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medium gas Das Magazin für die Kunden und Partner der VNG-Gruppe | 18. Jahrgang | 1. Ausgabe | April 2009 Schwerpunkt: Energiepolitik Hildegard Müller, BDEW Versorgungssicherheit auch ohne staatliche Eingriffe Stadtwerke Rostock AG Der Wind wird rauer ONTRAS Kosten- und Anreizregulierung der Ferngasnetze – verbaute Zukunft?

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medium gasDas Magazin für die Kunden und Partner der VNG-Gruppe | 18. Jahrgang | 1. Ausgabe | April 2009

Schwerpunkt: EnergiepolitikHildegard Müller, BDEWVersorgungssicherheit auch ohne staatliche Eingriffe

Stadtwerke Rostock AG Der Wind wird rauer

ONTRASKosten- und Anreizregulierung der Ferngasnetze – verbaute Zukunft?

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Inhalt AKTUELL

Wechsel im VNG-Vorstand zum 1. November 2009/VNG kauft Erd-gas- und Erdölproduzenten Endeavour Energy Norge AS/Caplog-x GmbH gegründet/SET Swiss Energy Trading AG gegründet/Neue Repräsentanz in Bologna, Italien/Transportnetzbetreiber schließen Kooperation/Vertriebsbüro West nach Frankfurt umgezogen

MARKT

Kundenportrait Vattenfall Trading Service GmbH

Innovative Erdgastechnik Behaglich dank „Smart“ im Keller

Internet Neuer Webauftritt für VNG-Gruppe und Verbundnetz plus

Markt aktuell Erdgasfahrzeuge live erleben!

ENERGIEUNION AG Grenzenloser Energiehandel in einem dynamischen Markt

Gastbeitrag Forum Erdgas Der beste Garant für eine sichere Versorgung

Termine

SCHWERPUNKT: ENERGIEPOLITIK

Energiepolitik in Brüssel Das europäische Energie-Paragrafen-DickichtDas Energiebinnenmarktpaket und die Zweite Überprüfung der Energiestrategie stehen derzeit im Focus von Politik und Gaswirtschaft.

Gastbeitrag Versorgungssicherheit auch ohne staatliche EingriffeHildegard Müller vom BDEW erklärt, wie die deutsche Gaswirtschaft die Versorgungssicherheit garantiert.

Stadtwerke Rostock AG Der Wind wird rauer – Kommunual-versorger spüren den (energiepolitischen) Gegenwind.

Illustration Energiepolitik illustriert von Ulrich Forchner

Kommentiert Russland und die Europäische UnionTrotz Gasstreit bleibt eine strategische Partnerschaft zwischen Russland und Europa.

Natürlich Erdgas Unverzichtbar im deutschen EnergiemixErdgas steht auch in Zukunft für Versorgungssicherheit und Umweltschonung.

Kosten- und Anreizregulierung Verbaute Zukunft für die Ferngasnetze?Politische Regulierungsentscheidungen können Auswirkungen auf die Versorgungssicherheit haben

UMSCHAU

Energiepartnerschaft Norwegisches Erdgas in Europa – eine Erfolgsgeschichte

Erlebnisbericht VNG stellt Expertin für Transitüberwachung

Betrieb/Technologie Mit trascue.PIMS dem Leck auf der Spur

FEATURE

Messe VNG-Familientag und andere Premieren auf der PARTNER PFERD

Engagement Neue Verbundnetzbotschafter gekürt/ Neues VNG-Projekt: „Engagement macht Schule“

VNGart Richard Müller – ein Künstler zwischen Anerkennung und Ablehnung.

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3 medium gas | 2009.1Editorial

Effizienz, Komfort, Nachhaltigkeit, Wirtschaftlichkeit und Umweltschonung –

dafür steht unser Produkt Erdgas. Kein anderer fossiler Energieträger ist in

seinem Kern und in seiner umweltfreundlichen Ausrichtung so positiv besetzt.

Aber es geht darum, dem umweltfreundlichen Energieträger Erdgas einen

Spitzenplatz im Energiemix heute und auch in einer ökologisch geprägten

Zukunft zu sichern und ihn nachhaltig zu positionieren. VNG bekennt sich klar

zu diesem Ziel. Deswegen ist „VNG – Natürlich Erdgas“ das Leitmotiv für den

kommunikativen Auftritt der VNG-Gruppe im Jahr 2009.

Die Gaswirtschaft hat unter Federführung des Bundesverbandes der Energie-

und Wasserwirtschaft (BDEW) vier wesentliche Haupteigenschaften für Erdgas

aus Sicht des Kundeninteresses definiert: Wirtschaftlichkeit und Effizienz,

Komfort und Umweltschonung. Durch die intelligente Vernetzung von Erdgas, Bioerdgas und anderen

Zukunftsenergien stärkt VNG die Nachhaltigkeit und Anwendungsbreite von Erdgas im Energiemix. Da-

rüber hinaus unterstützen wir auch die Erforschung neuer, noch sparsamerer Anwendungstechnologien

für Erdgas bis hin zur Brennstoffzelle.

Die Branche steht vor großen Herausforderungen: Der Gaskonflikt zwischen Russland und der Ukraine

am Jahresanfang hatte die Öffentlichkeit verunsichert und zeitweise die Frage nach der Versorgungs-

sicherheit aufgeworfen. Die deutschen Gasversorger – allen voran VNG – beantworteten diese Frage,

indem sie ihre Kunden weiterhin zuverlässig belieferten.

Die Unternehmen der Gasbranche müssen sich anhaltenden Energiepreisdiskussionen stellen und der

wachsenden Umweltsensibilisierung begegnen. Dies erfordert eine neue Kommunikationsstrategie, in

der wir die alten Stärken von Erdgas noch klarer als bisher betonen.

Eins ist sicher: Erdgas wird auch in Zukunft eine wichtige Rolle in der Energieversorgung einnehmen. Der

Erfolg von VNG hängt vom Markterfolg unseres Produktes Erdgas ab. Hier stellt uns der internationale

Beschaffungs- und Absatzwettbewerb um Ressourcen, Märkte und Kunden vor große Herausforde-

rungen. Der Einstieg in die Erdgasproduktion, Langfristverträge und optimaler Kurzfristhandel gehören

zu den Kernkompetenzen unserer Unternehmensgruppe, ebenso die Erhöhung des Erdgasabsatzes in

Deutschland und die Ausdehnung der Geschäftstätigkeit auf ganz Europa. Zu unseren Kernkompetenzen

gehören auch der gewinnbringende Umgang mit den Speicherkapazitäten, effizienter Erdgastransport

und ertragreiche innovative Dienstleistungen rund um das Erdgas. Und die Produktkommunikation muss

diese Stärken betonen. Auch dafür steht: „VNG – Natürlich Erdgas“.

Bernhard Kaltefleiter

Leiter Unternehmenskommunikation

Liebe Leserinnen, liebe Leser,

Impressum

medium gas Das Magazin für die Kunden und Partner der VNG-Gruppe | VNG – Verbundnetz Gas Aktiengesellschaft | Braunstraße 7, 04347 Leipzig | Postfach 24 12 63,

04332 Leipzig | Tel. 0341 443 - 0 | Fax 0341 443 - 2057 | www.vng.de | Redaktion Unternehmenskommunikation | Verantwortliche Redakteurin Mandy Nickel

Tel. 0341 443 - 2045 | [email protected] | Redaktionsbeirat Helge Andrä, Dr. Reinhard Böhm, Mike Diekmann, Laureen Johannsen, Bernhard Kaltefleiter,

Siegbert Ketelhut, Kerstin Kietzke, Heinz Möller, Birgit Reiss, Uwe Ringel, Olaf Schneider, Susann Surma, Karsten Wendler | Redaktionsschluss für diese

Ausgabe 16.03.2009 | für die nächste Ausgabe 20.05.2009 | Auflage 4 200 | Gestaltung, Herstellung Erik Sittauer | Militzer & Kollegen GmbH | Reproduktion und Druck Scan Color Leipzig GmbH | Fotos wenn nicht anders angegeben VNG | Titelseite Brüssel steht nicht still. Die belgische Hauptstadt ist zum energiepolitischen

Zentrum geworden und sorgt für stetig neue Impulse. Hier: das Berlaymont-Gebäude, der Sitz der Europäischen Kommission. Foto: Christoph Busse.

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Caplog-x GmbH gegründetLeipzig. Die VNG-Erdgascommerz GmbH und die PSI Aktiengesellschaft für Produkte

und Systeme der Informationstechnologie haben gemeinsam den Grundstein für die

Gründung der caplog-x GmbH gelegt. Bisher lief das Unternehmen unter dem Marken-

namen caplog-x als Messdatentransfer-Dienstleistungen von VNG.

„Die Gründung der caplog-x GmbH und die Beteiligung von starken Partnern ermöglichen

ein eigenständiges Agieren in der Energiewirtschaft. Damit erreichen wir größtmögliche

Marktneutralität und können die gesamte Prozesskette von der Datenerfassung und

-übertragung über die geeichte Datenbereitstellung bis hin zur Erbringung von Mess- und

Eichamtlichen Dienstleistungen abdecken“, erklärt der Geschäftsführer von caplog-x,

Dr. Peter Stoll.

Derzeit werden Vertragsverhandlungen zum Einstieg der trac-x Transport Capacity

Exchange GmbH geführt. Damit könnte ein weiterer starker Partner gewonnen werden,

zu dessen Gesellschaftern u. a. namhafte Transportnetzbetreiber gehören.

Weitere Informationen unter: www.caplog-x.de

Großes Interesse an neuer Firma: Christian Lies

(li.) von caplog-x stellte Firma und Technik dem

Fachpublikum auf der E-world in Essen vor.

Messdatenmanagement

Wechsel im VNG-Vorstand zum 1. November 2009

Leipzig. Der Aufsichtsrat von VNG hat Uwe Barthel

(51 Jahre) ab dem 1. November 2009 zum ordent-

lichen Mitglied des Vorstandes bestellt. Barthel über-

nimmt das Ressort Gasverkauf/Technik. Dr. Gerhard

Holtmeier übernimmt mit Wirkung zum 1. November

2009 die Verantwortung für das Vorstandsressort

Kaufmännisches/Personal. Er tritt die Nachfolge

von Prof. Dr. Gerhardt Wolff an, der zum 31. Oktober

2009 in den Ruhestand gehen wird. Uwe Barthel

ist Gründungsmitglied der Stadtwerke Chemnitz AG

und seitdem dort Vorstandsmitglied.

VNG kauft Erdgas- und Erdölproduzenten Endeavour Energy Norge AS

Leipzig/Oslo. VNG hat die Anteile

an der Endeavour Energy Norge AS

(EEN) mit Sitz in Oslo erworben.

Die EEN ist auf dem Norwegischen

Kontinentalschelf in der Erschlie-

ßung und der Produktion von Erd-

gas- und Erdölfeldern tätig. Das

Unternehmen hat insgesamt 21 Li-

zenzen und ist für mehrere von

diesen Betriebsführer. VNG baut

mit dem Erwerb der EEN ihr E&P-

Portfolio auf derzeit insgesamt

29 Lizenzen aus und ist erstmals

an produzierenden Feldern beteili-

gt. Die Transaktion bedarf noch der

Zustimmung durch die Energie-,

Finanz- und Kartellbehörden.

Lesen Sie in der nächsten Ausgabe von

medium gas einen ausführlichen Beitrag

zu diesem Thema.

Die von StatoilHydro betriebene Plattform

Brage liegt 120 Kilometer nordwestlich

von Bergen. Produktionsstart war im Sep-

tember 1993. Endavour ist Partner auf der

Plattform.Foto: StatoilHydro

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Neue Repräsentanz in Bologna, ItalienBologna. Ende letzten Jahres gründete

VNG ihre 100-prozentige Tochtergesell-

schaft VNG Italia S.r.l. (VNG Italia). Das

Unternehmen mit Sitz im Herzen Bolo-

gnas, der Partnerstadt Leipzigs, soll

zukünftig die Aktivitäten des Leipziger

Erdgasimporteurs in Italien bündeln und

koordinieren.

Im drittgrößten europäischen Erdgas-

markt ist VNG mittlerweile mit 66 Prozent

am Großhändler SPIGAS und mit 38,5 Pro-

zent am Endkundenversorger BLUENERGY

beteiligt. „Mit der Gründung der VNG Italia

können nunmehr verstärkt die Interessen

von VNG vor Ort wahrgenommen werden,

was zukünftig eine tiefere Marktdurch-

dringung im italienischen Erdgasmarkt

sicherstellen soll. Darüber hinaus haben

wir mit Gründung unserer italienischen

Repräsentanz einen direkten Ansprech-

partner für unsere Beteiligungen und

Partner vor Ort geschaffen und können

unsere Aktivitäten jetzt gemeinsam stär-

ker entfalten“, erklärt Tassilo Möschke,

Geschäftsführer der VNG Italia.

Transportnetzbetreiber schließen Kooperation

Vertriebsbüro West nach Frankfurt umgezogenDas Verkaufsbüro von VNG in Neu-Isenburg ist Anfang dieses

Jahres in ihre neuen Geschäftsräume im Main-Airport-Center

(MAC) umgezogen. Das MAC ist in unmittelbarer Nähe zum

Rhein-Main Airport, der A 3 bzw. B43 und A5 sowie dem Frankfurt

Flughafen Fernbahnhof gelegen und bildet die zentrale Anlauf-

stelle des Gasverkaufs Süd-West für Kunden in Westdeutsch-

land. „Wir haben uns zum Umzug entschieden, weil wir unsere

Geschäftsaktivitäten in der Region Frankfurt am Main weiter

ausgebaut haben und für unsere Kunden zukünftig besser und

komfortabler erreichbar sein wollen“, erklärt Dr. Markus Spitz,

der das Neu-Isenburger-Büro seit der Gründung 2006 leitet.

Erst im Oktober vergangenen Jahres hatte VNG Dependancen

in Dortmund und Stuttgart eröffnet, die beide organisatorisch

dem Gasverkauf Süd-West zugeordnet sind. Seit März hat

VNG aus organisatorischen Gründen das Büro in Dortmund

durch ein Büro in Düsseldorf ersetzt. Zusätzlich steht auch in

Hamburg ein Vertriebsbüro für die norddeutschen Kunden von

VNG zur Verfügung. Im ONTRAS-Marktgebiet ist VNG bereits

seit mehreren Jahren mit zwei Vertriebsbüros in Lauchhammer

und Neustrelitz aktiv.

SET Swiss Energy Trading AG gegründetLeipzig/Zürich. Swissgas und VNG ha-

ben zusammen die SET Swiss Energy

Trading AG mit Sitz in Zürich gegründet.

Die neue Gesellschaft soll die schweize-

rische Erdgasbeschaffung im kurzfristigen

Bereich optimieren und zugleich das

Erdgas-Handelsgeschäft von VNG stär-

ken. Swissgas ist an SET mit 65 % betei-

ligt, der verbleibende Anteil wird von

VNG gehalten. Die neue Gesellschaft wird

ihre Tätigkeit im April 2009 aufnehmen

und etappenweise ausbauen.

Swissgas stellt zusammen mit den vier

schweizerischen Regionalversorgern

Erdgas Ostschweiz AG, Erdgas Zentral-

schweiz AG, Gasverbund Mittelland AG

und Gaznat SA überwiegend durch langfris-

tige Verträge die Versorgung der Schweiz

sicher. Dies soll künftig mit der Nutzung

europäischer Handelsplätze im kurzfris-

tigen Bereich ergänzt werden. Die Swiss

Energy Trading wird dazu eine Erdgas-Han-

delsplattform betreiben, die gemeinsam

von Swissgas, den vier Regionalversorgern

sowie von VNG genutzt werden kann.

Hannover/Leipzig/Kassel/Emden/Kiel.

Die überregionalen Erdgastransportgesell-

schaften Gasunie Deutschland, ONTRAS –

VNG Gastransport, WINGAS TRANSPORT

sowie StatoilHydro Deutschland und DONG

Energy Pipelines haben eine umfassende

Kooperation beschlossen. Noch in diesem

Jahr wollen die fünf Partner ihre bisher ge-

trennten H-Gas-Marktgebiete zusammen-

legen. Wie es aus den Unternehmen weiter

heißt, sind die internen Genehmigungspro-

zesse bereits eingeleitet. Man zeige sich

auch zuversichtlich, dass sich letzte offene

Fragen mit der Bundesnetzagentur und

dem Bundeskartellamt klären lassen.

Der im Zuge der Marktgebietskooperation

geschaffene übergreifende Transport- und

Handelsraum für Erdgas verbindet nach

Aussagen der Unternehmen mehr als 300

Netze von den Importpunkten bis zum

Endkunden in nahezu ganz Deutschland.

Das gemeinsame Marktgebiet verbindet

zukünftig sechs EU-Länder untereinander

sowie diese mit den wichtigsten Erdgaslie-

feranten aus Norwegen und Russland.

Europäische Handelsplätze gewinnen für den kurzfris-

tigen Handelsbereich immer mehr an Bedeutung.

Mitten im Herzen Bolognas sitzt die neue italienische

Repräsentanz von VNG.

Einfach, schnell und komfortabel Verbindungen für

Transportkunden knüpfen ist das Ziel der ONTRAS.

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Die Hamburger Vattenfall Trading Services GmbH

Zentrales Handelshaus auf ErfolgskursErleben Sie die schönste Stadt der Welt! So präsentiert sich Hamburg in der Website-Selbstdarstellung. Wer kann einer sol-

chen Aufforderung selbst bei Schmuddelwetter Ende Januar schon widerstehen? Der riesige Hafen und die Elbe bestimmten

schon immer die besondere Atmosphäre der altehrwürdigen Freien und Hansestadt. Aber mein eigentliches Ziel sind nicht

die vielfältigen touristischen Sehenswürdigkeiten, sondern die Vattenfall Trading Services GmbH (VTS).

VTS agiert als zentrale Handelsplattform

In der 2. Etage eines großzügigen und modernen

Gebäudes gegenüber dem Wahrzeichen namens

Hauptkirche St. Michaelis, salopp „Michel“ ge-

nannt, hat die VTS ihre Großraumbüros. Die Lan-

dungsbrücken am Hafen sind von hier nur rund

500 Meter entfernt, auch das imposante Rathaus

ist gut zu Fuß zu erreichen. Erwartet werde ich

bereits von Marion Münz, Leiterin Geschäftsfeld-

entwicklung im Gas- und Erdölhandel und Ralf Baer,

Leiter des Gas- und Erdölhandels. Beide erklären

mir Sinn und Zweck des Unternehmens: „VTS ist

die zentrale Handelsplattform für die Vattenfall

Der Handelsfloor der Hamburger Vattenfall Trading Services GmbH.

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Gruppe und nimmt im Konzern die Rolle einer

gesamteuropäisch eigenständig operierenden

Geschäftseinheit ein.

Das Handelshaus übernimmt die Optimierung

und das Risikomanagement des Portfolios ent-

lang der gesamten Wertschöpfungskette. Diese

reicht von Handelsgeschäften innerhalb eines

Tages bis zum langfristigen Handel, vom Einkauf

der Brennstoffe bis zum Ein- und Verkauf von

Strom. Das Handelshaus managt die strombezo-

genen Risiken entsprechend den strategischen

Vorgaben der Vattenfall AB und sichert sie mit-

tels geeigneter Produkte im Großhandelsmarkt

ab. Das Produktportfolio von Vattenfall Trading

Services umfasst neben Strom auch Erdgas, Öl,

Steinkohle und Frachtraten, CO2-Emissionsrechte,

erneuerbare Energien, Währungen, Aluminium

und Wetterderivate. Die Handelseinheit ist an

allen zentralen Handelsplätzen für Strom in den

Kernmärkten Zentraleuropa, Skandinavien und

Mittel- und Osteuropa aktiv und handelt dort

mit etwa 400 nationalen und internationalen

Partnern.“

Mit Standorten in Hamburg, Stockholm, Warschau

und Kopenhagen ist VTS europaweit vertreten.

In Hamburg sind derzeit 135 der 230 Mitarbeiter

beschäftigt.

Firmensitz der Hamburger Vattenfall Trading Services GmbH. Ein Gashändler am Arbeitsplatz. Fotos: VTS

Das Ambiente der Großraumbüros mit derart vielen

Computer-Bildschirmen, wie ich sie bislang noch

nie gesehen habe, erinnert sehr stark an Börsen, an

welchen die VTS ja auch handelt. Glücklicherweise

ist von der mitunter penetranten, hysterischen

Hektik der Finanzbörsianer hier nichts zu spüren.

Das Durchschnittsalter der VTS-Mitarbeiter beträgt

36 Jahre, also ein sehr junges Team von engagier-

ten Frauen und Männern. Gut ausgebildet und

gut bezahlt sind sie sich auf natürliche Art ihres

Wertes bewusst. Geschäftssprache ist Englisch.

Begriffe und Kürzel wie BU Heat, Hedging, EUAs,

CERs und Green Certificates schwirren umher

und müssen einem Laien wie mir schonungsvoll

freundlich erklärt werden ...

Marion Münz informiert mich über die Vattenfall

Gruppe.

Unternehmensgröße in Europa

Vattenfall ist gegenwärtig in Schweden, Dänemark,

Finnland, Deutschland, Polen und Großbritan-

nien tätig. Das Unternehmen ist an der gesamten

Elektrizitätswertschöpfungskette (Erzeugung,

Übertragung, Verteilung und Vertrieb) beteiligt.

Darüber hinaus spielt es über Trading Services

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Zentrales Handelshaus auf Erfolgskurs

eine aktive Rolle beim Stromhandel. Außerdem

erzeugt, verteilt und verkauft Vattenfall Wärme.

Der schwedische Staat ist alleiniger Eigentümer der

Muttergesellschaft, Vattenfall AB. Die Leistungs-

stärke des gesamten Unternehmens in Europa

dokumentieren folgende Kennzahlen für das Jahr

2007: Durchschnittliche Beschäftigtenzahl: 32.400

(Vollzeitäquivalente), Stromerzeugung: 167,6 TWh,

Wärmeerzeugung: 36,2 TWh.

Berlin. Weitere zentrale Standorte sind Hamburg

und Cottbus. Das deutsche Geschäft erwirtschaf-

tet heute rund 60 Prozent des Konzernumsatzes.

Zudem ist Vattenfall Europe der größte Ausbilder in

Ostdeutschland. Auf dem deutschen Energiemarkt

will das Unternehmen Maßstäbe für eine sichere,

umweltverträgliche und kundenorientierte Ener-

gieversorgung setzen. Die Kunden sind private

Haushalte, Industrieunternehmen, Stadtwerke

und Regionalversorger.

Klarer Kurs auf neue Erfolge

Wachstum prägt auch die Unternehmensgeschich-

te von Vattenfall Trading Services. Im Jahr 2008

baute VTS das Handelsvolumen für Strom gegen-

über 2007 deutlich aus. Um diese Entwicklung

weiter fortsetzen zu können, erfolgte im Jahr

2008 die Akkreditierung an den Energiebörsen

in Prag (Prague Energy Exchange) und London

(Intercontinental Exchange). 2009 wird der Spot-

Stromhandel an der Energy Exchange Austria in

Wien aufgenommen. Der Markteintritt in den

britischen Großhandelsmarkt für Strom steht

unmittelbar bevor.

Neben dem Kerngeschäft Strom setzt VTS vor allem

auf den Ausbau des Geschäfts mit Brennstoffen

und Emissionsberechtigungen. Seit Januar 2008

übernimmt die Handelseinheit die zentrale Stein-

kohlebeschaffung für die gesamte Vattenfall-Grup-

pe. Dies umfasst den Einkauf von physischer Kohle,

den Handel mit finanziellen Kohleprodukten zum

Hedging (Kurssicherung) des Beschaffungspreises,

aber auch das Geschäft mit Frachtkapazitäten. Aus

der einheitlichen Beschaffungsstrategie und der

Optimierung von Speicher- und Frachtkapazitäten

verspricht sich das Unternehmen konzernweit

erhebliche Synergiepotenziale. Im Jahr 2008 be-

trug der Bedarf an Steinkohle für die Vattenfall

Kraftwerke in Deutschland, Polen und Dänemark

10 Millionen Tonnen. Anfang 2009 übernahm das

Handelshaus mehrere Schlepper und Schuten,

mit welchen Kohle in der Ostsee transportiert

werden kann, die das Unternehmen aber auch

an Dritte verchartert. Mit Aufbau einer eigenen

Abteilung für Erneuerbare Energien, Zertifikate und

CO2-Emissionen im Sommer 2008 engagierte

„Die Handelseinheit ist an allen zentralen Handelsplätzen

für Strom in den Kernmärkten Zentraleuropa, Skandinavi-

en und Mittel- und Osteuropa aktiv und handelt dort mit

etwa 400 nationalen und internationalen Partnern.“

Rolf Baer, Leiter Gas- und Erdölhandel

Vattenfall in Deutschland

Vattenfall Europe ist ein bedeutender Teil der

schwedischen Vattenfall-Gruppe und zählt zu

den führenden Energieunternehmen in Deutsch-

land. Das Unternehmen vereint unter einem Dach

die Förderung und Verstromung kostengünstiger

heimischer Braunkohle, die Stromerzeugung aus

Wasserkraft und Kernkraft sowie den Transport

und Handel von Energie. Vattenfall Europe versorgt

die Metropolen Berlin und Hamburg rund um die

Uhr mit Strom und Wärme.

Mit der Öffnung der nordischen Energiemärkte in

den 1990er Jahren expandierte das Unternehmen

auch außerhalb Schwedens und hat sich so zu

einem führenden europäischen Energieunter-

nehmen entwickelt. Nachdem sich die Traditions-

unternehmen Bewag, HEW, LAUBAG und VEAG

zusammengeschlossen haben, wird im September

2002 das Unternehmen Vattenfall Europe gegrün-

det. Der Sitz der Holding, Vattenfall Europe AG, ist

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sich das Unternehmen verstärkt im Handel mit

europäischen und weltweiten Emissionsberech-

tigungen.

VTS baut Gasportfolio aus

Daneben spielt vor allem das Erdgasgeschäft eine

immer zentralere Rolle für das Energiehandelshaus.

Ralf Baer, der Leiter des Gas- und Ölhandels bei

VTS, ist für den rapiden Ausbau der Gasaktivitäten

verantwortlich. Der 44-jährige Ostfriese studierte

Elektrotechnik und arbeitete zunächst als Leiter

der Netzplanung bei den Stadtwerken Hannover.

Nach weiteren Stationen in der Energiewirtschaft

war er bei BP Deutschland als Prokurist und Ge-

schäftsführer tätig. Im Jahr 2006 wechselte er zu

Vattenfall Trading Services und rief den Gashan-

del gemeinsam mit vier Mitarbeitern ins Leben.

Mittlerweile zählt sein Team 14 Köpfe. Tendenz

steigend.

Nachdem sich das Team um Ralf Baer zunächst

auf den Handel an nationalen und internationalen

Marktplätzen konzentrierte, wurde im vergangenen

Jahr die Versorgung der gasbefeuerten Anlagen des

Geschäftsbereichs Wärme von Vattenfall Europe

vorbereitet.

Mit der erfolgreichen Belieferung der Hamburger

Hafencity zum Oktober 2008 wurde ein erster

Meilenstein erreicht. Mittlerweile versorgt das

Handelshaus bereits vier Anlagen mit Erdgas.

Bis Oktober 2010 sollen es fast 20 Kraftwerke

sein. „Die gesamte Gasbeschaffung erfolgt dann

über mittel- bis langfristige Belieferungsverträ-

ge und über Gasmarktplätze. Darüber hinaus

umfassen unsere Leistungen den Gastransport,

das Gasmengenausgleichs-Management, die

preisliche Optimierung durch Kurzfristverkäufe

und die Nutzung von eigenen und zugekauften

Gasspeicherkapazitäten“, so Marion Münz, die

den Bereich Geschäftsfeldentwicklung innerhalb

des Gas- und Ölhandels leitet.

Vattenfall Europe betreibt unter anderem fünf

Gasturbinenkraftwerke mit einer Gesamtkapa-

zität von 962 MW. Die Standorte Brunsbüttel,

Moorburg und Wedel befinden sich im Großraum

Hamburg, die Werke Thyrow und Ahrensfelde

sind nahe Berlin angesiedelt. Direkt in Berlin

befinden sich die Heizkraftwerke Lichterfelde,

Mitte, Klingenberg, Reuter, Buch, Köpenick, Wil-

mersdorf und Charlottenburg sowie die Heizwerke

Prenzlauer Promenade, Blankenburger Straße,

Adlershof, Altenglienicke, Friedrichshagen, Trep-

„Unser Ziel ist es, durch die Zentralisierung des Einkaufs

und des Belieferungsmanagements die operativen und

finanziellen Risiken unserer Kunden zu minimieren.“

Marion Münz, Leiterin Geschäftsfeldentwicklung im Gas- und Erdölhandel

Kraftwerke der Vattenfall Europe:Die Standorte Brunsbüttel, Moorburg und Wedel befin-

den sich im Großraum Hamburg, die Werke Thyrow und

Ahrensfelde sind nahe Berlin angesiedelt.

Direkt in Berlin befinden sich die Heizkraftwerke Lichter-

felde, Mitte (im Bild), Klingenberg, Reuter, Buch, Köpe-

nick, Wilmersdorf und Charlottenburg sowie die Heiz-

werke Prenzlauer Promenade, Blankenburger Straße,

Adlershof, Altenglienicke, Friedrichshagen, Treptow,

Scharnhorststraße und Görschstraße.

Quelle: Vattenfall Europe

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tow, Scharnhorststraße und Görschstraße. Für

alle Anlagen richtet das Team von Marion Münz

eigene Online-Messdatenübertragungsstellen ein,

wertet täglich die Bedarfsmengen aus, berech-

net die Abnahmemengen anhand von Wetterda-

ten und historischen Daten für jedes Kraftwerk,

meldet diese Daten den Netzbetreibern, denen

die Gastransportnetze gehören und speist das

Gas physikalisch in die Transportnetze. „Eine

große logistische Aufgabe, die gut ausgebildete

Mitarbeiter mit einem ausgeprägten Verantwor-

tungsbewusstsein erfordert. Unser Ziel ist es,

Fortsetzung von Seite 9

Zentrales Handelshaus auf Erfolgskurs

durch die Zentralisierung des Einkaufs und des

Belieferungsmanagements die operativen und

finanziellen Risiken unserer Kunden zu minimie-

ren“, erklärt Marion Münz.

Laut Marion Münz war hierzu einiges an Vorarbeit

zu erledigen. Neben dem Aufbau von komplexen

Beschaffungsstrukturen mit Transportwegen und

dem Kauf von Speicherkapazitäten gehörten hier-

zu auch das Verhandeln und der Abschluss von

langfristigen Gasbezugsverträgen. Ende 2008

schloss Vattenfall Trading Services einen solchen

Liefervertrag mit VNG ab.

Eine vertragliche Zusammenarbeit der VTS mit der

Leipziger VNG besteht seit Frühjahr 2008. Korrek-

terweise muss vermerkt werden, dass es bereits

über etliche Jahre zuvor eine enge Kooperation

mit Vattenfall gab. Doch exakt seit dem März des

Vorjahres werden von VNG Erdgas-Handelsmen-

Abendstimmung an den Landungsbrücken.

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KurzchronikDie Vattenfall Europe AG ist aus den vier Unternehmen Bewag, HEW, LAUBAG und VEAG entstanden | April 1998: Startschuss zur

Neuordnung: Ein neues Energiewirtschaftsgesetz in Deutschland | November 1999: Vattenfall AB gewinnt eine internationale

Ausschreibung zum Erwerb von 25,1 Prozent der Anteile der Hamburgische Electricitäts-Werke AG (HEW) | Oktober 2000: Vat-

tenfall AB erwirbt weitere Anteile an der HEW und wird damit neuer Mehrheitseigentümer | November 2000: Der Berliner Senat

erzielt eine Einigung mit Vattenfall, HEW und E.ON über den Mehrheitserwerb der Bewag, doch Southern Energy (heute: Mirant)

bleibt hart | Dezember 2000: HEW gewinnt ein internationales Ausschreibungsverfahren zum Erwerb der Mehrheit an VEAG und

LAUBAG. Damit steht das Fundament für die „neue Kraft“ | Dezember 2001: Vattenfall AB und Mirant werden sich einig. Vattenfall

AB übernimmt alle Anteile Mirants an der Bewag. Im Februar 2002 tritt die HEW in diesen Vertrag ein | Januar 2002: Die „neue

Kraft“ erhält einen Namen. Der Konzern soll künftig „Vattenfall Europe“ heißen | August 2002: Die Vattenfall Europe AG entsteht

aus der Fusion von HEW und VEAG | Januar 2003: Aus der LAUBAG, dem Bergbauunternehmen des Konzerns, wird die Vattenfall

Mining AG | Januar/Februar 2003: Die Aktionäre der Bewag AG und Vattenfall Europe AG stimmen der Verschmelzung der Bewag

AG auf die Vattenfall Europe AG zu | August 2005: Vattenfall AB, die schwedische Muttergesellschaft, ist bereit, 100 Prozent der

Anteile an ihrer deutschen Tochter der Vattenfall Europe AG zu übernehmen | 1. Januar 2006: Markenüberleitung: Die ehemalige

Bewag heißt jetzt Vattenfall Europe Berlin und die früheren Hamburger Electricitätswerke (HEW) heißen Vattenfall Europe Hamburg

April 2006: Vattenfall Europe hat ihre Verteilungsnetzbetriebe ausgegliedert. Die Netzgesellschaften Vattenfall Europe Berlin

GmbH und Vattenfall Europe Hamburg GmbH sind hundertprozentige Töchter der Vattenfall Europe AG.

gen, auch für den Eigenbedarf, über Kurzfrist-

sowie Jahresverträge über das Hamburger Team

bezogen. Seitens der Leipziger zeichnen dafür

Dr. Stephan Krein, Leiter Gasverkauf Industrie-

und Geschäftskunden, sowie Verkaufsleiter Silvio

Grafe verantwortlich. Gut arbeiten die Hambur-

ger auch mit Bernd Protze hinsichtlich der Spei-

cherkapazitäten und mit Marco Penzhorn, Leiter

Gashandel, insbesondere beim Kurzfristhandel,

sowie mit André Burkhardt zusammen. Frau Münz

bezeichnet die Zusammenarbeit mit den Leipziger

VNG-Partnern als immer fair, sie seien stets in-

novativen Vorschlägen aufgeschlossen und vor

allem sehr zuverlässig.

Marion Münz begann ihre berufliche Laufbahn in

einem Ingenieurbüro als Referentin des Geschäfts-

führers sowie als Mitarbeiterin der dortigen Rechts-

abteilung, wo sie vor allem für Baurecht zuständig

war. Über die weiteren Stationen PreussenElektra

und E.ON kam sie zu den Stadtwerken Hannover,

wo sie als Vorstandsreferentin arbeitete. Von dort

Deutsches SchauspielhausBrücke in der Speicherstadt HafenCity

Hanseatic Trade Center.

Fotos: IMAGEKONTOR

holte sie Ralf Baer in das Hamburger VTS-Team.

Privat gilt ihr Interesse dem Laufsport: Durch

Anregung der Kollegen im Gashandel nahm sie im

vergangenen Jahr erstmals am Rennsteiglauf teil.

Sie und ihre Kollegen waren von der Atmosphäre

dieses Klassikers so angetan, dass sie mit einer

noch größeren Gruppe von VTS-Mitarbeitern inner-

halb des traditionellen Erdgas-Teams im Mai 2009

in Oberhof erneut an den Start gehen werden. Bei

Besuchen von VNG bot sich ihr die Gelegenheit,

Leipzig besser kennen und schätzen zu lernen, da

die VNG-Mitarbeiter ihren Gästen gern die Schön-

heiten ihrer Heimatstadt nahebringen.

Übrigens: Das VTS-Team plant, die Leipziger

VNG-Partner zu einem Besuch einzuladen und

Marion Münz meinte, dass da vielleicht auch ich

mitkommen könnte. Herzlichen Dank für diese

sehr freundliche Einladung.

Helmut Rosan, freier Redakteur

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Behaglich dank „Smart“ im Keller

Dass Blockheizkraftwerke (BHKW) energetisch

das Beste sind, was es derzeit auf dem Markt der

vergleichbaren Produkte gibt, ist längst bekannt –

vor allem wegen ihrer Effizienz. „Unfug“, kom-

mentiert diese Feststellung der Geschäftsführer

der PowerPlus Technologies GmbH in Gera, Olaf

Ortlieb, „das ist zwar richtig, aber eben längst

nicht bekannt. Wäre das der Fall, würden uns die

Türen eingerannt. So steigen zwar die Stückzahlen

der bei uns gebauten Mini-BHKW ebenso wie die

Umsätze, aber nicht in dem Umfang, wie es bei der

Leistungsfähigkeit dieser Maschinen sein müsste –

schon gar nicht bei den weltweit wachsenden

Energiekosten.“

Unbekannte Technologie?

Anders gesagt: In der Öffentlichkeit ist weitge-

hend unbekannt, was die aus Gera stammenden

kleinen Kraftwerke unter der Marke ecopower

können. Deshalb hat die 30-köpfige Belegschaft

kein Problem, mehrere 100 Maschinen herzu-

stellen, die jährlich auf dem Markt ihre Käufer

finden. Ohne Schwierigkeiten könnte die Firma

auch 3.000 Mini-BHKW produzieren, aber wie Herr

Ortlieb eben versichert, wissen nur wenige Leute,

was die Anlagen leisten können, die sich in ihrer

bisherigen Auslegung für Mehrfamilienhäuser,

Kleingewerbe, Pensionen, Altersheime, Praxen,

Fitnessstudios oder Hotels eignen.

Smart stand Pate

Entstanden sind die Ideen für solche Anlagen bei

der „Smart“-Entwicklung, die vom Schweizer Un-

ternehmen Swatch ausgelöst wurde. Als Partner

Daimler die Projekte allein fortsetzte und den Über-

legungen für einen Hybridmotor nicht folgte, wurde

in der Schweiz am Kernstück zwischen 1996–99

weiter entwickelt. Seit das Gerät serienreif ist, wird

es in der Firma PowerPlus Technologies in Gera

hergestellt. Als Mutterunternehmen übernahm

Vaillant 2004 den Betrieb, denn die hocheffizi-

enten Mini-BHKW aus Thüringen passen genau

ins Produktionsprofil des Heizgeräteherstellers;

es übertrifft in der Effizienz und im Preis eine

VNG hat gemeinsam mit der Firma Vaillant ein

Aktions-Programm entwickelt, um die zukunfts-

weisende und energieeffiziente Mini-BHKW-Tech-

nologie flächendeckend im Markt einzuführen.

Wir haben die Vaillant-Vertriebstochter Power-

Plus Technologies GmbH in Gera besucht und

mit dem Geschäftsführer Olaf Ortlieb und dem

Vertriebsingenieur Frank Gäbel über die kleinen

Wunderwerke der Technik gesprochen.

Das Kraftpaket.plus der Mini-Blockheizkraftwerke Das Kraftpaket.plus ist eine Initiative von VNG und der PowerPlus Technologies GmbH um den Einsatz von Mini-Blockheiz-

kraftwerken zu unterstützen. Die Kooperation zwischen beiden Unternehmen wurde Anfang Januar 2009 geschlossen und

knüpft an die am 1. Januar 2009 vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU) geschlossene

Richtlinien zur Förderung von Mini-KWK-Anlagen.

Weitere Informationen unter: www.verbundnetzplus.de

Unterzeichneten auf der enertec in Leipzig einen Kooperationsvertrag zur Förderung des Einsatzes von ecopower Mini-Block-

heizkraftwerken: Dr. Achim Westebbe, Direktor Kundendienst/Marketing bei VNG, und Olaf Ortlieb, Geschäftsführer der Power

Plus Technologies GmbH, Gera. Foto: Christian Schneider

Page 13: medium gas 2009.1

So funktioniert ein Mini-BHKW: Ein Motor treibt einen Generator an, der Wärme und Strom erzeugt. Die Wärme wird zum

Heizen verwendet. Der Strom wird im eigenen Haushalt genutzt, wobei überschüssiger

Strom in das öffentliche Netz eingespeist werden kann. So lassen sich Wärme und Strom

wesentlich effizienter erzeugen. Der Wirkungsgrad kann bis zu 90 % betragen. Die eco-

power Mini-BHKW’s können den Primärenergieverbrauch um etwa ein Drittel gegenüber

konventioneller Energieversorgung reduzieren. Der Einsatz eines Mini-BHKW leistet

dabei einen direkten Beitrag zum Umweltschutz, denn der CO2-Ausstoß kann sich um bis

zu 60 % verringern.

13 medium gas | 2009.1

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Heizungsanlage fürs Einfamilienhaus, liegt aber

unter Großanlagen des Mutterhauses.

Anreizprogramm fördert Mini-BHKW

Für die Mini-BHKW-Herstellung werden spezielle

Gasmotoren eingebaut und viele Teile aus Schwei-

zer Präzisionsbetrieben genutzt. Das sichert ein

hochwertiges Produkt, hat aber auch seinen Preis,

schon weil es nur in Kleinserie hergestellt wird.

Und das hat auch mit der geringen Nachfrage

zu tun.

Anlagen. Der Kooperationsvertrag von VNG und PPT

setzt auf diese Förderung noch eins drauf. Das Ziel

von VNG begründete Dr. Achim Westebbe damit:

„Wir wollen moderne Technologie zu vernünftigen

Preisen einer verstärkten gewerblichen Nutzung

zuführen. Wenn die PowerPlus Technologies mit

dem Handwerk gut zusammen arbeitet, das ja

letztlich die Anlagen beim Kunden betreut, braucht

es Argumente.“ Zu der überlegenen Technologie

und der Förderung durch die Regierung könne der

Aktionspreis hinzukommen.

Um dem entgegen zu wirken, unterzeichneten auf

der Leipziger Energiefachmesse enertec Ende

Januar Dr. Achim Westebbe, Direktor Kunden-

dienst/Marketing bei VNG, und Olaf Ortlieb, Ge-

schäftsführer der PowerPlus Technologies GmbH,

Gera, einen Kooperationsvertrag zur Förderung

des Einsatzes von ecopower Mini-Blockheizkraft-

werken (Mini-BHKW). Insgesamt 200 ecopower

Mini-BHKW mit einer elektrischen Leistung von

jeweils 3 kW bzw. 4,7 kW können Verbraucher

im Marktprogramm Kraftpaket.plus zu einem

Aktionspreis kaufen.

Staatliche Förderung

Damit soll der Anreiz für potenzielle Anwender

erhöht werden, sich jetzt dieser günstigen Form der

Energieherstellung zu verschreiben. Hintergrund ist

das Ziel der Bundesregierung, bis 2020 den Anteil

von Strom aus KWK (Kraft-Wärme-Kopplung) auf

25 Prozent zu erhöhen. Damit soll Energie gespart

und ein Beitrag zum Klimaschutz geleistet werden.

Um einen Anreiz zu schaffen, verabschiedete das

Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und

Reaktorsicherheit (BMU) die ab 1. Januar 2009

geltende Richtlinien zur Förderung von Mini-KWK-

Technisches Wunderwerk

Herzstück der Geraer Mini-BHKW ist ein Vier-

Takt-Otto-Motor, an dem kein Auto hängt. Nach

dem Getriebe kommt ein Generator für die Stro-

merzeugung. Der gewonnene Gleichstrom wird

in Wechselstrom umgewandelt und kann für

den eigenen Verbrauch verwendet oder ins Netz

eingespeist werden – das bringt die jeweils ak-

tuelle Vergütung. Die beim Antrieb entstehen-

de Wärme, die beim Auto über den Kühler in

die Atmosphäre geht, wird hier genutzt. Über

Wärmeaustauscher wird sie an ein Heizsystem

weitergegeben. Im Sommer kann man es auch

als Kühlung nutzen.

Effiziente Geräte

So lassen sich Wärme und Strom wesentlich effi-

zienter erzeugen. Der Wirkungsgrad beträgt bis

zu 90 Prozent. Die ecopower Mini-BHKWs können

den Primärenergieverbrauch um etwa ein Drittel

gegenüber konventioneller Energieversorgung

reduzieren. Ein Mini-BHKW leistet auch noch

einen direkten Beitrag zum Umweltschutz, denn

der CO2-Ausstoß kann sich um bis zu 60 Prozent

verringern.

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Fortsetzung von Seite 13

Behaglich dank „Smart“ im Keller

Hohe Laufzeiten

Der Geraer Vertriebsingenieur Frank Gäbler hält

die verbreitete Unwissenheit über die eingesetzte

Technik für einen Grund, Mini-BHKW etwas miss-

trauisch zu begegnen: „Dass ein Automotor nach

weniger als 1.000 Betriebsstunden eine Durchsicht

braucht, hält jeder für normal. Unsere Anlagen

laufen im Jahr bis zu 8.000 Stunden. Das heißt,

halbjährliche Durchsichten sind kein Zeichen

für Störanfälligkeiten sondern üblich.“ Um aber

solche Informationen flächendeckend unter die

Leute zu bringen, ist ein extrem hoher Aufwand

des Geraer Unternehmens notwendig. Umso mehr

passt der Vertrag mit VNG. Der Erdgasimporteur

fördert Aktionen, die das Produkt Erdgas in den

Mittelpunkt rücken.

Kraftwerk mit vielen Vorteilen

Das Mini-BHKW läuft mit Erdgas oder auch mit

Flüssiggas. Die Anlagen sind also generell geeig-

nete Abnehmer für VNG. Die andere Informations-

hilfe läuft über das Mutterhaus Vaillant, wo man

größere Kapazitäten hat, Aufklärung im ganzen

Land zu schaffen.

Auf die technischen Vorzüge wollen Laien vielleicht

gar nicht hingewiesen werden. Der speziell ent-

wickelte Gasmotor für stationäre Anwendungen

wird mit Generator, Stromwandler, Wärmetauscher

sowie elektronischen Steuerteilen bestückt, er-

probt und dann ausgeliefert. Wichtig sind aber

die ökonomischen Daten, denn wer so ein Klein-

kraftwerk kauft, muss es ja bezahlen, also vorher

wissen, worauf er sich einlässt.

Die Geraer Fachleute erklären: So ein BHKW kostet

zusammen mit dem Einbau etwa 23.000 Euro. Das

klingt erst einmal viel. Allerdings kann man damit

rechnen, dass allein 7212 Euro durch staatliche

Förderung hereinkommt, also nicht vom Investor

bezahlt werden muss. Dazu kommen Zuschläge

für jede erzeugte Kilowattstunde bzw. durch Ver-

meidung von Strombezug durch Eigennutzung.

Reiner Gewinn

Auch wenn die Energiekosten sofort eingefro-

ren würden, wäre der Mehraufwand nach vier

bis zehn Jahren wieder erwirtschaft. Praktisch

bringt so ein Mini-BHKW nach wenigen Jahren

Laufzeit einen reinen Gewinn für den Betreiber.

Praktisch dürfte sich das noch erhöhen, weil

langfristig eher steigende Energiepreise zu er-

warten sind.

Modulierende Technik

Eine der pfiffigsten Ideen dieser Entwicklung

besteht darin, dass sie sich im Gegensatz zu den

meisten herkömmlichen Heizungen modulieren

lässt. Das heißt: Sie springt nicht bei einer be-

stimmten Temperatur an und geht beim Erreichen

einer entsprechend höheren wieder aus. Das

erhöht den Kraftstoffverbrauch und führt zum

schnelleren Verschleiß der Teile. Das Geraer

Mini-BHKW läuft je nach Bedarf mal schneller,

mal langsamer, verbraucht dadurch gleichmäßiger

Gas und schont den Motor. Die Thüringer Fach-

leute meinen: eine solch modulierende Technik,

die heute noch selten ist, wird in ein paar Jah-

ren alltäglich sein. Sie bieten diese aber heute

Ecopower – Fortschrittliche Technik für AnwenderDie PowerPlus Technologies GmbH wurde Anfang 2004 als 100%ige Tochter von

Vaillant – einem der größten Heiztechnik-Hersteller der Welt – gegründet. Mit

der Übernahme des ecopower Mini-BHKW gelang es, sich innerhalb kurzer Zeit im

Segment von 5 kW elektrischer Leistung der dezentralen Energieversorgung als

Technologieführer zu etablieren. Der Vertrieb des ecopower Mini-BHKW erfolgt über

ein bundesweites Netz von autorisierten und qualifizierten Fachbetrieben.

Weitere Informationen unter www.vaillant.de bzw. www.ecopower.deFoto: Vaillant

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Das Herzstück – der Gasmotor – wurde in den USA entwickelt und wird vormontiert nach Gera geliefert. | Hier werden die fertigen Mini-BHKW auf Herz und

Nieren geprüft. Fotos: Vaillant

schon an, haben also deutlichen Vorsprung.

Im Unterschied zu den meisten üblichen Hei-

zungen empfehlen die Hersteller einen Standort

im Keller; schließlich handelt es sich um einen

Gasmotor, der das Ganze betreibt. Die erheblich

längeren Laufzeiten gegenüber einem Gasheizkes-

sel sind für die Wirtschaftlichkeit entscheidend.

Der Geräuschpegel ist vergleichbar mit einem

Ölgebläsekessel. Also schafft der „Smart“ in der

Energiezentrale eine behagliche Atmosphäre im

ganzen Gebäude.

Und was ist mit der Brennstoffzelle, werden jetzt

manche Leute fragen? Viele erwarten doch davon

die wirklich zukunftsträchtige Lösung für Energie-

erzeugung? Sicherlich ist das richtig, vorläufig aber

arbeiten zahlreiche Energieunternehmen gemein-

sam mit der Industrie am Thema Brennstoffzellen –

auch VNG. Serienreif und vor allem preiswert ist

aber noch keine. Das heißt: das Mini-BHKW könnte

die ideale Zwischenlösung für viele Jahre sein, bis

dieses Zukunftserzeugnis einmal läuft.

Erzeugung vor Ort

In der vorliegenden Ausstattung greift das kleine

Kraftwerk auch die bisher in der Praxis gesammel-

ten negativen Erfahrungen auf, denen zufolge, Ener-

gieversorgung über große Entfernungen hinweg

immer zu Verlusten führt, die man nicht verhindern

kann. Denn die Energie wird vor Ort erzeugt, also

dort, wo sie gebraucht wird. Damit ist sie allen

anderen Varianten überlegen. Deshalb schalten

die Fachleute in Kleinsiedlungen lieber zwei An-

lagen hintereinander, als lange Energieleitungen

mit ihren Verlusten in Kauf zu nehmen.

Günstige Alternative

Weshalb die Geraer Maschinen im Osten gefragter

sind als im Westen, dafür hat Ortlieb auch eine

einfache Erklärung parat: „Objektmieten, ob im

Mehrfamilienhaus oder Gewerbe, sind als ein-

ziges im Osten deutlich niedriger als im Westen.

Umso mehr fallen hohe Nebenkosten ins Gewicht.

Deshalb sind Alternativen gefragt, die vielleicht

in der Anschaffung teurer sind, langfristig aber

helfen, Geld zu sparen.“

Zukünftiger Wachstumsmarkt

Dass der Markt für solche Geräte noch deutlich

wachsen könnte, davon sind die Hersteller über-

zeugt. Sie erwarten 2009 einen Produktionszu-

wachs um 30 Prozent. Dazu soll auch der neue

Vertrag mit VNG beitragen. Die „guten Argumente“,

von denen Dr. Westebbe bei Vertragsunterzeich-

nung sprach, die die Maschinen darstellen, können

mithelfen, dass die anderswo registrierte Rezession

nicht nur um die Geraer Firma einen Boden macht,

sondern auch um die Handwerker, die sich schulen

lassen, solche Kleinkraftwerke einzubauen und

regelmäßig zu warten. Jeder kann dazu beitragen,

den Ruf der effizienten BHKW zu verbessern.

Thomas Biskupek, freier Journalist

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Neuer Auftritt für VNG-Gruppe und Verbundnetz plus

Das neue VNG-Portal

„Unser Ziel war die konsequente Um-

setzung eines gruppenübergreifenden

Auftrittes, der alle Aktivitäten unserer

Unternehmen bündelt, ohne dabei ihre

Spezialisierungen zu vernachlässigen“,

erklärt Siegbert Ketelhut, Leiter Öffent-

lichkeitsarbeit/Interne Kommunikation

bei VNG den neuen VNG-Auftritt.

Seit Februar präsentiert sich die VNG-

Gruppe mit einem neuen Portalauftritt.

Unter www.vng.de finden sich jetzt zentral

alle Informationen rund um die Geschäfts-

felder und Leistungen von VNG und ihren

Tochtergesellschaften. Die technische

Umsetzung des gesam-

ten Webauftrittes im

Content Management

System übernahm die

IT-Tochter ECG – Erdgas

Consult GmbH Leipzig.

Das ist neu:

Navigation: Bei der

Neugestaltung wurde

vor allem auf Anwen-

derfreundlichkeit und

eine leichte Navigation

Wert gelegt. Mit weni-

gen Klicks gelangt der

Internetnutzer zu allen

relevanten Informati-

onen zur VNG AG, etwa

zur Gasbeschaf fung

über Import und Han-

delsaktivitäten oder zu

den Explorations- und

Produktionsvorhaben in

Norwegen.

Teaserboxen: Mit Hilfe von Teaserboxen

am rechten Seitenrand werden zusätzlich

themenspezifische Informationen wie Kon-

taktdaten, Downloads und zusätzliche

Hintergrundberichte eingespielt.

Gasverkauf: Im Gasverkaufsbereich

haben die Kunden von VNG die Produkt-

palette und alle Ansprechpartner auf einen

Blick. Selbst Lieferanfragen können über

die Plattform gestellt werden.

Neuer Pressebereich: Kommunikation

und Information ohne Grenzen für Medi-

envertreter verspricht der komplett neu-

gestaltete Pressebereich. Neben den aktu-

ellen Pressemitteilungen von VNG finden

Der neue Webauftritt der VNG-Gruppe.

Journalisten hier auch Terminvorschauen

und die zentralen Ansprechpartner. Im

Mediacenter können kostenlos Fotos, Gra-

fiken und Videos heruntergeladen werden.

Über ein Bestellformular können zudem

Geschäftsberichte und wichtige Publika-

tionen bestellt werden.

Das neue Dienst-leistungsportal

VNG hat es sich zum Ziel gesetzt, sämt-

liche Dienstleistungen der Unterneh-

mensgruppe auf der Plattform Verbund-

netz plus als eigenständiges Angebot

neben dem eigentlichen Gasgeschäft

Internet

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Energieversorger Industrie- und Geschäftskunden Erdgas als Kraftstoff

Marketing- und Vertriebs-

kommunikation

Technische Dienstleistungen

IT-Beratung und Software

Technische Dienstleistungen

Energieberatung

Schulungen

Werbemittel

Beratungsleistungen

Erdgasfahrzeuge

Werbung/Verkaufsförderung

Wirtschaftlichkeitsrechner

Energieversorger, Industrieunternehmen und Marktpartner finden unter www.verbundnetzplus.de auf sie zugeschnittene Leistungspakete.

zu bündeln. Kunden soll dadurch eine

schnelle und zentrale Zugriffsmöglichkeit

auf das Dienstleistungsportfolio sowie

die interaktive Anbahnung der dazu ge-

hörigen Geschäftsprozesse ermöglicht

werden.

Das ist neu:

Corporate Design (CD): Das Verbund-

netz plus-Portal wurde an das CD von VNG

angepasst, um einen klaren Wiedererken-

nungseffekt bei der Dienstleistungsmarke

zu erzielen. Verbundnetz plus präsentiert

sich in den Firmenfarben, Schriften und

weiteren Kernelementen des Unterneh-

mens-CDs.

Navigation: Das Portal ist in erster Ebene

nach den Kundengruppen Energieversor-

ger, Industrie- und Geschäftskunden und

Erdgas als Kraftstoff-Nutzern gegliedert.

Darunter finden sich in der Navigation die

kundenspezifischen Dienstleistungen.

Benutzerfreundlichkeit: Für einen

schnellen und einfachen Einstieg wer-

den auf der Startseite mehrere Möglich-

keiten zur Verfügung gestellt, um die

gewünschten Information zu finden. Ein-

zelne Kundenmeinungen geben Hinweise

zum praktischen Einsatz der jeweiligen

Dienstleistungen und verweisen auf die

entsprechenden Produktgruppen. Ak-

tuelle Service-Angebote sind über ein

Schlagwortverzeichnis verlinkt. Darüber

hinaus kann während der gesamten Zeit

auch über die Inhaltsübersicht im unteren

Bereich der Website quer durch die The-

men „gesprungen“ werden.

Demnächst auf Verbundnetz plus

Zurzeit befindet sich ein geschützter Be-

reich im Aufbau. Über eine einfache Pass-

wort-Abfrage erhalten die Nutzer künftig

neben detaillierten Produktinformationen

auch Formulare, Präsentationsunterla-

gen, Veröffentlichungen sowie Bilder zum

Download. Darüber hinaus können in

Zukunft auch Werbemittel direkt über den

Online-Shop bezogen oder sich für eine

Veranstaltung angemeldet werden.

Der neue Webauftritt von Verbundnetz plus.

Für Verbundnetz plus

Karsten Wendler

Strategisches Marketing bei VNG

Tel. 0341 443 - 2319

[email protected]

Ihre Ansprechpartner

Für das Portal der VNG-Gruppe

Mandy Nickel

Öffentlichkeitsarbeit/Interne Kommunikation

Tel. 0341 443 - 2045

[email protected]

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Erdgasfahrzeuge live erleben!VNG bietet ihren Kunden ab Mai 2009 mit „Erdgasfahrzeuge live erleben!“ ein Event-Produkt zur Live-Kommunikation an, das

Autofahrer für Erdgasfahrzeuge begeistern und die Markteinführung neuer Erdgasfahrzeuge unterstützen soll.

VNG möchte mit „Erdgasfahrzeuge live erleben!“

ihre Kunden zukünftig noch stärker bei der Akquisi-

tion und Beratung von potenziellen Erdgasfahrern

unterstützen. Ziel ist es, durch fachlich fundierte

Beratung zum Thema Erdgas als Kraftstoff sowie

durch die Möglichkeit, den praktischen Umgang

mit einem Erdgasfahrzeug zu testen, das Inte-

resse der Autofahrer für Erdgas als alternativen,

umweltschonenden und preiswerten Kraftstoff

zu wecken und die Kaufentscheidung in Richtung

Erdgasfahrzeuge zu lenken.

Dazu hält VNG die vier aktuellen serienmäßigen

Erdgasmodelle Mercedes-Benz B 170 NGT, Opel

Zafira 1.6 CNG Turbo, VW Passat 1.4 TSI EcoFuel

und Fiat Grande Punto Natural Power im Fuhrpark

vor. Sie können im Rahmen der Aktion „Erdgas-

fahrzeuge live erleben!“ für Veranstaltungen ge-

bucht werden. Ergänzt wird das Fahrzeugangebot

durch ein „Rundum-Sorglos-Paket“ mit folgenden

Leistungen:

• Beratung zu zielgruppenrelevanten

Veranstaltungen,

• Standort- und Händlerkommunikation,

• Überführung der Fahrzeuge zu den

geplanten Veranstaltungsorten,

• Bereitstellung des Stand-Equipments,

• Umfangreiche Beratungs- und Serviceleistungen

durch geschultes Personal (Technik, Probe-

fahrtbegleitung, Beratung und Vorführung am

Fahrzeug, Informations- und Werbematerial,

Wirtschaftlichkeitsberechnungen),

• Unterstützung oder vollständige Organisation

der Veranstaltung,

• Datenaufnahme und Nachfassen der generierten

Kontakte.

Der empfohlene Aktionszeitraum beträgt 3 Tage.

Eine frühzeitige Anmeldung ist zweckmäßig.

VW Passat TSI

EcoFuel Variant

Ihre Ansprechpartner

Peter Ganczarski

Operatives Marketing/Beratung

Tel. 0341 443 - 2286

Fax 0341 443 - 2922

[email protected]

Steffen Hesse

Operatives Marketing/Beratung

Tel. 0341 443 - 2904

Fax 0341 443 - 2922

[email protected]

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Strom- und Gashandel

Grenzenloser Energiehandel in einem dynamischen Markt

Energiemarkt mit volatilen Preisen.

Strom- und Gashandel, strukturierte Beschaffung, Portfoliomanagement und Preisprognosen sind das tägliche Geschäft

der ENERGIEUNION AG. Von Schwerin aus handelt das Unternehmen, an dem VNG mit rund 92 Prozent beteiligt ist, auf den

europäischen Energiemärkten – ohne über eigene Kraftwerke, eigene Leitungen und über einen eigenen Bedarf zu verfügen.

Ein Ziel haben die dynamischen Norddeutschen dabei immer vor Augen: „Direkt am Markt agieren, nachhaltig profitieren“.

Wir stellen den Energiedienstleister und sein Geschäftsumfeld näher vor.

In der Altstadt von Schwerin, in unmittel-

barer Nähe zum Pfaffenteich und zentral

in der Fußgängerzone gelegen hat die

ENERGIEUNION ihren Sitz. Ein altehrwür-

diges Gebäude, mit traditioneller Fassa-

de hat sich der Energiehändler aus der

mecklenburgischen Landeshauptstadt vor

über 10 Jahren ausgesucht. Ganz so klas-

sisch wie der Hauptsitz ist das Geschäft

des 13-Mann-Unternehmens allerdings

nicht, denn die ENERGIEUNION handelt

mit Strom und Gas.

Stromwettbewerb kommt in Schwung

Bis 1998 gab es in Deutschland nur weni-

ge Energiehandelsgeschäfte, weil Liefe-

ranten und Kunden zweiseitige Verträge

miteinander abschlossen. Regionalver-

sorger und Stadtwerke mit eigenen Kraft-

werken deckten mit dem erzeugten Strom

ihren Eigenbedarf und kauften allenfalls

zusätzliche Mengen beim Vorlieferanten

ein. Die Märkte waren monopolisiert,

an einen Handel mit der Ware Energie

vergleichbar mit dem Aktienhandel war

nicht zu denken. Erst als am 25. April

1998 das „Gesetz zur Neuregelung des

Energiewirtschaftsrechts“ in Kraft trat,

hatten Energieversorgungsunternehmen

plötzlich die Möglichkeit, Strom und Gas

auch außerhalb ihres angestammten Ver-

sorgungsgebietes zu verkaufen.

Börsengeschäfte entwickeln sich

Der Liberalisierungsprozess machte Strom

zur frei handelbaren Ware und ebnete

neuen Handelsgeschäften den Weg.

Bereits 1996 wurde die skandinavische

Strombörse Nordpool gegründet. Im Juni

1999 nahm die APX – Amsterdam Power

Exchange ihre Tätigkeit auf. Ein Jahr später

starteten mit der Leipzig Power Exchange

(LPX, Leipzig) und der European Ener-

gy Exchange (EEX, Frankfurt am Main)

gleich zwei Energiebörsen am deutschen

Markt. Im November eröffnete in Paris die

Powernext, weitere Börsen und Online-

Plattformen für den Stromhandel traten

in ganz Europa in Konkurrenz zueinan-

der. Viele große Energieversorger, aber

auch Industriebetriebe, gründeten eigene

Stromhandelsabteilungen oder stiegen ge-

meinsam mit Partnern in den Stromhandel

ein. Die Optimierung von Strombezug und

Stromabsatz wurde für Handelspartner

und Erzeuger aus dem In- und Ausland

zum wichtigen Erfolgsfaktor.

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Erfolg durch Ein- und

Verkaufsoptimierung

Für alle Akteure ging es im Strommarkt

von Anfang an darum, die Mengen- und

Preisrisiken weitestgehend abzusichern

bzw. zu minimieren und beim Stromein-

kauf möglichst sichere und günstige Be-

dingungen auszuhandeln. „Aufgrund von

volatilen Märkten, hervorgerufen bei-

spielsweise durch Wetterveränderungen,

Preisschwankungen der Primärenergien,

Netzengpässen, Kraftwerksabschal-

tungen, politischen Eingriffen oder neuen

Technologien, ist der Preis im Strommarkt

sehr variabel. Der Schlüssel zum Erfolg

lag für Händler und Erzeuger daher von

Anfang an beim richtigen Ein- und Verkauf

von Strom auf den Großhandelsmärkten“,

erklärt André Burkhardt, Vorstand der

ENERGIEUNION AG.

ENERGIEUNION AG startete 1996

Das Unternehmen aus Mecklenburg-Vor-

pommern kennt sich mit der Portfolio-

optimierung bestens aus. Bereits zwei

Jahre vor der Strommarktliberalisierung

ging es im März 1996 als Gesellschaft für

energiewirtschaftliche Zusammenarbeit

an den Start. Ein Jahr darauf traten die

Stadtwerke Neubrandenburg, Schwerin

und Rostock dem Verbund bei. Damals

war die Aufgabe der ENERGIEUNION AG

darauf beschränkt, die Beschaffung der

drei Kommunalunternehmen zu struktu-

rieren und das Angebot an Kraftwerks-

leistungen und den Bedarf an Strom in

optimaler Weise zusammenzuführen.

Einstieg ins Handelsgeschäft

Seit 1999 richtet die ENERGIEUNION AG

ihr Augenmerk verstärkt auf den Strom-

und Gashandel im europäischen Umfeld.

„Wir wollten von Beginn an für unsere

Handelspartner eine Schnittstellenfunk-

tion übernehmen, damit sie Energiebe-

Fortsetzung von Seite 19

Grenzenloser Energiehandel in einem dynamischen Markt

Spotmarkt

Auf einem Spotmarkt wird ein Geschäft, bestehend aus Lieferung, Abnahme und Bezahlung, unmit-

telbar abgewickelt. Die Frist für diese Geschäfte liegt in der Regel bei zwei Börsentagen, d. h. für

den gleichen und den folgenden Tag. Alle Geschäfte mit einer Fälligkeit ab drei Tagen werden dem

Terminmarkt zugerechnet.

Terminmarkt

Auf Terminmärkten wird die Erfüllung des Vertrages in die Zukunft verschoben. Die Vertragspartner

gehen eine Art Wette über die künftige Preisentwicklung ein. Auf Terminmärkten werden Mengen

ohne „physikalische Erfüllung“ gehandelt. Das setzt wiederum das Vorhandensein von Spotmärkten

voraus, also einer Börse mit realen Energielieferungen.

Handelsprodukte

Auf den Terminmärkten gibt es zahlreiche Produkte, unter ihnen die vier wichtigsten: Futures, Swaps,

Optionen und Derivate.

Future-Kontrakte sind eine Form von Termingeschäften. Dabei schließen zwei Handelspartner einen

verbindlichen Vertrag über die Abnahme und Lieferung einer Gasmenge für einen bestimmten Zeit-

raum und zu einem vorab festgelegten Preis. Vorteil: beide Partner kaufen und verkaufen zu einem

zugesicherten Preis unabhängig davon, wie sich die Spotmarktpreise entwickeln. Wenn sich die

Verkaufspreise zum Lieferzeitpunkt verringert haben, dann hat der Verkäufer Gewinn, unabhängig

davon wie sich der Marktpreis zum Lieferzeitpunkt entwickelte.

Swap-Produkte sind vergleichbar mit Future-Kontrakten. Ein Handelspartner legt den Referenzpreis

(zum Beispiel für Öl oder Gas) zu einem bestimmten Datum in der Zukunft fest, während sich der

Andere verpflichtet, diesen Preis unabhängig von dem an diesem Datum herrschenden Marktpreis

zu zahlen. Im Gegensatz zu Futures sind Swaps weniger standardisierte Produkte, die außerbörslich

am OTC-Markt gehandelt werden.

Neben Futures und Swaps unterscheidet man noch Optionen. Dabei erklärt sich der Verkäufer einverstan-

den, dem Käufer den Unterschied zwischen dem Marktpreis und dem vereinbarten Preis zu bezahlen,

wenn der Marktpreis für den betreffenden Rohstoff günstiger ist als der vereinbarte Preis. Sie bietet

damit eine Absicherung gegen Preisschwankungen über oder unter dem vereinbarten Niveau.

Der Oberbegriff für Futures, Swaps und Optionen ist Derivate. Sie garantieren den Kauf und Verkauf

von Energie zu einem vorher festgelegten Preis.

Grundbegriffe im Energiehandel

Der Energiehandel ist ein schnelllebiges Geschäft. | Computer und Telefon statt Parkett: Gashandel funktioniert heute vollelektronisch. Fotos: ENERGIEUNION AG

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schaffung und Verkauf strukturieren

und die Preisvorteile am Großhandels-

markt nutzen können“, erläutert André

Burkhardt, der erst im Mai 2008 den

Vorstandsposten von Dr. Wulf Lammert

übernommen hatte. Mittlerweile hat

sein Unternehmen Verträge mit mehr

als 40 europäischen Handelspartnern

auf EFET-Basis 1 geschlossen, hat Zugang

zu fünf OTC-Märkten 2 und handelt auf

der Strom- und Gasbörse der EEX sowie

auf verschiedenen Brokerplattformen.

Im Geschäftsjahr 2008 erwirtschafte-

te die ENERGIEUNION AG einen Jahres-

überschuss von rund 640.000 Euro bei

einem Umsatz von 389 Millionen Euro im

Stromhandels- und 10 Millionen Euro im

Gashandelsgeschäft.

Geschäftigkeit im Trading Floor

Die Sparten Strom, Gas, Emissionszertifi-

kate und entsprechende Terminprodukte

wickelt die ENERGIEUNION AG im euro-

päischen Rahmen durch einen eigenen

Trading Floor ab. Hier kontrahieren Dr.

Steffen Rothe und seine Kollegen täglich

die Energielieferungen je nach Marktlage.

Mit fast allen etablierten Brokern, Strom-

händlern und großen Stromerzeugern

haben sie bereits Großhandelsgeschäfte

abgewickelt. „Wir können Handelspart-

nern ohne eigenen Marktzugang im Strom

jedes Produkt bis zum Jahr 2013 zum

aktuellen Marktpreis anbieten“, erklärt

Dr. Rothe. Dafür beobachten sie Preis-

entwicklungen, analysieren die Ursachen

für Preissprünge, kaufen und verkaufen

Mengen. Selten lassen sie sich dabei

von der Hektik der Märkte anstecken,

die sie auf ihren unzähligen Bildschirmen

verfolgen können.

Risiko Spotmarkt

Stressresistent müssen die Energiehänd-

ler sein, wenn sie täglich Transaktionen

in Millionenhöhe abwickeln und das Ri-

siko dafür beurteilen müssen. Dr. Rothe

erklärt warum: „Man muss sich unser

Geschäft wie eine Art Wette über die

Preisentwicklung am Spotmarkt vor-

stellen. Rein physikalisch besitzen wir

die Strommenge nicht, die wir unseren

Kunden im Voraus angeboten haben.

Wir müssen sie also tagesaktuell unter

anderem am Spotmarkt beschaffen. Da

heißt es für uns, die Preisentwicklung

und alle Faktoren genau zu beobachten,

die sie beeinflussen könnte.“

1 EFET steht für European Federation of Energy Traders, eine Gruppe von mehr als 90 Energiehändlern in 23 europäischen Ländern, die sich auf gemeinsame

Regeln beim Handel mit Energie verständigt haben. 2 OTC heißt Over The Counter. Der OTC-Handel bezeichnet Transaktionen, die zwischen zwei Partnern außerhalb des Börsenhandels geschlossen werden.

Er wird in der Regel per Telefon oder elektronisch getätigt. Mit OTC-Geschäften können Händler die Produkte nach ihren Bedürfnissen modifizieren, ohne

damit zum Beispiel auf die Produkte der Börse angewiesen zu sein. Sie setzen ein großes Vertrauen der Handelspartner untereinander voraus, weil eine

Börsenaufsicht und in der Regel auch eine unabhängige Clearinggesellschaft fehlen.

Liquide Märkte mindern Risiko

Dass das Energiehandelsgeschäft damit

ein Risiko ist, dessen ist sich Dr. Rothe

durchaus bewusst: „Wir optimieren die

Portfolios täglich auf Basis der fallenden

oder steigenden Energiepreise und gehen

damit natürlich ein gewisses Risiko ein.“

Dieses Risiko sei jedoch überschaubar,

denn europaweit ist der Strommarkt liqui-

de. „Wir können jederzeit Strommengen

an den europäischen Börsen von verschie-

denen Händlern für den nächsten Tag oder

den nächsten Monat kaufen.

Selbst der Intraday-Handel ist mittlerwei-

le möglich“, ergänzt Burkhardt. Damit sei

das Unternehmen in der Regel immer in

der Lage, den zuvor abgestimmten Preis

auch zu erfüllen.

Konkurrenzplattform im Strommarkt

Tagtäglich agiert die ENERGIEUNION AG

an den europäischen Energiebörsen. Zu-

sätzlich hat sie mit ihrer Handelsplattform

STROM aber auch eine kleine Konkur-

renzplattform zur Börse aufgebaut. Hier

übernimmt das Unternehmen gleichzeitig

die Rolle des Marketmakers und des Ver-

tragspartners für Käufer und Verkäufer.

Diese können auf der Plattform eigenstän-

Die Preise und aktuellen Marktentwicklungen immer fest im Blick: Uwe Friedriszik, Portfoliomanager. | Mathias Elsig, Gashändler bei der ENERGIEUNION AG.

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dig und anonym gegenüber den Schweri-

nern handeln. „Die Plattform erlaubt es

Handelspartnern, Marktpreise in nahezu

Echtzeit zu beobachten, eigene Gebote

zu erstellen und Preisbewegungen zu

initiieren. Im Unterschied zur Strombörse

der EEX werden bei uns allerdings we-

sentlich kleinere Volumina ab einem MW

gehandelt“, erklärt Burkhardt den Unter-

schied zu den europäischen Strombörsen.

Außerdem brauchen die Marktpartner

keine EFET-Verträge abschließen oder

aufwendige Garantien hinterlegen.

Strom- und Gasmarkt gleichen sich an

In den vergangenen zehn Jahren hat sich

das Stromgeschäft rasant entwickelt: der

Teilnehmerkreis hat sich vervielfacht, Bör-

sen- und OTC-Geschäfte sind entstanden

und neue Geschäftsstrategien mit mit-

telfristiger Versorgungssicherheit bei

kurzfristiger Gewinnmaximierung wurden

umgesetzt. Mit zunehmendem Risikover-

ständnis der Marktteilnehmer kennt der

Handel heute kaum mehr Grenzen. Im

Gasgeschäft, da ist sich André Burkhardt

sicher, wird sich dieser Trend zur Ein- und

Verkaufsmaximierung über kurz oder lang

ähnlich entwickeln wie im Strommarkt.

Fortsetzung von Seite 21

Grenzenloser Energiehandel in einem dynamischen Markt

„Stadtwerke und Industriekunden wer-

den nicht darum herumkommen, sich auf

einen veränderten Beschaffungsmarkt

einzustellen. Eine Verteilung auf 50 Prozent

Grundsicherheit und 50 Prozent Portfo-

liooptimierung halte ich im Einkauf für

denkbar“, erklärt Burkhardt. Allerdings

mit einer Einschränkung: „Langfristige

Einkaufsverträge werden für Importeure

nach wie vor eine wichtige Rolle spielen,

weil Gas im Gegensatz zu Strom in der Regel

von ausländischen Produzenten gekauft

werden muss – egal wie teuer es ist. Strom

kann dagegen überall hergestellt werden

und ist je nach Verbrauch verfügbar.“

Gasbörse hinkt noch hinterher

Das Thema Portfoliooptimierung ist heu-

te bereits für viele Unternehmen zum

Alltag geworden. „Nach dem Vorbild im

Strommarkt haben alle Marktteilnehmer

die Möglichkeit, durch eine strukturierte

Gasbeschaffung die Chancen im Wettbe-

werb zu nutzen“, weiß Burkhardt um das

Potenzial. Allerdings ist der Gashandel

nach wie vor beschränkt, denn die Bör-

senentwicklung hängt der im Strommarkt

noch in vielen Punkten nach. Zwar gibt es

seit Juli 2007 eine Gasbörse, Börsenge-

schäfte finden im Spot- und Terminmarkt

jedoch auch anderthalb Jahre nach dem

Start nur in den Marktgebieten der GUD

(Gasunie Deutschland Transport Services

GmbH 3) und NCG (NetConnect Germany 4)

statt. Burkhardt ist jedoch überzeugt,

dass der Markt noch in diesem Jahr in

Schwung kommt: „Ich rechne fest damit,

dass sich der Börsenhandel der EEX im

neuen Gaswirtschaftsjahr 2009/2010

auch auf andere Marktgebiete ausdehnen

wird und sich überall Marketmaker finden,

die die Handelbarkeit von Gas und damit

die Liquidität sicherstellen.“

Eigene Handelsplattform

im ONTRAS-Marktgebiet

Bis der Börsenhandel im ONTRAS-Markt-

gebiet startet, tritt die ENERGIEUNION AG

mit ihrer Handelsplattform GAS als Groß-

händler im größten ostdeutschen Markt-

gebiet auf. Ähnlich wie auf der Stromhan-

delsplattform können Handelspartner

anonym gegen die Schweriner Gas kaufen

oder verkaufen. Die Produkte sind mit

Mindestgrößen von einem MW wesent-

lich kleinteiliger als die 10 MW-Handels-

scheiben, die die EEX für das GUD- und

NCG-Marktgebiet anbietet. „Durch die

kleinere Mindestkontraktgröße haben

Gashändler bei uns die Chance, flexibler

kurzfristig ihren zusätzlichen Gasbedarf

zu decken“, erklärt André Burkhardt. Al-

lerdings hat auch die Leipziger Gasbörse

bereits für die erste Jahreshälfte 2009

angekündigt, die Mindestkontraktgröße

im Gas-Spothandel für den Day-Ahead-

Kontrakt von 10 auf 1 Megawatt (MW)

zu senken.

Unabhängiger Marktanbieter

Seit 2008 ist die ENERGIEUNION AG mit

ihrer Gashandelsplattform am Markt.

Mittlerweile beschränkt sich der Groß-

händler aber nicht mehr nur auf die

Vermittlerrolle, sondern bietet Markt-

partnern auch Gas zu marktüblichen

Preisen an. Hier tritt das Unternehmen

zum Teil ganz bewusst in Konkurrenz zur

„Wir können Handelspartnern ohne eigenen Markt-

zugang im Strom jedes Produkt bis zum Jahr 2013 zum

aktuellen Marktpreis anbieten.“

Dr. Steffen Rothe, Prokurist,

Leiter Stromhandel bei der Energieunion AG

3 Gasunie Deutschland Transport Services GmbH betreibt ein ca. 3100 Kilometer langes Ferngasleitungsnetz in Norddeutschland. 4 NetConnect Germany ist die von bayernets und E.ON Gastransport gemeinsam gegründete Gesellschaft der Marktgebietskooperation für das gemeinsame

Marktgebiet NetConnect Germany.

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Die ENERGIEUNION AG ist ein Unternehmen der VNG-Gruppe, das unabhängig vom

Vertrieb der VNG Servicedienstleistungen im Gas-, aber vor allem auch im Stromgeschäft

anbietet.

• 1996 Gesellschaftsgründung

• Umsatzentwicklung in Mio. Euro: 2005 (179); 2006 (227); 2007 (268); 2008 (399)

• Aktionäre: VNG – Erdgascommerz GmbH Leipzig (92,22 %), Stadtwerke Halle GmbH

(3,41 %), EVS GmbH & Co. KG (2,23 %) und Stadtwerke Rostock AG (2,14 %)

• Rahmenvereinbarungen mit 40 europäischen Handelsunternehmen auf EFET-Basis

(European Federation of Energy Traders)

• 13 Mitarbeiter

• Handelspartner: zahlreiche Industrieunternehmen, große Stadtwerke mit und ohne eigene

Erzeugerkapazitäten sowie kleinere Kommunalbetriebe in ganz Deutschland

ENERGIEUNION AG · Mecklenburgstraße 10–12 · 19053 Schwerin

Tel.: 0049-385-59292-0 · Fax: 0049-385-59292-99 · E-Mail: [email protected]

Muttergesellschaft VNG. „Auf unserer

Handelsplattform Gas bieten wir Part-

nern kurzfristige Standardprodukte für

den nächsten Tag, das Wochenende und

die folgenden drei Monate an“, erklärt

André Burkhardt. Zur Produktpalette der

ENERGIEUNION AG gehört mittlerweile

aber auch ein Angebot an GuD-Anlagen-

betreiber, um Gaslieferung und Strom-

abnahme miteinander zu koppeln. „Das

stellt eine besondere Form der Risikomini-

mierung dar, die VNG als reiner Gashänd-

ler nicht realisieren kann“, weiß Burkhardt

um die Besonderheit. Übrigens hat die

ENERGIEUNION AG im vergangenen Jahr

auch damit begonnen, physikalische

Mengen in kleineren Größenordnungen zu

liefern. „Hier sehen wir durchaus Potenzi-

al, um uns als Zweit- und Drittlieferant zu

positionieren“, erklärt der Vorstand.

Unterstützung auf ganzer Linie

Wer günstig einkauft, kann auch billiger

liefern, wer optimal plant, kann auch

gewinnbringend verkaufen – so heißt

laut André Burkhardt die einfache Formel

für den Erfolg. „Kraftwerksbetreiber,

Großverbraucher und Weiterverteiler

müssen dafür ihre Bedarfsprognosen

genau abschätzen können und zudem

ihr Sicherheitsbedürfnis festlegen“, so

Burkhardt. Das ist allerdings vergleich-

bar mit dem Dilemma des magischen

Tetraeders bei Geldanlagen: hohe Ren-

dite bei hoher Sicherheit und hoher

Liquidität können nicht immer zu hun-

dert Prozent erfüllt werden – nicht beim

Geldanlegen und im Regelfall auch nicht

bei der Energiebeschaffung. „Unsere

Aufgabe besteht darin, unsere Kunden

aus diesem Dilemma zu befreien und

ihnen durch Risikodokumente verschie-

dene Optionen für eine strukturierte

Beschaffung oder eine Kraftwerksop-

timierung darzustellen“, erklärt André

Burkhardt. Dabei orientiere man sich

einerseits an dem tatsächlichen Be-

darfsprofil, andererseits aber auch am

grundlegenden Sicherheitsbedürfnis

bzw. der Risikobereitschaft des Kunden.

Die Beratungsdienstleistungen sind für

André Burkhardt übrigens gleichrangig

mit dem Handelsgebaren. „Unsere Kun-

den erwarten, dass wir sie unabhängig

vom Lieferanten beraten, dass wir mit

ihnen zusammen Bedarfsprognosen

erstellen, Preise und Risiken abklären

oder die Angebote und Lieferverträge

analysieren. Für uns ist es eine Selbst-

verständlichkeit, diesen Anspruch zu

erfüllen – auch wenn wir mit VNG einen

Importeur als Muttergesellschaft ha-

ben und natürlich auch eigenständig

Gaslieferverträge erfüllen wollen“, so

Burkhardt weiter.

Die ENERGIEUNION AG hat den Wandel

der Stromwelt hin zum dynamischen

Wettbewerbsmarkt in den vergangenen

Jahren hautnah miterlebt und aktiv

mitgestaltet. Als europaweit tätiges

Energiehandelshaus hat sie sich mitt-

lerweile zu einem anerkannten Akteur

im Strommarkt entwickelt. Seit 2008

stoßen die Schweriner nun auch verstärkt

in den spannenden Zukunftsmarkt Erd-

gashandel vor. In beiden Welten ist das

Arbeiten inzwischen schnelllebiger und

dynamischer geworden, es erfordert ra-

sche Entscheidungen und bedingt auch

ab und an das ein oder andere Risiko.

Diesem „entfesselten“ Handel begeg-

nen die Schweriner Großhändler ganz

auf ihre typisch norddeutsche Art – mit

der gewissen Portion an innerer Ruhe,

ein wenig Traditionsverbundenheit und

jeder Menge Enthusiasmus.

Mandy Nickel, Redaktion

„Stadtwerke und Industriekunden werden nicht darum

herumkommen, sich auf einen veränderten Beschaf-

fungsmarkt einzustellen.“

André Burkhardt,

Vorstand der Energieunion AG

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Gastbeitrag

Der beste Garant für eine sichere VersorgungEin Viertel der in der Europäischen Union ver-

brauchten Energie wird mittlerweile durch Erdgas

gewonnen. Die EU ist mit fast einer halben Milliarde

Einwohner der größte Erdgasmarkt der Welt. Die

eigenen Erdgasvorkommen reichen aber für den

Verbrauch bei Weitem nicht aus. Nahezu 60 Pro-

zent müssen importiert werden. Russland steht

an erster Stelle der Exporteure.

Nun hat der wiederholte Streit zwischen Russland

und der Ukraine, die nach wie vor zu 100 Prozent

auf russisches Gas angewiesen ist, erneut zu

einer temporären Unterversorgung des Landes

geführt. Aus Sicht der europäischen Union kam

es diesmal sogar noch schlimmer, weil die EU-Mit-

gliedsländer Tschechien und Bulgarien ebenfalls

von der ukrainischen Pipeline abhängen. Dadurch

wurde die Abhängigkeit der EU vom russischen

Versorgungswohlwollen für viele Europäer sehr

real spürbar. Einige fordern für den Fall, dass

ein Mitgliedstaat unterversorgt ist, eine obli-

gatorische Zugriffsmöglichkeit Brüssels auf die

Speicher in gut bevorrateten EU-Staaten. Für die

privatwirtschaftlich organisierte Gaswirtschaft

in der EU hätte ein solches Gesetz weitreichende

Folgen. Schließlich befinden sich die Gasversorger

und ihre Speicher nicht in Staatseigentum. Ein

rechtlicher Anspruch der Europäischen Union

auf den Zugriff privatwirtschaftlicher Speicher –

eine Idee, die seit längerem in der Diskussion

ist – würde die Investitionsanreize zerstören und

die Versorgungssicherheit mittel- und langfristig

gefährden.

Man mag den jüngsten Gasstreit und die Schuld-

verteilung am Lieferstopp beurteilen, wie man

will. Tatsache bleibt, dass Erdgas noch lange

eine wichtige Rolle im Energiemix Europas spie-

len wird. Und eine gewisse Abhängigkeit von

den riesigen Erdgasreserven Russlands bleibt

damit unvermeidlich. Eine Situation, in der ein

russischer Lieferstopp für Europa zu verschmer-

zen wäre, ist daher auf lange Sicht ohnehin nicht

vorstellbar.

Aber auch für Russland wäre das kaum zu verkraf-

ten. Man sollte deshalb weniger eine Lieferungs-

willkür Russlands fürchten und sich stattdessen

vor Augen führen, warum insbesondere Deutsch-

land keinerlei Engpässe zu verzeichnen hatte.

Der Grund liegt in der gesunden Diversifizierung

sowohl der Bezugsquellen als auch der Transport-

wege. Außerdem existieren im Bundesgebiet mit

46 Untergrundspeichern die größten gespeicher-

ten Reserven der EU. Der panische Hinweis der

Medien, selbst die Speicher in Deutschland seien

zum gegebenen Zeitpunkt nur noch zu 49 Prozent

gefüllt gewesen, entsprach zwar der Wahrheit, war

aber gleichzeitig ein für die Jahreszeit vollkommen

normaler Stand, da die Speicher nur zur warmen

Jahreszeit aufgefüllt werden.

Die Erfahrung zeigt, dass die Diversifizierung

und Bevorratung dort am besten funktioniert,

wo sich der Staat nicht bevormundend einmischt,

sondern der privatwirtschaftlichen Gasindustrie

lediglich langfristig stabile Rahmenbedingungen

bietet. Nur so entsteht eine klare Verantwortung

und ein Investitionsklima, das es zulässt, enorme

Summen in Pipelines und Untergrundspeicher

zu investieren. Das ist der beste Garant für eine

sichere Erdgasversorgung.

Andrej Krocker

Projektleiter Forum Erdgas

Forum Erdgas ist eine Initi-

ative ostdeutscher Erdgas-

Unternehmen, die sich dem

Dialog und der Information

über den Energieträger Erdgas

verpflichtet fühlen. Der Kreis

organisiert einen offenen Mei-

nungsaustausch, auf dessen

Basis das Forum Erdgas an der

öffentlichen Diskussion über

aktuelle Fragen der Energie-

politik teilnimmt.

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Datum Veranstaltung Ort

April

20.–24.04.2009 Hannovermesse Hannover

21./22.04.2009 Jahrestagung DVGW-Landesgruppe Ost Wittenberg

21./22.04.2009 BDEW-Arbeitskreis Gewerbemarketing Leipzig

23.–26.04.2009 Agra 2009 Leipzig

23.04.–11.10.2009 Bundesgartenschau (Buga) Schwerin

25.04.–18.10.2009 Landesgartenschau Brandenburg Oranienburg

Mai

01.05.–18.10.2009 Landesgartenschau Sachsen Reichenbach (Vogtland)

05.–06.05.2009 7. Deutscher Erdgasmarketing- und Vertriebstag Fulda

12.–14.05.2009 Euroforum Jahrestagung „Stadtwerke 2009“ Berlin

14.05.2009 11.00 Uhr Bilanzpressekonferenz von VNG Leipzig

27.05.2009 Personalertag bei VNG Leipzig

Juni

12.06.2009 VNG-Aktionstag auf der Landesgartenschau Sachsen Reichenbach (Vogtland)

16./17.06.2009 7. ICG-Branchentreffen (Beschaffung, Vertrieb, Marketing) Leipzig

18./19.06.2009 2009 Marketing Energie 2009, Veranstalter: BDEW Landesgruppe Mitteldeutschland Halle, Händelhalle

24./25.06.2009 BDEW-Kongress 2009 Berlin

Juli

04.07.2009 Internationaler Erdgasfahrertag Leipzig, Markkleeberger See

18.07.2009 Elblandfest Wittenberge

August

08.08.2009 Internationales Lausitzer Leichtathletik-Meeting Cottbus

21.08.2009 Fachtagung EG und Handwerk Sachsen-Anhalt Magdeburg

Aktuelle Termine: April – August 200924./25.06.2009

BDEW-Kongress 2009Der BDEW-Kongress 2009 findet am 24. und

25.06.2009 in Berlin statt. Unter dem Motto „Zu-

kunft gestalten: Investitionen für Versorgungssi-

cherheit und Nachhaltigkeit“ lädt die Veranstaltung

zu einem öffentlichen Forum für den Erfahrungs-

austausch der Energie- und Wasserwirtschaft mit

Politik, Wissenschaft und Industrie ein.

Weitere Informationen unter:

www.bdew.de

04.07.2009

Internationaler Erdgasfahrertag

Am 04. Juli findet in Leipzig, am Markkleeberger

See, der Internationale Erdgasfahrertag statt. Ein-

geladen sind nicht nur Eigentümer eines erdgasbe-

triebenen Fahrzeuges, sondern auch Gäste, die sich

für die innovative Erdgastechnik interessieren.

Weitere Informationen unter:

www.erdgasfahrertag.de

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Schwerpunkt: EnergiepolitikGasversorger und Transporteure agieren derzeit in einem schwierigen Arbeits-

umfeld. Zahlreiche Gesetze und Regularien, angefangen beim Erneuerbare-Energien-

Wärmegesetz bis hin zum Energiebinnenmarktpaket, müssen sie in ihre Geschäfts-

prozesse integrieren. Wo die Chancen und Risiken für die Energiewirtschaft liegen

und welche Strategien notwendig sind, erfahren Sie im Schwerpunkt.

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Karl Krüger, Leiter Energiepolitik bei VNG und Arndt Thomas Freudenberg, Parlamentarischer Referent

von Constanze Krehl, MdEP Europäisches Parlament im Plenarsaal in Brüssel. Foto: Christoph Busse

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Das europäische Energie-Paragrafen-Dickicht – Ein Versuch der Lichtung

Die Bildung eines echten europäischen Energiebinnen-

marktes stellt eine der Prioritäten der EU dar. Die Markt-

öffnung ist eng mit den EU-Zielen Effizienz, Versor-

gungssicherheit und Nachhaltigkeit verbunden. Mit

der Darstellung und Erörterung der beiden in diesem

Zusammenhang bedeutendsten Maßnahmenpakete auf

europäischer Ebene – dem Dritten Energiebinnenmarkt-

paket und der sog. Zweiten Überprüfung der Energie-

strategie – möchten Karl Krüger, Leiter Energiepolitik

bei VNG und Dr. Ulf Kreienbrock, Leiter Vertrags- und

Regulierungsmanagement bei der ONTRAS – VNG Gas-

transport GmbH ein wenig Klarheit in die Fülle der ge-

planten Regelungen bringen.

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Das Dritte Energiebinnenmarktpaket

Im September 2007 hat die Europäische Kommissi-

on ihr Drittes Energiebinnenmarktpaket (EBP) vor-

gelegt. Dabei handelt es sich um ein Legislativpaket

mit Rechtsetzungsvorschlägen zur Behebung der

wesentlichen Probleme in den europäischen Gas-

und Strommärkten sowie zur Schaffung von mehr

Transparenz und Wettbewerbsfähigkeit. Im Einzel-

nen sind folgende Maßnahmen vorgesehen:

• eine Verordnung zur Gründung einer EU-Agentur

für die Zusammenarbeit der einzelstaatlichen

Energieregulierungsbehörden

• eine Richtlinie zur Änderung und Ergänzung der

bestehenden Richtlinie 2003/54 zum Elektri-

zitätsbinnenmarkt

• eine Richtlinie zur Änderung und Ergänzung der

bestehenden Richtlinie 2003/55 zum Erdgas-

binnenmarkt

• eine Verordnung zur Änderung und Ergänzung

der bestehenden Verordnung 1228/54 zum

grenzüberschreitenden Stromhandel

• eine Verordnung zur Änderung und Ergänzung

der bestehenden Verordnung 1775/05 über

Erdgasfernleitungsnetze.

Entflechtung und Regulierung auf EU-Ebene

Hauptstreitpunkt im Rahmen des EBP ist die Frage

der Entflechtung, d. h. die Trennung zwischen

Produktion/Handel und Netz. Die Entwürfe der

EU-Kommission sehen hier eine Wahlmöglichkeit

für die Mitgliedstaaten vor, die zwischen

• der Trennung des Transportnetzes Strom und

Gas sowie sonstigen Energietätigkeiten (sog.

Full Ownership Unbundling) und

• der Übertragung des Netzbetriebes an einen

gesellschaftsrechtlich vom Netzbetreiber unab-

hängigen Systemführer, den sog. Independent

System Operator [ISO] wählen können. Bei dieser

Alternative übernimmt der ISO den Netzbetrieb,

die Netzplanung und den Netzausbau. Der Ei-

gentümer (oder ein Dritter nach Ausschreibung)

finanziert lediglich die Investitionen. Das Verfah-

ren zur Ernennung des ISO ist sehr umfangreich

und die EU-Kommission behält sich hierbei ein

Letztentscheidungsrecht vor.

Auch für Verteilnetzbetreiber ist die Verschär-

fung der rechtlichen Entflechtung vorgesehen,

ferner sollen LNG- und Speicheranlagen rechtlich

entflochten werden. Die Regulierung auf EU-Ebe-

ne zur Erreichung eines europäischen Gas- und

Strommarktes soll vor allem mittels einer Euro-

päischen Agentur zur Energieregulierung (Agency

for the Cooperation of Energy Regulators, ACER)

gewährleistet werden. Der Vorschlag sieht al-

lerdings hauptsächlich eine Beratungsrolle der

Agentur vor, die sich mit den nationalen Regulie-

rungsbehörden koordinieren soll. Das Gros der

Entscheidungsbefugnisse verbliebe damit nach

wie vor bei den Mitgliedstaaten.

Diese Vorgaben wurden in weiten Teilen von den

übrigen am Gesetzgebungsverfahren beteiligten

Institutionen, dem Europäischen Parlament und

den Mitgliedstaaten im Rat nicht mitgetragen.

Der Rat der Energieminister hatte bereits im Juni

vergangenen Jahres unter der Führung von acht

Mitgliedstaaten – darunter auch Deutschland und

Frankreich – für die Zulassung einer dritten Option –

eines „effective and efficient Unbundling“ – als

Alternative zur eigentumsrechtlichen Entflechtung

gestimmt. Auf dem EU-Rat unter französischer

Ratspräsidentschaft im Oktober 2008 wurde dies

auf Basis des im Juni getroffenen Kompromisses

einstimmig beschlossen. Hinsichtlich der Energie-

agentur setzt sich die deutsche Seite anstelle einer

europäischen Regelungsagentur weiterhin für eine

verbesserte Kooperation zwischen den nationalen

Regulierungsbehörden ein und bevorzugt eine

Beschränkung der vorgesehenen, umfassenden

Befugnisse der EU-Kommission zur Erlassung von

Durchführungsbestimmungen („Komitologie“) auf

technische Regelungen.

Im Sommer 2008 hat das Europäische Parlament

in 1. Lesung über das Paket abgestimmt. Es hat

weitestgehend den von den acht Mitgliedstaaten

im Rat propagierten Weg aufgegriffen und für

einen verschärften „Dritten Weg“ mit dem Zu-

satz der Einrichtung eines unternehmensexter-

nen, unabhängigen Treuhänders („Compliance

Officer“) im Aufsichtsrat gestimmt. Aufgrund

der unterschiedlichen an Strom- und Gasmarkt

geknüpften Anforderungen vor allem bedingt

durch die Transportabhängigkeit Europas im

Gasmarkt soll der Dritte Weg nach Auffassung

des Europäischen Parlaments – anders als bei

den Vorschlägen von EU-Kommission und Rat –

ausschließlich für den letztgenannten Bereich

1 Zum EU-Mitentscheidungs-

verfahren lesen Sie auch

den Beitrag im medium gas

2008.3 zum Thema „… the

days of secure, cheap ener-

g y for Europe are over “

(S. 50–53).

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gelten. Mit dieser Lösung würde eine Alternative

zugelassen werden, bei der die Energiekonzerne

unter bestimmten Auflagen Eigentümer der Gas-

leitungen bzw. Gasspeicher bleiben dürfen.

Stand des Verfahrens

Am 24. März 2009 endeten die Verhandlungen

zum 3. Energiebinnenmarktpaket zwischen Euro-

päischem Rat, Parlament und EU-Kommission. Die

Dritte Option zur Netzentflechtung ist nunmehr als

gleichberechtigte Alternative zur Eigentumsent-

flechtung aufgenommen worden. Sie bedeutet

eine Verschärfung der bestehenden Entflechtungs-

vorschriften. Eine zwangsweise Veräußerung der

Netze durch Energieversorgungsunternehmen ist

damit nicht mehr notwendig.

Nach der Zustimmung durch die Mitgliedstaaten hat

am 31.03.2009 auch der federführende Ausschuss

des Europäischen Parlaments dem Kompromiss

zugestimmt. Eine Befassung des Europäischen Par-

lamentes ist für Ende April oder Anfang Mai vorgese-

hen; der förmliche Ratsbeschluss wird anschließend

getroffen. Danach müssen die Mitgliedsstaaten das

Paket in nationales Recht umsetzen.

Zweite Überprüfung der Energiestrategie

Am 13. November 2008 hat die EU-Kommission

ein weitreichendes Maßnahmenpaket zur Förde-

rung der Energieversorgungssicherheit in Europa

und zur Unterstützung der Klimaschutzvorschlä-

ge vorgelegt (Second Strategic Energy Review

[SER]). Dieses Paket stellt eine Überarbeitung der

1. Überprüfung der Energiestrategie aus dem Jahr

2007 dar und sieht weitreichende Maßnahmen in

den Bereichen Energieversorgungssicherheit und

Energieeffizienz vor.

Die EU-Kommission empfiehlt eine neue Strate-

gie für Solidarität zwischen den Mitgliedstaaten

bei der Energieversorgung sowie neue Maßnah-

men im Bereich der Energienetze, um Anreize

für Investitionen in eine effizientere Energie-

wirtschaft mit geringer Kohlenstoffintensität zu

setzen. Sie schlägt einen neuen EU-Aktionsplan

für Energieversorgungssicherheit und -solida-

rität vor. Dieser betrifft in erster Linie die Be-

reiche Energieinfrastrukturen, transeuropäische

Energienetze, Öl- und Gasversorgung sowie das

Nuklearprogramm. Daneben untersucht die EU-

Kommission die Herausforderungen, vor denen

Europa zwischen 2020 und 2050 stehen wird.

Ferner sollen durch ein Paket von Vorschlägen zur

Energieeffizienz Energieeinsparungen auf zentra-

len Gebieten angestrebt werden, beispielsweise

durch strengere Vorschriften zur Energieeffizienz

von Gebäuden und energiebetriebenen Geräten,

durch die Aufwertung von Energieeffizienzaus-

weisen sowie Inspektionsberichte für Heiz- und

Kühlanlagen.

Dem Ziel der Versorgungssicherheit dienen darü-

ber hinaus die Förderung der partnerschaftlichen

Zusammenarbeit auch mit Blick auf Drittstaaten,

die Suche nach alternativen Transportwegen und

der Ausbau von Pipelineprojekten wie Northstream,

Southstream und Nabucco. Hier ist es aus Sicht

der EU-Kommission erforderlich, darauf hinzu-

arbeiten, dass regionale Energieunternehmen

gegenüber außereuropäischen Wettbewerbern

Fortsetzung von Seite 29

Das europäische Energie-Paragrafen-Dickicht – Ein Versuch der Lichtung

„Die Mehrzahl der rechtlichen Regelungen in der Energiewirtschaft geht heute auf Initiativen der EU zurück. Bedeutende Vorhaben wie die Liberalisierung des EU-Binnenmarkts machen deutlich, dass Kernbereiche nationaler Interessen heute EU-weiten Überlegungen untergeordnet werden müssen. Unser Engagement als Unternehmen auf dem Brüsseler Parkett ist deswegen unabdingbar, nicht zuletzt wegen der dort vertretenen Interessenvielfalt von 27 EU-Mitgliedstaaten.“

Karl Krüger, Leiter Energiepolitik bei VNG

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nicht zurückgedrängt werden. Der SER bietet aber

auch die Chance, bedeutende Investitionsvorhaben

in Energieförderung, -transport und -speicherung

anzustoßen.

Höchste Priorität bei der Umsetzung der geplanten

Maßnahmen hat das Erreichen der „20:20:20

Klimaschutzziele“, also eine Verringerung der

Treibhausgasemissionen um 20 %, die Steigerung

des Anteils Erneuerbarer Energiequellen am End-

energieverbrauch auf 20 % und eine Verringerung

des künftigen Energiebedarfs um 20 %, jeweils

bis 2020.

Stand des Verfahrens

Anders als beim EBP erfolgt der Rechtsetzungs-

prozess beim SER im nicht-legislativen Verfahren.

Das Europäische Parlament wird hier lediglich

angehört und ist beratend tätig. Es ist maximal

eine Lesung durch das Parlament möglich.

Anfang Februar 2009 hat das Europäische Par-

lament mit großer Mehrheit für einen – den

Vorschlägen der EU-Kommission grundsätzlich

positiv gegenüberstehenden – Initiativ-Bericht

des federführenden Ausschusses für Industrie,

Energie und Forschung zum SER gestimmt. Der

Energieministerrat hat in seiner Sitzung Mitte

Februar Empfehlungen über den SER getroffen,

die auf dem Frühjahrsgipfel der Regierungschefs

der EU-Mitgliedstaaten im März verabschiedet

werden sollen. Danach stünde der zügigen Ein-

führung einer europäischen Regelung zum SER

nichts mehr im Wege.

Ausblick

Beide Pakete stellen nach derzeitigem Diskussions-

stand vertretbare Regelungen auf, die zu einer

Harmonisierung des europäischen Energiemarktes

beitragen können. Ob sie künftigen Energiekrisen

entgegenwirken und diese tatsächlich verhindern

können, vermag erst die Praxis aufzuzeigen. Letzt-

lich sind es 27 Mitgliedsstaaten mit teilweise sehr

unterschiedlichen Voraussetzungen, die gerade

im Bereich der Versorgungssicherheit individuell

ihre Hausaufgaben zu erledigen haben. Dies wird

gerade bei finanzschwächeren Staaten erhebliche

Fragen der Machbarkeit aufwerfen, deren Beant-

wortung angesichts der schwierigen Lage auf den

Kapitalmärkten nicht einfacher geworden ist.

In Bezug auf das Binnemarktpaket hat die Bun-

desregierung in Zusammenarbeit mit den deut-

schen Energieunternehmen und einer Gruppe von

Mitgliedstaaten, unter anderem Frankreich und

Österreich, das wesentliche Verhandlungsziel

erreicht und die zwangsweise Eigentumsentflech-

tung der integrierten Energiekonzerne abgewen-

det. In welcher Form die einzelnen Richtlinien in

nationales Recht übertragen werden und welche

Auswirkungen sich für die deutsche Energiebran-

che damit ergeben, ist noch offen.

Es bleibt zu hoffen, dass die Brüsseler Institutionen

auch bei zukünftigen Regulierungsbestrebungen

davon zu überzeugen sind, dass es gerade privat-

wirtschaftliche Unternehmen sind, die nicht zuletzt

aus wirtschaftlichem Eigeninteresse dafür Sorge

tragen wollen, dass eine sichere Gasversorgung

gewährleistet ist. Dafür bedarf es starker – und

nicht z. B. durch Unbundling geschwächter – Unter-

nehmen, denen der Gesetzgeber Planungssicher-

heit für die erforderlichen Investitionen gewährt.

Das gilt gleichermaßen und gerade auch für die

Verhandlungsposition bei den langfristigen Liefer-

verträgen mit den wichtigen Produzentenländern

Russland und Norwegen, die beide nicht Mitglied

in der Europäischen Union sind.

„Auch unter regulierten Bedingungen müssen Anreize

für Netzbetreiber vorhanden sein, innovative Produkte

zu entwickeln.“

Dr. Ulf Kreienbrock, Leiter Vertrags- und Regulierungs-

management bei ONTRAS

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Versorgungssicherheit auch ohne staatliche Eingriffe

Gastbeitrag

In Zeiten hoher Energiepreise und steigender Import-

abhängigkeit wird von Regierungsseite immer wieder

eine strategische Erdgasbevorratung verlangt. Hildegard

Müller, neue Geschäftsführerin des Bundesverbandes der

Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW), zeigt, dass sich

die deutsche Erdgaswirtschaft auch ohne staatliche Vor-

gaben diesem Thema seit langem angenommen hat.

Die Schlagzeilen vom Jahresanfang sind

vielen noch im Gedächtnis geblieben. Da

war von einer möglichen „Versorgungs-

krise“ die Rede, da flimmerten Bilder von

frierenden Menschen in osteuropäischen

Ländern über die Fernsehschirme, da

machten Meldungen über Fabrikschlie-

ßungen z. B. in Rumänien die Runde.

Auslöser für die zahlreichen Negativ-

Meldungen war der erneut aufgeflammte

Streit zwischen Russland und der Ukraine.

Neben dem Streit über die bilateralen

Lieferbeziehungen war der Transport von

russischem Erdgas nach West- und Süd-

osteuropa strittig. Weil sich die beiden

Seiten nicht über Durchleitungsrechte

und -gebühren einigen konnten, wurde

kurzerhand der Gashahn an den ukrai-

nischen Transitleitungen zugedreht.

Die deutschen Verbraucher haben davon

nichts gemerkt. Ihre Versorgung mit Erd-

gas war gesichert. Die deutschen Gasver-

sorger konnten sogar den anderen Län-

dern solidarisch aushelfen. Im Gegensatz

insbesondere zu den südosteuropäischen

Ländern beziehen die deutschen Erdgas-

Hildegard Müller Foto: BDEW

versorger ihren Rohstoff nicht allein über

die Transitpipeline durch die Ukraine. Eine

weitere Pipeline führt über Weißrussland.

Hierüber fließt allein ein Drittel des in

Russland eingekauften Erdgases.

Wichtiger aber noch: Russland ist zwar mit

einem Anteil von 37 Prozent der größte

Einzellieferant für die Gasverbraucher in

Deutschland. Aber zwei Drittel kommen

aus anderen, westeuropäischen Quel-

len. So nimmt Norwegen eine wichtige

Rolle für die Versorgung Deutschlands

ein, aber auch Großbritannien und die

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33 medium gas | 2009.1

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Niederlande gehören zu den Lieferanten.

Und ein nicht unerheblicher Teil des deut-

schen Gasverbrauchs wird nach wie vor

aus inländischen Quellen vorwiegend in

Norddeutschland gedeckt. Diese Diversi-

fizierung der Lieferantenstruktur hat sich

auch zu Jahresanfang wieder bewährt.

Mit langfristigen Verträgen haben sich

die deutschen Gasunternehmen zudem

Lieferungen bis weit über das Jahr 2030

hinaus gesichert.

Große Anstrengungen werden ge-

genwärtig unternommen, um die Ver-

sorgung auf eine noch breitere Basis

zu stellen. Mit der geplanten North-

Stream-Pipeline durch die Ostsee wird

zwar kein neuer Lieferant gewonnen, aber

dafür wird Gas aus Sibirien für Westeu-

ropa erschlossen, das ansonsten nur

unter erheblich höherem Aufwand hier-

her transportiert werden könnte. Und

im Südosten Europas sind gleich zwei

Gasleitungen geplant. Die South-Stream-

Pipeline wird gleichfalls in erster Linie

russisches Erdgas transportieren, die Na-

bucco-Pipeline, an der sich auch deutsche

Unternehmen beteiligen, kann die reichen

mittelasiatischen Gasvorkommen an das

europäische Verbrauchernetz anschlie-

ßen. Mindestens ebenso wichtig wie die

Aktivitäten im Ausland sind aber auch die

Investitionen, die die Gasunternehmen

im Inland tätigen, um die Versorgung

von privaten Haushalten und Industrie

sicherzustellen. Rund 14 Milliarden Euro

haben die Netzbetreiber seit 2000 aus-

gegeben, um das Erdgasleitungsnetz

auf eine Länge von inzwischen 420 000

Kilometern auszubauen.

Erhebliche Summen sind auch in den Aus-

bau des Speichersystems geflossen. In 46

Erdgasspeichern können rund 20 Milliar-

den Kubikmeter Gas gelagert werden. Das

entspricht rechnerisch rund einem Viertel

des Jahresverbrauchs in Deutschland.

Damit verfügt die Bundesrepublik über die

weitaus höchsten Speicherkapazitäten in

Europa. Zum Vergleich: In Italien beträgt

das Speichervolumen etwas mehr als

13 Milliarden Kubikmeter, in Frankreich

sind es knapp elf Milliarden Kubikmeter.

Weitere 15 Speicher mit einem Volumen

von rund drei Milliarden Kubikmeter sind

in Deutschland derzeit im Bau oder in der

Planung. Damit wird die Versorgungssi-

cherheit weiter verbessert. Die Gasspei-

cher erfüllen gleich mehrere Funktionen im

Versorgungssystem der Gasunternehmen.

Sie gleichen zum einen die saisonalen

Schwankungen im Gasverbrauch aus. So

ist in manchen Gegenden Deutschlands

der Gasabsatz im Winter bis zu 15 Mal

höher als in einem normalen Sommer.

Andererseits wird das Gas über tausende

Kilometer lange Pipelines nach Deutsch-

land geliefert. Diese teuren Anlagen mit

ihren aufwendigen Verdichterstationen

müssen voll ausgelastet werden, damit

sie profitabel betrieben werden können.

Das Gas muss deshalb das gesamte Jahr

hindurch gleichmäßig in hohen Mengen

fließen – im Sommer wie im Winter. Im

Sommer werden die Speicher wegen des

geringeren Verbrauchs deshalb gefüllt,

im Winter wird das Gas je nach Nachfrage

aus ihnen entnommen.

Über die vorhandenen Speicher werden

auch kurzfristige Verbrauchsspitzen aus-

geglichen. Wenn beispielsweise in einem

Industriebetrieb wegen eines Großauf-

trags der Gasverbrauch plötzlich in die

Höhe schnellt, werden Kavernenspei-

cher angezapft, um die höhere Nach-

frage schnell zu decken. Gaskraftwerke

mit einem Anteil von 12 Prozent an der

Stromversorgung gehören zu den Groß-

verbrauchern des Energieträgers. Sie

werden immer dann eingesetzt, wenn

der Strombedarf plötzlich in die Höhe

steigt. Auch hier dienen entsprechende

Gasspeicheranlagen als Puffer für den

nicht vorhergesehenen Mehrbedarf.

Dieses privatwirtschaftlich aufgebaute

und finanzierte Speichersystem hat die

Deutschen bislang vor Versorgungsstö-

rungen bei Gas bewahrt. Die Frage ist,

ob mit dem Aufbau einer strategischen

Erdgasreserve, analog zur staatlichen

Ölreserve, ein Mehr an Sicherheit ge-

wonnen würde. Wir meinen Nein. Eine

staatliche Gasreserve für den Fall eines

Versorgungsdefizits müsste entweder

im Rahmen der bestehenden Speicher-

kapazitäten aufgebaut werden. Damit

aber würde ein Teil Versorgungssicherheit

und Flexibilität verloren gehen, weil nicht

mehr sämtliche vorhandenen Gasreserven

für den saisonalen und Spitzenausgleich

zur Verfügung stünden.

Würde eine strategische Gasreserve zu-

sätzlich zu den vorhandenen Speicher-

mengen aufgebaut, müssten erhebliche

finanzielle Mittel aufgebracht werden.

Es müssten zusätzliche Speicher gebaut

werden und es müsste Erdgas eingekauft

werden. Beides würde den Erdgaspreis

in die Höhe treiben, die Verbraucher wür-

den unnötig belastet. Zudem würden

die jetzigen Speicherbetreiber sich beim

weiteren Speicherausbau zurückhalten.

Ein Mehr an Versorgungssicherheit würde

deshalb auch dann nicht erreicht.

Die Unternehmen der Gaswir tschaft

haben in der Vergangenheit mit hohen

Investitionen dafür gesorgt, dass in

Deutschland Haushalten, Gewerbe und

Industrie immer Gas in ausreichender

Menge zur Verfügung stand. Dieses auf

privatwirtschaftlicher Initiative basieren-

de bewährte System sollte nicht durch

dirigistische Eingriffe gestört werden.

Die deutsche Gaswirtschaft setzt sich

dafür ein, europaweit die politischen

Rahmenbedingungen für Investitionen in

Speicherkapazitäten und die Verknüpfung

des europäischen Gasleitungsnetzes wei-

ter zu verbessern. Dazu zählt nicht zuletzt

eine konsistentere Regulierungspolitik,

die ausreichende Investitionssignale

setzt.

Hildegard Müller, Geschäftsführerin

des Bundesverbandes der Energie- und

Wasserwirtschaft

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Der Wind wird rauer

Die Stadtwerke Rostock AG übernimmt als modernes Energiedienstleistungsunternehmen Verantwortung für die Region und

leistet mit der zuverlässigen, umweltschonenden und wirtschaftlichen Bereitstellung von Erdgas, Strom und Wärme einen

Beitrag zur kommunalen Daseinsvorsorge. Oliver Brünnich, Vorstand der Stadtwerke Rostock AG, berichtet, wie die aktuelle

Gesetzgebung und die daraus resultierenden energiepolitischen Rahmenbedingungen die langfristigen Strategien behindern

und wie das Unternehmen damit umgehen muss.

Die Stadtwerke Rostock

Aktiengesellschaft

Die Stadtwerke Rostock Aktiengesellschaft ist ein

regionales Querverbundunternehmen und beschäf-

tigt 513 Mitarbeiter. Der Netzbetrieb Erdgas stellt

im Konzessionsgebiet der Hansestadt Rostock

und in 36 Umlandgemeinden auf einer Fläche

von 854 km2 mit über 52.000 Abnahmestellen die

Versorgung mit Erdgas sicher.

Der Netzbetrieb Strom wird im Konzessionsgebiet

der Hansestadt Rostock durch eine Tochterge-

sellschaft, für die ca. 130.000 Abnahmestellen,

wahrgenommen.

Weiterhin versorgt die Stadtwerke Rostock AG die

Hansestadt Rostock und die Umlandgemeinden

mit Fernwärme.

Der wesentliche Teil der Wärme wird durch eine

hocheffiziente Gas- und Dampfturbinenanlage

bereitgestellt. Zusätzlich besteht die Möglichkeit

einer Fernwärmeauskopplung aus einem Stein-

kohlekraftwerk.

Foto: Stadtwerke Rostock AG

Stadtwerke Rostock AG

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35 medium gas | 2009.1

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Neben den Vertriebsaktivitäten für die Medien

Erdgas, Strom und Fernwärme bietet die Stadt-

werke Rostock AG diverse Dienstleistungen,

einschließlich der Betriebsführung für die Stra-

ßen- und Lichtsignalanlagen für die Hansestadt

Rostock, an.

Der Markt ist in Bewegung

Mit der Liberalisierung des Strommarktes ab dem

Jahr 1998 hat sich die Versorgungssituation stark

verändert. Die Stadtwerke Rostock AG betreibt

seit dem Jahr 2000 in Rostock und in den Um-

landgemeinden aktiven Stromverkauf.

Eine Besonderheit für den Rostocker Markt ist die

Tatsache, dass die Stadtwerke Rostock AG bei der

Übernahme des Rostocker Stromnetzes im Jahr

2001 keinen Lieferkunden übernommen hat, da der

vorherige Netzbetreiber diese Kunden nicht über-

geben hat. Somit wurde die Stadtwerke Rostock

AG unfreiwilliger Vorreiter der Liberalisierung des

Rostocker Stromnetzes. Mittlerweile werden in

der Grundversorgung und mit der etablierten

Marke OSTSEE-STROM über 90.000 Kunden

versorgt.

Mit der Öffnung des Gasmarktes ab dem Jahr

2006 begann auch auf diesem Markt zunehmend

der Wettbewerb. Im Gegensatz zu unseren Erfah-

rungen auf dem Strommarkt stehen die Stadtwerke

Rostock AG mit Ansatz von 100 % Lieferkunden

im Netzbetrieb auf einer Verteidigungsposition.

Der Wettbewerb auf dem Rostocker Erdgasmarkt

wird hauptsächlich über den Preis ausgetragen.

Neben Eintrittspreisen der Wettbewerber spielt

hier die unerfreuliche Energiepreisentwicklung

der Jahre 2007 und 2008 und die drastisch ge-

stiegenen Ölpreise die entscheidende Rolle für

den Lieferantenwechsel.

Die Strom- und Gasnetzbetreiber haben aufgrund

der umfangreichen Vorgaben der Regulierungsbe-

hörden mit erheblichen Erlöseinbußen zu kämp-

fen. Durch die im Rahmen der Anreizregulierung

angestrebte Entkopplung von Kosten und Erlösen

werden insbesondere kommunale Netzbetrei-

ber durch die Effizienzvorgaben in Bedrängnis

gebracht.

Dabei ist fraglich, ob die angewandte Analysesys-

tematik die Strukturen der kommunalen Unter-

nehmen ausreichend berücksichtigt. Weiterhin

ist festzustellen, dass die Abläufe zur Umsetzung

der Vorgaben der Bundesnetzagentur und der

Veränderung des Energiewirtschaftsgesetzes

an Komplexität deutlich zugenommen haben.

Insbesondere die Einführung eines 2-System-Mo-

dells, die Umsetzung der GPKE1 und der GeLi-Gas2

binden in den IT- und Abrechnungsabteilungen

erhebliche Ressourcen.

Mit der Umsetzung der Liberalisierung des Mess-

und Zählerwesens und dem damit verbundenen

Auftreten weiterer Marktteilnehmer werden die

Datenmengen weiter ansteigen und weiteren

zusätzlichen Aufwand in den Unternehmen er-

fordern.

Die oft zitierten Allheilmittel Kooperation oder

gar Fusionen sind zwischen kommunalen Netz-

betreibern schon aufgrund der geografischen

Gegebenheit oft nicht umsetzbar. Angrenzende

regionale Netzbetreiber mit abweichender Fir-

menphilosophie sind keine Wunschpartner für

„Im Gegensatz zu unseren Erfahrungen auf dem Strommarkt stehen die Stadtwerke Rostock AG mit Ansatz von 100 % Lieferkunden im Netzbetrieb auf einer Verteidigungsposition. Der Wettbewerb auf dem Rostocker Erdgasmarkt wird hauptsächlich über den Preis ausgetragen.“

Oliver Brünnich, Vorstand Stadtwerke Rostock AG

1 Umsetzung der Festlegung

BK6-06-009 zu Geschäfts-

prozessen und Datenfor-

maten

2 Geschäftsprozesse Liefe-

rantenwechsel Gas

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eine entsprechende Zusammenarbeit mit kom-

munalen Unternehmen. Mit den jüngsten ener-

gie- und klimapolitischen Weichenstellungen auf

europäischer und nationaler Ebene, insbesondere

mit der Verabschiedung des integrierten Energie-

und Klimaschutzpaketes (IEKP) und den damit

Fortsetzung von Seite 35

Der Wind wird rauer – Stadtwerke Rostock AG unter den aktuellen politischen Rahmenbedingungen

verbundenen Gesetzesänderungen ergeben sich

zahlreiche neue Perspektiven und Herausforde-

rungen für die kommunalen Unternehmen.

Somit wird es für die Stadtwerke Rostock AG not-

wendig, den Spagat zwischen den zunehmenden

Herausforderungen des Marktes und der Wahr-

nehmung der kommunalen Daseinsvorsorge zu

meistern.

Die Stadtwerke Rostock AG stellen sich

den Herausforderungen

Für die zukünftigen Perspektiven bieten die vorlie-

genden aktuellen politischen Rahmenbedingungen

sowohl Chancen als auch Risiken für kommunale

Unternehmen. Aufgrund der Gemeinwohlorientie-

rung, dem Vorort-Prinzip, unserer Erfahrung und

Verlässlichkeit hat die Stadtwerke Rostock AG gute

Ausgangsbedingungen, um aus den gegebenen

Rahmenbedingungen eine auch zukünftig tragende

Strategie zu entwickeln, um auch weiterhin erfolg-

reich am Markt agieren zu können.

Zahlen & FaktenBilanzsumme: 251,2 Mio €Umsatzerlöse: 194,4 Mio €Sachinvestitionen: 8,2 Mio €Anzahl der Beschäftigten: 513Anzahl der Auszubildenden: 35

WärmeInstallierte Gesamtwärmeleistung:(1 Heizkraftwerk; 1 BHKW; 23 Heizwerke) 463 MWWärmeauskopplung Steinkohle – KW Rostock: 150 MWGesamtanschlusswert Fernwärme: 524 GWhWärmeabgabe: 668 GWhAnschlussgrad Fernwärme der Wohngebäude in Rostock: 61,5 %Angeschlossene Wohneinheiten: 73.796

Strom Installierte Leistung Stromerzeugung: 109 MWNettostromerzeugung: 478 GWhStromabgabe: 404 GWhStromkunden (Verbrauchsstellen): 87.806

Gas Gasabgabe: 1.231 GWhGaskunden (Verbrauchsstellen): 51.275

Stadtwerke Rostock AG in Zahlen

Foto: Stadtwerke Rostock AG

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Illustriert von

Ulrich Forchner.

Behalten Sie den Durchblick im euro-päischen Paragrafen-Wald!

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Russland und die Europäische UnionVor dem Hintergrund des russisch-ukrainischen Gasstreites im Januar 2009 macht Constanze Krehl, MdEP und Mitglied der

Delegation des Europäischen Parlaments im Parlamentarischen Kooperationsausschuss EU–Russland, eines deutlich:

sowohl Russland als auch die Europäische Union haben ein großes Interesse an einer strategischen Partnerschaft.

Seit Mitte der 1990er Jahre bemüht sich die Europä-

ische Union um ein partnerschaftliches Verhältnis

zu Russland. Dabei ging es immer auch um die

Unterstützung der Entwicklung von Demokratie

und einer funktionierenden Marktwirtschaft.

Das Programm TACIS1 war dabei ein wichtiges

Instrument und diente gleichzeitig auch der

Zusammenarbeit mit den anderen ehemaligen

Sowjetrepubliken und der Mongolei.

Vorläufiger Höhepunkt dieser Entwicklung war

der Abschluss eines Partnerschafts- und Ko-

operationsabkommens mit Russland und die

Formulierung einer strategischen Partnerschaft

der EU mit Russland.

Grundlage für diese Zusammenarbeit ist das Wis-

sen, dass die Europäische Union ein stabiles, ver-

lässliches und demokratisches Russland braucht.

Dabei ist deutlich, dass auch Russland einen

Das EU-Parlament in Brüssel. Foto: Christoph Busse

Kommentiert

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starken Partner wie die Europäische Union braucht.

Die letzten Jahre haben deutlich gemacht, dass vor

allem auf dem Gebiet der Energieversorgung und

Energiesicherheit beide Seiten hohes Interesse

an einer Zusammenarbeit haben.

Während des Gasstreites zwischen Russland und

der Ukraine zu Beginn des Jahres 2009 wurden

zum wiederholten Mal auch die gegenseitigen

Abhängigkeiten deutlich.

63 % des russischen Ölexportes und 65 % des

russischen Erdgasexportes gehen in die Euro-

päische Union und für die EU bedeutet das im

Umkehrschluss, dass 27 % des europäischen

Ölbedarfs und 24 % des gesamten Gasbedarfs

von Russland gedeckt werden. Diese beiderseitige

Abhängigkeit – die einen müssen verkaufen, die

anderen müssen kaufen – lässt sich auch durch

den Neubau der Nabucco-Pipeline nicht wesent-

lich verändern.

Eine gemeinsame europäische Energiepolitik ist ein

Teil der Antwort auf zukünftige sichere Energiever-

sorgung der Bevölkerung und der Wirtschaft.

Ich halte auch eine strategische Partnerschaft

mit Russland vor allem für dieses Gebiet für un-

erlässlich.

Die Neuverhandlungen zum Partnerschafts- und

Kooperationsabkommen EU–Russland sind des-

halb für beide Seiten sehr wichtig. Diese Ver-

handlungen berühren insbesondere vier große

Themenbereiche:

„Die letzten Jahre haben deutlich gemacht, dass vor allem auf dem Gebiet der Energieversorgung und Energiesicherheit beide Seiten hohes Interesse an einer Zusammenarbeit haben.“

Constanze Krehl, MdEP, Mitglied der Delegation des Europäischen Parlaments im Parlamentarischen Kooperationsausschuss EU–Russland

1. ein gemeinsamer Wirtschaftsraum, der gleich-

zeitig Umwelt- und Klimabelange behandelt;

2. ein gemeinsamer Bereich Freiheit, Sicherheit

und Justiz;

3. der gemeinsame Bereich der Außen- und Si-

cherheitspolitik, der auch Krisenmanagement

und -vermeidung beinhaltet;

4. der gemeinsame Bereich von Forschung, Bildung

und Kultur.

Das Energiekapitel wird innerhalb dieses Abkom-

mens eine besondere Bedeutung haben und beson-

dere Anstrengungen erfordern, da die Grundsätze

der Energiecharta, die von Russland nie ratifiziert

wurde, in das Abkommen aufgenommen werden

sollen. Neben diesen Verhandlungen ist aber auch

das Projekt des Neubaus der Northstream-Pipeline

wichtig und sollte vom Europäischen Parlament

unterstützt werden. Dieses Projekt sichert nicht

nur neue Erdgaslieferungen, sondern auch eine

künftige proeuropäische Entwicklung Russlands.

Sichere Erdgaslieferungen nach Europa einerseits

und sichere Einnahmequellen in Russland ande-

rerseits sind eine gute Verhandlungsbasis.

Die Diskussionen dazu sind auch im Europäischen

Parlament nicht immer einfach. Besonders Vertreter

aus Polen und den Baltischen Republiken haben

verständlicherweise einige Sorgen gegenüber Russ-

land, die sie umtreiben. Aber gerade auch aus die-

ser Perspektive sind Gespräche und Verhandlungen

zwischen europäischen und russischen Partnern

wichtiger denn je. Nur damit kann das notwendige

Vertrauen geschaffen werden, das so wichtig ist

für eine friedliche Entwicklung Europas.

1 TACIS: Technical Assistance

to the Commonwealth of

Independent States

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Natürlich Erdgas

Unverzichtbar im deutschen EnergiemixSeit fast 50 Jahren steht Erdgas für eine Erfolgsgeschichte im deutschen Energiemarkt. Aus gutem Grunde, denn das Produkt

steht für Wirtschaftlichkeit, Versorgungssicherheit und Umweltverträglichkeit. Dieses Image hat zwar in jüngster Zeit vor

allem durch die Diskussionen um russische Importe und hohe Gaspreise gelitten, Erdgas wird aber unbestritten auch zukünftig

ein unverzichtbarer Bestandteil im deutschen Energiemix bleiben.

Erdgas in der öffentlichen Wahrnehmung

Die sichere und nachhaltige Versorgung mit Energie

steht in Deutschland seit geraumer Zeit verstärkt

im Mittelpunkt öffentlicher Diskussionen und

dürfte auch eines der Themen in den anstehen-

den Wahlkämpfen in diesem Jahr sein. Weltweit

deutlich steigende Energiepreise und eine spürbar

gewachsene Sensibilität für Umweltthemen haben

dieser Diskussion zusätzlich Zündstoff gegeben.

Nahezu täglich veröffentlichen Politik, Wirtschaft

und Wissenschaft neue Meinungen, Vorschläge

und Konzepte für die Energieversorgung der Zu-

kunft in Deutschland. Insbesondere um die Themen

erneuerbare Energien, Nutzung der Kernenergie

und Kohleverstromung wurde und wird teilweise

heftig gestritten.

Nicht in jedem Fall sind solche Beiträge durch

Sachlichkeit und Realismus gekennzeichnet.

Dabei fällt auf, dass zur Bedeutung von Erdgas

wenig zu vernehmen ist. Wenn über Erdgas ge-

sprochen wird, geht es vor allem um (meistens

als zu hoch und unangemessen empfundene)

Preise und Importabhängigkeit. Die Bedeutung

für eine sichere und umweltschonende Energie-

versorgung findet kaum Erwähnung. Erdgas hat

faktisch in der öffentlichen Wahrnehmung keine

„Stimme“.

Foto: aboutpixel.de/Christoph Ruhland Foto: aboutpixel.de/Gas © Joachim Spengler

Foto: aboutpixel.de/Bernd Boscolo

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Da ist es besonders

fatal, wenn die deut-

sche und europäische

E r d g a s v e r s o r g u n g

durch die Auseinan-

dersetzung zwischen

Russland und der Ukra-

ine über Lieferung und

Bezahlung von Mengen

in Negativschlagzeilen

gerät. Die Unterbre-

chung der Lieferungen

an Mitgliedsstaaten der

Europäischen Union hat

dem ohnehin schon an-

geschlagenen Image

des Energieträgers Erd-

gas nochmals deutlich

geschadet. Nach ak-

tuellen Umfragen hält

mehr als die Hälfte der

deutschen Bevölkerung

die Erdgasversorgung

Deutschlands in den

nächsten 20 Jahren für

nicht mehr gesichert. Wie steht es nun wirklich

um die Bedeutung des Energieträgers Erdgas in

Deutschland?

Verschärfter Wettbewerb

unter den Energieträgern

Trotz der rasanten Entwicklung der erneuerbaren

Energien wird es in den nächsten 20 Jahren nicht

annähernd möglich sein, die Energie- und vor

allem die Wärmeerzeugung ausschließlich auf

der Grundlage von Sonnenenergie und Biomasse

zu sichern.

Es gibt keinen vernünftigen Grund, die zukünftige

Bedeutung von Erdgas in Frage zu stellen. Im

Gegenteil: gerade Erdgas kann und wird einen

bedeutenden Anteil an der Energieversorgung

der Zukunft haben.

Tatsache ist aber auch, dass sich der Energiemarkt

in einem deutlichen Umbruch befindet, in dem sich

die fossilen Energien einem deutlich gewachsenen

Wettbewerbsdruck stellen müssen.

Hinzu kommt, dass sich der politische Einfluss

auf den Heizungsmarkt durch den neu definierten

Gesetzesrahmen (EnEV, EEWärmeG, KWK-Gesetz 1)

erheblich erhöht hat. Die Technologieoffenheit

ist dabei an manchen Stellen zu kurz gekommen.

Die Erdgasversorgungsunternehmen in Deutsch-

land haben sich frühzeitig auf diese Entwicklung

eingestellt.

Umweltfreundliches Erdgas

Nicht der Energieträger Erdgas hat sich verändert,

sondern die Rahmenbedingungen. Erdgas steht

beim Verbraucher unverändert für Effizienz, Kom-

fort und Umweltschonung. Es ist ein Energieträger

aus der Natur, der gut für die Umwelt ist und auch

gut für die Umwelt bleibt. Die Gründe liegen auf

der Hand: Es liegt bereits im gasförmigen Zustand

vor. Eine Raffinierung und damit verbundene Um-

weltbelastungen entfallen ebenso wie zusätzliche

Energieaufwendungen. Es lässt sich praktisch so

einsetzen, wie es gefördert wird. Erdgas hat mit

Abstand die niedrigsten CO2-Emissionen unter

den fossilen Brennstoffen und praktisch keine

Feinstaub-Emissionen bei der Verbrennung. Erdgas

ist ungiftig für Mensch, Tier, Böden und Gewäs-

ser. Es ist nahezu schwefelfrei und es gibt keine

Entsorgungsprobleme.

Das Image von Erdgas hat sich in den letzten Jah-

ren trotzdem insgesamt deutlich verschlechtert.

Das ist nicht auf die natürlichen Eigenschaften

zurückzuführen, sondern auf die Diskussion um

Preise und auf die in den Focus gerückten Fragen

um die Liefer- und Versorgungssicherheit.

Erdgas ist eine umweltschonende Energie mit

Zukunft. Für die Erdgaswirtschaft muss es obers-

tes Ziel sein, dem umweltfreundlichen Energieträ-

ger Erdgas einen führenden Platz im Energiemix

1 EnEV (Energieeinsparverord-

nung), EEWärmeG (Erneuer-

bare-Energien-Wärmegesetz),

KWK-Gesetz (Kraft-Wärme-

Kopplungsgesetz)

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heute und auch in einer ökologisch geprägten

Zukunft zu sichern und ihn nachhaltig zu posi-

tionieren.

VNG steht für Erdgas

VNG bekennt sich klar zu diesem Ziel. Deswegen

ist „VNG – Natürlich Erdgas“ das Leitmotiv für

den kommunikativen Auftritt der VNG-Gruppe

im Jahr 2009.

Erdgas wird von den Nutzern vor allem wegen des

hohen Komforts und der Sauberkeit beim Einsatz

sowie der einfachen Beschaffung und Handhabung

geschätzt. Das sind deutliche, vor allem auch

zukünftig gültige Vorteile gegenüber anderen Heiz-

energien. Die Technologien der Erdgasanwendung

sind hochmodern und effizient. Erdgasheizungen

erreichen Spitzenwerte im Wirkungsgrad.

Durch die intelligente Vernetzung von Erdgas,

Bioerdgas und anderen Zukunftsenergien stärkt

VNG die Nachhaltigkeit und Anwendungsbreite

von Erdgas im Energiemix. Erdgas ist problemlos

kombinierbar mit erneuerbaren Energien. Neue

Systemlösungen vereinigen in idealer Weise die An-

wendungsvorteile verschiedener Technologien.

Und wir tun noch mehr, weil Energie knapper und

der Klimaschutz immer wichtiger wird. Wir beraten

Großanwender bei der Einsparung von Erdgas.

Die ökologischen und wirtschaftlichen Vorteile

können Endverbraucher mit einer Erdgasbrenn-

wertheizung, im erdgasvollversorgten Haus und

neuerdings auch mit dem Einbau eines Erdgas-

Miniblockheizkraftwerkes für sich realisieren.

Darüber hinaus erforschen wir auch neue, noch

sparsamere Anwendungstechnologien für Erdgas

bis hin zur Brennstoffzelle.

Gaspreisdiskussion bleibt aktuell

Immer wieder gab und gibt es Diskussionen über

die vermeintlich zu hohen Gaspreise. Vor allem

die Ölpreisbindung ist in die Kritik geraten. Der

Gaspreis folgt mit zeitlicher Verzögerung der Ent-

wicklung der Ölnotierungen. Das ist natürlich keine

Einbahnstraße, denn sinkende Ölpreise führen

auch zu sinkenden Gaspreisen. Ein System, das

sich seit seiner Einführung in den 1960-er Jahren

immer wieder bewährt hat.

Auch unabhängige Experten wie Klaus Matthies

vom Hamburgischen WeltWirtschaftsInstitut

(HWWI) sehen die Vorteile der Ölpreisbindung.

Der HWWI-Rohstoffexperte erklärte gegenüber

dpa, dass die Aufgabe der Koppelung zu noch

höheren Gaspreisen führen könnte. Matthies

weiter: „Es gibt eigentlich gar keine Alternative

zur Ölpreisbindung.“ Tatsächlich garantiert die

Ölpreisbindung den Förderländern verlässliche

Einnahmen unter anderem für ihre Investitionen

und den Abnehmern verlässliche Preise. So bietet

die Ölpreisbindung einen Schutz vor überzogenen

Forderungen der Produzenten und den deutschen

Importeuren Sicherheit für die Bezüge.

Verlässlich und transparent ist auch die Zusam-

mensetzung des Preises für den Endkunden. Im

Jahr 2008 machten die Kosten für Produktion,

Fortsetzung von Seite 41

Unverzichtbar im deutschen Energiemix

– Hatten die Verbraucher vor einigen Jahren nur die Wahl zwischen Erdgas und Heizöl, gibt

es inzwischen eine Reihe von alternativen Heizsystemen, die die Wärmeversorgung kom-

plett oder als Ergänzung zu herkömmlichen Technologien sichern können. Das Angebot an

Alternativen wächst ständig und trägt dem Streben nach Autarkie und Selbstbestimmung

über den Energieeinsatz Rechnung.

– Auf der Abnehmerseite ist ein deutlich höheres Interesse an Fragen der globalen, nationalen

und eigenen Energieversorgung zu verzeichnen. Damit verbunden ist ein gewachsenes

Bedürfnis nach Informationen über Bezugsquellen, Transportwege, Preisbildung und

Anwendungstechnologien.

– Es gibt eine klare Entwicklung zur bi- und trivalenten Versorgung mit Heizenergie. So

wird Solarenergie immer mehr zum festen Bestandteil von Heizsystemen.

– Bereits seit einigen Jahren sind Erdgasverbrauch und Energieverbrauch zum Heizen

insgesamt bei Haushalten in Deutschland rückläufig. Die Gründe dafür liegen neben

einem höheren Bewusstsein zum Energiesparen und der beginnenden Substitution vor

allem auch in der gestiegenen Energieeffizienz beim Bestand an Erdgasheizungen. Eine

neu installierte Gasheizung (davon werden immerhin jährlich über 500.000 vor allem als

Ersatzinvestition installiert) benötigt 10 bis 15 Prozent weniger Brennstoff.

Wachsender Wettbewerbsdruck für Erdgas

Foto: Stefan Militzer

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Bernhard Kaltef leiter ist

Direktor und Leiter Unter-

nehmenskommunikat ion

bei VNG. Er war bis 2000 im

Sächsischen Ministerium für

Wirtschaft und Arbeit tätig

und wechselte danach zu

VNG. Bernhard Kaltefleiter

ist unter anderem Vorsit-

zender des Vorstandes des

Deutsch-Russischen Rohstoff-

Forums e.V.

Kerstin Kietzke ist im Bereich

Strategische Koordinierung

bei VNG tätig und verantwor-

tet das Fachgebiet Marktfor-

schung/Marktanalysen.

Die Autoren

Transport, Speicherung und Verteilung 72 %

von Erdgas aus, der Staatsanteil betrug 28 %.

Allein zwischen 1990 und 2004 erhöhte sich die

Steuer- und Abgabenlast auf Erdgas um rund

280 Prozent auf 4,2 Milliarden Euro.

VNG wird weiterhin alles daran setzen, auch den

Einfluss steigender Energiepreise für sich und

ihre Kunden so gering wie möglich zu halten.

Wir erreichen dies vor allem durch straffes Kos-

tenmanagement, diversifizierten Gasbezug mit

lang-, mittel- und kurzfristigen Einkaufsoptionen,

flexible Lieferverträge und ein vorausschauendes

Risiko- und Portfoliomanagement.

Erdgas steht auch in Zukunft für Versorgungs-

sicherheit und Umweltschonung

Stellenweise werden Zweifel an der Zuverlässigkeit

der zukünftigen Erdgasversorgung für Deutschland

geäußert. Diese Sorgen sind völlig unbegründet.

Neben der Tatsache, dass die Erdgasreserven der

Welt trotz steigendem Verbrauch in den letzten

Jahren ständig gewachsen sind, ist die Sicherheit

vor allem durch bereits jetzt abgeschlossene Lie-

ferverträge zwischen deutschen Gasimporteuren

und Produzenten über lange Laufzeiten (20 Jahre

und mehr) mit festen (und damit berechenbaren)

Preisformeln gewährleistet.

Der deutsche Erdgasmarkt verfügt geografisch

über eine privilegierte Position. Nahezu 80 % der

Erdgasreserven der Welt befinden sich in einem

Umkreis von 4000 km und können (im Unter-

schied zu den Verbrauchszentren in Asien und

Nordamerika) größtenteils kosteneffizient über

Pipelines erschlossen werden. Durch die Investiti-

onen deutscher Gasgesellschaften in Infrastruktur

zur Regasifizierung von verflüssigtem Erdgas (LNG)

wird es zukünftig möglich sein, die Bezugsbasis

von Erdgas durch neue Lieferquellen zu erweitern

und damit die Abhängigkeit von traditionellen

Lieferländern zu verringern.

Eine Reihe deutscher Gasgesellschaften investiert

in Projekte zur Erzeugung von Bioerdgas mit dem

Ziel der weiteren Diversifizierung von Bezugsquel-

len. Damit wird zukünftig die Möglichkeit bestehen,

den Beitrag regenerativer einheimischer Energie-

quellen für das Energieaufkommen deutlich zu

erhöhen. Das Klimaschutzpaket der Bundesre-

gierung sieht die Nutzung von Bioerdgas deshalb

auch ausdrücklich vor.

Bernhard Kaltefleiter,

Kerstin Kietzke

– Mehr als die Hälfte aller Wohnungen in Deutschland (nämlich 55 Prozent) werden mit

Erdgas bzw. mit Fernwärme (durch Erdgas erzeugt) beheizt.

– Die Infrastruktur für die Erdgasversorgung ist sehr gut ausgebaut. Die Länge des Leitungs-

netzes beträgt 438. 000 Kilometer. Davon wurden allein in den vergangenen 10 Jahren

90.000 Kilometer neu gebaut.

– Deutschland verfügt mit 20 Milliarden Kubikmetern über die mit Abstand größten Kapa-

zitäten zur unterirdischen Speicherung von Erdgas in Europa. Bis zum Jahresende 2010

wird sich dieses Volumen auf 25 Milliarden Kubikmetern erhöhen.

– Zwei Drittel des in Deutschland verbrauchten Erdgases stammen aus deutschen und

westeuropäischen Quellen.

– Das deutsche Gasleitungsnetz ist an sieben Übernahmepunkten mit dem europäischen

Fernleitungsnetz verbunden. Ein weiterer Übernahmepunkt wird in Greifswald mit dem

Bau der neuen Leitungsverbindung aus Russland über die Ostsee errichtet.

– 13 große deutsche Erdgasgesellschaften importieren das Gas aus den Förderländern. Die

für Deutschland benötigen Gasmengen sind bis nach 2020 bereits vertraglich gesichert,

ein Teil sogar bis zum Jahr 2036.

Erdgas in Deutschland

Primärenergie-verbrauch

22

Endenergie-verbrauch Industrie

BeheizungWohnungs-

bestand

BeheizungNeubauten

Strom-erzeugung

0

40

60

80

20

100

Erdgas am Energiemarkt in Deutschland 2008

32

49

59

13

Ökologisch und ökonomisch – VNG steht für den sauberen und

effizienten Energieträger Erdgas.

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Verbaute Zukunft für die Ferngasnetze?

Im November 2008 hat die Bundesnetzagentur beschlossen, auch alle deutschen Ferngas-

netze ab 2009 unter die Kosten- und ab 2010 unter die Anreizregulierung zu stellen. Sie

begründete dies damit, dass diese Netze nicht überwiegend einem Leitungswettbewerb

unterlägen. Betroffene Netzbetreiber – darunter auch die ONTRAS – VNG Gastransport GmbH – reichten dagegen Beschwer-

de beim zuständigen Oberlandesgericht Düsseldorf ein. Einige stellten sogar zukünftige Infrastrukturprojekte in Frage. Für

medium gas erläutern Ralph Bahke und Torsten Bayer, die beiden ONTRAS-Geschäftsführer, welche Folgen eine Kosten- bzw.

Anreizregulierung im Ferngasbereich für die Versorgungssicherheit haben könnte und warum ONTRAS gegen den Beschluss

der Bundesnetzagentur gerichtlich vorgeht.

Bisher konnte der Betreiber eines überregi-

onalen Gasfernleitungsnetzes die Entgelte

für den Netzzugang marktorientiert auf

der Grundlage eines Vergleichsverfahrens

festlegen. Der Gesetzgeber lässt dies zu,

wenn dieses Fernleitungsnetz überwie-

gend einem wirksamen bestehenden oder

potenziellen Wettbewerb ausgesetzt ist

(§ 3 Abs. 2, 19 Gasnetzzugangsentgeltver-

ordnung, kurz: GasNEV). Da beides auch

auf ONTRAS zutrifft, bildete sie die Entgel-

te bisher auf der Basis eines Vergleichs im

europäischen Wettbewerb. Dennoch hat

die Bundesnetzagentur mit dem Bescheid

vom November 2008 ONTRAS verpflich-

tet, einen kostenbasierten Entgeltantrag

einzureichen. Obwohl ONTRAS dagegen

Beschwerde beim Oberlandesgericht

Düsseldorf eingereicht hat, war das Un-

ternehmen verpflichtet, den Kostenantrag

binnen zwei Monaten einzureichen.

Kernpunkt:

Wettbewerb im ONTRAS-Netz

ONTRAS begründet ihre Beschwerde

damit, dass der Wettbewerb in ihrem

Netz überwiegt. Anhand anerkannter

ökonomischer Verfahren weist ONTRAS

durch Dritte nach, dass ihr Netz sowohl

einem bestehenden Leitungswettbewerb

zwischen mehreren Netzbetreibern als

auch einem potenziellen Leitungswett-

bewerb ausgesetzt ist.

Selbst die Bundesnetzagentur erkennt an,

dass ONTRAS die Voraussetzungen der

GasNEV für Leitungswettbewerb erfüllt.

Allerdings sieht sie dies im Gegensatz zu

ONTRAS als nicht ausreichend an. Die Be-

hörde versucht vielmehr, in einem eigenen

Konzept für Leitungswettbewerb zusätz-

liche Kriterien für Leitungswettbewerb zu

definieren. Doch beruht ihr Konzept auf

zahlreichen unzutreffenden bzw. nicht

sachgemäßen Annahmen und Wertungen.

Darin sieht ONTRAS einen wesentlichen

Grund für ihre Beschwerde.

Kosten- und Anreizregulierung

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Bundesnetzagentur führt

Ausnahmeregelung ad absurdum

Ginge es nach dem Konzept der Bundes-

netzagentur, müsste jeder Versuch, einen

ausreichenden Wettbewerb beim Gas-

transport in Deutschland nachzuweisen,

von vornherein scheitern. Indem sie jedem

der am Verfahren beteiligten Gasfern-

leitungsnetzbetreiber den Nachweis von

Leitungswettbewerb unmöglich macht,

führt die Behörde die in der Verordnung

vorgesehene Ausnahmeregelung ad

absurdum. Dies hat ONTRAS in der Be-

gründung ihrer Beschwerde ausführlich

belegt.

Zudem lässt die Bundesnetzagentur au-

ßer acht, dass gemäß GasNEV Gasfern-

leitungsnetzbetreiber mit im Wettbewerb

gebildeten Entgelten einem europäischen

Vergleichsverfahren unterzogen werden.

Das bedeutet im Klartext, dass selbst in

diesem Falle die Netzentgelte reguliert

sind, und dies sogar auf europäischer

Ebene.

Tiefer Eingriff in unternehmerisches

Handeln

Wir sind davon überzeugt, dass eine

marktorientierte Preisbildung bei Trans-

portentgelten für Ferngasleitungen den

Wettbewerb in Europa weiter voranbringt.

Denn der Beschluss der Bundesnetzagen-

tur kann weitreichende Konsequenzen für

künftige Investitionen und damit für die

Versorgungssicherheit der Gaskunden in

Deutschland haben.

Eine Kosten- und Anreizregulierung greift

tief in unternehmerisches Handeln ein.

Der finanzielle Spielraum wird beschnit-

ten. Investitionen in die Infrastruktur wer-

den erschwert, wenn nicht gar verhindert.

So liegt die theoretisch erzielbare Rendite

für Investitionen so niedrig, dass sie bei

einem realen Kostenansatz für ein Infra-

strukturprojekt am Ende nur bei einer Grö-

ßenordnung um fünf Prozent läge. Denn

der Investor kann z. B. weder die derzeit

höheren Kapitalkosten am Markt noch

den oft erst nach Jahren einsetzenden

Kapitalrückfluss geltend machen.

Kostenreguliert heißt nicht

automatisch billiger

Es ist keineswegs sicher, dass kosten-

regulierte Entgelte gegenüber den der-

zeitigen Wettbewerbspreisen an jedem

Netzkopplungspunkt günstiger ausfallen.

Denn die seit Oktober 2008 geltenden

neuen Rahmenbedingungen für den Gas-

transport verursachen allein im Marktge-

biet „ONTRAS“ Mehrkosten in Millionen-

höhe, die zu den bisherigen Netzkosten

dazukommen und entsprechend auf alle

Netzpunkte umzulegen sind.

Auch das Anreizprinzip ist zu hinterfragen.

Denn ONTRAS hat bereits seit Jahren die

Kosten wesentlich gesenkt, wo immer es

wirtschaftlich und sicherheitstechnisch

vertretbar war. Nahezu alle Rationalisie-

rungs- und Optimierungsmaßnahmen

sind daher ausgeschöpft. So hat ONTRAS

schon vor Jahren zusammen mit ande-

ren Netzbetreibern im Marktgebiet die

Wartung und Betreuung von Leitungs-

systemen an gemeinsam beauftragte

Dienstleister übertragen. Das hat die

Netzkosten um ca. 20 Prozent gesenkt.

Torsten Bayer, Geschäftsführer Technik Ralph Bahke, Geschäftsführer Netzvermarktung

Diesen Weg geht ONTRAS konsequent

weiter.

Anreize für Innovation statt

für Reduktion

Aus Sicht eines Gasfernleitungsnetzbe-

treibers brauchen wir unbedingt Anreize

für innovatives unternehmerisches Han-

deln. Doch die Anreizregulierung belohnt

bisher nur einseitig den Kosteneinsparer,

nicht jedoch den innovativen Netzbe-

treiber. Wir halten diesen Weg für eine

Sackgasse, bei der das Ziel einer preis-

würdigen und sicheren Versorgung mit

Erdgas auf der Strecke bleiben könnte.

Noch sind für ONTRAS die technische

Sicherheit und die hohe Verfügbarkeit

unseres Netzes gleichberechtigt mit einer

Kostenoptimierung beim Gastransport.

Anders ausgedrückt, schaffen wir mit un-

serem technisch sicheren Netz und hoher

Verfügbarkeit sowohl die Basis für eine

nachhaltig sichere Versorgung der Verbrau-

cher mit Gas als auch für den Wettbewerb

der Gashändler. Davon profitieren alle Gas-

verbraucher. Das funktioniert jedoch nur,

wenn wir laufend in die technische Sicher-

heit investieren, vorausschauend planen

und die Infrastruktur weiter ausbauen.

Dafür benötigen wir Handlungsspielräume,

die uns im derzeitigen regulierten System

genommen werden.

Page 46: medium gas 2009.1

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15 Jahre Energiepartnerschaft mit Norwegen

Norwegisches Erdgas in Europa – eine Erfolgsgeschichte

Mit dem Symposium „Norwegisches Erdgas in Europa – eine Erfolgsgeschichte für Produzent,

Importeur, Versorger und Verbraucher“ wurde in Leipzig die 15jährige Partnerschaft zwischen

Norwegen und der VNG begangen. medium gas sprach mit Rune Bjørnson, Executive Vice President

of Natural Gas bei StatoilHydro ASA, über Norwegens Beitrag zur Versorgungssicherheit für

Deutschland und Europa.

Wie hat sich StatoilHydro während des Gasstreits

zwischen Russland und der Ukraine verhalten?

Lassen Sie mich zunächst unterstreichen, dass

Statoil Hydro mit dem Export und Verkauf von Erdgas

vom Norwegischen Kontinentalschelf (NCS) nach

Europa eine bedeutende Rolle für die Sicherung der

europäischen Ener-

gieversorgung spielt.

Als zweitgrößter

Gaslieferant für Eu-

ropa haben wir seit

mehr als drei Jahr-

zehnten unsere Lie-

ferverpflichtungen

zuverlässig erfüllt.

Das Gas aus Nor-

wegen strömt durch

ein ausgedehntes

und robustes Rohrleitungssystem, in dessen Ent-

wicklung wir Milliarden investiert haben.

Während der russisch-ukrainischen Streitigkeiten

bestand unsere Aufgabe darin, durch sicheren und

effektiven Betrieb auf dem NCS dafür zu sorgen,

dass weiter Gas fließt. Außerdem standen wir in en-

gem Kontakt mit unseren Kunden und lieferten auch

über unsere Vertragsverpflichtungen hinaus.

Das auf dem NCS produzierte und hauptsächlich

von StatoilHydro vermarktete Gas wird zum größten

Teil über Langfristverträge an Kunden in Europa

geliefert. Restmengen stehen gewöhnlich an bri-

tischen und anderen europäischen Spotmärkten

zum Verkauf, an deren Entwicklung wir uns aktiv

beteiligen.

Ist StatoilHydro auch in Zukunft ein zuverlässiger

Gaslieferant?

Um es kurz zu sagen: JA. Zusätzlich möchte ich

bemerken, dass hohe Qualität in allen Teilen

der Wertschöpfungskette – von der Erkundung

und Erschließung bis zu Verkauf und Transport –

die Grundlage für weiteres Wachstum unseres Gas-

geschäfts bildet. In dieser Branche hat StatoilHydro

langjährige Erfahrungen bei der Gestaltung von

Wertschöpfungsketten. Derzeit investieren wir

in den Ausbau des NCS und arbeiten parallel an

unserer internationalen Positionierung. Wir wollen

für die kommenden Jahre und Jahrzehnte eine

Schlüsselrolle als langfristiger und dauerhafter

Lieferant spielen.

Konzentriert sich StatoilHydro bei der Lieferung

von Erdgas nach Europa ausschließlich auf Nor-

wegen?

Nein, wir streben weiter nach einer stärkeren inter-

nationalen Ausrichtung im Gasgeschäft. Zugleich

arbeiten wir hart am Ausbau des NCS, indem wir

durch Erkundungsbohrungen und Feldaufschlüsse

neue Ressourcen erschließen, die dann wiederum

eine Ausweitung des bestehenden Leitungsnetzes

nach sich ziehen können.

Wir schöpfen dabei aus einem reichen Schatz

an Erfahrungen bei der Entwicklung von Öl- und

Gasfeldern unter extremen und unwirtlichen

Bedingungen. Das Snøhvit-Feld ist ein Beispiel

dafür. Diese in ihrer Art einmalige Förderanlage

Rune Bjørnson ist Executive

Vice President of Natural Gas

bei StatoilHydro ASA. Er ar-

beitet seit 1985 in verschie-

denen Positionen für Statoil.

Von 2001 bis 2003 war er

Vorstandsmitglied bei Stat-

oil in Großbritannien. Rune

Bjørnson hat einen Master

of Science im Bereich Wirt-

schaftswissenschaften von

der Universität Bergen.

Foto: StatoilHydro

Page 47: medium gas 2009.1

47 medium gas | 2009.1

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liefert Erdgas ans Festland zur Verflüssigung

und Weiterverschiffung. Auf der ganzen Welt

gibt es keine LNG-Anlage, die weiter nördlich

gelegen ist.

Darin spiegelt sich unser Engagement und unser

fester Wille wider, Energie für die Märkte verfügbar

zu machen und für alle Kunden bereitzustellen,

die auf unsere Lieferungen vertrauen.

Was andererseits die Entwicklung der internatio-

nalen Wertschöpfungsketten betrifft, beteiligen

wir uns in Algerien an zwei der landesweit größten

produzierenden Gasfelder. Jetzt gerade laufen

auch die Erkundungen weiterer Gasreserven. In

der östlichen Hemisphäre besitzen wir in Aserbaid-

schan einen beträchtlichen Anteil an einem großen

Gasfeld mit dem Namen Shah Deniz. Dort sollen

durch einen weiteren Ausbau Mengen abgesichert

werden, die dann über einen vierten Korridor bis

nach Europa gelangen.

In der westlichen Hemisphäre haben wir im No-

vember 2008 mit dem Erwerb von Anteilen an der

Marcellus-Formation in den USA gezeigt, dass wir

unsere Wertschöpfungskette auch im weltgrößten

Gasmarkt weiter stärken werden.

Der Anteil von Erdgas an unseren Reserven liegt bei

über 60 Prozent. Daher wird unsere Gasproduktion

in den kommenden Jahren weiter steigen.

Langfristige Lieferverträge mit StatoilHydro sind ein Garant für zuverlässige Erdgasversorgung

in Europa. Prof. e. h. Dr.-Ing. Klaus-Ewald Holst, Vorstandsvorsitzender von VNG (li.) und Rune

Bjørnson, Executive Vice President of Natural Gas bei StatoilHydro ASA (re.). Im Hintergrund:

Monica Liv Stubholt, Staatssekretärin im Energie- und Ölministerium in Norwegen, Hartmut

Schauerte, Staatssekretär im Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie und Klaus-

Dieter Barbknecht, Vorstand Gasbeschaffung bei VNG. Foto: Christoph Busse

Erfolgsgeschichte Deutsch-Norwegische Energiepartnerschaft

Im Dezember 1993, nur drei Jahre nach der deutschen Wiedervereinigung, unterzeichnete VNG einen ersten Gasliefervertrag mit dem norwegischen Gas Negotiating Committee (GFU) über jährlich vier Milliarden Kubikmeter Erdgas. Seit 1996, als die Lieferungen aufgenommen wurden, strömten mehr als 40 Mrd. Kubikmeter Erdgas aus Norwegen nach Ostdeutschland. Zwischenzeitlich wurden die Vertragsbeziehungen umfassend erweitert. Die langfristigen Verträge mit Statoil ASA und TOTAL E&P NORGE AS wurden 2005 und 2006 bis mindestens in das Jahr 2022 verlängert.

StatoilHydro ASAAm 1. Oktober 2007 hat NorskHydro sein Öl- und Gasgeschäft mit der norwegischen Statoil fusioniert. Durch den Zusammenschluss entstand mit dem neuen Unternehmen StatoilHydro der weltgrößte Operator von Offshore-, Öl- und Gasplattformen. Das Unternehmen hat weltweit rund 29.500 Mitarbeiter in 40 Ländern, betreibt 39 Öl- und Gasfelder, verfügt über eine Marktkapitalisierung von mehr als 5000 Billionen NOK und produziert täglich mehr als 1.7 Millionen Barrel Öläquivalent. StatoilHydro verfügt über nachgewiesene Reserven in Höhe von rund sechs Billionen Barrel Öläquivalent.

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VNG stellte Expertin für TransitüberwachungIm Gasstreit zwischen Russland und der Ukraine hatten beide Länder Anfang

Januar neutrale Experten der Europäischen Union und der Gaswirtschaft zuge-

lassen, um den Gastransit durch die Ukraine nach Westeuropa zu überwachen.

Eine der Experten war Christina Fenin, die bei VNG im Bereich Betrieb/Techno-

logie arbeitet. Im medium gas erzählt die Gastechnikerin über die Arbeit vor

Ort und erklärt, wie die technische Überwachung funktionierte.

Christina Fenin beim Sonnenaufgang am Asovshen Meer.

Der Gasstreit zwischen Russland und der Ukraine

hat viele Menschen in Europa direkt betroffen –

durch die Verminderung der Gaslieferungen oder

eine Einsenkung der Produktion, mich durch die

Ernennung in die Expertengruppe der Monitoring-

Kommission der Europäischen Union.

Die Nominierung kam plötzlich und völlig un-

geplant am Donnerstagabend des 11. Januars.

Über Nacht trafen die Unterlagen aus Brüssel

ein und am Freitag fuhr ich sofort zum Treffen

der Expertengruppe der EU-Mission nach Berlin.

Dort versammelten sich technische Fachleute

der europäischen Gaswirtschaft, um Ziele und

Strategien der Monitoringgruppe und die Ört-

lichkeiten des späteren Einsatzes festzulegen.

Bis zum späten Abend wurde beraten. Wie sich

zeigte, waren alle Mitglieder bereits mit gepackten

Koffern angereist, um keine Zeit zu verlieren und

sofort abzureisen.

Mein nächstes Ziel war die Zentrale von Gazprom

in Moskau, wo wir notwendige Daten über den

Transit erfragen mussten. Begleitet wurde ich

von einem Fachkollegen der Econgas aus Wien.

Ein dritter Experte der GDF SUEZ vervollständigte

in Moskau unsere Runde.

Gemeinsam mit zusätzlichen Beobachtern der

europäischen Gaswirtschaft und den ständigen

Vertretern der EU wurde schließlich an der Um-

setzung der in Berlin gesteckten Ziele gearbeitet.

Bereits am Samstag kamen wir bei einem ersten

Treffen mit Alexej Miller in der Gazprom-Zentrale

zusammen. Dort erwartete uns nicht nur eine

Vielzahl an Topmanagern der Gazprom, sondern

auch ein Stab an Fernsehteams, die dieses Treffen

aufzeichneten und wenig später dann bereits im

russischen Fernsehen übertrugen.

Als Leiter der russischen Arbeitsgruppe zur Lösung

des bestehenden Konfliktes wurde Alexander

Medvedjew eingesetzt. Am Sonntag erarbeiteten

wir in einer Marathonsitzung bis spät in die Nacht

hinein gemeinsam mit den russischen Partnern

einen Leitfaden, der das genaue Prozedere und

die Umfänge der Datenaufnahme regelte und allen

Beobachtern der EU, den Gazprom Bevollmächtig-

ten und den Vertretern der ukrainischen Naftogaz

zur Verfügung gestellt wurde.

Für die Aufnahme des Gastransits von Russland

über die Ukraine nach Europa sollten zwei Bedin-

gungen erfüllt sein. Zum einen die Unterzeichnung

des Regierungsabkommens Russland–Ukraine–EU

über die Kontrolle des Gasflusses mittels EU-Be-

obachtern an den Transit relevanten Punkten, zum

anderen die Anwesenheit der Beobachter an den

festgelegten Übergabestationen.

Technisch war alles vorbereitet, um Gas wieder

fließen zu lassen, allerdings kam es aus poli-

tischen Gründen immer wieder zu Verzögerungen.

Wir entschlossen uns dennoch, die Stationen so

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Abb. links: Christina Fenin

auf der Station Platovo im

russisch-ukrainischen Grenz-

gebiet.

Abb. rechts: Christina Fenin

als einzige Frau unter Mitar-

beitern der Kubantransgas,

Gazprom und Naftogas und

den Betreibern der Station

Platovo.

schnell wie möglich zu „besetzen“, um Niemandem

die Möglichkeit einer weiteren Ausrede geben zu

können. Montagabend verließen mein russischer

Kollege und ich Moskau in Richtung russisch-uk-

rainische Grenze. Über Zwischenstopps in Kursk

und Woronesh landeten wir in Rostov am Don.

Von dort fuhren wir drei Stunden mit dem Auto in

das Dorf Roshok, das direkt am Asovshen Meer

liegt. Im Winter ist das ein Ort, an dem man mehr

Hunde als Menschen antrifft. Uns blieben lediglich

zwei Stunden Schlaf, bevor wir zur Station Platovo

aufbrechen mussten.

Die Station Platovo liegt am Kilometer 47 der

Erdgasleitung Taganrog–Mariupol und hat eine

Kapazität von ca 10 Mio. m³/d. Damit ist sie im

Vergleich eine kleine Station. Vorgesehen war

es, dass jeweils ein Vertreter der Gazprom, ein

Black Diamant und Clock Spring, Ejektoren für

Untergrundgasspeicher – und natürlich auch über

deutsche Autos und deutsche Biersorten.

Zweimal am Tag fanden Telefonkonferenzen statt,

in die sich alle EU-Beobachter einklinken konnten,

um über den Sachstand auf ihrer Station zu infor-

mieren oder selbst Informationen zu bekommen.

Da festgelegt wurde, die Protokolle per Fax zu über-

senden, wurde die Station Platovo kurzerhand mit

dieser – für uns alltäglich gewordenen – Technik

ausgestattet. 12 Jahre hatten die Betreiber vor Ort

bereits versucht, ein solches Gerät zu bekommen.

Deshalb dankten sie mir auch herzlich, dass ich

vorbei gekommen war und sie einen kleinen Nutzen

aus dem Gasstreit ziehen konnten.

Mit Abflug von Berlin war nicht klar, wie lange der

Einsatz auf den Stationen dauern würde. Nach

Vertreter der Naftogaz und ein EU-Beobachter die

notwendigen Daten aufnehmen und gemeinsam

die Richtigkeit bestätigen. Außer dem technischen

Zustand der Station wurden Zählerstände und

Schieberpositionen festgehalten. Die erstellten

Protokolle wurden nach Moskau, Kiev und Brüs-

sel gesandt. Hier wurden schließlich die Gesamt-

bilanzen erstellt.

Während der Mission waren wir allerdings nicht

allein auf der Station, denn auch die „Abgesand-

ten“, die Betreiber der Station sowie Security-

Leute und der Leiter der Regionalgasversorgung

Kubantransgas waren anwesend. So fanden wir

stets einen Gesprächspartner, um die Zeit zwischen

den Protokollen zu überbrücken und technische

Angelegenheiten zu bereden. Wir sprachen über

mehr als einer Woche ohne funktionierende Dusche

kam jedoch die Information aus Brüssel, dass die

erste Expertengruppe durch „frische“ Beobachter

ausgetauscht werden würde.

Nachdem es klar war, dass ich am Sonntag, dem

18. Januar, von einem Kollegen der RWE trans abge-

löst werde, konnte ich meinen Rückflug in Richtung

Westen antreten. Nachts in Leipzig angekommen,

wurde ich von meinen Freunden herzlich in den Arm

genommen und ich fühlte mich wieder zu Hause.

Ich habe den Betreibern der Station versprochen,

irgendwann mal vorbeizukommen und mit ihnen

angeln zu gehen, wenn die Sonne höher steht und

„das Gas selbst seinen Weg findet“.

Christina Fenin, Betrieb/Technologie der VNG

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Mit trascue.PIMS dem Leck auf der SpurEin Leck in der Gaspipeline hat nicht nur finanzielle und ökologische Auswirkungen, sondern kann im schlimmsten Fall auch

zu einer Explosion führen. Um einen solchen Totalausfall zu vermeiden, investieren Firmen wie die VNG – Verbundnetz Gas AG

in Prozesse und Softwaresysteme, die sie beim Integrity Management unterstützen.

Nach den gesetzlichen Vorgaben ist jedes Gasver-

sorgungsunternehmen verpflichtet, seine gastech-

nischen Anlagen in einem ordnungsgemäßen und

sicherheitstechnisch einwand-

freien Zustand zu halten. Bei

VNG gibt es dafür das eigene

Pipeline Integrity Management System namens

trascue.PIMS. Die Software wurde gemeinsam

mit der GEOMAGIC GmbH und der Dr.-Ing. Veenker

Ingenieurgesellschaft mbH entwickelt.

Notwendige Daten

Im Rahmen der Betrachtung durch trascue.PIMS

fließt der gesamte Lebenszyklus einer Leitung in

die Zustandsbewertung ein. Spezifische Parame-

ter aus der Planungs- und Konstruktionsphase,

dem Betrieb und der Instandhaltung werden glei-

chermaßen untersucht. Basis für die technische

Zustandsbewertung und den sich schließenden

Kreislauf eines PIMS sind die Daten – je mehr

und je präziser sie für eine Auswertung verfügbar

sind, desto qualifizierter ist das Ergebnis. Die

meisten Pipelinebetreiber haben sehr viel in das

Sammeln und die Digitalisierung der Datenbasis

investiert. Oft wird hierfür ein Geographisches

Informationssystem (GIS) verwendet. Das kommt

bei der Gestaltung weiterer Prozesse zugute. Auch

VNG hat sehr frühzeitig begonnen, systematisch

bewertungsrelevante Daten im Rahmen ihrer Tech-

nischen Zustandsanalyse (TZA) zu erfassen und in

einem GIS-System abzuspeichern. Dabei handelt es

sich um Inspektionsdaten, Betriebsdaten, externe

Einflüsse und Rohreigenschaften. Neben diesen

Informationen zur Leitung werden auch Daten für

bestimmte Einbauten bzw. geographisch relevante

Besonderheiten erfasst. Solche Singularitäten

sind z. B. Armaturengruppen, Kreuzungen, Nä-

herungen zur Bebauung oder Minderdeckungen.

Die Daten werden aus verschiedenen Quellen

zusammengetragen, für trascue.PIMS aber in einer

gemeinsamen Datenbank verwaltet.

Ausfallwahrscheinlichkeit bestimmen

Aus den Daten bzw. Eigenschaften werden ent-

lang der Leitung oder des Leitungsabschnittes

dynamische Segmente gebildet. Jedes Mal, wenn

sich eine Eigenschaft ändert, wird ein neues Seg-

ment hinzugefügt. Für jedes Segment entlang

der Leitung erfolgt eine Analyse des technischen

Zustandes. Trascue.PIMS liefert eine sog. probabi-

listische Zustandbewertung und ermittelt die Aus-

fallwahrscheinlichkeit für jedes Element entlang

der Leitung. Diese Ausfallwahrscheinlichkeiten

werden mit anerkannten Grenzkriterien verglichen.

Werden solche Grenzwerte überschritten, sind

Maßnahmen erforderlich. Somit ist es möglich,

den erforderlichen Reparatur- bzw. Sanierungs-

bedarf nach objektiven Kriterien zu ermitteln und

zu priorisieren.

Optische Verbesserung

Durch die Kopplung von trascue.PIMS an ein GIS

ist es möglich, die optische Darstellung zu verbes-

sern. Hintergrundkarten wie Raster oder Luftbilder

können aus dem GIS eingebunden werden. So

wird der Bezug zwischen Ergebnis, Leitung und

Geographie deutlich. Diese Methodik wird auf

dem gesamten Leitungsnetz von VNG/ONTRAS

angewendet und ist Basis für die Ermittlung einer

qualifizierten Langfristaufwandsplanung und den

Nachweis der Leitungsintegrität. Im Rahmen der

technischen Dienstleistung durch VNG wurden sol-

che Zustandbewertungen bereits auch für verschie-

dene Gasversorgungsunternehmen durchgeführt.

Trascue.PIMS ist ein Software-Produkt, welches

modular aufgebaut ist. Verschiedene Module

wurden bereits erfolgreich vermarktet.

Aspekt: Wirtschaftlichkeit

Die Genauigkeit der Zustandsbeurteilung steigt

mit der Qualität der Eingangsparameter. So ist

eine direkte Begutachtung des Leitungsrohres

(Aufgrabung) die genaueste Methode ist, um den

Betrieb/Technologie

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Leitungszustand zu ermitteln. Allerdings ist die

komplette Freilegung einer Leitung wirtschaftlich

nicht vertretbar. Verschiedene aufgrabungsfreie

Mess- und Inspektionsverfahren wie z. B. der

kathodische Korrosionsschutz liefern im Abgleich

mit bekannten Umgebungsbedingungen (Boden

und sonstige äußere Einflüsse) praktikable Aussa-

gen über den möglichen Korrosionszustand einer

Leitung und sind Bestandteil der Bewertungsal-

gorithmen im trascue.PIMS.

Neuronale Netze

Für molchbare Leitungen werden heute Innenin-

spektionsverfahren (ILI) mit sog. Intelligenten

Molchen eingesetzt, um exakte Aussagen über die

aktuelle Wanddicke und mögliche Fehlstellen zu

ermitteln. Auch VNG setzt solche Verfahren seit

1997 systematisch ein, um die Aussagen zum

Leitungszustand zu verbessern. Für die weitere

Beurteilung solcher Untersuchungen wurde ein

spezielles Modul (Programmpaket KaRo) ent-

wickelt und im trascue.PIMS implementiert. Es

nutzt den Ansatz neuronaler Netze, wie sie z. B.

bei der Mustererkennung Anwendung finden.

Damit können umfangreiche Datenmengen in

kurzer Zeit ausgewertet werden. Über umfang-

reiche Berechnungen von Fehlstellen nach der

Berechnungsmethode der Finiten Elemente (FEM)

und umfangreiche Parameterstudien wurde das

neuronale Netz entsprechend trainiert, sodass

die Abweichungen gegenüber einer aufwendigen

FEM-Berechnung vernachlässigbar klein sind. Des

Weiteren wurden die Ergebnisse mit praktischen

Berstversuchen abgeglichen. Das Programm KaRo

ist von Sachverständigen nach Gashochdrucklei-

tungsverordnung (GasHL-VO) anerkannt. Entspre-

chende gutachterliche Äußerungen liegen vor. Über

eine konfigurierte Schnittstelle werden die Daten

aus Molchläufen in trascue.PIMS eingelesen. Die

KaRo-Bewertungen lassen sich in trascue.PIMS

grafisch darstellen. Kritische Stellen können ge-

sondert eingefärbt werden.

Prognosetool für Korrosionsstellen

Ein weiteres Merkmal des Programms ist die Er-

stellung von Vorhersagen. Sie dienen als Progno-

se für die mögliche Entwicklung der Korrosions-

stellen. Für die Berechnung werden verschiedene

Parameter vom Programm vorgeschlagen. Die

Beurteilung solcher Prognosen setzt jedoch eine

gewisse Erfahrung und Expertenwissen voraus.

Für die Prognose bedient man sich zusätzlicher

Daten über die Bodenqualität, Ergebnissen aus

Messverfahren des Kathodischen Korrosions-

schutzes (KKS) und sonstigen Fremdeinflüssen.

Nur so ist eine hohe Genauigkeit zu erreichen.

Bewertung der Ergebnisse

Mit Hilfe von Berichten und grafischen Auswer-

tungen, die das Programm erstellt, lassen sich

geeignete Maßnahmen für den Erhalt der Lei-

tungssicherheit und Verfügbarkeit ableiten. Die

daraus folgenden Schritte können wieder in den

PIMS-Kreislauf (Planung, Realisierung, Dokumen-

tation, Bewertung) eingebracht werden. Das ist

notwendig, um die Daten auch jederzeit aktuell

zu halten. Negative Bewertungsergebnisse kön-

nen mit Ergebnissen aus Nachuntersuchungen

abgeglichen und mit geplanten Maßnahmen re-

lativiert werden, wenn diese Informationen in

trascue.PIMS einfließen. Dieser Prozess ist oft

mit hohem Aufwand und Kosten verbunden, darf

aber nicht vernachlässigt werden. Nur so kann

ein ständiger Nachweis der technischen Integrität

einer Leitung geführt werden.

Ulrich Hoffmann, Fachgruppenverantwortlicher

Technische Diagnose bei VNG

Dr. Andreas Hartke, Geschäftsführer

GEOMAGIC GmbH

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VNG-Familientag und andere Premieren auf der PARTNER PFERDDie Leipziger Messe PARTNER PF ERD hatte zahlreiche Erlebnisse rund um Pferd und Reiter zu bieten. Neben Springreiten,

Dressur, Fahrsport und Voltigieren auf sportlich hohem Niveau boten sich dem interessierten Besucher viele interessante

Aktionen & Attraktionen zum Zuschauen und Mitmachen.

Mit einer Premiere öffnete die 12. Auflage der

PARTNER PFERD Anfang 2009 ihre Pforten. VNG,

zum ersten Mal als Hauptsponsor der Veranstal-

tung dabei, hatte die Patenschaft für den ersten

Messetag übernommen und ihn auf Familien aus-

gerichtet. Ziel der Initiative war es, insbeson-

dere Familien den Zugang zu einer der größten

Sportveranstaltungen der Region zu ermöglichen.

Der VNG-Familientag offerierte neben einem gün-

stigen Eintritt für Kinder und Familien zahlreiche

Mitmachangebote, die besonders Kinderherzen

höherschlagen ließen.

Familie Bongort aus Leipzig gewann beim VNG-Ge-

winnspiel einen aufregenden Tag auf der Messe.

Die Bongorts wurden mit dem ERDGAS-Shuttle

von zu Hause abgeholt und direkt zur Messe

gefahren. Nach einer kleinen Stärkung an der

ERDGAS-Cafébar ging es für die Familie los. Toch-

ter Lene, erst drei Jahre alt, aber schon ein alter

Hase im Reitgeschäft, eröffnete zielstrebig den

Rundgang mit dem Ponyreiten. Danach ging’s

weiter zur VNG Kids World, bei der Lene sich im

Klettern und Bungeetrampolinspringen auspro-

bierte. Langeweile Fehlanzeige: schon wartete

eine Backstageführung auf die kleine Familie,

bei der sie die zwei- und vierbeinigen Stars der

Messe hautnah bestaunen konnten. Feedback

von Mutter Mandy: „Das war rundherum ein toller

Tag. Wir haben einen Blick hinter die Kulissen

werfen dürfen und auch mal den Ablauf hinter

Volle Konzentration am Sprung. Foto: Christoph Busse

Messe

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der Veranstaltung kennengelernt. Es war einfach

aufregend.“

Der „Preis der VNG“ am Freitagabend war einer

der vielen sportlichen Höhepunkte der Veran-

staltung. Die Springprüfung, die als Qualifikation

zur Weltcup-Prüfung am Sonntag diente, wartete

mit einem Starterfeld von 50 Reiter-Pferd-Paaren

auf. Zusammen mit ihrem 14-jährigen Wallach

Meautry’s Locarno entschied Luciana Diniz die

Prüfung für sich. In nur 58,58 Sek. bewältigte die

für Portugal startende Top-Reiterin den schwie-

rigen Parcours fehlerfrei und verwies damit die

Konkurrenz auf die Plätze. Bereits im vergangenen

Jahr gewann Diniz die Prüfung. „Das ist mein erster

Turniertag im neuen Jahr. Und heute Morgen bin

ich in der Einlaufspringprüfung erstmal runter

gefallen. Da dachte ich: Heute Abend musst Du

gewinnen!“, so Diniz. Und das demonstrierte die

zweifache Mutter dann auch eindrucksvoll. Auf

dem zweiten Platz und nur 19 Hundertstel hinter

Diniz landete der Österreicher Thomas Frühmann

mit seinem Pferd The Sixth Sense. Der niederlän-

dische Mannschaftsweltmeister von 2006 Albert

Zoer mit Sam, der am Tag darauf das Championat

von Leipzig gewinnen sollte, wurde Dritter.

Dr. Gerhard Holtmeier, Vorstand Gasverkauf/Tech-

nik VNG – Verbundnetz Gas AG, begründete auf

der im Anschluss stattfindenden Pressekonferenz

das Engagement von VNG so: „Zum einen fühlen

wir uns als Leipziger Unternehmen dem Stand-

ort sehr verbunden und möchten so ein Zeichen

setzen, zum anderen sind wir international tätig

und diese Veranstaltung hier ist eben auch sehr

international ausgerichtet und strahlt über die

Grenzen von Leipzig hinaus.“

Nach einem Besucherrekord (58.300), promi-

nenten Gästen wie Athina Onassis, Enkelin des

griechischen Reeders Aristoteles Onassis, und

viel Show wie beispielsweise die beeindruckende

Freiheitsdressur des Tschechen Honza Bláha und

seinem 13-jährigen Wallach Gaston, schloss die

Messe nach vier aufregenden Tagen ihre Hallen.

Die 13. Auflage der PARTNER PFERD erwartet Sie

vom 21. bis 24. Januar 2010.

Julia Knauer, Unternehmenskommunikation

Spitzensport vor einem begeisterten Publikum.

Siegerehrung im Preis der VNG. Luciana Diniz mit Meautry’s Locarno (hinten); Prof. e. h. Dr.-Ing.

Klaus-Ewald Holst, Vorstandsvorsitzender der VNG (vorn links) und Volker Wulff, geschäfts-

führender Gesellschafter EN GARDE Marketing GmbH (rechts). Fotos: Christoph Busse

VNG Kids World in Halle 3.

Extravagante Show: Voltigie-

ren auf einem Trabi anstelle

eines Pferdes.

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Neue Gesichter für mehr Engagement: Botschafter der Wärme gekürt

Die Verbundnetz-Botschafter mit den Ehrenden: (v.l.n.r., hintere Reihe) Nora Lang aus Dresden, Gunter

Schreyer aus Chemnitz, Petra Düntsch aus Reichenbach, Staatssekretär des Wirtschaftsministerium

Prof. Dr. Christian Juckenack, Landtagspräsidentin Prof. Dr. Dagmar Schipanski, Larissa Neu aus

Berlin, Klaus-Dieter Barbknecht, Vorstandsmitglied der VNG – Verbundnetz Gas AG, Claudia Poser

aus Gera, (v.l.n.r., vordere Reihe): Uwe Gernert aus Lutherstadt Wittenberg, Natalia Gamsulewa aus

Neustrelitz, Regina Witte aus Rostock, Gerlinde Prössel aus Wenzlow b. Brandenburg).

Sie engagieren sich für Senioren, kranke und

behinderte Kinder, unterstützen sozial Schwache,

leisten Integrationsarbeit und bemühen sich in

der Sozialarbeit – die zehn neuen Botschafter des

Verbundnetzes der Wärme. Am 23. Januar erhielt

das neue „Korps des Ehrenamtes“ im geschichts-

trächtigen Luthersaal des Augustinerklosters

zu Erfurt aus den Händen von Prof. Dr. Dagmar

Schipanski, Thüringer Landtagspräsidentin,

Prof. Dr. Christian Juckenack, Staatssekretär des

Thüringer Wirtschaftsministeriums und Klaus-

Dieter Barbknecht, Vorstandsmitglied der VNG –

Verbundnetz Gas AG ihre Ernennungsurkunden

und wurden feierlich in ihr Amt berufen. Mit dem

Botschafter-Titel zeichnet die Initiative jährlich

Bürgerinnen und Bürger für ihr gesellschaftliches

Engagement und ihren unermüdlichen Einsatz

für andere Menschen aus. Ein Jahr lang haben

Natalia Gamsulewa (Neustrelitz), Petra Düntsch

(Reichenbach), Uwe Gernert (Lutherstadt Witten-

berg), Nora Lang (Dresden), Larissa Neu (Berlin),

Claudia Poser (Gera), Gunter Schreyer (Chem-

nitz), Gerlinde Prössel (Wenzlow b. Brandenburg),

Dr. Gerd Franz Triebenecker (Stralsund) und Regina

Witte (Rostock) nun die Möglichkeit, für ihre Pro-

jekte und das ehrenamtliche Wirken zu werben, um

andere Menschen anzuregen, es ihnen gleich zu

tun. Mit der Urkunde und der Ehrennadel erhielten

die Ausgezeichneten einen Scheck über 5.000 Euro

zur finanziellen Unterstützung ihrer Projekte.

Natalia Gamsulewa (Neustrelitz): „Ich bin vom Charakter her ein

Mensch, der nicht auf der Couch sitzen kann, sondern etwas tun

muss. Und wenn ich etwas mache, dann hundertprozentig“, erzählt

Natalia Gamsulewa. Mit ihrem ehrgeizigen, sympathischen Wesen

reißt sie alle mit. Einen deutsch-russisch gemischten Frauenchor

leitet sie, seit sie 2004 mit ihrer Familie nach Deutschland kam.

Binnen kürzester Zeit war durch die Musik ein Mittel zur Verstän-

digung und Integration zwischen deutschen und russischen Mit-

bürgerinnen gefunden.

Gunter Schreyer (Chemnitz): Gunter Schreyer widmet sich in Eigen-

regie dem Aufbau und der Pflege einer Website, die für Jugendliche

verschiedenste Lehrstellen gebündelt bereithält. Woche für Woche

durchforstet er nicht nur Zeitungen und Online-Börsen, er schaut

gezielt auf einzelnen Websites der Unternehmen nach ausgeschrie-

benen Lehrstellen, die er so einsammelt und für die zukünftigen

Azubis zur Verfügung stellt.

Nora Lang (Dresden): „Die Geschichte darf nicht in Vergessenheit

geraten“, so Nora Lang, Mitglied des Vereins 13. Februar 1945 e.V.

Als Überlebende des schrecklichen Bombenangriffes der Alliierten

1945 auf Dresden ist sie eine Zeitzeugin, die sich das Ziel gesetzt

hat, ihre Erlebnisse aus dieser Nacht weiterzugeben. Fast täglich

hat sie mit Journalisten oder Schülergruppen aus der ganzen Welt

zu tun. Das Interesse an der Bombardierung Dresdens ist sehr groß.

Damit nichts in Vergessenheit gerät, verbringt die 74-jährige viel

Zeit mit Archivarbeit.

Regina Witte (Rostock): Regina Witte ist Mitglied im Vorstand des

Netzwerkes Freiwilliges Engagement Mecklenburg-Vorpommern, Vor-

standsvorsitzende von „Charisma“ e. V., stellvertretende Vorsitzende

sowie Finanz- und Vermögensverwalterin des Verbandes der Garten-

freunde Hansestadt Rostock, im Vorstand der Rostocker Heimstiftung

sowie Übungsleiterin bei FIKO Rostock und möchte zukünftig verstärkt

Generationen verbindende Projekte entwickeln und etablieren.

Vier neue Verbundnetzbotschafter im Portrait

Die Portraits aller Verbundnetzbotschafter finden Sie im Internet unter www.vng.de unter dem Menüpunkt Unternehmen/Verantwortung.

Engagement

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Sechs Neustrelitzer Schulen für „Engagement macht Schule“ gewonnen

Geben und Nehmen

In Neustrelitz ist es den Verbundnetz-Mitgliedern

Thomas und Hannelore Hildebrandt und der aktu-

ellen Verbundnetz-Botschafterin Natalia Gamsu-

lewa gelungen, gleich sechs Neustrelitzer Schulen

für das Projekt zu begeistern. „Ein ständiges Geben

und Nehmen, sich gegenseitig helfen, voneinander

lernen – das sind die Vorstellungen, die hinter dem

Projekt stehen“, so Siegbert Ketelhut, Leiter Öf-

fentlichkeitsarbeit der VNG – Verbundnetz Gas AG.

In Neustrelitz werden die Grundschule „Daniel

Sanders“, die Integrierte Gesamtschule „Walter

Karbe“, die Regionale Schule „Jawaharlal-Nehru“,

die Allgemeine Förderschule, die Schule zur indi-

viduellen Lebensbewältigung „Tom Mutters“ und

das Gymnasium Carolinum gemeinsam mit dem

Bürgerverein „Bei uns in Kiefernheide e.V.“ und

der Neustrelitzer Tafel das Projekt umsetzen. Die

Schüler sollen mit ihren Möglichkeiten für ihre

Kooperationspartner einbringen und gleichzeitig

Einblicke in die tägliche Arbeit der ehrenamtlichen

Helfer gewinnen. Im Gegenzug unterstützen die

ehrenamtlich Aktiven die teilnehmenden Schulen

im Sozialkundeunterricht und bieten den Lehrern

Berichte und Vorträge zu aktuellen sozialpoli-

tischen Themen an.

Individuelle Projekte

„Wir haben mit jeder Schule individuelle Verein-

barungen getroffen, die die Fähigkeiten der Schüler

fördern und fordern sollen“, erklärt Hannelore

Hildebrandt. So hat sich z. B. die Allgemeine För-

derschule „Am Tiergarten“ bereit erklärt, für die

sozial schwachen Nutzer der Neustrelitzer Tafel zu

backen und zu kochen und mit kleinen Program-

men in Alten- und Pflegeheimen aufzutreten. Das

Gymnasium Carolinum hat sich u. a. die komplette

Organisation einer Weihnachtsfeier für sozial

schwache Bürger auf die Fahne geschrieben. Und

da der aktuellen Verbundnetz-Botschafterin Nata-

lia Gamsulewa die Themen Kindergesundheit und

Bewegung schon immer sehr am Herzen lagen, ist

es für die 54-Jährige selbstverständlich, für die

Schüler der Grundschule „Daniel Sanders“ eine AG

Tanz und rhythmische Bewegung anzubieten.

Ins Leben gerufen wurde das Projekt vom Verbund-

netz der Wärme, das 2001 mit dem Ziel gegründet

wurde, Menschen für ehrenamtliche Tätigkeiten zu

sensibilisieren und zu motivieren. Seitdem steht

für die ostdeutsche Initiative das Thema Ehrenamt

im Vordergrund, welches als unverzichtbare Säule

des Gemeinwohls gestärkt werden soll.

Engagement macht Schule – auch am Goethe-Gymnasium in Reichenbach (Voigtland).

Verbundnetz der Wärme II

„Engagement macht Schule“ heißt ein Projekt des Verbundnetzes der Wärme, das vor allem die Motivation zum Ehren-

amt von Jugendlichen fördern soll. Die Zusammenarbeit der Verbundnetz-Mitglieder mit den Schulen soll dazu beitragen,

Schülerinnen und Schülern Kompetenzen für das Ehrenamt zu vermitteln und ihnen helfen, sich auf eine verantwortungs-

bewusste Rolle in der Gesellschaft vorzubereiten. Neben der Wolfener Sonnenlandschule sind seit kurzem auch Reichenbacher

und Neustrelitzer Schulen am Ehrenamt interessiert.

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Richard Müller (1874–1954) – Ein Künstler zwischen Anerkennung und AblehnungPhantastische, surreale, bisweilen absurde Bilderwelten begegnen dem Betrachter, wenn er sich mit den Werken von

Richard Müller beschäftigt. VNG stellte eine Auswahl seiner Original-Radierungen im Februar und März diesen Jahres in Leipzig

aus. Bodo Pientka, Mitarbeiter der VNG-Tochter ONTRAS – VNG Gastransport GmbH, Leipziger Kunstsammler und Besitzer

der Werke, stellt die ungewöhnlichen Begegnungen in Müllers Bildern vor.

Zu Beginn der 90er Jahre des vorletzten Jahrhun-

derts wurde das künstlerische Europa von einer

neuen Stilrichtung erschüttert, die in Deutschland

unter dem Namen „Jugendstil“ bekannt wurde.

Von dieser Entwicklung blieb auch das barocke

Dresden nicht unbeteiligt. Wie in den anderen be-

deutenden deutschen Kunststädten wie München,

Berlin, Hamburg, Weimar und Darmstadt bildete

sich hier eine Gruppe meist jüngerer Künstler zum

„Verein Bildender Künstler Dresden“, die eine Neu-

orientierung der Dresdner Malerei forderten. Dazu

gehörte neben so bekannten Künstlern wie Sascha

Schneider, Hans Unger oder Oskar Zwintscher auch

Richard Müller. Als Vorbild für diese Bewegung galt

der nur wenig ältere Großmeister der sächsischen

Kunst, der Leipziger Max Klinger.

Richard Müller wurde am 28. Juli 1874 in Tscher-

nitz (Böhmen) geboren, mit 14 Jahren wurde er

Schüler an der Malschule der Königlichen Porzel-

lanmanufaktur Meißen, nach anderthalbjähriger

Ausbildung bewarb er sich an der Dresdner Kunst-

akademie, wo er drei Jahre von verschiedenen

Professoren im Malen unterrichtet wurde. Bei

einer Begegnung mit Max Klinger schenkte die-

ser Richard Müller Radierwerkzeuge und lenkte

sein Augenmerk auf das Gebiet der Radierung,

welches zu Müllers eigentlichem Metier wurde.

„Das rote Herz“ (Gemälde)

VNGart

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Erste malerische Erfolge stellten sich ab 1898

ein, Müller wurde zum Lehrer an die Dresdner

Kunsthochschule berufen, beschickte mit seinen

Werken die Ausstellung der Wiener Sezession

und wurde 1902 als Leiter der Malklasse ernannt.

Die Verleihung des Professorentitels erfolgte im

März 1903 mit Zustimmung Sr. Majestät, des

Königs von Sachsen. Im Zusammenhang mit der

es überstieg sein Fassungsvermögen. Müller hat

sich zeit seines Lebens nicht von Symbolistik und

Jugendstil lösen können, was er aber bis zur Per-

fektion beherrschte. Mit den von ihm geschaffenen

Radierungen sicherte sich Müller einen ersten

Platz in der Reihe der deutschen Grafiker. Die

zahlreichen Radierungen zwischen 1910 und 1925

erinnern immer an die Fin-de-siecle-Dekadenz

der Jahrhundertwende. Viele Tierdarstellungen, wie

Marabu, Ameisenbär, Krebs, Mäuse oder Hunde

lenkten davon ab, dass für Müller die künstlerische

Situation immer schwieriger wurde, dabei ist sein

Hang zur sexuell-hintersinnigen Anekdote aber

nicht zu übersehen.

„Auf Freiersfüßen“ (Gemälde)„Knabe mit Schlange“ (Gemälde)

wachsenden Anerkennung gehört die Berufung

als Preisrichter für die Weltausstellung 1904 in

St. Louis, USA, genannt.

Müllers Lehramt und seine öffentlichen Verpflich-

tungen beanspruchten ihn in dem Maße, dass

seine grafischen Arbeiten ruhten und die Malerei

nur noch sporadisch ausgeübt wurde. Er stellte

eine Autorität dar, gepaart mit Selbstdisziplin,

hatte aber auch eine gewisse Jovialität und dras-

tische Ausdrucksweise gegenüber seinen Schü-

lern und Modellen. Seine ablehnende Haltung

zu den modernen Malern und besonders zu den

Malern der „Brücke“ war symptomatisch für ihn,

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Richard Müller (1874–1954) – Ein Künstler zwischen Anerkennung und Ablehnung

Ab 1925 endete Müllers grafische Arbeit, auch das

symbolistische Genre pflegte er kaum noch. Die

neue Künstlergeneration um Dix, Grosz, Felixmüller,

Kirchner, Schmidt-Rottluff und Kokoschka ignorierte

er, ihre revolutionären Ideen interessierten ihn

nicht, obwohl diese Maler von ihm beeinflusst wur-

den. Dix zum Beispiel arbeitete technisch ähnlich

wie Müller und feierte große Erfolge.

Mit dem Machtantritt der Nationalsozialisten voll-

zog er wie viele andere noch tätige Künstler seiner

Generation den Schwenk nach rechts. Er sah wohl

in der straffen Haltung der neuen Machthaber eine

Verfestigung des künstlerischen Gefüges, auch in

seinem Sinne. Parteigenosse Müller wurde durch

seine jüngeren Gesinnungsgenossen jedoch ins

Abseits gedrängt, seine unzeitgemäße Kunst führte

zu Irritationen und Ablehnung. Ein Spiegelbild

seiner Ohnmacht ist ein diffamierender Artikel

über alle Künstler, die ab 1905, dem „Brücke“-

Gründungsjahr, Rang und Namen in der Dresdner

Kunst hatten.

Neben der Anbiederei an die Nationalsozialisten

ist sein Hass gegen alles Moderne nicht zu über-

sehen. Auch als Rektor der Kunsthochschule

wurde Müllers Position immer desolater, ihm

wurde der Gegensatz in seinen Grafiken zwi-

schen schönem Weib und lüsternem Tier zum

Verhängnis, 1935 wurde er amtsenthoben und

arbeitete fortan nur noch auf privatem Sektor.

Müller hatte die öffentliche Bühne verlassen.

Es entstanden nur noch Bleistiftzeichnungen

und intime Gemälde, Landschaften, Porträts,

„Todeskampf“ (Radierung)

„Neckerei“ (Radierung)

„Bogenschütze IV“ (Radierung)

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1 Auch der Autor besitzt eine

größere Anzahl von Originalen

(Anmerk. der Redaktion)

„Mein Quick“ (Radierung)

„Am Meer“ (Radierung)

„Rivalen“ (Radierung)

„Elefant liegend mit Akt“ (Radierung)

Tiere, nur noch selten griff er auf ein altes sym-

bolistisches Thema zurück.

Im Jahr 1947 begann gegen Müller ein Prozess

in Dresden wegen seiner Stellung zum National-

sozialismus, seinen Arbeiten zum Leben Adolf

Hitlers und Horst Wessels und seiner Verant-

wortung zur Ausstellung 1933 „Spiegelbilder

des Verfalls“, wo er viele seiner Künstlerkollegen

diffamierte. Müller wurde als Minderbelasteter

freigesprochen. Vereinsamt starb er 1954 in

Dresden-Loschwitz.

Müllers Werk blieb in den folgenden Jahrzehnten

weitgehend unbeachtet, in der ehemaligen DDR

war sein Werk verpönt und erst 1974, mit der

Rückbesinnung auf die Traditionen des Jugend-

stils, gab es in Hamburg eine erneute Ausstellung

zu sehen. Aber es gab und gibt eine ganze Reihe

von Sammlern, zu deren prominentesten Per-

sönlichkeiten Richard von Weizsäcker, Manfred

Krug, Armin Müller-Stahl oder Ronald Reagan

zählen.1 Noch heute ist das Verhältnis zu Müller

und seiner Kunst ambivalent. Es liegt wohl an

den Schwierigkeiten bei der Eingruppierung des

Künstlers in die gängigen kunstgeschichtlichen

Ordnungsprinzipien.

Eine Diskussion zu Für und Wider, Sinn oder Un-

sinn in Müllers Werk führen zu wollen, ist nicht

Aufgabe dieses Beitrages, eine wissenschaft-

liche Aufarbeitung des Werkes und der Person

des Künstlers steht noch aus. Eine persönliche

Meinung über die Inhalte und Aussagen seiner

Werke ist immer subjektiv und kann nicht die

allgemeingültige Ansicht sein.

Wollen wir es als kunstinteressierte Betrachter

nicht lieber so halten, wie uns schon die alten

Römer kund und zu wissen gaben: „De gustibus

non est disputandum.“ – „Über Geschmack sollte

man nicht streiten“.

Bodo Pientka, Dispatching ONTRAS –

VNG Gastransport GmbH

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medium gas | 18. Jahrgang | 1. Ausgabe | April 2009

Seit fast 40 Jahren importiert VNG Erdgas für Groß-abnehmer. Auch in Zukunft ist auf uns Verlass. Denn unser Erdgas kommt aus Russland, Norwegen und Deutschland. Schon heute haben wir Lieferverträge bis zum Jahr 2030 abgeschlossen, Transportrouten und Speicherkapazitäten gesichert. Wir erschlie-ßen neue Bezugsquellen auf den internationalen Märkten und mit eigener Gasexploration. Unsere Mission: Versorgungssicherheit für unsere Kunden – Energiesicherheit für kommende Generationen.

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