V CNG Style mit vollständiger Ausrüstung als
Fahrschulfahrzeug und ein VW Caddy Life EcoFuel
als 5-Sitzer-PKW zur Verfügung. Während der Ford
Focus CNG von den Fahrschulen für einen längeren
Die beiden „Neuen“ bei der VNG – VW Caddy Life EcoFuel und
Ford Focus CNG.
Zeitraum von ein bis zwei Wochen ausgeliehen
und im praktischen Betrieb getestet werden kann,
ist der VW Caddy Life EcoFuel schon tageweise
oder übers Wochenende zu buchen. Er kann da-
mit für Presse-Events, Ausstellungen und Probe-
fahrten genutzt werden.
18 Aktuell | Markt | Schwerpunkt | Umschau | Feature
24 2523 2615 16 172 3 21129 10 11 18 19 204 5 6 7 81 13 14 22
1 Grimmen, A202 Jarmen, A20/B1103 Neubrandenburg, A20/B964 Birkenwerder, A10/B965 Wustermark, A10/B56 Mittenwalde, A13/2467 Eisenberg, A98 Chemnitz Süd, A729 Cottbus, A15/B168
10 Bautzen, A4/B15611 Grimma, A14/B10712 Lützen, A38/B8713 Bad Lauchstädt, A3814 Sangerhausen, A38/B8615 Sömmerda, A71/B17616 Suhl, A71/A7317 Wolfen, B183/B18418 Dresden, A4/B619 Radeburg, A1320 Halle (ÖPNV), 20 Busse21 Querfurt (ÖPNV), 10 Busse22 Ribnitz-Damgarten, B105
Genehmigungsverfahren/Bauvorbereitung
Standortsondierung
4,5 Mio. € für den Ausbau der Erdgastankstellen-InfrastrukturDie VNG-Erdgastankstellen GmbH wird in den kommenden drei Jahren rund 4,5 Millionen Euro in den Ausbau des Tank-
stellennetzes zwischen Ostsee und Thüringer Wald investieren. Geplant sind zunächst 16 Erdgastankstellen, die vor allem
in Autobahnnähe und an viel befahrenen Bundesstraßen zu finden sein werden.
Ausbau der Infrastruktur
trotz Stagnation
Der Ausbau eines flächendeckenden Netzes auf
bis zu 1 000 Erdgas-Tankstellen in Deutschland
war 2006 ins Stocken geraten, als der Gesetz-
geber Flüssiggas gleichermaßen wie Erdgas als
Kraftstoff steuerlich begünstigte. Die Diskussion
im Vorfeld und im Nachgang der Entscheidung
bremste eine seit dem Jahr 2003 andauernde
Investitionswelle der deutschen Gaswirtschaft
in das Erdgastankstellennetz, das jährlich um bis
zu 150 Tankstellen wuchs. Die Zurückhaltung der
Investoren war nur allzu verständlich, belaufen
sich die Kosten für eine neue Erdgastankstelle
auf bis zu 300 000 Euro. Sowohl Erdgastankstel-
lenbetreiber als auch Hersteller und Nutzer von
Erdgasfahrzeugen brauchen deshalb Sicherheit
und Kontinuität in den politischen und finanziellen
Rahmenbedingungen.
Ungeachtet dessen hat sich die VNG gemeinsam
mit anderen Marktteilnehmern wie der E.ON Gas
Mobil GmbH dazu entschlossen, die Stagnation
zu durchbrechen und in den weiteren Ausbau
des Tankstellennetzes zu investieren. Auch, weil
sich die Rahmenbedingungen zu Gunsten von
Erdgas als Kraftstoff weiterentwickelt haben,
denn mittlerweile fordert die Politik aktiv die
Reduktion von verkehrsbedingten Emissionen,
beispielsweise durch Erdgas als Kraftstoff. Die
Automobilindustrie wurde dadurch zur Entwicklung
leistungsstarker und umweltschonender Erdgas-
Modelle mobilisiert.
Bau der ersten Tankstellen steht
unmittelbar bevor
Seit der Entscheidung, die Investitionen in das
Erdgastankstellennetz wieder zu erhöhen, lau-
fen die Vorbereitungen und Umsetzungen der
einzelnen Projekte mit Hochdruck. Mittlerweile
wurden die verschiedenen Standorte und deren
Anschlussbedingungen geprüft. Dazu waren
im Vorfeld eine Reihe von Abstimmungen mit
den örtlichen Versorgern und Netzbetreibern
sowie mit einzelnen Mineralölgesellschaften
notwendig.
Fünf Vorhaben befinden sich im Genehmigungs-
verfahren der Mineralölgesellschaften bzw. der
örtlichen Baubehörden. Für die ersten Tankstellen
in Birkenwerder (nördlich von Berlin in der Nähe
der A 10) sowie in Wolfen steht die Bauphase
unmittelbar bevor.
Parallel dazu errichtet auch die E.ON Gas Mobil
GmbH, eine Tochter der E.ON Ruhrgas AG, neue
Erdgastankstellen in Deutschland.
19 medium gas | 2008.1
4027 28 30 3129 33 3432 36 3735 38 39 41 42 43 44 45 47 4846 50 5149 52
Ihre Ansprechpartner
Hagen Kuschel
Geschäftsführer
Tel. 0341 443 - 2621
Fax 0341 443 - 2483
Steffen Hesse
Geschäftsführer
Tel. 0341 443 - 2904
Fax 0341 443 - 2922
Beteiligung ausdrücklich erwünschtDie VNG-Erdgastankstellen GmbH sucht bei allen Projekten das Gespräch mit den örtlichen Versor-
gern, die in der Regel auch unmittelbar oder mittelbar Kunden der VNG sind. Durch diese Kooperation
soll das Geschäftsfeld mit Erdgastankstellen weiter entwickelt und der Rückstand nach der Phase
der Stagnation wieder aufgeholt werden.
Drei Fragen an Hagen Kuschel, Geschäftsführer der VNG-Erdgastankstellen GmbH, zum gemeinsamen
Engagement von VNG und örtlichen Energieversorgungsunternehmen.
Wer kann sich in welcher Form an einzelnen
Projekten Ihrer Gesellschaft beteiligen?
Kuschel: Wir errichten und betreiben die Erdgas-
tankstellen in Versorgungsgebieten von Erdgasun-
ternehmen, die in der Regel auch unsere Kunden
sind. Es ist unser ausdrücklicher Wunsch, diese
Unternehmen in unser Vorhaben mit einzubezie-
hen. Wir bieten ihnen deshalb an, sich als stiller
Gesellschafter an der Finanzierung einzelner oder
mehrerer Tankstellen zu beteiligen. Im Gegenzug
partizipiert der stille Gesellschafter am Ergebnis
der jeweiligen Tankstelle. Der stille Gesellschafter
hat allerdings nicht die Rechte und Pflichten eines
typischen Gesellschafters. Übrigens: Für eines
unserer ersten Projekte konnten wir bereits einen
Partner als stillen Gesellschafter gewinnen.
Welche Vorteile entstehen dadurch?
Kuschel: Der große Vorteil dieser Gestaltung
liegt zum einen in ihrer rechtlichen Flexibilität,
da sich jedes Unternehmen sehr individuell
und in unterschiedlicher Beteiligungshöhe an
einzelnen Tankstellen beteiligen kann. Auch
ein Wechsel im Kreis der Beteiligten ist ohne
großen rechtlichen und organisatorischen Auf-
wand möglich. Ganz entscheidend hilft diese
Kooperation auch, gemeinsam mit den Partnern
die Tankstelleninfrastruktur weiter auszubauen,
finanziell zu schultern, am wirtschaftlichen Er-
folg zu partizipieren und nicht zuletzt Erdgas als
Kraftstoff weiter zu etablieren. Allerdings: So ganz
still soll der stille Gesellschafter nicht sein. Wir
bieten ihm an, die jeweilige Erdgastankstelle auch
gemeinsam öffentlich zu vermarkten. Dadurch
hat er die Chance, die positiven Effekte einer
Erdgastankstelle in seinem Versorgungsgebiet
für sich zu nutzen.
An wen können sich Interessenten einer solchen
Kooperation wenden?
Herr Hesse und ich laden alle Interessenten gern
ein, das Gespräch mit uns zu suchen. Umgekehrt
werden wir im Rahmen der Planung unserer Tank-
stellen auch auf alle betroffenen Versorgungs-
unternehmen zugehen.
Alle Projekte von VNG und E.ON Gas Mobil werden
in enger Zusammenarbeit mit der erdgas mobil
GmbH & Co. KG, einem Zusammenschluss von
Energieversorgungsunternehmen, realisiert. So-
mit wird insbesondere bei der Standortauswahl
sichergestellt, dass ein auf die Bedürfnisse der
Erdgasfahrer abgestimmtes Erdgastankstellennetz
entlang der Transitrouten entsteht. Aber auch die
Tankstellentechnik und der Tankstellenbetrieb
lassen sich so in hohem Maß standardisieren
und optimieren. Durch den Abschluss von stan-
dardisierten Full-Service-Verträgen soll eine hohe
Verfügbarkeit der Erdgastankstellen sichergestellt
werden.
20 Aktuell | Markt | Schwerpunkt | Umschau | Feature
24 2523 2615 16 172 3 21129 10 11 18 19 204 5 6 7 81 13 14 22
Datum Veranstaltung VNG-Stand Ort
April
21.–22.04.2008 Branchentreff Energie-Einkäufer Köln
21.–25.04.2008 Hannover Messe 2008 – Energy Halle 13, Stand D 30/1 Hannover
22.–23.04.2008 World Energy Dialogue im Rahmen der Hannover Messe Hannover
22.–24.04.2008 Stadtwerke 2008 Berlin
25.–27.04.2008 DENEX – Messe & Kongress für dezentrale Energiesysteme, Bioenergie & energieeffizientes Bauen
Kassel
Mai
18.–20.05.2008 Erdgas Marketing Treff Fürstlich Drehna
19.05.2008 Empfang bei der VNG anlässlich des Norwegischen Nationalfeiertages Leipzig
20.05.2008 Bilanz-Pressekonferenz der VNG für das Geschäftsjahr 2007 Leipzig
Juni
01.–03.06.2008 Erdgas Marketing Treff Fürstlich Drehna
03.–04.06.2008 Wissenschaftliche Fachtagung der Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur Leipzig (HTWK) zum Thema „Energie & Gebäudetechnik“
Leipzig
03.–05.06.2008 TOP ENERGY BERLIN Halle 20, Stand 122 Berlin
06.06.2008 Erdgas-Challange-Day des „Verbundnetz für den Sport“ Cottbus
11.06.2008 Festakt: 35 Jahre russisches Erdgas für Deutschland Leipzig
12.–14.06.2008 EUROGAS, Vorstandssitzung und Mitgliederversammlung Leipzig
18.–19.06.2008 1. Bundestagung des BDEW Estrel Convention Center Berlin
22.–24.06.2008 Erdgas Marketing Treff Fürstlich Drehna
23.–27.06.2008 Neftegaz, Messe Halle 2.1 Moskau
27.06.2008 Fachtagung „Erdgas und Handwerk“ gemeinsam mit dem Fachverband SHK Sachsen
Chemnitz
Aktuelle Termine im nächsten QuartalHannover Messe 2008: VNG mit innovativen
Pipelinetechnologien dabei
Vom 21.–25. April ist der
Bereich Betrieb/Techno-
logie der VNG erstmals
mit einem Stand auf der
Hannover Messe Energy
2008 vertreten. Gemein-
sam mit ihren Partnern stellt die VNG-Gruppe
vor allem drei innovative Pipelinetechnologien
in den Mittelpunkt: das trascue Pipeline Inte-
grity Management System (PIMS), das Flotten-
und Störungsmanagement sowie den Smart
PLUG-Molch. Diese Produkte und Dienstleis-
tungen wurden von der VNG-Gruppe gemeinsam
mit ihren Partnern entwickelt.
Dort finden Sie uns: Halle 13, Stand D30/1
Weitere Informationen unter:
www.hannovermesse.de
Wissenschaftliche Fachtagung
der HTWK Leipzig
Am 3. und 4. Juni 2008
veranstaltet der Fach-
bereich Maschinen-
und Energietechnik
der HTWK Leipzig gemeinsam mit namhaften
Kooperationspartnern aus Wirtschaft und Politik
die wissenschaftliche Fachtagung „Energie +
Gebäudetechnik 2008“.
Die Veranstaltung steht unter dem Motto „Energe-
tische Effizienz und Nachhaltigkeit“. Schirmherr ist
Regierungspräsident Walter Christian Steinbach.
Die Fachtagung bietet Energieberatern, Planern,
Baufachleuten und kommunalen, industriellen
sowie privaten Energienutzern die Möglichkeit, sich
über die neuesten wissenschaftlich-technischen
Kenntnisse auszutauschen.
Nähere Informationen unter:
www.htwk-leipzig.de/fbme
21 medium gas | 2008.1
4027 28 30 3129 33 3432 36 3735 38 39 41 42 43 44 45 47 4846 50 5149 52
Wettbewerb im Erdgasmarkt
Preisentwicklung auf umkämpften MärktenWettbewerb ist an sich nichts Neues für die
Branche. Schließlich stand Erdgas immer schon
mit anderen Energieträgern in Konkurrenz. Doch
seit der vollständigen Öffnung deutscher Netze
hat sich der Wettbewerb auch auf die Anbieter
innerhalb des Erdgasmarktes ausgeweitet. Das
war überfällig. Die Erdgasbranche hat aus dem
Imageverlust der letzten Jahre gelernt und be-
grüßt die Veränderungen. Jeder Verbraucher soll
prinzipiell die Möglichkeit haben, den Anbieter
von Erdgas zu wechseln. Es ist verständlich, wenn
sich der Verbraucher ansonsten weniger als Kunde
denn als Abgabeknecht fühlt und beispielsweise
den mit Öl heizenden Nachbarn beneidet, nur weil
dieser, wenn es ihm gefällt, jedes Jahr einen ande-
ren Lieferanten beauftragen kann. Der Kunde will
eine Wahl haben. Nur so kann er die Gewissheit
haben, ein gutes Produkt zu einem angemessenen
Preis einzukaufen.
Die Gaswirtschaft sorgt nun aktiv dafür, dass ihre
Kunden mit geringstem Aufwand den Anbieter
wechseln können. Zugegeben, mehr Wettbewerb
verlangt den etablierten Anbietern von Erdgas,
zu denen auch die Mitglieder des Forum Erdgas
gehören, noch mehr Einsatz, Ideenreichtum und
Servicebereitschaft ab. Jeder muss sein Angebot
sehr genau auf Attraktivität prüfen. Doch zeigt sich
bereits, wie gut sich die Versorgungsunternehmen
auf die neuen Bedingungen eingestellt haben. So
entwickelt sich in den Unternehmen etwa eine
erstaunliche Vielfalt an zielgruppenorientierten
Angeboten: von Biogas über spezielle Familienzu-
schnitte oder Preisgarantien für einen bestimmten
Zeitraum bis hin zur Förderung von erstmaligen
Hausanschlüssen für den Erdgasbezug. Die Verbrau-
cher profitieren also längst vom Wettbewerb.
Die Erwartung, die der Gesetzgeber mit der Ver-
änderung der Rahmenbedingungen für den nati-
onalen Absatzmarkt verbindet, ist allerdings eine
Intensivierung des Preiswettbewerbs mit der Folge
massiver Preissenkungen. Bei den Verbrauchern
wurde der Glaube geweckt, der beschränkte
inländische Wettbewerb sei der entscheidende
Faktor für die schmerzhaften Preiserhöhungen der
letzten Jahre. Doch der inländische Wettbewerb
kann nicht die vom Gesetzgeber prophezeiten
Preisstürze bringen. Stattdessen stiegen die Kos-
ten für Energie und mit ihnen die Erdgaspreise
weiter an – und das, obwohl sie auf Länder-,
Bundes- und EU-Ebene zusätzlich noch strengen
kartellrechtlichen Kontrollen unterliegen.
Versagt der Wettbewerb, wie das nach wie vor
Skeptiker glauben machen wollen? Nein. An dem
wirklichen Grund für diese Entwicklung können die
deutschen und europäischen Wettbewerbshüter
nur leider nichts ändern. Die Preissteigerungen sind
eine unvermeidbare Folge des hart umkämpften
internationalen Beschaffungsmarktes und treffen
Versorger wie Endverbraucher gleichermaßen.
Rohstoffarme Länder wie Deutschland haben dabei
unter dem nachhaltigen globalen Nachfrageboom
besonders zu leiden. So bleibt letztendlich nur
eine wirksame Methode, auf die Preissteigerung
zu reagieren, und die heißt: Energie sparen. Das
schont nicht nur das Portmonee, sondern auch
die Umwelt. Ich bin sicher, hier wird der neue
Wettbewerb auch für mehr Beratungsleistungen
seitens der Anbieter sorgen. Das Forum Erdgas
wird jedenfalls weiterhin sein Bestes tun, die
neuen Herausforderungen mit seinen Mitglie-
dern zu diskutieren und die Öffentlichkeit über
die Hintergründe der Gaspreisentwicklung zu
informieren.
Andrej Krocker, Leiter Forum Erdgas
Weitere Informationen
Andrej Krocker
Forum Erdgas
Tel. 0341 443 - 2626
Fax 0341 443 - 3237
www.forum-erdgas.de
22 Aktuell | Markt | Schwerpunkt | Umschau | Feature
24 2523 2615 16 172 3 21129 10 11 18 19 204 5 6 7 81 13 14 22
Schwerpunkt: Wettbewerb
Wettbewerb bedeutet Freiheit – die Frei-
heit, seine Chancen zu nutzen und ein Unter-
nehmen gegenüber anderen Marktakteuren
erfolgreich zu positionieren. Das ist anstren-
gend und verlangt viel Engagement und
Kreativität in allen Geschäftsbereichen. Auch
beim Portfoliomanagement, wo die VNG zu-
sammen mit der ENERGIEUNION AG ein neues
Dienstleistungsangebot etablieren wird.
23 medium gas | 2008.1
4027 28 30 3129 33 3432 36 3735 38 39 41 42 43 44 45 47 4846 50 5149 52
Dr. Wulf Lammert, Vorstand der ENERGIEUNION AG (links) und Karel Schweng, Leiter
Marktsteuerung bei der VNG – Verbundnetz Gas AG (rechts) diskutieren auf der Handels-
blatttagung in Berlin mit Prof. Dr.-Ing. Matthias Krause, Technischer Geschäftsführer
der EVH GmbH, über die Möglichkeiten, die sich im Wettbewerb durch ein strategisches
Portfoliomanagement für Stadtwerke und Regionalversorger ergeben. Foto: Christoph Busse
24 Aktuell | Markt | Schwerpunkt | Umschau | Feature
24 2523 2615 16 172 3 21129 10 11 18 19 204 5 6 7 81 13 14 22
Unser Kunde steht im Wettbewerb an erster Stelle
Interview mit Prof. e. h. Dr.-Ing. Klaus-Ewald Holst
Seit die VNG 1990 den Wandel vom volkseigenen Betrieb in eine Aktiengesellschaft vollzogen
hat, steht sie im Wettbewerb. Einerseits musste sich Erdgas im Wettbewerb mit anderen Energie-
trägern durchsetzen, andererseits gab und gibt es zunehmend im ehemaligen Heimatmarkt in
Ostdeutschland andere Gaslieferanten. Von Beginn an war es für die VNG deshalb wichtig, sich
durch marktgerechte Preise, Servicedienstleistungen und technisches Know-how einen Markt-
vorteil zu erarbeiten. Sie hat dabei eine solide Ausgangsbasis erreicht und beginnt seit einigen
Jahren auch zunehmend, ihre Geschäftsbereiche zu erweitern und sich in anderen europäischen
Märkten zu engagieren.
Wir sprachen mit dem Vorstandsvorsitzenden der VNG, Prof. e. h. Dr.-Ing. Klaus-Ewald Holst, über
die aktuelle Wettbewerbssituation und die künftigen Entwicklungschancen des Unternehmens.
Wo steht die VNG heute in Europa?
Die VNG gehört in Europa zu den zehn größten
Erdgasimporteuren, in Deutschland nimmt sie nach
E.ON Ruhrgas und Wingas den dritten Platz ein und
in Norwegen sind wir mittlerweile der zweitgrößte
deutsche Gaskäufer. So gesehen haben wir uns
seit 1990 zu einer wichtigen Größe in Europa
entwickelt. Übrigens als einziges Unternehmen
der Energiewirtschaft in Ostdeutschland.
Wie erklären Sie sich diese Entwicklung?
Eigene Ideen und eigenes Engagement sowie die
permanente Unterstützung unserer Aktionäre – das
sind die Eckpfeiler unseres Erfolges. Wir haben
beispielsweise in der Wendezeit nicht darauf
gewartet, was auf uns zukommen wird, sondern
haben den Wandel selber in die Hand genommen.
„Hilfe zur Selbsthilfe“ war unser Motto. So konnten
wir frühzeitig die richtigen Entscheidungen treffen
und diese rechtzeitig umsetzen – sowohl bei der
Beschaffung als auch beim Absatz von Erdgas.
Bei allen Entscheidungen standen unsere Akti-
onäre und Partner geschlossen hinter uns. Hier
sind besonders unsere wichtigsten Wegbegleiter
der ersten Unternehmensjahre zu nennen: Die
Unternehmen Ruhrgas, Wintershall, Gazprom, Prof. e. h. Dr.-Ing. Klaus-Ewald Holst
25 medium gas | 2008.1
4027 28 30 3129 33 3432 36 3735 38 39 41 42 43 44 45 47 4846 50 5149 52
Gaz de France – und natürlich unsere kommunalen
Anteilseigner. Sie haben seit 1990 den Aufbau der
VNG als Ferngasunternehmen am Standort Leip-
zig getragen und uns bei der Umsetzung unserer
strategischen Ziele unterstützt.
Viele Unternehmen denken bei zunehmendem
Wettbewerbsdruck über eine Neupositionierung
nach. Welche Gedanken gibt es diesbezüglich
bei der VNG?
Wir haben bereits vor zwei Jahren unsere lang-
fristige Strategie bis 2020 in einem Konzept
festgeschrieben. Danach sehen wir uns nach wie
vor als europäischer Erdgasimporteur, der Handel,
Transport und Speicherung von Erdgas zu seinen
Kernkompetenzen zählt und seine Leistungen
Stadtwerken und regionalen Versorgungsunter-
nehmen, Kraftwerken, Industriebetrieben sowie
Gashändlern und Gastransporteuren zur Verfügung
stellt. Am inländischen Endkundengeschäft werden
wir uns auch in Zukunft nicht beteiligen.
Allerdings engagieren wir uns in der Erdgaspro-
duktion und wollen ab 2014/2015 eigenes Erdgas
aus Norwegen nach Deutschland liefern und so
die Erdgasversorgung für unsere Kunden auf eine
noch breitere Basis stellen. Das ist – neben un-
seren langfristigen Lieferverträgen – ein weiterer
Beitrag, um die Versorgungssicherheit mit Erdgas
zukünftig zu gewährleisten.
Ab 2014/2015 will die VNG eigenes Erdgas aus Norwegen nach Deutschland liefern. Foto: Christoph Busse
26 Aktuell | Markt | Schwerpunkt | Umschau | Feature
24 2523 2615 16 172 3 21129 10 11 18 19 204 5 6 7 81 13 14 22
Was bedeutet der Wettbewerbsdruck für Ihr
tägliches Geschäft?
Im täglichen Geschäft hat sich Vieles geändert.
Der Vertrieb der VNG konkurriert mit zahlreichen
Marktteilnehmern sowohl auf dem angestammten
heimischen Markt als auch auf für uns relativ neuen
Absatzmärkten. Bei der Belieferung von Kunden
muss unser Handel – wie alle anderen – freie
Netzkapazitäten beim jeweiligen Netzbetreiber
buchen. Um hier erfolgreich zu sein, muss man
bedarfsgerechte Preise bilden und Marktpreise
bezahlen. Die Anforderungen des Marktes sind
aber weiter gestiegen. Um hier entsprechend
agieren zu können, bedarf es neuer Vertriebsstruk-
turen. Darum haben wir unseren Verkaufsbereich
zum Jahresbeginn in Vertriebseinheiten organi-
siert, die sich an unseren wichtigsten Kunden-
gruppen – den Versorgungsunternehmen und den
Industrie- und Geschäftskunden – orientieren.
Wir brauchen heute stärker denn je Strukturen im
Unternehmen, mit denen wir schnell und flexibel
im Wettbewerb agieren können. Nur mit dieser
Fähigkeit zur ständigen Weiterentwicklung kön-
nen wir in einer dynamischen, sich permanent
ändernden Geschäftswelt bestehen.
Wo sehen Sie einen Wettbewerbsvorteil der VNG?
Der Energiemarkt ist noch schnelllebiger geworden
und verlangt von den Unternehmen der Energie-
wirtschaft Konzepte, die sich an den gestiegenen
Erwartungen der Kunden orientieren. Darüber
hinaus ist auch der internationale Beschaffungs-
markt härter geworden. Unser Trumpf ist unsere
50-jährige Erfahrung. Die Geschichte der VNG war
stets von Veränderungen geprägt. Es gab in der
Vergangenheit ständig neue Herausforderungen.
Unsere Mitarbeiter haben diese immer als Chance
gesehen und dadurch das Unternehmen ständig
weiterentwickelt. Insofern bin ich sicher, dass wir
auch neue Aufgaben meistern werden.
In Deutschland sind zahlreiche Energieversorger
im Markt. Ein homogenes Produkt wie „Erdgas“
und eine hohe Anzahl an Anbietern sind doch
die besten Voraussetzungen für einen funkti-
onierenden Wettbewerb. Dennoch wird immer
noch der Vorwurf erhoben, die Marktöffnung sei
bisher unvollständig umgesetzt. Ist das nur ein
Problem der öffentlichen Wahrnehmung oder
doch Realität?
Das ist ganz klar ein Problem der öffentlichen Selbst-
darstellung der Branche. In der Realität ist der Wett-
bewerb im vollen Gange. Der Wechsel des Erdgas-
anbieters ist für alle Stadtwerke, Industriekunden
und Endkunden möglich. Wer will, kann wechseln.
Im Großhandelsbereich, wo die Möglichkeiten schon
länger bestehen, bemerken wir eine zunehmende
Bereitschaft, sich Zweit- und Drittlieferanten für die
Gaslieferungen zu suchen. Wir merken aber auch,
dass nicht allein der günstigste Preis zählt. Viele
Kunden treffen ihre Entscheidung aufgrund weiterer
Aspekte. Langjährige Erfahrungen, ein zuverlässiges
Know-how und energienahe Dienstleistungen sind
unter den Anbietern keinesfalls selbstverständ-
lich. Sie bestimmen aber letztendlich das Preis-
Leistungs-Verhältnis. Bei den Endverbrauchern
stagniert der Anbieterwechsel nach wie vor, obwohl
auch sie durch die neuen gesetzlichen Rahmen-
bedingungen die Wahl haben. Das wird sich aber
schnell weiter entwickeln.
Neue Anbieter kritisieren, dass ihnen der Zugang
zu den Netzen nach wie vor verwehrt bleibt und
sie damit ihr Erdgas nicht in allen Märkten frei
anbieten können.
Die Bundesnetzagentur hat gemeinsam mit den
Netzbetreibern und den Interessenvertretungen
von Gaskunden und Gashändlern für einen rei-
bungslosen Zugang zu den Netzen gesorgt. Das
gilt als notwendige Voraussetzung für mehr Wett-
bewerb im Erdgasmarkt. Heute kann jeder, der mit
Erdgas handelt, zu einem Netzbetreiber gehen
und Netzkapazitäten buchen. Da zählt allein das
Prinzip „wer zuerst kommt, mahlt zuerst“.
Wir setzen uns übrigens aktiv für weitere Verein-
fachungen des Netzzugangs ein. Erste Erfolge haben
wir bereits mit der Plattform „marktgebiete.com“
Fortsetzung von Seite 25
Unser Kunde steht im Wettbewerb an erster Stelle
27 medium gas | 2008.1
4027 28 30 3129 33 3432 36 3735 38 39 41 42 43 44 45 47 4846 50 5149 52
erreicht, die unsere Tochter ONTRAS zusammen
mit der BEB eingeführt hat. Das begrüßt die
Bundesnetzagentur und das wird auch von der
Politik sehr positiv bewertet.
Die vom Gesetzgeber verlangte „rechtliche Ent-
flechtung“ hat die Energieunternehmen zu fun-
damentalen Umstrukturierungen gezwungen.
Wie ist die VNG damit umgegangen?
Durch die Trennung von Handel und Netzbetrieb
sind Strukturen aufgebrochen worden, die über
viele Jahre perfekt funktioniert haben. Das hat
uns vor große Herausforderungen gestellt. Die
Umstrukturierung mit der Ausgründung unseres
Netzbetriebes und der Gründung der Netzbe-
triebsgesellschaft ONTRAS war eine logistische
Meisterleistung. Sie bestand vor allem im grund-
legenden systemtechnischen Wandel. Denn durch
die Abwicklung fremdbelieferter Netzendkunden
musste ONTRAS insbesondere in den Bereichen
Netzzugang, Transportmanagement, Handel und
Abrechnung neue Systeme und Funktionsbereiche
schaffen. Bisher hat ONTRAS die neuen Anfor-
derungen gemeistert. Allerdings leidet sie, wie
alle anderen Netzbetreiber auch, unter sich
ständig ändernden rechtlichen Anforderungen.
Ein wenig mehr Kontinuität wäre an dieser Stelle
wünschenswert.
Gestatten Sie uns eine letzte Frage: Die VNG
feiert in diesem Jahr ihr 50-jähriges Bestehen.
Sehen Sie die VNG auch für die nächsten 50 Jahre
gerüstet?
Die VNG hat in den letzten 50 Jahren eine Viel-
zahl besonderer und prägender Erfahrungen
gesammelt. Wir haben 1958 als „lose“ Einheit
die Anfänge der ostdeutschen Erdgaswirtschaft
begründet, sind elf Jahre später in einen sozia-
listischen Betrieb umgewandelt worden, haben
nach der Privatisierung 1990 in Ostdeutschland
zusammen mit unseren Partnern in den Kommunen
erfolgreich die Umstellung von Stadt- auf Erdgas
vollzogen und uns nur 16 Jahre später ins Explo-
rationsgeschäft gewagt. Diese Etappen unserer
Geschichte zeugen von Entschlossenheit und Mut.
Das sind auf jeden Fall wichtige Eigenschaften für
den Wettbewerbserfolg.
Wichtiger denn je – und da wiederhole ich mich
gerne wieder – sind für unsere Zukunftsfähigkeit
die Beziehungen zu unseren Aktionären und Part-
nern. Ohne sie gäbe es heute keine eigenständige
VNG. Vor allem die ostdeutschen Kommunen
haben bei der Privatisierung der VNG und 2002
im Rahmen der Ministererlaubnis bei der Fusion
von E.ON und Ruhrgas dafür gesorgt, dass wir
uns als eigenständiges Unternehmen, fest ver-
wurzelt in Ostdeutschland, entwickeln konnten.
Im Zuge dessen haben die Kommunen von der
Option Gebrauch gemacht, ihren Gesamtanteil
auf 25,79 Prozent zu erhöhen und ihre Position
im Aktionärskreis der VNG zu stärken. Eine starke
Unterstützung seitens unserer Aktionäre gibt uns
heute den Rückhalt, damit wir unsere Kernkompe-
tenzen weiter ausbauen und neue Projekte wie in
Norwegen realisieren können.
Ich bin davon überzeugt, dass die VNG für die
Zukunft gerüstet ist, sofern es uns gelingt, unsere
langjährige Erfahrung zu nutzen und die Nähe zu
unseren Aktionären und Kunden zu wahren.
Die VNG ist in das europäische Verbundsystem durch vier Übergabepunkte integriert.
Die von der ONTRAS – VNG Gastransport GmbH
betriebenen Gasfernleitungen
Netzkopplungspunkte mit
den europäischen
Erdgastransportsystemen
Flussrichtung
Gasfernleitungen
RWE TRANSGAS NET
NEGP
Chemnitz
HalleLauchhammer
Bobbau
Cottbus
Frankfurt / O.
Bernau
Neubrandenburg
Perleberg
Bad DoberanRostock
Stralsund
Kienbaum
Dresden
Leipzig
Erfurt
Magdeburg
Groß Köris
Sayda / Deutschneudorf
Hrádek
Görlitz
Gubin
Berlin
Potsdam
Steinitz
Schwerin
Kamminke
28 Aktuell | Markt | Schwerpunkt | Umschau | Feature
24 2523 2615 16 172 3 21129 10 11 18 19 204 5 6 7 81 13 14 22
Von der konventionellen Beschaffung zum vollständigen PortfoliomanagementStadtwerke, Regionalversorger und Industriekunden stehen heute vor der entscheidenden Aufgabe, Strom und Gas möglichst
bedarfsgerecht einzukaufen. Sie sind nur noch wettbewerbsfähig, wenn sie sich ein genaues Bild über ihre zukünftige Ab-
nahmesituation machen, den daraus resultierenden Energiebedarf abschätzen und danach ihre Mengen einkaufen. Vor diesem
Hintergrund steigen natürlich die Anforderungen an die Beschaffungsstrategie der Unternehmen. Schließlich gewinnen neben
längerfristigen Lieferverträgen zunehmend auch kurzfristige Lieferungen an Bedeutung.
Dr. Wulf Lammert, Vorstand der ENERGIEUNION AG, Schwerin, erläutert, wie die ENERGIEUNION AG ihre Kunden beim
integrierten Portfoliomanagement für Strom und Gas unterstützt und warum sein Unternehmen die Zusammenarbeit mit der
VNG gesucht hat.
Energiebeschaffung muss breit
aufgestellt werden
Vor nunmehr 12 Jahren als Verbund einiger größerer
Stadtwerke im Nordosten Deutschlands gegründet,
hat die ENERGIEUNION beizeiten ihre Ausweitungs-
möglichkeiten im liberalisierten Energiemarkt
erkannt. Deshalb hat sie zunächst einen Teil ihrer
Aktien an die Hafslund ASA (Norwegen), später an
die NUON Energy Trading & Whole-
sale übertragen. Mit diesen im inter-
nationalen Stromhandel erfahrenen
Partnern sammelte das Unterneh-
men wertvolle Erfahrungen. Auch
die Leipziger VNG – Verbundnetz
Gas AG besaß bereits seit 2001
mehr als elf Prozent Anteile an der
ENERGIEUNION. Im letzten Jahr
hat sie ihren Anteil auf 92,22 Pro-
zent aufgestockt. Zusammen mit
diesen Unternehmen hat sich unsere
vergleichsweise kleine Mannschaft
als international agierendes Unter-
nehmen im Strommarkt etabliert.
Wir setzen heute weit über 200 Mil-
lionen Euro im Jahr um und erwirt-
schafteten 2006 einen Überschuss von 1,6 Millio-
nen Euro. Dazu trug wesentlich bei, dass wir uns ein
solides Know-how beim Portfoliomanagement im
Energiebereich erarbeitet haben. Beim steigenden
Bedarf an Energie einerseits und dem Streben
nach Kosteneinsparungen andererseits macht es
sich bezahlt, die Energiebeschaffung möglichst
breit aufzustellen. Durch unseren Zugang zu den
fünf umsatzstärksten Brokerplattformen können
wir unseren Partnern ohne eigenen Marktzugang
jedes Produkt zum aktuellen Marktpreis anbieten.
Dafür unterhält die ENERGIEUNION AG eine eige-
ne Handelsplattform sowie Bilanzkreise in allen
Regelzonen in Deutschland.
Uneingeschränkter Handel am Energiemarkt
Als die ENERGIEUNION 1996 von den Stadtwerken
Schwerin, Rostock und Neubrandenburg gegründet
wurde, verfolgte das Unternehmen ausschließlich
das Ziel, die drei Eigentümer durch ein gemeinsam
größeres Handelsvolumen am europäischen Ener-
giemarkt erfolgreich zu positionieren. Heute zählen
wir zahlreiche Industriebetriebe wie Heidelberg-
Cement, große Stadtwerke mit und ohne eigene
Erzeugerkapazitäten wie die DREWAG Stadtwerke
Dresden GmbH sowie kleine Kommunalbetriebe in
Ost- und Westdeutschland zu unseren Kunden. Wir
haben Rahmenvereinbarungen mit 50 europäischen
Handelsunternehmen auf EFET-Basis (European
Federation of Energy Traders) geschlossen und
sind für sie die Schnittstelle zum Strommarkt. Für
viele Partner erweist sich als Vorteil, dass wir das
Risiko- und Bilanzkreismanagement beherrschen und
weitere energienahe Dienstleistungen anbieten – von
Hedging-Produkten über einen Börsenzugang bis hin
zur Finanzierung. So eröffnet sich unseren Kunden
die Möglichkeit, uneingeschränkt am Energiehan-
del teilzunehmen, ohne die gesamten technischen
und personellen Ressourcen vorhalten zu müssen.
Darüber hinaus profitieren sie aber auch davon,
dass wir mit unseren geringeren Handelsmengen
genauer auf ihre Bedürfnisse eingehen können. Wir
können, anders als die EEX, auch kleinere Mengen
Die ENERGIEUNION AG ist ein Großhandels-
unternehmen, dessen Geschäftsfeld den Handel
mit Strom und Gas sowie die Erbringung han-
delsnaher Dienstleistungen für Weiterverteiler,
Kraftwerksverteiler und Großabnehmer umfasst.
Das Handelshaus wurde 1996 vor dem Hinter-
grund des Neubaus und der Optimierung von
Gas- und Dampfturbinen-Kraftwerken gegründet
und ist mit dem Einsetzen der Liberalisierung der
deutschen Energiemärkte im Jahr 1998 in das
Stromhandelsgeschäft eingetreten. Kontinuität
und Solidität haben dazu beigetragen, dass
die ENERGIEUNION AG sich im europäischen
Stromhandel als zuverlässiger Handelspartner
etablieren und in Deutschland als kompetentes
Dienstleistungsunternehmen durchsetzen konn-
te. Gesellschafter der ENERGIEUNION AG sind
mit 92,22 Prozent die VNG – Erdgascommerz
GmbH sowie mit 7,78 Prozent die Stadtwerke
Halle, Schwerin und Rostock.
ENERGIEUNION AG
29 medium gas | 2008.1
4027 28 30 3129 33 3432 36 3735 38 39 41 42 43 44 45 47 4846 50 5149 52
handeln. Daher passt unsere Energieplattform zu
jedem Kunden, von einer kleinen Kommune bis hin
zu einem deutschlandweit aufgestellten Konzern,
der sich nicht um die Energiebeschaffung für seine
Werke kümmern will, aber garantiert die günstigsten
Bedingungen für seinen Energiebezug wünscht.
Strom- und Gashandel aus einer Hand
Kunden schätzen heute mehr denn je flexible
Energieprodukte. Wir bieten sie über unsere ei-
gene Handelsplattform seit vielen Jahren für den
Strom- und CO2-Handel an. VNG hat Vergleichbares
im Gasbereich mit acset-x entwickelt, der ersten
Internetplattform für den kurz- und mittelfristigen
Gashandel an virtuellen Handelspunkten von
marktgebietsaufspannenden Netzbetreibern. Auf
www.acset-x.de können registrierte Händler seit
Oktober 2006 Gasmengen am virtuellen Handels-
punkt der ONTRAS – VNG Gastransport GmbH,
Leipzig (ONTRAS) kaufen und verkaufen. Die neu-
trale Plattform führt unabhängige Handelsteilneh-
mer zu standardisierten Lieferbedingungen zusam-
men. Die über die Internetplattform geschlossenen
Verträge werden direkt zwischen den Gashändlern
außerhalb von acset-x abgewickelt.
Angesichts der vergleichbaren Handelsprodukte
von ENERGIEUNION und VNG lag es auf der Hand,
unsere Gemeinsamkeiten zusammenzuführen und
zukünftig eine strukturierte Beschaffung für den
Strom- und Gashandel anzubieten. Dazu hat die
VNG bereits im Dezember ihre Plattform acset-x
auf die ENERGIEUNION übertragen. Sie wird im
Energieportal in Schwerin weitergeführt und das
Know-how beider Unternehmen vereint.
Am 1. April wird die ENERGIEUNION beginnen,
kleinere Kunden mit Gasprodukten zu versorgen.
Zunächst startet die Plattform im ONTRAS-Gebiet
mit Struktur- und Stundenprodukten. Damit treten
wir natürlich in Konkurrenz zur EEX in Leipzig.
Allerdings grenzen wir uns deutlich von ihr ab,
denn während bei der EEX nur große Mengen
von mindestens 10 Megawatt gehandelt werden
können, bieten wir bereits 1 Megawatt-Mengen
an. Außerdem erhalten Kunden weitere Dienstleis-
tungsprodukte rund um die Energieversorgung,
etwa Werkzeuge zur eigenen Analyse der Angebote.
So können sie selbst entscheiden: Wollen sie von
uns ihre Bezugsquellen und -preise optimiert
haben, oder wollen sie das selbst von Fall zu
Fall tun? Von den Kunden der VNG, die bisher vor
allem ihre Stromlieferungen strukturiert haben,
erwarten wir uns eine hohe Resonanz. Da wir nicht
aktiv auf die Endkunden zugehen, erwarten wir
zudem, dass unsere Kunden und Partner – die
Stadtwerke – das mit Treue honorieren.
Zwei strategische Partner mit
anspruchsvollen Zielen
Für Energieversorger und Industriebetriebe, die
beide einen hohen Kostendruck haben, werden die
Möglichkeiten einer strukturierten Beschaffung
von Strom und Gas immer wichtiger.
ENERGIEUNION und VNG sehen
ihre gemeinsame strategische
Linie darin, ihre Kunden bei die-
sem wettbewerbsentscheidenden
Energieeinkauf als Dienstleister zu
unterstützen. Gemeinsam können
wir deutlich mehr kundenspezifische
Energiedienstleistungen anbieten
und zudem ein breiteres Kunden-
spektrum bedienen. Dabei ist die
VNG einerseits der Partner, der groß
genug ist, um zusätzliche Kredit- und
Garantielinien für den Energiehandel
abzusichern. Die ENERGIEUNION
ist im Gegensatz dazu klein und wen-
dig genug, um noch schneller markt-
gerechte Produkte einzuführen.
Ab 1. April wollen wir mit ersten Erdgasprodukten
den Markt testen und die weitere Entwicklung
abwarten. Innerhalb von zwei Jahren könnten
sich daraus gemeinsame Produkte entwickeln:
Statt reiner Energiebeschaffung wird das gesamte
Energieportfolio für Kunden gemanagt. Versteht
sich, dass dafür die ENERGIEUNION bislang out-
gesourcte Bereiche wieder ins Unternehmen holt
und die Mitarbeiterzahl demnächst erhöht.
Strukturierte Beschaffung bedeutet, den Ge-
samtbedarf in verschiedene Segmente zu zerle-
gen und diese zu unterschiedlichen Zeitpunkten
einzukaufen. Voraussetzung hierfür ist eine mög-
lichst genaue Kenntnis der Bedarfsprognosen.
Grundsätzlich kann ein Kunde von sinkenden
Preisen profitieren; aber auch steigende Preise
sind möglich. Durch ein gezieltes Portfolioma-
nagement lässt sich das Preisrisiko begrenzen.
Ein fundiertes Know-how im Energiehandel und
eine dauerhafte Beobachtung sind dabei unab-
dingbar, um den Einkauf von Strom und Gas zum
optimalen Zeitpunkt durchzuführen.
Die ENERGIEUNION AG bietet das Portfolio-
management als frei kombinierbare Module an,
unter anderem mit einer Portfoliosimulation, der
Erstellung eines Handelskonzeptes, Beschaf-
fungsmöglichkeiten und Absicherungs- und
Abwicklungsinstrumente.
Portfoliomanagement und strukturierte
Beschaffung
Ihr Ansprechpartner
Dr. Wulf LammertVorstand ENERGIEUNION AG
Mecklenburgstraße 10–12
19055 Schwerin
Tel.: 0385 59292 - 0
Fax: 0385 59292 - 99
www.ENERGIEUNION.de
30 Aktuell | Markt | Schwerpunkt | Umschau | Feature
24 2523 2615 16 172 3 21129 10 11 18 19 204 5 6 7 81 13 14 22
EVH setzt auf ENERGIEUNIONDie EVH GmbH – Energieversorgung Halle – beliefert Privat-, Gewerbe- und Großkunden mit Strom,
Erdgas und Wärme. Der Energieversorger ist mittlerweile über die Grenzen Halles hinaus aktiv und
hat sich deutschlandweit vor allem als preisgünstiger Stromlieferant einen Namen gemacht. Die
EVH sichert ihre Energielieferungen für Strom nicht nur durch eigene Kraftwerke, sondern auch
durch einen strukturierten Stromhandel. Dabei wird der Hallenser Versorger von der ENERGIEUNION
unterstützt, bei dem er zudem mit 3,41 Prozent beteiligt ist.
Vier Fragen an Prof. Dr. Matthias Krause, Technischer Geschäftsführer der EVH GmbH.
Wann haben Sie in Ihrem Unternehmen damit
begonnen, sich mit neuen Beschaffungsstrategien
zu beschäftigen?
Prof. Krause: Mit dem Beginn der Liberalisierung
des Strommarktes ab 1998 wurden die Erfah-
rungen aus dieser Zeit in den Verhandlungen
zum Neuabschluss von Stromlieferungsverträgen
umgesetzt und neue Strategien zur Beschaffung
von Strom und Gas erdacht. Schnell wurde klar,
dass wir uns dazu professionelle Beratung hinzu-
ziehen müssen, da uns entsprechende praktische
Erfahrungen fehlen.
Wie unterstützt Sie die ENERGIEUNION AG bei Ihrer
unternehmensinternen Beschaffungsstrategie?
Prof. Krause: Für die benötigte professionelle
Beratung und Unterstützung haben wir uns seit
2001 für die ENERGIEUNION entschieden. Die
ENERGIEUNION bietet uns den Zugang zur EEX
(einschließlich Sicherheiten) und damit einen
Zugang zum europäischen Strommarkt, um zu
marktüblichen Konditionen die Strombeschaffung
und den Portfolioausgleich (Strom) umsetzen zu
können. Für die Zukunft planen wir Gleiches für
das Medium Gas.
Darüber hinaus bietet uns die ENERGIEUNION
eine umfassende Portfolioberatung an und leitete
daraus mit uns die Strategie zur Beschaffung und
das Risikomanagement ab. Gerade das Risikoma-
nagement gewinnt in Zeiten schwankender Preise
immens an Bedeutung, sodass die Zusammenar-
beit mit der ENERGIEUNION für uns sehr wertvoll
ist. Jedes Unternehmen ist gut beraten, den
Schritt in die strukturierte Beschaffung nur mit
gesicherten Kenntnissen im Portfoliomanagement
und auf Basis eines bereits umgesetzten Risiko-
managements zu vollziehen.
Wie stellen die Stadtwerke und Regionalversorger
heute am sinnvollsten ihre Energielieferungen
zusammen?
Prof. Krause: Ein Unternehmen kann nur ein für
sich vertretbares Risiko eingehen, was es selbst
für sich finden und definieren muss. Daraus
ergeben sich nach den Gesetzen des Marktes
selbstverständlich auch nur begrenzte Chancen.
Selbstverständlich haben wir vor dem Schritt
in die strukturierte Beschaffung dies für unser
Unternehmen definiert.
Im Ergebnis haben wir ein ausgewogenes Verhältnis
von Börsenprodukten, Stundenfahrplänen und
Spotmarktmengen gefunden. Aufgrund der wet-
terabhängigen Erzeugung und den verbleibenden
Prognoserisiken wird von uns darüber hinaus
ebenfalls der Day-ahead-Markt (IntraDyS-Market)
zum nachträglichen Feinabgleich genutzt.
Bisher ergänzen Sie lediglich Ihr Stromportfolio
durch die ENERGIEUNION AG. Planen Sie in Zukunft
auch eine Ausweitung auf den Energieträger
Erdgas?
Prof. Krause: Der Begriff „lediglich“ ist hier nicht
zutreffend. Gerade die klare und transparente
Organisation eines Portfoliomanagements ein-
schließlich Risikomanagements ist eine nicht zu un-
terschätzende Notwendigkeit im Unternehmen.
Seit Beginn unserer Partnerschaft im Jahre 2001
beobachten wir zusammen mit der ENERGIEUNION
die Entwicklungen auf dem Gasmarkt. Für die Rea-
lisierung einer strukturierten Gasbeschaffung stellt
die ENERGIEUNION mit ihrem Know-how bezüglich
Zugang zu den HUB's und einem zugehörigen
Risikomanagement einen wertvollen Partner dar.
Die ENERGIEUNION wird für uns dabei – wie in der
Strombeschaffung – ein wichtiger Partner sein.
31 medium gas | 2008.1
4027 28 30 3129 33 3432 36 3735 38 39 41 42 43 44 45 47 4846 50 5149 52
Strom- und Gashandel im Umbruch
Illustriert von Peter M. Hoffmann.
32 Aktuell | Markt | Schwerpunkt | Umschau | Feature
24 2523 2615 16 172 3 21129 10 11 18 19 204 5 6 7 81 13 14 22
Einsatz von BioErdgas im ErdgasmarktBioErdgas hat für die Energiewirtschaft ein hohes Potenzial – sowohl ökonomisch als auch ökolo-
gisch. Der Energieträger, der in seiner Eigenschaft dem fossilen Erdgas gleicht, kann zur Verstro-
mung, im Wärmemarkt und als Treibstoff eingesetzt werden. Gleichzeitig werden durch die gute
Umweltbilanz beim Einsatz von „grünem“ Erdgas die europaweiten Klimaschutzziele unterstützt.
Über den Einsatz von BioErdgas berichtet Reinhard Schüler, Präsident der Arbeitsgemeinschaft für
sparsamen und umweltfreundlichen Energieverbrauch e.V. (ASUE) und Mitglied im Vorstand der
Gasanstalt Kaiserslautern AG.
Im Mittelpunkt der Klimaschutzbemühungen steht
die Reduzierung des Kohlendioxid-(CO2)-Ausstoßes
in die Atmosphäre. Diese Emissionen sollen nach
Auffassung der Bundesregierung durch eine hö-
here Energieeffizienz und den verstärkten Einsatz
Erneuerbarer Energien, u. a. von Bioenergie, gesenkt
werden. Bioenergie – so eine aktuelle Schätzung
der Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe für das
Jahr 2030 – wird ca. 17 % des Gesamtenergiebedarfs
decken können. Auf andere Energieträger kann wei-
terhin nicht verzichtet werden. Eine Schlüsselrolle
spielt auch in Zukunft Erdgas, das die niedrigsten
CO2-Emissionen unter den fossilen Brennstoffen hat.
Durch die Einführung der Erdgas-Brennwerttechnik
haben die Gaswirtschaft, die Gasgeräteindustrie
und nicht zuletzt das Fachhandwerk maßgeblichen
Anteil daran, dass in den letzten 20 Jahren bereits
viele Milliarden Kilowattstunden Energie eingespart
werden konnten. In der Klimaschutz-Selbstverpflich-
tung der deutschen Gaswirtschaft von 2000 wurde
eine Reduzierung der CO2-äquivalenten Emissionen
bis 2012 im Vergleich zu 1990 um 45 Millionen
Tonnen im Haushalt- und Kleingewerbesektor ver-
sprochen. Bis 2006 konnte bereits eine Einsparung
von 42 Millionen Tonnen erreicht werden.
Seit langem ist bekannt, dass sich das Gasnetz
ideal zur Verteilung von regenerativen Energien
(BioErdgas) und Wasserstoff anbietet. BioErdgas
ist aufbereitetes Biogas, das durch Fermentation
von Biomasse entsteht. Erneuerbare Energien
(Sonne, Wind) unterliegen meist Schwankungen.
BioErdgas hingegen kann in Deutschland erzeugt
und über das Gasnetz transportiert werden.
Schwankungen zwischen Produktion und Be-
darf werden von Gasspeichern kompensiert. Ein
wichtiges Argument spricht für die Erschließung
der regenerativen Energie „BioErdgas“ – regional
und in größeren Mengen – und deren Verbreitung
über das Gasnetz: Dieser Weg ist für den Kunden
wesentlich billiger, als die Anschaffung von Solar-
kollektoren, Wärmepumpen oder anderer Anlagen
zur Erschließung regenerativer Energien.
Einspeisung von BioErdgas:
Projekte und Fortschritt
Seit einigen Monaten wird in Deutschland Bio-
Erdgas in das Gasnetz eingespeist. Die deutsche
Gaswirtschaft leistet damit einen wirksamen
Beitrag zur Bekämpfung der Klimaerwärmung und
zur Erreichung der Klimaschutzziele im Rahmen
des Kyoto-Protokolls. Trotz noch zahlreicher wirt-
schaftlicher und technischer Herausforderungen
beweisen die Pionieranlagen, dass es geht.
Erdgaskunden können so in Zukunft regenerative
Energie über ihren Gasanschluss beziehen. Im
letzten Jahr hat sich die deutsche Gaswirtschaft
im Rahmen des „Klimaschutz-Aktionsprogramms
2007“ verpflichtet, bis 2010 bis zu 10 % des Ab-
satzes an Erdgas als Kraftstoff durch BioErdgas zu
substituieren und diesen Anteil bis 2020 auf bis
zu 20 % zu erhöhen. Der BioErdgasmarkt soll wirt-
schaftlich ausgebaut werden. Ziel ist es, 2030 jähr-
lich 10 Milliarden m3 BioErdgas einzuspeisen.
BioErdgas-Markt: Herausforderungen
Herausforderungen gibt es noch entlang der
gesamten Nutzungskette von BioErdgas – bei
der Erzeugung der Biomasse, der Erzeugung und
Aufbereitung von Biogas sowie beim Transport
und der Vermarktung von BioErdgas bis hin zu
speziellen Absatzbereichen wie Kraft-Wärme-
Die Karte zeigt eine beispiel-
hafte Auswahl der deutschen
BioErdgas-Projekte sowie Ein-
speisestellen und -mengen.
Alle Angaben in Normkubik-
meter BioErdgas pro Stunde.
* Diese Anlagen befinden sich im Planungs- oder Erprobungsstadium und haben ihren Einspeise-betrieb noch nicht aufgenommen.
Werlteca. 340
Rathenowca. 500*
Ketzinca. 180*
Könnern/Halleca. 680*
Hardegsenca. 1000*
Straelenca. 550
Kerpenca. 550*
Darmstadtca. 150* Groß-Umstadt
ca. 150* Schwandorfca. 1000
Plieningca. 500Graben
ca. 500
Maihingenca. 500*Mühlacker
ca. 500
33 medium gas | 2008.1
4027 28 30 3129 33 3432 36 3735 38 39 41 42 43 44 45 47 4846 50 5149 52
kopplungsanlagen (KWK), Kraftfahrzeuge und
Heizanlagen. Aufgrund der vergleichsweise gerin-
gen Energiedichte und dem hohen Wassergehalt
der Biomasse ist eine langfristige Absicherung
des Biomasse-Bezugs unter wirtschaftlichen
Konditionen in unmittelbarer Nähe der Biogasan-
lage zwingend notwendig. Außerdem dürfen der
Anbau und die Düngung der Biomasse den Boden
und das Grundwasser nicht überlasten. Bei den
Aufbereitungsverfahren kann auf Erfahrungen aus
dem Ausland und der chemischen Industrie zu-
rückgegriffen werden. Die wesentlichen Verfahren
(Druckwechseladsorption, Druckwasserwäsche
und Aminwäsche) unterscheiden sich in ihrer
Effizienz, ihrem Personal- und Hilfsenergiebedarf
sowie in der Höhe der Verluste.
Die Anforderungen an das einzuspeisende BioErd-
gas richten sich nach der Vermischung im Netz. Als
„Austauschgas“ sind die Qualitätsansprüche höher
als für „Zusatzgas“. Damit ein signifikanter Anteil
eingespeist werden kann, hat BioErdgas in der Regel
die Anforderungen an „Austauschgas“ zu erfüllen.
Die Einspeisung von BioErdgasmengen kann be-
grenzt werden durch unzureichende Netzkapazitäten
oder auch durch fehlende Absatzmöglichkeiten in
KWK-Anlagen. Die Messung der BioErdgasmengen
gestaltet sich schwierig, da derzeit noch keine für
BioErdgas zugelassenen Messgeräte verfügbar
sind. In H-Gasgebieten kann die Beimischung
von geringen Mengen Flüssiggas notwendig sein,
um die im DVGW-Arbeitsblatt G 685 geforderten
Brennwertvorgaben einhalten zu können.
Der BioErdgasproduzent ist verantwortlich für die
Gasqualität. Er informiert sich beim Netzbetreiber
über verfügbare Netzkapazitäten. BioErdgas-
mengen werden – wie andere Gasmengen – von
einem „virtuellen Handelspunkt“ aus verkauft.
Der Netzbetreiber bilanziert die ein- und ausge-
speisten Mengen. Die Gasnetzzugangsverordnung
sieht abweichend von der üblichen 1-stündigen
Basisbilanzierung bei BioErdgas einen Bilanzie-
rungszeitraum von 12 Monaten vor.
Moderne Erdgas-/BioErdgas-Technologien
reduzieren die CO2-Emissionen nachhaltig
In Deutschland sind 1,9 Millionen Ölfeuerungs-
anlagen und 1,7 Millionen Gasfeuerungsanlagen
älter als 27 Jahre. Durch den Austausch mit mo-
dernen Erdgasanwendungen
und zukünftig mit BioErdgas-
anwendungen lassen sich
vergleichsweise einfach und
kosteneffizient erhebliche Ener-
gie- und Treibhausgasmengen
einsparen. Der Austausch eines
Standardkessels (vor 1978)
durch ein Erdgas-Brennwert-
gerät mit Solarunterstützung für
Warmwasser und Heizung kann
den Primärenergieverbrauch um
bis zu 50 Prozent senken. Die
Erdgas-Wärmepumpe ist ab ca.
30 kW auf dem Markt verfügbar;
Geräte mit kleineren Heizleis-
tungen werden voraussichtlich
in den nächsten Jahren angebo-
ten. Das Einsparpotenzial wird
noch größer, wenn in Zukunft
BioErdgas in Brennwertkesseln
und Wärmepumpen eingesetzt werden kann. Die
Gaswirtschaft setzt hohe Erwartungen in die re-
generative Energie BioErdgas und ist auch bereit
Risiken einzugehen. Auf diesem Weg benötigt sie
entsprechende politische Rahmenbedingungen.
Im Jahr 2007 hat die Bundesregierung mit dem
„Integrierten Energie- und Klimaprogramm“ ein
Gesetzespaket auf den Weg gebracht.
Ein wesentlicher Baustein ist das Erneuerbare-Ener-
gien-Wärmegesetz (EEWärmeG). Es soll den Anteil
Erneuerbarer Energien im Wärmemarkt erhöhen. Ab
2009 sollen Bauherren damit verpflichtet werden,
einen Teil des Wärmebedarfs über Erneuerbare
Energien zu decken. Bis jetzt steht jedoch noch
nicht fest, ob der Gebäudeeigentümer diese Pflicht
erfüllen kann, wenn er die Erneuerbare Energie
„BioErdgas“ zur Wärmeerzeugung nutzt.
Ihr Ansprechpartner
Reinhard SchülerPräsident der ASUE Arbeitsgemeinschaft
für sparsamen und umweltfreundlichen
Energieverbrauch e.V., Mitglied im Vor-
stand der Gasanstalt Kaiserslautern AG
Bismarckstraße 16
67655 Kaiserslautern
[email protected] | www.asue.de
Nutzungskette von BioErdgas:
Potenzial von Anfang bis Ende.
Quelle: ASUE
0
–18
–26
–40
–50
Sta
nd
ard
kess
el (
vor
19
78
)
Nie
der
tem
per
atu
rke
ssel
Erd
ga
s-B
ren
nw
ert
kess
el
Erd
ga
s-B
ren
nw
ert
kess
elm
it S
ola
ren
erg
ie (W
arm
wa
sser
)
Erd
ga
s-B
ren
nw
ert
kess
el m
it
So
lare
ner
gie
(Wa
rmw
ass
er
un
d H
eizu
ng
)
Erd
ga
s-W
ärm
ep
um
pe
Bio
erd
ga
s-B
ren
nw
ertk
ess
el
Bio
erd
ga
s-W
ärm
ep
um
pe
–50–50–50–50–50–50–50–50–50–50–50–50–50–50–50–50
mehr als –50
Reduktion von CO2-Emissionen durch moderne Erdgas-/ BioErdgas-Wärmeerzeuger
Angaben in %
Quelle: ASUE
34 Aktuell | Markt | Schwerpunkt | Umschau | Feature
24 2523 2615 16 172 3 21129 10 11 18 19 204 5 6 7 81 13 14 22
Erdgasspeicher im Wettbewerb
UGS weltweit, Verteilung des Arbeitsgasvolumens nach Regionen (Angaben in %)
Quelle: IGU 2006
35
2
19
2
42 Osteuropa (inkl. GUS)
Nord- und Südamerika
Asien
Westeuropa
Naher Osten
Die Entwicklung neuer Erdgasspeicherkapazitäten spielt eine entscheidende Rolle für die technische und kommerzielle Sicherung der Energieversorgung in Europa.
Immer noch gewährleisten Gasspeicher die
Sicherheit der Energieversorgung in Europa in
Zeiten saisonaler Verbrauchsschwankungen
oder Bezugsbeschränkungen. Aber Speicherpro-
dukte dienen zunehmend auch als den Gasmarkt
fördernde Flexibilitätsinstrumente. Sie stehen
dabei im Wettbewerb mit Flexibilitätsprodukten
anderer Anbieter, wie z. B. denen von Händlern,
Produzenten oder Netzbetreibern.
Traditionell gleichen Erdgasspeicher jahres-
zeitlich bedingte Nachfrageschwankungen aus.
Sie werden im Sommer gefüllt und ihr Volumen
wird im Winter aufgrund der erhöhten Nachfrage
reduziert. Darüber hinaus dienen Speicher der
Preisoptimierung, indem billiges Erdgas ein-
gespeist und in Zeiten höherer Preise aus dem
Speicher entnommen wird. Wichtigste Funktion
von Gasspeichern bleibt jedoch die Gewährleistung
der Versorgungssicherheit.
Aus unternehmerischer Perspektive ist die Versor-
gungssicherheit kein Selbstzweck, sondern dient
als Argument im Wettbewerb der Energieträger.
Das Vertrauen in die Attraktivität von Erdgas als
Energieträger kann beim Kunden nur erreicht
werden, wenn dieser sicher sein kann, dass das
Medium Erdgas, das auch im Wettbewerb zum beim
Kunden lagerbaren Erdöl steht, uneingeschränkt
verfügbar ist.
Die Internationale Energieagentur (IEA) definiert
Versorgungssicherheit als die „Minimierung der
Risiken einer Versorgungsunterbrechung auf ein
akzeptables Niveau.“ Die möglichen Risiken lassen
sich entsprechend ihrer Dauer kategorisieren: Zu
den kurzzeitigen Störungen zählen Versorgungs-
unterbrechungen, die aus technischen Problemen,
Unfällen oder extremen Witterungsbedingungen
resultieren. Längerfristige Störungsrisiken basie-
ren auf fehlenden Investitionen oder politisch bzw.
kommerziell motivierten Lieferstopps. Da die Län-
der, die besonders abhängig von Erdgasimporten
und anfällig für Versorgungsunterbrechungen sind,
nur ein Fünftel der weltweiten Speicherkapazitäten
auf sich vereinen, sind Erdgasspeicher gerade für
diese Regionen bedeutsam. In diesem Zusammen-
hang kommt den europäischen Regierungen eine
Schlüsselrolle bei der Schaffung bestmöglicher
Rahmenbedingungen und der Sicherstellung einer
eindeutigen politischen Richtung zu, unter denen
die Risiken für Investitionen in die Gasinfrastruktur
in einem marktwirtschaftlichen Umfeld unterneh-
merisch kalkulierbar und minimierbar sind.
Die Sicherung der Energieversorgung ist für das
Funktionieren der hoch entwickelten Industrie-
standorte Europas elementar. Die sinkende Erdgas-
förderung in Europa, vor allem in Großbritannien,
der zunehmende Importbedarf der Europäischen
Union (EU) und die Globalisierung des Erdgas-
marktes verschärfen den Wettbewerb um das
verfügbare Gas. Die Wettbewerbssituation für
Speicher ist vor allem dadurch gekennzeichnet,
dass die Produkte, die mit Gasspeicheranlagen
generiert werden, durch gleiche Produkte anderer
35 medium gas | 2008.1
4027 28 30 3129 33 3432 36 3735 38 39 41 42 43 44 45 47 4846 50 5149 52
Nation Arbeitsgasvolumen in Mrd. m³
Anzahl der Speicheranlagen
Jahr 2003 2006 2003 2006
Deutschland 18.900 19.068 43 44
Italien 17.300 17.415 10 10
Frankreich 11.633 11.643 15 15
Niederlande 4.750 5.000 3 3
Ungarn 3.610 3.610 5 5
Großbritannien 3.267 3.267 4 4
Tschechische Republik 2.801 2.891 8 8
Österreich 2.647 2.820 4 4
Slowakische Republik 2.341 2.198 4 2
Lettland 2.105 2.300 1 1
Spanien 1.990 1.981 2 2
Polen 1.572 1.556 6 6
Rumänien 1.470 2.300 5 5
Dänemark 815 820 2 2
Belgien 650 550 2 1
Bulgarien 500 500 1 1
Irland 100 210 1 1
Total 76.451 78.129 116 114
UGS in der EU-27 – Arbeitsgasvolumen und Anzahl der Speicheranlagen nach Ländern
Quelle: IGU, 2003, 2006
Speicheranlagen oder durch Produkte anderer Ak-
teure am Erdgasmarkt ersetzt werden können.
Darüber hinaus führt die zunehmende Libera-
lisierung des Gasmarktes zu einer steigenden
Nachfrage nach Speicherkapazitäten. Bei zahl-
reichen Speichernutzern mit unterschiedlichsten
Bedarfseinschätzungen und unterschiedlich
geprägten Intentionen für die Speicherung des
Erdgases wird im Vergleich zu einem einzigen
dominierenden Speichernutzer die Kapazitäts-
bedarfsplanung automatisch unschärfer. Auch
dadurch entsteht ein zusätzlicher Bedarf an neuer
Speicherkapazität. Investitionen in den Bau neuer
Speicheranlagen sind auch aus diesen Gründen
dringend notwendig.
Importabhängigkeit
Die Erdgasspeicherkapazität der EU beträgt rund
80 Mrd. m³. Deutschland, Italien und Frankreich
verfügen über fast zwei Drittel dieses Arbeits-
gasvolumens. Als große Erdgasverbraucher mit
sinkender Eigenproduktion sind diese drei Länder
besonders importabhängig. Importe decken schon
jetzt 80 Prozent ihres jährlichen Bedarfs. Großbri-
tannien und die Niederlande, die über lediglich
4,2 bzw. 6,4 Prozent des EU-Gasspeichervolumens
verfügen, konnten hingegen bislang saisonalen
und verbrauchsbedingten Nachfrageschwan-
kungen durch die flexible Steigerung oder Dros-
selung ihrer Produktion ausgleichen. Doch diese
Situation änderte sich aufgrund der sinkenden
Eigenproduktion rasant. Großbritannien wurde
2007 Netto-Gasimporteur und hat dadurch einen
wachsenden Bedarf an Speicherkapazitäten, was
Auswirkungen auf den gesamten europäischen
Speichermarkt zeigt.
Angaben der International Gas Union (IGU) zufolge
verfügte Deutschland im Jahr 2006 über 44 Spei-
cheranlagen mit einem Arbeitsgasvolumen von
19,1 Mrd. m³. Diese Speicheranlagen werden von
20 Speicherunternehmen betrieben. In Deutschland
entsprechen die vorhandenen Speicherkapazitäten
20 Prozent des Jahresverbrauchs. Doch erfordert
eine steigende Nachfrage nach Erdgas auch mehr
Speicherkapazitäten. Außerdem erhöht die zu-
nehmende Entfernung der Bezugsquellen von den
Verbrauchermärkten das Risiko einer gesicherten
Erdgasversorgung Europas. Die verbrauchsnahe
Gasspeicherung und die Entwicklung neuer Spei-
cherkapazitäten sind daher entscheidend für die
technische und kommerzielle Sicherung der euro-
päischen Energieversorgung. Nach Schätzungen
von Gas Storage Europe (GSE) kann Europas
Speichervolumen bis zum Jahr 2015 um 30 Mrd. m³
erweitert werden. Das niederländische Clingen-
dael-Institut sagt bei einem jährlichen Wachstum
des Gasbedarfs in Europa von zwei Prozent einen
zusätzlichen Speicherkapazitätsbedarf von jährlich
3 Mrd. m³ bis 2025 voraus. Spätestens 2030 wird
die europaweite Importabhängigkeit 80 Prozent
erreichen. Doch setzen die dringend notwendigen
Investitionen in den Bau neuer Speicheranlagen
stabile regulatorische Rahmenbedingungen vo-
raus. Nur durch einen stabilen, transparenten
und vorhersehbaren Regulierungsrahmen kann
das Vertrauen potenzieller Investoren in den Erd-
gasspeichermarkt gefördert werden.
Bernd Protze, Leiter Speicherportfolio bei
der VNG; Gordon Gerisch, Assistent Strategische
Koordinierung bei der VNG
Bernd Protze
Gordon Gerisch
36 Aktuell | Markt | Schwerpunkt | Umschau | Feature
24 2523 2615 16 172 3 21129 10 11 18 19 204 5 6 7 81 13 14 22
Meilenstein Kooperationsvereinbarung II – IT-Trends für Gasnetz und GashandelNach der Kooperationsvereinbarung II, die Bundesnetzagentur und Gaswirtschaft im Juni 2007 auf den Weg gebracht haben,
waren weit reichende Änderungen beim Netzzugangsmodell Gas notwendig. Die Anbieter sahen sich vor der schwierigen
Aufgabe, ihre Logistikprozesse an die veränderten Rahmenbedingungen anzupassen. So mussten beispielsweise Abwick-
lungsprozesse entflechtet und neue IT- und Dienstleistungsprodukte eingeführt werden.
Dr. Peter Heine, Geschäftsführer der ECG Erdgas-Consult GmbH weiß, dass vor diesem Hintergrund eine einheitliche IT-Infra-
struktur längst zum Erfolgsfaktor im Wettbewerb geworden ist.
Mit dem 1. Oktober 2007 erreichte
der deutsche Gasmarkt einen Mei-
lenstein: das Zweivertragsmodell
wurde mit der neuen Kooperati-
onsvereinbarung II der deutschen
Gaswirtschaft zur verbindlichen
Geschäftsgrundlage. Diese Verän-
derungen betreffen Gasnetz- und
Speicherbetreiber genauso wie
Endkundenversorger und Gashänd-
ler. Auch in diesem Jahr stehen
eine Reihe von Änderungen an,
wie Marktgebiets-Kooperation
und damit höhere Marktliquidität,
Tagesbilanzierung, Ausgleichs-
energiemarkt und GeLi Gas (Ge-
schäftsprozesse Lieferantenwechsel). Die IT ist
dabei ein kritischer Erfolgsfaktor, denn die Anfor-
derungen des liberalisierten Gasmarktes müssen
in Softwaresystemen abgebildet werden.
Geschäftsprozesse vorher definieren
Aus Entflechtung und Marktgebietsbildung resul-
tieren neue Marktrollen, für die unternehmerische
Strukturen und zahlreiche Abläufe angepasst oder
neu initiiert werden. Das erforderte auch eine
Umgestaltung der Prozesse und der IT. Aufgrund
der gesetzlichen Vorgaben auf der Netzseite und
der Wettbewerbssituation im Handel sind die
Geschäftsabläufe für den Gasmarkt mittlerweile
sehr komplex. Wettbewerbsvorteile generieren
nur die Unternehmen, die ihre Geschäftsmodelle
und Prozesse vorher genau definieren, um sie
danach mittels Software-Systemen gezielt zu
automatisieren.
Modulare Systeme in Gashandel und -vertrieb
Auf der Handelsseite sind u. a. folgende Themen
von Bedeutung:
• Gaslieferung und Gashandel an vir tuellen
Punkten,
• Nominierungsprozesse zur Beschäftigung von
Bilanzkreisen und Bezügen,
• Führen von Bilanzkreisverträgen inkl. Markt-
gebietsübergänge und Sub-Bilanzkreise,
• Beschaffung und Verarbeitung von Endkunden-
daten per Messung, Standard-Lastprofil oder
Prognose,
• Abwicklung von Endkundenbelieferung und
entsprechenden Versorgerwechsel.
Je mehr Endkundengeschäft ein Gasversorger
hat, desto ähnlicher sind Prozesse und IT mit der
Strombranche. Querverbundunternehmen, die auf
Erfahrungen in ihrer Stromsparte zurückgreifen
können, haben gegenüber reinen Gasversorgern
daher einen Vorteil. Marktführer im Endkundenge-
schäft sind die Produkte der Firma SAP. Sie werden
auch zukünftig das Maß der Dinge sein.
Upstream benötigen aktive Gashändler spezi-
fische Systemkomponenten für Logistikprozesse,
Gashandel, Portfolio- und Risikomanagement.
Aufgrund von Marktdynamik, Projektlaufzeiten und
Komplexität ist ein modularer, service-orientierter
Systemansatz sinnvoll.
Ganzheitliche Lösungen im Netzbereich
Auf der Netzseite wird das Geschäftsmodell im
Wesentlichen durch die Kooperationsverein-
barung II und ihre Leitfäden vorgegeben. Neue
Konstrukte und Prozesse, wie z. B. Netzbetrei-
Dr. Peter Heine, Geschäfts-
führer der ECG Erdgas-Consult
GmbH, Leipzig.
Foto: Christoph Busse
37 medium gas | 2008.1
4027 28 30 3129 33 3432 36 3735 38 39 41 42 43 44 45 47 4846 50 5149 52
berbilanzkreise und Regelenergiebeschaffung,
erfordern neue IT-Lösungen. So sind für Kapa-
zitäts- und Bilanzkreis- und Ausgleichsenergie-
management leistungsstarke Softwaresysteme
notwendig. Im Netzbereich geht der Trend zu
Lösungen, die über Modularisierung Wer t-
schöpfungsteilung und Netz-Kooperationen
ermöglichen. Dies ist auch eine wesentliche
systemtechnische Grundlage für die Bildung
größerer Marktgebiete mit mehreren Transport-
netzbetreibern.
Wachstumschancen für Service-Anbieter
Die Bundesnetzagentur fordert von den Unter-
nehmen eine möglichst zeitnahe Umsetzung der
gesetzlichen Anforderungen, für die GeLi Gas
ist das z. B. der 01.08.2008. Da gerade kleinere
Unternehmen diese Herausforderungen in der
Regel nicht alleine bewältigen können, müssen sie
verstärkt auf externe Dienstleister zurückgreifen.
Solchen Service-Anbietern können aufwändige
Systemfunktionen (z. B. Nominierungsmanage-
ment) kostengünstig per Service-Pauschale zur
Verfügung gestellt werden. Beispiel für ein solches
Dienstleistungsprodukt ist caplog-x. Mit dieser
Dienstleistung werden bspw. für Gashändler
(zukünftig sogar geeichte) Messdaten ihrer Gas-
lieferung im Drei-Minuten-Takt abgefragt, damit
automatisch bilanziert und resultierende Mengen
bei Lieferanten, Netz- und Speicherbetreibern
nominiert.
Trend zu IT-gestützten Plattformen
Ein weiterer Trend im Energiemarkt sind Internet-
Plattformen, die eine Mittlerfunktion zwischen
den einzelnen Marktteilnehmern übernehmen.
Die Plattformen bieten dabei für spezifische
Gasprodukte ähnliche Funktionen wie große
Internetmarktplätze. So können Händler unter
www.trac-x.de und www.store-x.net Transport-
bzw. Speicher-Kapazitäten wie bei ebay verstei-
gern.Speicherkapazitäten finden mittlerweile an
virtuellen Handelspunkten über store-x „reißenden
Absatz“. Beispiel für eine richtungsweisende
Plattform auf der Netzseite ist www.marktgebiete.
com, auf der Transportkunden ihre Kapazitäten für
die Netzgebiete von ONTRAS, BEB und weiterer
Übertragungsnetzbetreiber buchen können.
Den richtigen Zeitpunkt abpassen
Der Wettbewerb im deutschen Gasmarkt fordert
von allen Marktteilnehmern eine kontinuierliche
Anpassung ihrer Geschäftsprozesse. Die Um-
setzung, vor allem der IT-gestützten Prozesse,
muss dabei in immer kürzeren Zeiträumen erfol-
gen. Dennoch sollten die Investitionen in neue
Software-Lösungen – egal für welche Marktrolle
– mit Augenmaß getroffen werden. Ein großes
Standard-Handelssystem für drei Millionen Euro
und mit 20 Systembetreuern passt nicht auf jedes
Portfolio. In jeder Hinsicht muss die IT im Einklang
mit der beabsichtigten Marktpositionierung stehen
und mit den eigenen personellen Möglichkeiten
korrespondieren. Prozesse sollten erst dann mittels
IT-Systemen automatisiert werden, wenn Klarheit
über das eigene Geschäftsmodell und die daraus
resultierenden Geschäftsprozesse besteht. Das
gilt erst recht, wenn diese neu sind.
Dynamik von Regulierung, Marktentwicklung und
eigenem Geschäftsmodell sollten sich in Projek-
tierung und Projektmanagement der IT-Projekte
niederschlagen. Es ist zweckmäßig, Projekte
mit kurzen, aufeinander folgenden Phasen zu
definieren, in denen sich Vertragsgrundlagen,
Ablauforganisation und IT parallel entwickeln.
Dazu gehört neben einem kompetenten Team im
eigenen Haus ein geeigneter Dienstleister mit
fachlicher und technischer Expertise.
Konsistente, dem Vertrag entsprechende Stammdaten sind die Grundlage
der automatisierten Prozesse aller Marktrollen im Gasmarkt.
Handelsvertrags-
management
Speichervertrags-
management
Transportvertrags-
management
Speicherkopplungs-verträge
Netzkopplungs-verträge
Interne Bestellung
Speicherverträge Transportverträge
Lieferverträge Bezugsverträge
38 Aktuell | Markt | Schwerpunkt | Umschau | Feature
24 2523 2615 16 172 3 21129 10 11 18 19 204 5 6 7 81 13 14 22
E-world 2008
VNG-Gruppe stellt neue Dienstleistungsangebote vorVom 19. bis 21. Februar öffnete die E-world in Essen wieder ihre Pforten für die Branchenkenner der
Energiewirtschaft. Die VNG-Gruppe präsentierte sich auf ihrem Messestand mit vielen interessanten
Angeboten, die Anlass zu fruchtbaren Gesprächen gaben.
Gasverkäufer ziehen positive Bilanz
Für den Gasverkauf der VNG gilt die E-world seit
langem als größte Kontaktbörse, auf der eine
enorme Verhandlungsdichte möglich ist. In diesem
Jahr war vor allem eine große Nachfrage nach
Gaslieferungsangeboten spürbar, die sich nicht
nur auf alle Marktgebiete in Deutschland bezog,
sondern auch viele europäische Standorte be-
traf. In vielen interessanten Gesprächen wurden
neue Kontakte geknüpft sowie Lieferangebote
mit potenziellen in- und ausländischen Kunden
besprochen.
v.l.n.r.: Marcel Malcher, Vertriebsleiter der Energieversorgung Offenbach AG, Wolfgang Eschment, ehemaliger Vorstand der VNG, Dirk Fieml, Mitglied des Vorstands
der N-Ergie Aktiengesellschaft und Dr. Gerhard Holtmeier, Vorstand Gasverkauf/Technik bei der VNG.
39 medium gas | 2008.1
4027 28 30 3129 33 3432 36 3735 38 39 41 42 43 44 45 47 4846 50 5149 52
Auch zum Dienstleistungsangebot der VNG gab es
zahlreiche Gespräche. Hier wurde deutlich, dass
Kunden und potenzielle Kunden unser breites
Spektrum an technisch und werblich orientierten
Marketingdienstleistungen schätzen. Besonderen
Nutzen sehen die Gesprächspartner in unserer Nähe
zum Kerngeschäft und zum Markt unserer Kunden.
Die Nutzung der vorhandenen Besprechungsräume,
für Angebots- und Vertragsverhandlungen, sparte
viele der sonst anfallenden Besuchstermine und
war auch für die Kunden der VNG sehr effizient.
Töchterfirmen der VNG mit neuen Angeboten
Die ECG Erdgas-Consult GmbH als spezialisierter
Anbieter von Software und Beratungsleistungen
im Energiebereich stellte ihr Prozess-Know-how
sowie erste Systemkomponenten für die Speicher-
vermarktung (MTS SSO) vor. Großes Interesse
bestand an der von ECG entwickelten Prozess-
dienstleistung caplog-x.
Bei ONTRAS stand neben der gemeinsamen
Marktgebietekooperationsplattform mit der
BEB, DONG, StatoilHydro und ExxonMobil unter
www. marktgebiete.com auch die marktgebiets-
übergreifende Bilanzierung im Mittelpunkt. ONTRAS
und BEB bieten gemeinsam seit dem 01.10.2007
als erste Unternehmen in der deutschen Gaswirt-
schaft die marktgebietsübergreifende Saldierung
von Strukturmengen aus den Bilanzkreisen der
beiden Marktgebiete an. Den Transportkunden wird
hiermit zusätzliche Flexibilität beim Gastransport
zur Verfügung gestellt.
Erstmalig war auch die ENERGIEUNION AG auf dem
Stand der VNG-Gruppe vertreten. Der Schweriner
Energiehändler zeigte sich mit seinen Leistungen
rund um eine strukturierte Beschaffung von Energie
und informierte über die zum 1.12.2007 erfolgte
Einbindung der VNG-Gashandelsplattform acset-x
in ihrem Portal.
Mandy Nickel, Redaktion
André Burkhardt, Leiter Gasverkauf Industrie- und Geschäftskunden der VNG, im Gespräch mit Dr. Andreas Seebach, Geschäftsführer von bmp
greengas | Dr. Stephan Krein, Bereich Gasverkauf Industrie- und Geschäftskunden der VNG, im Gespräch mit Thomas Schneider von Dong Energy.
Olaf Schneider (li.) hat am 1. Januar 2008 den Bereich Gasverkauf Versorgungsunternehmen bei der VNG übernommen. Hier im Gespräch mit Uwe Gradel
von E.ON edis. | Sascha Gering (re., ECG) erklärt Grit Burkert und Dr. Thomas Heider von der KOM-STROM AG die Prozessdienstleistung caplog-x.
40 Aktuell | Markt | Schwerpunkt | Umschau | Feature
24 2523 2615 16 172 3 21129 10 11 18 19 204 5 6 7 81 13 14 22
Anreizregulierung berücksichtigt ostdeutsche Realitäten nur ungenügend
VfkE-Veranstaltung: Regulierung und kommunale EnergieversorgungAuf Einladung des Verbundnetzes für kommunale Energie (VfkE) diskutierten am 20. November 2007 in Potsdam
150 Kommunalpolitiker, Vorstände und Geschäftsführer kommunaler Unternehmen mit Experten aus der Bundes-
und Landespolitik zum Thema „Regulierung und kommunale Energieversorgung“.
Diskussionsgrundlage der Veranstaltung war ein
im Vorfeld verfasstes Diskussions- und Thesen-
papier des Städte- und Gemeindebundes (StGB),
der ostdeutschen Landesgruppen des Verbandes
kommunaler Unternehmen (VKU) und des VfkE.
Darin belegen sie, dass die Verordnung zur An-
reizregulierung wesentliche strukturelle Beson-
derheiten in den ostdeutschen Bundesländern
nicht ausreichend berücksichtigt. Im Rahmen des
umfassenden Diskussionsforums wurde auf den
Bedarf an Änderungen hingewiesen, um erhebliche
Nachteile von ostdeutschen Städten und deren
Stadtwerken abzuwenden.
Hauptredner der Veranstaltung, Matthias Kurth,
Präsident der Bundesnetzagentur, unterstrich
in seinem Vortrag über die Auswirkungen der
geplanten Anreizregulierung auf kommunale Ver-
sorger, dass mehr Wettbewerb im Energiemarkt
den Stadtwerken auch Chancen biete. Kritisch
entgegnete der Geschäftsführer des Städte- und
Gemeindebundes Karl-Ludwig Böttcher, dass
es der falsche Weg sei, einerseits Versorgungs-
sicherheit zu fordern und andererseits die Inves-
titionsmöglichkeiten der Unternehmen für die
Zukunft zu beschränken. Letztlich würden die
kommunalen Energieunternehmen und damit
auch die Bürger mit höheren Kosten belastet. Es
sei eine Illusion, wenn Bundes- und Landespolitik
den Bürgern vorgaukelten, dass die Netz- und
die neue Anreizregulierung zu einer nennens-
werten Verringerung der Energiepreise führten.
Die Verordnung zur Anreizregulierung münde bei
vielen ostdeutschen kommunalen Unternehmen
unverschuldet in Ertragsminderungen. Allgemein
anerkannte Vorleistungen bei Investitionen und
der Steigerung der betrieblichen Effizienz würden
nur unzureichend berücksichtigt. Gefordert wird
ein eigener Effizienzvergleich für die ostdeutschen
Netzbetreiber. Andernfalls würden die sinkenden
Erlöse aus dem Netzbetrieb spürbar zu Lasten der
Investitionsfähigkeit vieler kommunaler Stadt-
werke gehen.
Ertragsminderungen, so stellte Hubert Handke,
Bürgermeister der Stadt Bernau und Mitglied
der Koordinierungsgruppe des VfkE fest, hätten
in Ostdeutschland nicht nur eine betriebswirt-
schaftliche, sondern auch eine gesellschafts-
politische Dimension. Kommunale Haushalte
in Ostdeutschland würden im Durchschnitt nur
zu knapp 40 Prozent aus eigenen Einnahmen
gespeist. In Westdeutschland sei der Eigenanteil
der Kommunen am Haushalt mit durchschnittlich
70 Prozent fast doppelt so hoch. Bei den Steuer-
einnahmen sei es genau umgekehrt. Hier liege
das Pro-Kopf- Aufkommen in Westdeutschland
doppelt so hoch wie in den neuen Ländern.
Handke wies darauf hin, dass geringere Erträ-
ge die bereits jetzt ungenügende kommunale
Haushaltsausstattung weiter verschlechtern
würden. Ein weiterer wichtiger Punkt der An-
reizregulierung sind Wege zur Erhöhung der
Eff izienz. Wichtige Instrumente dafür seien
interkommunale Kooperationen sowie die Zusam-
menarbeit bei energienahen Dienstleistungen.
Dr. Gerhard Holtmeier, Vorstandsmitglied der
VNG – Verbundnetz Gas AG aus Leipzig verwies
darauf, dass die VNG als unabhängiger und inter-
national tätiger Importeur von Erdgas gerade auch
seinen kommunalen Kunden Leistungen anbiete,
die diese selbst nicht oder nur mit erheblichem
Aufwand übernehmen könnten. Dies sei ein
möglicher Beitrag zur Kostensenkung.
41 medium gas | 2008.1
4027 28 30 3129 33 3432 36 3735 38 39 41 42 43 44 45 47 4846 50 5149 52
Weitere Standpunkte zur AnreizregulierungDr. Wolfgang Krüger, Staatssekretär im Branden-
burger Wirtschaftsministerium: Ob zwischen Ost
und West strukturelle Unterschiede im Bereich der
Gas- und Stromversorgung bestehen, betrachtet
Krüger als irrelevant. Strukturelle Besonderheiten
gäbe es deutschlandweit und diese seien wie
auch die demograf ische Entwicklung in der
Verordnung ausreichend berücksichtigt worden.
Damit sei ein bundesweiter Effizienzvergleich
objektiv möglich. Krüger sei überzeugt, „dass
mit der vorliegenden Verordnung zur Anreizregu-
lierung ein nutzbringender Kompromiss gelungen
ist zwischen den Interessen der Netzbetreiber
einerseits und dem Ziel einer preisgünstigen
effizienten und sicheren Gas- und Stromversor-
gung andererseits“.
Matthias Kurth, Präsident der Bundesnetz-
agentur: Widerspricht dem Eindruck, dass
Energieversorger in Ostdeutschland für die
Anreizregulierung schlechtere Startbedingungen
haben. Es gäbe in jeder Größenordnung „sehr
effiziente und sehr ineffiziente Unternehmen“,
sowohl in Ost als auch in West. Die Sonderfak-
toren des Ostens müssten erst einmal ermittelt
werden und seien nicht pauschal für den ganzen
Osten gleich.
Dr. Anke Tuschek, Geschäftsführerin der Stadt-
werke Leipzig: Als Sprecherin für das Forum Erdgas
stimmte Dr. Tuschek dem Diskussionspapier zu. Sie
kritisierte, dass die Politik mit ihren Aussagen zu
den Wirkungen der Netzregulierung falsche Erwar-
tungen geweckt habe. Das Ziel, mehr Wettbewerb
auch bei den Betreibern der Netze zu erreichen,
sei richtig. Die Netzkosten hätten jedoch an den
Energiekosten den kleineren Anteil. Deshalb
würden sich Reduzierungen auf den Gesamtpreis
nur marginal auswirken.
Torsten Maus – Geschäftsführer EWE Netz: Die
Anreizregulierung bringe „mehr Reiz als Anreiz“.
Der wachsende Kostendruck führt zu einer Arbeit
mit einfacheren Netzstrukturen, ein Zurückfah-
ren der Maßnahmen am Netz auf das gesetzlich
geforderte Mindestmaß, Abstriche bei der Ver-
sorgungsqualität, das Streichen von Arbeitsplät-
zen, die Umgestaltung der Zusammenarbeit mit
Dienstleistern und fehlendes Geld für Investitionen.
Damit gefährde die Anreizregulierung den hohen
Standard der Versorgungssicherheit.
Im Ergebnis der Konferenz in Potsdam hat die Koor-
dinierungsgruppe des „Verbundnetz für kommunale
Energie“ das gemeinsame Diskussionspapier an die
politischen Entscheidungsträger übermittelt. Darü-
ber hinaus soll der Dialog mit der Politik intensiviert
werden. Mindestens einmal jährlich werden die Er-
gebnisse und Auswirkungen der Regulierung für die
ostdeutschen Kommunen und deren Unternehmen
analysiert. Die Bestandsaufnahme erfolgt durch
die am Thesenpapier beteiligten ostdeutschen
Spitzenverbände der Städte und Gemeinden, die
ostdeutschen Landesgruppen des VKU und VfkE.
Gleichzeitig wird man sich weiter dafür engagieren,
die Forderungen nach einer differenzierten, den
ostdeutschen Realitäten Rechnung tragenden
Regulierung durchzusetzen. Vor allem Vorstän-
de und Geschäftsführer kleinerer und mittlerer
kommunaler Versorger beteiligten sich nahezu
vollständig. Hier scheint der höchste Bedarf an In-
formationen und Unterstützung zu liegen. Mit dem
Präsidenten der Bundesnetzagentur Matthias Kurth
sowie den beiden Wirtschaftsstaatssekretären aus
Brandenburg, Dr. Wolfgang Krüger, und Sachsen-
Anhalt, Thomas Pleye, wurde die Veranstaltung
von energiepolitischen Entscheidungsträgern
begleitet. Ihre Anwesenheit unterstreicht einen
gemeinsamen Dialog über spezifische Probleme
der Kommunen in Ostdeutschland. Auch in diesem
Jahr wird das VfkE eine Konferenz dieser Größen-
ordnung veranstalten, in deren Mittelpunkt wieder
ein Thema mit hoher kommunalwirtschaftlicher
Brisanz stehen wird.
Sindy Lohse, VNG, Unternehmenskommunikation
Erläuterte die Anreizregulie-
rung aus Sicht der Bundes-
netzagentur: Matthias Kurth.
42 Aktuell | Markt | Schwerpunkt | Umschau | Feature
24 2523 2615 16 172 3 21129 10 11 18 19 204 5 6 7 81 13 14 22
Kooperationsverbund Leiconet
Fünf Partner vereinen ihre ServicedienstleistungenIm Herbst 2007 haben sich fünf Unternehmen aus der Energie-, Versorgungs- und Telekommunikati-
onsbranche zum neuen Kooperationsverbund Leiconet zusammengeschlossen. Die Projektpartner,
unter ihnen auch die VNG, versprechen technische Servicedienstleistungen aus einer Hand.
Das Problem ist altbekannt – technische Anla-
gen und Geräte benötigen für eine zuverlässige
und sichere Funktionsweise eine technische
Überprüfung, müssen hin und wieder sogar
repariert werden. Dann ruft man den Elektriker
für die Steckdose, den Schornsteinfeger für die
Heizungsanlage oder den Installateur für den
Gasherd. Für jede Anlage ein anderer Ansprech-
partner.
Das geht auch einfacher, dachten sich die fünf
Unternehmen GDMcom – Gesellschaft für Doku-
mentation und Telekommunikation mbH (Leipzig),
MAX STREICHER GmbH & Co. KG a. A. (Deggendorf),
RAKW Service GmbH & Co. KG (Wildau), VORWERK
Pipeline- und Anlagenservice GmbH (Halle) und
VNG – Verbundnetz Gas Aktiengesellschaft (Leip-
zig). Sie arbeiten bereits seit mehreren Jahren auf
dem Gebiet der Energieversorgung zusammen und
kennen sich mit der wirtschaftlichen Betriebsfüh-
rung von Netzen, Anlagen und Infrastrukturen
bestens aus.
Mit der Gründung von Leiconet bündeln alle fünf
Unternehmen ihr Know-how. Dadurch können sie
ihren Kunden ein komplettes Dienstleistungspaket
anbieten – angefangen bei ingenieurtechnischen
Leistungen über die Betriebsführung mit Leitstel-
lenfunktion bis hin zum kompletten Sicherheits-
management.
Technische Aufgaben an einen Dienstleister wie Leiconet auszulagern, hat für die Kunden zweierlei Vorteile: Kostenersparnis und Rückbesinnung auf das
eigentliche Kerngeschäft.
43 medium gas | 2008.1
4027 28 30 3129 33 3432 36 3735 38 39 41 42 43 44 45 47 4846 50 5149 52
Dezentrale Servicestruktur sichert
schnelle Reaktionszeiten
Das Gemeinschaftsprojekt ist in Deutschland
bisher einzigartig. Leiconet kann im Verbund alle
Leistungen rund um die technische Betriebsfüh-
rung von Versorgungsanlagen erbringen – deutsch-
landweit. „Durch die Vielzahl der Niederlassungen
der fünf Kooperationspartner ist jederzeit die
individuelle Nähe zum Kunden gegeben. Das ist
gerade dann besonders wichtig, wenn wir bei-
spielsweise für ein Versorgungsunternehmen den
Bereitschaftsdienst übernommen haben“, erläutert
Dietmar Hartwig vom Netzservice der VNG.
Zeit- und Kostenersparnis bei der
technischen Sicherheit
Dass sich durch die Synergieeffekte im Leiconet-
Verbund auch Kostenersparnisse ergeben, die
an den Kunden weiter gegeben werden, liegt auf
der Hand. Vor allem für Unternehmen aus dem
Kleingewerbe (z. B. Bäckereien) oder für Betreiber
chemischer Anlagen können sich die technischen
Serviceleistungen lohnen. Maximilian Hofmann,
Geschäftsbereichsleiter Rohrleitungsbau von der
Firma STREICHER, erklärt warum: „Viele Kunden,
für die die Energielieferung nicht zum Kernge-
schäft gehört, wissen gar nicht, welche Kosten
beim Betrieb von Anlagen entstehen, weil die
Infrastrukturanlagen zu komplex sind. In solchen
Ganz gleich ob Planen, Bauen, Betreiben oder Dokumentieren – Leiconet bietet umfassende technische Dienstleistungen für alle Versorgungsmedien an. Bei einer
Betriebsführung mit Leitstellenfunktion werden die Netzdaten durch Leiconet überwacht und ein 24-Stunden-Bereitschaftsdienst ermöglicht. Foto links: Christoph Busse
Fällen kann Leiconet eine Betriebskostenanalyse
durchführen und damit dem Unternehmen Wege
aufzeigen, wie die Kosten für Ver- und Entsor-
gungsnetze gesenkt werden können.“
Rund-um-Service für alle Versorgungsmedien
Dabei setzt Leiconet auf Serviceleistungen für
alle Versorgungsmedien. Das ist möglich, weil die
Leiconet-Partner über langjährige Erfahrungen auf
dem Gebiet der Medien Erdgas, Wasser/Abwasser,
Flüssigprodukte und Fernwärme sowie Strom ver-
fügen. Betreiber von komplexen Industrieanlagen,
wo in der Regel eine Vielzahl an Flüssigkeiten und
Gasen zum Einsatz kommen, profitieren deshalb
von Leiconet in besonderer Weise. Statt einen
Techniker für die Ölanlagen, einen Elektriker für
die Stromversorgung und einen Fachmann für den
Wasserkreislauf mit der Wartung zu beauftragen,
können diese Leistungen einheitlich von Leiconet
erbracht werden. Selbst für die Versorgungsmedien
Fernwärme, Abwasser und Telekommunikation bie-
tet Leiconet technische Dienstleistungen an. Auch
Regionalversorgern, Stadtwerken oder kommunalen
Betrieben steht Leiconet bei allen Fragen des Be-
triebs von Versorgungseinrichtungen zur Verfügung,
ganz gleich ob sie nach individuellen Einzellösungen
für technische Aufgaben suchen oder den Betrieb
ganzer Gewerke auslagern wollen.
Mandy Nickel, Redaktion
44 Aktuell | Markt | Schwerpunkt | Umschau | Feature
24 2523 2615 16 172 3 21129 10 11 18 19 204 5 6 7 81 13 14 22
Orbital-Laser-MSG-Hybridschweißen für RohrverbindungenHybride-Prozesse versprechen neue Perspektiven im Pipelinebau – die VNG – Verbundnetz Gas AG fördert Forschungsprojekt der SLV Halle GmbH.
Herkömmliche Technik stößt an Grenzen
Seit Jahren kommen beim Verschweißen von Groß-
rohren für Erdöl- und Erdgasleitungen erprobte
und bewährte Lichtbogenverfahren zur Anwen-
dung. Die Verfahrenspalette reicht dabei vom
Lichtbogenhandschweißen mit Stabelektroden
bis zum Einsatz von so genannten Orbitalschweiß-
anlagen, welche mit dem Metall-Aktivgas-Ver-
fahren (MAG) arbeiten. Wenn Leitungslänge und
Geländeprofil es gestatten, kommen diese auch in
größerer Anzahl gleichzeitig zum Einsatz, wobei
jede der einzelnen Stationen für das Schweißen
von ein oder zwei Lagen konzipiert ist und dann
zum nächsten Rohrstoß verbracht wird, um dort
die gleiche Schweißnaht herzustellen. Derartige
Fertigungskomplexe mit mehreren Schweißköpfen
je Anlage repräsentieren sowohl einen hohen
gerätetechnischen als auch schweißtechnolo-
gischen Entwicklungsstand. Jedoch sind sie auch
mit hohem personellen und anlagentechnischen
Aufwand verbunden und die physikalischen
Grenzen der Lichtbogenprozesse lassen kaum
eine Leistungssteigerung zu.
Orbitaltechnik zum Laser-MSG-Hybridschweißen. Orbitaltechnik mit Hybridschweißkopf während der Erprobung.
45 medium gas | 2008.1
4027 28 30 3129 33 3432 36 3735 38 39 41 42 43 44 45 47 4846 50 5149 52
Moderne Laserstrahlquellen
sorgen für Mobilität
Strahlquellen der jüngsten Generation, so genannte
Faserlaser, weisen nicht nur Leistungsbereiche im
zweistelligen kW-Bereich auf, sondern zeichnen
sich zudem durch eine robuste und kompakte Bau-
form aus. In Verbindung mit einem sehr hohen Wir-
kungsgrad und einer hervorragenden Strahlqualität
sind sie damit – im Gegensatz zu konventionellen
Laserstrahlquellen (Gas- und Festkörperlaser) des
aktuellen Entwicklungsstandes – hervorragend
für den mobilen Einsatz geeignet.
Laser-MSG-Hybridschweißen
bietet neue Perspektiven
Gerade angesichts des zunehmenden Augenmerks
auf eine künftig tragfähige Energieversorgung
in Deutschland und Europa stellt sich die Frage
nach neuen und leistungsfähigen Technologien
im Rohrleitungsbau, um dem künftig steigenden
Bedarf nachhaltig gerecht werden zu können.
Einen für die Zukunft Erfolg versprechenden Weg stellt
die Anwendung des Laser-MSG-Hybridschweißens
dar. Hier werden beide Prozesse so miteinander
gekoppelt, dass Laserstrahl und Lichtbogen in
einem gemeinsamen Schmelzbad wirken. Das
Ergebnis ist dabei weit mehr als nur die einfache
Addition beider Energiequellen und des einge-
brachten Zusatzwerkstoffes. Vielmehr bewirken
resultierende Synergieeffekte, dass die Vorteile
beider Einzelprozesse erhalten und verstärkt wer-
den. So entsteht ein Nahtprofil, welches ähnlich
tief wie beim Laserstrahlschweißen ist, aber eine
deutlich bessere Spaltüberbrückbarkeit aufweist.
Reduzierung der Lagenzahl führt
zu wirtschaftlichen Effekten
Bei größeren Blechdicken sind die Vorteile des
neuen Verfahrens nicht vordergründig im Bereich
der Schweißgeschwindigkeit zu sehen, sondern
vielmehr in der Möglichkeit zur Reduzierung der
Lagenzahl und der stabilen Wurzelausbildung.
Dadurch entfällt die Notwendigkeit zum Schwei-
ßen der Gegenlage im Rohrinneren. Ein spezielles
Nahtprofil mit wesentlich größerer Steghöhe redu-
ziert den verbleibenden Nahtquerschnitt. Darüber
hinaus gewährleistet die hohe Energiedichte im
Schmelzbad, dass beim Fallnahtschweißen die
bei Lichtbogenverfahren bestehende Bindefeh-
lerproblematik als potenzielle Fehlerquelle ver-
nachlässigt werden kann.
Praxiserprobung ist nächster
Entwicklungsschritt
Die weiterführenden Arbeiten konzentrieren sich
derzeit neben Optimierungsmaßnahmen auf die
Vorbereitung einer Erprobung im praxisnahen
Umfeld, also das Hybridschweißen von Rohr-
schüssen unter Baustellenbedingungen und
unter Nutzung der branchentypischen Ausrüs-
tung für das mechanisierte Verschweißen von
Großrohren.
Mit der Unterstützung dieser Entwicklungsarbeiten
leistet die VNG zielgerichtet einen wichtigen Bei-
trag zur Einführung innovativer Technologien im
Rohrleitungsbau.
Dr. Martin Ströfer, Leiter der Schweißtechnischen
Lehr- und Versuchsanstalt Halle GmbH;
Joachim Roßmann, Netzservice der VNG
Hybridschweißnaht an Wandstärke 10 mm (Y-Naht).
46 Aktuell | Markt | Schwerpunkt | Umschau | Feature
24 2523 2615 16 172 3 21129 10 11 18 19 204 5 6 7 81 13 14 22
Kunstausstellung im Atrium der VNG
Warum ist das Maigrün eine gefährliche Farbe?Alles neu macht der Mai, besagt ein deutsches Sprichwort. Bunte Blumen beginnen wieder zu sprießen,
das erste sanfte Grün der Bäume macht sich breit, die Natur erwacht zum Leben. Nicht umsonst ist der
Wonnemonat Mai für Viele der Schönste im Jahr. Mit seinem Maigrün ist er für einige Kunststudenten
der Hochschule für Grafik und Buchkunst in Leipzig (HGB) aber auch der gefährlichste Monat.
Kunst ist immer auch Abenteuer
Jedes Jahr treffen sich Studierende der HGB im
Mai für zehn Tage in Döben im Muldentalkreis, um
sich mit der ländlichen Umgebung künstlerisch
auseinanderzusetzen. Die Exkursion ist ein fakul-
tativer Kurs, der die Studenten im Grundstudium
mit der Beobachtung und Verarbeitung der Land-
schaft vertraut machen soll. Betreut wird er von
Prof. Doris Ziegler und Jörg Enert.
Die Idee für den Ausflug nach Döben kam der
Kunstprofessorin durch die Bekanntschaft mit
der Familie von Below, denen das alte Schloss in
Döben gehört. Die Schlossanlage gleicht einem
herrschaftlichen Anwesen mit alten Burgmauern,
einer steinernen Brücke und imposanten Bäumen.
In dieser historischen Umgebung schlagen die
Kunststudenten und ihre Betreuer jedes Jahr
im Frühjahr ihr „Basislager“ auf – mit Lagerfeu-
er, Wiesendusche und einer gehörigen Portion
Abenteuer.
Herausforderung unter freiem Himmel
Die ersten Tage verbringen die Studenten damit,
ihre Umgebung zu erfassen. „Wir müssen uns in
der unendlichen Weite der Landschaft Ausschnitte
suchen, die für uns interessant sind und die wir in
ein kleines Format zwängen können. Das schwie-
rigste ist dabei sicherlich, die großen Flächen
für sich selber zu ordnen und die verschiedenen
Größenverhältnisse abzuschätzen“, erzählt Agnes
Lammert, die mittlerweile im Hauptstudium zur
Klasse von Neo Rauch gehört.
„Die Studenten müssen ihre Aufmerksamkeit
oder Beobachtungsgabe schärfen und eine große
Portion visueller Neugier mitbringen“, erläu-
tert Prof. Ziegler die Herausforderungen an die
Studenten. Den weiten Horizont ins Taschen-
buchformat zu bringen, der Form eines Baumes
nachzugehen, um ihn dann überzeugend auf dem
Papier einzupflanzen, die farbigen Ornamente
der Fassaden, Autos, Verkehrszeichen, die sich
Sich mit Neugier und Hingabe auf etwas einlassen, unterschiedliche Sichtweisen auf ein gemeinsames Thema erleben, Stilbrüche
und Unzulänglichkeiten einfangen – keine immer leichte Aufgabe in freier Natur. Hier: Aquarelle von Christian Bussenius.
47 medium gas | 2008.1
4027 28 30 3129 33 3432 36 3735 38 39 41 42 43 44 45 47 4846 50 5149 52
ständig wandelnden Lichter und Schatten über
der Szenerie, die den Beobachter zu beobachten
scheint – alle diese Impressionen strömen unter
freiem Himmel auf den Maler ein. Sie werden zur
vertrauten Lebenswirklichkeit auf Zeit.
Für viele Studenten ist die Exkursion nach Döben
der erste Ausflug in die Natur. Die meisten arbei-
ten vor allem im Atelier und kennen es nicht, das
Gemalte auch tatsächlich zu erleben. „Dabei ist es
sehr erfrischend, eine Landschaft in verschiedenen
Momenten und von unterschiedlichen Perspektiven
aus zu erfassen“, meint Christian Bussenius. Er
ist Schüler von Neo Rauch, steht kurz vor seinem
Diplom und war bereits zweimal in Döben dabei.
Ihn fasziniert vor allem die Selbstentfremdung
bei der Freilichtmalerei. „Im Atelier bin ich immer
Ich-Selbst, habe auch nur Kontakt zu mir selbst.
Inmitten der Landschaft löse ich mich dagegen
immer mehr auf und werde zu einem Teil der Natur“,
so Bussenius weiter.
Der Wechsel von der Ateliers- zur Freilichtmalerei
bedeutet für die Studenten nicht nur eine Auflösung
ihres fixen Raumes, sondern ändert auch ihre Farb-
wahrnehmung. Gerade im Frühling, wenn die Natur
wieder zum Leben erwacht, werden sie mit einer
gewaltigen Wucht der grünen Frühjahrslandschaft
konfrontiert. Vom Grasgrün über Zart-Lindgrün bis
hin zum hellen Blatt-Grün ist die Landschaft in ein
grünes Meer gehüllt. Die Farben fließen ineinander
und haben dadurch eine beinahe formzersetzende
Wirkung. Dieses überbordende Maigrün kann
wahrhaft schmerzhaft für das Auge sein – schon
Meister wie Dürer und Turner haben es deshalb
zu einer gefährlichen Farbe erklärt.
Gefährlich heißt aber nicht unmöglich. Durch das
Anfertigen von Skizzen, durch Farbkombinations-
übungen und durch das intensive Auseinanderset-
zen mit den Motiven vor Ort lernen die Studenten in
Döben, die unterschiedlichen Grünnuancen agieren
zu sehen und ihr Zusammenspiel zu erkennen. Im
Laufe der Exkursion entwickeln sie ihre eigenen
Sichtweisen auf die Natur, lernen, wie sie ihren Mal-
prozess öffnen können. Schließlich transportieren
sie die zahlreich vorhandenen Grüntöne in andere
Farb- und Wirkungswelten und zitieren die Natur
dabei ohne sie zu kopieren oder zu imitieren.
Mandy Nickel, Redaktion
Jedes Jahr werden die Studierenden der HGB auch zur VNG eingeladen, um sich von dem architek-
tonisch reizvollen Gebäude inspirieren zu lassen. Einige der Arbeiten wurden im Kontext der
Ausstellung im Atrium der VNG gezeigt. Hier: Zwei Aquarelle von Markus Krüger.
Das Muldental eignet sich sehr gut für die Landschaftsmale-
rei, denn die Gegend ist durch die Ansammlung von Wäldern,
Häusern, Teichen, Ruinen und ausgedehnten Feldern sehr
vielfältig. Keine Postkartenidylle wie an der Ostsee, aber ge-
rade durch die Schönheit der „kleinen Dinge“ sehr spannend.
Hier: Aquarell von Agnes Lammert.
48 Aktuell | Markt | Schwerpunkt | Umschau | Feature
24 2523 2615 16 172 3 21129 10 11 18 19 204 5 6 7 81 13 14 22
Die Anfänge der Gaswirtschaft und der Ferngasversorgung in Dessau und Leipzig (1855–1945)Am 1. Juli besteht die VNG – Verbundnetz Gas AG 50 Jahre. An diesem Tag des Jahres 1958 wurde der Vorläufer
der VNG, die Technische Leitung Ferngas (TLFG) Leipzig, gegründet. Wir wollen das Jubiläum zum Anlass neh-
men, um die Entwicklung der gesamten ostdeutschen Gaswirtschaft nachzuzeichnen. In der ersten Ausgabe von
medium gas berichtet der Berliner Historiker Dr. Rainer Karlsch über die entscheidenden Etappen beim Aufbau
der Ferngasversorgung bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges.
In der Geschichte der deutschen Gaswirtschaft
haben Ingenieure, Erfinder und Unternehmer aus
Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen eine
herausragende Rolle gespielt. So gehörten der
Freiberger Professor Wilhelm August Lampadius
(1772–1842) und der Dresdner Kommerzienrat
Rudolf Sigismund Blochmann (1784–1871) zu den
Pionieren des neuen Industriezweiges.
Weniger bekannt sind die Geschichten der im Osten
Deutschlands gegründeten Firmen. Zu nennen
sind vor allem die Deutsche-Continental-Gas-
Gesellschaft, Dessau, die Thüringer Gasgesell-
schaft Gotha bzw. Leipzig und die Landesgasver-
sorgung Sachsen AG, Leipzig. Diese Unternehmen
begannen bereits Anfang des 20. Jahrhunderts
mit der Ferngasversorgung. Bis zu einen gewissen
Grade konnte später der VEB Verbundnetz Gas auf
ihre Leistungen aufbauen.
Die Deutsche-Continental-Gas-Gesellschaft
Die erste deutsche Gasfirma, die ähnlich der bri-
tischen Imperial Continental Gas Association auf
dem gesamten europäischen Kontinent agieren
wollte, wurde in Dessau gegründet.
Der ehrgeizige Plan zum Aufbau einer Gasfirma
ging vom Direktor der Anhalt-Dessauischen Lan-
desbank, Louis Nulandt, aus. Er konnte Baurat Hans
Viktor von Unruh für eine Mitarbeit gewinnen, zu-
mal dieser in Preußen einen schweren Stand hatte.
Angesichts fortgesetzter politischer Repressionen
in Preußen zog Unruh 1855 nach Dessau.
Mit Nulandt und Unruh als künftige Direktoren
an der Spitze wagte ein vornehmlich aus anhalti-
nischen Unternehmern, Bankiers und Handwerkern
bestehender Kreis die Gründung der „Deutsche-
Continental-Gas-Gesellschaft“ (DCGG) am 7. Mai
1855. Das Unternehmen errichtete zunächst in
Dessau ein Gaswerk und versorgte die Stadt mit
Gas für die Straßenbeleuchtung. Es ist sicher
nicht übertrieben davon zu sprechen, dass mit der
Gründung der DCGG die Industrialisierung Dessaus
den entscheidenden Impuls erhielt.
Trotz eines guten Starts geriet das Unternehmen
alsbald in wirtschaftliche Nöte. Eine aus den USA,
über England auf den Kontinent überspringende
Bank- und Handelskrise wuchs sich 1858/59 zur
ersten großen Weltwirtschaftskrise aus. Insgesamt
wurde die Gasindustrie von der Krise weniger hart
getroffen als andere Branchen. Jedoch begannen
die Spekulationsgeschäfte von Direktor Nulandt
die DCGG zu belasten. Der Bankier hatte 1856
die Konzession zur Gründung der „Kreditanstalt
für Industrie und Handel“ erhalten. Hauptziel der
Bank war die Industriefinanzierung. Bei diesen
Geschäften übernahm sich Nulandt allerdings, so
dass die Bank Teile ihres Anlagenkapitals einbüßte.
Auch die von ihm geleitete Landesbank manövrierte
am Rande des Ruins. Nun begann Nulandt Teile der
Gewinne der DCGG zum Stopfen der Kreditlöcher der
Banken zu nutzen. Als dies herauskam, wurde er
wegen des Verdachts auf Untreue seines Direktor-
postens enthoben. Bankier Nulandt wusste keinen
Ausweg mehr und nahm sich das Leben.
Unruh dürfte all dies mit Bestürzung gesehen
haben. Er trat Ende 1856 von der Leitung der DCGG
zurück und wandte sich wieder der Politik zu. Der
DCGG blieb er bis 1886 als Aufsichtsratsvorsit-
zender verbunden.
49 medium gas | 2008.1
4027 28 30 3129 33 3432 36 3735 38 39 41 42 43 44 45 47 4846 50 5149 52
Neuer Generaldirektor wurde Ingenieur Wilhelm
Oechelhäuser (1820–1902), zuvor Bürgermeister
von Mülheim an der Ruhr. Das war ein Glücksfall
für das angeschlagene Unternehmen. Er sollte die
Geschicke der DCGG 32 Jahre lang leiten.
Im Jahr 1880 verfügte die Dessauer Gesellschaft
bereits über 17 Gaswerke und ein Aktienkapital
von 15 Mio. Mark. Ihre Produktion belief sich auf
21,5 Mio. m3 Gas. Im Durchschnitt der 1880er Jahre
konnten 11 Prozent Dividende je Aktien ausge-
schüttet werden. Angesichts dieser erfolgreichen
Entwicklung begann die DCGG Beteiligungen an
Elektrizitätswerken und anderen Unternehmen zu
erwerben. Dessau sollte über 100 Jahre ein Zentrum
der Gasindustrie und -geräteherstellung bleiben. Als
die DCGG nach 1945 zerschlagen wurde, wirkte ihre
Tätigkeit noch so weit nach, dass die Vereinigung
Volkseigener Betriebe (VVB) „Energiebezirk West“
ihren Hauptsitz in Dessau nahm. Diese VVB bildete
das Dach, unter dem die Technische Leitung Ferngas
(TLFG) Leipzig, der Vorläufer des VEB Verbundnetz,
im Februar 1958 gegründet wurde.
Thüringer Gasgesellschaft
Zum größten privatwirtschaftlichen Konkurrenten
der DCGG entwickelte sich die Thüringer Gasge-
sellschaft (ThGG). Die Initiative zur ihrer Gründung
ging 1863 vom Unternehmer Theodor Weigel aus,
der bereits in Arnstadt über eine Konzession für
ein Gaswerk und Verträge zur Übernahme der
städtischen Gasbeleuchtung verfügte. Am 2. Juni
1864 erteilte Herzog Ernst von Sachsen-Coburg und
Gotha die Genehmigung zur Gründung der Gesell-
schaft. Die vorsichtigen Gründungsväter setzten
das Kapital der AG 1867 von 1 Mio. Taler auf nur
noch 150 000 Taler herab und starteten lediglich
mit zwei Gaswerken in Aschersleben und Bitterfeld.
25 Jahre später beurteilte Theodor Weigel diese
Strategie kritisch: „Man dachte eben allzu solid;
man begann das Geschäft in zu bescheidenem
Umfang und mit zu kleinem Kapital.“
Ab 1871 trat die Thüringer Gasgesellschaft aus
dem Schatten und begann eine lang anhaltende
Phase der Expansion. Deshalb erfolgte 1873 die
Sitzverlegung nach Leipzig. Die verkehrsgünstig
gelegene Messestadt, zugleich wichtigster säch-
sischer Bankenplatz, bot günstigere Vorausset-
zungen für den Ausbau des Gasgeschäftes als dies
in Gotha der Fall war. Zudem hatte die Gesellschaft
in Leipzig zwei Gasanstalten erworben.
Um 1890 verfügte die ThGG über 24 eigene
Gaswerke sowie 4 Beteiligungen und versorgte
49 Städte mit mehr als 532 000 Einwohnern mit
Gas. Die Gesellschaft wurde jetzt auch in Bayern,
Preußen, Österreich und anderen Ländern tätig.
Die ThGG funktionierte wie ein Konzern. So gab es
in der Leipziger Zentrale eine einheitlich geregelte
Buchführung und die technische Abteilung entwarf
die Baupläne, Rohrnetzpläne usw. für alle Gaswerke.
Die einzelnen Werke wurden von „Dirigenten“,
„Inspektoren“ oder „Gasmeistern“ geleitet.
Die Anfänge der Ferngasversorgung
Bereits in ihren Anfangsjahren strebten die Gas-
anstalten danach, ihren Aktionsradius auszuwei-
ten. Dafür bedurfte es jedoch neuer technischer
Verfahren, um das Gas durch größere Leitungen
pumpen zu können. Entscheidende technische
Voraussetzungen für den Ferngastransport waren
die Herstellung eines billigen Gases durch die Ver-
gasung von Koks mit Wasserstoff, die Entwicklung
nahtloser Stahlrohre, Fortschritte in der Schweiß-
technik und die Einführung von Hochdruckverfahren
zur stärkeren Pressung des Gases.
Am weitesten fortgeschritten war die Gasindustrie
in den USA. Dort waren bei der Suche nach Erdöl
auch große Erdgasvorkommen erschlossen worden.
Als die Bohrungen in der Nähe der Produktions-
standorte versiegten, musste das Erdgas aus immer
größeren Entfernungen heran geleitet werden. Um
1900 waren in den USA bereits 45 000 km Rohr-
netze in Nutzung. Von solchen Dimensionen war
die Gasindustrie in Europa, die ja überwiegend auf
Steinkohle beruhte, noch Jahrzehnte entfernt.
Dennoch wurden die amerikanischen Erfahrungen
aufmerksam studiert und gaben auch in Deutsch-
land Projekten für den Aufbau von Ferngasnetzen
Auftrieb. Die Grundlage dafür sollten so genannte
Überlandzentralen bilden. Sie produzierten Gas
für mehrere Gemeinden. Diese Werke arbeiteten
mit Niederdruck, der gerade genügte, um bei ver-
hältnismäßig kurzen Entfernungen das Gas in die
Versorgungsgebiete zu transportieren.
Im Jahr 1904 begann die Thüringer Gasgesellschaft
mit der Ferngasversorgung und die DCGG belie-
ferte in der Provinz Sachsen 34 Gemeinden über
50 Aktuell | Markt | Schwerpunkt | Umschau | Feature
24 2523 2615 16 172 3 21129 10 11 18 19 204 5 6 7 81 13 14 22
ein Ferngasnetz. Den größten Umfang erreichte
das Ferngasgeschäft im Umland von Berlin. Dort
versorgte die britische Imperial Continental Gas
Association mit ihren Gasanstalten insgesamt
500 000 Einwohner. Alle besagten Projekte wurden
von jeweils einer Gesellschaft getragen, basierten
auf der herkömmlichen Technologie zur Gaserzeu-
gung und waren regional begrenzt.
Anders verhielt es sich mit den Bestrebungen der
rheinisch-westfälischen Kohlenzechen. Hier kam
erstmals der Gedanke der Verbundwirtschaft zum
Tragen. Die Produktion der Zechen war ursprünglich
ganz auf die Erzeugung von Hüttenkoks gerichtet.
Weitsichtige Ingenieure erkannten aber die wirt-
schaftlichen Vorteile eines Kokereibetriebes mit
großem Gasüberschuss. Ab 1905 begannen die
Ruhrkohlenzechen mit dem Aufbau eines gemein-
samen Gasvertriebs. Dessen rascherem Ausbau
standen die geschäftlichen Differenzen zwischen
August Thyssen und Hugo Stinnes, die über eine
Vielzahl von Kokereien verfügten, entgegen. Sie
konnten sich nicht über ein gemeinsames Vorgehen
einigen. Infolgedessen entstanden im Ruhrgebiet
zunächst mehrere separate Ferngasnetze.
Ein landeseigener Ferngaskonzern in Sachsen
Weitreichende Pläne hegten auch sächsische
Gasfachleute. Ihnen schwebte ein Ferngassystem
für das Land Sachsen vor. Eine entsprechende
Denkschrift wurde 1923 der Landesregierung vor-
gelegt. Das Projekt lief auf eine Sozialisierung der
gesamten Gaswirtschaft in Sachsen hinaus. Ein
solcher Gedanke war nicht ganz abwegig, da sich die
meisten Gaswerke ohnehin in kommunalem Besitz
befanden. Allerdings hätte die Erschließung schwach
besiedelter Gebiete erhebliche Mittel erfordert.
Ungeachtet dessen gründeten die Elektra AG, eine
Tochtergesellschaft der in Landeseigentum befind-
lichen Aktiengesellschaft Sächsische Werke (ASW),
und die Energie AG Markkleeberg im April 1928 die
Landesgasversorgung Sachsen AG, Leipzig. Das lan-
deseigene Unternehmen stieg rasch zum wichtigsten
Ferngasanbieter in Sachsen auf. Eine vollständige
Sozialisierung der Gaswirtschaft gelang trotzdem
nicht. Kleinere Ferngasanbieter, wie die Ferngas-
werke in Annaberg und Rochlitz, behaupteten ihre
Selbstständigkeit. Die Entwicklung in Sachsen, mit
dominierenden Staatsbetrieben in der Energie- und
Gaswirtschaft, blieb ein Sonderfall.
Noch ein anderer Wirtschaftszweig versuchte sich
in die Ferngasversorgungspläne einzuschalten:
der mitteldeutsche Braunkohlenbergbau. Die
Braunkohlenwerke wollten ihr Schwelgas für
die Stadtgasproduktion verwerten. Allerdings
mussten die technischen Voraussetzungen dafür
erst noch entwickelt werden. Die mitteldeutsche
Braunkohle war je nach Vorkommen von recht
unterschiedlicher Qualität und wies einen hohen
Wasser- und CO2-Gehalt auf, was ihre Verarbeitung
zu Stadtgas erschwerte.
Nach jahrelangen aufwendigen Experimenten gelang
der Firma Lurgi mit der Sauerstoffhochdruckverga-
sung der große Wurf. Das Lurgi-Verfahren ermög-
lichte die Gasgewinnung aus Braunkohle im indus-
triellen Maßstab. Die Landesgasversorgung konnte
nunmehr aus der Not, in Sachsen nur über begrenzte
Steinkohlenvorkommen zu verfügen, eine Tugend
machen und begann erstmals in Deutschland, in
Hirschfelde und später auch in Böhlen, Braunkohle
für die Produktion von Ferngas zu nutzen.
Konkurrierende Ferngasprojekte
Ende 1926 stellte die Aktiengesellschaft für
Kohleverwertung, Vorläufer der 1928 gegründe-
ten Ruhrgas AG, einen Plan zum Aufbau eines
nationalen Ferngassystems vor. Dieser stieß
sofort auf heftigen Widerstand der kommunalen
Gaswerke. Das konnte nicht verwundern. Im Jahr
1926 wurden im Ruhrgebiet ca. 6 Mrd. m3 Gas
erzeugt, während die Erzeugung aller deutschen
Gaswerke bei ca. 3 Mrd. m3 Gas lag. Eine komplette
Umsetzung der Pläne der Ruhrzechen hätte also
das Aus für die meisten städtischen Gaswerke
bedeutet. Ein jahrelanger Streit über die Vor- und
Nachteile der Ferngasversorgung folgte. Zwei
große Interessengruppen standen sich dabei
mit unterschiedlichen Konzepten gegenüber: die
Ruhrkohlenzechen und die im „Deutschen Verein
der Gas- und Wasserfachmänner“ zusammenge-
schlossenen Ingenieure und Wirtschaftler, die
Fortsetzung von Seite 49
Die Anfänge der Gaswirtschaft und der Ferngasversorgung in Dessau und Leipzig (1855–1945)
51 medium gas | 2008.1
4027 28 30 3129 33 3432 36 3735 38 39 41 42 43 44 45 47 4846 50 5149 52
eine Gruppengasversorgung in den einzelnen
Revieren favorisierten.
Auch die ThGG trieb ihr Konzept zum Aufbau der
Gruppengasversorgung voran. Ferngasprojekte
kleinerer Dimension wurden von ihr im Obervogt-
land, in der Region um Schwarzenberg und im Harz
begonnen. Selbst die Ostseebäder von Swinemünde
bis Zinnowitz erhielten jetzt Ferngasanschluss. Der
Direktor der ThGG, Dr. Westphal, begründete das
verstärkte Engagement seiner Gesellschaft in der
Ferngaswirtschaft wie folgt: „Gerade in Bezug auf
das Anlage- und Betriebskapital ist bei der Errich-
tung kleiner und kleinster Werke viel gesündigt wor-
den. Teils waren es die Bauinteressen der Firmen,
teils persönliche Sonderinteressen der nicht immer
sachlich beratenen kleinen Gemeinden, die zu solch
einer Verschwendung von Volksvermögen geführt
haben. In Sachsen (zwischen Schwarzenberg und
Annaberg) sind nicht weniger als 14 Gaswerke im
Umkreis von 10 km errichtet.“
Direktor Bruno Heck von der DCGG kommentierte
das Vorhaben der Ruhrgas AG gegenüber den
eigenen Aktionären mit bissigen Bemerkungen:
„Um es in einer These zusammenzufassen, möch-
te ich Ihnen vertraulich mitteilen, dass für den
Eingeweihten klar ersichtlich ist, dass die Art
der Propagierung der Gasfernversorgung, wie sie
von Essen aus und Umgebung geschieht, in der
Hauptsache auf eine Verstärkung der Machtstel-
lung des RWE-Syndikats herauskommt. Offenbar
sind demselben wertvolle Zacken aus der Herr-
schaftskrone gefallen, die durch eine von Essen
diktierte zentral zusammengefasste und letzten
Endes monopolitische Gasfernversorgung ersetzt
werden sollen.“ Heck beließ es nicht bei Worten,
sondern strebte nun seinerseits den Aufbau eines
Ferngasnetzes an. Die DCGG offerierte den Kom-
munalverbänden, der Provinz Sachsen sowie dem
Land Anhalt den Plan eines auf Mitteldeutschland
beschränkten Ferngasnetzes.
Ein entscheidender Schachzug gelang der DCGG
durch eine strategische Kooperation mit der
Bergwerksgesellschaft Georg v. Giesch’s Erben.
Die Steinkohlenlieferungen aus Westfalen ermög-
lichten der DCGG den Bau einer hochmodernen
Großgaserei in Magdeburg. Am 22. November
1930 begann der Dauerbetrieb. Das Werk konnte
400 000 t Kohle pro Jahr zu rund 150 Mio. m3 Gas
verarbeiten. Der Vertrieb erfolgte über die Gasver-
sorgung Magdeburg-Anhalt AG (GAMANAG).
Für die Ferngasversorgung verlegte die GAMANAG
eine Hauptdruckgasleitung. Die Trasse führte
von Magdeburg nach Unterdükerung der Elbe an
Dessau vorbei bis nach Wiederitzsch bei Leipzig.
Von dort wurde die Fernleitung über Markranstädt
im Bogen um Leipzig herum über Böhlen nach
Zwickau geführt. Von dieser halbkreisförmigen
Hauptleitung gab es Abzweigungen in verschiedene
Richtungen des mitteldeutschen Industriegebietes.
Eine zweite Leitung führte von Magdeburg in den
Nordharz bis nach Bad Harzburg.
Das Ferngasgeschäft der DCGG bzw. GAMANAG
konzentrierte sich hauptsächlich auf die preu-
ßische Provinz Sachsen. Im Jahr 1933 umfasste
das Netz bereits 413 km Hochdruckleitungen zur
Versorgung von 151 Städten und Gemeinden mit
rund 1 Mio. Einwohnern. Ab 1938 wurde auch
noch im Anschluss an das Hauptrohr südlich von
Leipzig eine große Gasleitung von Merseburg über
Weißenfels, Naumburg, Erfurt, Gotha bis nach Suhl
zur Erschließung des thüringischen Raums gelegt.
Weitere 200 Städte und Gemeinden erhielten damit
Anschluss an das Ferngasnetz.
Mit dem Bau der Großgaserei Magdeburg began-
nen sich die Tendenzen der künftigen Entwicklung
klar abzuzeichnen: wenige große Gasproduzenten
würden über Ferngasleitungen einen großen
Teil des Gasgeschäftes beherrschen. Wie ihre
Essener Konkurrenten von der Ruhrgas AG, so
hatten auch die Direktoren der DCGG die Vision
von strahlenförmigen Gasnetzen, die weite Teile
des Reichsgebietes erfassen sollten. Nimmt man
die damaligen Karten mit den geplanten Routen
heute nochmals zur Hand, so kann man unschwer
erkennen, dass in der Gaswirtschaft auf Jahrzehnte
voraus gedacht wurde.
Nach dem Zweiten Weltkrieg gab es in der ost-
deutschen Gaswirtschaft keine „Stunde Null“.
Man konnte auf den vorhandenen Strukturen
aufbauen und nach Überwindung der Kriegsfolgen
den Ausbau des Ferngasnetzes fortsetzen.
Dr. Rainer Karlsch (Berlin)
In der nächsten Ausgabe lesen Sie einen Beitrag über
„Sozialistische Gründerjahre: Technische Leitung Ferngas
(TLFG), Schwarze Pumpe und einheimisches Erdgas (1945
bis 1973)“.
Dr. Rainer Karlsch studierte
Wir tschaf tsgeschichte an
der Humboldt-Universität
in Berlin und hat dort auch
zum Dr. oec. promoviert. Er
hat zahlreiche wirtschafts-
geschichtliche Veröf fent-
lichungen verfasst bzw. he-
rausgegeben, darunter „Fak-
tor Öl. Die Mineralölwirtschaft
in Deutschland 1859–1974“
(zusammen mit Raymond
Stokes). Für sein Buch „Allein
bezahlt? Die Reparationsleis-
tungen der SBZ/DDR 1945–53“
(1993) erhielt Karlsch 1996
den Ersten Preis der Stinnes-
Stif tung. Derzeit arbeitet
Karlsch anlässlich des 50-jäh-
rigen Bestehens der VNG an
einem Buch über die Ent-
wicklung der ostdeutschen
Gaswirtschaft.
Zum Autor
Energie verbindet.
medium gas | 17. Jahrgang | 1. Ausgabe | April 2008
Angenehm,
ERDGAS.trainingIndividuelle und zielorientierte Trainingsmaßnahmen der VNG – Verbundnetz Gas AG für Marketing, Vertrieb, Einkauf und Technik.
Stellen Sie gemeinsam mit unseren Kundenberatern Ihr maßgeschneidertes Training zusammen.
Die komplette Leistungsübersicht finden Sie
im Internet auf www.verbundnetzplus.de
Verbundnetz plus – Services der VNG-Gruppe und ihrer Partner | Postfach 24 12 63 | 04332 Leipzig
Tel.: +49(0)341 443-2200 | Fax: +49(0)341 443-2922 | E-Mail: [email protected] |
www.verbundnetzplus.de