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Zukunft gewinnen Bildung erneuern

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Zukunft gewinnenBildung erneuern

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Zukunft gewinnenBildung erneuern

Memorandum

Initiativkreis Bildungder Bertelsmann Stiftung

unter der Schirmherrschaftdes Bundespräsidenten

April 1999

Verlag Bertelsmann StiftungGütersloh 1999

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Die Deutsche Bibliothek ± CIP-Einheitsaufnahme

Zukunft gewinnen ± Bildung erneuern : Memorandum / InitiativkreisBildung der Bertelsmann Stiftung unter der Schirmherrschaftdes Bundespräsidenten. ±Gütersloh : Verl. Bertelsmann Stiftung, 1999ISBN 3-89204-456-2

� 1999 Verlag Bertelsmann Stiftung, GüterslohVerantwortlich: Bertelsmann StiftungUmschlaggestaltung: HTG Werbeagentur, BielefeldSatz und Druck: Hans Kock Buch- und Offsetdruck GmbH, BielefeldISBN 3-89204-456-2

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Inhalt

Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7

Empfehlungen zur Erneuerung des Bildungswesens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9± Kurzfassung ±

Empfehlungen zur Erneuerung des Bildungswesens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17

I Für eine neue Lernkultur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191 Paradigmenwechsel in der Bildung einleiten:

lebenslang lernen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 212 Lernwelten erschlieûen: neue Medien einsetzen . . . . . . . . . . . . . . 253 Lebensnah lernen: die Schule in die Praxis holen . . . . . . . . . . . . . 284 Lehrerbildung verbessern:

Qualifizierungsoffensive für Lehrer starten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30

II Für Vielfalt in Schule und Hochschule . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 335 Freiraum geben: schulische Selbständigkeit stärken . . . . . . . . . 356 Unterschiede zulassen: Schulprofile entwickeln . . . . . . . . . . . . . . . 377 Bildung gemeinsam verantworten:

regionale Bildungsallianzen aufbauen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 408 Hochschulen handlungsfähiger machen:

Autonomie stärken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 429 Vielfalt fördern: Hochschulprofile schärfen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45

10 Leistungen verbessern: Wettbewerb zulassen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4711 Mittel effektiv nutzen:

Hochschulfinanzierung verändern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49

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III Für Qualitätssicherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5312 Institutionelle Verantwortung entwickeln:

Qualität sichern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5513 Ausbildungsstrukturen durchlässiger machen:

Angebote zertifizieren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58

Anhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61

Roundtables des Initiativkreises Bildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61

Teilnehmer an den Roundtables des Initiativkreises Bildung . . . . . . . . 62

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Inhalt

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Vorwort

Seit der letzten Bildungsreform haben sich die Bedingungen gesell-schaftlichen und wirtschaftlichen Handelns grundlegend geändert.An der Schwelle zum 21. Jahrhundert bringen gesellschaftlicheUmbrüche ebenso wie Globalisierung und digitale Revolution neueAnforderungen an die Lernkultur und an das Bildungssystem mitsich.

Vor diesem Hintergrund hat Bundespräsident Roman Herzog inseiner Bildungsrede vom November 1997 zu einem »Aufbruch in derBildungspolitik« aufgerufen. Diesen Appell hat die BertelsmannStiftung zum Anlaû genommen, im Mai 1998 den Initiativkreis Bil-dung unter der Schirmherrschaft des Bundespräsidenten ins Leben zurufen.

In sechs Roundtable-Gesprächen versammelte der InitiativkreisExperten* aus Wirtschaft, Wissenschaft, Politik und pädagogischerPraxis sowie Schüler und Studierende zur Diskussion wichtiger Bil-dungsfragen der Gegenwart. Dabei ging es dem Initiativkreis darum,die Ansichten verschiedener Seiten zu erfahren und abzuwägen.

Die Ergebnisse der Expertengespräche sowie Konzepte und Pro-jektergebnisse aus der reformerischen Arbeit der Bertelsmann Stif-tung bilden die Grundlage für das vorliegende Memorandum. Aus-wahl und Formulierung der Empfehlungen verantwortet dieBertelsmann Stiftung. Der Titel »Zukunft gewinnen ± Bildung erneu-ern« soll als Ermutigung, aber auch als Aufforderung verstanden wer-den: als Ermutigung all jener, die sich in ihrem Arbeitsalltag und oft

* Die in diesem Text verwandten Formen »Experten«, »Schüler« und »Lehrer« etc. schlieûenden entsprechenden weiblichen Singular oder Plural ein.

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darüber hinaus für die Zukunftsfähigkeit unseres Bildungswesens ein-setzen ± und als Aufforderung an all jene, die die politische Verant-wortung für die richtige Balance zwischen Rahmenordnung und zugestaltendem Freiraum tragen.

Die im Memorandum ausgesprochenen Empfehlungen orientierensich an drei zentralen Themen: neue Lernkultur, Förderung von Viel-falt sowie Qualitätssicherung. Dieser Dreischritt beschreibt die not-wendigen Weichenstellungen: Unsere Zeit des permanenten Wandelsund der raschen technologischen und medialen Entwicklung machtlebenslanges Lernen erforderlich. Das Zulassen und Fördern vonVielfalt bei den Bildungsangeboten entspricht den immer komplexe-ren und spezifischeren Erfordernissen und Möglichkeiten der Berufs-praxis. Um Freiheit nicht zur Beliebigkeit werden zu lassen, bedarf esschlieûlich effektiver Instrumente zur Qualitätssicherung. DieseGrundsätze gelten für die gesamte »Wertschöpfungskette« erfolgrei-cher Bildungs- und Ausbildungsstrukturen der Zukunft.

In der Hoffnung, dass die Empfehlungen einen breiten Bildungsdia-log über die richtigen Wege auslösen und drängende Entscheidungenbefördern, übergibt der Initiativkreis Bildung anlässlich des Deut-schen Bildungskongresses am 13. April 1999 in Bonn das vorliegendeMemorandum Bundespräsident Roman Herzog und der Öffentlich-keit.

Initiativkreis Bildungder Bertelsmann Stiftungunter der Schirmherrschaft des Bundespräsidenten

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Vorwort

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Empfehlungenzur Erneuerung

des Bildungswesens± Kurzfassung ±

des Initiativkreises Bildungder Bertelsmann Stiftung

unter der Schirmherrschaftdes Bundespräsidenten

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I Für eine neue Lernkultur

1 Paradigmenwechsel in der Bildung einleiten: lebenslang lernen

In der Wissensgesellschaft muss lebenslanges Lernen zum Para-digma der Bildung werden, weil neues Wissen mit hohem Tempogeneriert wird und in kurzen Fristen immer neue Kenntnisse ver-langt werden. Das Prinzip des lebenslangen Lernens macht es not-wendig, die klassische Abfolge von Schule, Ausbildung und Berufaufzubrechen. Lebenslang lernen heiût: früher mit dem Lernenbeginnen, Kulturtechniken sichern, Schlüsselkompetenzen vermit-teln, Lernfähigkeit ausbilden, Ausbildungszeiten verkürzen und Bil-dungswege durch modulare Angebote flexibilisieren.

2 Lernwelten erschlieûen: neue Medien einsetzen

Neue Medien ermöglichen ein bisher ungekanntes Maû an eigen-verantwortlicher Gestaltung von Bildung und Ausbildung. Richtigangewandt, potenzieren sie die Lernmöglichkeiten einzelnerMedien und erreichen durch Synergien und Vernetzung einenQuantensprung in der Wissensvermittlung. Neue Medien alsMotor der Bildungsreform einzusetzen heiût: allen Lernendenfreien Zugang zum Internet ermöglichen, dafür ein ausgewogenesFinanzierungssystem entwickeln, Medienkompetenz vermitteln,Wissen in den Netzen anwenderfreundlich strukturieren und dieInformationstechnologien zur Entlastung der Lehrenden von Ver-waltungsaufgaben nutzen.

3 Lebensnah lernen: die Schule in die Praxis holen

Die vielfältigen gesellschaftlichen Veränderungen müssen zumGegenstand schulischen Lernens gemacht werden. Dazu ist eineenge Verzahnung von Schule und Praxis erforderlich. Denn nur sokann Lernen »up to date« sein. Auûerdem lernt es sich »im Ernst-fall« besser: in der Arbeitswelt, im sozialen Umfeld und in einerGesellschaft kultureller Vielfalt. Lernen in der Praxis heiût:Betriebspraktika für Lehrer, Praktiker in die Schule, Unterrichtauûer Haus, Patenbetriebe für Schulen, duale Studiengänge.

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Empfehlungen zur Erneuerung des Bildungswesens

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4 Lehrerbildung verbessern: Qualifizierungsoffensive für Lehrer starten

Soziale, pädagogische und fachliche Anforderungen an den Lehr-beruf haben sich erheblich verändert. Lehrer brauchen heute einezugleich umfassendere und spezifischere Aus- und Fortbildung. Siemüssen Moderatoren von stärker selbstverantworteten Lernpro-zessen werden; sie müssen lernen, die sozialintegrative Funktionder Schule zu stärken; sie müssen über multimediale Kenntnisseverfügen sowie Schulentwicklungsprozesse mitgestalten und mit-steuern. Eine Qualifizierungsoffensive für Lehrer starten heiût:Lehrerbildung konsequent an den Aufgaben der Schule ausrich-ten, Modularisierung der Lehrerbildung, die Fortbildung auf dieErfordernisse der Einzelschule und der Bildungsregion zuschnei-den, Medienkompetenz mit Didaktik und Methodik verknüpfen.

II Für Vielfalt in Schule und Hochschule

5 Freiraum geben: schulische Selbständigkeit stärken

Nur selbständige Schulen können zur Selbständigkeit erziehen.Schulen müssen in eigener Verantwortung Veränderungspro-zesse im schulischen Alltag einleiten, durchführen und überprü-fen können. Staatliche Entscheidungskompetenzen müssen andie Schulen delegiert werden. Schulische Selbständigkeit stärkenheiût: flexible Rahmenbedingungen schaffen, Personal- undBudgetverantwortung delegieren, Schulleitungen qualifizierenund Schulentwicklung unterstützen.

6 Unterschiede zulassen: Schulprofile entwickeln

Die Bildungslandschaft in der Wissensgesellschaft muss möglichstvielfältig sein. Denn nur dann kann sie den unterschiedlichenLern- und Lebenssituationen der Schüler bzw. den Erwartungender Studierenden und sich rasch verändernden Anforderungen anWissensvermittlung, Bildung und Ausbildung gerecht werden.Schulprofile entwickeln heiût: pädagogische Programme gemein-sam mit den Beteiligten erarbeiten, eigene Akzente setzen, Selbst-verantwortung fördern und die eigene Arbeit evaluieren.

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Memorandum Zukunft gewinnen ± Bildung erneuern

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7 Bildung gemeinsam verantworten: regionale Bildungsallianzen aufbauen

»Für die Erziehung eines Kindes braucht es eine ganze Stadt.«Elternhaus und Nachbarschaft, Kindergarten und Sportvereine,Jugendzentren und Schulen, Betriebe und Hochschulen sind füreine zukunftsgerechte Entwicklung der Kinder und Jugendlichengemeinsam verantwortlich. Das Zusammenwirken aller Akteuremuss regional koordiniert werden. Bildung gemeinsam verant-worten heiût: Bildungsallianzen aufbauen und Netzwerkarbeitfördern, regionale Bildungslandschaften entwickeln und regio-nale Bildungsfonds einrichten.

8 Hochschulen handlungsfähiger machen: Autonomie stärken

Die Wissensgesellschaft erfordert selbständige, autonome undeigenverantwortlich handelnde Hochschulen. Denn Hochschu-len sind diejenigen Einrichtungen, die neues Wissen als denwichtigsten Rohstoff der Zukunft generieren und es über diewissenschaftsbasierte Ausbildung qualifizierter Nachwuchs-kräfte für Wirtschaft und Gesellschaft zugänglich machen. DieAutonomie von Hochschulen stärken heiût: das Verhältnis zwi-schen Staat und Hochschulen neu definieren, die Entschei-dungs- und Leitungsstrukturen modernisieren, Finanz- undPersonalautonomie gewähren, den Hochschulzugang ändern.

9 Vielfalt fördern: Hochschulprofile schärfen

Gleichmaû und Einheitlichkeit als Gestaltungsmaximen für dasHochschulsystem haben ausgedient. Vielfalt und Profilbildungsind stattdessen gefragt. Hochschulprofile schärfen heiût: Leit-bilder entwickeln, Organisationsformen für Forschung undLehre flexibilisieren, Studienstrukturen öffnen.

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10 Leistungen verbessern: Wettbewerb zulassen

Leistungen und Profile von Hochschulen müssen transparentwerden. Auûerdem muss es Anreize geben, damit Leistungsdefi-zite behoben und Leistungspotentiale erweitert werden können.Damit Wettbewerb als Korrektiv und Optimierungsfaktor für dieArbeit von Bildungseinrichtungen funktionieren kann, müssenHochschulen Freiräume zur eigenverantwortlichen Gestaltungvon Aufgaben und Arbeitsbedingungen erhalten. Wettbewerbzwischen Hochschulen zulassen heiût: Transparenz herstellen,den Produktwettbewerb in der Hochschulausbildung fördern,neue Wege der Hochschulfinanzierung beschreiten.

11 Mittel effektiv nutzen: Hochschulfinanzierung verändern

Hochschulen benötigen eine aufgaben- und leistungsbezogeneFinanzierung sowie globale Budgets zur eigenverantwortlichenBewirtschaftung. Zur Sicherung ihrer Leistungsfähigkeit sowieder Qualität von Forschung und Lehre muss das System derHochschulfinanzierung wettbewerblich ausgestaltet werden.Dabei ist auch die Attraktivität der Hochschule für Studierendezu berücksichtigen. Die Hochschulfinanzierung verändernheiût: Globalbudgets für alle Hochschulen einführen, Finanz-mittel für Lehraufgaben an die Nachfrage koppeln, private Stu-dienbeiträge erheben, individuelle Kosten einer Hochschulaus-bildung wie Investitionen behandeln.

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III Für Qualitätssicherung

12 Institutionelle Verantwortung entwickeln: Qualität sichern

Die Qualität in Bildung und Ausbildung konsequent zu fördernmuss ein Leitmotiv der Schul- und Hochschulentwicklung sein.Ein neues Bewusstsein für Qualität und neue Formen zu ihrerSicherung sind erforderlich. Qualität sichern heiût für Bildungs-einrichtungen: staatliche Aufsichtsfunktionen verändern, Zielefür Unterricht, Lehre und Forschung setzen, Strukturen undArbeitsergebnisse evaluieren, Leistungen vergleichen, Transpa-renz erhöhen.

13 Ausbildungsstrukturen durchlässiger machen: Angebote zertifizieren

Veränderte Anforderungen an das Lehren und Lernen in der Wis-sensgesellschaft verlangen flexible, durchlässige, transparenteund international kompatible Ausbildungsstrukturen. Denn nurso wird lebenslanges Lernen möglich, das vielfältigen Bildungs-und Ausbildungsbedürfnissen Rechnung trägt. An die Stellegeschlossener Ausbildungs- und Studiengänge müssen kombi-nierbare Module treten, deren Validität und Qualität zertifiziertwerden. Angebote zertifizieren heiût: Ausbildungsziele und-inhalte von Bildungsmodulen definieren, Wertigkeiten festset-zen, Mindeststandards vereinbaren, Qualität zertifizieren.

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Empfehlungenzur Erneuerung

des Bildungswesens

des Initiativkreises Bildungder Bertelsmann Stiftung

unter der Schirmherrschaftdes Bundespräsidenten

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I Für eine neue Lernkultur

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1 Paradigmenwechsel in der Bildung einleiten: lebenslang lernen

Der gesellschaftliche Wandel führt zu grundlegenden Veränderungenin der Lebensgestaltung sowie zu einer Vielfalt der Lebensentwürfeund beruflichen Karrierewege. Gleichzeitig beschleunigt die Basis-innovation der Digitalisierung die Entwicklung zur Wissensgesell-schaft. Die Digitalisierung macht es möglich, Informationen mithoher Geschwindigkeit zu transportieren und jedem jederzeit und anjedem Ort zugänglich zu machen. In der Folge verändern sich Pro-duktionsprozesse. Entschieden früher maûgeblich die FaktorenBoden, Arbeit und Kapital über die Prosperität und Entwicklungs-potentiale von Wirtschaft und Gesellschaft, tritt heute Wissen als ent-scheidende Ressource hinzu. Gleichzeitig werden im Erwerbslebenneue Kompetenzen wichtig. Wurde bislang für einen definierten Kata-log von Berufen ausgebildet, wobei handwerkliche und technischeKenntnisse im Vordergrund standen, gewinnen heute Lernfähigkeitsowie soziale und organisatorische Fähigkeiten enorm an Bedeutung.Weil Wissen immer schneller generiert wird und in der Wirtschaftimmer neue Kenntnisse gefordert werden, kann heute niemand mehrdavon ausgehen, mit dem in Schule und Ausbildung Gelernten dieAnforderungen zu bewältigen, die sich ihm in rascher Veränderung inWissenschaft, Beruf und Lebenspraxis stellen.

Dies bedeutet: Lebenslanges Lernen muss zum Paradigma der Bil-dung werden. Für den Einzelnen heiût dies, seine Lernfähigkeit zuentwickeln, selbständig lernen zu lernen sowie soziale und kommuni-kative Kompetenzen zu erwerben. Das Bildungssystem muss in seinenStrukturen, Inhalten und Arbeitsformen die Grundlage dazu legen.Die klassische Abfolge von Schule, Ausbildung und Beruf ist nichtmehr zeitgerecht. Lebenslang lernen heiût Wissen in Bausteinenerwerben und kontinuierlich erneuern. Dabei bilden auch in derWissensgesellschaft die Kulturtechniken die Basis aller Bildung undmüssen sicher beherrscht werden. Die neue Flexibilität der Bildungs-wege ermöglicht und erfordert, Wissen in Modulen oder Bausteinenzu erwerben. Diese Flexibilität in der Bildung ermöglicht die Verkür-zung der berufsbefähigenden Ausbildung und verleiht der Weiterbil-dung einen wesentlich höheren Stellenwert. Sie sollte zur Regel wer-den und das gesamte Erwerbsleben begleiten. Weil in Zukunft dieSchlüsselkompetenzen über den Erfolg von Bildungskarrieren ent-scheiden, muû auf ihren Erwerb ebensoviel Sorgfalt verwandt werdenwie auf das Erlernen von Wissensstoff. Die hohe Lernfähigkeit und

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-begeisterung von Kindern sollte in der Wissensgesellschaft aktivunterstützt werden. Wie in vielen europäischen Ländern sollte auchin Deutschland zukünftig früher mit dem Lernen begonnen werden.

Um lebenslanges Lernen als Paradigma der Bildungumzusetzen, empfehlen wir:

Kulturtechniken beherrschen. Grundlage aller Bildung und lebenslan-gen Lernens ist die sichere Beherrschung der Kulturtechniken, zudenen traditionell Lesen, Schreiben und Rechnen gehören. Mit demAbschluss der Grundschule sollten alle Kinder die Kulturtechnikenbeherrschen. Als neue Grundkompetenz muss in der Wissensgesell-schaft die Medienkompetenz hinzutreten.

Methoden und Arbeitstechniken lernen. Lernkompetenz bedeutet dieFähigkeit, Methoden des Lernens und der Problemlösung souveränzu nutzen: Problemstellungen zu identifizieren, Lösungsstrategien zufinden, Ergebnisse zu präsentieren. Die Orientierung an Aufgaben(statt Lektionen) und projektorientiertes Arbeiten machen fächer-übergreifende Kooperation und interdisziplinäres Herangehen not-wendig. Entsprechende Lernmethoden sollten deswegen in allen Aus-bildungsstufen gelernt und in allen Fächern angewandt werden. DieVermittlung und Einübung von Arbeitstechniken sollten das Metho-denlernen begleiten.

Den Erwerb von Schlüsselkompetenzen in den Curricula festschreiben.Lernkompetenz, Persönlichkeitsentwicklung und Gemeinschaftsfähig-keit bilden den Kern der Schlüsselkompetenzen. Um ihren Erwerb imBildungssystem fester zu verankern, müssen sie in die Bildungsleit-linien aller Einrichtungen aufgenommen und für Unterricht und Stu-dium verbindlich gemacht werden.

Persönlichkeit entwickeln. In der Persönlichkeitsbildung müssen vorallem die Fähigkeiten entwickelt werden, sich selbst zu organisierenund den eigenen Bildungsweg erfolgreich zu gestalten. Eigenständig-keit, Risikobereitschaft und Leistungsbewusstsein sind Ausdruck dergeforderten Selbstkompetenz. Deshalb sollten bereits in der SchuleEigenorganisation unterstützt und Arbeitsplanung sowie Selbstkon-trolle ausgebildet werden.

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Soziale Kompetenzen fördern. In der Wissensgesellschaft wird dieKooperation in Teams in Beruf wie Bildung mehr und mehr zur Vor-aussetzung erfolgreichen Arbeitens. In vielen Schulen finden heutezudem Kinder aus unterschiedlichen Kulturen zusammen. Gemein-schaftsfähigkeit, Solidarität und Verantwortung für andere werdenunter diesen Voraussetzungen zu Schlüsselkompetenzen der Wissens-gesellschaft und müssen gelernt werden. Gemeinschaftsfähigkeit ininternationalen oder multikulturellen Gruppen erfordert zusätzlichkulturelles Verständnis und Toleranz. Die Kenntnis der eigenen Kul-tur und der Grundzüge anderer Kulturkreise sind Voraussetzungdafür und sollten in den Lehrplänen ihren festen Platz finden.

Internationalisierung ermöglichen. Mit Hilfe der neuen Technologienkönnen Schüler und Studierende über alle Grenzen hinweg kommu-nizieren. Um der Globalisierung Rechnung zu tragen, sollten der Aus-tausch von Schülern und Studierenden gefördert und die Attraktivitätder deutschen Bildungsinstitutionen im Ausland gesteigert werden.Internationalisierung und Kommunikation in den globalen Netzenbedürfen einer Lingua franca. In Wissenschaft und Internet hat sichEnglisch in dieser Funktion bewährt. Deshalb sollte Englisch als ersteFremdsprache bereits vom Grundschulalter an gelernt werden undSchüler der 8. Klasse sollten zur freien Kommunikation im Eng-lischen fähig sein. An den Hochschulen sollten Referate, Diplomeund Doktorarbeiten in englischer Sprache prinzipiell zugelassenwerden.

Schlüsselkompetenzen bewerten. Der Erwerb von Schlüsselkompe-tenzen muû gleichberechtigt mit dem Erwerb des Wissens in die Leis-tungsbewertung einflieûen. Hierfür müssen geeignete Methoden derBewertung und Beurteilung entwickelt werden, um den Leistungs-stand für Schüler transparent zu machen und den Lernerfolg in Zerti-fikaten nachzuweisen.

Früher lernen. Die hohe Lernfähigkeit von Kindern sollte intensivergenutzt und eine mindestens einjährige Vorschulerziehung zur Pflichtgemacht werden. Spätestens im Alter von sechs Jahren muss jedesKind zur Schule gehen. Kombinierte Anfangsklassen mit flexiblemÜbergang in die dritte Schulklasse erlauben die individuelle Förde-rung des Kindes.

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I Für eine neue Lernkultur

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Ausbildungszeit verkürzen. Das Konzept des lebenslangen Lernenserlaubt und fordert die Verkürzung der Ausbildung. Die Abitur-Prü-fung sollte in der Regel bereits nach zwölf Jahren abgelegt werden,das Studium nach drei Jahren zu einem ersten berufsqualifizierendenAbschluss führen.

Bildung in Modulen anbieten. Die rasche Veränderung der Anforde-rungen an berufliche Qualifikationen und schnelle Innovation erfor-dert ein flexibles Bildungssystem. Wenn zukünftig die berufliche wiedie wissenschaftliche Aus- und Fortbildung in Modulen angebotenwerden, sind viele Kombinationen der Wissensbausteine möglich. Sokann sich der Lernende in Studium und Weiterbildung seinen Lern-plan nach seinen persönlichen Wünschen und den sich wandelndenErfordernissen des Arbeitsmarktes selbst zusammenstellen. Hierfürmüssen die Voraussetzungen geschaffen werden: Die Lernmodulemüssen anerkannten Bildungsstandards genügen, das Lernergebnismuss für sich bewertet werden und die Zertifizierung darf nicht aneinen vorgegebenen Bildungsweg oder eine besondere Bildungsinsti-tution geknüpft sein.

Unterstützung der Unternehmen einfordern. Unternehmen müssenArbeitsstrukturen schaffen, die lebenslanges Lernen ermöglichen.Viele Unternehmen haben die Bedeutung arbeitsbegleitender Fortbil-dung erkannt, fördern diese aber noch nicht hinreichend. IndividuelleFortbildungspläne, Umwandlung von Überstunden in Fortbildungs-berechtigung, Lernzeiten als Prämie für gute Arbeitsleistung sowieflexible Arbeitszeiten müssen selbstverständliche Elemente der Perso-nalentwicklung werden. Den neuen Fähigkeiten entsprechend, müs-sen Vorgesetzte den Mitarbeitern schrittweise gröûere Verantwortungübertragen, damit sich das Lernen für beide Seiten lohnt.

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2 Lernwelten erschlieûen: neue Medien einsetzen

Internet und Multimedia schaffen Bildungs- und Erfahrungsmöglich-keiten neuer Qualität. Wurde Wissen in der traditionellen Bildungüber einzelne Medien ± vor allem über das Buch ± transportiert, sopotenzieren die neuen Technologien in ihrer Vieldimensionalität dieMöglichkeiten jedes Mediums und erreichen durch Synergien undVernetzung einen Quantensprung in der Wissensvermittlung. Internetund Multimedia erlauben den Nutzern interaktives Lernen und denvirtuellen Besuch von Bibliotheken, Museen, Archiven und Daten-banken ebenso wie das Lernen mit Simulationsprogrammen. Dieseneuen Lernwelten können zukünftig jedem zu jeder Zeit und anjedem Ort zur Verfügung stehen. Der Zugang zum Internet wird zueinem entscheidenden Faktor für die Qualität von Bildung und Aus-bildung.

Durch die Anschaulichkeit der Präsentationen, die interaktive Ver-mittlung der Inhalte und die Vielfalt der Wissenszugänge könneninnovative Unterrichtskonzepte realisiert und Lernziele schneller undmit gröûerem Erfolg erreicht werden. Eigenverantwortung wird ent-scheidend gefördert. Mit dem Einsatz der neuen Kommunikations-technologien läût sich zudem die Effizienz des Bildungsbetriebes deut-lich steigern. In besonderem Maûe profitiert das Konzept deslebenslangen Lernens von den neuen Medien, denn Internet und Multi-media-Programme bieten die notwendige Flexibilität in der Wahl vonOrt und Zeit und erlauben den individuellen Zuschnitt der einzelnenBildungsmodule. Vor allem die Weiterbildung profitiert, wenn Bil-dungsangebote nach dem Prinzip des »Learning on Demand« danneingeholt werden, wenn sie gebraucht werden. Wo die neuen Möglich-keiten genutzt werden, entstehen Lehr-Lern-Situationen, die die klassi-sche Unterrichts- oder Vorlesungssituation ebenso aufbrechen wie siedie Rolle der Lehrer und Dozenten verändern.

Um die Bildungspotentiale der virtuellen Netze zu erschlieûen,brauchen wir in Zukunft Schulen und Hochschulen, die die neuenTechnologien quer über alle Fächer und Inhalte so selbstverständlichnutzen wie ehemals Tafel und Buch, brauchen wir Lehrer und Dozen-ten, die bereit sind, von ihren Schülern zu lernen, brauchen wir Ler-nende, die sich kompetent in den virtuellen Wissenswelten bewegen,sowie Lehrpläne, die projektorientiertes, eigenständiges Arbeitenerlauben und exemplarisches Lernen zulassen.

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I Für eine neue Lernkultur

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Um den Einsatz neuer Medien voranzutreiben, empfehlen wir:

Zugang zum Internet schaffen. Wenn die neuen Bildungsmöglichkeitenausgeschöpft und soziale Ausgrenzung vermieden werden sollen, müs-sen alle Schüler und Studierenden in absehbarer Zeit freien Zugang zumInternet erhalten. Die entsprechende Ausstattung mit Laptops und PCssollte zügig vorangetrieben und in fünf bis sieben Jahren abgeschlossenwerden. Nur mit einer entsprechenden nationalen Kampagne kannDeutschland ± wo erst 20 Prozent der Schulen am Netz sind ± wieder zuden führenden Bildungsstandorten aufschlieûen. Bis zum Jahr 2002 sol-len alle Klassenzimmer einen Zugang zum Internet haben.

Finanzierung ermöglichen. Mit einer ausgewogenen Finanzierung ineinem Bildungsbündnis, zu der alle Beteiligten beitragen, kann allenSchülern und Studierenden der freie Zugang zum Internet ermöglichtwerden: Vereinbarungen mit der Telekommunikationsindustrie soll-ten den gebührenfreien Zugang zum Internet in allen Bildungsberei-chen ermöglichen. Bildungsbetriebe müssen mit Soft- und Hardware-herstellern Allianzen schlieûen, um Lernwillige mit preisgünstigenGeräten und Programmen auszustatten. Mit einem »Computerpfennig«soll der Staat einen Fonds bilden und den Grundstein für ein sozial-verträgliches Ratensystem (abhängig vom Einkommen der Eltern)legen. Auf Basis dieser Unterstützung könnten dann viele Eltern undStudierende die subventionierten Preise für Computer über moderateLeasing-Raten selbst tragen.

Medienkompetenz vermitteln. In der Wissensgesellschaft muss jederSchüler und Studierende kompetent mit Multimedia und Internetumgehen können. Medienkompetenz wird zur Grundkompetenz, zurVoraussetzung für den Zugang zu den neuen Bildungswelten und fürberufliches Fortkommen. Alle Kinder sollten zukünftig das Verständ-nis der Bildersprache (Visual Literacy) und die Fähigkeit, in den ver-netzten Systemen zu navigieren (Computer Literacy), mit derselbenSorgfalt erwerben wie die Kulturtechniken Lesen, Schreiben undRechnen. Hierfür muss in den Lehrplänen Platz geschaffen werden.Visual- und Computer-Literacy können an die Stelle der informati-ons- und kommunikationstechnologischen Grundbildung rücken, diein den Lehrplänen vieler Bundesländer vorgesehen ist. Wie alle Kul-turtechniken sollte Medienkompetenz frühzeitig erworben und soll-ten die Grundkenntnisse bereits in der Primarstufe vermittelt werden.

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Weil Medienkompetenz nur vermitteln kann, wer sie beherrscht, istdie Qualifikation der Lehrer hier wie in den anderen Reformfeldernder Schlüssel zum Erfolg.

Wissen verfügbar machen. Die Informationsflut des Internet muss fürdie besonderen Zwecke der Bildung ausgewertet, geordnet und aufbe-reitet werden. Daher sollten mit Nachdruck Web-Bibliotheken undBildungsserver aufgebaut werden, die das Wissen nutzerfreundlichsystematisieren und bereitstellen. Verlage sollten Lernsoftware anbie-ten und Schulen die Freiheit bekommen, Lehrmittel nach ihrer Wahlzu beziehen.

Neue Medien als Wissenswerkzeug etablieren. Die neuen Mediensind wichtiges Wissensinstrument und ein Motor der Bildungsinnova-tion. Sie sollten konsequent zu Leistungssteigerung und Verbesserungder Lernkultur genutzt werden. Mit Hilfe der neuen Medien kann diePräsentation der Lerninhalte optimiert werden, durch den Einsatzinteraktiver und Simulationsprogramme lassen sich Lernmotivationund -leistung deutlich steigern. Das Navigieren im Internet unter-stützt zudem die geforderten Lernfähigkeiten wie vernetztes Denken,strategisches Arbeiten und eigenverantwortliches Handeln. Damit diePotentiale der neuen Medien ausgeschöpft werden können, müssensie in allen Fächern und Disziplinen eingesetzt und die Entwicklungmediengerechter Fachdidaktiken sichergestellt werden.

Effizienz durch neue Informations- und Kommunikationstechnologiensteigern. Die Effizienz des Lehrbetriebes gewinnt enorm, wenn alles,was das Unterrichtsgeschehen und den wissenschaftlichen Diskursbelastet, über das Netz abgewickelt wird. Verwaltungsvorgänge kön-nen vereinfacht und organisatorische Absprachen leichter getroffenwerden, die bekannten Engpässe in der Bereitstellung von Literaturwerden mit Hilfe der Informationstechnologie überwunden. DiePotentiale neuer Medien können etwa durch die Einrichtung virtuellerSchreibtische für Studierende konsequent ausgeschöpft werden. Dortfinden sie Kerninformationen und ein Ordnungssystem, das zukünftigHandbibliothek und Zettelkasten ersetzt, alle Vorlesungsinformatio-nen bereithält und den Dialog mit Kommilitonen und Professorenstark erleichtert. Vor allem Hochschulen sollten die neuen Technolo-gien zudem nutzen, um im Baukastensystem Präsenzangebote mitInternet-Angeboten anderer Universitäten zu kombinieren und dieInternationalisierung der Bildung konsequent zu fördern.

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3 Lebensnah lernen: die Schule in die Praxis holen

Die allgemeinbildenden Schulen haben sich lange als Insel und Schon-raum verstanden. Es ging um Stoffvermittlung, um abfragbares Wis-sen. Die gesellschaftlichen Veränderungen fanden hauptsächlichauûerhalb der Schulmauern statt. Zwar ist inzwischen einiges getanworden, um die Schule zu öffnen und eine Reihe von Schulen hat sichaus eigenem Antrieb auf den Weg nach drauûen gemacht. Aber dieTradition hat die meisten Schulen noch fest im Griff. Nach wie vorspielt sich Unterricht fast ausschlieûlich im Klassenzimmer ab.

Eine Gesellschaft im Wandel braucht eine sich öffnende Schule.Nur wenn die vielfältigen Veränderungen auûerhalb der Schulmauernunmittelbar und praktisch von der Schule aufgegriffen werden, kön-nen Kinder und Jugendliche die Fähigkeit entwickeln, den gesell-schaftlichen Wandel zu verstehen und mitzugestalten.

Die Schule muss sich besonders drei Praxisfeldern öffnen: In derArbeitswelt mit ihrer rasanten technologischen und organisatorischenEntwicklung gewinnen die Schüler nicht nur Verständnis für Technikund Arbeitsabläufe, sondern auch für Zuverlässigkeit und Zusam-menarbeit. Im sozialen Umfeld mit seinen vielfältigen Lebenssituatio-nen, Interessen und Anschauungen, im Stadtteil, in Jugendzentrenund sozialen Einrichtungen können die Schüler Gemeinschaft erfah-ren und lernen, sie selbst zu schaffen. In einer globalisierten Gesell-schaft mit ihrer sprachlichen und kulturellen Vielfalt fördert interna-tionaler Schüleraustausch das Verständnis für andere Kulturen unddas Erlernen von Fremdsprachen in natürlichen Sprechsituationen.

Um die Schule in die Praxis zu holen, empfehlen wir:

Betriebspraktika für Lehrer. Lehrer brauchen berufliche Praxis auûer-halb der Schule. Betriebliche Erfahrungen versetzen die Lehrer in dieLage, die Arbeitswelt realistisch in den Unterricht einzubeziehen. Des-halb müssen betriebliche Praktika in unterrichtsarmen und unterrichts-freien Zeiten systematisch zum Bestandteil der Lehrerbildung werden.

Praktiker in die Schule holen. Nichts veranschaulicht die Praxis bes-ser als sie selbst. Wenn Praktiker in die Schule kommen, wird die»Welt drauûen« lebendiger und aktueller erfahrbar als durch theore-tische Vermittlung. Handwerker und Naturwissenschaftler, Künstler

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und Sozialarbeiter geben ihre berufliche und soziale Praxis eherauthentisch weiter als ein Lehrbuch. Unterricht mit Praktikern mussdaher als wertvolle Ergänzung in den Schulalltag integriert werden.

Unterricht »auûer Haus«. Begegnungen mit der Praxis müssen ineinem unterrichtlichen Zusammenhang stehen. Umfang und Inten-sität bestimmen sich aus dem zu bearbeitenden Problem. Das kon-krete Erleben und Handeln sowie die Gespräche vor Ort haben denVorzug der Unmittelbarkeit. Konkrete Erfahrungen im betrieblichen,sozialen und kulturellen Umfeld finden Eingang in den Lernprozessund steigern den Praxisbezug schulischer Arbeit. Unterricht auûerHaus muss zum selbstverständlichen Bestandteil von organisiertenLernprozessen werden.

Patenbetriebe für alle weiterführenden Schulen. Zur Verstetigung desPraxisbezuges müssen Betriebspatenschaften für die Schulen in denRegionen vermittelt und koordiniert werden. Auf diese Weise ent-steht eine enge Beziehung zwischen Schule und Betrieb: praxisnaheUnterrichtsgestaltung, aufgabenbezogene Betriebserkundungen, Unter-richt im Betrieb, Ferienpraktika, gemeinsame Veranstaltungen zurBerufsfindung, gemeinsame Fortbildungsveranstaltungen. Patenschaf-ten zu sozialen Einrichtungen im In- und Ausland müssen vermehrtaufgebaut werden. So lassen sich Gemeinschaftssinn und soziale Ver-antwortung der Schüler stärken.

Duale Bildungsgänge ausbauen. Durch eine Verknüpfung von beruf-licher und allgemeiner Bildung wird der Anwendungsbezug desGelernten besonders deutlich. Gleichzeitig können ausbildendeBetriebe auf diese Weise bereits frühzeitig ihren eigenen Arbeitskräfte-und Führungsnachwuchs heranbilden. Deshalb müssen Hochschulenund Wirtschaft ermuntert werden, das Angebot berufsintegrierter undberufsbegleitender dualer Studiengänge rasch auszuweiten.

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4 Lehrerbildung verbessern: Qualifizierungsoffensive für Lehrer starten

Die im Rahmen des Lehrerstudiums gelehrten Fachwissenschaftensind nicht auf die didaktischen Erfordernisse des Unterrichts zuge-schnitten. Ursache ist die immer noch bestehende Trennung zwischenDidaktik und Fachwissenschaft. Dabei liegt der Fokus ± schon wegender Prüfungsanforderungen ± auf dem Erwerb fachlicher Kenntnisse.Didaktisches Training kommt ebenso zu kurz wie der Erwerb vonMedienkompetenz. Praxiserfahrungen machen angehende Lehrer erstin der zweiten, unterrichtspraktischen Phase ihrer Ausbildung. Nichtselten scheitern sie dann am Praxis-Schock, und das nach vier bissechs Jahren Studium. Zudem werden Lehrer zu keinem Zeitpunktihrer Ausbildung mit Entwicklungs- und Steuerungsaufgaben vertrautgemacht. Gewaltbereitschaft, Drogenkonsum und soziale Verwahr-losung unter den Schülern nehmen zu. Auf die Bewältigung solcherProbleme sind Lehrer jedoch nur unzureichend vorbereitet.

Qualität von Schule beginnt mit der Qualität der Lehrer. Wir brau-chen Lehrer, die sicher sind in ihrem fachlichen und pädagogischenKönnen und die ihre Schüler auf ihren Lernwegen kompetent beglei-ten. Lehrer müssen zuallererst guten Unterricht organisieren können.Die Lehrerbildung muû diese Anforderungen aufgreifen. Es ist daherein enger Anwendungszusammenhang für die Fach- und Erziehungs-wissenschaft sicherzustellen, in dem auch Kooperations- und Team-fähigkeit für den Lehrberuf erlernt werden kann. Neue Aufgaben derSchule fordern auch eine Veränderung der Lehrerbildung: Zwar kannund soll die Schule die Familie nicht ersetzen, doch ohne die Fähig-keit zum sozialen Konfliktmanagement sind auch pädagogische undfachliche Bemühungen zum Scheitern verurteilt. Der Einsatz derneuen Medien kann systematisch zur Verbesserung des Unterrichtsund der Lernleistungen beitragen. Lehrer müssen frühzeitig lernen,diese Chancen zu nutzen. Nur selbständigere Schulen können Innova-tionskräfte entfalten. Dazu brauchen sie Lehrer, die sich für die Orga-nisationsprozesse der Schule und nicht nur für den eigenen Unterrichtverantwortlich fühlen.

Mit diesen erheblichen Anforderungen darf die Gesellschaft ihreLehrer nicht allein lassen. Sie muss ihnen Hilfestellungen geben undAngebote zur Qualifizierung unterbreiten.

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Um eine Qualifizierungsoffensive für Lehrer zu starten,empfehlen wir:

Lehrerbildung zielgenau an den Aufgaben der Schule ausrichten. Lehrermüssen in erster Linie die Lernprozesse ihrer Schüler organisieren undmoderieren. Neben fachlichen und fachdidaktischen Qualifikationenbenötigen sie ein Methoden-Repertoire, um den Erwerb von Schlüssel-kompetenzen zu ermöglichen und zu fördern. Dazu müssen die Lehrerüber Kooperations- und Teamfähigkeit verfügen, die ihnen auch dieMitgestaltung schulischer Organisationsentwicklungsprozesse ermög-licht.

Lehrerbildung modularisieren. Die für den Lehrberuf erforderlichenBefähigungen müssen durch eine gleichermaûen wissenschaftlichewie praxisorientierte Ausbildung gesichert werden. Die fachwissen-schaftliche Themenauswahl muss sich stärker am Unterricht orientie-ren. Schulpraktische und Studienphasen müssen curricular und orga-nisatorisch vernetzt sein. Didaktik und Methodik sind an dergesellschaftlichen und beruflichen Wirklichkeit zu orientieren. Die ander Lehrerbildung beteiligten Institutionen müssen kooperieren,wobei die einzelne Schule als Ort der Lehrerbildung zu stärken ist.Kooperatives und interdisziplinäres Arbeiten muss in allen Phasender Lehrerbildung systematisch angelegt sein. Die Ausbildungs-abschnitte der Lehrerbildung sind als Module zu konzipieren, damitder Eintritt in den Lehrberuf auch für Absolventen anderer Studien-gänge oder vergleichbarer Ausbildungen zugelassen werden kann.Dabei sind die Möglichkeiten eines profilierten und differenziertenHochschulwesens zu nutzen.

Fortbildung auf die Erfordernisse der Einzelschule und der Bildungs-region zuschneiden. Eine modularisierte Lehrerbildung macht aucheine enge Verzahnung von Lehrerausbildung und -fortbildung erforder-lich. Die Maxime lebenslangen und selbstgesteuerten Lernens giltselbstverständlich auch für Lehrer. Dies umso mehr, als der einzelnenSchule zunehmend Gestaltungskompetenz und Qualitätsverantwor-tung übertragen werden. Fachlicher, pädagogischer und methodischerFortbildungsbedarf der Lehrer ergibt sich aus den Anforderungen, diein den Programmen der einzelnen Schulen und in den Leitbildern derBildungsregion verankert sind. Fortbildungsangebote müssen sichdeshalb an diesen Zielen orientieren. Fortbildung muss möglichst

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schulintern oder schulnah organisiert werden, damit die neuen Erfah-rungen im Anwendungszusammenhang von Schule und Unterrichtwirksam werden können. Aufbau und Stärkung von Teamstrukturenin den Lehrerkollegien bieten am ehesten die Gewähr, dass Lerngrup-pen unmittelbar und konsequent von der Fortbildung ihrer Lehrerprofitieren. Schulen müssen über die Fortbildung der Kollegien ent-scheiden und sie über ein eigenes Budget finanzieren können.

Kompetenzaustausch organisieren. Um neue fachliche Anforderun-gen erfüllen zu können, brauchen Lehrer die Unterstützung vonauûen. Aber auch Lehrer sind Praktiker und können auûerhalb derSchule Impulse geben. Fortbildung sollte daher den Kompetenzaus-tausch zwischen Schule und Umfeld fördern. Gemeinsame Fortbil-dung von Mitarbeitern der Betriebe, der Jugendhilfe und der Vereinemit Lehrern verbessert das gegenseitige Verständnis und die Zusam-menarbeit. Lehrerqualifizierung ist Investition in Bildung und mussals Gemeinschaftsaufgabe verstanden werden. Deshalb muss Fortbil-dung in ein Qualifizierungssystem eingebettet sein, das für alle an derErziehungs- und Bildungsarbeit Beteiligten offen ist und in derRegion organisiert wird.

Medienkompetenz sicherstellen. Der unbeschränkte Zugriff auf Infor-mationen und die weitreichenden Möglichkeiten zu Kommunikationund Kooperation durch neue Medien verlangen gerade von Lehrerndie Fähigkeit, ihren Unterricht durch den didaktisch begründeten Ein-satz dieser Medien effektiver zu gestalten und dadurch die Lernleis-tungen ihrer Schüler zu verbessern. Um die Chancen einer neuenLernkultur wahrnehmen zu können, wird künftig von ihnen erwartet,Medien und Informationsnetze souverän zu nutzen, Medien auszu-werten, zu beurteilen und effektiv zu selektieren. Lehrer müssen inder Lage sein, Informationen selbst zu gestalten und im weltweitenDatennetz bereitzustellen sowie mit anderen via Internet zu kommu-nizieren und zu kooperieren. Medienkompetenz, verknüpft mitDidaktik und Methodik des Unterrichts, muss daher verbindlicherInhalt der Lehreraus- und -fortbildung sein.

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II Für Vielfalt in Schule und Hochschule

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5 Freiraum geben: schulische Selbständigkeit stärken

Das deutsche Schulwesen ist durch zentrale Führungs- und Organisa-tionsstrukturen geprägt. Staatliche Rahmenbedingungen bestimmennach wie vor Unterrichtsinhalte und Schulstrukturen. Die konkretenBedürfnisse von Lernenden und Lehrenden werden unter diesenBedingungen nicht hinreichend berücksichtigt und können sich nichtim eigentlich wünschenswerten Maûe entfalten. Ebenso wenig kanndieses System schnell genug auf Veränderungen in Gesellschaft, Wirt-schaft und Technik reagieren. Starrheit und Unbeweglichkeit kenn-zeichnen das Schulsystem. Entsprechend haben Schulleiter bishereher verwaltende als gestaltende Aufgaben. Für ihre Führungsaufgabewerden sie weder ausgebildet noch daraufhin ausgewählt.

Das Schulsystem muss imstande sein, neue Strömungen aus Gesell-schaft, Wirtschaft, Wissenschaft und Forschung rasch aufzunehmen,unterrichtlich aufzubereiten und weiterzugeben. Mehr noch: DasSchulsystem muss bevorstehende Veränderungen vorwegnehmenkönnen, um nicht ständig nur defensiv reagieren zu müssen.

Die Einzelschule kann sich am schnellsten auf Veränderungen ein-stellen. Hier kristallisieren sich die Bedürfnisse der Beteiligten und diegesellschaftlichen Erfordernisse viel unmittelbarer als in der Schulbü-rokratie. Gerade deshalb kann die einzelne Schule das Potential zumfrühzeitigen Handeln am ehesten entwickeln, wenn ihr Freiraumgelassen wird. Dies ist auch die Voraussetzung für eine grundlegendeVeränderung ihrer Führungs- und Organisationsstrukturen. Teilhabean Entscheidungen wird die Identifikation von Lehrern, Schülern undEltern mit ihrer Schule stärken und damit ihre Motivation, Freiräumezu nutzen.

Damit Schulen selbständig werden können, empfehlen wir:

Flexible Rahmenbedingungen für die Bildungsinhalte schaffen. Weni-ger Regelung von oben und echte Delegation von Verantwortung ver-mögen die Effektivität schulischen Handelns zu erhöhen. Die Verant-wortung staatlicher Organe und Institutionen ist auf das Setzen einesbildungspolitischen Ordnungsrahmens zu beschränken. Für die Schu-len bedeutet dies einerseits notwendige Klarheit und Eindeutigkeit fürihren Bildungsauftrag (z. B. ein Kerncurriculum). Andererseits müs-sen sie neue Gestaltungsräume für die pädagogische Arbeit erhalten(z. B. flexible Stundentafeln).

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II Für Vielfalt in Schule und Hochschule

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Personal- und Budgetkompetenz an die Einzelschule delegieren. DieMöglichkeiten und Bedürfnisse der Schüler müssen Maûstab für eininhaltlich und strukturell flexibleres Bildungsangebot der Einzel-schule sein. Veränderungen im Unterricht können aber nur dannstattfinden, wenn Führungs- und Organisationsstrukturen dieser Ent-wicklung angepasst und Lehrer entsprechend qualifiziert werden.Schulen, die Unterrichts-, Personal- und Organisationsentwicklungbetreiben, brauchen Personal- und Budgetkompetenz. Sie müsseneigenständig entscheiden können, welche Lehrer in ihr Kollegiumintegriert, ob und welche Praktiker eingesetzt und wie Lehrer fortge-bildet werden sollten. Sie müssen auch selbständig entscheiden kön-nen, wie die Lehrerarbeitszeit am sinnvollsten genutzt wird. Entspre-chend den schulischen Programmen müssen die Finanzressourceneingesetzt werden. Das erfordert die Delegation der Budgetverant-wortung an die Schulen, einschlieûlich der Möglichkeit, nicht ver-brauchte Budgetmittel in das nächste Schuljahr zu übertragen.

Schulleitungen für ihre Führungsaufgabe qualifizieren. Neben fach-licher und pädagogischer Kompetenz sollte Führungskompetenz eineherausragende Qualifikation von Schulleitern sein. Sie müssen Initia-tive und Verantwortungsbewusstsein in ihrer Schule fördern und sindletzten Endes verantwortlich für Programm- und Personalentwicklung,Organisation und Budget. Deshalb müssen sie auf ihre Führungsauf-gaben persönlich und fachlich vorbereitet werden. Die Auswahl vonSchulleitern muss auf Grundlage einer solchen Qualifizierung erfol-gen. Unerlässlich sind regelmäûige Fortbildung und Beurteilung.

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6 Unterschiede zulassen: Schulprofile entwickeln

Der Gedanke der Profilbildung im Schulbereich wird seit einigen Jah-ren von der Bildungsadministration intensiv vorangetrieben. Die Auf-forderung, ein Schulprogramm zu erarbeiten, wird zwar von zahlrei-chen Schulen aktiv genutzt; viele andere befolgen sie jedoch nurhalbherzig. Gewiss ist jede Schule ohnehin durch ein spezifisches Pro-fil geprägt, das sich aus der jeweils besonderen Zusammensetzung derSchülerschaft in einem konkreten Umfeld ergibt. Nur selten aberwird die Gestaltung dieses Profils von Schülern, Lehrern und Elternzu einer Verständigung über Bildungs- und Erziehungsziele undbesondere Formen und Schwerpunkte der pädagogischen Arbeitgenutzt. In vielen Bereichen des Schullebens mangelt es deshalb anpädagogischer Wirksamkeit und an der Identifikation aller Beteilig-ten mit der eigenen Schule. Nicht zuletzt verhindern traditionelle Ver-waltungsstrukturen im Schulwesen die Entfaltung pädagogischer undorganisatorischer Selbstgestaltungskraft der Schulen.

Nur selbständige Organisationen können zur Selbständigkeit erzie-hen. So muss der einzelnen Schule zugestanden sein, dass auch sielernt, sich selbst zu organisieren und zu entwickeln. Bei der gezieltenErarbeitung eines Schulprofils vergewissert sich eine Schule ihrerStärken und Schwächen und kann ihre Besonderheiten zur Geltungbringen. Wird der gesamte Prozess der Profilbildung vom Kollegium,der Schülerschaft, den Eltern und anderen an der Schule Beteiligtengetragen, entwickelt sich ein pädagogischer Grundkonsens, der Basisaller weiteren Vereinbarungen ist. Vor allem der Schulträger wirdüber eine Einbindung in die Diskussion in seiner Verantwortung fürein differenziertes Bildungsangebot gestärkt.

Um ihre pädagogische Wirksamkeit zu erhöhen und attraktive Bil-dungsangebote zu schaffen, muû die Schule kreative Ansätze derSchul- und Unterrichtsgestaltung in das pädagogische Alltagsgeschäftintegrieren und darüber ihr Profil weiterentwickeln. Dafür müssenauch Organisationsstrukturen flexibilisiert werden. AuûerschulischeBildungsangebote sind verstärkt in die schulische Arbeit einzubinden.Um die Gleichwertigkeit der Bildung bei gleichzeitiger Individualisie-rung des schulischen Profils zu gewährleisten, müssen grundlegendeBildungsziele verbindlich festgelegt und muss die Transparenz desschulischen Entwicklungsprozesses durch Evaluation und Rechen-schaftslegung sichergestellt werden.

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II Für Vielfalt in Schule und Hochschule

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Um die Wirksamkeit der Bildungs- und Erziehungsarbeit in derEinzelschule durch Profilbildung zu erhöhen, empfehlen wir:

Das pädagogische Programm entwickeln. Nur wer in die Profildis-kussion eingebunden ist, kann für eine konkrete Unterstützung derSchule gewonnen werden. Die Mitwirkung aller Beteiligten an derDiskussion über die angestrebten Ziele, Schwerpunkte und Wege derpädagogischen Arbeit und schlieûlich das schulische Programm selbstwirken identitätsstiftend. Auf der Basis von Richtlinien und Lehrplä-nen müssen sich Lehrer, Schüler und Eltern auf einen pädagogischenGrundkonsens verständigen. Vertreter des Schulträgers, der Wirt-schaft sowie anderer Bereiche des öffentlichen Lebens im regionalenUmfeld müssen ebenfalls aufgefordert werden, sich an der Profildis-kussion zu beteiligen. Die Ergebnisse der Diskussion sollten für einenfestgelegten Zeitraum verbindlich sein.

Eigene Akzente setzen. Das Bildungsangebot einer Schule basiert aufvorgegebenen Inhalten und Standards. Die Besonderheit des eigenenProfils zeigt sich in der unterrichtlichen Gestaltung und in der Ergän-zung und Weiterentwicklung dieser Inhalte. Die Setzung curricularerSchwerpunkte richtet sich nach den konkreten Lernbedingungen derSchülerschaft in ihrem Umfeld. Die einzelne Schule muss den Freiraumerhalten, schulspezifische Lehrpläne auf der Basis allgemein verbind-licher Elemente zu formulieren.

Die Organisation flexibilisieren. Die Unterschiedlichkeit schulischerArbeitsbedingungen und Lernumfelder führt nur dann zu qualitativvergleichbaren Ergebnissen, wenn die Organisation von Lernen undLehren diesen Unterschieden Rechnung trägt. Eine flexible Hand-habung der Zeitvorgaben und Stundentafeln muss das Gebot des öko-nomischen Umgangs mit der Lernzeit der Schüler wie der Arbeitszeitder Lehrenden berücksichtigen.

Die Selbstverantwortung der Schüler fördern. Die Einbeziehung derSchüler in die Entwicklung des Schulprofils trägt dazu bei, ihre Selb-ständigkeit zu fördern und ihre Eigenverantwortung zu stärken. DasSchulprogramm muss für die Organisation des Unterrichtsgeschehenszunehmend die Mitwirkung der Schüler an der Planung, Durchfüh-rung und Evaluation ihrer Lernprozesse vorsehen.

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Professionalität stärken. Die Zufriedenheit eines Kollegiums mit deneigenen Arbeitsbedingungen und damit auch die Qualität seinerArbeit hängt nicht zuletzt davon ab, wie sehr der Einzelne seine Kom-petenz in das schulische Geschehen einbringen kann. Im Interesseeiner gröûtmöglichen Wirksamkeit muss das Schulprogramm dieStärken der Lehrer berücksichtigen. Sie müssen so eingesetzt werden,dass sie diese Stärken nutzen können. Nur Lehrer, die sich mit dem»Geist« einer Schule identifizieren, sind in der Lage, das vorhandeneProfil engagiert weiterzuentwickeln. Die einzelne Schule muss dasLehrpersonal einstellen können, das zu ihrem Profil passt.

Den finanziellen Gestaltungsfreiraum nutzen. Freiraum in der inhalt-lichen und organisatorischen Gestaltung von Bildung und Erziehungbedarf der Ergänzung durch eine schulische Budgetverantwortung,die den profilunterstützenden Einsatz der Mittel gewährleistet. Dar-über hinaus müssen Sponsorengelder aus regionalen Entwicklungs-fonds zur Schärfung und Entwicklung des schulischen Profils genutztwerden.

Die eigene Arbeit evaluieren. Freiraum gewähren heiût Unterschiedezulassen. Die gemeinsame Verpflichtung des Bildungs- und Erzie-hungsauftrages fordert Selbstkontrolle und Rechenschaftslegung. Aufder Grundlage des Schulprogramms und der verbindlichen Richt-linien muss jede Schule Verfahren der Evaluation entwickeln. Eineregelmäûige Selbstevaluation muss zur Vergewisserung über die Qua-lität der eigenen Arbeit und die Richtigkeit der im Schulprogrammmittelfristig festgelegten Ziele und Schwerpunkte führen.

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7 Bildung gemeinsam verantworten: regionale Bildungsallianzen aufbauen

Bildung und Erziehung finden nicht ausschlieûlich in Elternhaus undSchule statt. Das ganze Gemeinwesen ist mit der Erziehung eines Kin-des befasst: Verschiedene kommunale und private Einrichtungen undVereinigungen leisten dazu Beiträge. Aufeinander abgestimmt sinddie verschiedenen Aktivitäten jedoch nur selten. Allzu oft wird neben-einander, nicht selten gegeneinander statt miteinander gearbeitet. Zuhäufig folgt die Erziehungs- und Bildungsarbeit verschiedenen Zielen.Die zur Verfügung stehenden Ressourcen werden gewöhnlich nachZuständigkeiten und individueller Zielsetzung verwendet und nichtgebündelt.

In einem immer komplexer werdenden sozialen und beruflichenUmfeld muss das Lernen innerhalb und auûerhalb der Schulen stär-ker als bisher als ganzheitlicher Prozess gesehen werden. Die vielfälti-gen Aufgaben, die den Schulen von der Gesellschaft übertragen wer-den, können sie nicht allein bewältigen.

Alle an der Erziehungs- und Bildungsarbeit in der Region beteilig-ten Institutionen und Vereinigungen müssen gemeinsam Ziele verein-baren. Die Schulen müssen Angebote zur Kooperation erhalten, sienutzen und selbst Kooperation initiieren. Die Zusammenarbeit zwi-schen den Schulen einer Region muss zur Regel werden. Netzwerk-arbeit auf allen Ebenen muss im Interesse einer optimalen Entwick-lung der Kinder und Jugendlichen den Erfahrungsaustausch und dasLernen voneinander stärken. Es muss auch möglich sein, finanzielleRessourcen aus unterschiedlichen Quellen zu sammeln und gezielt fürvorrangige Anliegen einzusetzen.

Um die gemeinsame Verantwortung für die Bildung zu stärken,empfehlen wir:

Regionale Bildungsallianzen aufbauen. Um die Leistungs- und Inno-vationsfähigkeit des Bildungswesens zu unterstützen, müssen Allian-zen von Schulen, Wirtschaft, Kommunen und privaten Einrichtungeninitiiert werden. Im Interesse der Entwicklung von Kindern undJugendlichen müssen Verantwortungsgemeinschaften entstehen, dieAustauschprozesse der Bildungseinrichtungen mit anderen gesell-schaftlichen Feldern systematisch und verbindlich fördern. Zu ihnengehören kompetente, unabhängige und gestaltungsstarke Vertreteraus Wirtschaft, Kommunen, Jugendhilfe und anderen Einrichtungen,

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die den Aufbau regionaler Bildungslandschaften als wichtiges Anlie-gen begreifen und dazu beitragen können, Bildungsangebote auch aufdie regionalen Anforderungen abzustimmen.

Netzwerkarbeit fördern. Schulen dürfen mit den ihnen übertragenengesellschaftlichen Aufgaben nicht länger allein gelassen werden.Netzwerke fördern den Austausch von Ideen und Entwicklungen.Auch Schulen müssen kontinuierlich lernen. Dazu brauchen sie inten-sive Beziehungen zu anderen Schulen und Einrichtungen aus Wirt-schaft, Kommunen und Wissenschaft sowie dem benachbarten Aus-land. Jede Schule sollte ihr Umfeld dazu auffordern, an ihrer Arbeitteilzunehmen. Indem sie über ihre Arbeit berichtet, schafft sie diedazu notwendige Transparenz.

Regionale Bildungsfonds einrichten. Die Finanzierung öffentlich ver-antworteter Bildung muss nachhaltig gesichert sein. Zur Förderungregionaler Entwicklungen und insbesondere zum Aufbau regionalerBildungslandschaften sind auch private Mittel zu erschlieûen. Imregionalen Zusammenhang müssen die Finanzmittel der an Erzie-hung, Bildung und Ausbildung beteiligten oder interessierten Kräftemobilisiert und gebündelt eingesetzt werden können, ohne dass siedurch öffentliches Haushaltsrecht behindert werden. So können fürdie Region wichtige Innovationsprojekte besonders gefördert undz. B. Unterstützung für eine Ausstattungsinitiative im Bereich neuerMedien geleistet werden.

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8 Hochschulen handlungsfähiger machen: Autonomie stärken

Hochschulen sind zentrale Institutionen der Wissensgesellschaft. Dochein engmaschiges Regulierungsnetz staatlicher Vorgaben in Form vonGesetzen, Verordnungen und Erlassen schränkt ihre Leistungsfähigkeitund ihre Autonomie als Korporation stark ein. Zugleich wird ihreinstitutionelle Handlungs- und Entscheidungsfähigkeit auch dadurchgeschwächt, dass die verfassungsmäûig verbürgte Wissenschaftsfreiheitvon ihren Mitgliedern häufig ausschlieûlich als individuelle Freiheit ineiner »Gelehrtenrepublik« interpretiert wird. Aufgrund negativer Wir-kungen des Kollegialprinzips und der Mechanismen der akademischenSelbstverwaltung sind Beschlüsse daher oft nur auf der Basis des jeweilskleinsten gemeinsamen Nenners möglich.

Gröûere Freiräume zur autonomen, eigenverantwortlichen Aufga-benwahrnehmung sind aber dringend erforderlich, wenn die Hoch-schulen ± trotz Überlastung und Finanzknappheit ± leistungsfähigbleiben und effektiv, effizient und flexibel arbeiten sollen. Denn nurautonome Hochschulen werden in der Lage sein, den Herausforde-rungen der Wissensgesellschaft angemessen zu begegnen. Hochschu-len handlungs- und entscheidungsfähig zu machen, ist daher ein zen-trales hochschulpolitisches Desiderat. Seine Einlösung erfordert einneues Verständnis vom Verhältnis zwischen Staat und Hochschuleeinerseits und zwischen einer Hochschule und ihren Mitgliedernandererseits.

Für die Realisierung der Hochschulautonomie sind drei Aspektevordringlich: erstens eine Finanzautonomie, die Hochschulen einenverantwortlichen und sachgerechten Umgang mit den ihnen zugewie-senen Mitteln zutraut und auf das Korsett der kameralistischen Haus-haltsführung verzichtet; zweitens eine umfassende Organisations-autonomie, die Hochschulen die Freiheit zugesteht, sich nach eigenenBedürfnissen und entsprechend ihrer Tradition, Gröûe und Kultur zuorganisieren und damit ihre institutionelle Handlungsfähigkeit zuoptimieren; und drittens eine Personalautonomie, die sie aus demstarren Regelwerk des öffentlichen Dienst-, Tarif- und Arbeitsrechtsbefreit und ihnen eine eigenständige, wettbewerbsfähige Personalpoli-tik ermöglicht.

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Um die Autonomie von Hochschulen ± verstanden als Finanz-,Organisations- und Personalautonomie ± zu stärken, empfehlen wir:

Das Verhältnis zwischen Staat und Hochschulen neu definieren. Dieprozessorientierte Detailsteuerung der Hochschulen durch die Mini-sterien ist durch globale Leistungsaufträge ± mit entsprechenderErgebnisverantwortung und Rechenschaftspflichtigkeit auf Hoch-schulseite ± zu ersetzen. Der Staat muss sich auf eine ordnungspoliti-sche Rolle beschränken und einige seiner traditionellen Kompetenzenund Verantwortlichkeiten an die Hochschulen delegieren. In der Mit-telverwendung und in der Ausgestaltung ihrer Arbeit müssen diesegröûtmögliche Entscheidungsfreiheit haben, um die Qualität vonLehre und Forschung eigenverantwortlich weiterentwickeln zu kön-nen. Dabei sind politische, strategische und operative Verantwortungklar voneinander zu trennen. Ziel- und Leistungsvereinbarungenzwischen Staat und Hochschulen sowie innerhalb von Hochschulensind Steuerungsinstrumente, die autonomen Hochschulen angemes-sen sind.

Leitungsstrukturen neu ordnen. Autonome Hochschulen müssen inder Lage sein, verbindliche Entscheidungen über ihre Ausrichtungund Gestalt, über die Verwendung ihrer Mittel und die Art und Weiseihrer Aufgabenbearbeitung zu treffen. Dafür sind klare Entschei-dungskompetenzen, eine persönliche Verantwortlichkeit der Entschei-dungsträger auf allen Ebenen und effiziente Leitungsstrukturen erfor-derlich. Zudem muss die bisherige staatliche Aufsichtsfunktion aufextern besetzte Hochschulräte übertragen werden. Diese sind für diestrategische Planung und Profilbildung der jeweiligen Hochschulesowie für die Wahl der Hochschulleitung zuständig. Zugleich tragensie zu einer stärkeren Öffnung der Hochschulen gegenüber ihremUmfeld bei.

Entscheidungsverfahren reformieren. Um die Handlungsfähigkeit undLeistungen der Hochschulen zu verbessern, sind neue Beschlussver-fahren notwendig. Entscheidungsträger müssen in der Lage sein, imInteresse der gesamten Institution liegende Entscheidungen gegenüberEinzelinteressen durchzusetzen. Dazu bedarf es einer klaren Tren-nung zwischen Leitungsfunktionen und den Aufsichtskompetenzengewählter Gremien sowie veränderter Formen der Wahl und Bestel-lung von Entscheidungsträgern.

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II Für Vielfalt in Schule und Hochschule

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Personalautonomie stärken. Hochschulen müssen selbst über Bezah-lung und Anstellungsverhältnisse von Professoren und Mitarbeiternentscheiden können. Nur dann sind sie imstande, ihre Aufgabeneffektiv wahrzunehmen, attraktive Profile herauszubilden und amWettbewerb teilzunehmen. Daher muss der Staat im Rahmen seinerordnungspolitischen Aufgaben das Dienst- und Tarifrecht für dieHochschulen grundlegend neu regeln. Es ist an der Zeit, den Hoch-schulen eigene Personalstatute, Dienstherreneigenschaft und Tarif-fähigkeit zuzugestehen und damit eine an Aufgaben und Leistungenausgerichtete aktive Personalentwicklung zu ermöglichen.

Nachwuchsqualifizierung neu gestalten. Für die Leistungsfähigkeitdes Hochschulsystems ist die bestmögliche Qualifikation junger Wis-senschaftler von entscheidender Bedeutung. Um das zu gewährleis-ten, müssen Nachwuchskräfte möglichst früh selbständig wissen-schaftlich arbeiten können. Im Rahmen ihrer Personalautonomiemüssen die Hochschulen über deren Arbeitsbedingungen ebenso wieüber die Qualifikationsanforderungen für Professoren künftig selbstentscheiden können. Die Habilitation als Regelvoraussetzung für dieBerufung auf eine Professur führt zu lange dauernden persönlichenund strukturellen Abhängigkeiten. Eine Überalterung des Professo-rennachwuchses ist die Folge. Zudem wandern ausgezeichnete jungeWissenschaftler häufig ins Ausland ab, weil sie dort bessere Arbeits-bedingungen finden. Die Habilitation muss daher abgeschafft wer-den.

Hochschulzugang ändern. Wenn die Hochschulen in einem wettbe-werblich geprägten Hochschulsystem eigene Profile entwickeln sol-len, müssen sie selbst darüber entscheiden können, wen sie aufgrundwelcher Anforderungen und Eignungen zu einem Studium zulassen.Umgekehrt müssen aber auch die Studierenden ihre Hochschule aus-wählen dürfen. Erst solche komplementären Auswahlrechte ermög-lichen einen Qualitätswettbewerb in der Hochschulausbildung. DieAbstimmung zwischen beiden soll auch dazu beitragen, den hohenStudienabbruchquoten entgegenzuwirken. Dafür ist eine gesetzlicheNeuregelung des Hochschulzugangs notwendig.

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Memorandum Zukunft gewinnen ± Bildung erneuern

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9 Vielfalt fördern: Hochschulprofile schärfen

Die Förderung unterschiedlicher Leistungsprofile der einzelnen Hoch-schulen war bisher kein erklärtes Ziel der staatlichen Hochschulpoli-tik. Diese beschränkte sich vielmehr im Wesentlichen auf eine for-male Differenzierung der Hochschultypen in Universitäten undFachhochschulen. Und statt Profilbildung stand eher die Vereinheitli-chung von Studieninhalten und -strukturen über den Erlass von Rah-menverordnungen im Vordergrund. Dies geschah auch unter Verweisauf das grundgesetzlich vorgegebene Gebot der Einheitlichkeit derLebensbedingungen, das im Hochschulbereich über einheitliche Stu-dienverhältnisse realisiert werden sollte. In der Realität hat es sichzwar längst als Illusion erwiesen, dass alle Hochschulen und die vonihnen verliehenen Abschlüsse von gleicher Qualität seien. Dennochhält man an dieser liebgewordenen Vorstellung beharrlich fest. Siebildet nicht zuletzt die Grundlage für die staatliche Verteilung vonStudienplätzen in einzelnen Fächern.

Was wir in Zukunft brauchen, sind in Forschung und Lehre indivi-duell profilierte Hochschulen. Weder die gegenwärtigen, allzu oftnoch an der Forschung in Disziplinen ausgerichteten Studienstruktu-ren an den Universitäten noch die simple formale Differenzierung inUniversitäts- und Fachhochschulstudiengänge nach dem Grundsatz»andersartig, aber gleichwertig« werden dem gerecht.

Profilbildung umfasst zwei Dimensionen: Zum einen muss sowohlinnerhalb der beiden Hochschultypen als auch innerhalb der gleichenStudiengänge an verschiedenen Orten stärker differenziert werden.Profilbildung muss also durch unterschiedliche Angebotsformenerfolgen. Zum anderen darf sie aber Qualitätsunterschiede keines-wegs ausschlieûen. In beiden Fällen gilt es, von der Fiktion derGleichwertigkeit Abschied zu nehmen und Unterschiede nicht nurzuzulassen, sondern ausdrücklich zu fördern.

Um die Entwicklung unterschiedlicher Hochschulprofilevoranzutreiben, empfehlen wir:

Leitbilder entwickeln. Jede Hochschule muss sich über ihre Ziele unddas von ihr angestrebte Leistungsprofil verständigen. Leitbilder för-dern sowohl die Identifikation ihrer Mitglieder mit der Hochschuleals auch zielorientiertes Handeln an der Hochschule. Als Element der

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II Für Vielfalt in Schule und Hochschule

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Corporate Identity machen sie unterschiedliche Profile transparentund ermöglichen es, diese nach auûen zu kommunizieren. Damit sti-mulieren sie den Wettbewerb zwischen den einzelnen Hochschulenund Hochschultypen.

Organisationsformen für Forschung und Lehre flexibilisieren. Uni-versitäten müssen ausgewiesene Kompetenzschwerpunkte in der For-schung entwickeln. Dafür müssen sie Ressourcen konzentrieren undfachübergreifende Forschergruppen auf Zeit einrichten. In der Lehremüssen die Hochschulen unterschiedliche Profile entwickeln, die sichauch an ihren Forschungsschwerpunkten orientieren. Darüber hinausmüssen sie Alternativen sowohl zum disziplinenorientierten Fach-studium als auch zum klassischen Vollzeitstudium anbieten. Teilzeit-studien sind zu entwickeln, die besser auf die berufliche und familiäreSituation vieler Studierender abgestimmt sind und sich durch ihremodulare Strukturierung als Bausteine für das lebenslange Lerneneignen.

Studienstrukturen öffnen. Die Erwartungen der Studierenden an einHochschulstudium sind mit der enormen Expansion des Hochschul-wesens sehr viel heterogener geworden. Die groûe Mehrzahl vonihnen denkt nicht an Wissenschaft als Beruf, sondern erwartet einewissenschaftsbasierte Ausbildung und anderweitig verwertbare Qua-lifikationen. Die Unterscheidung zwischen grundständigen Bachelor-und daran anschlieûenden Master-Studiengängen bietet gute Voraus-setzungen für breit differenzierte Studienangebote, denen die einzelneHochschule ein jeweils eigenes Profil verleihen muss. Damit wird diedeutsche Hochschulausbildung zugleich kompatibler mit internatio-nal üblichen Abschlussgraden.

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Memorandum Zukunft gewinnen ± Bildung erneuern

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10 Leistungen verbessern: Wettbewerb zulassen

Während in der Forschung der Wettbewerb um Projektmittel zwi-schen den Hochschulen seit langem eingeübt ist und eine immergröûere Rolle spielt, gilt das noch nicht für die Lehre. Unter der Maû-gabe einer Gleichwertigkeit von Abschlüssen über Rahmenordnun-gen sind Studienangebote vielmehr weitgehend vereinheitlicht. Auchgestatten es die Regelungen des Hochschulzugangs nicht, dass dieHochschulen ihre Studierenden selbst auswählen. Damit ist eine Kon-kurrenz der Hochschulen um die für ihre profilierten Studienange-bote jeweils am besten geeigneten Bewerber ausgeschlossen.

Trotz aller Reglementierungen gibt es zwar Unterschiede in denProfilen und Anforderungen der einzelnen Studienangebote, aber siewerden kaum transparent. Für Studierende fehlen die Möglichkeiten,aber auch die Anreize dafür, ihren Studienort nach Angebotsprofilenund Qualität auszuwählen. Umgekehrt zahlt es sich für die Hoch-schulen derzeit noch kaum aus, mit anderen Hochschulen in einenWettbewerb um Studierende zu treten. Dies gilt erst recht für zentraldurch die ZVS bewirtschaftete Studienfächer.

Ein qualitätsfördernder Wettbewerb zwischen einzelnen Hochschu-len in Studium und Lehre umfasst zwei Aspekte: zum einen den Wett-bewerb um Abiturienten und Studierende, die dann zu Nachfragernvon Leistungsangeboten werden, auf die sich die Hochschulen einzu-stellen haben; dies erfordert auch eine veränderte Hochschulfinanzie-rung. Zum anderen gehört dazu als komplementäres Element derWettbewerb mit »Produkten«, in dem die einzelnen Hochschulen mittransparenten Studienangeboten unterschiedlicher Ausrichtung undGüte um Studierende konkurrieren.

Um den Wettbewerb als Korrektiv und Optimierungsfaktorder Hochschulausbildung zu nutzen, empfehlen wir:

Voraussetzungen für Wettbewerbsfähigkeit schaffen. Wettbewerb för-dert Vielfalt und unterschiedliche Profile. Umgekehrt kann es keinenWettbewerb ohne Vielfalt geben. Als staatlich gegängelte Einrichtungensind Bildungseinrichtungen weder wettbewerbsfähig noch bestehen fürsie Anreize für wettbewerbsorientiertes Handeln. Für beides ist esunerlässlich, dass die Hochschulen autonom sind, d. h. im Rahmeneiner vorgegebenen Ordnung und auf der Grundlage ihrer Rechen-

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schaftspflichtigkeit als öffentliche Einrichtungen frei und eigenverant-wortlich über die Art und Weise ihrer Aufgabenerfüllung entscheidenkönnen.

Produktwettbewerb in der Lehre fördern. Notwendig ist ein doppel-ter Wettbewerb: der Hochschulen um Studierende und der Studienin-teressenten um Zulassung an der für sie am besten geeigneten Hoch-schule. Dafür müssen die Hochschulen ihre Studienangebotestärker differenzieren und sie mit Blick auf die Bedürfnisse der Nachfra-ger sowie die sich rasch verändernden Anforderungen an die Qualifika-tionsprofile von Hochschulabsolventen eigenverantwortlich weiterent-wickeln.

Transparenz herstellen. Hochschulen müssen ihre Leistungen, Schwer-punkte und Anforderungen transparent machen. Gröûere Leis-tungstransparenz ist eine notwendige Voraussetzung für Qualitäts-wettbewerb in Forschung und Lehre. Für letzteren kann die Veröf-fentlichung der durchschnittlichen Fachstudiendauer nicht mehr alsein erster Schritt sein, weil der Wettbewerb um möglichst kurze Stu-dienzeiten den Wettbewerb zwischen unterschiedlichen Angebotspro-filen nicht ersetzen kann. Dafür sind vielmehr »Vergleichende Stu-dienführer« mit fachbezogenen Angebots- und Leistungsvergleichenzu entwickeln, die wichtige Informations- und Steuerungsinstrumentein einem wettbewerblich ausgerichteten System der Hochschulaus-bildung darstellen.

Neue Wege der Hochschulfinanzierung beschreiten. Eine stärkerergebnisorientierte Hochschulfinanzierung ist als Stimulans für denLeistungswettbewerb der Hochschulen unverzichtbar. Leistungen inLehre und Forschung müssen sich materiell ebenso lohnen wieErfolge im Wettbewerb um Studierende.

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11 Mittel effektiv nutzen: Hochschulfinanzierung verändern

Die deutschen Hochschulen werden als staatliche Einrichtungen ganzüberwiegend öffentlich finanziert. Die staatlichen Zuwendungenerhalten sie jedoch nicht aufgrund nachgewiesener Arbeitsergebnisse.Vielmehr schlagen sie nur als Input zu Buche, als Vorhaltekosten fürAusbildung und Forschungstätigkeiten. Zudem lassen die Vorschrif-ten der kameralistischen Haushaltsführung den Hochschulen kaumSpielräume für eine flexible, bedarfsgerechte Ressourcenverwendung.

Diese Art der Hochschulfinanzierung kann den sich rasant verän-dernden Anforderungen der Wissensgesellschaft an die Hochschulennicht mehr genügen. Zur Sicherung ihrer Leistungsfähigkeit brauchenHochschulen stattdessen Finanzautonomie.

Veränderungen in der Hochschulfinanzierung zielen in zwei Rich-tungen: Wenn die Hochschulen über ihre Mittel im Rahmen einesGlobalbudgets eigenverantwortlich verfügen können und wenn ihreinstitutionelle Grundfinanzierung durch Zuweisungen ergänzt wird,die unterschiedliche Aufgaben und Leistungen honorieren, wird dieHochschulfinanzierung zu einem wichtigen Veränderungsmotor ineinem wettbewerblichen Hochschulsystem. Dies gilt umso mehr, alsdie Hochschulen im Gegenzug für die ihnen zugebilligten Freiräumeund für die Verwendung ihrer Mittel stärker rechenschaftspflichtigwerden müssen. Denn wer Finanzautonomie beansprucht, wird nichtdaran vorbeikommen darzulegen, welche Ergebnisse der Einsatzöffentlicher Gelder erbracht hat. Finanzautonomie erfordert und för-dert daher Leistungstransparenz im Hochschulbereich.

Um die Hochschulausbildung durch neue Finanzierungs-wege zu verbessern, empfehlen wir:

Globalbudgets und Finanzautonomie für alle Hochschulen einführen.Wettbewerbsfähige Hochschulen müssen die ihnen zugewiesenenöffentlichen Mittel frei verwenden können. Denn nicht die Ministe-rien und Parlamente, sondern nur sie selbst sind kompetent, darüberim Interesse eines möglichst effektiven und effizienten Ressourcen-einsatzes sachgerecht zu entscheiden. Im Rahmen einer wirkungs-orientierten Steuerung der Hochschulen ist es dagegen Aufgabe desStaates, durch Leistungsaufträge Art und Umfang der Aufgaben dereinzelnen Hochschulen zu definieren und die Ergebnisse ihrer Arbeit

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zu überprüfen. Globalbudgets müssen sowohl den herkömmlichenStellenhaushalt als auch die sogenannten Sachmittel umfassen.Finanzautonomie bedeutet nämlich, dass die Hochschulen auch ihrenPersonalhaushalt als wichtigste Kostenart selbst gestalten können.Die Höhe der öffentlichen Zuweisungen muss sich dabei zunächstnach Umfang und Art ihrer Aufgaben richten. Darüber hinaus müs-sen aber Leistungen in Forschung und Lehre durch unterschiedlicheZuschläge zur aufgabenbezogenen institutionellen Grundfinanzie-rung honoriert werden.

Finanzmittel für Lehraufgaben an die Nachfrage koppeln. In derFinanzierung der Hochschulausbildung sind neue Wege zu beschrei-ten: Zum einen müssen Staat und Hochschulen über Zahl und Artder anzubietenden Studienplätze Zielvereinbarungen treffen, für dieeine durch Leistungskomponenten und eine Zusatzfinanzierungergänzte Grundfinanzierung bereitzustellen ist. Zum anderen muûeine direkte Anbieter-Nachfrager-Beziehung zwischen Hochschuleund Studierenden geschaffen werden. Die Höhe der öffentlichen Mit-tel für die Lehraufgaben der einzelnen Hochschule muss sich nachdem Prinzip »Geld folgt Studierenden« auch an deren Attraktivitätfür Studierende bemessen. Damit wird eine Beziehung zwischen stu-dentischem Wahlverhalten und Finanzausstattung hergestellt, die denWettbewerb der Hochschulen um Studierende und um attraktive Stu-dienangebote fördert.

Private Studienbeiträge erheben. Private Kostenbeiträge der Studieren-den für die Hochschulausbildung stärken deren Position innerhalb derHochschule. Darüber hinaus tragen sie zur dringend notwendigen bes-seren Finanzausstattung der Hochschulen bei. Private Studienbeiträgemüssen jedoch sozialverträglich ausgestaltet werden, damit niemandvon einem Studium abgeschreckt wird. Dies kann durch Darlehenerreicht werden, die später, einkommensabhängig gestaffelt, zurückzu-zahlen sind.

Individuelle Kosten einer Hochschulausbildung wie Investitionenbehandeln. Studium und wissenschaftlich basierte Ausbildung sindInvestitionen in die Leistungsfähigkeit der Wissensgesellschaft. Diesrechtfertigt ihre öffentliche Förderung. An die Stelle des bisherigenBAföG, des Kindergeldes und der steuerlichen Förderung von Studie-renden sollte eine staatliche Investitionsförderung treten: erstens eine

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pauschale, befristete Sockelfinanzierung für alle Studierenden, welchedie bisher an die Eltern gezahlten Transferleistungen ersetzt; undzweitens ein System zur Förderung des Bildungssparens und von Dar-lehen mit einkommensabhängiger Rückzahlung, das Aspekte derBedürftigkeit berücksichtigen muss. Beide Instrumente sind unver-zichtbar, um gleiche Bildungschancen zu gewährleisten.

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II Für Vielfalt in Schule und Hochschule

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III Für Qualitätssicherung

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12 Institutionelle Verantwortung entwickeln: Qualität sichern

Qualitätssicherung findet im Bildungsbereich seit jeher statt. Einfester Kanon von Texten, Werken, Wissensbeständen und Unter-richtsfächern sowie gemeinsame Wertvorstellungen garantierten dieQualität von Bildung. Instrumente der staatlichen Qualitätssteuerungwaren Haushaltsvorgaben, Verfahrensvorschriften und Genehmi-gungsvorbehalte. Im Schulsystem erfolgt diese Steuerung bis heutedurch eine staatlich kontrollierte Lehrerausbildung, durch detaillierteRichtlinien und Lehrpläne, ergänzt durch gröûtenteils individuali-sierte fachliche Leistungskontrollen. In einer stabilen Umwelt hattensolche Verfahren und Instrumente der Qualitätssicherung durchausihre Berechtigung: Es gab ein weitgehendes Einverständnis darüber,was unter Qualität zu verstehen war und durch »ordnungsgemäûeVerfahren« konnte sie vorab gesichert werden. Unter dynamischenUmweltverhältnissen ist dies aber nicht mehr der Fall: Die rasche Ver-änderung des Wissens, der sich verschärfende internationale Wett-bewerb auch in Wissenschaft und Forschung, die Pluralisierung vonErfahrungshorizonten im Zeitalter der Globalisierung und nichtzuletzt veränderte Anforderungen der Arbeitswelt erfordern im Bil-dungsbereich neue Formen der Qualitätssicherung.

Weil Veränderung die nahezu einzige Konstante der Wissensgesell-schaft ist und Vielfalt und Wettbewerb auf dem internationalen Bil-dungsmarkt noch weiter zunehmen werden, reicht es nicht mehr aus,Qualitätssicherung lediglich vor Arbeitsbeginn und mit Festlegungenüber lange Zeiträume hinweg zu praktizieren. Neue Formen der Qua-litätssicherung sind erforderlich, und eine aktive Qualitätssicherungwird zu einer ständigen Herausforderung und Gestaltungsaufgabe fürjede Bildungseinrichtung. Die kritische Reflexion des eigenen Tuns,der Vergleich mit anderen, die Bereitschaft zu Veränderung und kon-tinuierlicher Verbesserung der Lern- und Lehrprozesse sowie der Füh-rungs- und Organisationsstrukturen ± all dies zeichnet das notwen-dige neue Bewusstsein von Qualität aus.

Vier Dimensionen von Qualität sind für Schule und Hochschulevon Bedeutung und verlangen nach gezielten Maûnahmen zu ihrerSicherung: erstens die Inhalte und Methoden von Unterricht und Vor-lesungen, Übungen und Seminaren; zweitens die Anforderungen,Erwartungen und Bedürfnisse von Schülern, Eltern und Studierenden,die mit denen der Arbeitswelt und der Gesellschaft abgestimmt wer-den müssen; drittens die Organisation und Koordination von Lehran-

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III Für Qualitätssicherung

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geboten, Vermittlungsformen und Methoden des Wissenserwerbs;und viertens schlieûlich deren Ergebnisse, die auf ihre Bedeutung fürdie einzelnen Lernenden wie für die Gesellschaft hin überprüft undbewertet werden müssen.

Qualität zu sichern ist eine von allen Beteiligten in Schuleund Hochschule kontinuierlich wahrzunehmende Aufgabe.Dafür empfehlen wir:

Mehr Eigenverantwortung für Schulen und Hochschulen. Bewusstseinfür Qualität und Bereitschaft zu ihrer Weiterentwicklung und Siche-rung erfordern Eigenverantwortung und Selbständigkeit der jeweiligenEinrichtungen. Statt einheitlicher und umfassender Qualitätsvorgabensind Mindeststandards zu definieren, die ein bestimmtes Maû anQualität garantieren, der Ausprägung unterschiedlicher Qualitäts-niveaus aber nicht entgegenstehen.

Neues Verständnis staatlicher Aufsichtsfunktionen entwickeln. Quali-tät ist nicht justitiabel, sondern das Ergebnis eigenverantwortlichenund selbstkritischen Handelns. Die Aufgabe staatlicher Instanzenliegt künftig nicht mehr in der Regulierung von Verfahren, Handlun-gen und Ergebnissen, deren Einhaltung sie überprüfen, sondern in derGestaltung von Rahmenbedingungen für qualitätsorientiertes undqualitätsbewusstes Handeln. Dafür ist ein neues Verständnis derSchulaufsicht als Einrichtung zur Förderung und Weiterentwicklungdes Qualitätsbewusstseins im Schulbereich erforderlich, währendsich die Wissenschaftsministerien auf eine Rahmensteuerung derHochschulen konzentrieren müssen. An die Stelle staatlicher Detail-steuerung und Prozesskontrollen müssen ergebnisorientierte Leis-tungsvereinbarungen treten, zu denen wirksame Anreiz- und Sank-tionsmechanismen gehören.

Kritische Selbsteinschätzung fördern. Die kritische Überprüfung vonLeistungen und Ergebnissen vor dem Hintergrund vorgegebener undselbstdefinierter Ziele und Aufgaben ist ein unerlässliches Elementder Qualitätssicherung. Schulen und Hochschulen müssen dafür Ver-fahren der regelmäûigen internen Selbstevaluation entwickeln, dieRaum schaffen für eine offene, auf Veränderung und Verbesserungausgerichtete Reflexion der eigenen Arbeit.

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Strukturen und Arbeitsergebnisse extern evaluieren. Als komplemen-täres Element im Sinne eines kritischen Korrektivs für die interneSelbstevaluation sind Strukturen, Prozesse und Arbeitsergebnisse derBildungseinrichtungen regelmäûig auch extern zu evaluieren. Dabeigeht es nicht um inquisitorische Kontrolle, sondern um die kritischeFremdbeobachtung und Beratung von Bildungseinrichtungen durchunabhängige und urteilsfähige Fachleute.

Leistungen vergleichen. Nur wer über den eigenen Tellerrand hinaus-blickt, findet Alternativen und bessere Lösungen für die eigene Pra-xis. Leistungen und Arbeitsergebnisse von Schulen und Hochschulenmüssen daher transparent sein und verglichen werden. Solche Ver-gleiche können sie entweder als Benchmarking selbst vornehmen oderunabhängigen externen Institutionen übertragen. In Schulen könnenselbstorganisierte Leistungsvergleiche über die Evaluation der päda-gogischen Programme und der Lernleistungen hinaus auch Auskunftgeben über die Zufriedenheit der Lehrer und Schüler sowie über denEinsatz der Ressourcen. Leistungsvergleiche können allerdings nurdann die erwarteten Wirkungen haben und zu Veränderungen führen,wenn sie von den Schulen selbst gewünscht und auch ausgewertetwerden. Ihr Ziel ist kein eindimensionales Ranking, sondern verbes-serte Qualität.

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13 Ausbildungsstrukturen durchlässiger machen: Angebote zertifizieren

Galt bislang die Vorstellung, Wissen, Kenntnisse und Bildung lieûensich nur in zusammenhängenden, der Berufspraxis vorgeschaltetenPhasen erwerben und vermitteln, so werden mit der zunehmendenBedeutung des lebenslangen Lernens die Anforderungen an Wissens-vermittlung und -erwerb komplexer und heterogener. Daher ist nachpraktikablen Alternativen zur klassischen Form und Strukturierungvon Studium, Unterricht und Lehre zu suchen. Das Vollzeitstudiumist nicht mehr der einzige Weg zum Studienabschluss und ein lineargeregelter Studiengang ist nicht mehr die einzig sinnvolle Art derStudienorganisation.

In Zukunft werden Lehren und Lernen in unterschiedlichen Zeit-phasen sowie an unterschiedlichen (Lern- und Lehr-)Orten stattfin-den, nicht zuletzt im virtuellen Raum des Internet. Orts- und zeitge-bundene Formen des Lehren und Lernens verlieren dagegen anBedeutung. Parallel dazu wird die internationale Dimension von Bil-dung und Ausbildung immer wichtiger. Ein globalisierter Bildungs-markt macht es möglich, Bildungsangebote jederzeit an verschieden-sten Lernorten nachzufragen und sie mit Blick auf spezifischeAnforderungen und Bedürfnisse zu kombinieren. Strukturen und For-men des deutschen Bildungssystems müssen eine solche Beweglichkeitnicht nur zulassen, sondern im Interesse einer nutzerorientiertenlebenslangen Bildung sogar nachdrücklich fördern.

Dafür sind erstens die Bildungs- und Ausbildungsangebote insbeson-dere der Hochschulen weitaus stärker modular zu gestalten. Allerdingsmachen Module das Bildungssystem nicht nur durchlässiger, flexiblerund vielfältiger, sondern auch unübersichtlicher. Auch stellt sich ins-besondere angesichts der wachsenden Bedeutung neuer Medien fürBildung und Ausbildung die Frage, wie die Lehrmodule unterschied-licher Anbieter in verschiedenen Kontexten als qualifizierungsrelevantanerkannt werden können. Daher müssen als Pendant zur Modulari-sierung Orientierungsmöglichkeiten und verlässliche Verfahren derQualitätsüberprüfung geschaffen werden: Ausbildungs- und Studien-module müssen zertifiziert und modular aufgebaute Qualifikations-pakete anerkannt, d. h. akkreditiert werden.

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Um die Modularisierung von Bildungsangeboten zu fördernund um Zertifizierung und Akkreditierung als Instrumenteder Sicherung von Qualität und Transparenz im deutschenBildungssystem zu verankern, empfehlen wir:

Inhalte und Ziele von Bildungsmodulen definieren. Ausbildungs-module müssen klare Beschreibungen des angebotenen Qualifika-tionsprofils enthalten, damit ihre Ziele und Inhalte für Nachfragerund für den Arbeitsmarkt möglichst transparent sind. Nur dann las-sen sie sich auch mit anderen Modulen zu individuell passförmigenQualifikationspaketen kombinieren.

Wertigkeiten festlegen. Umfang und Niveau der einzelnen Angebots-module müssen deutlich erkennbar sein. Dafür sind sie jeweils miteiner bestimmten Zahl an Leistungspunkten (»Credit points«) zu ver-sehen, die auf der Grundlage des Qualifikationsniveaus, der zu erfül-lenden Leistungsanforderungen sowie der zeitlichen Dimensionierungeines Angebotes dessen »Wertigkeit« definieren. Auf diese Weise wirdein Transfer von Qualifikationen über verschiedene Hochschulen, Bil-dungsbereiche und -einrichtungen hinweg ermöglicht. Das ist gleich-zeitig die Grundlage für ihre flexible Verrechnung und Anerkennungim Rahmen strukturierter Bildungswege. Im Laufe der Zeit akkumu-lierte »Credit points« und Module führen im Ergebnis zu differenzier-ten Qualifikationsprofilen.

Mindeststandards definieren. Modularisierung verlangt nach neuenVerfahren der Qualitätssicherung: Staatlich verwaltete Rahmenord-nungen müssen durch transparente, eindeutig definierte Mindeststan-dards für die Qualität von Ausbildungsmodulen und -paketen ersetztwerden. Wer besser und anders sein will als die anderen, dem mussdies erlaubt sein. Beschränkungen nach oben und Gleichwertigkeit zufordern, wäre unangebracht. Mindeststandards sichern Qualität,ohne aber besondere Anstrengungen oder differenzierte Profile zuverbieten.

Qualität zertifizieren, Angebote akkreditieren. Bildungsmodule, dievereinbarten Mindeststandards genügen, müssen zertifiziert undmodular aufgebaute Qualifikationspakete akkreditiert werden. Zerti-fizierung und Akkreditierung dienen der Vertrauenssicherung undunterstützen den Wettbewerb der Bildungseinrichtungen. Die entspre-

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chenden Verfahren müssen von Hochschulen und Schulen jedochselbst gestaltet und durchgeführt werden. Dabei sind dem Staat imHinblick auf notwendige Abstimmungs- und Gewährleistungsaufga-ben fallweise differenzierte Mitwirkungsmöglichkeiten einzuräumen.Gröûere Eigenverantwortlichkeit und aktive Qualitätssicherung durchZertifizierung, Akkreditierung und regelmäûige Evaluationen gehörenaufs engste zusammen. Dafür empfehlen sich regionale, fächer- oderhochschulspezifische Akkreditierungsverbünde unter Beteiligung derBerufspraxis.

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Memorandum Zukunft gewinnen ± Bildung erneuern

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Anhang

Roundtables des Initiativkreises Bildung

1. Lebenslanges Lernen(26. Mai 1998)

2. Qualität in die Hochschulen ±Wettbewerb durch neue Hochschulfinanzierung(29. Juni 1998)

3. Qualitätssicherung und Benchmarking(4. September 1998)

4. Lernen für die Praxis der Zukunft(25. November 1998)

5. Lernen in der Informationsgesellschaft(14. Januar 1999)

6. Innenansichten des Bildungssystems(25. Januar 1999)

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Teilnehmer an den Roundtables des Initiativkreises Bildung

1. Lebenslanges Lernen

Bensel, Dr. NorbertMitglied des Vorstandes der Daimler-Benz InterServices AG,Berlin

Glotz, Prof. Dr. PeterRektor, Universität Erfurt

Guckel, Dr. VolkerReferent, Planungsstab, Bundespräsidialamt, Berlin

Hamm, Dr. IngridLeiterin, Bereich Medien, Bertelsmann Stiftung, Gütersloh

Holzapfel, HartmutMinister, Kultusministerium des Landes Hessen, Wiesbaden

Huber, Prof. Dr. LudwigWissenschaftlicher Leiter, Oberstufenkollegdes Landes Nordrhein-Westfalen an der Universität Bielefeld

Kerstan, ThomasRessort Wissen, DIE ZEIT, Hamburg

Klinkhammer, Dr. HeinzMitglied des Vorstandes der Deutschen Telekom AG, Bonn

Koslowski, GerdLeiter, Referat Corporate Issues, Bertelsmann AG, Gütersloh

Langen, Dr. ClaudiaProjektleiterin, Bereich Medien, Bertelsmann Stiftung, Gütersloh

Müller-Böling, Prof. Dr. DetlefLeiter, CHE Centrum für Hochschulentwicklung, Gütersloh

Schmidt, Dr. Dr. h.c. HermannPräsident a. D., Bundesinstitut für Berufsbildung, Bonn

Schreiterer, Dr. UlrichReferent, CHE Centrum für Hochschulentwicklung, Gütersloh

Staudacher, WilhelmStaatssekretär, Bundespräsidialamt, Berlin

Stern, CorneliaProjektleiterin, Bereich Staat und Verwaltung,Bertelsmann Stiftung, Gütersloh

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Anhang

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Trotha, Klaus vonMinister für Wissenschaft, Forschung undKunst des Landes Baden-Württemberg, Stuttgart

Weiler, Prof. Dr. Hans N.Rektor, Europa-Universität Viadrina, Frankfurt/Oder

Wössner, Dr. MarkVorsitzender des Vorstandes, Bertelsmann Stiftung, Gütersloh

Wunder, Dr. Dieterehem. Vorsitzender der Gewerkschaft Erziehung undWissenschaft; Mitglied des Sachverständigenrates Bildungder Hans-Böckler-Stiftung, Bad Nauheim

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Anhang

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2. Qualität in die Hochschulen ±Wettbewerb durch neue Hochschulfinanzierung

Brook, Prof. Dr. RichardChief Executive, Engineering and Physical SciencesResearch Council, Swindon, Groûbritannien

Erhardt, Prof. Dr. ManfredSenator a. D. Generalsekretär Stifterverbandfür die Deutsche Wissenschaft, Essen

Etzold, Dr. SabineDIE ZEIT, Hamburg

Grüske, Prof. Dr. Karl-DieterLehrstuhl für Finanzwissenschaft,Universität Erlangen-Nürnberg

Hamm, Dr. IngridLeiterin, Bereich Medien, Bertelsmann Stiftung, Gütersloh

Krentz, DanielMitglied des Vorstandes, StudierendenGesellschaftWitten/Herdecke e. V.

Lüthje, Dr. JürgenPräsident der Universität Hamburg

Maassen, Dr. PeterDirector, CHEPS Center for Higher Education Policy Studies,Enschede, Niederlande

Müller-Böling, Prof. Dr. DetlefLeiter, CHE Centrum für Hochschulentwicklung, Gütersloh

Reinhardt, ManfredLeiter, Geschäftsbereich Lehre und Forschung,IBM Deutschland GmbH

Rekilä, EilaKanzlerin, Universität Vaasa, Mitglied der Reform-kommission Hochschulfinanzierung, Finnland

Sandberger, Prof. Dr. GeorgKanzler, Universität Tübingen

Staudacher, WilhelmStaatssekretär, Bundespräsidialamt, Berlin

Wiesener, Dr. AxelMitglied der Geschäftsleitung, Deutsche Bank AG, Berlin

Wössner, Dr. MarkVorsitzender des Vorstandes, Bertelsmann Stiftung, Gütersloh

Ziegele, Dr. FrankReferent, CHE Centrum für Hochschulentwicklung, Gütersloh

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3. Qualitätssicherung und Benchmarking

Alt, HeinrichUnterabteilungsleiter 1b, Bundesanstalt für Arbeit, Nürnberg

Ammon, Dr. PeterLeiter des Planungsstabes, Bundespräsidialamt, Berlin

MacBeath, Prof. JohnDirector, Quality in Education Centre, University of Strathclyde,Schottland

Brockmeyer, Prof. Dr. Rainerehemals Bildungskommission Nordrhein-Westfalen, Düsseldorf

Buschor, Prof. Dr. ErnstRegierungsrat, Erziehungsdirektion, Kanton Zürich, Schweiz

Guckel, Dr. VolkerReferent, Planungsstab, Bundespräsidialamt, Berlin

Henkel, Dr. ImkeMedia Park Süd, Köln

Herrmann, JoachimReferent, Bereich Staat und Verwaltung,Bertelsmann Stiftung, Gütersloh

Holzapfel, HartmutStaatsminister, Hessisches Kultusministerium, Wiesbaden

Kerstan, ThomasRessort Wissen, DIE ZEIT, Hamburg

Langen, Dr. ClaudiaProjektleiterin, Bereich Medien, Bertelsmann Stiftung, Gütersloh

Liket, Drs. Theo M. E.Stv. General-Inspektor der Niederlande a. D.,Internationaler Bildungsberater, Heemstede, Niederlande

Mertens, Dr. FerdinandGeneralinspektor, Inspectie van het Onderwijs, Utrecht,Niederlande

Müller-Böling, Prof. Dr. DetlefLeiter, CHE Centrum für Hochschulentwicklung, Gütersloh

Pröhl, Dr. MargaLeiterin, Bereich Staat und Verwaltung,Bertelsmann Stiftung, Gütersloh

Risse, ErikaSchulleiterin, Elsa-Brändström-Gymnasium, Oberhausen

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Rolff, Prof. Dr. Hans GünterLeiter, Institut für Schulentwicklungsforschung,Universität Dortmund

Schulze, Prof. Dr. WinfriedVorsitzender, Wissenschaftsrat, Köln

Sliwka, Dr. AnneReferentin, Bereich Staat und Verwaltung,Bertelsmann Stiftung, Gütersloh

Stern, CorneliaProjektleiterin, Bereich Staat und Verwaltung,Bertelsmann Stiftung, Gütersloh

Wessel, Horst G.Schulleiter, Hans-Böckler-Schule der Stadt Köln

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4. Lernen für die Praxis der Zukunft

Assmann, Wolfgang R.Geschäftsführender Vorstand, Herbert Quandt-Stiftung,Bad Homburg

Brockmeyer, Prof. Dr. Rainerehemals Bildungskommission Nordrhein-Westfalen, Düsseldorf

Creusen, Prof. Dr. UthoGeschäftsführer / Vorstand OBI, Wermelskirchen

Czerwanski, AnnetteReferentin, Bereich Staat und Verwaltung,Bertelsmann Stiftung, Gütersloh

Fauser, Prof. Dr. PeterInstitut für Erziehungswissenschaften,Friedrich-Schiller-Universität, Jena

Guckel, Dr. VolkerReferent, Planungsstab, Bundespräsidialamt, Berlin

Hamm, Dr. IngridLeiterin, Bereich Medien, Bertelsmann Stiftung, Gütersloh

Koch, Dr. RichardAbteilungsleiter, Bundesinstitut für Berufsausbildung, Berlin

Meyer-Dohm, Prof. Dr. h. c. PeterInternational Partnership Initiative e. V. (IPI),Cremlingen-Destedt

Minderop, DorotheaProjektleiterin, Bereich Staat und Verwaltung,Bertelsmann Stiftung, Gütersloh

Pröhl, Dr. MargaLeiterin, Bereich Staat und Verwaltung,Bertelsmann Stiftung, Gütersloh

Risse, ErikaSchulleiterin, Elsa-Brändström-Gymnasium, Oberhausen

Schreiterer, Dr. UlrichReferent, CHE Centrum für Hochschulentwicklung, Gütersloh

Simon, NikolausGeschäftsführer, Hans-Böckler-Stiftung, Düsseldorf

Sliwka, Dr. AnneReferentin, Bereich Staat und Verwaltung,Bertelsmann Stiftung, Gütersloh

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Staudacher, WilhelmStaatssekretär, Bundespräsidialamt, Berlin

Stern, CorneliaProjektleiterin, Bereich Staat und Verwaltung,Bertelsmann Stiftung, Gütersloh

Trier, Dr. Uri PeterProgrammleitung NFP 33, Pädagogisches Institut,Universität Bern, Schweiz

Tschira, Dr. KlausGesellschafter, Klaus Tschira Stiftung, Heidelberg

Vorndran, OliverReferent, Bereich Medien, Bertelsmann Stiftung, Gütersloh

Wilhelmi, Hans-HerbertBundesministerium für Bildung, Wissenschaft, Forschung undTechnologie, Bonn

Wössner, Dr. MarkVorsitzender des Vorstandes, Bertelsmann Stiftung, Gütersloh

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5. Lernen in der Informationsgesellschaft

Börsch-Supan, Prof. Dr. AxelLehrstuhl für Makroökonomie und Wirtschaftspolitik,Universität Mannheim

Encarnaçao, Prof. Dr.-Ing. JosØ L.Institutsleiter, Fraunhofer Institut für GraphischeDatenverarbeitung (IGD), Darmstadt

Gersbach, Prof. Dr. HansProfessor für Volkswirtschaftslehre, Alfred-Weber-Institut,Universität Heidelberg

Guckel, Dr. VolkerReferent, Planungsstab, Bundespräsidialamt, Berlin

Haegert, Prof. Dr. LutzWirtschaftswissenschaftliche Fakultät, Institut für Betriebs-wirtschaftliche Steuerlehre, Humboldt-Universität zu Berlin

Hamm, Dr. IngridLeiterin, Bereich Medien, Bertelsmann Stiftung, Gütersloh

Henzler, Prof. Dr. HerbertChairman Europe, McKinsey & Company Inc., München

Krönig, JanConsultant, McKinsey & Company Inc., Köln

Müller-Böling, Prof. Dr. DetlefLeiter, CHE Centrum für Hochschulentwicklung, Gütersloh

Rüttgers, Dr. JürgenStellvertretender Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestags-fraktion, Bonn

Schmid, Prof. Dr. BeatGeschäftsführender Direktor, Institut für Medien- undKommunikationsmanagement, Universität St. Gallen

Schnoor, Dr. DetlevProjektleiter, Bereich Medien, Bertelsmann Stiftung, Gütersloh

Stange, Dr. Eva-MariaVorsitzende, Gewerkschaft Erziehung undWissenschaft, Frankfurt/Main

Staudacher, WilhelmStaatssekretär, Chef des Bundespräsidialamtes, Berlin

Tschira, Dr. KlausGesellschafter, Klaus Tschira Stiftung, Heidelberg

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Vorndran, OliverReferent, Bereich Medien, Bertelsmann Stiftung, Gütersloh

Walther, AnnePractice Research Analyst, McKinsey & Company Inc.,Düsseldorf

Wössner, Dr. MarkVorsitzender des Vorstandes, Bertelsmann Stiftung, Gütersloh

Ziegler, Prof. Dr. HeidePräsidentin, International University Germany, Bruchsal

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6. Innenansichten des Bildungssystems

Adam, MichaelStudent, Albert-Ludwigs-Universität Freiburg,(z. Zt. in Burgos/Spanien)

Ammon, Dr. PeterLeiter des Planungsstabes, Bundespräsidialamt, Berlin

Barz, Dr. AndreasReferent, CHE Centrum für Hochschulentwicklung,Gütersloh

Degener, UrsulaStudentin, Albert-Ludwigs-Universität Freiburg

Ehlert, SonjaSchülerin, Sophie-Scholl-Oberschule, Berlin

Etzold, Dr. SabineDIE ZEIT, Hamburg

Georgi, MatthiasStudent, Ludwig-Maximilians-Universität München(z. Zt. in Rom/Italien)

Guckel, Dr. VolkerReferent, Planungsstab, Bundespräsidialamt, Berlin

Herr, DirkSchüler, Berufliches Schulzentrum Metalltechnik, Dresden

Köhler, AnjaSchülerin, Berufliches Schulzentrum Metalltechnik, Dresden

Küchler, Dr. TilmanReferent, CHE Centrum für Hochschulentwicklung,Gütersloh

Kunz, LeaSchülerin, Sophie-Scholl-Oberschule, Berlin

Lindstädt, RenØStudent, Eberhard-Karls-Universität, Tübingen

Lührmann, LarissaStudentin, Universität Bielefeld

Müller, JudithSchülerin, Elsa-Brändström-Gymnasium, Oberhausen

Müller-Böling, Prof. Dr. DetlefLeiter, CHE Centrum für Hochschulentwicklung, Gütersloh

Sippell, StefanStudent, Ludwig-Maximilians-Universität, München

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Sliwka, Dr. AnneReferentin, Bereich Staat und Verwaltung,Bertelsmann Stiftung, Gütersloh

Staudacher, WilhelmStaatssekretär, Chef des Bundespräsidialamtes, Berlin

Stern, CorneliaProjektleiterin, Bereich Staat und Verwaltung,Bertelsmann Stiftung, Gütersloh

Thies, Prof. Dr. ErichGeneralsekretär der Kultusministerkonferenz, Bonn

Thomas, CarmenProgrammgruppenleiterin, WDR, Köln

Vorndran, OliverReferent, Bereich Medien, Bertelsmann Stiftung, Gütersloh

Walther, AnneResearch Analyst, McKinsey & Company Inc., Düsseldorf

Wershofen, Dominique vanSchülerin, Elsa-Brändström-Gymnasium, Oberhausen

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