Mein letzter Tag auf Erden

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MEIN LETZTER TAG AUF ERDEN

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13. Juli 2011

Transcript of Mein letzter Tag auf Erden

Page 1: Mein letzter Tag auf Erden

www.backview.eu Titelthema 1 3. Jul i 201 1

Der unermüdliche Kampfgegen Krebs

Was Frau am letzten Tag nocherledigen wil l

Was Mann am letzten Tagnoch erledigen wil l

Eine theologische Betrachtungdes Weltuntergangs

Über dWarEine subjektive To-Do-Listefürs Leben

Warum die Apokalypse sobeliebt ist für Filme

Umfrage auf der Straße

MEIN LETZTER TAGAUF ERDEN

SS PPEE CCII AALL

DD ii ee MM aacchh tt dd eerr BB ii ll dd eerrÜber die Wirkung vonNachrichtenfotos

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back view im Rückblick

Titelthema vom 29. Juni 201 1 :

"MODERNE SÖLDNER"

Liebe LeserInnen,

im aktuel len Titelthema geht es um den letzten Tag auf Erden. Zu Beginn stel lt JeromeKirschbaum das Porträt eines erkrankten Eishockeyspielers vor, der bis zuletzt nur aufs Eiswollte. In einem Kommentar schreibt Christina Hubmann aus Sicht einer Frau, was sie amletzten Tag auf Erden tun würde. Für die männliche Zunft kommentiert Fabian Rohleder seinenletzten Tag auf Erden. Sebastian Helwig widmet sich einer theologischen Betrachtung desThemas Weltuntergang. In einem zweiten Text bl ickt Sebastian auf die vielenWeltuntergangsszenarien im Film. Franziska Mayer hat eine allgemeine to-do-im-Leben-Listefür Mann und Frau erstel lt. Schl ießlich fragte Jul ia Jung auf der Straße nach euren Meinungen.

Zur Ergänzung der vierzehntägig erscheinenen Ausgabe zum Titelthema gibt es im Specialeinen Text, der unabhängig vom Titelthema in den vergangenen zwei Wochen bei back viewerschienen ist. Dieses Mal geht es um die Macht der Bilder in den Nachrichten, die BenjaminEichler beleuchtet.

Viel Spaß beim Lesen!

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Inhalt

Seite 02: 11 00 00 kkll ee ii nn ee SS ii eegg eeEishokey-Torwart Robert Müller kämpfte erfolglos gegen Krebsvon Jerome Kirschbaum

Seite 04: LLeebbee dd eeii nn ee TTrrääuu mm ee uu nn dd ssooKommentar: Mein letzter Tag auf Erden (Frau)von Christina Hubmann

Seite 05: NN uu tttteenn uu nn dd KKookkssKommentar: Mein persönlicher letzter Tag auf Erden (Mann)von Fabian Rohleder

Seite 06: DD ii ee AAppookkaall yyppssee -- TTaagg dd eess UU nn tteerrgg aann gg ss oodd eerr dd eerr EE rrll öössuu nn gg ??Eine theologische Betrachtung des Weltuntergangsvon Sebastian Helwig

Seite 09: EE ii nn mm aall ii mm LLeebbeenn !!To-Do-Liste für Mann und Frauvon Franziska Mayer

Seite 1 0: ZZwwii sscchh eenn PPooppccoorrnn --KKii nn oo uu nn dd GG eesseell ll sscchh aaffttsskkrrii ttii kkÜber die Apokalypse im Filmvon Sebastian Helwig

Seite 1 2: GG ll aann zzvvooll ll ee VVeerraabbsscchh ii eedd uu nn gg oodd eerr ll ee ii sseerr AAbbgg aann ggUmfrage: "Wie würdet ihr euren letzten Tag auf der Erde verbringen"von Jul ia Jung

SPECIALSeite 1 3: DD ii ee MM aacchh tt dd eerr BB ii ll dd eerr

Wieso Nachrichtenfotos die größere Wirkung habenvon Benjamin Eichler

Seite 1 5: II mm pprreessssuu mm

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11 00 00 kkll ee ii nn ee SS ii eegg eevvoonn JJ eerroomm ee KKii rrsscchh bbaauu mm

EE ii sshh oocckkeeyy--TToorrwwaarrtt RRoobbeerrtt MM üü ll ll eerr kkäämm ppffttee eerrffooll gg ll ooss gg eegg eenn KKrreebbssEs war der 21 . Mai 2009 - der Kölner Eishockeyclub trauerte um den Verlust eines Mannes,der bis zum Schluss im Dienste des Klubs, aber auch im ewigen Kampf um sein Glück undseine Gesundheit stand. Robert Müller starb an jenem Tag im Alter von 28 Jahren. Er hatte bisdahin eine bewegende, lange Leidens- und doch irgendwie Erfolgsgeschichte geschrieben.Aber er wollte nur eines bis zum letzten Tag: Eishockey.

Die Diagnose kam Ende November 2006. Nach Schwindelanfäl len musste der Torhüter damalsnoch im Trikot der Adler Mannheim vom Deutschland Cup abreisen. Im Krankenhaus dann dieschockierende Nachricht: Ein bösartiger Hirntumor bedrohte das Leben Müllers.

DD eerr gg eebbrroocchh eenn ee HH eerrooEine Chemo- und Strahlentherapie rettete ihm das Leben, letztendl ich pausierte der Goalie dreiMonate. Danach wurde er frenetisch gefeiert, im Saisonfinale forderten die Adler-Fans seinenEinsatz mit lauten Sprechchören. Müller kam aufs Feld - ein Held. Dennoch ein gebrochenerHero, die Krankheit war nicht zu besiegen. Der Hirntumor war nicht heilbar. Der innere Drang,der Kick und wahrscheinl ich auch der Beweis, dass es doch geht, zogen ihn aufs Eis.

Nachdem er in Mannheim wenig Spielzeit hatte, auch, weil es den Verantwortl ichen zurisikoreich war, wechselte Müller zunächst zu Duisburg und im Winter 2007/08 dann zu denKölner Haien (KEC). Er parierte viele Pucks, die auf sein Gehäuse geschossen kamen, er warwieder weitestgehend angekommen. Auch ins Nationalteam war er berufen worden. Im März2008 traf die Nummer 80 mit seinem KEC im Viertelfinale auf den ehemaligen Arbeitgeber ausMannheim.

HH ii ssttoorrii sscchh eess MM aattcchh ii nn KKööll nnDas dritte Viertelfinalspiel fand in Köln statt, es sollte eine denkwürdige Partie werden. EineLegende von einem kranken Torwart, der über sich und sein Todesurtei l hinauswächst. DasMatch dauerte sechseinhalb Stunden, Müller parierte 1 00 Schüsse. 1 00 Mal wehrte er denPuck ab, 1 00 kleine historische Siege über den Tumor. Im Schnitt wehren Torhüter in einemMatch über die reguläre Länge von 60 Minuten circa 30 Bälle ab.

Als so etwas wie Normalität einkehrte und Müller weitgehend schmerzfrei bl ieb, fuhr er imAugust 2008 zu einer Routine-Untersuchung. Der Kernspin ergab einen Tumor, der in wenigenTagen um ein Vielfaches gewachsen war. Der Druck auf die Blutgefäße war lebensgefährl ich,auch deshalb war eine weitere Operation unumgänglich.Doch Müller l ieß sich nicht zurückwerfen, die letzten Tage auf Erden wollte er kämpfen. Erwollte seiner großen Leidenschaft nachgehen. Sein Arzt wurde von der Schweigepfl ichtentbunden, auch der KEC ging offen mit der Krankheit um. Der damals 27-Jährige trainiertezwei Monate später für ein erneutes Comeback.

„„ OO nn ll yy GG oodd ccaann jj uu dd gg ee mm ee""1 3 000 Zuschauer erhoben sich, sie klatschten und jubelten. Die Mitspieler waren ebensoergriffen. Müller schl itterte für acht Minuten aufs Eis. Beim Comeback nach Monaten des ->

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inneren Kampfes und der körperl ichen Ausreizung stand er wieder auf dem Feld. Nicht nurdas Gästeteam aus Nürnberg wurde zur Randerscheinung reduziert. Es war Müllers Auftritt.Die erneute Wiederkehr eines Mannes, der nie Mitleid wollte. Auf einer Kappe trug er mal dieAufschrift: „Only God can judge me" - nur Gottes Urtei l war er unterstel lt.

Zum Ende des Jahres 2008 verschlechterte sich sein Zustand, seine mittlere Lebenserwartungfür diese Erkrankung war bereits abgelaufen. Die Auftritte in den Eishockeyarenen derRepublik hatten seinen Durst befriedigt, der Wil le war immens - obwohl er stets die Gewissheitdes Todes mit sich trug. Es waren wohl solche Momente, die dieses traurige Wissenausblendeten.

Am 21 . Mai 2009 vermeldete der KEC den Tod von Robert Müller. Der Torhüter absolvierte 1 27Länderspiele und nahm an acht Weltmeisterschaften und zwei Olympischen Spielen tei l . SeineNummer 80 wurde von der DEL ligaweit gesperrt. Müller hinterl ieß eine Frau und zwei Kinder.Auf dem Feld kämpfte er unaufhörl ich - bis in die letzten Tage - seinen ganz persönlichen Fightmit einer Krankheit, die er nicht besiegen konnte. Es bleibt eine Leidensgeschichte, unddennoch irgendwie eine Erfolgsgeschichte. #

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LLeebbee dd eeii nn ee TTrrääuu mm ee uu nn dd ssoovvoonn CChh rrii ssttii nn aa HH uu bbmm aann nn

KKoomm mm eenn ttaarr:: MM eeii nn ppeerrssöönn ll ii cchh eerr ll eettzztteerr TTaagg aauu ff EE rrdd eenn ((FF rraauu ))Ich mache mir zwar sehr selten bis gar keine Gedanken darüber, aber was würde ich eigentl ichtun, wenn gerade meine letzten 24 Stunden anbrechen? Wie würde ich meinen Tag verbringenmit dem Wissen, dass morgen die Welt untergeht, die Erde von Aliens besiedelt wird oder ichvom Blitz getroffen werde? Viel leicht sol lte man solche Fiktionen mal öfters durchdenken.

II cchh hh aabbee hh eeuu ttee ssoo vvii ee ll vvoorrIch würde meinen letzten Tag auf Erden gerne in seiner Ganzheit spüren, al le Minuten nutzen,jede Sekunde auskosten, von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang. Wäre heute mein letzterTag auf Erden, würde ich noch einmal genau das tun, was mir in meinem bisherigen Leben ammeisten Freude bereitet hat. Viele kleine Momente noch mal erleben. Ich würde gerne dieMenschen in den Arm nehmen, die mir wichtig geworden sind, der Musik lauschen, die ichimmer höre, durch den Sommerregen laufen, ein kühles Bier trinken, die Nacht durchtanzen,heimlich aufs Dach klettern und in die Sterne gucken - ganz banale Dinge eben.

Und endlich al le meine Träume erfül len, Unbekanntes entdecken und Dinge tun, die ich mirschon seit langem vorgenommen habe. Ich würde gerne Spanisch lernen, es mal schaffen, dieSZ komplett von vorne bis hinten durchzulesen, spontan durch Neuseeland reisen, meingesamtes Geld auf den Kopf hauen und mal meine Seminararbeit abschließen. Ich wollte schonimmer mal einen Café Latte vor dem Eiffelturm schlürfen, Barack Obama dieHand schütteln, meiner Mutter meinen Dank für al les aussprechen, vor meinemKommil itonen zugeben, dass ich ihn bereits in al len in Deutschland verfügbarensozialen Netzwerken gestalkt habe und meiner Nachbarin offenbaren, dass ihrspießiges Verhalten furchtbar nervt.

JJ eedd eenn TTaagg eeii nn bbii sssscchh eenn ll eebbeennNatürl ich ist das unmöglich, denn - wie soll es anders sein - auch der letzte Tagauf Erden hat eben nun mal nur 24 Stunden. Schnell noch mal al les erleben gehtnicht. Und plötzl ich - wenn man weiß, dass morgen alles vorbei ist, muss man

sich entscheiden. Entscheiden, welche Tätigkeit es wert ist, die gezählten Tagehier auf der Erde abzuschließen. Dieses Gedankenspiel ist skurri l , ja, aberviel leicht kann man dadurch besser einschätzen, was man eigentl ich wil l - es soll ja Leute geben, die wissen so etwas.

Leider kann man nicht jeden Tag so tun, als seien es die letzten 24 Stunden aufErden - Pfl ichten gehören zum Alltag nun mal dazu. Doch könnte man zumindestmal versuchen, jeden Tag ein bisschen mehr zu leben. Jeden Tag wenigstens

ein klein wenig auch das tun, was man so gerne macht. Wer weiß schon, obheute nicht doch der letzte Tag auf Erden ist?

UU nn dd nn uu nn ??Aber jetzt mal ganz ehrl ich: Wahrscheinl ich würde ich einfach nichts tun.Wahrscheinl ich würde ich in den Tag hineinleben ohne einen Plan zu haben,aus Angst, sich für die falsche Tätigkeit zu entscheiden. Geballt von den vielenMöglichkeiten würde ich sicherl ich einfach l iegen bleiben und warten. #

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NN uu tttteenn uu nn dd KKookkssvvoonn FF aabbii aann RRoohh ll eedd eerr

KKoomm mm eenn ttaarr:: MM eeii nn ppeerrssöönn ll ii cchh eerr ll eettzztteerr TTaagg aauu ff EE rrdd eenn ((MM aann nn ))Eigentl ich bin ich kein Mensch, der sich mit seinem letzten Tag auf Erden auseinandersetzt,bevor er eintritt, weil mir die Zeit dafür vergeudet erscheint, aber nun habe ich mir Gedankengemacht - Gott sei Dank nicht, weil ich müsste.

Ich muss gestehen, mein erster Gedanke war, am letzten Tag meines Lebens, mein gesamtesGeld für Nutten und Koks auszugeben und den letzten Rest, der mir noch übrig bl iebe, zuverprassen - einfach mal so richtig die Sau rauslassen, ganz nach meinem persönlichen IdolCharly Sheen, der wohl als einziger Schauspieler damit Geld verdient, sich selbst in einerFernsehrol le zu spielen.

Aber im zweiten Moment erschien mir dieser Plan zu selbstsüchtig, da malte ich mir aus, wie eswohl wäre, meinen letzten Tag mit derjenigen zu verbringen, die mir am nächsten steht. Mit ihrwürde ich morgens eine Liste mit Dingen aufstel len, die ich unbedingt mit ihr noch erlebenwollen würde. Jedoch stel lte sich auch hier nach längerem Nachdenken für mich die Frage, obes überhaupt möglich ist, an einem Tag mit ihr den Eiffelturm zu besteigen, Sex im Flugzeug zuhaben, die Christusstatue in Rio de Janeiro zu erkl immen und einen Tandemsprung aus demHelikopter zu wagen.

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Letztl ich beschäftigte mich die eingangs erwähnteFrage so sehr, dass ich mit meiner FreundinFabienne darüber unterhielt, was sie tun würde.Erstaunl icherweise hatte sie eine gute Idee. Siewürde jedem, der ihr etwas bedeutet, einepersönliche Nachricht schreiben. Keine mitwelcher der Andere an die tägl ichen Aufgaben imHaushalt erinnert würde, sondern Dinge, die mandemjenigen mit auf seinen Lebensweg geben wil l .Denn, wie oft denkt man darüber nach, wie manmit einer Person, die eventuel l nicht mehrzurückkommt, auseinander gegangen ist.Hoffentl ich positiv, so meine Devise.

Egal, wie man nun den Tag verbracht hat, eskommt irgendwann unweigerl ich der Moment desAbschieds. An welchem man nur noch einewichtige Entscheidung zwischen zwei Alternativentreffen muss. Die eine Möglichkeit ist, sich auf denHimmel zu freuen, wo man mit Gott - in Wahrheiteiner wunderschönen Frau - Hand in Hand überdie Wolken hüpft, oder sich mit den Jungfrauen dieZeit vertreibt - die gibt es bestimmt auch fürChristen. Die andere Möglichkeit wäre, doch nochden ersten Plan in die Tat umzusetzen, nur für al leFälle. Wer weiß, ob es Nutten und Koks nach demTod noch einmal geben wird. #

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DD ii ee AAppookkaall yyppssee -- TTaagg dd eess UU nn tteerrgg aann gg ss oodd eerr dd ii ee EE rrll öössuu nn ggvvoonn SS eebbaassttii aann HH eell wwii gg

EE ii nn ee tthh eeooll oogg ii sscchh ee BB eettrraacchh ttuu nn gg dd eess WWeell ttuu nn tteerrgg aann gg ssErdbeben, fal lende Sterne und wütende Chaoswesen - die Schilderungen vom Ende der Weltgehören zu den schaurigsten, aber zugleich faszinierendsten Texten der Bibel. Zuletzt gerietensie in den Mittelpunkt, als im Mai dieses Jahres eine kleine christl iche Gemeinde in den USAmit großangelegten Werbeaktionen den bevorstehenden Tag des Gerichts ankündigte.

Durch die Gemeinde in den Vereinigten Staaten geriet das Thema Weltuntergang inVerbindung mit dem christl ichen Glauben in den Mittelpunkt des medialen Geschehens. Dochwie kommt es, dass ausgerechnet das Ende der Welt von jeher einen so prominenten Platz inder christl ichen Tradition hat? Ist es nicht zynisch, dass Mil l ionen Gläubige ausgerechnet dasEnde der Welt herbeiwünschen, auf der sie leben? Oder gehört die Apokalypse heute zumlängst überholten mythischen Erbe, das man bereitwil l ig den Filmemachern und rel igiösenEnthusiasten überlässt?

WWeell ttrreeii cchh ee uu nn dd WWii dd eerrssttäänn dd ll eerrUm zu verstehen, wie Verwüstung und Verwandlung der Welt zum Kernbestand der großenWeltrel igionen wurde, muss man einen Blick zurück in die Religionsgeschichte werfen. Hierbegegnet nämlich die Apokalypse nicht nur als Bedrohung, sondern immer zugleich alsErlösung. Erste Spekulationen darüber, dass es ein Ende der Zeiten geben wird, finden sich inder Bibel im Buch Daniel und bei einigen Propheten. Während in früheren Spekulationen nurdavon ausgegangen wird, dass Gott eines Tages eingreift und Israels Feinde besiegt, steigertsich diese Erwartung bei der Endfassung des Daniel-Buchs schließlich in eine Gliederung dergesamten Weltgeschichte, deren Ende bevorsteht.

Grund für diese Radikal isierung waren dieErfahrungen der Juden unter Antiochus IV, der denJerusalemer Tempel umwidmen ließ und diedarauffolgenden Aufstände blutig niederwarf. Für dieGläubigen gab es keine andere Erklärung, warumGott dies zul ieß, als, dass das Ende der Welt selbstbevorstünde.

Seine eigentl iche Blütezeit erreichte der Gedankean ein Ende der Welt jedoch erst in den folgendenJahrhunderten um die Zeitenwende. Wieder war derAnlass die Unterwerfung des eigenen Volkes durchein Weltreich, diesmal das römische Imperium. Vieleder Verheißungen aus den früheren Texten sah manin der Gegenwart eingetreten, besonders als imJahre 70 der Tempel endgültig zerstört wurde.Verschiedene Gruppen sammelten sich umcharismatische Führer, die manchmal sogar mit demverheißenen Messias identifiziert wurden, demBoten Gottes für die Endzeit. In dieser aufgeheiztenStimmung entfaltete auch Jesus von Nazareth seineWirkung, der schl ießlich wie viele andere Aufrührergekreuzigt wurde. ->

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Die Interpretationen des Lebens Jesu versuchten wiederum eine Erklärung zu finden, weshalbdie Umkehrung der Verhältnisse erneut auf sich warten lässt, schl ießlich hatte dieser doch denunmittelbaren Einbruch des Reiches Gottes vorausgesagt. Man kommt zu folgender Formel,an der sich die folgenden Jahrhunderte abarbeiten werden: Einerseits hat die Endzeit bereitsbegonnen und ist in den feierl ichen Versammlungen der Christen spürbar, andererseits stehtdie endgültige Wiederkunft Christi noch aus. Das Ende der Welt wird fröhl ich herbeigesehnt,schl ießlich würde man selbst verschont bleiben, während die Gegner bestraft würden.

Außerdem stünde mit dem Weltende die Auferweckung aller Toten bevor. Unter den Ver-folgungen nimmt man sogar den eigenen Tod in Kauf, schl ießlich könnte man als Märtyrer aufbaldige Auferstehung hoffen. Von den zahlreichen, tei ls abstrusen Visionen des Weltendes, diekursierten, erschien jedoch nur die sogenannte Johannes-Apokalypse auf Dauer überzeugend- auch, wenn ihr kryptisches Repertoire von Zahlenspielen, Tieren und Engeln ebenfal ls al lesandere als eindeutig ist.Wann kommt das Ende der Welt?

Wenn die Endzeit bereits begonnen hat, bleibt jedoch die Frage, wann genau das Ende derWelt bevorsteht. Glaubte die erste Generation noch, dass Jesus zu ihren Lebzeitenwiederkommen würde, pendelte sich mit der Zeit eine gewisse Gelassenheit ein, spätestensseitdem man im vierten Jahrhundert Reichsrel igion wurde. ->

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In Krisenzeiten bekam die Apokalypse jedoch immer wieder neue Brisanz: So glaubte manwährend der Kreuzzüge, die Befreiung der heil igen Stätten könnte der Wiederkunft Christi einwenig auf die Sprünge helfen.Es verwundert nicht, dass auch in der Reformationszeit dieapokalyptischen Gedanken hoch im Kurs standen. Luther selbst identifizierte gar den Papstmit dem Antichristen, der ebenso wie die anmarschierende Armee der Türken ein Zeichen fürden Untergang der Welt sei. Mit den Jahren mäßigt Luther seine radikalen Ankündigungen desWeltuntergangs jedoch wieder.

Seine eigentl ichen Fans hat die Weltende-Idee stets nicht bei den Großkirchen, sondern beikleineren Gruppen gehabt. Zum Beispiel glaubte man im Täuferreich von Münster 1 534-35das himmlische Jerusalem errichtet zu haben. Einen besonderen Akzent auf die Frage desTermins legten die sogenannten mil l ienaristischen Bewegungen. Diese berufen sich auf dieAngabe aus der Offenbarung, wo nach dem Ende der Welt ein tausendjähriges Friedensreichvorweg geht. Während viele die Zahl symbolisch deuten, lädt sie andere immer wieder zuSpekulationen ein, wann dieses Reich denn begonnen haben könnte beziehungsweisebeginnen wird. Insbesondere seit dem 1 7. Jahrhundert gibt es immer wieder Berechnungennach der Bibel, wann der Tag kommen wird.

Heiße Kandidaten waren der 1 8. Juni 1 836 für den Pietisten Albrecht Bengel oder der 22.Oktober 1 844 für Joseph Mil ler, den Begründer der Siebenten-Tags-Adventisten. Auch bei denZeugen Jehovas haben Mitgl ieder schon mehrmals in ihrer Geschichte den Weltuntergangvorausgesagt. Während einige Gruppen nach dem erwarteten Weltende zerfielen, kommt esmeistens zu Umdeutungen und Neuinterpretationen. So auch bei jener Gruppe, die im Maidiesen Jahres vor dem Tag des Gerichts warnten, und nun folgern, dass Gott mit denEntrückungen doch noch bis zum Oktober diesen Jahres wartet.

DD aass WWeell tteenn dd ee ii nn dd eerr zzeeii ttgg eenn öössssii sscchh eenn TThh eeooll oogg ii eeIm theologischen Mainstream hingegen lässt sich schon seit der Aufklärung eine gewisseZurückhaltung beim Thema Weltende feststel len. Genaue Berechnungen lassen sich schonmit Verweis auf die Bibel abweisen, sagt doch beispielsweise Matthäus 25: „Ihr wisst wederTag noch Stunde!" Seit die Welt durch die Naturwissenschaften immer genauer erklärt werdenkann, wird auch fragl ich, ob überhaupt ein Weltende in Form einer spektakulären Katastrophezu erwarten ist. Viel wichtiger ist für den modernen Menschen die Frage, ob es für denEinzelnen ein Leben nach dem Tod gibt. Der Apokalypse-Gedanke wird zwar nicht verworfen,jedoch nimmt sein Stel lenwert immer weiter ab. Insbesondere die Vorstel lung, dass derwiederkehrende Christus über Gut und Böse richtet, wird zunehmend befremdlich empfunden,vor al lem, wenn sie als „Druckmittel" für moralische Bevormundung benutzt wird.

Stattdessen wird der Aspekt betont, dass bereits in der Gegenwart das Reich Gottes beginne,zum Beispiel durch gelebte Nächstenl iebe. Statt eine böse alte Welt gegen die schöne neueauszuspielen, wird nach metaphorischen Aussagen über den Menschen gesucht, die hinterden bibl ischen Bildern stehen. Hier befindet man sich auch philosophisch in guterGesellschaft, zum Beispiel mit der Utopie Ernst Blochs, der die Hoffnung als Grundbedingungdes Menschseins begreift.

I ronischerweise dreht sich angesichts der Bedrohung der Welt durch die moderne Zivi l isationder theologische Fokus gar: Seit Mitte des letzten Jahrhunderts mahnt man zur „Bewahrungder Schöpfung" - die Apokalypse wird also nicht mehr als Kommen Gottes befürchtet, sondernals Katastrophe der menschlichen Überheblichkeit und Gier. Ob in diesem Fall eine neue Weltvom Himmel kommt, bleibt abzuwarten. #

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EE ii nn mm aall ii mm LLeebbeenn !!vvoonn FF rraann zzii sskkaa MM aayyeerr

EE ii nn ee TToo--DD oo--LLii ssttee ffüü rr MM aann nn uu nn dd FF rraauuWünsche und Träume. Jeder hat seine persönlichen Dinge, die er unbedingt einmal im Lebengemacht haben wil l . Franziska Mayer hat eine Liste von jeweils zehn Punkten erstel lt, dieMann und Frau einmal getan haben sollten.

FF RRAAUU EE NN :: SS ppaaßß ffüü rr dd eenn kkll ee ii nn eenn GG eell dd bbeeuu tteell1 0 Dinge, die man als Frau getan haben mussBei dem ganzen Gerede über Naturkatastrophen, Weltuntergangszenarien und tödl icheKrankheiten, beginnen immer mehr Menschen sich zu fragen: Was wil l ich in meinem Lebenmachen? Dabei muss man sich nicht einmal teure Dinge vornehmen, die einen um die halbeWelt führen. Nein, denn auch zu Hause, im eigenen Garten, in der nächsten Stadt, gibt esviel zu erleben. Und fal ls euch im ersten Moment selbst nichts einfäl lt, hier sind ein paarAnregungen.

01 . Krawatte binden lernen02. Karaoke in einem Club singen03. Kissenschlacht veranstalten04. Mitfahrerin auf einem Motorrad sein05. Sein Idol treffen06. Unter freiem Himmel schlafen07. Sternschnuppen beobachten (zum Beispiel am 1 2. August)08. Eine Pyjama-Party veranstalten09. Tanzen lernen1 0. Im Regen küssen

MM ÄÄNN NN EE RR:: HH aauu ss,, KKii nn dd uu nn dd BB aauu mm1 0 Dinge, die man als Mann getan haben mussFragt mein einen Mann danach, hört man meistens: Kind zeugen, Haus bauen, Baumpflanzen. Die drei großen Dinge. Denn oft stel len sie in ihrer Kindheit schon so vieleDummheiten an, dass gar nicht viele Sachen übrigbleiben, um sie als Erwachsener zu tun.Dennoch ist hier eine Liste mit zehn Dingen, die man als Mann einmal getan haben muss.Also Jungs, fal ls ihr Langeweile habt oder mal wieder Kind spielen wollt, hier sind ein paarAnregungen.

01 . Nackt baden02. Probefahrt mit seinem Traumwagen machen03. Paintbal l spielen04. Einen Bart wachsen lassen05. Per Anhalter fahren06. Sich Prügeln07. Tanzen lernen08. So lange Achterbahn fahren bis einem schlecht wird09. Ein Festival besuchen1 0. Campen gehen

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ZZwwii sscchh eenn PPooppccoorrnn --KKii nn oo uu nn dd GG eesseell ll sscchh aaffttsskkrrii ttii kkvvoonn SS eebbaassttii aann HH eell wwii gg

ÜÜ bbeerr dd ii ee AAppookkaall yyppssee ii mm FF ii ll mmDie Zeit läuft. Ein Asteroid ist auf Koll isionskurs. Nur noch wenige Stunden bis zum Einschlag.Das Schicksal des Planeten l iegt in den Händen eines kleinen Teams von Astronauten undBohrarbeitern. Als kurz vor Schluss noch der Zünder der Atombombe streikt, opfert sich dersonst etwas mürrische Harry Stamper und sprengt den Kometen mitsamt sich selbst in dieLuft. Der Weltuntergang ist noch einmal vertagt worden - dank einer Mischung aus modernsterTechnik, heroisch-selbstlosen Superhelden und einer gehörigen Portion Patriotismus.

Die Szenen stammen aus dem Film Armageddon - das Jüngste Gericht von Regisseur MichaelBay. Als apokalyptischer Katastrophen-Film ist er in guter Gesellschaft: Ebenfal ls im Jahre1 998 kam Deep Impact in die Kinos, dessen kometischer Handlungsverlauf verblüffend ähnlichist. Doch neben Asteroiden lauern im Film noch viele andere Gefahren für die Menschheit:Roland Emmerich rettet die Welt gleich drei Mal, nämlich in Independence Day vorAußerirdischen, sowie in The Day After Tomorrow und 201 2 vor Naturkatastrophen. Beliebtsind außerdem Viren als Wehen der Endzeit (Twelve Monkeys, 28 Days Later) oderaufmüpfige Roboter (Terminator, The Matrix).

Hinzu kommen noch die zahlreichen Horror- und Splattervarianten, in den gerne auchZombies (Dawn of the Dead) aufmarschieren. Häufig spiegelt die Art der Katastrophe diegesellschaftl ichen Zustände der Zeit. So fühlte man sich in den 80ern noch eher durch einenAtomkrieg bedroht (The Day After), während heute eher der Klimawandel als größte Angst derMenschen besteht. Einen rasanten Anstieg der Zahl der Endzeitfi lme gab es übrigens kurz vorder Jahrtausendwende. ->

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Genretechnisch unterscheidet man oft zwischen Katastrophenfi lmen, bei denen der Schadenrelativ begrenzt bleibt und letztl ich abgewendet wird, und sogenannten post-apokalyptischenFilmen. Bei letzteren steht nicht so sehr die Katastrophe und ihre Verhinderung selbst imVordergrund, sondern der danach eintretende Überlebenskampf.Trotz fl ießender Grenzen scheint es eine gewisse Präferenz für das zuerst genannte Szenariobei den großen Blockbustern zu geben, schl ießlich soll das Popcorn ja nicht ganz im Halsestecken bleiben. Gegen die recht durchschaubaren Handlungsverläufe der Hollywood-Katastrophenfi lme revoltieren vor al lem Low-Budget-Produktionen, bei denen die Katastrophegern auch passieren darf, wie in Last Night. Eine solche postapokalyptische Dystopie ist beiden Mad Max-Filmen zu finden, in denen sich Motorradgangs aus den Trümmern derZivi l isation ihre Welt zusammenbauen. Oder alternativ l iefern sich die Sintflutüberlebenden inWaterworld einen ähnlichen Überlebenskampf auf dem Wasser.

ZZwwii sscchh eenn FF oorrttsscchh rrii tttt uu nn dd UU nn tteerrgg aann ggArmageddon - das ist der Ort, an dem nach den Legenden der Bibel der finale Kampfzwischen Gut und Böse ausgefochten wird. Das Böse - das ist oft auch eine Personifizierungdes technischen Fortschritts an sich, dem beklemmenden Gefühl der Leere hinter denFassaden der Konsumgesellschaft. So wurde schon lange vor Fight Club in Fritz Langsberühmtem Stummfilm Metropolis (1 926) der Fortschrittsoptimismus der modernenGesellschaften infrage gestel lt. Den Symbolen des Konsums - Kaufhäusern und Luxusautos -sieht man genüssl ich bei deren Untergang zu (oft natürl ich nicht ohne deren Annehmlichkeitennoch ein letztes Mal zu auszunutzen). Wie die Filmwissenschaftlerin Astrid SöderberghWidding pointiert sagt, wird in der kargen Wüste der Apokalypse sichtbar, dass auch die vorigeWelt schon eine Wüste war. Apokalyptische Motive wie die Umwandlung der Menschen inNummern sind längst schon in der Gegenwart Realität. Zugleich ist aber jede Dystopie aucheine Utopie: In den Fragmenten der zerstörten Welt schimmert bereits eine neue, bessereWelt durch.

UU nn tteerr MM ii ttttee ll mm ääßßii gg eenn uu nn dd MM eessssii aassgg eessttaall tteennIm Schatten der großen Katastrophe stehen zugleich immer auch die individuel len Kämpfezwischen Gut und Böse: Inmitten von massenhafter Panik und Verzweiflung finden sichLiebespärchen, versöhnen sich Famil ien und werden rücksichtslose Fiesl inge plötzl ich zumMusterphilosophen. Die Hauptcharaktere lernt man zunächst noch in ihrem Alltag kennen, alsAverage Joe, der Versicherungen verkauft, seine Famil ie vernachlässigt und no satisfactionbekommen kann.Die Katastrophe wird hier zum Lackmustest für den einzelnen Menschen: Von denHauptcharakteren wird nachgeholt, was man ein Leben lang versäumt hat. Wie bei The bucketl ist, der Geschichte von zwei Krebskranken, die eine Liste mit Dingen aufstel len, die sie bis zuihrem Tod noch schaffen wollen. Insofern ist die Apokalypse immer auch in der Tat eine Artjüngstes Gericht - da warten auch Asteroiden und Aliens noch bis zum Ende des berüchtigtenletzten Dialogs, für den man sich ein paar Taschentücher bereithalten sollte.

Die eigentl ichen Feinde der Menschheit sind plötzl ich nicht mehr die katastrophalen äußerenUmstände, sondern die Feindseligkeiten der Menschen untereinander. Der unscheinbareEinzelne wird schließlich zum selbstlosen Retter für andere. Das ist gut christl ich, schl ießlichkommt auch dort der Messias aus einfachen Verhältnissen, während die Mächtigen dieZeichen der Zeit übersehen. Ob man durch das Anschauen der fi lmischen Apokalypsen jedochauch auf einen tatsächlichen Weltuntergang besser vorbereitet ist, möge hier denSpekulationen in Internetforen überlassen bleiben. #

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GG ll aann zzvvooll ll ee VVeerraabbsscchh ii eedd uu nn gg oodd eerr ll ee ii sseerr AAbbgg aann gg ??vvoonn JJ uu ll ii aa JJ uu nn gg

UU mm ffrraagg ee:: "" WWii ee wwüü rrdd eett ii hh rr eeuu rreenn ll eettzztteenn TTaagg aauu ff dd eerr EE rrdd ee vveerrbbrrii nn gg eenn ?? ""Ans Meer fahren und den letzten Tag in der Sonne verbringen? Einen Ferrari mieten und überdie Autobahn heizen? Was würdet ihr machen, wenn heute für euch der letzte Tag auf der Erdewäre? back view hat am Marienplatz in München nachgehakt und herausgefunden, wie ihr euchvom Acker machen würdet.

MM eell aann ii ee,, 33 44 ,, VVeerrkkääuu ffeerrii nn :: "Ich würde meine Famil ie um mich versammeln, sicher auch ein paargute Freunde. Am besten in einem Haus am Meer. Dort essen wir richtig gut und trinken vielRotwein und reden und erzählen. Mein letzter Tag auf Erden sollte ein fröhl icher sein!"

AAnn jj aa,, 11 99 ,, SS cchh üü ll eerrii nn :: "Für meinen letzten Tag würde ich Geld zusammenkratzen und dannirgendwas Verrücktes machen. Zum Beispiel Fal lschirmspringen oder mit Delfinen schwimmen -klar, dafür muss man natürl ich erst einmal am richtigen Ort sein. Mein restl iches Geld spendeich dann noch an irgendeine Institution. Dann würde ich ein riesiges Fest feiern, aber dafürsorgen, dass ich genug Zeit habe, mit den wichtigsten Menschen in Ruhe zu reden. Und dieNacht dürfte mein Freund mit mir verbringen."

CChh aarrll oottttee,, 22 44 ,, ssttuu dd ii eerrtt KKuu ll ttuu rrwwii sssseenn sscchh aafftteenn :: "Ich würde mit Freunden und Verwandten einerichtig große Party veranstalten, so viele Dinge wie möglich tun, zum Beispiel Bungeejumping -ich habe zwar Höhenangst, aber wenn man eh sterben wird: so what? Und gegen Ende würdeich so viel wie möglich essen, da ich mir dann keine Sorgen mehr ums dick werden machenmuss!"

LLuu kkaass,, 33 11 ,, II nn ffoorrmm aattii kkeerr:: "Ich würde allen Leuten mal meine ehrl iche Meinung über sie sagen.Danach ist es ja eh egal, was sie über mich denken."

JJ aann ,, 22 55,, ssttuu dd ii eerrtt MM aasscchh ii nn eenn bbaauu :: "Ich würde einfach normal weiterleben. Mein Leben ist gelebt,was soll ich da noch groß veranstalten? Wenn man bis dahin nicht getan hat, was man schonimmer tun wollte, hat man irgendetwas falsch gemacht."

CChh rrii ssttii nn ee,, 22 44 ,, HH ootteell ffaacchh ffrraauu :: "Ich glaube, ich würde der Nachwelt irgendwas hinterlassen wollen.Dazu würde ich Briefe an alle Menschen, die mir wichtig sind, schreiben. Diese Briefe könnensie dann öffnen, wenn ich weg bin und sie werden sich immer an mich erinnern."

MM aarrttii nn ,, 11 77 ,, SS cchh üü ll eerr:: "Ich würde meine Kumpelsbeauftragen, irgendetwas zu organisieren. So,dass ich mich zurücklehnen und genießen kann.Dazu können sie meinetwegen alle Freunde zu mireinladen, oder ein Fußball-Turnier in die Wegeleiten. Denen wird schon irgendetwas einfal len.Hauptsache ich muss nicht viel planen. Wer wil lschon Stress haben an seinem letzten Lebenstag?"

MM ii cchh aaeell ,, 44 00 ,, LLaabboorrll ee ii tteerr:: "Ich würde einen Baumpflanzen. So bleibt wenigstens etwas Sinnvollesvon mir übrig." #

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SPECIAL Seite 1 3 1 3. Jul i 201 1

DD ii ee MM aacchh tt dd eerr BB ii ll dd eerrvvoonn BB eenn jj aamm ii nn EE ii cchh ll eerr

WWii eessoo NN aacchh rrii cchh tteenn ffoottooss dd ii ee gg rröößßeerree WWii rrkkuu nn gg hh aabbeennZuschauer bei internationalen Katastrophen zu sein, scheint seit Beginn der Industrial isierungein Phänomen moderner Berichterstattung zu sein. Vor al lem durch Medien wie das Interneterreichen Nachrichten in Bild und Ton die heimischen Wohnzimmer immer schneller. Um in derInformationsflut nicht unterzugehen, versuchen sich die Nachrichtenmacher mit besonderseindrucksvollen Bildern gegenseitig zu überbieten.

Das menschliche Gehirn arbeitet mit Standbildern. Während bewegte Bilder wie beispielsweisedas Fernsehen oder YouTube zwar unseren Alltag fül len, sind Fotografien trotzdemeinprägsamer und haben eine tiefere Wirkung für das Gedächtnis. Um uns etwa komplizierteVorgänge merken zu können, rufen wir eine Strecke aus abgespeicherten Bildern in unseremKöpfen ab. Diese Methodik erlaubt es uns auch bei absoluter Informationsüberflutung, fürbestimmte Ereignisse abgespeicherte Standbilder abzurufen um uns zu erinnern.

Versuche zeigen: Erwähnt man international aufsehenerregende Ereignisse, wie beispielsweisedie Anschläge auf das World Trade Center 2001 , erinnern sich die meisten Menschen and diegleichen Bilder: Es handelt sich um die Flugzeuge, wie sie in die Türme pral len und somil l ionenfach auf den Titelseiten von Zeitungen und Magazinen abgedruckt wurden. Um dieseKraft der Bilder wissen Fotoreporter und Medienmacher. Sie führen einen immer erbitterterwerdenden Kampf um aufwühlende Fotos. ->

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Dabei gibt es einige Gefahren: einerseits objektivieren Fotos. Sie machen aus einemGeschehen oder einer Person einen Gegenstand - etwas Sinnbildl iches. In ihrem Essay „DasLeiden anderer betrachten" beschreibt Schriftstel lerin Susan Sontag diese Macht der Bilder. Ofterscheint eine Szene oder ein Mensch auf einem Foto schöner als in der Wirkl ichkeit. JederFotograf sieht es als seine Aufgabe, das gewöhnliche Aussehen von Dingen zu verschönern.Dieses kann unbewusst durch die Wahl des fotografierten Ausschnitts passieren.

Mit dieser Wahl kann ein Geschehen oder ein Gegenstand aus dem Kontext getrennt und soganz neu verstanden werden.Außerdem gibt es die Methode des „Verhässl ichens". Durch sie wird der Betrachter - durch dieMacht des Hässlichen, manchmal sogar Abstoßendem - zur Auseinandersetzung mit einemThema aufgefordert. Denn gerade grausame Fotos lassen sich nicht so leicht verdrängen.Die weitere Gefahr l iegt beim Betrachter der Katastrophen-Fotos selbst. Dieser bringt immereine persönliche Sichtweise auf das Gezeigte mit. In der Kulturwissenschaft wird dieserErfahrungsschatz aus Kultur und Kommunikation „kol lektives Gedächtnis" genannt. Gemeinsamgemachte Erfahrungen, Bildung, Traditionen und Riten bestimmen die Sichtweise einerGesellschaft auf bestimmte Dinge. Zeigt man beispielsweise einem israelischen Juden das Fotoeines Kindes, das bei einem Anschlag getötet wurde, wird dieser es als Foto eines israelischenKindes sehen, das von einem palästinischen Selbstmordattentäter getötet wurde.

Dasselbe Foto bekommt - zeigt man es einem Palästinenser - eine gänzlich andere Bedeutung.Diese Art der Deutungsmöglichkeiten nutzten Serben und Kroaten im Balkankrieg als politischePropaganda: Beide Seiten zeigten dieselben Fotos von Kindern, die bei Beschüssen eines Dorfsgetötet wurden.Auch heute verl ieren Bilder aus Krisengebieten nicht an Brisanz. In kürzester Zeit können wirBilder und Berichte aus der ganzen Welt bequem zu Hause aufrufen. TV, Smartphone oder Ipaderleichtern den Zugang zum aktuel len Weltgeschehen. Man könnte meinen, dass es jetzt mehrNachrichten jetzt als früher gibt. Wahrscheinl ich täuscht dieser Eindruck. Heute ist es nur so,dass diese Nachrichten in großen Mengen und durch viele Medien an uns herangebrachtwerden. Die Nachrichten sind - beinahe - überal l zugänglich.

Trotz dieser immensen Informationsmenge ist zu beobachten, dass die Leiden mancherMenschen auf mehr Interesse stoßen als die von Anderen. Nur weil die Möglichkeit besteht sichglobal über Missstände zu informieren bedeutet das nicht zwangsläufig, dass dies auch diegesamte Bevölkerung tut. Es heißt auch nicht, dass sich das Mitleid in der Gesellschaft für dieVerbrechen von Robert Mugabe in Simbabwe erhöht weil die westl ichen Medien darüberberichten.Anscheinend wendet versucht sich der moderne Mensch von belastenden Bildern abzuwenden.Dies kann man auch an den ständig sinkenden Zuschauerzahlen von Nachrichtensendungenwie der Tagesschau erkennen.

Die These, dass Menschen immer weniger fühlen und abstumpfen entspricht trotzdem nicht derWahrheit. Wahrscheinl ich wenden sie sich einfach lieber Unterhaltungsmedien zu, weil sie sichvon Krisennachrichten überfordert und bedrückt fühlen. Aber auch wenn sich die Betrachtermehr und mehr von den dramatischen Bildern abwenden, verl ieren sie nicht ihre Kraft. Die zuvorangesprochenen Standbilder werden weiter existieren und zum Nachdenken anregen.Es bleibt die Hoffnung, dass weiter Fragen gestel lt werden, zum Beispiel: Wer hat dasverursacht? Ist es unvermeidbar gewesen? Haben wir bisher etwas akzeptiert was durch diesesBild in Frage gestel lt werden muss? #

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Impressum

Das Online-Magazin back view existiert seit dem 6. Apri l 2007 und setzt sich aus einer Redaktion von

ehrenamtl ich schreibenden, jungen Autoren aus ganz Deutschland und Europa zusammen. Besonders an back

view ist, dass die Redaktion ausschließlich online arbeitet. Mit dieser Printversion werden die 1 4-tägig

erscheinenden Titelthemen von back view auch als Printversion aufbereitet.

Chef vom Dienst: Konrad Welzel

Redaktion: Jerome Kirschbaum, Christina Hubmann, Fabian Rohleder, Sebastian Helwig, Franziska Mayer, Jul ia

Jung, Benjamin Eichler

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