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Medizinische Fakultät der Universität Duisburg-Essen Klinik für Nephrologie Bedeutung von Metformin als kausaler Faktor einer Metformin-assoziierten Laktatazidose – Konsequenzen für Diagnostik, Therapie und Prävention INAUGURAL-DISSERTATION Zur Erlangung des Doktorgrades der Medizin durch die Medizinische Fakultät der Universität Duisburg-Essen Vorgelegt von Katharina Maria Daul aus Essen 2018

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Medizinische Fakultät der

Universität Duisburg-Essen

Klinik für Nephrologie

Bedeutung von Metformin als kausaler Faktor

einer Metformin-assoziierten Laktatazidose –

Konsequenzen für Diagnostik, Therapie und Prävention

INAUGURAL-DISSERTATION Zur Erlangung des Doktorgrades der Medizin

durch die Medizinische Fakultät der Universität Duisburg-Essen

Vorgelegt von Katharina Maria Daul

aus Essen 2018

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Dekan: Herr Univ.-Prof. Dr. med. J. Buer 1. Gutachter: Herr Univ.-Prof. Dr. med. A. Kribben 2. Gutachter: Frau Prof. Dr. med. E. Kottenberg Tag der mündlichen Prüfung: 17.09.2018

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Teile der Ergebnisse der Arbeit wurden bereits veröffentlicht: Posterpräsentation auf dem 122. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin 2016; das Abstract wurde publiziert: Daul, K., Kribben, A., Daul, A. (2016): Bedeutung von Metformin als kausaler Faktor einer Metformin-assoziierten Laktatazidose. Konsequenzen für Diagnsotik, Therapie und Prä-vention. Internist (Berl) [Suppl 1] 57: S12-S13.

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Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung 6 Metformin 61.11.1.1 Allgemeines 61.1.2 Wirkungsweise und Pharmakokinetik 61.1.3 Nebenwirkungen und Kontraindikationen 7 Metformin-assoziierte Laktatazidose (MALA) 101.21.2.1 Definition und begriffliche Differenzierung zur Metformin-induzierten Laktatazidose

(MILA) 101.2.2 Inzidenz 101.2.3 Differenzialdiagnosen 10 Kontroverse über die kausale Bedeutung von Metformin für die Entstehung einer 1.3

Laktatazidose und deren Ursachen 11 Fragestellungen 131.4

2 Patienten und Methoden 14 Patienten 142.12.1.1 Kollektive 142.1.2 Einschlusskriterien 142.1.3 Einteilung in Gruppen 14 Methoden 152.22.2.1 Festlegung der zu erhebenden Daten und Datenerhebung 152.2.2 Erfasste Parameter und Erfassungskriterien 15

2.2.2.1 Patientencharakteristik 152.2.2.2 Metformindosis und Dauer der Metformineinnahme 162.2.2.3 Beachtung der Kontraindikationen für Metformin 162.2.2.4 Potenziell nephrotoxische Vormedikation 162.2.2.5 Klinische Symptomatik vor Diagnose der MALA und Einweisungsdiagnose 172.2.2.6 Klinisch-chemische Befunde und bildgebende Diagnostik 182.2.2.7 Differenzialdiagnosen 18

2.2.2.7.1 Erfassungskriterien 182.2.2.7.2 Ausschlusskriterien 18

2.2.2.8 Therapie 202.2.2.9 Outcome 21

2.2.3 Anwendung der Erfassungskriterien der Variablen Kontraindikationen und Differenzialdiagnosen 21

2.2.4 Berechnung und Vereinheitlichung der Zahlenwerte 232.2.5 Statistische Auswertung 23

3 Ergebnisse 24 Eigene Patienten 243.13.1.1 Kollektiv 243.1.2 Kasuistiken 24 In der Literatur publizierte Fälle 403.2

Analyse der eigenen Patienten und der in der Literatur publizierten Fälle 433.33.3.1 Patientencharakteristik, eingenommene Metformindosis und Dauer der

Metformineinnahme 433.3.2 Beachtung der Kontraindikationen für Metformin 44

3.3.2.1 Chronische Nierenkrankheit 443.3.2.2 Weitere Kontraindikationen 45

3.3.3 Potenziell nephrotoxische Vormedikation 47

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3.3.4 Klinische Symptomatik vor Diagnose der MALA 483.3.4.1 Akutes Nierenversagen 483.3.4.2 Weitere klinische Symptome 48

3.3.5 Laborwerte 503.3.5.1 Metforminkonzentration 503.3.5.2 Messparameter der Laktatazidose 503.3.5.3 Parameter der Nierenfunktion und Serumelektrolyte 513.3.5.4 Infektparameter 533.3.5.5 Thiaminkonzentration 53

3.3.6 Differenzialdiagnosen 533.3.7 Patienten mit MILA 553.3.8 Therapie 563.3.9 Outcome 59

3.3.9.1 Mortalität 593.3.9.2 Vergleich Überlebende versus Verstorbene 60

4 Diskussion 63 Einteilung der Patientenkollektive 634.1

Charakteristika der Patienten mit einer MALA und Ursachen, die zur Entstehung 4.2einer MALA beitragen 65

Klinisches Erscheinungsbild, Schwere und Verlauf der MALA bei Patienten mit 4.3supratherapeutischer im Vergleich zu Patienten mit therapeutischer Metformin-konzentration 70

Differenzialdiagnosen der MALA und Bedeutung von Metformin als alleiniger 4.4kausaler Faktor einer Laktatazidose 76

Diagnostik, Therapie und Prävention der MALA 794.5

Zusammenfassung der Diskussion 864.6

5 Zusammenfassung der Dissertation 89

6 Literaturverzeichnis 90

7 Anhang 96 Abkürzungsverzeichnis 967.1

Abbildungsverzeichnis 977.2

Tabellenverzeichnis 977.3

Danksagung 99

Lebenslauf 100

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1 Einleitung

Metformin 1.1

1.1.1 Allgemeines

Metformin gehört zur Gruppe der Biguanide und wird als Medikament der ersten Wahl in

der Therapie des Diabetes mellitus Typ 2 eingesetzt. Phenformin, ein anderes Biguanid,

verlor Ende der 70er Jahre wegen der hohen Anzahl lebensbedrohlicher Laktatazidosen

die Zulassung. Unter Phenformin wurden 40 – 64 Laktatazidosen pro 100.000 Patienten-

jahre beobachtet (Aguilar et al. 1992). Auch wenn das Risiko für die Entstehung einer

Laktatazidose unter einer Metformintherapie im Vergleich zu Phenformin mit etwa 6 – 9

pro 100.000 Patientenjahre deutlich niedriger ist, gilt diese Nebenwirkung mit einer Morta-

lität von bis zu 50 % als schwere und ernstzunehmende Komplikation der Therapie

(Bailey und Turner 1996; Stang et al. 1999). In der Literatur wird jedoch kontrovers disku-

tiert, ob es tatsächlich einen kausalen Zusammenhang zwischen Metformineinnahme und

Entstehung einer Laktatazidose gibt (Stades et al. 2004).

In Deutschland ist Metformin bereits seit den 1950er Jahren zugelassen, durfte aber vor

1998 nur in Kombination mit Sulfonylharnstoffen eingesetzt werden (Matthaei et al. 2009).

Erst nachdem die United Kingdom Prospective Diabetes Study (UKPDS) im Jahr 1998

veröffentlicht wurde, gewann das Medikament deutlich an Stellenwert in der Therapie des

Diabetes mellitus Typ 2. In der prospektiven Studie über die Effektivität verschiedener

Therapien des nicht-insulinpflichtigen Diabetes wurde gezeigt, dass Metformin das Risiko

makro- und mikroangiopathischer Komplikationen sowie die Mortalität bei übergewichti-

gen Typ-2-Diabetikern reduziert (UKPDS Group 1998). Die Renaissance des Biguanids

spiegelt sich in den steigenden Verschreibungszahlen wieder. Die Anzahl der von den

gesetzlichen Krankenkassen in Deutschland vergüteten Tagesdosen lag 1990 bei

15,5 Millionen defined daily doses (DDD). In den Jahren 1998 und 2012 stieg die Zahl auf

141 bzw. 605 Millionen DDD Metformin an (Stammschulte et al. 2013).

1.1.2 Wirkungsweise und Pharmakokinetik

Die genaue molekulare Wirkungsweise von Metformin ist bis heute noch nicht geklärt.

Nach derzeitigem Erkenntnisstand hemmt Metformin Komplex I der Atmungskette und

inhibiert eine spezifische mitochondriale Isoform der Glycerophosphat-Dehydrogenase,

was zu einer Hemmung der Glukoneogenese führt (Owen et al. 2000; Madiraju et al.

2014).

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Metformin führt zu einer Verminderung der intestinalen Glukoseresorption sowie einer

verbesserten Glukoseverwertung in peripheren Geweben (DeFronzo und Goodman 1995;

Stumvoll et al. 1995). Es senkt den Nüchtern-Blutzuckerspiegel und den HbA1C-Wert

(McIntyre et al. 1991). Metformin wirkt appetithemmend und führt im Gegensatz zu ande-

ren Antidiabetika nicht zu einer Gewichtszunahme (Glueck et al. 2001). Stattdessen kann

es eine mäßige Gewichtsreduktion fördern und die Konzentration der freien Fettsäuren im

Blut senken (Bailey 1992; Viollet et al. 2012). Diese Wirkung ist nach derzeitigem

Wissensstand auf eine Aktivierung der Adenosinmonophosphat-aktivierten Proteinkinase

in den Hepatozyten zurückzuführen (Zhou et al. 2001). In neueren Studien wurde belegt,

dass Metformin bei Normalgewichtigen einen mindestens ebenso guten Effekt auf die

Diabeteseinstellung hat wie bei Übergewichtigen und dass im Vergleich zur Therapie mit

anderen Antidiabetika weniger kardio-vaskuläre Ereignisse und Todesfälle auftreten (Ong

et al. 2006; Schramm et al. 2011). Da es keinen Einfluss auf die Freisetzung von Insulin

hat, kommt es nicht zu wirkstoffbedingten Hypoglykämien (Bailey 1992).

Zu den pharmakokinetischen Eigenschaften von Metformin gehören eine gute intestinale

Resorption nach oraler Gabe sowie eine Halbwertszeit von etwa 5 Stunden bei regel-

mäßiger Einnahme und normaler Nierenfunktion (Graham et al. 2011). Die Steady-State-

Konzentration im Serum wird bei Einhaltung der empfohlenen Dosierung innerhalb von

24 – 48 Stunden erreicht und beträgt in der Regel weniger als 1 mg/l. Die empfohlene

Tageshöchstdosis liegt bei 3000 mg (Sandoz 2014). Metformin geht praktisch keine

Plasmaeiweißbindung ein und hat ein hohes Verteilungsvolumen (Scheen 1996). Es wird

unverändert, ausschließlich renal eliminiert (Bailey und Turner 1996).

1.1.3 Nebenwirkungen und Kontraindikationen

Laut Hersteller zählen zu den häufigsten Nebenwirkungen gastrointestinale Symptome

wie Übelkeit, Erbrechen, Diarrhoe, Bauchschmerzen und Appetitverlust, Vitamin-B12-

Mangel sowie Geschmacksveränderungen. Die gastrointestinalen Beschwerden können

durch ein Einschleichen der Therapie vermindert oder vermieden werden. Als schwerste

Nebenwirkung gilt die Laktatazidose (Sandoz 2014). Um insbesondere das Risiko für

Laktatazidosen zu minimieren galten in Deutschland bis März 2015 laut deutschem Bun-

desinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) für Metformin folgende Kontrain-

dikationen (Meier 2011):

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- Diabetische Ketoazidose, diabetisches Präkoma

- Nierenversagen, Störung der Nierenfunktion (Kreatininclearance < 60 ml/min) oder

akute Zustände, die zu einer Störung der Nierenfunktion führen können wie

Dehydratation, schwere Infektionen, Schock oder jodhaltige Kontrastmittel

- Erkrankungen, die zu einer Gewebehypoxie führen können wie kardiale oder

respiratorische Insuffizienz, frischer Myokardinfarkt oder Schock

- Leberinsuffizienz, akute Alkoholintoxikation oder Alkoholismus

Vor allem die Verordnung von Metformin im Stadium 3 einer chronischen Nierenkrankheit

(CKD3) mit einer glomerulären Filtrationsrate (GFR) von 30 – 59 ml/min/1,73 m2 ist immer

wieder Anlass zur Diskussion. Hintergrund ist das potenziell erhöhte Risiko für Laktatazi-

dosen durch Kumulation von Metformin bei eingeschränkter Nierenfunktion. In Deutsch-

land war Metformin aus diesem Grund bis März 2015 ab einer geschätzten (estimated)

glomerulären Filtrationsrate (eGFR) < 60 ml/min/1,73 m2 kontraindiziert. In einem im

Dezember 2014 abgeschlossenen europäischen Worksharing Verfahren wurden jedoch

neue Daten zur Sicherheit der Anwendung von Metformin bei Patienten mit Nierenkrank-

heit evaluiert. Neuere Studien hatten überwiegend ergeben, dass das Risiko für Patienten

mit einer CKD3 unter der Metformintherapie eine Laktatazidose zu entwickeln im Ver-

gleich zur Gesamtheit der Diabetiker nicht erhöht ist (Inzucchi et al., 2014). Das BfArM

informierte daraufhin im März 2015 über die Aktualisierung der Kontraindikation chroni-

sche Nierenkrankheit (Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte 2015). Metfor-

min durfte nun auch in Deutschland bei einer eGFR von 45 – 59 ml/min/1,73 m2 (CKD3a)

verabreicht werden und war erst ab einer eGFR < 45 ml/min/1,73 m2 (CKD3b) kontraindi-

ziert (Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte 2015). Im Februar 2017 folgte

das BfArM der Empfehlung der Europäischen Arzneimittelbehörde (EMA) und setzte die

Grenze für die Kreatinin-Clearance, ab der Metformin kontraindiziert ist, auf eine eGFR

< 30 ml/min/1.73 m2 herab (Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte 2017).

Die EMA sah nach einem Risikobewertungsverfahren keine ausreichenden wissen-

schaftlichen Belege für eine Kontraindikation bei Patienten mit einer CKD3. Jedoch sind

sowohl eine Anpassung der Metformindosis in Abhängigkeit von der Nierenfunktion als

auch eine regelmäßige Kontrolle der Nierenfunktion notwendig. Damit hat sich Deutsch-

land den international geltenden Kontraindikationen angepasst. Auch in Großbritannien

und Kanada wird empfohlen, ab einer GFR < 60 bzw. 45 ml/min/1,73 m2 die Metformin-

dosis zu reduzieren; kontraindiziert ist das Medikament ebenfalls erst ab einer GFR

< 30 ml/min/1,73 m2 (Tabelle 1) (Harper et al. 2013; National Institute for Health and Care

Excellence 2015).

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Empfehlung BfArM1

(Deutschland) CDA2

(Kanada) NICE3

(Großbritannien)

KDIGO4 (internationale

Fachgesell-schaft)

Anpassung der Metfor-mindosis

Kreatinin-Clearance

< 60 ml/min/1,73 m2

Kreatinin-Clearance

30 – 60 ml/min/1,73 m2

eGFR5 < 45 ml/min/1,73 m2

GFR6 30 – 44 ml/min/1,73 m2

Absetzen von

Metformin

Kreatinin-Clearance

< 30 ml/min/1,73 m2

Kreatinin-Clearance

< 30 ml/min/1,73 m2

eGFR < 30 ml/min/1,73 m2

GFR < 30 ml/min/1,73 m2

Tabelle 1: Leitlinien für die Anwendung von Metformin bei eingeschränkter Nierenfunktion des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) in Deutschland, der Canadian Diabetes Association (CDA) in Kanada, des National Institute for Health and Care Excellence (NICE) in Großbritannien sowie der internationalen Fachgesellschaft Kidney Disease Improving Global Outcome (KDIGO)

1 (Meier 2011); 2 (Harper et al. 2013); 3 (National Institute for Health and Care Excellence 2015); 4 (Kidney Disease: Improving Global Outcomes (KDIGO) CKD Work Group 2013); 5 geschätzte (estimated) glomeruläre Filtrationsrate; 6 glomeruläre Filtrationsrate

Mehrere Untersuchungen haben ergeben, dass die Kontraindikationen in Deutschland

und anderen Ländern in der alltäglichen Praxis häufig missachtet werden. Eine retro-

spektive Kohortenstudie in Schottland ergab, dass 24,5 % der Patienten Metformin ein-

nahmen, obwohl sie mindestens eine Kontraindikation vorwiesen. Die Behandlung mit

Metformin wurde nur bei 10 % der Patienten, die unter der Therapie eine Kontraindikation

entwickelten, beendet. Beispielsweise nahmen 75 % der Patienten, bei denen während

der Therapie mit Metformin eine chronische Nierenkrankheit festgestellt wurde, trotzdem

weiterhin Metformin ein. Eine Laktatazidose entwickelte nur einer der 1847 Studienpatien-

ten. Die Metformintherapie konnte jedoch nicht als kausaler Faktor der Laktatazidose

zugeordnet werden (Emslie-Smith et al. 2001). In einer Analyse von Holstein et al. wurden

308 mit Metformin behandelte Patienten untersucht. Bei 73 % der eingeschlossenen

Patienten lagen Kontraindikationen, Risikofaktoren oder eine vorübergehende Erkrankung

vor, die ein Absetzen von Metformin erfordert hätten. Bei 19 % der Patienten war die

Nierenfunktion eingeschränkt. Der Mittelwert der Kreatinin-Clearance betrug 38,5 ± 13,4

(14,9 – 59,8) ml/min. Als weitere Kontraindikationen lagen bei 25 % der Patienten eine

Herzinsuffizienz vor, bei 6,5 % eine respiratorische Insuffizienz und bei 1,3 % eine

Leberinsuffizienz. Keiner der 308 Patienten entwickelte eine Laktatazidose (Holstein et al.

1999). Aus beiden Studien geht hervor, dass im Praxisalltag häufig Kontraindikationen

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übersehen werden bzw. Metformin trotz Kontraindikationen verschrieben wird. Da die Zahl

der Laktatazidosen dennoch nicht gestiegen sei, fordern manche Ärzte, die strengen

Kontraindikationen zu lockern. Dadurch könnten mehr Patienten mit einem Diabetes melli-

tus Typ 2 mit Metformin behandelt werden und von den positiven Eigenschaften des

Medikamentes profitieren (McCormack et al. 2005; Holstein und Egberts 2006).

Metformin-assoziierte Laktatazidose (MALA) 1.2

1.2.1 Definition und begriffliche Differenzierung zur Metformin-induzierten

Laktatazidose (MILA)

Zwei Begriffe, die bei der Laktatazidose nach Metformineinnahme verwendet werden, sind

zu unterscheiden. Die Bezeichnung Metformin-assoziierte Laktatazidose (MALA) be-

schreibt, dass bei mit Metformin behandelten Patienten eine Laktatazidose aufgetreten ist,

macht jedoch keine Aussage über die Ursache der Laktatazidose. Dem gegenüber steht

der Begriff der Metformin-induzierten Laktatazidose (MILA), der wesentlich seltener ge-

braucht wird und impliziert, dass Metformin kausaler Faktor der Laktatazidose ist.

1.2.2 Inzidenz

Die Inzidenz der MALA wird derzeit auf 6 – 9/100.000 Patientenjahre geschätzt, welches

dem Vorkommen von Laktatazidosen bei Diabetikern, die nicht mit Metformin behandelt

werden, entspricht (Salpeter et al. 2010). Die Arzneimittelkommission der deutschen

Ärzteschaft wies jedoch im Jahr 2013 auf die zunehmende Anzahl der Spontanberichte

über Metformin-assoziierte Laktatazidosen hin (Stammschulte et al. 2013). In Deutschland

wurden von 1990 – 2012 insgesamt 264 Fälle einer MALA gemeldet. Während es 1990

nur ein Fall gewesen war, waren es im Jahr 2004 18 Fälle. Im Jahr 2012 stieg die Zahl

der gemeldeten MALA-Fälle rapide von 15 im Vorjahr auf 67 an (Stammschulte et al.

2013). Auch die Pharmakovigilanz-Datei des Metforminproduzenten Merck Serono, in der

869 Fälle mit einer MALA aus 32 Ländern zusammengetragen wurden, zeigt einen deutli-

chen Anstieg der Verdachtsfälle seit 2002 (Kajbaf und Lalau 2013).

1.2.3 Differenzialdiagnosen

Die Laktatazidose ist ein Symptom verschiedener Ursachen und geht mit einer Mortalität

von bis zu 83 % einher (Stacpoole et al. 1994). Es ist wichtig, mögliche Differenzial-

diagnosen einer Laktatazidose zu kennen, um den betroffenen Patienten adäquat behan-

deln zu können. Cohen und Woods nahmen eine Klassifikation der Laktatazidose in Typ A

und B vor. Die Typ A Laktatazidose entsteht durch eine Gewebehypoxie, wie sie etwa bei

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hypovolämischem, kardiogenem oder septischem Schock, mesenterialer Ischämie oder

einer respiratorischen Insuffizienz vorkommen kann. Bei einer Laktatazidose vom Typ B

kommt es im aeroben Zustand zur Überproduktion und/oder einem gestörten Abbau von

Laktat. Wichtige Ursachen der Typ B – Laktatazidose sind Medikamente wie Biguanide

und Salizylate, starke Leberfunktionseinschränkungen und ein Thiaminmangel. Beide

Formen der Laktatazidose lassen sich nicht immer eindeutig voneinander abgrenzen

(Cohen und Woods 1976).

Kontroverse über die kausale Bedeutung von Metformin für die Entstehung 1.3

einer Laktatazidose und deren Ursachen

Der kausale Zusammenhang zwischen Metformin und der Entstehung einer Laktatazidose

wird kontrovers diskutiert (Holstein und Egberts 2006). Entwickelt ein mit Metformin

behandelter Patient eine Laktatazidose, kommen für manche Autoren ausschließlich

Erkrankungen wie beispielsweise eine Sepsis oder eine respiratorische Insuffizienz als

Ursache der Laktatazidose in Frage. Der Zusammenhang zwischen Metformineinnahme

und Laktatazidose wird von ihnen als rein zufällig betrachtet und Metformin als „innocent

bystander“ bezeichnet (Nye und Herrington 2011). Andere Autoren sind dagegen der

Meinung, dass Metformin durchaus eine Laktatazidose induzieren kann (Kalantar-Zadeh

et al. 2013).

Ein Grund für die kontroverse Diskussion besteht darin, dass in den publizierten Fall-

beschreibungen und Sammelstatistiken zum Thema MALA oftmals keine Metformin-

konzentration angegeben ist (Kajbaf und Lalau 2013). Somit ist nicht nur unklar, ob die

Metforminkonzentration im Serum erhöht war, sondern nicht einmal gesichert, dass die

Patienten tatsächlich Metformin eingenommen hatten. Auch in Deutschland werden die

meisten Fälle einer MALA gemeldet, ohne dass die Metforminkonzentration gemessen

wurde. Die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft veröffentlichte 2013 eine

Untersuchung, in die 94 Fälle einer MALA eingeschlossen wurden. Diese waren den Auf-

sichtsbehörden zwischen 2001 und 2012 gemeldet worden. Nur bei 22 Patienten (23,4 %)

war die Blutkonzentration von Metformin bestimmt worden (Stammschulte et al. 2013).

Die Messung der Metforminkonzentration gestaltet sich aufgrund aufwändiger Bestim-

mungsmethoden schwierig. Die Bestimmung erfolgt mittels Hochleistungsflüssigkeits-

chromatographie und ist nur in wenigen Laboratorien möglich (Bonfigli et al. 1999). Das

Ergebnis der Analyse ist in der Regel nicht innerhalb kurzer Zeit verfügbar (Chu und

Stolbach 2014). In der Akutsituation einer Laktatazidose muss somit ohne Kenntnis über

die Höhe des Metforminwertes gehandelt werden, selbst wenn an Metformin als mögliche

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Ursache der Laktatazidose gedacht und die Konzentration im Serum untersucht wird. Der

Verdacht auf das Vorliegen einer Laktatazidose nach Metformineinnahme kann demnach

ausschließlich rückwirkend, nach Kenntnis der Metforminkonzentration, untermauert oder

entkräftet werden. Ein weiterer Grund für die Unsicherheit hinsichtlich der Existenz einer

MILA sind die Ergebnisse kontrollierter Studien. Eine 2010 veröffentlichte Cochrane Me-

taanalyse ergab, dass bei mit Metformin behandelten Patienten kein erhöhtes Risiko für

eine Laktatazidose vorlag im Vergleich zu Kontrollpatienten, die eine andere antidiabeti-

sche Therapie erhielten. In den 347 in die Analyse eingeschlossenen Vergleichs- und

Kohortenstudien zum Thema Metformintherapie trat weder in der Gruppe der mit Metfor-

min behandelten Patienten (70490 Patientenjahre), noch bei Patienten, die kein Metformin

einnahmen (55451 Patientenjahre) eine Laktatazidose auf (Salpeter et al. 2010).

Ein Hinweis auf eine Kausalität zwischen Laktatazidose und Metformin ergibt sich aus den

Fällen, in denen Patienten eine Laktatazidose entwickelten, nachdem sie eine suprathe-

rapeutische Dosis Metformin in suizidaler Absicht einnahmen (Al-Abri et al. 2013). Bei

diesen Patienten werden zum Teil sehr hohe Metforminkonzentrationen gemessen. Eine

Mischintoxikation mit einer anderen Substanz, die eine Laktatazidose verursachen kann,

bleibt jedoch auch bei diesem Patientenkollektiv häufig als mögliche Ursache der Laktat-

azidose bestehen. Darüber hinaus wurden einzelne Patienten beschrieben, die Metformin

in suizidaler Absicht eingenommen hatten, bei denen zwar eine stark erhöhte Metformin-

konzentration gemessen wurde, die Blutlaktatkonzentration aber nur auf 3,1 – 4,7 mmol/l

erhöht war. Somit waren bei diesen Patienten die formalen Kriterien einer Laktatazidose

nicht erfüllt, weshalb die Autoren den kausalen Zusammenhang zwischen Metformin und

Laktatazidose in Frage stellten (Lalau et al. 1998). Einen weiteren Hinweis auf einen Kau-

salzusammenhang zwischen Metformineinnahme und Entwicklung einer Laktatazidose

liefert ein von Protti et al. durchgeführter Versuch an Schweinen. In dem Versuch konnte

durch eine intravenöse Gabe von Metformin bei 9 von 10 gesunden Tieren eine Laktat-

azidose induziert werden (Protti et al. 2012). Inwiefern das Ergebnis auf den Menschen zu

übertragen ist, bleibt offen. Fraglich ist auch, ob Metformin alleiniger kausaler Faktor einer

Laktatazidose sein kann, wenn die Laktatazidose unter Einnahme einer therapeutischen

Metformindosis entsteht.

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Fragestellungen 1.4

In der vorliegenden Arbeit sollen folgende Fragen beantwortet werden:

- Wie sind die Charakteristika von Patienten mit einer Metformin-assoziierten

Laktatazidose (MALA)?

- Welche Ursachen tragen zur Entstehung einer Metformin-assoziierten Laktatazi-

dose (MALA) bei?

- Gibt es Unterschiede zwischen dem klinischen Erscheinungsbild, der Schwere und

dem Verlauf der Metformin-assoziierten Laktatazidose (MALA) bei Patienten mit

supratherapeutischer im Vergleich zu Patienten mit therapeutischer Metforminkon-

zentration?

- Welche Differenzialdiagnosen bestehen bei Patienten mit Metformin-assoziierter

Laktatazidose (MALA)?

- Kann Metformin als alleiniger kausaler Faktor eine Laktatazidose induzieren und

gibt es somit eine Metformin-induzierte Laktatazidose (MILA)?

- Welche Konsequenzen ergeben sich aus den Ergebnissen dieser Arbeit für

Diagnostik, Therapie und Prävention der Metformin-assoziierten Laktatazidose

(MALA)?

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2 Patienten und Methoden

Patienten 2.1

2.1.1 Kollektive

In der vorliegenden Arbeit wurden zur Beantwortung der Fragestellungen sowohl Daten

eigener Patienten erhoben als auch eine Literaturrecherche in der Datenbank „PubMed“

durchgeführt. Für das eigene Patientenkollektiv wurden Daten von Patienten ausgewertet,

die zwischen November 2006 und Juni 2013 in den nephrologischen Kliniken des Elisa-

beth-Krankenhaus Essen und des St. Marien-Hospitals Mülheim wegen einer MALA be-

handelt worden waren. Alle diese Fälle einer MALA waren bereits im Vorfeld der Erstel-

lung der vorliegenden Arbeit der Arzneimittelkommission der Deutschen Ärzteschaft in

anonymisierter Form gemeldet worden. Von den Krankenhäusern wurden ausschließlich

anonymisierte Daten zur Verfügung gestellt, die für die vorliegende Arbeit weiter analy-

siert wurden. Zusätzlich erfolgte eine Literaturrecherche nach Kasuistiken mit MALA. Es

wurde die Datenbank „Pubmed“ nach den Stichworten „Metformin and lactic acidosis“

durchsucht. Erfasst wurden Artikel in deutscher oder englischer Sprache, die bis Juli 2013

erschienen waren. Die Untersuchung wurde von der Ethik-Kommission der Medizinischen

Fakultät der Universität Duisburg-Essen genehmigt.

2.1.2 Einschlusskriterien

Als Einschlusskriterien galten eine Laktatazidose und der Nachweis von Metformin im

Serum. Patienten, bei denen nicht beide Kriterien erfüllt waren, wurden ausgeschlossen.

Laktatazidose war in der vorliegenden Arbeit definiert als metabolische Azidose mit einer

Laktatkonzentration > 5 mmol/l und einem pH-Wert < 7,35 (Salpeter et al. 2010).

2.1.3 Einteilung in Gruppen

Die eigenen Patienten und die in der Literatur beschriebenen Fälle wurden jeweils anhand

der Einnahmemodalität – Überdosis in suizidaler Absicht versus therapeutisch – sowie der

Höhe der Metforminkonzentration in Gruppen eingeteilt. Die Patienten, bei denen die

Laktatazidose nach einer in suizidaler Absicht eingenommenen Überdosis aufgetreten

war, wurden als eigenständige Gruppe betrachtet, weil es sich um eine einmalige Ein-

nahme einer supratherapeutischen Dosis handelte. Darüber hinaus unterscheiden sich

die diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen, die im Rahmen der Krankenhaus-

behandlung bei Patienten erfolgen, bei denen ein Suizidversuch mit Metformin bekannt

ist, von den Abläufen, die bei Patienten getroffen werden, bei denen davon ausgegangen

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wird, dass sie täglich eine therapeutische Dosis Metformin eingenommen haben. Als

Grenzwert zwischen normaler und erhöhter Metforminkonzentration wurden 5 mg/l ge-

wählt, da laut Fachinformation in kontrollierten klinischen Studien auch bei maximaler Do-

sierung keine Plasmakonzentration über 5 mg/l gemessen worden war (Lipska et al. 2011;

Sandoz 2014). Somit ergaben sich folgende vier Gruppen:

- Eigene Patienten (Met > 5 mg/l): Eigenes Patientenkollektiv. Alle Patienten

hatten eine therapeutische Dosis Metformin eingenommen und eine Metformin-

konzentration > 5 mg/l.

- Literatur „Met > 5 mg/l“: In der Literatur beschriebene Patienten, die eine

therapeutische Dosis Metformin eingenommen und eine Metforminkonzentration

> 5 mg/l hatten.

- Literatur „Met ≤ 5 mg/l“: In der Literatur beschriebene Patienten, die eine

therapeutische Dosis Metformin eingenommen und eine Metforminkonzentration

≤ 5 mg/l hatten.

- Literatur „Überdosis“ (Met > 5 mg/l): In der Literatur beschriebene Patienten,

die eine einmalige supratherapeutische Dosis Metformin ist suizidaler Absicht

eingenommen hatten. Alle Patienten hatten eine Metforminkonzentration > 5 mg/l.

Methoden 2.2

2.2.1 Festlegung der zu erhebenden Daten und Datenerhebung

Es wurde festgelegt, welche Daten erfasst werden sollten, um alle zur Beantwortung der

Fragestellung nötigen Informationen zu erhalten. Die Daten der eigenen Patienten und die

eingeschlossenen Fallberichte aus der Literatur wurden studiert und alle zu erhebenden

Daten erfasst, die aus den Unterlagen bzw. den Artikeln hervorgingen. Die tabellarische

Dokumentation der Daten beider Patientenkollektive erfolgte mithilfe der Computersoft-

ware Microsoft® Excel. Bei der vorliegenden Arbeit handelt es sich um eine retrospektive

Datenerhebung, die keinen Einfluss auf die Diagnostik und Therapie der erfassten Patien-

ten hatte.

2.2.2 Erfasste Parameter und Erfassungskriterien

2.2.2.1 Patientencharakteristik

Bei allen Patienten wurden Alter und Geschlecht erfasst, bei den eigenen Patienten

zusätzlich Größe und Gewicht sowie der Monat, in dem die Laktatazidose auftrat. Bei den

in der Literatur beschriebenen Fällen wurden Autor und Titel des Artikels sowie die Zeit-

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schrift, in der er veröffentlicht wurde, das Erscheinungsjahr, die Anzahl der geschilderten

Fälle und die Patientenbezeichnung (Buchstabe, Zahl) im Artikel dokumentiert, um wie-

derholte Publikationen von Patienten zu erkennen.

2.2.2.2 Metformindosis und Dauer der Metformineinnahme

Es wurde erfasst, ob die Laktatazidose im Rahmen einer Metformintherapie entstanden

war oder ein Suizidversuch mit Metformin vorlag. Bei Patienten, die eine Laktatazidose

nach Einnahme einer Überdosis von Metformin in suizidaler Absicht entwickelt hatten,

wurde die Intoxikationsdosis notiert. In allen anderen Fällen wurden die Tagesdosis sowie

die Dauer der Metformintherapie erhoben.

2.2.2.3 Beachtung der Kontraindikationen für Metformin

Es wurde ermittelt, ob von den behandelnden Ärzten Metformin verordnet wurde, obwohl

Kontraindikationen bestanden. Dabei wurden folgende in Deutschland vom BfArM vorge-

gebenen Kontraindikationen berücksichtigt: chronische Nierenkrankheit, Dehydratation,

Gabe jodhaltiger Kontrastmittel, respiratorische Insuffizienz, Herzinsuffizienz, Leberin-

suffizienz, akute Alkoholintoxikation/Alkoholismus, diabetische Ketoazidose, diabetisches

Präkoma, Myokardinfarkt, schwerer Infekt/Sepsis (Meier 2011).

Für die Kontraindikation chronische Nierenkrankheit galt die Grenze eGFR

< 60 ml/min/1,73 m2, da alle erfassten Fälle ausschließlich aus der Zeit vor Änderung

dieser Kontraindikation in Deutschland stammten. Die Erfassungskriterien der einzelnen

Kontraindikationen sind in Tabelle 2 dargestellt.

2.2.2.4 Potenziell nephrotoxische Vormedikation

Als potenziell nephrotoxische Co-Medikation wurde die Einnahme von Hemmern des

Renin-Angiotensin-Aldosteron-Systems (RAAS-Blocker), nichtsteroidalen Antirheumatika

(NSAR) und Diuretika dokumentiert (Kidney Disease: Improving Global Outcomes

(KDIGO) Acute Kidney Injury Work Group 2012).

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Kontraindikation Erfassungskriterien

Chronische Nierenkrankheit

Angabe des Autors/ in den Daten der eigenen Patienten oder eGFR nach CKD-EPI 1 < 60 ml/min/1,73 m2 vor Auftreten der MALA2

Dehydratation Angabe des Autors/ in den Daten der eigenen Patienten

Gabe jodhaltiger Kontrastmittel Angabe des Autors/ in den Daten der eigenen Patienten

Respiratorische Insuffizienz

Angabe des Autors/ in den Daten der eigenen Patienten oder bekannte chronisch obstruktive Lungenerkrankung

Herzinsuffizienz Angabe des Autors/ in den Daten der eigenen Patienten oder Ejektionsfraktion (EF) < 40 % 3

Leberinsuffizienz Angabe des Autors/ in den Daten der eigenen Patienten

Akute Alkoholintoxikation/ Alkoholismus Angabe des Autors/ in den Daten der eigenen Patienten

Diabetische Ketoazidose, diabetisches Präkoma Angabe des Autors/ in den Daten der eigenen Patienten

Myokardinfarkt Angabe des Autors/ in den Daten der eigenen Patienten

Schwerer Infekt/Sepsis Angabe des Autors/ in den Daten der eigenen Patienten

Tabelle 2: Kontraindikationen nach Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte und ihre Erfassungskriterien für diese Arbeit

1 geschätzte (estimated) glomeruläre Filtrationsrate nach Chronic Kidney Disease Epidemiology Collaboration-Formel; 2 (Meier 2011); 3 (Bundesärztekammer (BÄK) et al. 2009)

2.2.2.5 Klinische Symptomatik vor Diagnose der MALA und Einweisungsdiagnose

Es wurden alle zum Zeitpunkt der Aufnahme bestehenden klinische Symptome sowie

Blutdruck, Herzfrequenz, Atemfrequenz und die Körpertemperatur erfasst.

Das Vorliegen eines akuten Nierenversagens und dessen Schweregrad wurden anhand

der Aussage des Autors oder mit Hilfe der Leitlinie der Fachgesellschaft Kidney Disease:

Improving Global Outcomes (KDIGO) zum akuten Nierenversagen beurteilt (Kidney

Disease: Improving Global Outcomes (KDIGO) Acute Kidney Injury Work Group 2012).

Bei den eigenen Patienten wurden darüber hinaus die Einweisungsdiagnose bzw. die

vorläufige Diagnose des Notarztes erhoben.

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2.2.2.6 Klinisch-chemische Befunde und bildgebende Diagnostik

Folgende klinisch-chemische Befunde wurden erhoben: Metforminkonzentration im Se-

rum, Blutlaktatkonzentration, pH-Wert, Sauerstoffpartialdruck (pO2), Kohlendioxidpartial-

druck (pCO2), Base Excess (BE), Bikarbonat, Anionenlücke, Serumnatrium, Serumkalium,

Serumchlorid, Serumkreatinin, eGFR nach Chronic Kidney Disease Epidemiology Colla-

boration- (CKD-EPI) Formel, C-reaktives Protein (CRP), Leukozyten- und Thrombozyten-

zahl, Hämoglobin (Hb), Bilirubin, Creatin-Kinase (CK), und Creatin-Kinase Muscle-Brain

(CK-MB), Troponin, Quick nach International Normalized Ratio (INR), Thiaminkonzentra-

tion im Blut oder Urin.

Die Ergebnisse toxikologischer Untersuchungen wurden ebenfalls notiert. Bei den

eigenen Patienten wurden außerdem die Befunde der durchgeführten radiologischen

Diagnostik, des Elektrokardiogramms (EKG) und der Echokardiographie dokumentiert.

2.2.2.7 Differenzialdiagnosen

2.2.2.7.1 Erfassungskriterien

In dieser Arbeit wurden folgende Differenzialdiagnosen einer Laktatazidose berücksichtigt:

Sepsis, kardio-respiratorische Insuffizienz, Thiaminmangel, schwere mesenteriale Ischä-

mie, akutes Leberversagen, schwere Hämorrhagie, Intoxikation mit einer anderen Sub-

stanz als Metformin. In Tabelle 3 sind die jeweiligen Erfassungskriterien dargestellt.

2.2.2.7.2 Ausschlusskriterien

Für die eigenen Patienten wurden für die Differenzialdiagnosen Sepsis, Thiaminmangel,

primäre kardio-respiratorische Insuffizienz, schwere mesenteriale Ischämie und Intoxika-

tion mit einer anderen Substanz auch Ausschlusskriterien (Tabelle 4) festgelegt, da bei

diesem Kollektiv detaillierte Informationen hinsichtlich Anamnese, Diagnostik, Therapie

und Krankheitsverlauf vorlagen. Dies ermöglichte beispielsweise auch den zeitlichen

Zusammenhang zwischen Rückbildung der Laktatazidose und erfolgter Therapie zu beur-

teilen. Die Kriterien wurden bei den eigenen Patienten angewendet, bei denen die oben

genannten Differenzialdiagnosen nach Anwendung der Erfassungskriterien bestanden. So

konnte beispielsweise eine Sepsis als Ursache der Laktatazidose ausgeschlossen

werden, wenn sich die Laktatazidose vor der ersten Antibiotikagabe zurückbildet hatte,

obwohl primär die Sepsiskriterien der Fachgesellschaften erfüllt waren. Bei Patienten, die

eine Laktatazidose nach Einnahme einer Überdosis Metformin in suizidaler Absicht

entwickelten, wurden die Differenzialdiagnosen schwere mesenteriale Ischämie, Sepsis,

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kardio-respiratorische Insuffizienz, akutes Leberversagen, schwere Hämorrhagie und

Thiaminmangel per se ausgeschlossen, da bei diesen Patienten die Laktatazidose nicht

als Folge einer Erkrankung, sondern nach Einnahme einer Überdosis Medikamente in

suizidaler Absicht entstanden war. Als einzige mögliche Differenzialdiagnose blieb eine

zusätzliche Intoxikation mit einer anderen Substanz, die eine Laktatazidose verursachen

kann, bestehen.

Differenzial- diagnose Erfassungskriterien

Sepsis Angabe des Autors oder Erfüllung der Sepsiskriterien1

Primäre kardio-respiratorische Insuffizienz

Angabe des Autors oder Erfüllung mindestens eines der folgenden Kriterien:

- Tachykardie > 140/Minute (Min.) oder Bradykardie < 50/Min.

- Systolischer Blutdruck < 90 mmHg,

- Sauerstoffpartialdruck < 60 mmHg oder

periphere Sauerstoffsättigung < 90 %

- Kardio-pulmonale Reanimation vor Diagnose der Laktatazidose

Thiamin-mangel

Angabe des Autors oder

Thiamingabe ohne/vor Messung der Thiaminkonzentration im Blut oder

Nachweis im Blut: Thiamin < 24 ng/ml oder im Urin: Thiamin < 100 µg/Tag2

Schwere mesenteriale Ischämie

Angabe des Autors oder

Nachweis mittels Duplex-Sonographie des Abdomens, intraarterieller digitaler Subtraktionsangiographie oder Operation3

Akutes Leberversagen

Angabe des Autors oder

Hyperbilirubinämie > 300 µmol/l (17,55 mg/dl) und Quick nach INR ≥ 1,5 ohne vorbestehende Lebererkrankung/-schädigung4

Schwere Hämorrhagie

Angabe des Autors oder

Hämoglobin < 8 g/dl bei einem systolischen Blutdruck < 90 mmHg

Intoxikation mit einer ande-ren Substanz

Angabe des Autors oder

Nachweis mindestens einer der folgenden Substanzen in Blut oder Urin: Ethanol, Ethylenglykol, Methanol, Zidovudin, Salizylate, Isoniazid, Phenformin, Streptozocin, Sorbitol, Xylitol, Dithiazaninjodid5

Tabelle 3: In dieser Arbeit berücksichtigte Differenzialdiagnosen einer Laktatazidose und ihre zugrunde liegenden Erfassungskriterien

1 Leitlinien der Deutschen Sepsis-Gesellschaft e.V. (DSG) und der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI) (Reinhart et al. 2010); 2 (Medizinisches Labor Bremen 2015); 3 Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Gefäßchirurgie (Deutsche Gesellschaft für Gefäßchirurgie 2008); 4 In Anlehnung an Canbay et al. (Canbay et al. 2011); 5 (Cohen und Woods 1976; Kalantar-Zadeh et al. 2013)

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Differenzial- diagnose Ausschlusskriterien

Sepsis Rückbildung der Laktatazidose ohne Antibiotikagabe

Primäre kardio-respiratorische Insuffizienz

a) Laborwerte: Troponin oder CK-MB1 nicht pathologisch erhöht

b) Echokardiographie: kein Perikarderguss, kein hochgradiger Herzklap-penfehler, keine hochgradig eingeschränkte linksventrikuläre Pumpfunk-tion oder

Röntgen-Thorax: unauffällige Herzsilhouette, keine zentral-venöse Stauung

c) Elektrokardiogramm: kein STEMI2, kein AV-Block3 > I°, keine ventrikulä-re Extrasystolie > 2 nach Lown

Thiaminmangel Rückbildung der Laktatazidose ohne Thiaminsubstitution

Schwere mesenteriale Ischämie

a) keine für eine schwere mesenteriale Ischämie typische Anamnese, kein akutes Abdomen

b) unauffällige computertomographische Angiographie des Abdomen

c) Überleben des Patienten ohne bei schwerer mesenterialer Ischämie notwendiger Intervention (z.B. Laparotomie)

Intoxikation mit einer anderen Substanz

Anamnestische Informationen

Tabelle 4: Bei den eigenen Patienten angewandte Ausschlusskriterien für die Differenzial-diagnosen Sepsis, primäre kardio-respiratorische Insuffizienz, Thiaminmangel, schwere mesenteriale Ischämie und Intoxikation mit einer anderen Substanz. Um die Differenzialdi-agnose primäre kardio-respiratorische Insuffizienz auszuschließen, mussten a), b) und c) erfüllt sein, um die Differenzialdiagnose mesenteriale Ischämie auszuschließen, musste a), b) oder c) erfüllt sein.

1 Creatin-Kinase Muscle-Brain, 2 ST-Elevation Myocardial Infarction, 3 atrioventrikulärer Block

2.2.2.8 Therapie

Als therapeutische Maßnahmen wurden die Gabe von Bikarbonat, Katecholaminen,

Thiamin und Antibiotika sowie eine maschinelle Beatmung und Dialysebehandlungen

erhoben. Hinsichtlich der Dialysebehandlung wurde das angewandte Verfahren (konti-

nuierliche Hämodialyse, intermittierende Hämodialyse, Peritonealdialyse) dokumentiert.

Darüber hinaus wurden eine vor Diagnose der Laktatazidose erfolgte Reanimation und

die Durchführung interventioneller Maßnahmen wie beispielsweise eine Laparotomie ver-

merkt. Bei den eigenen Patienten wurden zusätzlich der Zeitraum von der Diagnose der

Laktatazidose bis Beginn der Dialysebehandlung sowie die Dauer der ersten Dialysebe-

handlung notiert.

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2.2.2.9 Outcome

Es wurde erfasst, ob die Patienten während des Krankenhausaufenthaltes überlebten

oder verstarben. Bei den eigenen Patienten wurden außerdem die Dauer der stationären

Behandlung und die Nierenfunktion bei Entlassung erhoben.

2.2.3 Anwendung der Erfassungskriterien der Variablen Kontraindikationen und

Differenzialdiagnosen

Die Erfassungskriterien der Variablen Kontraindikationen und Differenzialdiagnosen wur-

den angewendet und das Ergebnis bei den eigenen Patienten mit „ja“ (= liegt vor) oder

„nein“ (= liegt nicht vor) dokumentiert. Konnten die Kriterien aufgrund fehlender Infor-

mationen nicht angewendet werden, wurde dies mit „k.A.“ (= keine Angabe) vermerkt. Bei

den in der Literatur beschriebenen Patienten wurde der Artikel zunächst auf eine konkrete

Aussage des Verfassers (Erfassungskriterium „Angabe des Autors“) geprüft. Bei Be-

nennung oder Ausschluss der einzelnen Variable durch den Autor wurde ein „ja“ (= liegt

vor) bzw. „nein“ (= liegt nicht vor) dokumentiert. Pauschale Aussagen wie „es lagen keine

Kontraindikationen vor“, waren nicht ausreichend und wurden als keine Angabe gewertet.

In allen Fällen, in denen vom Autor keine Aussage bezüglich der Kontraindikationen und

Differenzialdiagnosen gemacht worden war, wurden die anderen Erfassungskriterien (z.B.

Berechnung der eGFR nach CKD-EPI-Formel) angewendet. Waren die Kriterien für das

Vorliegen der Variable erfüllt, wurde dies mit „ja“ dokumentiert. Konnte das Vorliegen der

Variable ausgeschlossen werden, wurde ein „nein“ vermerkt. War es aufgrund fehlender

Informationen nicht möglich, die Kriterien anzuwenden, wurde die Variable abschließend

mit „k.A.“ (keine Angabe) gekennzeichnet. Beinhaltete der Artikel beispielsweise die In-

formation, dass der Patient im Vorfeld der Laktatazidose bereits seit Jahren unter einer

chronischen Nierenkrankheit litt, war die Kontraindikation chronische Nierenkrankheit er-

füllt. Machte der Autor keine Aussage bezüglich dieser Kontraindikation, gab aber einen

im Vorfeld der MALA erhobenen Kreatininwert an, wurde dieser notiert, die eGFR berech-

net und beurteilt, ob eine chronische Nierenkrankheit vorlag oder nicht. In Abbildung 1 ist

diese Vorgehensweise der Datenerhebung anhand der Variable chronische Nierenkrank-

heit exemplarisch dargestellt.

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Abbildung 1: exemplarische Darstellung der Vorgehensweise bei der Datenerhebung für die in der Literatur beschriebenen Patienten

1 geschätzte (estimated) glomeruläre Filtrationsrate; 2 keine Angabe; 3 geschätzte (estimated) glo-meruläre Filtrationsrate nach Chronic Kidney Disease Epidemiology Collaboration-Formel

Beurteilung der Variable

chronische Nierenkrankheit

Keine konkrete Aussage durch

den Autor

chronische Nierenkrankheit nicht beurteilbar

Kreatinin oder eGFR1 vor MALA nicht angegeben

chronische Nierenkrankheit nicht beurteilbar

= Vermerk „k.A.“ 2

Kreatinin oder eGFR vor

MALA angegeben

eGFR nach CKD-EPI 3

< 60 ml/min/1,73 m2

chronische Nierenkrankheit

vorhanden

= Vermerk „ja“

eGFR nach CKD-EPI

≥ 60 ml/min/1,73 m2

chronische Nierenkrankheit nicht

vorhanden

= Vermerk „nein“

Konkrete Aussage

durch den Autor

chronische Nierenkrankheit

laut Autor vorhanden

= Vermerk „ja“

chronische Nierenkrankheit laut Autor nicht

vorhanden

= Vermerk „nein“

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2.2.4 Berechnung und Vereinheitlichung der Zahlenwerte

Alle Zahlenwerte wie Laborwerte und Temperaturangaben wurden mit Hilfe eines Einhei-

ten-Umrechners vereinheitlicht und die eGFR mittels der CKD-EPI-Formel ermittelt (ME-

Meßsysteme GmbH 2015; MVZ Labor Dr. Limbach und Kollegen 2015). Bei fehlender

Anionenlücke, wurde diese mit nachstehender Gleichung berechnet, wenn die dafür nöti-

gen Werte gegeben waren: Anionenlücke = ( [Na+]+[K+] ) - ( [Cl−]+[HCO3−] ).

2.2.5 Statistische Auswertung

Die Patientendaten wurden zunächst mit Hilfe des Tabellen-Kalkulationsprogramms Mi-

crosoft® Excel erfasst. Die Auswertung der Daten erfolgte mit der Software IBM® SPSS®

Statistics Version 24. Zur Beschreibung der Patientenkollektive wurden für die intervall-

skalierten Variablen Mittelwerte, Standardabweichung, Median und der Range (Minimum

– Maximum) berechnet. Im Falle von kategorialen Variablen wurden absolute und relative

Häufigkeiten ermittelt. Bei den Patienten, die eine Laktatazidose unter einer therapeuti-

schen Dosis Metformin entwickelt hatten, wurde überprüft, ob zwischen Patienten mit

supratherapeutischer und Patienten mit therapeutischer Metforminkonzentration Unter-

schiede bestehen hinsichtlich der Schwere der Laktatazidose (pH-Wert und Laktatkon-

zentration) und der Mortalität, als wichtigstem Parameter für den klinischen Verlauf. Der

Vergleich erfolgte zwischen den Gruppen Eigene Patienten versus „Met ≤ 5 mg/l“ sowie

„Met > 5 mg/l“ versus „Met ≤ 5 mg/l“. Da die Gruppen zum Teil klein (n = 15) waren und

nicht von normalverteilten Zielgrößen ausgegangen werden kann, wurde als nicht para-

metrischer Test ein Mann Whitney U-Test zum Vergleich der Gruppen durchgeführt. Von

Vortests auf Normalverteilung wurde aufgrund aktueller Empfehlungen in der statistischen

Literatur abgesehen (Rasch et al. 2011; Rochon und Kieser 2011). Die verschiedenen

durchgeführten statistischen Tests wurden aufgrund des explorativen Designs der Studie

nicht für Multiplizität adjustiert. Resultierende p-Werte sind daher rein deskriptiv zu inter-

pretieren.

Für jede Gruppe wurde die unmittelbar beobachtete Todesrate ermittelt. Um zu untersu-

chen, ob sich die Mortalitätsrate bei Patienten mit supratherapeutischer im Vergleich zu

Patienten mit therapeutischer Metforminkonzentration unterscheidet, wurde ein Chi-

Quadrat-Test durchgeführt. Der Vergleich erfolgte zwischen den Gruppen Eigene Patien-

ten versus „Met ≤ 5 mg/l“ sowie „Met > 5 mg/l“ versus „Met ≤ 5 mg/l“. Darüber hinaus wur-

den in allen Gruppen die Überlebenden und die Verstorbenen hinsichtlich Alter, pH-Wert

und Laktatkonzentration verglichen. Hierzu wurden Mittelwerte, Standardabweichung,

Median und der Range (Minimum – Maximum) ermittelt.

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3 Ergebnisse

Eigene Patienten 3.1

3.1.1 Kollektiv

In dem angegebenen Zeitraum von 7 Jahren wurden 21 Patienten wegen einer Laktatazi-

dose nach Metformineinnahme behandelt. Bei 4 Patienten wurde der Laktatwert nicht bei

Aufnahme, sondern erst nach Beginn der Therapie gemessen, sodass ein Ausgangswert

fehlte. Da die unter der Therapie gemessenen Laktatkonzentrationen zwar erhöht waren,

aber unter 5 mmol/l lagen, erfüllten diese Patienten die Einschlusskriterien nicht und

mussten ausgeschlossen werden. Die verbliebenen 17 Patienten hatten alle zum Zeit-

punkt der Laktatazidose eine Metforminkonzentration > 5 mg/l. Kein Patient hatte Metfor-

min in suizidaler Absicht eingenommen. Alle eigenen Patienten wurden daher in der

Gruppe Eigene Patienten zusammengefasst. Um die Vergleichbarkeit mit den anderen

Gruppen zu erleichtern, wurde der Zusatz „(Met > 5 mg/l)“ hinzugefügt.

3.1.2 Kasuistiken

Im Folgenden werden Datum der MALA, Anamnese, klinische Symptomatik, klinisch-

chemische Befunde, Therapie und Verlauf in kasuistischer und tabellarischer Form darge-

stellt:

Patient 1 (November 2006)

67-jährige Patientin mit Diabetes mellitus Typ 2, dialysepflichtiger chronischer Nierenkrankheit,

diabetischer Polyneuropathie, diabetischer Retinopathie, renaler Anämie, sekundärer Hypertonie,

Hyperlipoproteinämie.

Vormedikation: Metformin, Glimepirid, Captopril, Candesartan, Dihydralazin, Metoprolol, Clonidin,

Simvastatin, Alfacalcidol.

Patientin stellt sich ohne Einweisung in der Notaufnahme vor wegen Dyspnoe und Verschlechte-

rung des Allgemeinzustandes. Anamnestisch Metformintherapie über ca. 15 Jahre. Beendigung

der Metformintherapie durch Nephrologen nach Abfall der glomerulären Filtrationsrate unter

40 ml/min. Weitere Verschlechterung der Nierenfunktion und Beginn einer intermittierenden

Hämodialysebehandlung. Sechs Wochen vor der stationären Aufnahme erneute Metformingabe

(1000 mg/Tag) durch den Hausarzt. Nach 2 Wochen Appetitlosigkeit, im Verlauf Gewichtsverlust

von 4 kg. Am Aufnahmetag Übelkeit, wiederholtes Erbrechen und Verschlechterung des Allge-

meinzustandes. Patientin bei Aufnahme hyperton, normofrequent, Körpertemperatur zum Aufnah-

mezeitpunkt nicht dokumentiert.

Laborchemische Auffälligkeiten: schwere Laktatazidose, erhöhte Retentionswerte bei CKD5D,

Hyperkaliämie, leichte Leukozytose.

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Intensivmedizinische Betreuung, intravenöse Gabe von Natriumbikarbonat. Bei weiterem Anstieg

der Blutlaktatkonzentration von 14 auf 19 mmol/l wegen Verdachts auf eine Metformin-induzierte

Laktatazidose Einleitung einer intermittierenden Hämodialysebehandlung 4 Stunden nach Auf-

nahme und intravenöse Gabe von Thiamin wegen des Verdachts auf einen Thiaminmangel. Voll-

ständige Rückbildung der Laktatazidose im Verlauf der 7-stündigen Dialysebehandlung. Drei weite-

re Hämodialysebehandlungen während des stationären Aufenthalts. Nach 7 Tagen Entlassung

ohne Folgeschäden.

Patient 2 (Oktober 2007)

71-jährige Patientin mit Diabetes mellitus Typ 2, CKD3, arterieller Hypertonie, koronarer Herz-

krankheit mit normofrequenter absoluter Arrhythmie bei Vorhofflimmern (VHF), chronisch obstrukti-

ver Lungenerkrankung und Coxarthrose.

Vormedikation: Metformin, Atenolol, Captopril, Hydrochlorothiazid (HCT), Allopurinol, Simvastatin,

Diclofenac.

Stationäre Einweisung wegen Verdacht auf apoplektischen Insult bei Vigilanzminderung. Anam-

nestisch seit ca. 2 Wochen bestehende Diarrhoe und Erbrechen. Patientin bei Aufnahme in deut-

lich reduziertem Allgemeinzustand mit Ruhedyspnoe, exsikkiert, normoton, normofrequent, hypo-

therm, psychomotorisch verlangsamt ohne fokal neurologische Ausfälle.

Laborchemische Auffälligkeiten: schwere Laktatazidose, akutes Nierenversagen, Hyperkaliämie,

erhöhte Entzündungsparameter und erhöhte Serumlipase.

Innerhalb einer Stunde nach Aufnahme zunehmende respiratorische Insuffizienz, Blutdruckabfall

auf 60/30 mmHg, Intubation, maschinelle Beatmung. Intravenöse Gabe von Noradrenalin, Natri-

umbikarbonat und Thiamin. Einleitung einer intermittierenden Hämodialysebehandlung. Zu diesem

Zeitpunkt weiterer Abfall der Körpertemperatur von 34,7 auf 33,8 °C. Unter der Therapie rasche

Besserung des Allgemeinzustandes, kontinuierlicher Abfall der Laktatkonzentration und vollständi-

ge Rückbildung der Laktatazidose innerhalb von 15 Stunden. Antibiotische Therapie eines Harn-

wegsinfektes. Nach 3 Tagen Extubation, nach 22 Tagen Verlegung zur Anschlussheilbehandlung

ohne bleibende Schäden. Thiaminkonzentration unterhalb des Normbereichs.

Patient 3 (Oktober 2008)

75 Jahre alter Patient mit Diabetes mellitus Typ 2, arterieller Hypertonie, CKD3, Hyperlipopro-

teinämie, peripherer arterieller Verschlusskrankheit, mittelgradig reduzierter linksventrikulärer

Pumpfunktion (EF 40 %), koronarer Drei-Gefäßerkrankung mit Zustand nach (Z.n). Stentimplanta-

tion, Z.n. Nicht-ST-Strecken-Hebungsinfarkt, Z.n. Magenblutung unter Acetylsalicylsäure (ASS)

und Clopidogrel.

Vormedikation: Metformin, Insulin glargin, Enalapril, HCT, Furosemid, Clopidogrel, Amlodipin,

Simvastatin, Esomeprazol.

Elektive stationäre Aufnahme zur Durchführung einer Linksherzkatheteruntersuchung. Stentim-

plantation bei Stenose der rechten Koronararterie. Pausieren der Metformingabe am Interventions-

tag, Fortsetzung der Therapie am Folgetag. Am 2. Tag post-interventionell Körpertemperatur

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38,8°C, Dyspnoe, Husten, normochrome, normozytäre Anämie. Einleitung einer antibiotischen

Therapie. Am Folgetag Anurie. Patient normofrequent, normoton, normotherm.

Laborchemische Auffälligkeiten: Laktatazidose, akutes Nierenversagen, Hyperkaliämie, Leukozy-

tose, CRP-Erhöhung.

Blutdruckabfall, intravenöse Gabe von Dobutamin, Natriumbikarbonat, Thiamin und Imipinem.

Durchführung einer 6-stündigen intermittierenden Hämodialysebehandlung eine Stunde nach

Diagnose der Laktatazidose. Vollständige Rückbildung der Laktatazidose unter der Dialyse. Patient

kardio-respiratorisch stabil. Ausreichende Eigendiurese ab Folgetag. Nachweis grammpositiver

Kokken in der am Tag vor der Laktatazidose angelegten Blutkultur. Entlassung nach 11 Tagen

ohne Folgeschäden.

Patient 4 (April 2009)

62 Jahre alter Patient mit Diabetes mellitus Typ 2, arterieller Hypertonie und koronarer Drei-

Gefäßerkrankung mit Z.n. perkutaner transkutaner Koronarangioplastie.

Vormedikation: Metformin, Ramipril, HCT, Bisoprolol, Ezetimib, Simvastatin, ASS, Acarbose.

Stationäre Einweisung durch den Notarzt wegen akuter Dyspnoe, thorakalen Schmerzen und

Verwirrtheit. Fremdanamnestisch seit 2 Wochen bestehende Appetitlosigkeit mit verminderter Nah-

rungsaufnahme, seit 5 Tagen Übelkeit, Erbrechen, Diarrhoen. Hausarztbesuch 2 Tage vor Auf-

nahme. Kein Absetzen des Metformins. Anurie seit 1-2 Tagen vor der stationären Aufnahme. Seit

dem Vortag Desorientiertheit, verwaschene Sprache, Dyspnoe und thorakale Schmerzen. Patient

bei Aufnahme in kritischem Allgemeinzustand, hypoton, hypotherm, normofrequent. Initial nach

Aufnahme psychotisches Durchgangssyndrom mit anschließender Somnolenz.

Laborchemische Auffälligkeiten: Laktatazidose, akutes Nierenversagen, Hyperkaliämie, erhöhte

Entzündungsparameter.

Verschlimmerung der Dyspnoe, nicht-invasive Beatmung, intravenöse Gabe von Noradrenalin,

Natriumbikarbonat und Thiamin. Einleitung einer 12,5-stündigen intermittierenden Hämodialysebe-

handlung 90 Minuten nach Diagnose der Laktatazidose. Vollständige Rückbildung der Laktatazido-

se, Normalisierung der Körpertemperatur während der Dialysebehandlung. Stabilisierung des

Allgemeinzustandes mit Beendigung der Katecholamintherapie innerhalb von 24 Stunden und

deutliche Besserung des psychischen Befindens. Zwei weitere Hämodialysebehandlungen

aufgrund zunächst noch bestehender Oligoanurie. Entlassung nach 11 Tagen ohne bleibende

Schäden.

Patient 5 (Januar 2010)

71 Jahre alte Patientin mit Diabetes mellitus Typ 2, CKD3, arterieller Hypertonie, linksventrikulärer

Hypertrophie mit Linksherzinsuffizienz (EF 30 %), leichtgradiger Stenose und Insuffizienz der Aor-

tenklappe und Z.n. Mammakarzinom.

Vormedikation: Metformin, Verapamil, Penicillamin, Cloprednol, Nitrendipin, Alendronsäure.

Stationäre Einweisung wegen Verdacht auf Bronchopneumonie. Seit 3 Tagen progrediente Dysp-

noe, Husten, periphere Ödeme und Appetitlosigkeit. Durch Hausarzt Therapie mit Roxithromycin,

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Theophyllin, Salbutamol. Bei Aufnahme Tachypnoe, Ruhesdyspnoe. Patientin exsikkiert, grenzwer-

tig normoton, normotherm, mit Marmorierung an Brustseite, Unterschenkelödeme.

Laborchemische Auffälligkeiten: Laktatazidose, akutes Nierenversagen, erhöhte Entzündungspa-

rameter.

In der Notaufnahme Herz-Kreislaufversagen, kardiopulmonale Reanimation, Intubation, maschi-

nelle Beatmung. Verlegung auf die Intensivstation. Diagnose einer Laktatazidose, zunächst

Therapie mit hochdosierter Gabe von Noradrenalin, Dobuatmin, Natriumbikarbonat und Ampi-

cillin/Sulbactam. Wiederholte intravenöse Thiamingabe. Bei persistierender Anurie Beginn einer

10-stündigen intermittierenden Hämodialysebehandlung. Deutliche Reduktion der Katecholamin-

dosis unter der Dialyse möglich. Vollständige Rückbildung der Laktatazidose innerhalb von 24

Stunden nach Diagnosestellung.

Im Verlauf weitere Dialysebehandlungen. Nach 3 Tagen erneute Blutdruckabfälle, weiterhin beste-

hende Katecholaminpflichtigkeit, Koma. Absetzen von Teerstuhl mit gastroskopischem Nachweis

von Ulzerationen im Kardia-/Fundusbereich. Kreislaufschock mit anschließender kurzzeitiger Stabi-

lisierung durch Transfusion von 7 Erythrozytenkonzentraten und gefrorenem Frischplasma. Einlei-

tung der antibiotischen Therapie ohne Keimnachweis in den Blutkulturen bei Leukozytose, rezidi-

vierend erhöhten Temperaturen und einer Prokalzitoninkonzentration von 18 ng/ml. Weiterhin be-

stehende Kreislaufinstabilität und progrediente beidseitige pulmonale Infiltrate. Tod 11 Tage nach

Diagnose der Laktatazidose im Rahmen eines Multiorganversagens.

Patient 6 (Juli 2010)

67-jährige Patientin mit Diabetes mellitus Typ 2, CKD3, diabetischer Polyneuropathie, arterieller

Hypertonie, koronarer Drei-Gefäßerkrankung mit Z.n. Bypass-Operation, mittelgradig reduzierter

linksventrikulärer Pumpfunktion (EF 45 %), Arrhythmia absoluta bei VHF, Hyperlipidämie, Hypothy-

reose, Hyperurikämie und Depression.

Vormedikation: Metformin, Glimepirid, Ramipril, Torasemid, Bisoprolol, Marcumar, ASS, Simvasta-

tin, Allopurinol, Novaminsulfon, Tilidin, L-Thyroxin, Omeprazol.

Stationäre Aufnahme wegen Dyspnoe, Tachyarrhythmie, peripheren Ödemen. Intensivierte intra-

venöse hochdosierte Diuretikatherapie mit Gewichtsabnahme von 4,5 kg und Kardioversion. Am

Folgetag Anurie, progrediente Dyspnoe, Verschlechterung des Allgemeinzustandes, radiologischer

Verdacht eines Infiltrats.

Laborchemische Auffälligkeiten: Laktatazidose, akutes Nierenversagen, Hyperkaliämie, erhöhte

Entzündungsparameter.

Intensivmedizinisches Monitoring, Einleitung einer 5-stündigen intermittierenden Hämodialysebe-

handlung innerhalb von 2 Stunden nach Diagnose der Laktatazidose und wiederholte intravenöse

Gabe von Thiamin. Vollständige Rückbildung der Laktatazidose unter der Dialyse, Stabilisierung

der Patientin und zunehmende Diurese. Im weiteren Verlauf antibiotische Therapie mit Pipera-

cillin/Tazobactam bei nosokomialer Pneumonie. Hierunter Normalisierung der Entzündungswerte.

Entlassung ohne Folgeschäden 10 Tage nach der Laktatazidose.

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Patient 7 (Dezember 2010)

82 Jahre alte Patientin mit Diabetes mellitus Typ 2, arterieller Hypertonie, dilatativer Kardiomyopa-

thie, mittelgradig eingeschränkter linksventrikulärer Pumpfunktion und Steatosis hepatis.

Vormedikation: Metformin, Sitagliptin, Torasemid, Ramipril, HCT, Clonidin, Amlodipin, Carvedilol,

ASS.

Stationäre Einweisung wegen Verdacht auf eine metabolische Entgleisung bei allgemeiner Schwä-

che. Fremdanamnestisch Unwohlsein mit Oberbauchschmerzen und Übelkeit seit dem Morgen des

Aufnahmetages sowie akuter Verschlechterung des Allgemeinzustands ca. 2 Stunden vor der

stationären Aufnahme. Patientin bei Aufnahme in sehr schlechtem Allgemeinzustand, hyperton,

stark hypotherm, dehydriert, vigilanzgemindert und desorientiert.

Laborchemische Auffälligkeiten: schwere Laktatazidose, akutes Nierenversagen, Hyperkaliämie,

erhöhte Entzündungswerte.

Etwa eine Stunde nach Aufnahme Blutdruckabfall auf 80/40 mmHg. Intravenöse Gabe von Natri-

umbikarbonat, Noradrenalin, Dobutamin und Thiamin. Einleitung einer 10-stündigen intermittieren-

den Hämodialysebehandlung innerhalb von 3 Stunden nach Diagnose der Laktatazidose. Vollstän-

dige Rückbildung der Laktatazidose, Normalisierung der Körpertemperatur und Stabilisierung des

Allgemeinzustandes im Verlauf der Hämodialysebehandlung. Durchführung zwei weiterer Hämodi-

alysebehandlungen aufgrund persistierender Oligurie. Antibiotische Therapie mit Ceftriaxon wegen

eines Harnwegsinfektes und später mit Imipenem wegen des Verdachts auf Pneumonie. Hierunter

rückläufige Entzündungsparameter. Im Verlauf erneuter Anstieg der Entzündungswerte bei Gicht-

anfall mit Podagra rechts; Glukokortikoidtherapie. Nach 12 Tagen Verlegung der Patientin ohne

Folgeschäden zur geriatrischen Rehabilitation.

Patient 8 (Februar 2011)

66-jährige Patientin mit Diabetes mellitus Typ 2, arterieller Hypertonie, CKD3, chronisch obstruk-

tiver Lungenerkrankung, Hyperlipidämie, Z.n. Hemikolektomie bei Dickdarmkarzinom, axialer

Ösophagusgleithernie und Z.n. Ulcera ventriculi.

Vormedikation: Metformin, Sitagliptin, Candesartan, HCT, Metoprolol, Simvastatin, Esomeprazol.

Stationäre Einweisung wegen eines seit 2 Wochen bestehenden bronchopulmonalen Infektes und

wiederholter Diarrhoen. Patientin bei Aufnahme in herabgesetztem Allgemeinzustand, dehydriert

und kreislaufstabil. Anamnetisch seit 14 Tagen bestehende rezidivierende Diarrhoen im Wechsel

mit normalem Stuhlgang, seit 5 Tagen erhöhte Stuhlfrequenz und wiederholtes Erbrechen, seit

einem Tag Verschlechterung des Allgemeinzustandes.

Laborchemische Auffälligkeiten: Laktatazidose, akutes Nierenversagen, Hyperkaliämie, leichte

CRP-Erhöhung ohne Leukozytose.

Verzicht auf Durchführung einer Hämodialysebehandlung aufgrund einer sonographisch sehr

schmalen Vena cava inferior mit komplettem inspiratorischem Kollaps. Stattdessen intravenöse

Gabe von Flüssigkeit, Natriumbikarbonat und Thiamin. Vollständige Rückbildung der Laktatazidose

innerhalb von 13 Stunden unter der Therapie trotz persistierender Anurie. Einsetzen der Diurese

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am Folgetag bei zunächst weiterhin erhöhten Retentionswerten. Entlassung ohne Folgeschäden

nach 13 Tagen.

Patient 9 (Juni 2011)

79-jährige Patientin mit Diabetes mellitus Typ 2, arterieller Hypertonie, chronisch obstruktiver

Lungenerkrankung, Hyperlipoproteinämie, Epilepsie, Alzheimer-Demenz und funikulärer Myelose.

Vormedikation: Metformin, Furosemid, ASS, Metoprolol, Tramadol, Novaminsulfon, Vitamin B12,

Levetiracetam.

Stationäre Einweisung aus dem Pflegeheim aufgrund einer Hypoglykämie (31 mg/dl) und Bewusst-

losigkeit. Patientin bei Aufnahme in massiv reduziertem Allgemeinzustand, exsikkiert, hypoton,

hypotherm und normofrequent. Fremdanamnestisch über unbestimmten Zeitraum bestehende

Diarrhoe.

Laborchemische Auffälligkeiten: schwere Laktatazidose, akutes Nierenversagen, Hyperkaliämie,

massive Erhöhung der Entzündungsparameter.

Intravenöse Gabe von Natriumbikarbonat, Noradrenalin und Thiamin bei zunehmendem Blutdruck-

abfall. Durchführung einer 9-stündigen intermittierenden Hämodialysebehandlung. Abfall der

Laktatkonzentration von 18 auf 11,6 mmol/l unter der Therapie. Dennoch steigender Katechola-

minbedarf. Ablehnung von Intubation und maschineller Beatmung durch die gesetzliche Betreuerin

in Anbetracht der Multimorbidität und der vorbestehenden Alzheimer-Demenz der Patientin. Be-

endigung der Hämodialysebehandlung. Drastische Verschlechterung des Allgemeinzustandes mit

erneutem Anstieg der Laktatkonzentration eine Stunde nach Ende der Dialysebehandlung. Exitus

letalis nach weiteren 10 Stunden.

Patient 10 (August 2011)

84 Jahre alter Patient mit Diabetes mellitus Typ 2, CKD3, peripherer arterieller Verschlusskrankheit

im Stadium IV, arterieller Hypertonie, koronarer Herzkrankheit und Z.n. Unterschenkelamputation

rechts.

Vormedikation: Metformin, Enalapril, HCT, Furosemid, Sitagliptin, ASS, Marcumar, Gabapentin,

Nitrendipin.

Oberschenkelamputation links wegen peripherer arterieller Verschlusskrankheit im Stadium IV.

Pausieren der Metformintherapie perioperativ. Fortsetzung der Metformintherapie 14 Tage nach

der Operation nach Besserung des Allgemeinzustandes und Verlegung auf die Normalstation.

Erschwerte Nahrungs- und Flüssigkeitsaufnahme, nach 3 Tagen Verschlechterung des Allgemein-

zustandes, nach 5 Tagen Somnolenz, rascher Blutdruckabfall, Verlegung auf die Intensivstation.

Patient zu diesem Zeitpunkt hypoton, hypotherm und ohne Reaktion auf Schmerzreize, keine

Pupillen- und Cornealreflexe. Die Herzfrequenz wurde zum Zeitpunkt der Verlegung nicht doku-

mentiert.

Laborchemische Auffälligkeiten: Laktatazidose, akutes Nierenversagen, Hypokaliämie, erhöhte

Entzündungsparameter, ausgeprägte normochrome, normozytäre Anämie.

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Intubation und maschinelle Beatmung. Intravenöse Gabe von Noradrenalin und Dobutamin,

Natriumbikarbonat und Thiamin. Transfusion von 2 Erythrozytenkonzentraten. Umgehend eingelei-

tete 6-stündige intermittierende Hämodialysebehandlung. Hierunter Rückbildung der Laktatazido-

se. Weitere Hämodialysebehandlung am Folgetag aufgrund persistierender Anurie. Beginn einer

antibiotischen Therapie bei Verdacht auf Pneumonie. Im Verlauf zunehmende hämodynamische

Beeinträchtigung des weiterhin anurischen Patienten. Er verstarb 8 Tage nach Diagnose der

Laktatazidose aufgrund eines therapieresistenten septischen Schocks mit Multiorganversagen.

Patient 11 (Februar 2012)

69 Jahre alte Patientin mit Diabetes mellitus Typ 2, CKD3, arterieller Hypertonie, dilatativer

Kardiomyopathie, Arrhythmia absoluta bei VHF, Trikuspidalklappeninsuffizienz II-III°, Mitralklap-

peninsuffizienz II°, hochgradig eingeschränkter linksventrikulärer Pumpfunktion und Heberden-

Arthrose.

Vormedikation: Metformin, Sitagliptin, Ramipril, Torasemid, Spironolacton, Xipamid, Metoprolol,

Digitoxin, Marcumar, L-Thyroxin, Omeprazol, Novaminsulfon, Eisen(II)-glycin-sulfat-Komplex.

Stationäre Einweisung wegen Ganzkörperschmerz und allgemeiner Schwäche. Anamnestisch seit

Tagen bestehende Diarrhoe mit verminderter Nahrungs- und Flüssigkeitsaufnahme. Patientin bei

Aufnahme in deutlich vermindertem Allgemeinzustand, tachykard, hypoton, mit infiziertem Zeige-

finger links.

Laborchemische Auffälligkeiten: akutes Nierenversagen, Thrombozytopenie, Hypokaliämie, Hy-

ponatriämie, CRP-Erhöhung.

Volumen- und Elektrolytsubstitution, antibiotische Therapie mit Ceftriaxon, persistierende Anurie.

Nach 5 Stunden Nachweis einer schweren Laktatazidose. Trotz zusätzlicher Gabe von Natriumbi-

karbonat und Thiamin weiterer Anstieg der Blutlaktatkonzentration, Hyperkaliämie. Einleitung einer

intermittierenden Hämodialysebehandlung. Im Verlauf der Dialysebehandlung zunehmender Blut-

druckabfall trotz hochdosierter Gabe von Noradrenalin. Beendigung der Hämodialysebehandlung

nach 4,5 Stunden. Wenige Minuten später Herzkreislaufstillstand, erfolglose kardio-pulmonale

Reanimation. Post mortem Nachweis von Staphylokokkus aureus in den bei der Aufnahme ent-

nommenen Blutkulturen.

Patient 12 (Juni 2012)

68 Jahre alter Patient mit Diabetes mellitus Typ 2, arterieller Hypertonie, Hyperurikämie, Hyperli-

poproteinämie, euthyreoter Struma nodosa, Lumbalgie und Z.n. Basaliom.

Vormedikation: Metformin, Repaglinid, Sitagliptin, Insulin, Furosemid, HCT, Xipamid, Candesartan,

Metoprolol, Amlodipin, Moxonidin.

Stationäre Aufnahme wegen akuter Verschlechterung des Allgemeinzustandes bei Verdacht

auf Hirninfarkt. Anamnestisch seit 6 Tagen bestehende Diarrhoe und Appetitlosigkeit. Einnahme

von Diclofenac am Morgen des Aufnahmetages wegen starker Rückenschmerzen. Patient bei

Aufnahme in stark reduziertem Allgemeinzustand, bradykard, hypoton, hypotherm, dehydriert,

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tachypnoeisch, somnolent, unruhig, desorientiert, mit Anisokorie. Ausschluss Apoplex mittels

kranialer Computertomographie.

Laborchemische Auffälligkeiten: schwere Laktatazidose, akutes Nierenversagen, erhöhte Entzün-

dungsparameter.

Rasch zunehmende kardio-respiratorische Insuffizienz, Intubation, maschinelle Beatmung, hoch-

dosierte intravenöse Gabe von Noradrenalin, Natriumbikarbonat und Thiamin. Einleitung einer 10-

stündigen intermittierenden Hämodialyse 3 Stunden nach Diagnose der Laktatazidose. Hierunter

hämodynamische Stabilisierung des Patienten, Normalisierung der Körpertemperatur und Abfall

der Laktatkonzentration von 18 auf 5,6 mmol/l. Im Anschluss an die intermittierende Hämodialyse

bei persistierender Anurie Durchführung einer kontinuierlichen veno-venösen Hämodialyse

(CVVHD) über weitere 12 Stunden. Vollständige Rückbildung der Laktatazidose unter der CVVHD.

Extubation und Einsetzen der Diurese am Folgetag. Beginn einer antibiotischen Therapie aufgrund

der erhöhten Entzündungsparameter. Im weiteren Verlauf kontinuierliche Verbesserung des All-

gemeinzustandes. Nach 18 Tagen Entlassung ohne Folgeschäden.

Patient 13 (Oktober 2012)

81-jährige Patientin mit Diabetes mellitus Typ 2, CKD3, arterieller Hypertonie und Z.n. Chole-

zystektomie.

Vormedikation: Metformin, Insulin glargin, Captopril, Ramipril, HCT, Amlodipin, Acetyldigoxin, ASS,

Simvastatin.

Einweisung vom Hausarzt wegen eines akuten Nierenversagens. Anamnestisch reduzierte Flüs-

sigkeits- und Nahrungsaufnahme bei Unwohlsein in den letzten Wochen, Anurie seit 24 Stunden.

Patientin bei Aufnahme in stark reduziertem Allgemeinzustand, hypoton, normofrequent, rasch

zunehmend hypotherm, dehydriert, dyspnoeisch, somnolent, verlangsamt und desorientiert. Foetor

uraemicus, intertriginöses Ekzem in den Bauchfalten.

Laborchemische Auffälligkeiten: Laktatazidose, akutes Nierenversagen, Hyperkaliämie, Leukozy-

tose und deutlich erhöhte Werte für CRP, Serumlipase und -amylase.

Intensivmedizinische Behandlung mit intravenöser Gabe von Natriumbikarbonat und Thiamin.

Einleitung einer 2,5-stündigen intermittierenden Hämodialysebehandlung. Vollständige Rückbil-

dung der Laktatazidose und Stabilisierung der Patientin unter der Therapie. Weitere Hämodialyse-

behandlung wegen zunächst persistierender Oligurie. Einsetzen der Diurese am Folgetag der Auf-

nahme. Antibiotische Therapie wegen eines Harnwegsinfektes mit Ceftriaxon nach Rückbildung

der Laktatazidose. Im Verlauf rascher Abfall der Pankreasenzyme ohne klinische, sonographische

oder röntgenologische Zeichen einer schweren, akuten Pankreatitis. Entlassung nach 11 Tagen

ohne Folgeschäden.

Patient 14 (November 2012)

86 Jahre alter Patient mit Diabetes mellitus Typ 2, CKD3, arterieller Hypertonie, koronarer Herz-

krankheit mit Z.n. ST-Streckenhebungsinfarkt und dreifach aorto-koronarem Venenbypass, absolu-

ter Arrhythmie bei VHF und niedrig malignem Non-Hodgkin-Lymphom.

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Vormedikation: Metformin, Captopril, HCT, Triamteren, Metoprolol, Repaglinid, Simvastatin, ASS.

Stationäre Aufnahme nach Synkope, Einlieferung durch den Notarzt. Anamnestisch seit 2-3 Tagen

bestehende Übelkeit und Schwindel, verminderte Nahrungs- und Flüssigkeitszufuhr und herabge-

setzte Diurese. Eigenständig erfolgte Wiederaufnahme der wegen einer eingeschränkten Nieren-

funktion vom Hausarzt abgesetzten Metforminmedikation. Patient bei Aufnahme unruhig, verwirrt,

exsikkiert, hypoton, bradykard und hypotherm.

Laborchemische Auffälligkeiten: schwere Laktatazidose, akutes Nierenversagen, Hyperkaliämie,

Leukozytose ohne CRP-Erhöhung.

Beginn einer 10-stündigen intermittierenden Hämodialysebehandlung 40 Minuten nach Diagnose

der Laktatazidose. Intravenöse Gabe von Noradrenalin, Natriumbikarbonat und Thiamin. Vollstän-

dige Rückbildung der Laktatazidose während der Dialysebehandlung. Im weiteren Verlauf akutes

Leberversagen und Rhabdomyolyse. Asystolie mit Intubation und maschineller Beatmung. Extuba-

tion nach 2 Tagen. Weitere Stabilisierung des Patienten durch wiederholt durchgeführte intermittie-

rende und kontinuierliche Hämodialysebehandlungen. Nach 22 Tagen Verlegung zur Anschluss-

heilbehandlung in stabilem Allgemeinzustand und persistierender CKD4.

Patient 15 (Februar 2013)

79-jähriger Patient mit Diabetes mellitus Typ 2, CKD3, diabetischer Polyneuropathie, arterieller

Hypertonie, Lungenfibrose, hochgradiger Trikuspidalklappeninsuffizienz bei sekundärer pulmonaler

Hypertonie, kombiniertem Aortenklappenvitium, Arrhythmia absoluta bei VHF, Aneurysma der

Aorta ascendens, exokriner Pankreasinsuffizienz und Hyperurikämie.

Vormedikation: Metformin, Glimepirid, Telmisartan, Aliskiren, Furosemid, Eplerenon, Metoprolol,

Allopurinol, Marcumar, Amitriptylin, Pankreatin, Pantozol, Simvastatin.

Stationäre Einweisung durch Notarzt wegen Verdacht auf Lungenembolie und Bradyarrhythmia

absoluta (30 Schläge/Min). Eine Woche vor der stationären Aufnahme Erysipel, antibiotische

Therapie; im Verlauf Übelkeit, Erbrechen, Oligurie, progrediente Dyspnoe und kurz vor der Einliefe-

rung Schwindel und Sehstörungen. Patient bei Aufnahme in reduziertem Allgemeinzustand,

hypoton, bradyarrhythmisch, hypotherm, zyanotisch mit beidseitigen Beinödemen und geringer

oberer Einflussstauung.

Laborchemische Auffälligkeiten: Laktatazidose, akutes Nierenversagen, Hyperkaliämie, leicht

erhöhte Entzündungsparameter.

Intensivmedizinische Behandlung, intravenöse Gabe von Noradrenalin, Dobutamin, Natriumbi-

karbonat und Thiamin, nicht invasive Beatmung. Einleitung einer 6-stündigen intermittierenden

Hämodialysebehandlung 85 Minuten nach Diagnose der Laktatazidose. Rückbildung der Laktat-

azidose unter der Dialyse und kardio-pulmonale Stabilisierung. Durchführung zwei weiterer Hämo-

dialysebehandlungen wegen persistierender Anurie. Einsetzen der Diurese am 3. Tag nach Auf-

nahme. Einleitung einer antibiotischen Therapie bei Harnwegsinfekt. Im Verlauf kontinuierliche

Verbesserung des Allgemeinzustandes, nach 4 Tagen Verlegung auf die Normalstation. Beginn

einer Therapie mit Metoprolol bei Tachyarrhythmia absoluta zur Frequenzstabilisierung. Nach 20

Tagen Entlassung ohne Folgeschäden.

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Patient 16 (Mai 2013)

77 Jahre alter Patient mit Diabetes mellitus Typ 2, CKD3, arterieller Hypertonie, koronarer Herzer-

krankung mit Z.n. dreifach aorto-koronarem Venenbypass, Z.n. Apoplex, Hyperlipoproteinämie,

Morbus Parkinson, Z.n. Lungenembolie und obstruktivem Schlafapnoe-Syndrom.

Vormedikation: Metformin, Sitagliptin, Ramipril, Furosemid, HCT, ASS, Bisoprolol, Amlodipin,

Pipamperon, Hydromorphon, Lovastatin, Benserazid, Levodopa, Omeprazol.

Einlieferung durch den Notarzt wegen akuter Verschlechterung des Allgemeinzustandes, Desorien-

tiertheit und Verdacht auf Exsikkose. Anamnestisch 3 Wochen vor der stationären Aufnahme prä-

renales akutes Nierenversagen bei Exsikkose und antibiotisch behandelter Bronchitis. Keine Kon-

trolle der Nierenfunktion im Verlauf. Zunehmende Verschlechterung des Allgemeinzustandes 5

Tage und Sturz 3 Tage vor der stationären Aufnahme. Patient bei Aufnahme in deutlich reduzier-

tem Allgemeinzustand, hypoton, normofrequent, normotherm, somnolent, desorientiert. Miosis und

beidseits auslösbarer Babinski-Reflex.

Laborchemische Auffälligkeiten: Laktatazidose, akutes Nierenversagen, Hyperkaliämie, erhöhte

Entzündungsparameter.

Intravenöse Gabe von Natriumbikarbonat und Thiamin. Einleitung einer 8-stündigen intermittieren-

den Hämodialysebehandlung 2 Stunden nach Aufnahme und Diagnose der Laktatazidose. Unter

der Dialysebehandlung vollständige Rückbildung der Laktatazidose und Normalisierung des Blut-

drucks. Nach der Dialysebehandlung Einleitung einer antibiotischen Therapie wegen eines Harn-

wegsinfekts. Hierunter rascher Abfall der Entzündungswerte. Im Verlauf deutliche Verbesserung

des Allgemeinzustandes. Ausschluss einer intrazerebralen Hämorrhagie als Ursache der initial

erhobenen pathologischen neurologischen Befunde mittels Computertomographie. Eine weitere

Hämodialysebehandlung bis zur vollständigen Erholung der Nierenfunktion. Entlassung nach 8

Tagen ohne Folgeschäden.

Patient 17 (Juni 2013)

68-jähriger Patient mit Diabetes mellitus Typ 2, CKD3, arterieller Hypertonie, Z.n. mechanischem

Aortenklappenersatz, absoluter Arrhythmie bei VHF, Hyperurikämie, diabetischer Polyneuropathie,

diabetischem Fußsyndrom und peripherer arterieller Verschlusskrankheit Stadium IV.

Vormedikation: Metformin, Ramipril, HCT, Torasemid, Allopurinol, Amlodipin, Metoprolol, Pan-

toprazol, ASS, Clopidogrel, Marcumar, Ciprofloxacin, Sultamicillin.

Stationäre Einweisung durch den Hausarzt wegen akuter Gastroenteritis und Exsikkose. Anamnes-

tisch ein Monat vor der stationären Aufnahme Stenting des Tractus tibiofibularis mit Kontrastmittel-

gabe und Amputation der zweiten Zehe rechts bei diabetischem Fußsyndrom mit feuchter Gangrän

und Unterschenkelphlegmone. Danach Antibiotikatherapie und Erhöhung der Metformindosis von

1,7 g auf 2 g pro Tag ohne Kontrolle der Nierenfunktion. In den 5 Tagen vor der Aufnahme gastro-

enteritische Beschwerden und zunehmende Verschlechterung des Allgemeinzustandes mit Kraft-

losigkeit und Anurie am Aufnahmetag. Patient bei Aufnahme in deutlich reduziertem Allgemeinzu-

stand, dehydriert, hypotherm, normoton, normofrequent.

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Laborchemische Auffälligkeiten: schwere Laktatazidose, akutes Nierenversagen, Hyperkaliämie,

Hyponatriämie und Erhöhung der Entzündungsparameter.

Innerhalb einer Stunde Hypotonie, Verlegung auf die Intensivstation, intravenöse Gabe von Natri-

umbikarbonat und Thiamin. Einleitung einer 8-stündigen intermittierenden Hämodialysebehandlung

innerhalb von 3 Stunden nach Aufnahme und Diagnose der Laktatazidose. Während der Dialyse-

behandlung vollständige Rückbildung der Laktatazidose, Blutdruckanstieg und Normalisierung der

Herz-Kreislaufparameter. Verlegung auf die Normalstation am Folgetag. Eine weitere intermittie-

rende Hämodialysebehandlung bei zunächst persistierender Oligurie. In der Folgezeit kontinuier-

liche Besserung von Nierenfunktion und Allgemeinzustand. Entlassung nach 14 Tagen mit Nieren-

funktion im Stadium CKD4.

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Patient Alter (Jahre) Geschlecht Größe

(cm) Gewicht

(kg)

Metformin Tagesdosis

(g)

eGFR vor MALA 5

(ml/min/1,73 m2) Potenziell nephrotoxische Vormedikation

1 67 w1 156 66 1,0 CKD 5D 6 Captopril, Candesartan 2 71 w 176 142 1,7 46 Captopril, HCT 7, Diclofenac 3 75 m2 163 78 2,0 59 Enalapril, Furosemid, HCT 4 62 m 168 73 2,0 ≥ 60 Ramipril, HCT 5 71 w 165 69 1,7 46 nein 6 67 w 160 104 2,0 39 Ramipril, Torasemid 7 82 w 162 67 2,5 ≥ 60 Ramipril, Torasemid, HCT 8 66 w 161 87 1,7 39 Candesartan, HCT 9 79 w 165 k.A.3 1,7 93 Furosemid

10 84 m 175 73 2,0 44 Enalapril, HCT, Furosemid 11 69 w 175 77 2,0 56 Ramipril, Torasemid, Spironolacton, Xipamid 12 68 m 176 90 2,0 69 Candesartan, Furosemid, HCT, Xipamid, Diclofenac 13 81 w 165 87 1,7 50 Captopril, Ramipril, HCT 14 86 m 168 57 1,0 4 33 Captopril, Triamteren, HCT 15 79 m 170 85 1,0 34 Telmisartan, Aliskiren, Furosemid, Eplerenon 16 77 m 173 105 2,0 44 Ramipril, HCT, Furosemid 17 68 m 172 92 2,0 61 Ramipril, Torasemid, HCT

Tabelle 5: Eigene Patienten: Patientencharakteristika, Metformindosis pro Tag, exkretorische Nierenfunktion vor Auftreten der Laktatazidose und potenziell nephrotoxische Vormedikation

1 weiblich, 2 männlich, 3 keine Angabe: während des stationären Aufenthaltes wurde kein Gewicht dokumentiert, 4 eingenommene Tagesdosis Metformin nicht gesichert, eventuell 850 mg, 5 geschätzte (estimated) glomeruläre Filtrationsrate nach Chronic Kidney Disease Epidemiology Collaboration (CKD-EPI) – For-mel vor Entstehung der Metformin-assoziierten Laktatazidose, 6 chronische Nierenkrankheit: Stadium 5 mit Dialysebehandlung, 7 Hydrochlorothiazid

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36

Patient Einweiser/ Vorstellung Einweisungsdiagnose Herzfre-

quenz/Min Blutdruck (mmHg)

Temperatur (°C)

Leuko-zyten/nl

CRP (mg/dl) Differenzialdiagnosen

1 eigeninitiativ / 2 75 170/80 k.A. 11,97 0,3 keine

2 Rettungsdienst V.a.3 Apoplex 60 120/75 34,7 35,00 8,7 Sepsis, Thiaminmangel

3 vor LA1 / 2 80 100/50 36,5 56,59 5,2 Sepsis

4 Notarzt V.a. kardiogenen Schock, Lungenödem DD 4 LAE 5 90 60/30 32,9 10,45 1,3 keine

5 Hausarzt V.a. Infekt der Lunge k.A.10 90/60 35,9 17,59 14,0 Primäre kardio-respiratorische Insuffizienz, Sepsis

6 vor LA1 / 2 70 140/60 36,9 14,35 4,5 keine

7 Notarzt V.a. metabolische Entgleisung 67 200/100 30,6 12,20 1,6 Primäre kardio-respiratorische Insuffizienz

8 Hausarzt Bronchopneumonie, Emesis, Diabetes mellitus, Hypertonie 84 140/70 36,4 7,44 2,1 keine

9 Notarzt Hypoglykämie 90 70/40 34,5 45,32 4,0 Primäre kardio-respiratorische Insuffizienz, Sepsis

10 vor LA1 / 2 60 70/k.A. 35,1 13,50 7,1 Primäre kardio-respiratorische Insuffizienz, Sepsis, Hämorrhagie

11 Hausarzt Kardiale Dekompensation mit Dyspnoe und Schwindel 117 65/30 k.A. 6,46 48,4 Primäre kardio-respiratorische

Insuffizienz, Sepsis 12 Notarzt V.a. Hirninfarkt 45 88/45 32,9 24,40 4,4 Sepsis

13 Hausarzt ANV 6 73 80/40 33,4 20,36 8,8 keine

14 Notarzt Bradykardie, HRST 7, Hypotonie 43 80/40 34,6 14,41 < 0,1 Primäre kardio-respiratorische

Insuffizienz

15 Notarzt Bradyarrhythmia absoluta bei VHF 8, V.a. Lungenembolie 40 90/50 34,9 10,42 1,6 Primäre kardio-respiratorische

Insuffizienz

16 Rettungsdienst AZ 9-Verschlechterung und V.a. Exsikkose 84 80/50 36,3 14,44 7,7 Primäre kardio-respiratorische

Insuffizienz 17 Hausarzt Gastroenteritis/Exsikkose 60 100/50 34,4 13,85 3,2 Thiaminmangel

Tabelle 6: Eigene Patienten: Einweisungs- und Differenzialdiagnosen der Haus- und Notärzte, Vitalparameter und Entzündungswerte

1 stationäre Aufnahme vor Entstehung der Laktatazidose, 2 keine Einweisungsdiagnose im Rahmen der Metformin-assoziierten Laktatazidose, da Vorstellung eigenini-tiativ oder im Vorfeld der Laktatazidose wegen einer anderen Erkrankung erfolgte, 3 Verdacht auf, 4 Differenzialdiagnose, 5 Lungenarterienembolie, 6 akutes Nierenver-sagen, 7 Herzrhythmusstörungen, 8 Vorhofflimmern, 9 Allgemeinzustand, 10 keine Angabe: Information ging aus den vorliegenden Dokumenten nicht hervor

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37

Patient pH (mmol/l)

Laktat-konzentration

(mmol/l)

Base Excess (mmol/l)

Anionenlücke (mmol/l)

pO2 (mmHg)1

pCO2 (mmHg)2

1 7,05 14,0 -24,0 30,5 84 (a) 17 (a)

2 6,74 12,5 -32,0 21,7 83 (a) 34 (a)

3 7,27 8,4 -14,3 17,9 45 (v) 26 (v)

4 6,78 14,0 -24,8 35,3 86 (a) 47 (a)

5 7,10 21,0 -18,5 28,4 91 (a) 34 (a)

6 7,28 8,0 -12,3 19,7 32 (v) 29 (v)

7 7,17 10,9 -23,1 23,0 274 (a) 13 (a)

8 7,27 6,3 -15,3 k.A.3 76 (a) 21 (a)

9 6,92 18,0 -24,5 23,6 104 (a) 27 (a)

10 7,12 5,2 -17,3 12,9 113 (a) 32 (a)

11 7,34 13,4 -10,4 k.A. 76 (a) 26 (a)

12 6,71 18,5 -30,0 k.A. 138 (a) 15 (a)

13 7,02 5,6 -23,8 k.A. 75 (a) 23 (a)

14 7,19 13,1 -13,0 30,7 27 (v) 38 (v)

15 7,22 8,0 -16,2 26,3 35 (v) 25 (v)

16 7,26 5,4 -5,5 25,8 20 (v) 47 (v)

17 6,95 6,6 -23,7 30,8 65 (a) 28 (a)

Tabelle 7: Eigene Patienten: Ergebnisse der arteriellen (a) bzw. venösen (v) Blutgasanalyse und Blutlaktatkonzentration zum Zeitpunkt der Diagnose der Laktatazidose

1 Sauerstoffpartialdruck, 2 Kohlendioxidpartialdruck, 3 keine Angabe: aufgrund fehlender Laborwerte konnte die Anionenlücke nicht ermittelt werden

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38

Patient Metformin-

konzentration (mg/l)

Metformin-konzentration Ende

1. Dialyse (mg/l)

Thiamin-konzentration vor

Substitution (ng/ml)

Thiaminkonzentration nach Substitution,

Ende 1. Dialyse (ng/ml)

Kreatinin- konzentration

(mg/dl)

Kalium- konzentration

(mmol/l)

1 43,4 10,7 270 1280 8,2 5,6

2 47,9 16,8 5 k.A. 10,0 7,0

3 20,0 12,6 110 660 6,2 5,3

4 59,3 11,9 92 k.A. 11,6 6,0

5 19,2 3,4 150 2600 2,7 4,1

6 13,4 6,3 175 4060 5,0 5,4

7 74,9 9,6 89 3400 11,5 5,7

8 32,0 Keine Dialyse 70 Keine Dialyse 13,9 6,3

9 40,3 12,6 85 3070 2,4 6,1

10 23,6 8,5 85 1970 3,5 3,1

11 17,9 k.A.1 91 k.A. 4,1 5,3

12 51,2 12,1 30 8240 11,4 4,3

13 40,9 20,4 99 k.A. 17,9 6,5

14 22,6 4,8 81 4650 4,0 7,3

15 23,0 9,7 98 6945 10,5 6,2

16 17,0 11,5 76 4850 7,9 6,2

17 39,5 10,1 k.A. k.A. 12,5 7,6

Tabelle 8: Eigene Patienten: Metforminkonzentration vor und am Ende der ersten Hämodialyse, Thiaminkonzentration vor Substitution und nach Substitution am Ende der ersten Hämodialyse, Serumkreatinin- und Serumkaliumkonzentration bei Aufnahme

1 keine Angabe: die Werte wurden nicht bestimmt

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39

Pati-ent

Natrium- bikarbonat

i.v.1 (mmol)

Thiamin i.v. (mg)

Katecholamine i.v.

maschinelle Beatmung Dialyse Dialysebe-

ginn (Min) 4 Dauer der

1. Dialyse (h) Tod ΔeGFR 5 (ml/min/1,73 m2)

1 675 200 nein nein ja 195 7,0 nein CKD5D 6

2 750 700 Noradrenalin 2 ja ja 105 8,5 nein + 19

3 100 400 Dobutamin 3 nein ja 60 6,0 nein + 25

4 250 600 Noradrenalin ja ja 90 12,5 nein k.A. 7

5 400 600 Noradrenalin, Dobutamin ja ja 670 10,0 ja / 8

6 nein 500 nein nein ja 110 5,0 nein 0

7 400 700 Noradrenalin, Dobutamin nein ja 170 10,0 nein k.A. 7

8 100 500 nein nein nein Keine Dialyse

Keine Dialyse nein + 14

9 650 700 Noradrenalin ja ja 140 9,0 ja / 8

10 400 600 Noradrenalin, Dobutamin ja ja 140 6,0 ja / 8

11 300 300 Noradrenalin ja ja 410 4,5 ja / 8

12 500 1200 Noradrenalin ja ja 190 10,0 nein + 5

13 100 300 nein nein ja 30 2,5 nein - 15

14 100 1200 Noradrenalin ja ja 40 10,0 nein - 16

15 375 600 Noradrenalin, Dobutamin ja ja 85 6,0 nein - 5

16 100 600 nein nein ja 120 7,0 nein + 12

17 200 1000 nein nein ja 164 8,0 nein - 45

Tabelle 9: Eigene Patienten: Therapie und Outcome, Natriumbikarbonat- und Thiaminsubstitution bis zur Rückbildung der Laktatazidose

1 intravenös, 2 Noradrenalin 2 – 20 ml/h, 3 Dobutamin 3 – 9 ml/h, 4 Zeitraum zwischen Diagnose der Laktatazidose und Beginn der Dialyse in Minuten, 5 Differenz eGFR bei Entlassung - eGFR vor der Metformin-assoziierten Laktatazidose; eGFR: geschätzte (estimated) glomeruläre Filtrationsrate nach Chronic Kidney Disease Epide-miology Collaboration (CKD-EPI) - Formel, 6 chronische Nierenkrankheit: Stadium 5 mit Dialysebehandlung, 7 keine Angabe: Wert konnte nicht ermittelt werden, da anamnestisch kein Ausgangswert verfügbar war, 8 Patient verstorben

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40

40

In der Literatur publizierte Fälle 3.2

Die Suche in der Datenbank „Pubmed“ ergab 453 Artikel. Davon wurde ein Artikel ausge-

schlossen, weil er doppelt erschienen war. In 311 Fällen handelte es sich um Artikel, in

denen entweder kein Fall einer MALA beschrieben war (z.B. Reviews, case reports zu

einem anderen Thema oder Studien über den möglichen Wirkmechanismus von Metfor-

min) und/oder keine Laborwerte vorlagen. Diese Artikel wurden von der Untersuchung

ebenfalls ausgeschlossen. Die übrigen 141 Artikel wurden hinsichtlich einer gemessenen

und angegebenen Metforminkonzentration gesichtet. 51 Artikel beinhalteten Fallberichte,

in denen Metforminwerte vorlagen. Von den 51 Artikeln mussten 6 ausgeschlossen wer-

den, weil die Kriterien einer Laktatazidose nicht erfüllt waren, sodass 45 Artikel ausgewer-

tet wurden. In diesen 45 Artikeln wurden insgesamt 200 Fälle einer Laktatazidose nach

Metformineinnahme geschildert. Bei 2 Patienten entwickelte sich die Laktatazidose ohne

Einnahme von Metformin, bei 21 Patienten lag keine Metforminkonzentration vor und in 6

Fällen wurden die Kriterien einer Laktatazidose nicht erfüllt, sodass diese Patienten aus-

geschlossen wurden. Anschließend wurde überprüft, ob bei den verbliebenen 171 Fällen

Doppelpublikationen vorlagen. Stammten Artikel vom gleichen Autor oder einem Co-Autor

eines anderen Fallberichts, wurden die beschriebenen Patienten hinsichtlich Alter, Ge-

schlecht, Tagesdosis, klinischer Symptomatik, pH-Wert, Laktat- und Metforminkonzentra-

tion, Serumkreatinin bei Aufnahme, Therapie und Outcome verglichen. Falls 6 Parameter

verglichen werden konnten und übereinstimmten, wurden die Fälle als Doppelpublikation

dokumentiert und die Patienten nur ein Mal gewertet und erfasst. Jedoch wurde der Inhalt

beider Artikel für die Datenerhebung berücksichtigt. Von den 171 Fällen wurden 8 in mehr

als einem der Artikel veröffentlicht. In die vorliegende Arbeit gingen somit 163 verschiede-

ne Fälle aus 45 Artikeln ein (Abbildung 2 und Tabelle 10).

Von den 163 in der Literatur publizierten Fällen hatten 15 Patienten eine Überdosis Met-

formin in suizidaler Absicht eingenommen und bildeten somit die Gruppe Überdosis. Bei

allen Patienten dieser Gruppe lag die Metforminkonzentration über 5 mg/l. Um die Ver-

gleichbarkeit mit den anderen Gruppen zu erleichtern, wurde daher in den Ergebnistabel-

len bei der Gruppe Überdosis der Zusatz „(Met > 5 mg/l)“ hinzugefügt. Von den übrigen

148 Patienten, die Metformin in therapeutischer Dosis eingenommen hatten, hatten 120

eine Metforminkonzentration > 5 mg/l. Sie bildeten die Gruppe „Met > 5 mg/l“. Bei 28

Patienten lag die Metforminkonzentration ≤ 5 mg/l. Sie bildeten die Gruppe „Met ≤ 5 mg/l“.

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41

41

Abbildung 2: Vorgehensweise bei der Auswahl der bei der Literaturrecherche ge-fundenen Artikel und Kasuistiken und die resultierenden Fallzahlen von 163 Fällen aus 45 Artikeln

453 Artikel Metformin und Laktatazidose

452 Artikel

141 Artikel

51 Artikel

45 Artikel mit 200 Fällen

198 Fälle

177 Fälle

171 Fälle

163 Fälle

8 doppelt publizierte Fälle

6 Fälle ohne Erfüllung der Kriterien einer Laktatazidose

21 Fälle ohne Metforminkonzentration

2 Fälle ohne Metformineinnahme

6 Artikel ohne Erfüllung der Kriterien einer Laktatazidose

90 Artikel ohne Metforminkonzentration

311 Artikel ohne case report

1 Artikel doppelt

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42

42

Quelle Land 1 Fälle insg.4

Fälle erfasst 5 Grund für Ausschluss

Ahmad und Beckett 2002 UK 2 1 1 Al-Abri et al. 2013 USA 3 1 1

al-Jebawi et al. 1998 USA 1 1 Arroyo et al. 2010 USA 1 1

Ashall und Dawes 2008 UK 1 1 Barrueto et al. 2002 USA 1 1 Berner et al. 2002 Deutschland 1 1

Brouwers et al. 2009 Niederlande 1 1 Bruijstens et al. 2008 Niederlande 3 3

Correia und Bronander 2012 USA 1 1

Dawson und Conlon 2003 UK 1 1 Dell'Aglio et al. 2010 USA 1 1

Doorenbos et al. 2001 Niederlande 1 1

Duong et al. 2013 Australien 15 13 1x keine Metforminkonzentration, 1x keine Metformineinnahme

Friesecke et al. 2006 Deutschland 1 1 Giuliani et al. 2010 Italien 1 1

Gudmundsdottir et al. 2006 Norwegen 5 1 4x keine Metforminkonzentration Hermann et al. 1981 UK 1 1 Huberlant et al. 2010 Belgien 1 1

Kalantar-Zadeh et al. 2013 USA 1 1 Keller et al. 2011 Frankreich 6 6

Kreshak und Clark 2010 USA 1 1 Kruse 2001 USA 1 1

Lacher et al. 2005 Deutschland 1 1 Laforest et al. 2013 Frankreich 1 1

Lalau et al. 1987 Frankreich 5 3 2x keine Metforminkonzentration Lalau et al. 1995 Frankreich 14 13 1x LA6-Kriterien nicht erfüllt Lalau et al. 1998 Frankreich 1 1

Lalau und Race 1999 Frankreich 49 37 4x LA-Kriterien nicht erfüllt, 8 Pati-enten doppelt publiziert (6 in Lalau et al. 1995, 2 in Lalau et al. 1987)

Lemyze et al. 2010 Frankreich 1 1 Miller et al. 2011 USA 1 1

Moerer et al. 2004 Deutschland 1 1 Mujtaba et al. 2012 USA 1 1 Panzer et al. 2004 Deutschland 1 1

Pearlman et al. 1996 USA 1 1

Perrone et al. 2011 USA 3 1 1x keine Metforminkonzentration, 1x LA-Kriterien nicht erfüllt

Phillips et al. 1978 Australien 1 1

Protti et al. 2010 Italien 24 12 11x keine Metforminkonzentration 1x keine Metformineinnahme

Reeker et al. 2000 Deutschland 1 1 Rifkin et al. 2011 USA 1 1 Runge et al. 2008 USA 4 3 1x keine Metforminkonzentration Schier et al. 2003 USA 1 1

Tymms und Leatherdale 1988 UK 1 1

van Berlo-van de Laar et al. 2011 Niederlande 16 16

Yeung et al. 2011 China 23 22 1x keine Metforminkonzentration

Tabelle 10: ausgewertete Artikel und Kasuistiken mit Land, in dem sie veröffentlicht wurden

1 Land, in dem der Artikel veröffentlicht wurde; 2 United Kingdom; 3 United States of America; 4 Anzahl aller im Artikel beschriebenen Fälle; 5 Anzahl der Fälle, in denen die Erfassungskriterien erfüllt waren; 6 Laktatazidose

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43

43

Analyse der eigenen Patienten und der in der Literatur publizierten Fälle 3.3

3.3.1 Patientencharakteristik, eingenommene Metformindosis und Dauer der Met-

formineinnahme

Das mittlere Alter betrug bei den eigenen Patienten 74 ± 7 Jahre, in der Gruppe

„Met > 5 mg/l“ 68 ± 11 Jahre und in der Gruppe „Met ≤ 5 mg/l“ 70 ± 10 Jahre. In der

Gruppe Überdosis waren die Patienten mit im Mittel 49 ± 18 Jahren deutlich jünger als in

den anderen Gruppen. In allen Gruppen war der Anteil der Frauen (53 – 61 %) etwas

höher als der Männeranteil.

Alle eigenen Patienten entwickelten die Laktatazidose unter Einnahme einer therapeuti-

scher Metformindosis (1,81 ± 0,4 g/Tag). In einem Fall blieb unklar, ob der Patient 850

oder 1000 mg am Tag eingenommen hatte. Der Patient nahm Metformin ohne ärztliche

Verordnung ein, da das Medikament vom Hausarzt wegen einer CKD3 ein halbes Jahr

vor der Laktatazidose abgesetzt worden war. Die empfohlene Tageshöchstdosis wurde in

allen Fällen eingehalten. Bei 16 Patienten handelte es sich um eine Dauertherapie, die

länger als 3 Monate bestand. In einem Fall war die Metformintherapie innerhalb der letz-

ten 3 Monate vor der Laktatazidose begonnen worden.

In der Gruppe „Met > 5 mg/l“ lagen bei 97 (80,8 %) der 120 Patienten Angaben hinsicht-

lich der eigenommenen Metformindosis vor. Die mittlere Tagesdosis betrug 2,2 ± 0,9 mg/l.

In 91 Fällen wurde die Tageshöchstdosis eingehalten, in 4 Fällen mit 3,4 g/Tag leicht

überschritten. Zwei Patienten nahmen die doppelte Tageshöchstdosis (6 g) ein. In der

Gruppe „Met < 5 mg/l“ lagen bei 25 (89,3 %) von 28 Patienten Angaben hinsichtlich der

eingenommenen Metformindosis vor. Die mittlere Tagesdosis betrug 1,8 ± 0,7 mg/l. Die

Tageshöchstdosis wurde nur bei einem Patienten mit 3,4 g/Tag überschritten.

Hinsichtlich der Dauer der Metformintherapie lagen in den Gruppen „Met > 5 mg/l“ und

„Met < 5 mg/l“ nur in wenigen Einzelfällen Angaben vor. In der Gruppe Überdosis war bei

6 der 15 (40 %) Patienten die eingenommene Metforminmenge angegeben. Die mittlere

Intoxikationsdosis betrug 36,7 ± 24,6 g. Die geringste Metformindosis mit der ein Suizid-

versuch zu einer Laktatazidose führte, betrug 5 g, die höchste 75 g Metformin. In Tabelle

11 sind für die untersuchten Gruppen die Patientencharakteristik sowie die eingenomme-

ne Metformindosis und die Dauer der Metformineinnahme dargestellt.

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44

44

Eigene

Patienten

(Met > 5 mg/l) 1

Literatur „Met > 5 mg/l“ 2

Literatur „Met ≤ 5 mg/l“ 3

Literatur „Überdosis“

(Met > 5 mg/l) 4

Patientenzahl (N) 17 120 28 15

Alter (Jahre)

74 ± 70 5

(71; 62 – 86) N = 17

68 ± 11 (68; 42 – 90)

N = 108

70 ± 10 (65; 40 – 89)

N = 28

49 ± 18 (49; 15 – 74)

N = 15

Geschlecht (N)

w 6 m 7

k.A.8

9 8 0

73 35 12

16 12 0

9 6 0

Dosis/Tag (g) 1,8 ± 0,4

(2,0; 1,0 – 2,5) N = 16

2,2 ± 0,9 (2,0; 0,5 – 6,0)

N = 97

1,8 ± 0,7 (1,7; 0,5 – 3,4)

N = 25 nicht erfasst

Metformindosis (g) bei Suizidversuch

kein Suizid-versuch

kein Suizid-versuch

kein Suizid-versuch

36,7 ± 24,6 (34,1; 5,0 – 75,0)

N = 6

Dauer der Therapie (N)

≤ 3 Mo 9

> 3 Mo10

k.A.

1 16 0

1 4

115

0 1

27 nicht erfasst

Tabelle 11: Patientencharakteristik, Angaben zur eigenommene Metformindosis und Dauer der Metformineinnahme in den untersuchten Gruppen

1 eigene Patienten; alle hatten eine Metforminkonzentration > 5 mg/l, 2 Patienten aus der Literatur mit einer Metforminkonzentration > 5 mg/l, 3 Patienten aus der Literatur mit einer Metforminkon-zentration ≤ 5 mg/l, 4 Patienten aus der Literatur, die eine Überdosis Metformin in suizidaler Absicht eingenommen hatten; alle hatten eine Metforminkonzentration > 5 mg/l, 5 Angaben als Mittelwert ± Standardabweichung, (Median; Range) und Anzahl der in die Berechnung eingegangenen Patien-ten; 6 weiblich, 7 männlich, 8 keine Angabe: die Information wurde nicht angegeben/lag nicht vor, 9 Die Metformintherapie wurde innerhalb der letzten 3 Monate vor Entstehung der Laktatazidose begonnen, 10 Die Metformintherapie wurde vor mehr als 3 Monaten vor Entstehung der Laktatazi-dose begonnen

3.3.2 Beachtung der Kontraindikationen für Metformin

3.3.2.1 Chronische Nierenkrankheit

Bei den eigenen Patienten wurde die Kontraindikation chronische Nierenkrankheit am

häufigsten missachtet. Von den 17 Patienten wurden 12 (71 %) trotz einer CKD3 oder

höher mit Metformin behandelt. Dabei handelte es sich in der Hälfte der Fälle um eine

CKD3b (eGFR 30 – 45 ml/min/1,73 m2). In 5 (42 %) Fällen lag eine CKD3a vor (eGFR

45 – 59 ml/min/1,73 m2). Bei einer Patientin bestand eine dialysepflichtige chronische Nie-

renkrankheit. Nur 5 (29 %) der 17 Patienten hatten eine eGFR ≥ 60 ml/min/1,73 m2, so-

dass die Kontraindikation chronische Nierenkrankheit nicht vorlag (Tabelle 12).

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45

45

In der Gruppe „Met > 5 mg/l“ lagen bei 73 (61 %) der 120 Patienten Informationen für die

Kontraindikation chronische Nierenkrankheit vor. Von den 73 Patienten hatten 49 (67 %)

eine CKD3 oder höher. Von diesen 49 Patienten konnte in 38 Fällen der Schweregrad

der chronischen Nierenkrankheit vor Entstehung der Laktatazidose differenziert werden

(Tabelle 12). In 11 Fällen bestand eine CKD3a, in 16 eine CKD3b. In 9 Fällen lag mit

einer eGFR < 30 ml/min/1,73 m2 eine CKD4 oder 5, in 2 Fällen eine dialysepflichtige

chronische Nierenkrankheit vor. Bei 24 (33 %) der 73 Patienten war die eGFR

≥ 60 ml/min/1,73 m2.

In der Gruppe „Met ≤ 5 mg/l“ konnten bei 14 (50 %) von 28 Patienten Angaben über die

Missachtung der Kontraindikation chronische Nierenkrankheit gemacht werden. Von den

14 Patienten bestand bei 10 (71 %) Patienten eine CKD3 oder höher. Bei 9 dieser 10 Pa-

tienten konnte der Schweregrad der Nierenkrankheit vor Entstehung der Laktatazidose

differenziert werden. Jeweils 4 Patienten hatten eine CKD3a oder CKD3b. Ein Patient litt

unter einer dialysepflichtigen chronischen Nierenkrankheit. Bei 4 der 14 (29 %) Patienten

bestand eine eGFR ≥ 60 ml/min/1,73 m2.

3.3.2.2 Weitere Kontraindikationen

Bei den eigenen Patienten lag in 3 Fällen eine respiratorische Insuffizienz als Kontra-

indikation vor. Eine Herzinsuffizienz wurde bei 2 Patienten als Kontraindikation missach-

tet. In einem Fall wurde die Metformintherapie einen Tag nach einer elektiv durchgeführ-

ten Linksherzkatheteruntersuchung ohne erneute Messung des Kreatininwertes fortge-

setzt. Ein Patient hatte 2 Tage vor Entstehung der Laktatazidose aufgrund gastroenteriti-

scher Beschwerden mit Erbrechen und Diarrhoe seinen Hausarzt aufgesucht. Dieser hat-

te die Metformintherapie trotz bestehender Dehydratation fortgesetzt, sodass die Kontra-

indikation Dehydratation vorlag. Alle anderen Kontraindikationen konnten bei den eigenen

Patienten ausgeschlossen werden (Tabelle 12).

Bei den Patienten der Gruppen „Met > 5 mg/l“ und „Met ≤ 5 mg/l“ lagen hinsichtlich der

Missachtung der Kontraindikationen mit Ausnahme der Kontraindikation chronische Nie-

renkrankheit nur in Einzelfällen Informationen vor (Tabelle 12).

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46

46

Kontraindikation

Eigene Patienten

(Met > 5 mg/l) N = 17

Literatur „Met > 5 mg/l“

N = 120

Literatur „Met ≤ 5 mg/l“

N = 28

Chronische Nierenkrankheit (N)

Ja Nein k.A.1

12 5 0

49 24 47

10 4

14

eGFR nach CKD-EPI 2

(ml/min/1,73 m2) (N)

≥ 60 45 - 59 30 – 44 0 – 29

CKD5D 3

k.A.

5 5 6 0 1 0

24 11 16 9 2

58

4 4 4 0 1

15

Herzinsuffizienz (N)

Ja Nein k.A.

2 15 0

9 1

110

3 1

24

Respiratorische Insuffizienz (N)

Ja Nein k.A.

3 14 0

2 0

118

2 0

26

Kontrastmittel-gabe (N)

Ja Nein k.A.

1 16 0

2 0

118

0 0

28

Leberinsuffizienz (N)

Ja Nein k.A.

0 17 0

3 0

117

0 1

27

Alkoholabusus (N)

Ja Nein k.A.

0 17 0

1 2

117

1 1

26

Dehydratation (N)

Ja Nein k.A.

1 16 0

0 0

120

0 0

28

Sonstige (z.B. Myokardinfarkt, Diabetisches Koma) (N)

Ja Nein k.A.

0 17 0

0 0

120

0 0

28

Tabelle 12: vor der Metformin-assoziierten Laktatazidose bestehende Kontraindikationen für eine Metformintherapie in den untersuchten Gruppen

1 keine Angabe: Diese Information wurde in der Fallbeschreibung nicht angegeben; 2 geschätzte (estimated) glomeruläre Filtrationsrate nach Chronic Kidney Disease Epidemiology Collaboration (CKD-EPI) - Formel, 3 chronische Nierenkrankheit: Stadium 5 mit Dialysebehandlung

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47

47

3.3.3 Potenziell nephrotoxische Vormedikation

Von den 17 eigenen Patienten nahmen 15 (88 %) mindestens einen RAAS-Blocker und

ebenso viele mindestens ein Diuretikum als potenziell nephrotoxische Vormedikation ein.

Vierzehn (82 %) Patienten waren mit RAAS-Blocker und Diuretikum vorbehandelt; davon

7 mit einer Kombination aus Thiazid plus Schleifendiuretikum. In 3 (18 %) Fällen lag min-

destens eine Doppelblockade des Renin-Angiotensin-Aldosteron-Systems vor. Zwei Pati-

enten erhielten NSAR. Von den 12 eigenen Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion

nahm nur ein Patient kein potenziell nephrotoxisches Medikament ein. Die übrigen 11

Patienten hatten alle mindestens 2, 8 Patienten sogar mindestens 3 potenziell nephrotoxi-

sche Medikamente in ihrer Vormedikation (Tabellen 6 + 13). In der Gruppe „Met > 5 mg/l“

lagen bei 28 (23 %) der 120 Patienten Angaben zur Einnahme von potenziell nephrotoxi-

schen Medikamenten vor. Von diesen 28 Patienten nahmen 24 (86 %) Patienten mindes-

tens ein potenziell nephrotoxisches Medikament ein. In der Gruppe „Met ≤ 5 mg/l“ lag nur

in einem Fall eine Information zur Einnahme einer potenziell nephrotoxischen Vormedika-

tion vor (Tabelle 13).

Potenziell nephrotoxische Vormedikation

Eigene Patienten

(Met > 5 mg/l) N = 17

Literatur „Met > 5 mg/l“

N = 120

Literatur „Met ≤ 5 mg/l“

N = 28

RAAS- Blocker (N) Ja

Nein k.A.1

15 2 0

16 8

96

1 0

27

Diuretikum (N) Ja

Nein k.A.

15 2 0

17 10 93

0 1

27

NSAR (N) Ja

Nein k.A.

2 15 0

4 18 98

0 1

27

RAAS-Blocker und/oder Diuretikum und/oder NSAR (N)

Ja Nein k.A.

16 1 0

24 4

92

1 0

27

Tabelle 13: Potenziell nephrotoxische Vormedikation in den untersuchten Gruppen

1 keine Angabe: diese Information wurde in der Fallbeschreibung nicht angegeben

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48

48

3.3.4 Klinische Symptomatik vor Diagnose der MALA

3.3.4.1 Akutes Nierenversagen

Von den 17 eigenen Patienten litten 16 (94 %) zum Zeitpunkt der Laktatazidose unter

einem akuten Nierenversagen mit Schweregrad 3. Bei einer Patientin hatte bereits im

Vorfeld der Laktatazidose eine dialysepflichtige chronische Nierenkrankheit bestanden

(Tabelle 5).

In der Gruppe „Met > 5 mg/l“ lagen bei 109 (91 %) der 120 Patienten Informationen über

die Nierenfunktion zum Zeitpunkt der Laktatazidose vor. Von den 109 Patienten hatten

107 (98 %) Patienten ein akutes Nierenversagen und 2 Patienten eine dialysepflichtige

chronische Nierenkrankheit. In 86 Fällen konnte der Schweregrad des akuten Nierenver-

sagens ermittelt werden. Bei 83 (97 %) Patienten handelte es sich um ein akutes Nieren-

versagen mit Schweregrad 3.

In der Gruppe „Met ≤ 5 mg/l“ konnte bei 17 (61 %) der 28 Patienten die Nierenfunktion

zum Zeitpunkt der Laktatazidose ermittelt werden. Bei 12 (71 %) der 17 Patienten lag ein

akutes Nierenversagen vor. Bei einem Patient hatte schon vor der Laktatazidose eine

dialysepflichtige chronische Nierenkrankheit bestanden.

In der Gruppe „Überdosis“ konnte bei 11 (73 %) der 15 Patienten die Nierenfunktion zum

Zeitpunkt der Laktatazidose ermittelt werden. Von diesen 11 Patienten hatten 7 (64 %) ein

akutes Nierenversagen. Ein Patient hatte bereits im Vorfeld der Laktatazidose unter einer

dialysepflichtigen chronischen Nierenkrankheit gelitten.

3.3.4.2 Weitere klinische Symptome

Von den 17 eigenen Patienten litten 14 (82 %) unter gastrointestinalen Symptomen. In 4

Fällen bestanden die Beschwerden seit über einer Woche. Neurologische Symptome, vor

allem in Form von Schwindel und/oder einer Vigilanzminderung, bestanden bei 11 (65 %)

Patienten. Von den 15 Patienten, bei denen die Körpertemperatur dokumentiert worden

war, hatten 9 (60 %) eine Hypothermie. Die niedrigste Körpertemperatur betrug 30,6° C.

Eine Dehydratation bestand bei 9 (53 %), eine Hypotonie bei 8 (47 %) der 17 Patienten.

In der Gruppe „Met > 5 mg/l“ wurden bei 36 (30 %) der 120 Patienten gastrointestinale,

bei 31 (26 %) Patienten neurologische Symptome, in 25 (21 %) Fällen eine Dehydratation

und bei 21 (18 %) eine Hypotonie aufgeführt. Die Körpertemperatur war bei 23 Patienten

(19 %) angegeben. Bei 16 (70 %) der 23 Patienten lag sie unter 35 °C, sodass eine Hypo-

thermie vorlag. Die niedrigste Temperatur betrug 28 °C (Reeker et al. 2000). In der Grup-

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49

49

pe „Met ≤ 5 mg/l“ fanden sich hinsichtlich der weiteren klinischen Symptome nur in Einzel-

fällen Angaben. In der Gruppe „Überdosis“ wurden bei jeweils 6 (40 %) der 15 Patienten

gastrointestinale und neurologische Symptome beschrieben. Eine Hypotonie bestand bei

keinem der 5 Patienten, bei denen der Blutdruck angegeben war. Hinsichtlich der weite-

ren klinischen Symptome fanden sich nur in Einzelfällen Angaben.

Symptomatik

Eigene Patienten

(Met > 5 mg/l) N = 17

Literatur „Met > 5 mg/l“

N = 120

Literatur „Met ≤ 5 mg/l“

N = 28

Literatur „Überdosis“ (Met > 5 mg/l)

N = 15

Akutes Nieren-versagen 1

(N)

Ja Nein

CKD5D7

k.A.8

16 0 1 0

107 0 2

11

12 4 1

11

7 3 1 4

Gastro-intestinal 2 (N)

Ja Nein k.A.8

14 3 0

36 0

84

1 0

27

6 0 9

Neurologisch 3

(N)

Ja Nein k.A.8

11 6 0

31 5

84

3 0

25

6 0 9

Dehydrata- tion 4 (N)

Ja Nein k.A.8

9 8 0

25 1

94

2 0

26

0 0

15

Hypothermie 5 (N)

Ja Nein k.A.8

9 6 2

16 7

97

0 1

27

1 1

13

Hypotonie 6 (N)

Ja Nein k.A.8

8 9 0

8 13 99

1 1

26

0 5

10

Tabelle 14: klinische Symptomatik zum Zeitpunkt der Vorstellung im Krankenhaus/ vor Diagnose der MALA in den Gruppen

1 Benennung durch Autor oder Erfüllung der KDIGO-Kriterien für akutes Nierenversagen (Kidney Disease: Improving Global Outcomes (KDIGO) Acute Kidney Injury Work Group 2012); 2 Beschreibung mindestens eines der folgenden Symptome: gastrointestinale Symptome, Übelkeit, Appetitlosigkeit, verminderte Nahrungsaufnahme, Bauchschmerzen, Erbrechen oder Durchfall; 3 Beschreibung mindestens eines der folgenden Symptome/Befunde: Sehstörungen, fehlende Corneal- und Pupillenreflexe, Vigilanzstörungen (Somnolenz, Sopor, Koma), Lethargie, Lähmung, Schwindel, verwaschene Sprache und Desorientierung zu Raum, Zeit und/oder Person; 4 Beschreibung mindestens einer der folgenden Befunde: Dehydratation, Exsikkose, trocke- ne Schleimhäute, stehende Hautfalten; 5 Körpertemperatur < 35°C; 6 systolischer Blutdruck < 90 mmHg; 7 chronische Nierenkrankheit: Stadium 5 mit Dialysebehandlung; 8 keine Angabe: Diese Information wurde in der Fallbeschreibung nicht angegeben

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50

3.3.5 Laborwerte

3.3.5.1 Metforminkonzentration

Bei den eigenen Patienten und in der Gruppe „Met > 5 mg/l“ lagen die Mittelwerte der

Metforminkonzentrationen mit 34,5 ± 17,2 mg/l und 44,2 ± 26,8 mg/l weit oberhalb des

therapeutischen Bereichs. Die Spannbreite reichte bei den eigenen Patienten von

17,0 – 74,9 mg/l. In der Gruppe „Met > 5 mg/l“ war sie mit 5,8 – 127,0 mg/l noch weiter.

Da bei 2 Patienten in der Gruppe „Met > 5 mg/l“ die Blutabnahme für die Metformin-

bestimmung während der Dialysebehandlung stattfand, wurden ihre Metforminkonzen-

trationen (19,0 und 25,0 mg/l) nicht für die statische Berechnung berücksichtigt (Protti et

al. 2010). In der Gruppe „Met ≤ 5 mg/l“ betrug die mittlere Metforminkonzentration

2,0 ± 1,5 mg/l. Sie lag somit deutlich unterhalb des toxischen Bereichs von > 5 mg/l

(Schulz et al. 2012). Bei einem Patienten betrug die Metforminkonzentration 5,0 mg/l, bei

einer anderen Patientin lag die Metforminkonzentration mit 0,03 mg/l sogar deutlich unter-

halb des therapeutischen Bereichs (Lalau und Race 1999; van Berlo-van de Laar et al.

2011). Die höchste mittlere Metforminkonzentration wurde in der Gruppe „Überdosis“

ermittelt und betrug 143,4 ± 105,7 mg/l. In der Kasuistik von Rifkin et al. wurde die Met-

forminkonzentration erst nach über 28-stündiger Dialysebehandlung bestimmt (Metfor-

minkonzentration 10,2 mg/l), sodass nur 14 der 15 Werte in die Berechnung eingingen

(Rifkin et al. 2011). Die niedrigste Metforminkonzentration lag in der Gruppe „Überdosis“

bei 20,0 mg/l, die höchste bei 380,0 mg/l. Letztere wurde bei einer Patientin bestimmt, die

30 g Metformin sowie ca. 250 mg Hydrochlorothiazid und 400 mg Lisinopril etwa 30 Minu-

ten vor Verständigung des Notarztes in suizidaler Absicht eingenommen hatte (Arroyo et

al. 2010). In der Gruppe „Überdosis“ war somit die höchste Metforminkonzentration mit

380 mg/l fünfmal höher als die bei den eigenen Patienten gemessene höchste Metformin-

konzentration (74,9 mg/l) und dreimal höher als der Maximalwert in der Gruppe

„Met > 5 mg/l“ mit 127 mg/l.

3.3.5.2 Messparameter der Laktatazidose

In allen Gruppen wurden zum Teil schwerste Laktatazidosen nachgewiesen. Die mittleren

pH-Werte bei Patienten mit einer Laktatazidose nach Einnahme einer therapeutischen

Metformindosis und einer Metforminkonzentration > 5 mg/l betrugen 7,08 ± 0,2 bei den

eigenen Patienten und 6,95 ± 0,23 in der Gruppe „Met > 5 mg/l“. In der Gruppe

„Met > 5 mg/l“ gingen nur 119 statt 120 pH-Werte in die Berechnung ein, da bei einem

Patienten nur die Angabe „< 6,8“ vorlag (Protti et al. 2010). In der Gruppe „Met ≤ 5 mg/l“

war der mittlere pH-Wert mit 7,08 ± 0,19 ähnlich niedrig wie bei den eigenen Patienten

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51

(p = 0,888), jedoch höher als bei den Patienten der Gruppe „Met > 5 mg/l“ (p = 0,006).

Von den Patienten, die eine Laktatazidose nach Einnahme einer therapeutischen Dosis

Metformin entwickelt hatten, war die mittlere Laktatkonzentration in der Gruppe

„Met > 5 mg/l“ mit 16,7 ± 7,2 mmol/l am höchsten. In der Gruppe „Met ≤ 5 mg/l“ war der

Mittelwert der Laktatkonzentration mit 13,9 ± 5,4 mmol/l etwas geringer (p = 0,068). Da in

dieser Gruppe in einem Fall kein konkreter Laktatwert angegeben war („Laktat > 13“),

gingen nur 27 statt 28 Laktatwerte in die Berechnung ein (Lalau und Race 1999).

Die niedrigste mittlere Laktatkonzentration wurde bei den eigenen Patienten gemessen.

Sie lag mit 11,1 ± 5,0 mmol/l leicht unter der mittleren Laktatkonzentration der Gruppe

„Met ≤ 5 mg/l“ (p = 0,096), jedoch ebenfalls weit oberhalb des Normbereichs. Der

höchste Laktatwert wurde in der Gruppe „Met > 5 mg/l“ gemessen. Er betrug 45,3 mmol/l

und lag somit deutlich über den höchsten gemessen Laktatkonzentrationen in den

Gruppen Eigene Patienten (21,0 mmol/l) und „Met ≤ 5 mg/l“ (28,0 mmol/l). In der Gruppe

„Überdosis“ lagen sowohl die pH-Werte mit im Mittel 7,02 ± 0,20 als auch die Laktat-

konzentration mit im Mittel 16,9 ± 7,9 mmol/l in den Bereichen, die in den anderen

Gruppen gemessen wurden. In die Berechnung der mittleren Laktatkonzentration gingen

nur 13 statt 15 Messwerte ein, da in zwei Fällen nur die Angabe „Laktatkonzentration

> 20 mmol/l“ gemacht worden war (Miller et al. 2011; Rifkin et al. 2011).

Die Bikarbonatkonzentration war bei den eigenen Patienten mit im Mittel 10,0 ± 4,6 mmol/l

deutlich reduziert. In der Gruppe „Met > 5 mg/l“ war nur bei 43 (36 %) der 120 Patienten

und in der Gruppe „Überdosis“ bei 7 (47 %) der 15 Patienten eine Bikarbonatkonzentra-

tion angegeben. Die Bikarbonatkonzentration war in beiden Gruppen ebenfalls deutlich

erniedrigt (Tabelle 15). In der Gruppe „Met ≤ 5 mg/l“ war die Bikarbonatkonzentration nur

in 2 Fällen angegeben.

3.3.5.3 Parameter der Nierenfunktion und Serumelektrolyte

Die Kreatininkonzentration im Serum zum Zeitpunkt der Laktatazidose war bei den eige-

nen Patienten und in der Gruppe „Met > 5 mg/l“ mit 8,4 ± 4,5 mg/dl bzw. 7,3 ± 3,2 mg/dl

deutlich höher als in den Gruppen „Met ≤ 5 mg/l“ (2,2 ± 1,3 mg/dl) und „Überdosis“

(3,3 ± 2,7 mg/dl). Bei den eigenen Patienten war die Anionenlücke mit einem Mittelwert

von 25,1 ± 6,2 (13/17) und einem Höchstwert von 35,3 zum Teil stark vergrößert. Eine

Hyperkaliämie bis 7,6 mmol/l bestand bei 14 (82 %) der 17 eigenen Patienten, eine Hy-

ponatriämie lag in 7 (41 %) Fällen vor (Tabelle 15). Für Anionenlücke, Serumnatrium und

-kalium fanden sich in den Gruppen „Met > 5 mg/l“, „Met ≤ 5 mg/l“ und „Überdosis“ nur in

wenigen Fällen Angaben.

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Eigene Patienten

(Met > 5 mg/l) N = 17

Literatur „Met > 5 mg/l“

N = 120

Literatur „Met ≤ 5 mg/l“

N = 28

Literatur „Überdosis“ (Met > 5 mg/l)

N = 15

Metformin-konzentration (mg/l)

34,5 ± 17,2 (32,0; 17,0 – 74,9)

N = 17 1

44,2 ± 26,8 (41,0; 5,8 – 127,0)

N = 118

2,0 ± 1,5 (2,1; 0,03 – 5,0)

N = 28

143,4 ± 105,7 (130,0; 20,0 – 380,0)

N = 14

pH-Wert 7,08 ± 0,20

(7,10; 6,71 – 7,34) N = 17

6,95 ± 0,23 (7,00; 6,39 – 7,34)

N = 119

7,08 ± 0,19 (7,10; 6,63 – 7,33)

N = 28

7,02 ± 0,20 (7,10; 6,59 – 7,29)

N = 15

Laktatkon-zentration (mmol/l)

11,1 ± 5,0 (10,9; 5,2 – 21,0)

N = 17

16,7 ± 7,2 (15,9; 5,5 – 45,3)

N = 120

13,9 ± 5,3 (12,7; 5,8 – 28,0)

N = 27

16,0 ± 7,9 (12,9; 6,4 – 29,9)

N = 13

Bikarbonat-konzentration (mmol/l)

10,0 ± 4,6 (10,1; 3,6 – 20,4)

N = 17

6,4 ± 5,1 (5,0; 1,0 – 19,0)

N = 43

17,0; 20,0 N = 2

9,9 ± 5,9 (8,0; 3,0 – 17,0)

N = 7

Base Excess (mmol/l)

-19 ± 7 (-18; -6 – -32)

N = 17

-29 ± 6 (-29; -18 – -38)

N = 14 N = 0 -20; -37

N = 2

Anionenlücke 25,1 ± 6,2

(25,8; 12,9 – 35,3) N = 13

39,0 ± 11,8 (39,4; 18,1 – 67,3)

N = 16

21,0; 27,3 N =2

31,0 N = 1

Natriumkon-zentration (mmol/l)

135 ± 8 (137; 114 – 143)

N = 17

138 ± 5 (136; 131 – 147)

N = 15

138 N = 1

143 N = 1

Hypo-natriämie

0,41 (7/17) 2

0,40 (6/15) 0/1 0/1

Kalium-konzentration (mmol/l)

5,8 ± 1,2 (6,0; 3,1 – 7,6)

N = 17

6,3 ± 1,2 (6,7; 3,6 – 9,0)

N = 24

4,4 N = 1

5,0 N = 1

Hyper- kaliämie

0,82 (14/17) 2

0,79 (19/24) 0/1 0/1

Kreatinin-konzentration (mg/dl)

8,4 ± 4,5 (8,2; 2,4 – 17,9)

N = 17

7,3 ± 3,2 (7,2; 1,5 – 22,6)

N = 112

2,2 ± 1,3 (1,8; 0,5 – 6,2)

N = 28

3,3 ± 2,7 (1,9; 0,7 – 9,2)

N = 11

Leukozyten/ nl

19,4 ± 13,8 (14,3 6,5 – 56,6)

N = 17

23,7 ± 8,2 (24,6; 12,3 – 39,0)

N = 16

12,0 N = 1

31,5 N = 1

CRP-Konzentration (mg/dl)

7,2 ± 11,2 (4,4; 0,1 – 48,4)

N = 17

0,5; 0,6; 2,4; 3,0 N = 4 N = 0 N = 0

Tabelle 15: Laborwerte zum Zeitpunkt der Laktatazidose in den untersuchten Gruppen

1 Angaben als Mittelwert ± Standardabweichung, (Median; Range) und Anzahl der in die Berech-nung eingegangenen Patienten; 2 Angabe als relative Häufigkeit

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53

53

3.3.5.4 Infektparameter

Von den 17 eigenen Patienten hatten 14 (82 %) zum Zeitpunkt der Aufnahme erhöhte

Infektparameter. Die Leukozytenzahl/nl lag im Mittel bei 19,4 ± 13,8, das CRP bei

7,24 ± 11,22 mg/dl (Tabelle 15). Für die Patienten der anderen Gruppen lagen nur in

Einzelfällen Angaben über die Höhe der Infektparameter vor.

3.3.5.5 Thiaminkonzentration

Die Thiaminkonzentration im Blut wurde bei allen 17 eigenen Patienten bestimmt. In

einem Fall erfolgte die Messung jedoch erst nach der ersten Thiamingabe. Bei den

übrigen 16 Patienten lag der Thiaminwert in 15 Fällen im Normbereich. Ein Thiaminman-

gel wurde mit einem Wert von 5 ng/ml bei einer Patientin nachgewiesen. In den Gruppen

„Met > 5 mg/l“, „Met ≤ 5 mg/l“ und „Überdosis“ war bei keinem Patienten eine Thiamin-

konzentration angegeben.

3.3.6 Differenzialdiagnosen

Bei den eigenen Patienten waren eine primäre kardio-respiratorische Insuffizienz und eine

Sepsis die mit Abstand häufigsten Differenzialdiagnosen. Eine primäre kardio-respirato-

rische Insuffizienz war bei 8 (47 %) der 17 Patienten, eine Sepsis in 7 (41 %) Fällen mög-

liche Ursache der Laktatazidose. Ausgeschlossen werden konnte eine primäre kardio-

respiratorische Insuffizienz bei den eigenen Patienten in 9 Fällen. Dabei erfolgte der Aus-

schluss der Differenzialdiagnose bei 4 Patienten durch Anwendung der Ausschlusskrite-

rien für die eigenen Patienten. Eine Sepsis konnte in 10 Fällen ausgeschlossen werden,

davon in 6 Fällen, weil sich die Laktatazidose ohne bzw. vor der Gabe eines Antibiotikums

zurückgebildet hatte.

Ein Thiaminmangel wurde bei 15 (88 %) Patienten laborchemisch ausgeschlossen. In

einem Fall lag ein deutlicher Thiaminmangel vor, sodass der Thiaminmangel eine mögli-

che Ursache der Laktatazidose war. Die Patientin hatte im Vorfeld des Krankenhausauf-

enthaltes 2 Wochen unter Diarrhoe und Erbrechen gelitten. In einem Fall erfolgte die erste

Thiamingabe vor der Bestimmung der Thiaminkonzentration, sodass auch bei diesem

Patienten differenzialdiagnostisch ein Thiaminmangel nicht auszuschließen war.

Eine Hämorrhagie wurde bei 16 (94 %) der 17 eigenen Patienten als mögliche Ursache

der Laktatazidose ausgeschlossen. Ein Patient (Patient 10) hatte bei einem Hämoglobin-

Wert von 7,4 g/dl und bestehender Hypotonie 2 Erythrozytenkonzentrate transfundiert

bekommen, sodass differenzialdiagnostisch eine Hämorrhagie vorlag.

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54

54

Ein akutes Leberversagen, eine schwere mesenteriale Ischämie sowie eine Intoxikation

mit einer anderen Substanz als Metformin wurden bei allen eigenen Patienten als Diffe-

renzialdiagnose ausgeschlossen.

Bei 5 eigenen Patienten konnten alle anderen Ursachen für die Laktatazidose ausge-

schlossen werden, sodass Metformin einziger kausaler Faktor der Laktatazidose war

(Tabelle 6).

Differenzialdiagnosen

Eigene Patienten

(Met > 5 mg/l) N = 17

Literatur „Met > 5 mg/l“

N = 120

Literatur „Met ≤ 5 mg/l“

N = 28

Literatur „Überdosis“ (Met > 5 mg/l)

N = 15

Primäre kardio-respiratorische Insuffizienz (N)

Ja Nein k.A.1

8 9 0

29 20 71

7 1

20 nicht erfasst

Sepsis (N) Ja

Nein k.A.

7 10 0

15 32 73

6 1

21 nicht erfasst

Akutes Leberversagen (N)

Ja Nein k.A.

0 17 0

7 10

103

9 0

19 nicht erfasst

Hämorrhagie (N)

Ja Nein k.A.

1 16 0

4 16

100

4 1

23 nicht erfasst

Schwere Mesenteriale Ischämie (N)

Ja Nein k.A.

0 17 0

1 19

100

2 0

26 nicht erfasst

Thiaminmangel (N)

Ja Nein k.A.

2 15 0

2 0

118

0 0

28 nicht erfasst

Intoxikation mit anderer Substanz (N)

Ja Nein k.A.

0 17 0

2 6

112

0 0

28

0 4

11

Tabelle 16: Differenzialdiagnosen in den untersuchten Gruppen

1 keine Angabe: diese Information wurde in der Fallbeschreibung nicht angegeben

Bei den in der Literatur beschriebenen Patienten der Gruppen „Met > 5 mg/l“ und

„Met ≤ 5 mg/l“ mg/l wurde vom Autor in weit über 50 % der Fälle keine Aussage darüber

gemacht, ob bzw. welche Differenzialdiagnosen als Ursache der Laktatazidose vorlagen.

Aufgrund fehlender Informationen konnten in der Mehrzahl der Fälle auch die übrigen

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55

55

Erfassungskriterien (z.B. Sepsiskriterien) nicht angewandt werden. Damit war – im

Gegensatz zum eigenen Patientenkollektiv – eine aussagekräftige Bewertung über die

Häufigkeit der einzelnen Differenzialdiagnosen in diesen beiden Patientengruppen nicht

möglich (Tabelle 16). In den Gruppen „Met > 5 mg/l“ und „Met ≤ 5 mg/l“ war es aufgrund

der lückenhaften Datenlage bei keinem einzigen Patienten möglich, über das Bestehen

jeder einzelnen Differenzialdiagnose eine Aussage zu treffen. Folglich gab es in diesen

beiden Gruppen keinen Patienten, bei dem alle anderen möglichen Ursachen einer

Laktatazidose ausgeschlossen werden konnten.

In der Gruppe „Überdosis“ konnte die einzige mögliche Differenzialdiagnose, die Intoxi-

kation mit einer anderen Substanz, bei 4 (27 %) der 15 Patienten beurteilt werden, weil

bei diesen Patienten ein Drogenscreening durchgeführt worden war. In diesen 4 Fällen

konnte eine Intoxikation mit einer anderen Substanz als Metformin als Ursache der

Laktatazidose ausgeschlossen werden, sodass Metformin einziger kausaler Faktor der

Laktatazidose war (Arroyo et al. 2010; Dell'Aglio et al. 2010; Miller et al. 2011; Perrone et

al. 2011).

3.3.7 Patienten mit MILA

Eine Metformin-induzierte Laktatazidose (MILA) besteht, wenn Metformin kausaler Faktor

der Laktatazidose ist. Bei 5 eigenen Patienten (4 Frauen, 1 Mann) und 4 Patienten der

Gruppe „Überdosis“ (3 Frauen, 1 Mann) konnten alle bekannten Differenzialdiagnosen

ausgeschlossen werden, sodass anzunehmen ist, dass Metformin alleinige Ursache der

Laktatazidose war und damit eine MILA vorlag. Das Alter der 5 eigenen Patienten betrug

im Mittel 69 ± 7 Jahre (67; 62 – 81 Jahre), bei den 4 Patienten der Gruppe „Überdosis“

45 ± 5 Jahre (45; 40 – 49 Jahre). Bei den eigenen Patienten war in 3 der 5 Fälle eine

CKD3, in einem eine dialysepflichtige chronische Nierenkrankheit als Kontraindikation

missachtet worden. Bei einem Patienten bestand keine Kontraindikation für die Metformin-

therapie. Vier der 5 Patienten hatten ein akutes Nierenversagen. Alle eigenen Patienten

waren mit mindestens einem RAAS-Blocker, 4 Patienten mit einem Diuretikum vorbehan-

delt (Tabelle 5).

Als klinische Zeichen der MILA bestanden bei den 5 eigenen Patienten gastrointestinale

Symptome in 4 Fällen, neurologische Symptome, eine Hypotonie und eine Hypothermie

in jeweils 2 Fällen. Bei einem Patienten war keine Temperaturmessung erfolgt. In der

Gruppe „Überdosis“ wurden als klinische Zeichen der MILA bei jeweils 2 der 4 Patienten

gastrointestinale und neurologische Symptome, bei einem Patienten eine Hypothermie

beschrieben. In den übrigen Fällen lagen keine Angaben zu diesen Symptomen vor. Bei 3

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56

56

der 4 Patienten bestand keine Hypotonie. In einem Fall war kein Blutdruck angegeben.

Alle Patienten hatten ein akutes Nierenversagen. Bei den eigenen Patienten betrug

der pH-Wert im Mittel 7,08 ± 0,21 (7,05; 6,78 – 7,28), die mittlere Laktatkonzentration

9,6 ± 4,1 mmol/l (8,0; 5,6 – 14,0 mmol/l). In der Gruppe „Überdosis“ lagen der pH-Wert

im Mittel bei 6,88 ± 0,25 (6,88; 6,59 – 7,18) und die mittlere Laktatkonzentration bei

20,2 ± 10,2 mmol/l (21,0; 9,6 – 29,9 mmol/l). Die Metforminkonzentration betrug bei den

eigenen Patienten im Mittel 37,8 ± 16,8 mg/l (40,9; 13,4 – 59,3 mg/l), in der Gruppe

„Überdosis“ 195,3 ± 126,9 mg/l (155,0; 91,0 – 380,0 mg/l).

Von den 5 eigenen Patienten erhielten alle Thiamin, 4 Natriumbikarbonat und ein Patient

Katecholamine. Vier Patienten wurden dialysiert, ein Patient wurde maschinell beatmet

(Tabelle 9). Von den 4 Patienten der Gruppe „Überdosis“ erhielten alle Natriumbikarbonat

und 3 Patienten Katecholamine. Alle Patienten wurden dialysiert und maschinell beatmet.

Von den eigenen Patienten verstarb keiner, in der Gruppe „Überdosis“ verstarben 2 der 4

Patienten.

3.3.8 Therapie

Bei 16 (94 %) der 17 eigenen Patienten wurde eine intermittierende Hämodialysebehand-

lung für eine Dauer von im Mittel 7,6 ± 2,5 Stunden (7,5; 2,5 – 12,5 Stunden) durchge-

führt. Die Dialysebehandlung begann in 14 Fällen innerhalb von 4 Stunden nach Diagno-

se der Laktatazidose, davon achtmal innerhalb von 120 Minuten nach Diagnosestellung.

Bei 2 Patienten wurde darüber hinaus ein kontinuierliches Dialyseverfahren angewendet

(Patienten 12, 14). Eine Patientin wurde nicht dialysiert, sondern nur mit Vollelektrolytlö-

sung, Thiamin und Bikarbonat behandelt (Patient 8, Tabelle 9).

Durch die intermittierende Dialysebehandlung wurde die Metforminkonzentration von im

Mittel 35,8 ± 17,8 mg/l auf 10,7 ± 4,3 mg/l am Behandlungsende gesenkt. Sie lag bei 14

der 15 Patienten am Behandlungsende immer noch deutlich oberhalb des therapeuti-

schen Bereichs (Abbildung 3, Tabelle 8). Bei einer Patientin wurde keine Metforminkon-

zentration am Behandlungsende bestimmt (Patient 11). Im Verlauf der Dialysebehand-

lungen fiel auch die Laktatkonzentration in 13 Fällen rasch ab (Abbildung 4). Im Mittel

bildete sich die Laktatazidose innerhalb von 7,5 Stunden nach Beginn der Dialysebehand-

lung zurück. Von den 3 Patienten, bei denen die Laktatkonzentration im Verlauf der Dialy-

sebehandlung nicht effektiv gesenkt werden konnte, wurde in einem Fall die Dialyse bei

einer Laktatkonzentration von 6,4 mmol/l beendet (Patient 13). Die Laktatkonzentration

fiel jedoch ohne weitere Dialysebehandlung innerhalb der nächsten 8 Stunden auf

3,9 mmol/l ab. In 2 Fällen gelang es nicht, die Laktatazidose zu beheben (Abbildung 4).

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57

57

Eine Patientin wurde unter der ersten Hämodialyse reanimationspflichtig, sodass die Dia-

lysebehandlung abgebrochen werden musste (Patient 11). Die Patientin verstarb kurze

Zeit darauf. Bei einer anderen Patientin lehnte die Betreuerin die Fortsetzung der Hämo-

dialysebehandlung mit Hinweis auf das hohe Alter und die schweren Vorerkrankungen der

Patientin ab. Die Laktatkonzentration lag zu diesem Zeitpunkt noch bei 11,6 mmol/l. Die

Patientin verstarb 10 Stunden nach Beendigung der Dialyse (Patient 9). Bei 4 Patienten

kam es nach Abschluss der ersten Dialyse zum Wiederanstieg der Metforminkonzentra-

tion um bis zu 3,6 mg/l (Patienten 2, 4, 5, 10). Dies hatte jedoch keinen erneuten Anstieg

der Laktatkonzentration zur Folge.

In der Gruppe „Met > 5 mg/l“ wurden 67 (89 %) der 75 Patienten, in der Gruppe

„Met ≤ 5 mg/l“ 7 (54 %) der 13 Patienten, bei denen hinsichtlich der Durchführung einer

Dialysebehandlung Angaben gemacht wurden, dialysiert. In der Gruppe „Überdosis“ wur-

de bei allen 15 Patienten eine Dialysebehandlung durchgeführt. Im Gegensatz zu den

eigenen Patienten wurde bei den in der Literatur beschriebenen Patienten in der Mehrzahl

ein kontinuierliches Dialyseverfahren angewendet (Tabelle 17).

Allen 17 eigenen Patienten wurde vor und im Verlauf der ersten Dialysebehandlung

wiederholt Thiamin hochdosiert intravenös verabreicht, wodurch die Thiaminkonzentration

im Plasma auf 660 ng/ml – 8240 ng/ml anstieg (Tabelle 8). Bei den eigenen Patienten

wurden in 16 (94 %) Fällen Natriumbikarbonat (100 – 750 mmol) und in 11 (65 %) Fällen

Katecholamine intravenös verabreicht. Eine maschinelle Beatmung wurde bei 9 (53 %)

Patienten durchgeführt (Tabelle 9).

Bei den in der Literatur beschriebenen Patienten waren die Angaben hinsichtlich einer

Katecholamintherapie, der intravenösen Gabe von Natriumbikarbonat und Thiamin sowie

einer maschinellen Beatmung in allen Gruppen sehr lückenhaft (Tabelle 17).

In über der Hälfte der Fälle war nicht zu beurteilen, ob die jeweilige Therapie nicht durch-

geführt oder nur nicht erwähnt wurde (Tabelle 17). Somit blieb unklar, wie häufig diese

Therapiemaßnahmen in den jeweiligen Gruppen angewandt wurden.

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58

58

Abbildung 3: Metforminkonzentration unter der ersten Hämodialysebehandlung bei den eigenen Patienten

Abbildung 4: Blutlaktatkonzentration unter der ersten Hämodialysebehandlung bei den eigenen Patienten

0

10

20

30

40

50

60

70

80

0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13

Met

form

inko

nzen

trat

ion

(mg/

l)

Dauer der intermittierenden Dialyse (h)

Pat 1 Pat 2 Pat 3 Pat 4 Pat 5 Pat 6 Pat 7 Pat 9 Pat 10 Pat 11 Pat 12 Pat 13 Pat 14 Pat 15 Pat 16 Pat 17

0

2

4

6

8

10

12

14

16

18

20

0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13

Lakt

atko

nzen

trat

ion

(mm

ol/l)

Dauer der intermittierenden Dialyse (h)

Pat 1 Pat 2 Pat 3 Pat 4 Pat 5 Pat 6 Pat 7 Pat 9 Pat 10 Pat 11 Pat 12 Pat 13 Pat 14 Pat 15 Pat 16 Pat 17

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59

59

Therapie Eigene

Patienten (Met > 5 mg/l)

N = 17

Literatur „Met > 5 mg/l“

N = 120

Literatur „Met ≤ 5 mg/l“

N = 28

Literatur „Überdosis“ (Met > 5mg/l)

N = 15

Dialyse (N) Ja

Nein k.A.1

16 1 0

67 8

45

7 6

15

15 0 0

Erste Dialyse (N)

Intermittierend Kontinuierlich

Peritoneal k.A.

16 0 0 0

24 37 2 4

3 4 0 0

6 8 0 1

Katecholamine i.v. 2 (N)

Ja Nein k.A.

11 6 0

42 2

76

4 2

22

7 0 8

Maschinelle Beatmung (N)

Ja Nein k.A.

9 8 0

28 2

90

4 1

23

7 0 8

Natrium-bikarbonat i.v. (N)

Ja Nein k.A.

16 1 0

26 0

94

0 0

28

7 0 8

Thiamin i.v. (N)

Ja Nein k.A.

17 0 0

2 0

118

0 0

28

1 0

14

Tabelle 17: Therapie der Laktatazidose in den untersuchten Gruppen

1 keine Angabe: diese Information wurde in der Fallbeschreibung nicht angegeben, 2 intravenös

3.3.9 Outcome

3.3.9.1 Mortalität

Die Mortalität war bei den Patienten, die eine Laktatazidose unter einer therapeutischen

Dosis von Metformin entwickelt hatten, in der Gruppe „Met ≤ 5 mg/l“ mit 61 % am

höchsten. Sie war bei den eigenen Patienten mit 23,5 % (p = 0,015) und in der Gruppe

„Met > 5 mg/l“ mit 28,3 % (p = 0,001) deutlich niedriger.

In der Gruppe „Überdosis“ lag die Mortalität bei 26,7 %. Sie war somit ähnlich hoch wie

bei den anderen Patienten mit einer Metforminkonzentration > 5 mg/l (Abbildung 5).

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60

Abbildung 5: Mortalität in den untersuchten Gruppen

3.3.9.2 Vergleich Überlebende versus Verstorbene

Im Hinblick auf den pH-Wert bestand in allen Gruppen im Mittel kein wesentlicher Unter-

schied zwischen den Überlebenden und den Verstorbenen.

In den Gruppen „Met > 5 mg/l“ und „Met ≤ 5 mg/l“ waren die Laktatkonzentrationen im

Mittel bei den Überlebenden und Verstorbenen ähnlich hoch. Bei den eigenen Patienten

und in der Gruppe „Überdosis“ war die Blutlaktatkonzentration im Mittel bei den Überle-

benden niedriger als bei den Verstorbenen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass in beiden

Gruppen die Zahl der Verstorbenen mit jeweils 4 Patienten gering war.

Die Metforminkonzentration war bei den eigenen Patienten bei den Überlebenden höher

als bei den Verstorbenen. In allen anderen Gruppen war die Metforminkonzentration bei

den Überlebenden niedriger als bei den verstorbenen Patienten. Die höchste Metformin-

konzentration eines Überlebenden betrug 267,0 mg/l. Es handelte sich dabei um eine

Patientin, die 75 g Metformin in suizidaler Absicht eingenommen hatte (Al-Abri et al.

2013). In der Gruppe „Met > 5 mg/l“ waren die höchste Metforminkonzentration eines

Überlebenden und eines Verstorbenen fast identisch (127 mg/l versus 125 mg/l).

23,5 28,3

60,7

26,7

0

20

40

60

80

100

Eigene Patienten Met > 5 mg/l

Literatur "Met > 5 mg/l"

Literatur "Met ≤ 5 mg/l"

Literatur "Überdosis" Met > 5 mg/l

Mor

talit

ät (

%)

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61

Das Alter der Überlebenden und der Verstorbenen war in allen Gruppen im Mittel ähnlich.

Der älteste Überlebende war in allen vier Gruppen älter als der älteste Verstorbene.

In allen Gruppen wurden zum Teil schwerste Laktatazidosen mit pH-Werten von 6,4 bis

6,7 überlebt. Die höchste Laktatkonzentration eines Überlebenden lag zwischen

18,5 mmol/l bei den eigenen Patienten und 45,3 mmol/l in der Gruppe „Met > 5 mg/l“

(Tabelle 18).

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Eigene Patienten

(Met > 5 mg/l)

Literatur „Met > 5 mg/l“ Literatur „Met ≤ 5 mg/l“ Literatur „Überdosis“

(Met > 5 mg/l)

Überlebende

N = 13

Verstorbene

N = 4

Überlebende

N = 86

Verstorbene

N = 34

Überlebende

N = 11

Verstorbene

N = 17

Überlebende

N = 11

Verstorbene

N = 4

Metformin-konzentra-tion (mg/l)

37 ± 18 (40; 13 – 75)

N = 13 1

25 ± 10 (21; 18 – 40)

N = 4

38 ± 23 (32; 7 – 127)

N = 77

52 ± 32 (54; 6 – 125)

N = 31

2 ± 1 (1; 0,4 – 3)

N = 11

2 ± 2 (2; 0,03 – 5)

N = 17

110 ± 82 (82; 20 – 267)

N = 10

228 ± 123 (211; 110 – 380)

N = 4

pH-Wert 7,1 ± 0,2

(7,2; 6,7 – 7,3) N = 13

7,1 ± 0,2 (7,1; 6,9 – 7,3)

N = 4

6,95 ± 0,23 (6,9; 6,4 – 7,3)

N = 86

6,9 ± 0,2 (7,0; 6,4 – 7,3)

N = 33

7,1 ± 0,3 (7,1; 6,6 – 7,3)

N = 11

7,1 ± 0,1 (7,1; 6,9 – 7,3)

N = 17

7,0 ± 0,2 (7,1; 6,6 – 7,3)

N = 11

7,0 ± 0,2 (7,1; 6,9 – 7,2)

N = 4

Laktatkon-zentration (mmol/l)

10,1 ± 4,1 (8,4; 5,4 – 18,5)

N = 13

14,4 ± 6,9 (15,7; 5,2 – 21,0)

N = 4

16,7 ± 7,6 (15,9; 5,5 – 45,3)

N = 86

16,6 ± 6,1 (16,1; 6,6 – 30,0)

N = 34

13,0 ± 6,2 (11,0; 5,8 – 23,2)

N = 11

14,6 ± 4,9 (12,7; 9,0 – 28,0)

N = 16

14,1 ± 7,5 (12,7; 6,4 – 29,9)

N = 9

20,4 ± 7,8 (21,9; 9,6 – 28,1)

N = 4

Alter (Jahre)

73 ± 7 (71; 62 – 86)

N = 13

76 ± 7 (75; 69 – 84)

N = 4

67 ± 10 (67; 45 – 90)

N = 77

70 ± 11 (72; 42 – 86)

N = 31

69 ± 15 (70; 40 – 89)

N = 11

71 ± 7 (72; 58 – 80)

N = 17

49 ± 21 (49; 15 – 74)

N = 11

48 ± 8 (46; 40 – 58)

N = 4

Tabelle 18: Metforminkonzentration, pH-Wert, Laktatkonzentration und Alter der Überlebenden und Verstorbenen in den untersuchten Gruppen

1 Angaben als Mittelwert ± Standardabweichung, (Median; Range) und Anzahl der in die Berechnung eingegangenen Patienten

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63

63

4 Diskussion

Einteilung der Patientenkollektive 4.1

Die Laktatazidose als schwerwiegendste Nebenwirkung einer Metformintherapie wird

noch immer kontrovers diskutiert, obwohl Metformin seit Jahrzehnten in der Therapie des

Typ-2-Diabetes eingesetzt wird. So kamen Salpeter et al. in ihrer Cochrane Analyse zu

dem Ergebnis, dass die Inzidenz für eine Laktatazidose unter Metformintherapie im Ver-

gleich zu Diabetikern, die kein Metformin nehmen, nicht erhöht ist (Salpeter et al. 2010).

Auch Lalau und Race schlussfolgerten in einer Studie, in der sie den Zusammenhang von

Metformin und Laktatazidose untersuchten, dass andere Faktoren als Metformin für die

Entstehung einer Laktatazidose nötig sind (Lalau und Race 2000). Im Gegensatz dazu

kamen Protti et al. in ihrer Untersuchung von 24 Patienten mit Laktatazidose unter Met-

formin- (N = 23) und Phenformintherapie (N = 1) zu dem Ergebnis, dass Metformin eine

schwere Laktatazidose induzieren kann (Protti et al. 2010). Ein Problem bei der Beurtei-

lung des kausalen Zusammenhangs zwischen Laktatazidose und Metformin ist die unter-

schiedliche Qualität der Fallberichte, Sammelstatistiken und Studien zum Thema Laktat-

azidose und Metformin. So werden Patienten miteinander verglichen, obwohl nicht in allen

Fällen die Kriterien für eine Laktatazidose erfüllt sind bzw. keine Metforminkonzentration

bestimmt wurde. Kajbaf und Lalau untersuchten die Qualität der Berichte zum Thema

MALA in der Pharmakovigilanz-Datenbank von Merck Serono zwischen Januar 1995 und

August 2010. Eine Laktatazidose lag bei 41,3 % der 869 Berichte vor. Die Metforminkon-

zentration war in 13,9 % der Fälle bestimmt worden. Nur in 10,4 % der Fälle waren so-

wohl die Kriterien für eine Laktatazidose erfüllt als auch eine Metforminkonzentration

angegeben (Kajbaf und Lalau 2013). Beide Kriterien sind jedoch Voraussetzung, um eine

MALA sicher diagnostizieren zu können. Auch in der Studie von Protti et al. wurde nur bei

12 der 23 Patienten die Metforminkonzentration gemessen (Protti et al. 2010).

In die vorliegende Arbeit wurden deswegen nur Patienten eingeschlossen, bei denen

sowohl die Metforminkonzentration im Serum bestimmt als auch eine Laktatazidose

laborchemisch nachgewiesen worden war. Die Kollektive der eigenen und der in der Lite-

ratur beschriebenen Patienten wurden separat analysiert, da bei den eigenen Patienten

umfassendere Informationen vorlagen, die eine detailliertere Untersuchung des Kollektivs

ermöglichten. Alle eigenen Patienten hatten die Laktatazidose unter Einnahme einer

therapeutischen Dosis Metformin entwickelt. Die Einteilung der in der Literatur beschrie-

benen und in der vorliegenden Arbeit ausgewerteten Patienten erfolgte anhand der

Metforminkonzentration in die Gruppen „Met ≤ 5 mg/l“ und „Met > 5 mg/l“. Sie wurde vor-

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64

genommen, weil in kontrollierten klinischen Studien, in denen keine Laktatazidose auftrat,

auch bei maximaler Dosierung keine Metforminkonzentration > 5 mg/l gemessen wurde

(Lipska et al. 2011; Sandoz 2014). Daher ist davon auszugehen, dass Laktatazidosen bei

Patienten mit einer Metforminkonzentration ≤ 5 mg/l nicht durch Metformin induziert wer-

den, sondern anderer Genese sind.

Vecchio et al. publizierten im Jahr 2014 eine retrospektive Studie, in die sie nur Patienten

einschlossen, die sowohl eine Laktatazidose als auch eine supratherapeutische Metfor-

minkonzentration von ≥ 4 mg/l hatten. Es handelte sich um 66 Patienten mit einer MALA,

die zwischen 2007 und 2011 in der Giftnotrufzentrale in Pavia, einem nationalen toxikolo-

gischen Zentrum in Italien, erfasst worden waren. Untersucht wurde die Korrelation

zwischen Metforminkonzentration und pH-Wert, Laktat- und Kreatininkonzentration sowie

der Mortalität. Vecchio et al. schlossen sowohl alle Patienten mit einer Metforminkon-

zentration < 4 mg/l als auch alle Patienten aus, die eine Überdosis Metformin – ungewollt

oder in suizidaler Absicht – eingenommen hatten (Vecchio et al. 2014). Der von Vecchio

et al. gewählte Metforminwert von ≥ 4 mg/l war somit vergleichbar mit dem in der vorlie-

genden Arbeit gewählten Grenzwert zwischen normaler und toxisch erhöhter Metformin-

konzentration. Jedoch wurden in die vorliegende Arbeit bewusst Patienten, deren

Laktatazidose sicher nicht durch Metformin induziert wurde, eingeschlossen (Gruppe

„Met ≤ 5 mg/l“), um zu überprüfen, ob zwischen ihnen und Patienten mit einer erhöhten

Metforminkonzentration Unterschiede hinsichtlich der untersuchten Parameter bestehen.

Auch wurden in die vorliegende Arbeit, im Gegensatz zu der Studie von Vecchio et al.,

Patienten eingeschlossen, die eine einmalige Überdosis Metformin in suizidaler Absicht

eingenommen hatten, um möglichst viele Informationen zum Krankheitsbild der MALA zu

erfassen und zu überprüfen, ob bei diesen Patienten eine MILA vorlag. Sie wurden als

eigenständige Gruppe („Überdosis“) betrachtet. So konnte untersucht werden, ob und

inwiefern sich dieses Kollektiv hinsichtlich der untersuchten Parameter von Patienten un-

terscheidet, die eine Laktatazidose nach Einnahme einer therapeutischen Dosis Metfor-

min entwickelt hatten. Als einzige Differenzialdiagnose bestand bei den Patienten der

Gruppe „Überdosis“ eine Intoxikation mit einer anderen Substanz, die eine Laktatazidose

induzieren kann, da akute Erkrankungen wie eine Sepsis oder eine primäre kardio-

respiratorische Insuffizienz per se als Ursache der Laktatazidose ausgeschlossen werden

konnten. Alle Patienten der Gruppe „Überdosis“ hatten eine Metforminkonzentration

> 5 mg/l (Seite 15). Da die eigenen Patienten und die Patienten der Gruppe „Met > 5 mg/l“

die Laktatazidose unter der Therapie mit Metformin entwickelt und supratherapeutische

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Metforminkonzentrationen hatten, waren sie hinsichtlich dieser Kriterien miteinander und

auch mit den von Vecchio et al. untersuchten Patienten vergleichbar (Vecchio et al. 2014).

Charakteristika der Patienten mit einer MALA und Ursachen, die zur Entste-4.2

hung einer MALA beitragen

In der vorliegenden Arbeit wurde zunächst untersucht, ob es alters- oder geschlechts-

spezifische Besonderheiten gibt. In der Gruppe „Überdosis“ lag das mittlere Alter bei

49 ± 18 Jahren. Im Vergleich dazu waren die Patienten, die eine Laktatazidose unter der

Therapie mit Metformin entwickelt hatten, im Mittel 19 – 25 Jahre älter („eigene Patienten“

74 ± 7 Jahre, „Met > 5 mg/l“ 68 ± 11 Jahre, „Met ≤ 5 mg/l“ 70 ± 10 Jahre). In allen unter-

suchten Gruppen war der Frauenanteil höher als der Männeranteil. Er lag zwischen 53 %

bei den eigenen Patienten und 68 % in der Gruppe „Met > 5 mg/l“. In der Studie von

Vecchio et al. betrug das mittlere Alter 68 ± 10 Jahre. Der Frauenanteil lag bei 76 %

(Vecchio et al. 2014). Seidowsky et al. führten eine retrospektive Studie durch, in der sie

die Charakteristika, die prognostischen Faktoren und die optimale Dauer der Hämodialy-

sebehandlung bei Patienten untersuchten, die zwischen Januar 1998 und Januar 2007

wegen einer MALA auf 2 Intensivstationen eines Universitätskrankenhauses in Frankreich

behandelt worden waren. In die Studie wurden 42 Patienten eingeschlossen, von denen

13 Patienten einen Überdosis Metformin in suizidaler Absicht eingenommen hatten. Das

mittlere Alter dieser 13 Patienten betrug 45 Jahre. Die Patienten, die die Laktatazidose

unter der Therapie mit Metformin entwickelt hatten, waren mit im Mittel 69 Jahren deutlich

älter. Den Frauenanteil gaben Seidowsky et al. nur für das Gesamtkollektiv an. Er lag bei

55 % (Seidowsky et al. 2009).

Sowohl in der vorliegenden Arbeit als auch in den Studien von Vecchio et al. und

Seidowsky et al. handelte es sich bei den Patienten, die unter der Therapie mit Metformin

eine Laktatazidose entwickelten, vor allem um Frauen von im Mittel etwa 70 Jahren. Im

Gegensatz dazu waren die Patienten in der Cochrane Analyse von Salpeter et al., in der

keine erhöhte Inzidenz für Laktatazidosen unter Metformin gefunden wurden, deutlich

jünger und überwiegend männlich. Bei den 347 eingeschlossenen Studien handelte es

sich in den meisten Fällen um prospektive Studien. Von den insgesamt 96.295 Patienten

(125.941 Patientenjahre), nahmen 69.642 Patienten (70.490 Patientenjahre) Metformin

ein. Das mittlere Alter dieser Patienten lag bei 57 ± 9 Jahren, der Frauenanteil bei 39 %.

Nur 26 % der in die Cochrane Analyse eingeschlossenen Patienten waren über 65 Jahre

alt. Kein einziger entwickelte eine Laktatazidose (Salpeter et al. 2010). Nach dem Arznei-

mittelindex der gesetzlichen Krankenkassen im Wissenschaftlichen Institut der AOK

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(WIdO) kam es von 2001 bis 2011 zu einer Verschiebung der Altersgruppen mit dem

größten Metforminverbrauch von der Gruppe der 65 – 69-jährigen zu der Gruppe der

70 – 74-jährigen bei den Männern sowie von den 70 – 74-jährigen zu der Gruppe der

75 – 79-jährigen bei den Frauen (Wissenschaftliches Institut der AOK (WIdO) 2015).

Darüber hinaus nahmen von 2001 bis 2014 die verordneten Tagesdosen pro Kopf vor

allem bei den 70 – 84-jährigen stark zu. Während in dieser Altersklasse 2001 insgesamt

27 Millionen Tagesdosen verordnet wurden, stiegen die Verordnungszahlen im Jahr 2014

auf über 76 Millionen Tagesdosen an (Wissenschaftliches Institut der AOK (WIdO) 2015).

Sowohl die Patienten, die in der vorliegenden Arbeit nach Einnahme einer therapeuti-

schen Dosis Metformin eine Laktatazidose entwickelten als auch die Patienten in den

Studien von Vecchio et al. und Seidowsky et al. spiegeln somit viel eher die Patienten

wieder, die in der alltäglichen Praxis Metformin einnehmen, als die in die Cochrane Analy-

se eingeschlossenen Patienten, bei denen es sich vorwiegend um Männer mittleren Alters

handelte. Das Fehlen von Laktatazidosen in klinischen Studien ist zum einen durch den

Ausschluss von Risikopatienten z.B. Patienten über 75 Jahren erklärbar, zum anderen

durch die gute ärztliche Überwachung der Teilnehmer klinischer Studien. Hierdurch wer-

den Situationen vermieden, unter denen eine Laktatazidose entstehen kann. Tritt bei rela-

tiv jungen Studienpatienten keine Laktatazidose auf, kann jedoch nicht automatisch ge-

schlussfolgert werden, dass auch ältere Patienten – fernab von Studienbedingungen –

keine Laktatazidose unter Metformintherapie entwickeln.

Es stellt sich vielmehr die Frage, welche Ursachen zur Entstehung einer MALA beitragen.

Mögliche Faktoren sind die Dosierung und die Dauer der Metformintherapie. In der Studie

von Vecchio et al. wurde die Tageshöchstdosis von 3 g Metformin in 2 Fällen mit 3,85 und

5 g überschritten. Die Patienten entwickelten die Laktatazidose im Mittel 60,62 ± 45,75

Monate nach Beginn der Metformintherapie. In der vorliegenden Arbeit wurde sowohl bei

den eigenen Patienten als auch bei den in der Literatur beschriebenen Patienten, die eine

Laktatazidose unter der Therapie mit Metformin entwickelt hatten, in fast allen Fällen die

Tageshöchstdosis von 3 g eingehalten. In Einzelfällen wurde die Tageshöchstdosis mit

der Einnahme von bis zu 6 g pro Tag überschritten. Bei den Patienten, die eine Überdosis

Metformin in suizidaler Absicht eingenommen hatten, lag die Intoxikationsdosis zwischen

5 – 75 g Metformin. Die niedrigste Intoxikationsdosis war somit zwar 1 g niedriger als die

höchste therapeutische Tagesdosis, wurde jedoch als Bolus und nicht über den Tag

verteilt eingenommen. Anhand der eigenen Patienten konnte gezeigt werden, dass die

Laktatazidose in der Regel unter einer bereits seit langer Zeit bestehenden Therapie mit

Metformin entstand. Nur bei einem der 17 Patienten war die Metformintherapie innerhalb

der letzten 3 Monate vor Entstehung der MALA begonnen worden. Dies zeigt in Überein-

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stimmung mit der Arbeit von Vecchio et al., dass die Laktatazidose in der Regel während

einer Langzeittherapie mit Metformin und unter Einhaltung der Tageshöchstdosis entsteht.

Welche Bedeutung die Missachtung von Kontraindikationen für die Entstehung einer

MALA hat, wird kontrovers diskutiert. Rachmani et al. untersuchten in einer prospektiven,

randomisierten kontrollierten Studie die Sicherheit von Metformin bei Fortsetzung der The-

rapie trotz bestehender Kontraindikationen. In die Studie wurden 393 Patienten mit Diabe-

tes mellitus Typ 2 zwischen 40 – 75 Jahren eingeschlossen, die zwischen 1995 – 1996 in

2 Krankenhäusern in Israel stationär behandelt wurden, Metformin in ihrer Medikation und

mindestens eine der folgenden Kontraindikationen für Metformin hatten: COPD, erhöhte

Kreatininkonzentration im Serum (1,47 – 2,49 mg/dl), chronische Herzinsuffizienz im Sta-

dium 3 oder 4 nach Klassifikation der New York Heart Association (NYHA), eine abnorma-

le Leberfunktion mit mindestens zweifach erhöhten Transaminasen oder ein akutes Koro-

narsyndrom. Ausgeschlossen wurden Patienten mit Leberzirrhose, akutem Myokardin-

farkt, Lungenödem innerhalb der letzten 30 Tage, einer CO2-Narkose in der Vorgeschich-

te sowie Patienten mit konsumierenden Erkrankungen. Die Patienten wurden randomisiert

in 2 Gruppen eingeteilt. Bei 195 Patienten wurde die Metformintherapie fortgesetzt, bei

198 Patienten beendet. Die Verlaufskontrolle erfolgte jährlich oder – wenn klinisch not-

wendig – auch häufiger. In keiner der beiden Gruppen kam es zu einer Laktatazidose

(Rachmani et al. 2002). Auch bei den in der Studie von Vecchio et al. untersuchten

Patienten wurden Kontraindikationen missachtet. Der Anteil der Patienten, bei denen

mindestens eine chronische Erkrankung als Kontraindikation bestand, lag bei 47 %. Dabei

hatten 16 % der Patienten eine gravierende Herzerkrankung oder eine chronische

Nierenkrankheit im Stadium 3 (Vecchio et al. 2014). In der vorliegenden Arbeit wurde bei

71 % der eigenen Patienten die Kontraindikation chronische Nierenkrankheit missachtet.

Nur in Einzelfällen lagen eine respiratorische Insuffizienz, eine Herzinsuffizienz oder eine

Kontrastmittelgabe als Kontraindikationen vor. Bei 3 eigenen Patienten bestanden keine

Kontraindikationen. In den Gruppen „Met > 5 mg/l“ und „Met ≤ 5 mg/l“ waren die Angaben

hinsichtlich möglicher Kontraindikationen lückenhaft. Nur zur Kontraindikation chronische

Nierenkrankheit lagen in beiden Gruppen in mindestens 50 % der Fälle Informationen vor.

Die Kontraindikation chronische Nierenkrankheit wurde mit 69 % bzw. 71 % in der Mehr-

zahl der Fälle missachtet.

Sowohl die vorliegende Arbeit als auch die Studie von Vecchio et al. zeigen, dass häufig

Kontraindikationen missachtet werden, eine MALA jedoch auch ohne Missachtung von

Kontraindikationen entstehen kann. Insbesondere die Kontraindikation chronische Nieren-

krankheit wurde bei den in der vorliegenden Arbeit untersuchten Patienten deutlich häufi-

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ger missachtet als in der Studie von Vecchio et al. (Vecchio et al. 2014). Wie Rachmani et

al. zeigten, führt die Missachtung einer chronischen Nierenkrankheit jedoch nicht zwangs-

läufig zur Entstehung einer Laktatazidose. Nach einer Studie von Frid et al. aus dem Jahr

2010, in der eine neue Methode zur Messung der Metforminkonzentration bei Patienten

mit Diabetes mellitus Typ 2 und unterschiedlicher Nierenfunktion untersucht wurde, lagen

die Metforminkonzentrationen auch bei einer eGFR von 30 ml/min/1,73 m2 noch im thera-

peutischen Bereich (Frid et al. 2010). Dies zeigt, dass Metformin bei einer stabilen chroni-

schen Nierenkrankheit im Stadium 3b noch ausreichend ausgeschieden wird. Kommt es

jedoch zu einem akuten oligo- oder anurischen Nierenversagen oder einer dialysepflichti-

gen chronischen Nierenkrankheit, ist keine ausreichende renale Ausscheidung von Met-

formin mehr gewährleistet, sodass Metformin akkumuliert. In der Studie von Vecchio et al.

litten alle Patienten bei Aufnahme im Krankenhaus unter einem akuten Nierenversagen

(Vecchio et al. 2014). Auch in der vorliegenden Arbeit hatten 16 der 17 eigenen Patienten

sowie alle Patienten der Gruppe „Met > 5 mg/l“ ein akutes Nierenversagen. In Einzelfällen

bestand eine dialysepflichtige chronische Nierenkrankheit. Diese Ergebnisse zeigen, dass

in über 90 % der Fälle ein akutes Nierenversagen und nicht eine sich langsam ver-

schlechternde chronische Nierenkrankheit Ursache für die Kumulation von Metformin ist.

Somit sind alle Risikofaktoren für ein akutes Nierenversagen auch Risikofaktoren für die

Entstehung einer MALA. In der Studie von Rachmani et al. wurde bei 28 (14 %) der 195

Patienten, die Metformin trotz einer CKD3 weiterhin einnahmen, im Verlauf der Studie die

Metformintherapie aufgrund eines Anstiegs des Serumkreatinins auf ≥ 2,49 mg/dl und in 6

Fällen wegen gastrointestinaler Symptome beendet (Rachmani et al. 2002). Dadurch

wurde der Entstehung eines akuten Nierenversagens vorgebeugt, da sowohl eine chroni-

sche Nierenkrankheit als auch ein Volumenmangel z.B. im Rahmen gastrointestinaler

Erkrankungen Risikofaktoren für die Entstehung eines akuten Nierenversagens darstellen

(Hsu et al. 2008; Waikar et al. 2008; Kidney Disease: Improving Global Outcomes

(KDIGO) Acute Kidney Injury Work Group 2012). Auch Vecchio et al. gingen davon aus,

dass bei den Patienten, die unter gastrointestinalen Symptomen litten (77 %), eine Hy-

povolämie mit anschließender Entwicklung eines akuten Nierenversagens zur Kumulation

von Metformin geführt haben könnte (Vecchio et al. 2014). Unter einem Volumenmangel

litten in der vorliegenden Arbeit 53 % der eigenen sowie 25 (21 %) der 120 Patienten in

der Gruppe „Met ≥ 5 mg/l“.

Ein weiterer Risikofaktor für die Entstehung eines akuten Nierenversagens und somit

auch einer MALA ist die Einnahme potenziell nephrotoxischer Medikamente (Kidney

Disease: Improving Global Outcomes (KDIGO) Acute Kidney Injury Work Group 2012).

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Vecchio et al. erfassten die Vormedikation der Patienten nicht, obwohl bei 84 % der

Patienten ein akutes Nierenversagen bestand (Vecchio et al. 2014). In der vorliegenden

Arbeit erhielt von den 17 eigenen Patienten nur ein Patient kein potenziell nephrotoxi-

sches Medikament. Fünfzehn Patienten nahmen einen Angiotensin-Converting-Enzyme-

Hemmer (ACE-Hemmer) und/oder einen Angiotensin-II-Rezeptor-Subtyp-1-Antagonisten

(AT1-Antagonisten) ein. Fünf eigene Patienten mit ACE-Hemmer in ihrer Medikation litten

unter einem Volumenmangel mit Hyponatriämie. Von den 17 eigenen Patienten hatten 15

(88 %) mindestens ein Diuretikum in ihrer Vormedikation. Sieben (41 %) Patienten

nahmen eine Kombination aus ACE-Hemmer oder AT1-Antagonisten und Schleifen- und

Thiaziddiuretikum ein. Bei mit ACE-Hemmer behandelten Patienten ist die Autoregulation

im Vas efferens durch die ausbleibende Angiotensin-II-Wirkung aufgehoben, sodass eine

intensive diuretische Therapie oder ein Volumenmangel das Risiko für ein akutes Nieren-

versagen erhöhen (Stirling et al. 2003). Bei 3 eigenen Patienten lag eine Doppelblockade

des Renin-Angiotensin-Aldosteron-Systems vor. Diese ist im Vergleich zu einer Monothe-

rapie ebenso mit einem erhöhten Risiko für ein akutes Nierenversagen assoziiert wie ein

Triple-Therapie mit Diuretikum, ACE-Hemmer oder AT1-Antagonist und NSAR, die bei 2

eigenen Patienten bestand (Turgut et al. 2010; Parving et al. 2012; Fried et al. 2013; Lapi

et al. 2013).

Die Daten zeigen, dass RAAS-Blocker und Diuretika bei fast allen eigenen Patienten zum

akuten Nierenversagen beigetragen haben, auch bei Patienten ohne vorbestehende

chronische Nierenkrankheit. Dies ist von besonderer Bedeutung, weil diese Medikamente

bevorzugt eingesetzt werden, wenn Patienten mit Diabetes mellitus Typ II eine Hypertonie

und/oder eine Nephropathie entwickeln. So zeigt eine Studie von Ali et al., dass die An-

zahl der mit ACE-Hemmer oder AT1-Antagonisten behandelten Diabetiker mit einer diabe-

tischen Nephropathie in den USA zwischen 1999 – 2002 und 2007 – 2010 von 45 % auf

64 % angestiegen ist (Ali et al. 2013).

Entwickelt ein mit Metformin behandelter Typ-2-Diabetiker eine Laktatazidose können

auch alle anderen Erkrankungen, die auch bei Patienten, die nicht Metformin einnehmen,

zu einer Laktatazidose führen können, Ursache der MALA sein. In der vorliegenden Arbeit

war bei den Patienten der Gruppe „Met ≤ 5 mg/l“ aufgrund der therapeutischen Metformin-

konzentration davon auszugehen, dass bei diesen Patienten nicht das Metformin, sondern

eine andere Erkrankung wie eine Sepsis oder eine primäre kardio-respiratorische Insuffi-

zienz Ursache der Laktatazidose war.

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Klinisches Erscheinungsbild, Schwere und Verlauf der MALA bei Patienten 4.3

mit supratherapeutischer im Vergleich zu Patienten mit therapeutischer Met-

forminkonzentration

Es stellt sich die Frage, ob es Unterschiede hinsichtlich des klinischen Erscheinungsbil-

des, der Schwere und dem Verlauf der Laktatazidose bei Patienten mit supratherapeuti-

scher im Vergleich zu Patienten mit therapeutischer Metforminkonzentration gibt. In der

Studie von Vecchio et al., in der alle Patienten eine supratherapeutische Metforminkon-

zentration hatten, litten 77 % der Patienten innerhalb der letzten 72 Stunden vor Aufnah-

me im Krankenhaus unter gastrointestinalen Symptomen. Bei 57 % der Patienten bestan-

den bei Aufnahme im Krankenhaus neurologische Symptome. Darüber hinaus differen-

zierten Vecchio et al. bei der Erfassung der Symptome zwischen einer isolierten Hypoto-

nie, die in 23 % der Fälle vorlag, und einem hämodynamischen Schock, der bei 39 % der

Patienten bestand. Eine respiratorische Insuffizienz hatten 42 % der Patienten (Vecchio et

al. 2014). Friesecke et al. untersuchten in einer retrospektiven Analyse das Outcome bei

Patienten mit MALA im Vergleich zum Outcome von Patienten mit einer Laktatazidose

anderer Genese. Die 197 eingeschlossenen Patienten waren zwischen 2004 und 2008

auf der Intensivstation eines deutschen Krankenhauses wegen einer Laktatazidose

behandelt worden. Bei 10 Patienten wurde eine MALA diagnostiziert. Alle 10 Patienten

hatten hohe supratherapeutische Metforminkonzentrationen (Median 55 mg/l, Range

31 – 85 mg/l), die Laktatazidose unter der Therapie mit Metformin entwickelt und ein aku-

tes Nierenversagen. Bei 6 Patienten bestanden im Vorfeld der Aufnahme Diarrhoe und/

oder Erbrechen. Alle MALA Patienten waren im Kreislaufschock und katecholaminpflich-

tig. Darüber hinaus bestanden respiratorische und neurologische Symptome. Bei wie vie-

len Patienten diese Symptome vorlagen, wurde nicht angegeben (Friesecke et al. 2010).

In der vorliegenden Arbeit war das klinische Erscheinungsbild der MALA anhand der

eigenen Patienten am Besten zu evaluieren. Von den 17 eigenen Patienten hatten 14

(82 %) gastrointestinale und 9 (53 %) Patienten neurologische Symptome. Eine Hypotonie

bestand zum Zeitpunkt der Aufnahme in 47 % der Fälle. Von den eigenen Patienten wa-

ren 9 (60 %) der 15 Patienten, bei denen die Körpertemperatur gemessen wurde, hypo-

therm. Ein offensichtlicher Grund für eine Hypothermie war nicht ersichtlich. Darüber hin-

aus wurden in keinem Fallbericht sowie bei keinem der eigenen Patienten typische Zei-

chen einer Unterkühlung wie Muskelzittern beschrieben. Bei den in die vorliegende Arbeit

eingeschlossenen, in der Literatur beschriebenen Patienten, war die klinische Symptoma-

tik oftmals nicht oder nicht eindeutig beschrieben, sodass unklar blieb, ob die erfassten

Symptome vorlagen. Jedoch wurden in den Gruppen „Met > 5 mg/l“ und „Überdosis“ bei

30 bzw. 40 % der Patienten gastrointestinale und in 26 % bzw. 40 % der Fälle neurologi-

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sche Symptome beschrieben. Eine Hypothermie mit Temperaturen bis 28 °C lag in der

Gruppe „Met > 5 mg/l“ bei 23 %, in der Gruppe „Überdosis“ bei einem der 2 Patienten

(Dell'Aglio et al. 2010) mit angegebener Körpertemperatur, vor. In einer Publikation wurde

nicht die Körpertemperatur der einzelnen Patienten angegeben, sondern nur darauf hin-

gewiesen, dass die Körpertemperatur der Patienten bei Aufnahme 34 – 35 °C betrug. Ein

offensichtlicher Grund für eine Hypothermie bestand laut der Autoren nicht (Protti et al.

2010). Sowohl die Ergebnisse der vorliegenden Arbeit als auch die der Studien von

Vecchio et al. und Friesecke et al. zeigen, dass das Krankheitsbild der MALA mit supra-

therapeutischer Metforminkonzentration unspezifisch ist. Oft bestehen gastrointestinale

und neurologische Symptome. Darüber hinaus zeigen die Ergebnisse der vorliegenden

Arbeit, dass oftmals eine Hypothermie besteht. Weder Vecchio et al. noch Friesecke et al.

gaben die Körpertemperaturen der Patienten an oder äußerten sich hinsichtlich des Vor-

liegens einer Hypothermie (Friesecke et al. 2010; Vecchio et al. 2014).

Während über das klinische Erscheinungsbild bei Patienten mit MALA und suprathera-

peutischer Metforminkonzentration Informationen vorliegen, ist die Datenlage über das

klinische Erscheinungsbild von Patienten mit MALA und therapeutischer Metforminkon-

zentration schlecht. In der Literatur findet sich keine Arbeit, die zwischen dem klinischen

Erscheinungsbild bei Patienten mit supratherapeutischer und jenem von Patienten mit

therapeutischer Metforminkonzentration differenziert. Auch in der vorliegenden Arbeit

lagen in der Gruppe „Met ≤ 5 mg/l“ nur in wenigen Einzelfällen Informationen hinsichtlich

der klinischen Symptomatik der Patienten vor, sodass anhand dieser Daten eine Be-

schreibung des klinischen Erscheinungsbildes von Patienten mit therapeutischer Metfor-

minkonzentration nur eingeschränkt möglich ist. Bei 17 (61 %) der 28 Patienten der

Gruppe „Met ≤ 5 mg/l“ lagen Informationen zur Nierenfunktion zum Zeitpunkt der Laktat-

azidose vor. Ein Patient hatte bereits im Vorfeld unter einer dialysepflichtigen chronischen

Nierenkrankheit gelitten. Von den übrigen 16 Patienten litten 12 unter einem akuten

Nierenversagen; 4 Patienten hatten eine normale Nierenfunktion.

Da bei Patienten mit MALA und therapeutischer Metforminkonzentration davon auszuge-

hen ist, dass nicht Metformin Ursache der Laktatazidose ist, ist anzunehmen, dass das

klinische Erscheinungsbild dieser Patienten dem von Patienten ähnelt, die eine Laktatazi-

dose anderer Genese haben und kein Metformin einnehmen. Stacpoole et al. untersuch-

ten die Pathogenese und den klinischen Verlauf bei 126 erwachsenen Patienten, die auf

10 Intensivstationen in Nordamerika wegen einer nachgewiesenen Laktatazidose (Laktat-

konzentration ≥ 5 mmol/l bei einem pH < 7,35 oder einem Base Excess > 6 mmol/l)

behandelt worden waren. Bei 10 % der Patienten handelte es sich um Diabetiker.

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Stacpoole et al. gaben nicht an, ob und wie viele dieser Patienten mit Metformin behan-

delt wurden. Somit wurde bei mindestens 90 % der Patienten die Laktatazidose wie auch

bei den Patienten der Gruppe „Met ≤ 5 mg/l“ nicht durch Metformin induziert. Bei Vorstel-

lung im Krankenhaus hatten 81 % der Patienten eine respiratorische Insuffizienz, 75 %

ein Herz-Kreislaufversagen, 58 % ein Nierenversagen, 53 % gastrointestinale und 45 %

neurologische Symptome (Stacpoole et al. 1994). Die mittlere Körpertemperatur lag bei

36,8 ± 0,18 °C.

Die Ergebnisse zeigen, dass das klinische Erscheinungsbild einer Laktatazidose, die nicht

durch Metformin induziert wurde, oft ebenso unspezifisch ist, wie jenes bei Patienten mit

MALA und supratherapeutischer Metforminkonzentration. Oft besteht ein Multiorganver-

sagen (Stacpoole et al. 1994). Wie bei den Patienten der vorliegenden Arbeit mit thera-

peutischer Metforminkonzentration (Gruppe „Met ≤ 5 mg/l“) lag zwar in vielen, jedoch nicht

allen Fällen ein akutes Nierenversagen vor. Trotz des akuten Nierenversagens war es bei

den Patienten der Gruppe „Met ≤ 5 mg/l“ jedoch nicht zu einer Kumulation von Metformin

gekommen. Eine mögliche Erklärung ist, dass trotz eingeschränkter Nierenfunktion das

Metformin noch in ausreichendem Umfang ausgeschieden wurde. Eine andere Erklärung

ist, dass die Patienten die Metformineinnahme im Vorfeld der MALA beendet hatten. Im

Gegensatz dazu war die Nierenfunktion bei allen Patienten mit MALA nach Einnahme

einer therapeutischen Metformindosis und supratherapeutischer Metforminkonzentration

so stark eingeschränkt, dass eine Ausscheidung von Metformin nicht mehr möglich war.

Bestehen gastrointestinale Symptome, bleibt bei den Patienten mit MALA und suprathe-

rapeutischer Metforminkonzentration oftmals unklar, ob sie zum akuten Nierenversagen

und zur Metforminkumulation ursächlich beigetragen haben oder Folge der Metformin-

kumulation sind. Sowohl bei einer MALA mit therapeutischer als auch mit suprathera-

peutischer Metforminkonzentration können neurologische Symptome auftreten, die die

Diagnosestellung zusätzlich erschweren. Auffällig ist die zum Teil sehr ausgeprägte Hypo-

thermie mit Körpertemperaturen bis 28 °C bei Patienten mit MALA und supratherapeuti-

scher Metforminkonzentration. Bei diesen Patienten scheint die Hypothermie ein charak-

teristisches Symptom zu sein, da die Daten von Stacpoole et al. zeigen, dass eine Hypo-

thermie kein häufiges Symptom einer Laktatazidose anderer Genese ist (Stacpoole et al.

1994).

Diese Beobachtung wird durch die Ergebnisse von Protti et al., die in einem Tierexperi-

ment einen Zusammenhang zwischen einer MALA und dem Abfall der Körpertemperatur

feststellten, gestützt. Zehn Schweinen wurde eine supratherapeutische Dosis (4 – 8 g)

Metformin infundiert, um zu untersuchen, ob eine Metforminintoxikation den Gesamt-

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sauerstoffverbrauch inhibiert und die mitochondriale Funktion in der Leber und anderen

Geweben verändert. Um zu überprüfen, ob eine Laktatazidose per se den globalen

Sauerstoffverbrauch inhibiert, wurde fünf weiteren Schweinen Milchsäure verabreicht.

Neun der 10 Schweine, denen Metformin verabreicht worden war, entwickelten eine

MALA mit einem mittleren pH-Wert von 6.93 ± 0,24 und einer mittleren Laktatkonzentra-

tion von 18 ± 7 mmol/l. Die Metforminkonzentration lag im Mittel bei 77 ± 45 mg/l. Die

Körpertemperatur der Schweine, denen Metformin infundiert worden war, sank von 38 ± 2

auf 36,6 ± 1,2 °C (p < 0,001) ab. Protti et al. schlussfolgerten, dass die Hypothermie

wahrscheinlich Folge einer Biguanid-induzierten verringerten Stoffwechselaktivität ist

(Protti et al. 2012).

Die Schwere des Krankheitsbildes wird an den Messparametern der Laktatazidose

ersichtlich. In der Studie von Vecchio et al. lag die mittlere Laktatkonzentration bei

14,36 ± 4,9 mmol/l. Der mittlere pH-Wert betrug 6,91 ± 0,18 (Vecchio et al. 2014). In der

Literatur fand sich keine Studie, die die Schwere der Laktatazidosen bei Patienten mit

therapeutischer Metforminkonzentration untersucht hat. Jedoch verglichen Friesecke et al.

in ihrer Studie die Schwere der Laktatazidose bei Patienten mit MALA mit jener bei Pati-

enten, die eine Laktatazidose anderer Genese hatten. Bei den Patienten mit MALA und

supratherapeutischer Metforminkonzentration lagen die Laktatkonzentration im Mittel bei

18,7 ± 5,3 mmol/l und der mittlere pH-Wert bei 6,75 ± 0,13. Im Vergleich dazu war die

mittlere Laktatkonzentration mit 11,2 ± 6,1 mmol/l bei den Patienten, die eine Laktat-

azidose anderer Genese hatten, deutlich niedriger (p < 0,01) und der pH-Wert mit im

Mittel 7,15 ± 0,17 deutlich höher (p < 0,01). In der vorliegenden Arbeit bestanden sowohl

bei Patienten mit therapeutischer als auch supratherapeutischer Metforminkonzentration

zum Teil schwerste Laktatazidosen mit mittleren pH-Werten zwischen 6,95 ± 0,23 und

7,08 ± 0,2. Die mittleren Laktatkonzentrationen lagen zwischen 11,11 ± 4,97 mmol/l bei

den eigenen Patienten und 16,69 ± 7,15 mmol/l in der Gruppe „Met > 5 mg/l“ (Tabelle 15).

Die Patienten der vorliegenden Arbeit mit einer MALA nach Einnahme einer therapeuti-

schen Metformindosis und supratherapeutischer Metforminkonzentration hatten somit

vergleichbar schwere Laktatazidosen wie die Patienten in den Studien von Vecchio et al.

und Friesecke et al. (Vecchio et al. 2014). Die Patienten der vorliegenden Arbeit mit einer

MALA nach Einnahme einer therapeutischen Metformindosis und einer therapeutischen

Metforminkonzentration (Gruppe „Met ≤ 5 mg/l“) hatten im Mittel ähnlich schwere

Laktatazidosen wie die Patienten in der Studie von Friesecke et al., bei denen die Laktat-

azidose nicht durch Metformin induziert worden war. Vergleicht man die Schwere der

Laktatazidosen der Patienten mit MALA und supratherapeutischer Metforminkonzentration

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mit der von Patienten mit einer Laktatazidose und therapeutischer Metforminkonzentration

bzw. einer Laktatazidose anderer Genese, fällt auf, dass in beiden Gruppen schwerste

Laktatazidosen auftreten können.

Ein weiteres Kriterium zur Einschätzung der Schwere des Krankheitsbildes sind die me-

dizinischen Maßnahmen, die in der Akutsituation erforderlich sind. In der Studie von

Vecchio et al. mussten alle 66 Patienten intensivmedizinisch betreut werden. Wie viele

Patienten Katecholamine erhielten bzw. beatmet wurden, gaben Vecchio et al. nicht an

(Vecchio et al. 2014). In der Studie von Friesecke et al. waren alle 10 Patienten mit MALA

katecholaminpflichtig und wurden beatmet. Friesecke et al. machten keine entsprechen-

den Angaben bei den Patienten mit einer Laktatazidose anderer Genese (Friesecke et al.

2010). Letztere wurden in der Studie von Stacpoole et al. in 82 % der Fälle maschinell

beatmet. Alle Patienten wurden intensivmedizinisch betreut. Wie viele Patienten Kate-

cholamine erhielten, ging aus der Studie nicht hervor (Stacpoole et al. 1994). In der

vorliegenden Arbeit waren von den eigenen Patienten 65 % katecholaminpflichtig; 53 %

wurden maschinell beatmet. Bei den in der Literatur beschriebenen und in die vorliegende

Arbeit eingeschlossenen Patienten fehlten oftmals die entsprechenden Angaben. Die

Ergebnisse unterstreichen die Schwere des Krankheitsbildes sowohl bei Patienten mit

MALA und supratherapeutischer Metforminkonzentration als auch von Patienten mit einer

Laktatazidose, die nicht durch Metformin induziert wurde.

Die Schwere einer Erkrankung wird auch anhand ihrer Progredienz und des Verlaufs

ersichtlich. Weder Friesecke et al. noch Vecchio et al. machten detaillierte Angaben hin-

sichtlich der Krankheitsverläufe der Patienten (Friesecke et al. 2010; Vecchio et al. 2014).

In der vorliegenden Arbeit zeigen die Ergebnisse der eigenen Patienten, dass der Krank-

heitsverlauf der MALA rasch progredient ist und bei Aufnahme kreislaufstabile Patienten

innerhalb kurzer Zeit hypoton und katecholaminpflichtig werden können. Bei Patientin 7

kam es innerhalb weniger Stunden zu einer so drastischen Verschlechterung des Allge-

meinzustandes, dass sie ins Krankenhaus eingeliefert und intensivmedizinisch betreut

werden musste. Zum Zeitpunkt der Aufnahme war sie hyperton, stark hypotherm mit einer

Körpertemperatur von 30,6 °C, vigilanzgemindert und desorientiert. Etwa eine Stunde

später wurde sie katecholaminpflichtig mit einem Blutdruck von 80/40 mmHg (siehe

S. 28). Auch bei Patienten der Gruppe „Met > 5 mg/l“ wurden rasch progrediente Krank-

heitsverläufe beschrieben. So schilderten Kalantar-Zadeh et al. den Verlauf einer 54-

jährigen Patientin mit MALA, die im Vorfeld der stationären Aufnahme innerhalb von 3

Tagen zunächst Unwohlsein und ein Schwächegefühl, im Verlauf Erbrechen mit progre-

dienten Bauchschmerzen, Dyspnoe und Verwirrtheit entwickelt hatte. Bei Aufnahme im

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Krankenhaus war sie desorientiert, dehydriert, normotherm und normoton. Zwei Stunden

nach Aufnahme wurde die Patientin tachypnoeisch und zunehmend somnolent, sodass

sie intubiert und beatmet werden musste. Laborchemisch wurden eine schwere Laktatazi-

dose mit einem pH von 6,62 und einer Laktatkonzentration von 20,3 mmol/l sowie ein

oligurisches Nierenversagen nachgewiesen. Drei Stunden nach Aufnahme war die Patien-

tin katecholaminpflichtig mit einem Blutdruck von 84/43 mmHg und hypotherm mit einer

Körpertemperatur von 31,7°C. Die Metforminkonzentration der Patientin betrug 23 mg/l.

Die Patientin überlebte (Kalantar-Zadeh et al. 2013). Friesecke et al. machten auch keine

detaillierten Angaben hinsichtlich der Progredienz des Krankheitsbildes bei den Patienten

mit Laktatazidosen anderer Genese (Friesecke et al. 2010). Dagegen beschrieben

Stacpoole et al. bei diesen Patienten rasch progrediente Verläufe mit oftmals letalem

Ausgang. Von den 126 Patienten verstarben 41 % innerhalb von 24 Stunden, 59 % inner-

halb von 3 Tagen. Nur 17 % der Patienten überlebten die ersten 30 Tage. Der Median der

Überlebenszeit betrug 38,5 Stunden (Stacpoole et al. 1994).

Die Ergebnisse zeigen, dass der Krankheitsverlauf bei schweren Laktatazidosen unab-

hängig von der Genese rasch progredient ist. Jedoch bestehen im Hinblick auf die Mortali-

tät deutliche Unterschiede zwischen den Gruppen mit supratherapeutischer Metformin-

konzentration und Patienten mit Laktatazidosen, die sicher nicht durch Metformin induziert

wurden. In der Studie von Friesecke et al. war die Mortalität der Patienten mit MALA trotz

im Mittel niedrigerer pH-Werte und höherer Laktatkonzentrationen mit 50 % niedriger als

bei den Patienten mit einer Laktatazidose anderer Genese, von denen 74 % verstarben.

Bei den Patienten mit MALA bestand hinsichtlich der Schwere der Laktatazidose kein re-

levanter Unterschied zwischen Überlebenden und Verstorbenen (Friesecke et al. 2010).

In der Studie von Vecchio et al. lag die Mortalität bei 26 %. Ein Unterschied zwischen

Überlebenden und Verstorbenen hinsichtlich der Laktatkonzentration bestand nicht

(Vecchio et al. 2014).

In der vorliegenden Arbeit war bei den Patienten mit supratherapeutischer Metforminkon-

zentration die Mortalität mit 23 – 28 % trotz ähnlich schwerer Laktatazidosen deutlich

niedriger als bei den Patienten mit therapeutischer Metforminkonzentration (Gruppe

„Met ≤ 5 mg/l“), bei denen sie mit 61 % mehr als doppelt so hoch war (Tabelle 15, Abbil-

dung 5). In allen Gruppen waren die Laktatazidosen bei den Verstorbenen im Vergleich zu

den Überlebenden ähnlich schwer (Tabelle 18). Die Mortalität bei den Patienten der vor-

liegenden Arbeit mit MALA und supratherapeutischer Metforminkonzentration war ver-

gleichbar mit der Mortalität der Patienten in der Studie von Vecchio et al. und deutlich

niedriger als die Mortalität der Patienten mit MALA in der Studie von Friesecke et al..

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Worauf dieser Unterschied hinsichtlich der Mortalität zurückzuführen ist, lässt sich nur

vermuten. Eine Erklärung könnte eine schnellere Diagnosestellung mit einem dadurch

bedingten rascheren Beginn der therapeutischen Maßnahmen sein. Friesecke et al. ga-

ben weder die Zeit bis zur Diagnosestellung noch bis zum Beginn der therapeutischen

Maßnahmen an (Friesecke et al. 2010). Die hohe Mortalität der Patienten der vorliegen-

den Arbeit, die eine therapeutische Metforminkonzentration hatten, entspricht der Mortali-

tät in den Studien von Stacpoole et al. und Friesecke et al. bei Patienten, die eine

Laktatazidose als Folge schwerwiegender Erkrankungen wie einer Sepsis oder einer pri-

mär kardio-respiratorischen Insuffizienz hatten. Die Ergebnisse zeigen, dass eine MALA

mit supratherapeutischer Metforminkonzentration verglichen mit ebenso schweren Laktat-

azidosen anderer Genese eine deutlich bessere Prognose hat.

Differenzialdiagnosen der MALA und Bedeutung von Metformin als alleiniger 4.4

kausaler Faktor einer Laktatazidose

Da eine Laktatazidose ein Symptom verschiedener Ursachen sein kann, wurde in der

vorliegenden Arbeit untersucht, welche Differenzialdiagnosen bei Patienten mit einer MA-

LA bestanden. In der Studie von Friesecke et al. bestanden laut Angabe der Autoren bei

den Patienten mit MALA keine Differenzialdiagnosen. In der Studie von Vecchio et al.

waren eine akute Herzinsuffizienz (30 %), eine Sepsis (23 %), ein post-operativer Schock

(15 %) sowie eine schwere Lungenentzündung (15 %) die häufigsten Differenzialdiagno-

sen (Vecchio et al. 2014). Wie in der Studie von Vecchio et al. waren bei den eigenen

Patienten eine primäre kardio-respiratorische Insuffizienz (47 %) und eine Sepsis (41 %)

die häufigsten Differenzialdiagnosen. In einem Fall konnte eine Hämorrhagie und in 2

Fällen ein Thiaminmangel nicht als Ursache der Laktatazidose ausgeschlossen werden.

Ein akutes Leberversagen, eine schwere mesenteriale Ischämie und eine Intoxikation mit

einer anderen Substanz bestanden bei keinem der eigenen Patienten. Bei den Patienten

der Gruppen „Met > 5 mg/l“ und „Met ≤ 5 mg/l“ war eine Beurteilung hinsichtlich des Vor-

liegens der einzelnen Differenzialdiagnosen in einem Großteil der Fälle aufgrund fehlen-

der Angaben nicht möglich.

Diese Ergebnisse zeigen, dass die Ursache der Laktatazidose in vielen Fällen nicht

eindeutig festzustellen ist. Oftmals besteht mindestens eine Differenzialdiagnose. Ein

Thiaminmangel wurde bei den in der Literatur beschriebenen und in die vorliegende Arbeit

eingeschlossenen Patienten im Gegensatz zu den eigenen Patienten nur in Einzelfällen

und in den Studien von Vecchio et al. und Friesecke et al. gar nicht als mögliche Ursache

des Laktatazidose berücksichtigt. Auch Kalantar-Zadeh et al. diskutierten in ihrem im New

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England Journal for Medicine publizierten Fallbericht, in dem sie detailliert schilderten,

welche Befunde für bzw. gegen die jeweilige Differenzialdiagnose sprachen, einen

Thiaminmangel nicht als mögliche Differenzialdiagnose. Obwohl weder eine Thiamingabe

noch eine Messung der Thiaminkonzentration erfolgte, sahen sie die Metforminkumulation

als Ursache der Laktatazidose (Kalantar-Zadeh et al. 2013). Die Bestimmung der Thia-

minkonzentration ist bei Patienten mit Laktatazidose jedoch ein wichtige Maßnahme bei

der retrospektiven Evaluation der Ursache der Laktatazidose. Bei allen eigenen Patienten

wurde deswegen die Thiaminkonzentration im Serum gemessen, in einem Fall (Patient

17) jedoch erst nach der ersten Thiamingabe, sodass bei diesem Patienten nicht zu eva-

luieren war, ob ein Thiaminmangel als Ursache der Laktatazidose bestand.

In der Literatur wird ein Thiaminmangel üblicherweise bei Patienten mit Abhängigkeit von

Alkohol oder im Rahmen einer parenteralen Ernährung ohne gleichzeitige Vitaminsubsti-

tution beschrieben (Amrein 2011, Kitamura 1993). Bei einer eigenen Patientin (Patient 2)

lag die Thiaminkonzentration bei 5 ng/ml im Serum und damit weit unterhalb des Normbe-

reichs, obwohl weder ein Alkoholabusus, noch eine parenterale Ernährung bestanden.

Jedoch hatte die 71-jährige Patientin im Vorfeld der Laktatazidose etwa 2 Wochen lang

unter einer Diarrhoe und Erbrechen gelitten. Im Rahmen länger anhaltender gastrointesti-

naler Beschwerden kann es zu einem akuten Thiaminmangel kommen, da Thiamin nur in

geringen Mengen im Körper gespeichert wird (Marucs und Coulston 1992). Zudem be-

steht bei älteren Menschen eine reduzierte intestinale Thiaminabsorption (Bettendorff

2013). Thornalley et al. fanden bei Typ-2-Diabetikern im Vergleich zu Gesunden eine um

durchschnittlich 75 % reduzierte Thiaminkonzentration im Blutplasma bei 16-fach erhöhter

Thiaminausscheidung über die Nieren (Thornalley et al. 2007). Auch die Langzeittherapie

mit Diuretika kann zu einer niedrigen Thiaminkonzentration bis zum Thiaminmangel füh-

ren (Yui et al. 1980; Sica 2007). Es ist daher erklärbar, dass bei einer hochbetagten Dia-

betikerin mit vorbestehender Diuretikatherapie im Rahmen gastrointestinaler Beschwer-

den bereits nach einem Zeitraum von 2 Wochen ein schwerer Thiaminmangel vorliegt, der

seinerseits zu einer schweren Laktatazidose führen kann.

Für die Beurteilung des Krankheitsbildes von Patienten mit einer MALA ist auch der Zeit-

punkt ihrer Vorstellung beim Arzt bzw. im Krankenhaus mit entscheidend. Liegt beispiels-

weise eine Hypotonie bzw. ein hämodynamischer Schock vor, ist die Differenzierung, ob

es sich dabei um die Ursache oder Folge der Laktatazidose handelt, häufig nicht möglich.

Darüber hinaus muss differenzialdiagnostisch überhaupt eine MALA in Betracht gezogen

werden. Keiner der eigenen Patienten wurde mit der Verdachtsdiagnose einer MALA ins

Krankenhaus eingeliefert (Tabelle 6). Die Notärzte und einweisenden Hausärzte hatten

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nicht an eine MALA als Ursache der Symptome gedacht oder zumindest eine andere

Diagnose favorisiert. Dies kann dazu führen, dass wichtige diagnostische und therapeuti-

sche Entscheidungen unterlassen werden.

Wie schwierig die Beurteilung der Kausalität zwischen Metformin und Laktatazidose ist,

geht aus der Studie von Stades et al. hervor, in der untersucht wurde, mit welcher Wahr-

scheinlichkeit Metformin die Hautpursache der Laktatazidose bei Patienten mit MALA war.

Eingeschlossen wurden 47 Fallberichte einer MALA bei Patienten mit Diabetes mellitus

Typ 2, die zwischen 1957 und 1999 veröffentlicht worden waren. Als Einschlusskriterium

galten ein pH ≤ 7,35 oder eine arterielle Bikarbonatkonzentration < 22 mmol/l und eine

Laktatkonzentration ≥ 5 mmol/l. Sechs unabhängige Experten auf dem Gebiet der In-

tensivmedizin und/oder von Stoffwechselerkrankungen stuften die Laktatazidose jedes

Patienten in die Kategorien „MILA unwahrscheinlich“, „MILA möglich“ und „MILA wahr-

scheinlich“ ein. In 13 der 47 Fälle wurde von mindestens 3 Experten eine MILA als wahr-

scheinlich und somit Metformin als alleiniger kausaler Faktor der Laktatazidose eingestuft.

In keinem Fall stimmten die Einschätzungen aller 6 Experten überein (Stades et al. 2004).

Kajbaf und Lalau stellten nicht nur die pathogenetische Bedeutung von Metformin bei der

Entstehung einer Laktatazidose infrage, sondern nahmen sogar an, dass Metformin im

Rahmen einer Laktatazidose einen protektiven Effekt haben könnte. Sie untersuchten in

einer Studie die Mortalität bei Fällen, die seit 1960 in der Literatur veröffentlicht oder in

einer großen Pharmakovigilanzdatenbank als MALA erfasst worden waren. Sie begründe-

ten ihre Annahme mit der Beobachtung, dass nur mit Metformin behandelte Patienten

einen pH von 6,3 und Laktatkonzentrationen von 35,3 mmol/l überlebten, während alle

Patienten, die gleich schwere Laktatazidosen erlitten und kein Metformin eingenommen

hatten, verstarben (Kajbaf und Lalau 2014).

In der vorliegenden Arbeit wurden bei 5 (29 %) der 17 eigenen sowie 4 (27 %) der 15 Pa-

tienten der Gruppe „Überdosis“ alle Differenzialdiagnosen ausgeschlossen, sodass nur

Metformin als kausaler Faktor der Laktatazidose infrage kam und somit eine MILA vorlag.

Die klinischen Symptome der 9 Patienten mit MILA waren vergleichbar mit denen des

Gesamtkollektivs der eigenen Patienten. Der Krankheitsverlauf einer MILA ist, wie der

einer MALA, rasch progredient. Die Laktatazidosen der Patienten mit einer MILA waren

ähnlich schwer wie die Laktatazidosen in den in der vorliegenden Arbeit untersuchten

Gruppen. Die niedrigste Metforminkonzentration eines Patienten mit MILA lag bei

13,4 mg/l (Patientin 6). Dies zeigt, dass die Kumulation von Metformin bereits bei einer

Metforminkonzentration von 13,4 mg/l zu einer Laktatazidose führen kann. Wie hoch die

Metforminkonzentration mindestens sein muss, um eine Laktatazidose induzieren zu

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können, bedarf weiterer Untersuchungen. Von den 5 eigenen Patienten mit einer MILA

starb keiner, von den 4 Patienten der Gruppe „Überdosis“ mit einer MILA verstarben 2

Patienten.

Die Ergebnisse der vorliegenden Arbeit zeigen, dass Metformin als alleiniger kausaler

Faktor eine Laktatazidose induzieren kann. Dabei kann eine MILA nicht nur nach Ein-

nahme einer supratherapeutischen Einmaldosis, sondern auch unter der Therapie mit

Metformin entstehen. Auch in der Studie von Stades et al. bewerteten immerhin mindes-

tens 3 der 6 Experten in 13 Fällen Metformin als alleinige Ursache der Laktatazidose.

Stades et al. sahen jedoch in der sehr niedrigen Übereinstimmung der Experten unter-

einander ein starkes Argument dafür, Metformin als eindeutige Ursache einer Laktatazi-

dose auszuschließen. Stattdessen stuften sie den Zusammenhang zwischen Metformin

und Laktatazidose als zufällig ein (Stades et al. 2004). Die Ergebnisse der vorliegenden

Arbeit widersprechen dieser verallgemeinernden Einschätzung ebenso wie der Hypothese

von Kajbaf und Lalau, Metformin könne einen protektiven Effekt haben, da sie zeigen,

dass Metformin nicht nur nicht protektiv ist, sondern alleinige Ursache einer Laktatazidose

mit möglicher Todesfolge sein kann. Die Ergebnisse der vorliegenden Arbeit zeigen

außerdem, dass eine MILA eine auffällig gute Prognose hat im Vergleich zu anderen

schwersten Laktatazidosen.

Die genaue Pathogenese der MILA auf zellulärer Ebene ist nicht geklärt. Protti et al.

konnten zeigen, dass Metformin bei Kumulation die Sauerstoffextraktion und den Ge-

samtsauerstoffverbrauch bei unveränderter oder sogar erhöhter Sauerstoffzufuhr verrin-

gert. Gleichzeitig bewiesen sie, dass eine Laktatazidose per se nicht zu einer Abnahme

des Sauerstoffverbrauchs führt (Protti et al. 2010; Protti et al. 2012). Sie verglichen daher

die schwere Metforminintoxikation mit einer Zyanidvergiftung, bei der Zellen unfähig sind,

vorhandenen Sauerstoff zu nutzen und die Energieproduktion von der aneroben Glykoly-

se abhängt. Sie nahmen an, dass der niedrige globale Sauerstoffverbrauch Zeichen einer

generalisierten Hemmung der Atmungskette ist und dies zu einer hepatischen und extra-

hepatischen Überproduktion von Laktat führt (Protti et al. 2012). Die Ergebnisse weisen

darauf hin, dass Metformin bei Kumulation zumindest teilweise über diesen Weg eine

Laktatazidose induziert.

Diagnostik, Therapie und Prävention der MALA 4.5

Die Bestimmung der Metforminkonzentration ist eine unabdingbare Voraussetzung um

eine MALA diagnostizieren zu können. In der Studie von Vecchio et al. betrug die mittlere

Metforminkonzentration 40,7 ± 27,7 mg/l, die höchste Metforminkonzentration 117 mg/l.

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Die Überlebenden hatten mit im Mittel 41,95 ± 7,94 mg/l etwas höhere Metforminkon-

zentrationen als die verstorbenen Patienten mit einer mittleren Metforminkonzentration

von 37,04 ± 14,61 mg/l (Vecchio et al. 2014). In der Studie von Friesecke et al. lag die

mittlere Metforminkonzentration bei 55 ± 13 mg/l. Die höchste Metforminkonzentration

betrug 81 mg/l. Ein signifikanter Unterschied zwischen den Metforminkonzentrationen der

Überlebenden und der Verstorbenen bestand nicht (Friesecke et al. 2010). In der vorlie-

genden Arbeit lag die Metforminkonzentration bei den eigenen Patienten im Mittel bei

34,5 ± 17,2 mg/l und in der Gruppe „Met > 5 mg/l“ im Mittel bei 44,2 ± 26,8 mg/l. Die

maximale Metforminkonzentration eines Patienten, der die Laktatazidose unter der The-

rapie mit Metformin (3 g/Tag) entwickelt hatte, betrug in der vorliegenden Arbeit 127 mg/l

(Laforest et al. 2013). Bei den Suizidpatienten war die höchste gemessene Metforminkon-

zentration mit 380 mg/l etwa dreimal so hoch. In der Gruppe „Met > 5 mg/l“ waren die

höchste Metforminkonzentration eines Verstorbenen und eines Überlebenden fast iden-

tisch (125 mg/l vs. 127 mg/l). Bei den eigenen Patienten lag die höchste Metformin-

konzentration eines Überlebenden mit 74,9 mg/l deutlich über der eines Verstorbenen

(40,3 mg/l).

Sowohl in der vorliegenden Arbeit als auch in den Studien von Vecchio et al. und

Friesecke et al. lagen die Metforminkonzentrationen der Patienten, die eine MALA unter

der Therapie mit Metformin entwickelt hatten weit oberhalb des therapeutischen Bereichs.

Die zum Teil noch deutlich höheren Metforminkonzentrationen der Suizidpatienten lassen

sich durch die Einnahme der hohen Einzeldosis Metformin erklären. Darüber hinaus ent-

wickelten 7 (47 %) der 15 Suizidpatienten nach Einnahme der Überdosis ein akutes Nie-

renversagen. Es ist davon auszugehen, dass das akute Nierenversagen die Akkumulation

des Metformins zusätzlich verstärkt hat. Anhand der Patienten, die eine MALA nach Ein-

nahme einer Überdosis Metformin in suizidaler Absicht entwickelten, wird ersichtlich, dass

bereits die einmalige Einnahme von 5 g Metformin, zu einer Metforminkonzentration von

36 mg/l führen kann (Duong et al. 2013).

Die Ergebnisse der Studie von Vecchio et al., Friesecke et al. und der vorliegenden Arbeit

zeigen, dass die Höhe der Metforminkonzentration kein entscheidender prognostischer

Faktor ist. Schulz et al. untersuchten die therapeutischen und toxischen Blutkonzentra-

tionen von fast 1000 Medikamenten und gaben für Metformin Werte von 64 – 166 mg/l als

komatös bis letale Blutkonzentrationen an. Diese Angabe beruht jedoch nur auf der Ana-

lyse einzelner Fallberichte (Schulz et al. 2012). Mit 267 mg/l lag in der vorliegenden Arbeit

die höchste Metforminkonzentration eines Überlebenden deutlich über dem von Schulz et

al. angegebenen Wert. Für eine aussagekräftige Bewertung, ob es eine letale Metformin-

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konzentration gibt und wie hoch diese ist, bedarf es weiterer Untersuchungen. Darüber

hinaus ist davon auszugehen, dass das Outcome nicht nur von der Höhe der Metformin-

konzentration im Blut, sondern auch von anderen Faktoren, wie beispielsweise dem Zeit-

punkt der Diagnose, Begleiterkrankungen, dem Beginn der Therapie sowie den durchge-

führten Therapiemaßnahmen abhängt.

Ob es zwischen der Höhe der Metforminkonzentration und der Schwere der Laktatazidose

einen Zusammenhang gibt, wurde mehrfach untersucht, mit unterschiedlichen Ergebnis-

sen. Während Vecchio et al. eine moderate Korrelation zwischen Metforminkonzentration

und pH-Wert und Laktatkonzentration beschrieben, bestand in der Studie von Duong et al.

keine Korrelation zwischen der maximalem Metforminkonzentration und der Laktatkon-

zentration oder dem pH-Wert (Duong et al. 2013; Vecchio et al. 2014). Aufgrund der

fehlenden Korrelation zwischen Metforminkonzentration und Mortalität bzw. Schwere der

Vergiftung sowie der zeitverzögerten Verfügbarkeit der Messergebnisse wird die Bestim-

mung der Metforminkonzentration in dem weltweit verbreiteten internetbasierten Unter-

stützungssystem für Kliniker UpToDate® als nicht hilfreich erachtet (Chu und Stolbach

2014). Die Beobachtung von Lalau et al., dass eine einmalig gemessene supratherapeuti-

sche Metforminkonzentration nicht zwangsläufig mit einer Laktatazidose einhergeht, stützt

diese Empfehlung. Lalau et al. untersuchten die Konsequenzen einer Metforminintoxika-

tion und beschrieben, dass bei 3 Suizidpatienten trotz sehr hoher Metforminkonzentra-

tionen im Plasma (67,6 mg/l, 63,3 mg/l und 40,1 mg/l) keine Laktatazidose vorlag (Lalau

et al. 1998). Die Laktatkonzentration ändert sich jedoch im zeitlichen Verlauf (Friesecke et

al. 2006; Arroyo et al. 2010; Dell'Aglio et al. 2010). Bei den 3 von Lalau et al. untersuchten

Patienten waren zwar die Kriterien für eine Laktatazidose nicht erfüllt, jedoch lag mit Wer-

ten von 3,1 – 4,7 mmol/l bei allen eine Hyperlaktatämie vor. Keiner der 3 Patienten litt an

einem akuten Nierenversagen oder einer dialysepflichtigen chronischen Nierenkrankheit,

sodass Metformin effektiv und rasch über die Nieren ausgeschieden werden konnte

(Lalau et al. 1998). Darüber hinaus gaben Lalau et al. in ihrer Untersuchung nur jeweils

eine Metformin- und eine Laktatkonzentration an, sodass weder zu evaluieren ist, wie

lange die erhöhte Metforminkonzentration bestand, noch wie sich die Laktatkonzentration

entwickelte (Lalau et al. 1998).

Die Ergebnisse der eigenen Patienten zeigen, dass sich die Metforminkonzentration im

Plasma sogar bei Anurie verändert. Bei 2 eigenen Patienten erfolgte eine mehrmalige

Bestimmung der Metforminkonzentration vor Durchführung der Hämodialyse (Patienten 5

und 11). Trotz Anurie sank bei beiden Patienten die Metforminkonzentration ab (19,2 mg/l

auf 16,6 mg/l bzw. 17,9 mg/l auf 14,4 mg/l). Aus einer Studie von Tucker et al. zur

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Pharmakokinetik von Metformin ergeben sich Hinweise, dass weniger die Höhe der

einmalig gemessenen Serumkonzentration von Metformin von Bedeutung ist, sondern

vielmehr wie lange die erhöhte Metforminkonzentration besteht bzw. wie hoch die Kon-

zentration von Metformin im Gewebe ist. Tucker et al. beschrieben für Metformin eine

Pharmakokinetik nach dem Zwei-Kompartiment-Model, bei der sich Metformin zunächst

im zentralen Kompartiment, dem Blutplasma, und erst später im tiefen Kompartiment,

dem Gewebe, verteilt. Sie zeigten, dass nach oraler Einnahme von Metformin die Metfor-

minkonzentration im Vollblut zunächst zwar niedriger ist als im Plasma, jedoch deutlich

langsamer abfällt, sodass sie nach ca. 8 Stunden genauso hoch ist und nach 12 Stunden

deutlich über der Metforminkonzentration im Plasma liegt (Tucker et al. 1981). Daher

äußerten Tucker et al. die Vermutung, dass die Plasmakonzentration von Metformin kein

sensitiver Marker für eine Intoxikation sein könnte, wenn Metformin eine Laktatazidose in

einem Gewebe induziert, das Metformin langsam aufnimmt. Stattdessen könnte die Met-

forminkonzentration in den Erythrozyten beispielhaft für die zelluläre Aufnahmemenge von

Metformin in anderen Geweben sein (Tucker et al. 1981).

Da es sich bei den 3 von Lalau et al. beschriebenen Patienten um Suizidpatienten handel-

te, ist davon auszugehen, dass das Metformin nicht langsam, über Tage akkumulierte.

Die hohen Metforminkonzentrationen im Plasma waren stattdessen Folge der einmaligen

Einnahme einer supratherapeutischen Dosis innerhalb der letzten Stunden vor Aufnahme

im Krankenhaus. Es ist daher denkbar, dass die Metforminkonzentration bei den 3 Suizid-

patienten im Blutplasma zwar sehr hoch war, die Konzentration am Wirkort von Metfor-

min, das heißt intrazellulär, jedoch noch nicht bzw. nicht lang genug erhöht war. Somit

kam es bei diesen Patienten noch nicht zur Entstehung einer Laktatazidose, sondern nur

zu der von Lalau et al. beschriebenen Hyperlaktatämie. Es wird ebenfalls verständlich,

dass bei Patienten, bei denen Metformin im Rahmen einer allmählichen Verschlechterung

der Nierenfunktion über Tage akkumuliert, eine Laktatazidose bestehen kann, obwohl bei

ihnen niedrigere Plasmakonzentrationen gemessen werden als bei Suizidpatienten mit

einer Hyperlaktatämie. Diese Beobachtungen weisen darauf hin, dass die Dauer der Met-

forminkumulation und der Zeitpunkt der Bestimmung der laborchemischen Parameter

Faktoren sind, die das Ergebnis der Berechnung der Korrelation zwischen der Metformin-

und der Laktatkonzentration bzw. dem pH-Wert entscheidend beeinflussen können. Daher

ist die Aussagekraft der Ergebnisse einer Korrelationsbestimmung fraglich. Im Rahmen

einer Laktatazidose könnte die Messung der Metforminkonzentration in den Erythrozyten

für die Abschätzung der Toxizität von Metformin ein aussagekräftigerer Parameter sein

als die Metforminkonzentration im Blutplasma. Auch Vecchio et al. halten weitere Unter-

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suchungen hinsichtlich der Metforminkonzentration in den Erythrozyten für sinnvoll

(Vecchio et al. 2014).

Besteht bei Patienten mit einer Laktatazidose der Verdacht auf eine Kumulation von Met-

formin, ist ein wichtiges therapeutisches Ziel, Metformin rasch zu eliminieren. In der

Studie von Vecchio et al. wurden 94 % (N = 62/66) der Patienten dialysiert. In 4 Fällen

wurde keine Dialysebehandlung durchgeführt. Bei 3 dieser Patienten konnte mittels Vo-

lumengabe die exkretorische Nierenfunktion so verbessert werden, dass eine ausreichen-

de renale Elimination von Metformin erreicht wurde. Ein Patient verstarb kurze Zeit nach

Vorstellung im Krankenhaus. Bei den dialysierten Patienten wurde in der Mehrzahl der

Fälle ein kontinuierliches Verfahren eingesetzt. In der vorliegenden Arbeit wurde eine Dia-

lysebehandlung bei 16 (94 %) der 17 eigenen Patienten und in der Gruppe „Überdosis“

bei allen Patienten durchgeführt. In der Gruppe „Met > 5 mg/l“ wurden 89 % der Patienten

dialysiert; in der Gruppe „Met ≤ 5 mg/l“ waren es mit 53,8 % knapp über die Hälfte der

Patienten (Tabelle 17). Wie in der Studie von Vecchio et al. wurde bei den in der Literatur

beschriebenen Patienten der vorliegenden Arbeit in der Mehrzahl der Fälle ein kontinuier-

liches Dialyseverfahren einem intermittierenden vorgezogen. Einige Autoren begründeten

die Entscheidung gegen die intermittierende Dialysebehandlung mit der hämodynami-

schen Instabilität ihrer Patienten (Arroyo et al. 2010; Keller et al. 2011; Correia und

Bronander 2012). Bei allen eigenen Patienten, die dialysiert wurden, erfolgte eine intermit-

tierende Dialysebehandlung selbst bei ausgeprägter Hypotonie und hoch-dosierter Kate-

cholamintherapie für eine Dauer von im Mittel 7,6 ± 2,5 Stunden (7,5; 2,5 – 12,5 Stunden).

Dies zeigt, dass eine intermittierende Dialysebehandlung auch bei hämodynamisch insta-

bilen Patienten erfolgreich durchgeführt werden kann. Vorteil einer intermittierenden Hä-

modialyse sind der höhere Blut- und Dialysatfluss, wodurch die Clearance von Metformin

höher ist und die Substanz schneller eliminiert wird als bei einem kontinuierlichen Verfah-

ren (Lalau et al. 1989).

In der Studie von Vecchio et al. betrug die Zeit von der Aufnahme des Patienten bis zum

Beginn der Dialyse im Mittel 9,04 ± 6,86 Stunden. Dabei bestand kein Unterschied

zwischen Verstorbenen und Überlebenden hinsichtlich der Zeit zwischen Aufnahme und

Beginn der Dialysebehandlung (Vecchio et al. 2014). Bei den eigenen Patienten war die

Zeit zwischen Diagnose der Laktatazidose und Beginn der ersten Dialysebehandlung mit

im Mittel 170 Minuten relativ kurz. Bei 8 der 16 dialysierten Patienten begann die Dialyse-

behandlung innerhalb der ersten beiden Stunden nach Diagnose der Laktatazidose. Bei

den eigenen Patienten wurden die Überlebenden mit durchschnittlich 113 Minuten zwi-

schen Diagnose der Laktatazidose und Dialysebeginn deutlich schneller dialysiert als die

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verstorbenen Patienten, bei denen der Zeitraum im Mittel 340 Minuten betrug. Die Zeit

zwischen Diagnose der Laktatazidose und Beginn der ersten Dialysebehandlung war bei

den eigenen Patienten deutlich kürzer als bei den von Vecchio et al. beschriebenen

Patienten (Vecchio et al. 2014). Darüber hinaus lassen die Ergebnisse der eigenen

Patienten im Gegensatz zu der Studie von Vecchio et al. vermuten, dass ein rascher Be-

ginn der Dialysebehandlung ein prognostisch günstiger Faktor ist. Daher erscheint eine

möglichst baldige Durchführung einer Dialysebehandlung nach Diagnose einer MALA

sinnvoll; ebenso im Hinblick darauf, dass sich der Zustand der Patienten unbehandelt

rasch verschlechtern kann.

Eine eigene Patientin (Patient 8) wurde trotz bestehender Anurie nicht dialysiert. Bei ihr

kam es nur durch Flüssigkeitssubstitution und Bikarbonatgaben sowie wiederholter hoch-

dosierter Gabe von Thiamin zur Rückbildung der Laktatazidose. Die Patientin hatte jedoch

keinen Thiaminmangel, sondern litt an einer MILA. Dies könnte ein Hinweis darauf sein,

dass hochdosiertes Thiamin einen günstigen Einfluss auf den Verlauf einer MILA hat. In

jedem Fall sollte Thiamin allen Patienten mit einer Laktatazidose verabreicht werden, da

ein Thiaminmangel eine mögliche Differenzialdiagnose darstellt und die Thiaminkon-

zentration in der Akutsituation nicht innerhalb kurzer Zeit bestimmt werden kann. Laut

Bettendorff hat Thiamin eine weite therapeutische Breite, kann jedoch bei intravenöse

Gabe in hoher Dosis zu allergischen Reaktionen bis hin zu einem anaphylaktischen

Schock, Atemdepression und einer neuromuskulären Blockade führen (Bettendorff 2013).

Im Tierexperiment am Hund lag die letale Thiaminkonzentration bei 100.000 ng/ml. (Davis

und Icke 1983). Alle eigenen Patienten erhielten wiederholt hochdosierte intravenöse

Thiamingaben. Die Thiaminkonzentrationen der eigenen Patienten lagen am Ende der

ersten Dialyse mit 660 ng/ml – 8240 ng/ml weit oberhalb des Normbereichs, jedoch auch

deutlich unter der am Hund beobachteten letalen Konzentration. Bei keinem der eigenen

Patienten kam es zu einer unerwünschten Nebenwirkung.

Eine kontrovers diskutierte therapeutische Maßnahme bei der Behandlung von Laktatazi-

dosen, ist die Gabe von Bikarbonat. Diese kann durch einen Anstieg der Bikarbonatkon-

zentration und des pH-Wertes zu einer Korrektur der Azidose führen. Jedoch kann eine

schnelle Bikarbonatgabe einen Anstieg des pCO2 im Gewebe und eine vermehrte Laktat-

produktion mit Verschlimmerung der Azidose zur Folge haben (Wiederkehr und Emmett

2014). Daher wird eine Bikarbonatgabe nur bei Patienten mit pH-Werten < 7,1 empfohlen,

um möglichen Folgen einer schweren Azidose wie beispielsweise einer verminderten

linksventrikulären Kontraktilität und Arrhythmien entgegenzuwirken (Wiederkehr und

Emmett 2014). Da es sich bei Patienten mit MALA bzw. MILA häufig um schwerste

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Laktatazidosen mit pH-Werten deutlich unter 7,1 handelt, ist eine Bikarbonatgabe oftmals

indiziert. Weder Vecchio et al. noch Friesecke gaben an, ob bzw. wie viele Patienten

Bikarbonat erhielten. In der vorliegenden Arbeit war bei 26 Patienten der Gruppe

„Met > 5 mg/l“ die Gabe von Bikarbonat beschrieben worden. Von den 17 eigenen Patien-

ten erhielten 16 Patienten vor Beginn der Dialysebehandlung zwischen 100 und 750 mmol

Natriumbikarbonat intravenös (Tabelle 9). Die Gabe von Bikarbonat ist insbesondere bei

hyperkaliämischen Patienten sinnvoll, da es durch die Alkalisierung zur Umverteilung von

Kalium in den Intrazellulärraum kommt. So kann lebensbedrohlichen Herzrhythmusstö-

rungen entgegengewirkt und die Zeit bis zum Dialysebeginn überbrückt werden. Bei 14

(82 %) der 17 eigenen Patienten ging die Laktatazidose mit einer Hyperkaliämie einher

(Tabellen 8 und 15). Diese war sowohl Folge der Azidose als auch des akuten Nierenver-

sagens. Liegen eine niedrig normale Kaliumkonzentration oder eine Hypokaliämie vor,

sollte eine Bikarbonatgabe zurückhaltend oder nur bei gleichzeitiger Kaliumsubstitution

erfolgen.

Eine rasche und effiziente Therapie sollte auch bei hochbetagten Patienten eingeleitet

werden, da auch diese Patienten schwerste Laktatazidosen überleben können. Darüber

hinaus bestand in allen Gruppen der vorliegenden Arbeit kein wesentlicher Unterschied

zwischen Überlebenden und Verstorbenen hinsichtlich der Höhe der Laktatkonzentration,

des pH-Wertes und des mittleren Alters. Der älteste Überlebende war in allen Gruppen

älter als der älteste Verstorbene.

Um der Entstehung von Laktatazidosen unter Metformintherapie vorzubeugen, gilt es vor

allem ein akutes Nierenversagen zu verhindern. Daher erfordern Situationen, in denen

sich die Nierenfunktion akut verschlechtern kann, besondere Aufmerksamkeit. Dazu zäh-

len beispielsweise eine Dehydratation, die Einleitung einer Therapie mit RAAS-Blockern,

Diuretika oder NSAR sowie die Gabe jodhaltiger Kontrastmittel. Auch eine Kombinations-

therapie mehrerer nephrotoxischer Medikamente sollte vermieden bzw. im Rahmen

gastroenteritischer Beschwerden umgehend pausiert werden, um einem akuten Nieren-

versagen mit Kumulation von Metformin und der Entstehung einer Laktatazidose vorzu-

beugen. Der erstverordnende Arzt sollte den Patienten ausreichend über Umstände auf-

klären, die ein akutes Nierenversagen begünstigen und ihn anweisen, die Therapie mit

Metformin in solchen Fällen zu pausieren und umgehend einen Arzt aufzusuchen. Im

Rahmen einer Dauertherapie sollte dieses Wissen durch den behandelnden Arzt regel-

mäßig aufgefrischt werden. In seinen neuesten Empfehlungen fordert das BfArM die Ärzte

sogar auf, ihre Patienten über das Krankheitsbild der Laktatazidose und deren Symptome

aufzuklären (Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte 2016). Dies setzt ent-

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sprechende Kenntnisse der behandelnden Ärzte voraus. Bei den 13 eigenen ins Kran-

kenhaus eingewiesenen Patienten stellte keiner der einweisenden Ärzte die Verdachts-

diagnose einer MALA. Nur in 5 Fällen erfolgte die Einweisung durch den Hausarzt oder

Diabetologen. Bedingt durch das Krankheitsbild sind die erstversorgenden Ärzte häufiger

Notärzte, Intensivmediziner, Nephrologen und Kardiologen. Diese Fachgruppen sollten

deshalb für das Krankheitsbild der MALA/MILA sensibilisiert werden. Nur so kann erreicht

werden, dass bei den betroffenen Patienten in der Akutsituation eine MALA/MILA als

Differenzialdiagnose berücksichtigt und die erforderliche Diagnostik und Therapie einge-

leitet werden.

Sollte es unter der Therapie mit Metformin zu einer Verschlechterung des Allgemein-

zustands kommen und der Patient gastrointestinale oder neurologische Symptome

entwickeln, sind umgehend Serumkreatinin, pH-Wert und Blutlaktatkonzentration zu be-

stimmen. Liegt eine Laktatazidose vor, sollte neben der Metformin- auch die Thiaminkon-

zentration bestimmt werden, um den Thiaminmangel als Differenzialdiagnose zu sichern

oder auszuschließen. Nachdem das BfArM seit 2015 die Grenze für die chronische Nie-

renkrankheit als Kontraindikation von einer eGFR von 60 ml/min/1,73 m2 auf eine eGFR

< 30 ml/min/1,73 m2 herabgesetzt hat, werden zukünftig mehr Patienten mit einer CKD3

Metformin erhalten. Diese Patienten haben per se im Vergleich zu Patienten mit einer

besseren Nierenfunktion ein höheres Risiko, ein akutes Nierenversagen zu erleiden mit

der damit verbundenen Gefahr einer Metforminintoxikation (Kidney Disease: Improving

Global Outcomes (KDIGO) Acute Kidney Injury Work Group 2012). Da in der Vergangen-

heit im Praxisalltag oftmals Kontraindikationen für Metformin nicht eingehalten wurden, ist

fraglich, ob die neuen vom BfArM vorgegebenen Vorsichtsmaßnahmen zur Verhinderung

eines akuten Nierenversagens zukünftig eingehalten werden. Daher ist eine Zunahme

Metformin-assoziierter und -induzierter Laktatazidosen zu befürchten.

Zusammenfassung der Diskussion 4.6

Bei den bisher publizierten Fallberichten und Sammelstatistiken über Metformin assoziier-

te Laktatazidosen wurde in der Mehrzahl der Fälle keine Metforminkonzentration be-

stimmt, sodass die Voraussetzung um eine MALA diagnostizieren zu können nicht gege-

ben war. Dies trägt mit dazu bei, dass der kausale Zusammenhang zwischen Laktatazi-

dose und Metformin noch immer kontrovers diskutiert wird. In die vorliegende Arbeit

wurden daher nur Patienten eingeschlossen, bei denen die Metforminkonzentration im

Blutplasma bestimmt worden war. Eine Besonderheit dieser Arbeit ist, dass sowohl zwi-

schen Patienten mit erhöhter und therapeutischer Metforminkonzentration unterschieden

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wurde als auch zwischen Patienten, bei denen die Laktatazidose unter der Therapie mit

Metformin aufgetreten war und Patienten, die eine Laktatazidose nach Einnahme einer

Überdosis Metformin in suizidaler Absicht entwickelt hatten.

Die Ergebnisse der vorliegenden Arbeit bestätigen, dass Patienten, die unter einer Thera-

pie mit Metformin eine Laktatazidose entwickeln, überwiegend älter als 70 Jahre sind. Bei

dieser Altersgruppe wird Metformin in Deutschland am häufigsten eingesetzt. In klinische

Studien wurden bisher jedoch überwiegend jüngere Patienten ein- und Risikopatienten

ausgeschlossen. Dies kann eine Erklärung dafür sein, dass unter Studienbedingungen

keine MALA beobachtet wurde. Das schließt jedoch nicht aus, dass ältere Patienten, die

in der alltäglichen Praxis mit Metformin behandelt werden, eine Laktatazidose entwickeln

können. In der Regel tritt bei diesen Patienten eine MALA unter einer Langzeittherapie

und Einhaltung der Tageshöchstdosis von Metformin auf.

Bei der Diskussion darüber, ob Metformin eine Laktatazidose induzieren kann, wird bisher

überwiegend die chronische Nierenkrankheit als Risikofaktor diskutiert. Auch in der vorlie-

genden Arbeit wurde bei den mit Metformin behandelten Patienten häufig eine chronische

Nierenkrankheit als Kontraindikationen missachtet. Die Ergebnisse der vorliegenden Ar-

beit zeigen jedoch, dass in über 90 % der Fälle ein akutes Nierenversagen und nicht eine

sich langsam verschlechternde chronische Nierenkrankheit Ursache für die Kumulation

von Metformin ist. Somit sind alle Risikofaktoren für ein akutes Nierenversagen, insbe-

sondere eine CKD 3, auch Risikofaktoren für die Entstehung einer MALA.

In der vorliegenden Arbeit wurde erstmals untersucht, ob sich das klinische Erschei-

nungsbild einer MALA mit supratherapeutischer Metforminkonzentration von dem einer

MALA, die sicher nicht durch Metformin induziert wurde, unterscheidet. Beide Krankheits-

bilder sind unspezifisch. Oftmals bestehen gastrointestinale und neurologische Sympto-

me. Jedoch fällt auf, dass bei Patienten mit MALA und supratherapeutischer Metformin-

konzentration zum Teil eine ausgeprägte Hypothermie vorliegt. Die Ergebnisse der vorlie-

genden Arbeit bestätigen, dass bei umgehender Therapie die Mortalität bei Patienten mit

MALA und supratherapeutischer Metforminkonzentration trotz ähnlich schwerer Laktatazi-

dosen deutlich niedriger ist als bei Patienten mit MALA und therapeutischer Metformin-

konzentration.

Im akuten Krankheitsfall ist die Ursache einer Laktatazidose oftmals nicht eindeutig zu

sichern, da in der Regel mindestens eine Differenzialdiagnose besteht. Ein Thiaminman-

gel wird bisher meist nicht als mögliche Differenzialdiagnose berücksichtigt, obwohl ins-

besondere bei älteren Typ-2-Diabetikern oftmals niedrige Thiaminkonzentrationen vorlie-

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gen. Bei ihnen kann daher bei länger anhaltenden gastrointestinalen Beschwerden oder

unter einer Diuretikatherapie rasch ein Thiaminmangel auftreten. Ein Thiaminmangel wur-

de in der vorliegenden Arbeit bei allen Patienten als mögliche Ursache der Laktatazidose

berücksichtigt. Bei einer eigenen Patientin lag ein Thiaminmangel vor. In der vorliegenden

Arbeit war die Kumulation von Metformin bei 9 Patienten einziger kausaler Faktor der

Laktatazidose. Somit gibt es eine MILA. Diese kann nicht nur nach Einnahme einer supra-

therapeutischen Dosis in suizidaler Absicht entstehen, sondern auch unter therapeuti-

schen Dosen im Rahmen einer schweren Nierenfunktionseinschränkung.

Wie in der vorliegenden Arbeit wird bisher die Metforminkonzentration im Blutplasma be-

stimmt. Für die Abschätzung der Toxizität von Metformin könnte jedoch aufgrund der

Pharmakokinetik eher die Metforminkonzentration im Gewebe, z.B. in den Erythrozyten,

relevanter sein. Zukünftig sollte daher auch dieser Parameter bei den betroffenen Patien-

ten gemessen werden. Die vorliegende Arbeit bestätigt, dass bei eingeschränkter Nieren-

funktion eine Dialysebehandlung notwendig ist, um Metformin effektiv zu eliminieren. Ins-

besondere bei hämodynamisch instabilen Patienten wurden bisher vorwiegend kontinuier-

liche Verfahren angewandt. Anhand der eigenen Patienten konnte jedoch gezeigt werden,

dass auch bei diesen Patienten eine intermittierende Hämodialyse durchgeführt werden

kann. Aufgrund der damit verbundenen schnelleren Elimination von Metformin sollte die-

ses Verfahren bevorzugt eingesetzt werden. Eine neue Erkenntnis dieser Arbeit ist, dass

in allen Fällen einer MALA eine Thiamingabe erfolgen sollte, um einen möglichen

Thiaminmangel zu beheben. Darüber hinaus ist die Messung der Thiaminkonzentration

vor der ersten Thiamingabe erforderlich, um einen Thiaminmangel als Ursache der

Laktatazidose zu sichern oder auszuschließen. Um einer Kumulation von Metformin und

der Entstehung einer Laktatazidose vorzubeugen, sollte Metformin in allen Situationen,

die ein akutes Nierenversagen induzieren können, pausiert werden.

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5 Zusammenfassung der Dissertation

Metformin wird häufig als kausaler Faktor einer Metformin-assoziierten Laktatazidose

(MALA) in Frage gestellt. Bei Patienten mit einer MALA wurde untersucht, welche Ursa-

chen zur Entwicklung der MALA beigetragen haben, ob sich klinisches Erscheinungsbild,

Schwere und Verlauf bei Patienten mit erhöhter Metforminkonzentration (> 5 mg/l) im

Vergleich zu Patienten mit therapeutischer Metforminkonzentration (≤ 5 mg/l) unterschei-

den, welche Differenzialdiagnosen bestehen, ob die Kumulation von Metformin als alleini-

ger Faktor eine Laktatazidose induzieren kann, es somit eine Metformin-induzierte

Laktatazidose (MILA) gibt und welche Konsequenzen sich aus den erhobenen Befunden

für Diagnostik, Therapie und Prävention einer MALA ergeben.

In einer retrospektiven Analyse wurden 17 eigene und 163 in der Literatur beschriebene

Fälle mit einer MALA untersucht, bei denen die Metforminkonzentration im Serum gemes-

sen worden war. Anhand der Metforminkonzentration und Einnahmeart (therapeutisch

versus Überdosierung in suizidaler Absicht) erfolgte die Einteilung in folgende Gruppen:

Eigene Patienten N = 17, Literatur: „Met > 5 mg/l“ N = 120, „Met ≤ 5 mg/l“ N = 28, „Über-

dosis“ N = 15. Alle eigenen Patienten hatten die MALA unter einer therapeutischen Met-

formindosis entwickelt. Bei ihnen und den Patienten der Gruppe „Überdosis“ lag die Met-

forminkonzentration > 5 mg/l. Als Kontraindikation wurde häufig eine chronische Nieren-

krankheit (CKD) im Stadium ≥ 3 missachtet. Die Kumulation von Metformin wurde aber

bei den nicht suizidalen Patienten durch ein akutes Nierenversagen (ANV) und nur in Ein-

zelfällen durch eine CKD verursacht. Das Krankheitsbild der MALA ist unspezifisch. Es

bestehen häufig gastroenterologische und neurologische Symptome, eine Hypothermie

und ein rasch progredienter Verlauf. Häufigste Differenzialdiagnosen (DD) sind Sepsis

und kardiorespiratorische Insuffizienz. Ein Thiaminmangel kann ebenfalls vorliegen, wur-

de bei den bisher in der Literatur beschriebenen Patienten aber nur in 2 Fällen als DD

berücksichtigt. Bei 9 Patienten konnten alle DD ausgeschlossen werden, sodass eine

MILA vorlag. Eine Hämodialysebehandlung senkt erhöhte Metforminkonzentrationen und

bessert die Laktatazidose (LA). Trotz ähnlich schwerer LA war die Mortalität in allen

Gruppen mit erhöhter Metforminkonzentration mit 23,5 – 28,3 % auffällig niedriger als bei

den Patienten mit therapeutischer Metforminkonzentration (60,7 %).

Unter therapeutischer Dosierung kann Metformin kumulieren und eine LA induzieren.

Ursache der Kumulation ist in der Regel ein ANV. Bei umgehender Behandlung ein-

schließlich Hämodialysebehandlung zur Elimination von Metformin ist die Mortalität unter

Berücksichtigung der Schwere der LA relativ gering. Besteht das Risiko eines ANV sollte

Metformin abgesetzt werden. Bei einer MALA sollten zur Beurteilung der Ursache der LA

stets die Metformin- und die Thiaminkonzentration bestimmt werden.

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7 Anhang

Abkürzungsverzeichnis 7.1

ACE Angiotensin-Converting-Enzyme ANV Akutes Nierenversagen ASS Acetylsalicylsäure AT1-Antagonisten Angiotensin-II-Rezeptor-Subtyp-1-Antagonisten AV-Block Atrioventrikulärer Block AZ Allgemeinzustand BE Base Excess BfArM Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte CKD Chronische Nierenkrankheit CKD-EPI Chronic Kidney Disease Epidemiology Collaboration CK Creatin-Kinase CK-MB Creatin-Kinase Muscle-Brain COPD Chronische obstruktive Lungenerkrankung CRP C-reaktives Protein CVVHD Kontinuierliche veno-venöse Hämodialyse DD Differenzialdiagnose DDD Defined Daily Doses EF Ejektionsfraktion eGFR Estimated (geschätzte) glomeruläre Filtrationsrate EKG Elektrokardiogramm GFR Glomeruläre Filtrationsrate Hb Hämoglobin HCT Hydrochlorothiazid HRST Herzrhythmusstörung INR International Normalized Ratio i.v. Intravenös k.A. Keine Angabe LA Laktatazidose LAE Lungenarterienembolie MALA Metformin-assoziierte Laktatazidose MILA Metformin-induzierte Laktatazidose NSAR Nichtsteroidale Antirheumatika pCO2 Kohlenstoffdioxidpartialdruck pO2 Sauerstoffpartialdruck RAAS Renin-Ansiotensin-Aldosteron-System STEMI ST-Elevation Myocardial Infarction UK United Kingdom of Great Britain and Northern Ireland USA United States of America V.a. Verdacht auf VHF Vorhofflimmern Z.n. Zustand nach

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Abbildungsverzeichnis 7.2

Abbildung 1: exemplarische Darstellung der Vorgehensweise bei der Datenerhebung für die in der Literatur beschriebenen Patienten ................................................................................... 22

Abbildung 2: Vorgehensweise bei der Auswahl der bei der Literaturrecherche gefundenen Artikel und Kasuistiken und die resultierenden Fallzahlen von 163 Fällen aus 45 Artikeln ............. 41

Abbildung 3: Metforminkonzentration unter der ersten Hämodialysebehandlung bei den eigenen Patienten ............................................................................................................................ 58

Abbildung 4: Blutlaktatkonzentration unter der ersten Hämodialysebehandlung bei den eigenen Patienten ............................................................................................................................ 58

Abbildung 5: Mortalität in den untersuchten Gruppen .................................................................... 60

Tabellenverzeichnis 7.3

Tabelle 1: Leitlinien für die Anwendung von Metformin bei eingeschränkter Nierenfunktion des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) in Deutschland, der Cana- dian Diabetes Association (CDA) in Kanada, des National Institute for Health and Care Ex- cellence (NICE) in Großbritannien sowie der internationalen Fachgesellschaft Kidney Disease Improving Global Outcome (KDIGO) ................................................................................................. 9

Tabelle 2: Kontraindikationen nach Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte und ihre Erfassungskriterien für diese Arbeit ................................................................................... 17

Tabelle 3: In dieser Arbeit berücksichtigte Differenzialdiagnosen einer Laktatazidose und ihre zugrunde liegenden Erfassungskriterien ................................................................................... 19

Tabelle 4: Bei den eigenen Patienten angewandte Ausschlusskriterien für die Differenzial- diagnosen Sepsis, primäre kardio-respiratorische Insuffizienz, Thiaminmangel, schwere mesenteriale Ischämie und Intoxikation mit einer anderen Substanz. ............................................. 20

Tabelle 5: Eigene Patienten: Patientencharakteristika, Metformindosis pro Tag, exkre- torische Nierenfunktion vor Auftreten der Laktatazidose und potenziell nephrotoxische Vormedikation .................................................................................................................................. 35

Tabelle 6: Eigene Patienten: Einweisungs- und Differenzialdiagnosen der Haus- und Notärzte, Vitalparameter und Entzündungswerte ............................................................................ 36

Tabelle 7: Eigene Patienten: Ergebnisse der arteriellen (a) bzw. venösen (v) Blutgasana- lyse und Blutlaktatkonzentration zum Zeitpunkt der Diagnose der Laktatazidose ........................... 37

Tabelle 8: Eigene Patienten: Metforminkonzentration vor und am Ende der ersten Hämo- dialyse, Thiaminkonzentration vor Substitution und nach Substitution am Ende der ersten Hämodialyse, Serumkreatinin- und Serumkaliumkonzentration bei Aufnahme ............................... 38

Tabelle 9: Eigene Patienten: Therapie und Outcome, Natriumbikarbonat- und Thiaminsub- stitution bis zur Rückbildung der Laktatazidose ............................................................................... 39

Tabelle 10: ausgewertete Artikel und Kasuistiken mit Land, in dem sie veröffentlicht wurden ....... 42

Tabelle 11: Patientencharakteristik, Angaben zur eigenommene Metformindosis und Dauer der Metformineinnahme in den untersuchten Gruppen .................................................................... 44

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Tabelle 12: vor der Metformin-assoziierten Laktatazidose bestehende Kontraindikationen für eine Metformintherapie in den untersuchten Gruppen ................................................................ 46

Tabelle 13: Potenziell nephrotoxische Vormedikation in den untersuchten Gruppen ..................... 47

Tabelle 14: klinische Symptomatik zum Zeitpunkt der Vorstellung im Krankenhaus/ vor Diagnose der MALA in den Gruppen ............................................................................................... 49

Tabelle 15: Laborwerte zum Zeitpunkt der Laktatazidose in den untersuchten Gruppen ............... 52

Tabelle 16: Differenzialdiagnosen in den untersuchten Gruppen ................................................... 54

Tabelle 17: Therapie der Laktatazidose in den untersuchten Gruppen .......................................... 59

Tabelle 18: Metforminkonzentration, pH-Wert, Laktatkonzentration und Alter der Über- lebenden und Verstorbenen in den untersuchten Gruppen ............................................................. 62

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Danksagung

Mein herzlicher Dank gilt Herrn Professor Kribben für die Themenstellung und die motivie-

rende Unterstützung bei der Erstellung dieser Dissertation. Er stand mir stets mit einem

offenen Ohr und konstruktiver Kritik zur Seite.

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Der Lebenslauf ist in der Online-Version aus Gründen des Datenschutzes nicht ent-halten.