Menschen mit Förderbedarfen den und auf die Arbeitswelt vorbereiten HORGANIC

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Menschen mit Förderbedarfen den und auf die Arbeitswelt vorbereiten HORticulture GArdening learNIng spaCes (Lernräume für Hortikultur und Gartenbau) Autoren Galabina Tarashoeva, Bulgaria (Mental Health Centre Professor Nikola Shipkovenski) Hartmut Haendeler, Roland Roehner and Gesa Schiller, Germany (CJD Frechen) So wie die Bäume, so wachsen auch Menschen und verändern sich selbst wenn wir uns dessen nicht bewusst sind. Neue Dinge zu lernen kann uns dabei helfen, uns in die richtige Richtung zu entwickeln, aus uns das Beste zu machen, den Blick in den Himmel zu richten, uns größeren Herausforderungen zu stellen. Lernen ist ein exzellentes Instrument, das uns und stärkt, insbesondere jene, die von sozialer Ausgrenzung bedroht sind, z.B. Menschen mit Förderbedarf. HORGANIC ist jener Samen, den eine Gruppe von Organisationen 2012 aussäte, die daran arbeitet, die Lebensqualität jener Zielgruppe zu erhöhen, und der wuchs und sich zu einer Lernerfahrung entwickelte, die wir Ihnen in vorliegendem Handbuch vorstellen. Aktiv zu sein, ein produktiver Teil unserer Gesellschaft zu sein, mit anderen Menschen zusammenzuarbeiten, ein besserer Bürger zu sein… dies ist etwas, das wir alle sein und tun sollten aber es ist auch etwas, das nicht für jeden Einzelnen so einfach zu erreichen ist. Ausbildungsmöglichkeiten für Erwachsene mit Förderbedarf sind in Europa sehr rar gestreut HORGANIC versucht, diese Lücke dank des positiven Einflusses von Gartenarbeit und dem unmittelbaren Kontakt mit der Natur zu schließen. Es ist erwiesen, dass mit Pflanzen und der Natur verbundene Tätigkeiten insbesondere Menschen mit Förderbedarf zugute kommen, und wir wollen uns diese Tatsache zunutze machen. Das HORGANICProjekt ist eine 3JahresInitiative, die von der spanischen Organisation INTRAS Foundation ins Leben gerufen und geleitet wird. Mitbegründer ist die Europäische Kommission (Lifelong Long Learning Programme), Kooperationspartner sind das deutsche CJD Frechen, die slowenische Organisation OZARA und das bulgarische Mental Health Centre „Prof. N. Shipkovenski“. Einklang mit der Natur, Chancengleichheit und vor allem der Glaube an lebenslanges Lernen als treibende Kraft stellen die Grundsätze von HORGANIC dar. Und heute können wir sagen, dass wir diese Ziele im HORGANICKurs erreicht haben: Wir haben, basierend auf der Methodik des Erfahrungslernens, eine innovative Ausbildungsmethodik erarbeitet, mithilfe derer Erwachsene mit Förderbedarfen die technischen Fähigkeiten des Gartenbaus und der Hortikultur erwerben sollen. Gleichzeitig erwerben sie auch die sozialen Kompetenzen, die in der Arbeitswelt nötig sind. Der deutsche Kooperationspartner – das CJD Frechen – hat den Lehrplan für den HORGANICKurs erstellt. Als Berufsbildungswerk ist das Hauptziel des CJD Frechens, Menschen bei ihrem Berufseinstieg und Eintritt in den Arbeitsmarkt zu unterstützen. Folglich ist das CJD Frechen auf der Suche nach innovativen Möglichkeiten, die Teilnehmer bestmöglich für ihren Berufseinstieg auszurüsten und so vorzubereiten, dass sie langfristig eine Chance auf dem ersten Arbeitsmarkt haben. Die Ausbildung im Gartenbau stellt einen der angebotenen Ausbildungszweige des CJD Frechens dar und besteht gleichermaßen aus professionellen praktischen und theoretischen Anteilen. Der Lehrplan war auf insgesamt 81 Sitzungen angesetzt und beinhaltete nützliche Informationen bezüglich der Ausführung der Sitzungen für die Trainer sowie Hinweise bezüglich der Wetterbedingungen und interessante Zusatzinformationen, wie beispielsweise Rezeptvorschläge für das geerntete Gemüse oder geschichtliche Ereignisse, die in Zusammenhang mit dem Gemüse

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Autoren: Galabina Tarashoeva, Bulgaria (Mental Health Centre Professor Nikola Shipkovenski), Hartmut Haendeler, Roland Roehner and Gesa Schiller, Germany (CJD Frechen) HORGANIC‐Projektes

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Menschen mit Förderbedarfen den und auf die Arbeitswelt vorbereiten

HORticulture GArdening learNIng spaCes (Lernräume für Hortikultur und Gartenbau)  

Autoren

Galabina Tarashoeva, Bulgaria (Mental Health Centre Professor Nikola Shipkovenski) Hartmut Haendeler, Roland Roehner and Gesa Schiller, Germany (CJD Frechen)

 

So wie die Bäume, so wachsen auch Menschen und verändern sich ‐ selbst wenn wir uns dessen nicht bewusst sind. Neue Dinge zu lernen kann uns dabei helfen, uns in die richtige Richtung zu entwickeln, aus uns das Beste zu machen, den Blick in den Himmel zu richten, uns größeren Herausforderungen zu  stellen.  Lernen  ist  ein  exzellentes  Instrument,  das  uns  und  stärkt,  insbesondere  jene,  die  von sozialer Ausgrenzung bedroht sind, z.B. Menschen mit Förderbedarf. HORGANIC ist jener Samen, den eine  Gruppe  von  Organisationen  2012  aussäte,  die  daran  arbeitet,  die  Lebensqualität  jener Zielgruppe zu erhöhen, und der wuchs und sich zu einer Lernerfahrung entwickelte, die wir Ihnen in vorliegendem Handbuch vorstellen. Aktiv zu sein, ein produktiver Teil unserer Gesellschaft zu sein, mit anderen Menschen  zusammenzuarbeiten, ein besserer Bürger  zu  sein… dies  ist etwas, das wir alle sein und tun sollten ‐ aber es ist auch etwas, das nicht für jeden Einzelnen so einfach zu erreichen ist. Ausbildungsmöglichkeiten  für  Erwachsene mit  Förderbedarf  sind  in  Europa  sehr  rar  gestreut  ‐ HORGANIC  versucht,  diese  Lücke  dank  des  positiven  Einflusses  von  Gartenarbeit  und  dem unmittelbaren Kontakt mit der Natur zu schließen. Es  ist erwiesen, dass mit Pflanzen und der Natur verbundene Tätigkeiten  insbesondere Menschen mit Förderbedarf zugute kommen, und wir wollen uns diese Tatsache zunutze machen.  

Das  HORGANIC‐Projekt  ist  eine  3‐Jahres‐Initiative,  die  von  der  spanischen  Organisation  INTRAS Foundation  ins  Leben  gerufen  und  geleitet  wird.  Mitbegründer  ist  die  Europäische  Kommission (Lifelong  Long  Learning  Programme),  Kooperationspartner  sind  das  deutsche  CJD  Frechen,  die slowenische Organisation OZARA und das bulgarische Mental Health Centre „Prof. N. Shipkovenski“. Einklang mit  der  Natur,  Chancengleichheit  und  vor  allem  der  Glaube  an  lebenslanges  Lernen  als treibende Kraft  stellen die Grundsätze von HORGANIC dar. Und heute können wir  sagen, dass wir diese  Ziele  im  HORGANIC‐Kurs  erreicht  haben:  Wir  haben,  basierend  auf  der  Methodik  des Erfahrungslernens, eine  innovative Ausbildungsmethodik erarbeitet, mithilfe derer Erwachsene mit Förderbedarfen die  technischen  Fähigkeiten des Gartenbaus und der Hortikultur  erwerben  sollen. Gleichzeitig erwerben sie auch die sozialen Kompetenzen, die in der Arbeitswelt nötig sind. 

Der deutsche Kooperationspartner – das CJD Frechen – hat den  Lehrplan  für den HORGANIC‐Kurs erstellt.  Als  Berufsbildungswerk  ist  das  Hauptziel  des  CJD  Frechens,  Menschen  bei  ihrem Berufseinstieg und Eintritt  in den Arbeitsmarkt zu unterstützen. Folglich  ist das CJD Frechen auf der Suche  nach  innovativen  Möglichkeiten,  die  Teilnehmer  bestmöglich  für  ihren  Berufseinstieg auszurüsten  und  so  vorzubereiten,  dass  sie  langfristig  eine  Chance  auf  dem  ersten  Arbeitsmarkt haben.  Die  Ausbildung  im  Gartenbau  stellt  einen  der  angebotenen  Ausbildungszweige  des  CJD Frechens  dar  und  besteht  gleichermaßen  aus  professionellen  praktischen  und  theoretischen Anteilen.  Der  Lehrplan  war  auf  insgesamt  81  Sitzungen  angesetzt  und  beinhaltete  nützliche Informationen bezüglich der Ausführung der Sitzungen für die Trainer sowie Hinweise bezüglich der Wetterbedingungen und  interessante Zusatzinformationen, wie beispielsweise Rezeptvorschläge für das  geerntete  Gemüse  oder  geschichtliche  Ereignisse,  die  in  Zusammenhang  mit  dem  Gemüse 

stehen. Die Trainer erhalten einen Ablaufplan für den Tag sowie Hintergrundinformationen darüber, worauf sie in ihren Einheiten achten müssen, wie zum Beispiel welche Aufgaben ein Verletzungsrisiko bergen.  Unter  den  behandelten  Themenbereichen  befinden  sich  verschiedene  Bereiche  des Gartenbaus,  wie  zum  Beispiel  die  Grundlagen  der  Botanik,  Arbeitsschutz,  Gartenwerkzeug,  die verschiedenen  Arten  von  Samen  und  Gartenerde,  wie  man  ein  sicheres  Vogelnest  oder  eine Kartoffelkiste baut, die Einbindung von Nutztieren und die Erkennung von Pflanzenkrankheiten und ‐schädlinge.  Außerdem  haben  die  Teilnehmer  gelernt,  verschiedene  Gemüsesorten  zu  säen, anzupflanzen, zu stechen, zu ernten und das Gemüse zu verarbeiten. In den einzelnen Lerneinheiten erlernen die Teilnehmer zum einen die praktischen Kompetenzen, wie zum Beispiel der Umgang mit dem Hammer und der Säge, und zum anderen, wie feinfühlig man bei dem Umgang mit Setzlingen sein muss, um sie nicht zu beschädigen. 

Aber warum  genau  ist  die  HORGANIC‐Ausbildung  so  innovativ?  Neben  den  zweimal wöchentlich angesetzten  Sitzungen  zum  Gartenbau  nehmen  die  Teilnehmer  einmal  in  der  Woche  an  einem methodologischen  Training  teil.  Hierbei  handelt  es  sich  um  Psychodrama‐Workshops  und Soziodrama‐Workshops,  in denen die Teilnehmer mithilfe von Rollenspielen persönliche und soziale Kompetenzen erwerben sollen, die im Arbeitsleben unabdingbar sind. Das bulgarische Mental Health Centre  (MHC) „Prof. N. Shipkovenski“ hat die Methodik des Erfahrungslernens entwickelt. Ziel des Erfahrungslernens  ist  es,  die  sozialen  Kompetenzen der  Teilnehmer  zu  fördern,  sie während  ihrer Ausbildung  und  ihres  Einstiegs  auf  dem  Arbeitsmarkt  zu  unterstützen  und  sie  zu  motivieren, lebenslanges Lernen beizubehalten und ihre persönliche Entwicklung zu fördern. Ein Kurs im Rahmen des  Erfahrungslernens  umfasst  37  Sitzungen  á  90  Minuten.  In  jeder  dieser  Sitzungen  liegt  das Hauptaugenmerk  auf  der  Gruppendynamik.  Die  Teilnehmer  sollen  in  diesen  Sitzungen  die Möglichkeit  erhalten,  ihre  Erfahrungen  und  Probleme,  die  während  der  Gartenbausitzungen aufgetaucht sind, mit anderen zu teilen und mit den anderen Teilnehmer zusammenzuarbeiten. 

Die Methodik  des  Erfahrungslernens  und  der  Lehrplan  gehen  Hand  in  Hand.  Die Methodik  des Erfahrungslernens zeichnet sich durch die verschiedenen Techniken, Aufgaben, Spielen, Rollenspielen und  Akionssoziometrie  aus,  deren  Ziele  und  Ausführung  detailliert  beschrieben  sind.  Obwohl  die einzelnen Sitzungen Anreiz, Thema und Grundstruktur vorgeben, sind sie anpassungsfähig gestaltet und können auf die verschiedenen Bedürfnisse und Grundkenntnisse der verschiedenen Teilnehmer der Gruppen abgestimmt werden. Die Methodologie spricht sich außerdem für Offenheit gegenüber anderen Menschen und Kulturen aus. 

In  der  Einleitung  des Manuals wird  Grundwissen  über  die  Elemente,  Phasen  und  Techniken  der Psychodrama‐Workshops  sowie über Rollenspiele  und  Soziometrie  vermittelt. Die  Trainer  von der spanischen  Organisation  INTRAS  Foundation,  des  deutschen  CJD  Frechen  und  der  slowenischen Organisation  OZARA  wurden  von  dem  MHC  „Prof.  N.  Shipkovenski“  geschult  und  in  speziellen Schulungen mit  der  neuen Methodologie  vertraut  gemacht. Während  der  ersten Anwendung  der Methodologie wurden die Trainer bei  ihrer Arbeit durch Besuche vor Ort und durch das schriftliche Feedback von dem MHC „Prof. N. Shipkovenski“ begleitet. Dadurch konnten die Trainer nicht nur ihre Fähigkeiten  verbessern,  sondern  auch  zur Weiterentwicklung  und  zum  Ausbau  der  Sitzungen  im Bereich des Erfahrungslernens beitragen. 

Die neuartige Idee, diese Arbeitsfelder miteinander zu verbinden, basiert auf Studienergebnissen, die 2010 erhoben wurden und zu der Erkenntnis geführt haben, dass Arbeitgeber neben Professionalität die  nachfolgenden  Soft  Skills  fordern:  Einsatzbereitschaft,  Verantwortungsbewusstsein, Kommunikationsgeschick und Teamgeist sowie Belastbarkeit und Motivation. Aus diesem Grund  ist es  in  der  heutigen  Zeit  nicht  ausreichend,  das  Training  auf  die  Vermittlung  von  professionellen theoretischen und praktischen Kenntnissen und Fähigkeiten zu beschränken, um eine Arbeitsstelle zu bekommen. Teilnehmer müssen demnach sowohl darin geschult werden, professionell im jeweiligen Arbeitsfeld  zu  arbeiten  als  auch  darin,  wie  man  richtig  kommuniziert,  zusammenarbeitet,  sich ausdrückt und mit Kritik umgeht. 

Bei der Entwicklung eines unterstützenden Systems, das es den Teilnehmern durch die Weitergabe aller  notwendigen  Kompetenzen  ermöglicht,  sich  auf  dem  Arbeitsmarkt  zu  behaupten,  wird  die Versuchs‐und‐Irrtums‐Methode  angewendet.  Im  Verlauf  des  HORGANIC‐Projektes  hat  sich  die Kombination  aus  Psychodrama‐  und  Gartenbausitzungen  bewährt.  Während  der  ersten Trainingsstunden  in den drei  Ländern hat  sich gezeigt, dass die Teilnehmer viel besser  lernen und 

arbeiten können, wenn sie einen eigenen Raum für sich haben,  in dem sie sich persönlich entfalten können.  Einer  der  Trainer,  die  den  HORGANIC‐Kurs  auf  organisatorischer  Ebene  umgesetzt  hat, beschreibt seine Erfahrung  in dem Kurs wie  folgt: „Die Methodologie  ist sehr erfolgreich, weil  ihre grundlegende Struktur Klarheit und Einfachheit  für beide Seiten – Ausbilder und Teilnehmer – mit sich bringt und  für eine einfache Umsetzung seitens der Ausbilder und  leichtes Verständnis seitens der  Teilnehmer  sorgt.  Aufgrund  des  praktischen  Charakters  der  Sitzungen  bleiben  Interesse  und Motivation  der  Teilnehmer,  die  normalerweise  Freizeitaktivitäten  bevorzugen  würden,  erhalten. Außerdem  ermöglicht  es  die  klare  Zielsetzung,  sich  auf  die  Arbeit  zu  konzentrieren  und  den professionellen  Charakter  der  Arbeit  zu wahren.  So werden  die  Arbeitsziele  besser  erreicht.  Der progressive Charakter – vom Allgemeinen zum Speziellen – ermöglicht den Teilnehmern, ihre Gefühle nach  und  nach  auszudrücken  und  den  Wandel,  den  sie  dabei  durchleben,  schrittweise wahrzunehmen.“ 

Um Ergebnisse  leichter  vergleichen und die Bedürfnisse der  Zielgruppe erfassen  zu  können,  ist  zu Beginn des HORGANIC‐Projektes in Spanien, Deutschland und Slowenien eine Umfrage mit insgesamt 107  Menschen  mit  unterschiedlichen  Förderbedarfen  durchgeführt  worden.  Die  zentralen Problemfelder  von  Menschen  mit  Förderbedarf  wurden  ermittelt  und  deckten  sich  mit  den Studienergebnissen  bezüglich  des  Anforderungsprofils  der  Arbeitgeber.  Weiterhin  hat  die HORGANIC‐Studie  gezeigt,  dass Menschen mit  Förderbedarf  besonders  in  ihrer  Entwicklung  von Selbstwertgefühl  unterstützt  werden  müssen.  Der  HORGANIC‐Kurs  wurde  auf  folgende Herausforderungen abgestimmt, die im Berufsleben auf einen zukommen: 

 

1. Teamwork 

Die Studie hat ergeben, dass viele der Befragten  im Bereich der Kommunikation, Sozialisation und Kooperation mit Arbeitskollegen auf Schwierigkeiten  treffen. 16 % der Befragten brauchen bei der Zusammenarbeit mit  andern Menschen  Unterstützung.  Es  ist  anzunehmen,  dass  diese Menschen generell  Kommunikationsschwierigkeiten  haben.  Für  diese  Gruppe  von  Menschen  mit Förderbedarfen  ist der Erwerb sozialer Kompetenzen für die Ermöglichung beruflicher Perspektiven grundlegend.  23 %  der  Befragten  sagten  aus,  keinerlei Unterstützung  zu  erhalten  oder  sich  nicht sicher zu sein, welche zu erhalten. Der HORGANIC‐Kurs hat sich dieser Probleme angenommen und es  hat  sich  herausgestellt,  dass  Spiele  und  Übungen  in  der  Gruppe  dazu  beigetragen  haben, Teilnehmer  bereits  in  den  ersten  Workshops  zu  integrieren.  Einer  der  Teilnehmer  gab  nach Beendigung des Kurses  zu: „Alle  in der Gruppe haben  sich als Einheit gefühlt und es gab keinerlei Grüppchenbildung.  Ich  fand es auch  toll, dass die Gruppe einen Ort symbolisiert hat, an dem man Gefühle  in neuen Situationen ausdrücken konnte, die man vorher nicht ausdrücken konnte. Und es hat mir  gefallen  zu  lernen, wie man  neuen Menschen  begegnet  und  Freunde  findet.“ Wir  haben unseren  Fokus  auf  Zusammenarbeit  gelegt  –  einer wichtigen Vorstufe  der Gruppenarbeit.  Ebenso bedeutsam  sind  die  Fähigkeiten,  sich  anleiten  zu  lassen  und  Anweisungen  Folge  zu  leisten.  Die Gruppen haben gezeigt, dass nahezu alle Teilnehmer  lieber Anweisungen ausführen, als welche zu erteilen; dennoch gab es vereinzelt Teilnehmer, die  in unbestimmten Situationen unterbewusst die Führung übernommen haben. Die Trainer haben oft beobachtet, dass die Teilnehmer sich nach und nach gegenseitig unterstützt haben, „was zu Beginn des Projektes nicht der Fall war.“  Im weiteren Verlauf haben die Gruppenmitglieder verschiedene Fähigkeiten erworben, die in Zusammenhang mit Teamwork stehen: Konfliktbewältigung, Verantwortung, Freundschaft, soziale Kompetenzen im Zuge der Gruppenarbeiten  im Gartenbau... Obwohl  die  Teilnehmer  sich  ziemlich  unterscheiden  (Kultur, Erkrankungen,  Lebenserfahrungen...),  konnten  alle  ohne  größere  Probleme  an  den  Sitzungen teilnehmen. Alle Teilnehmer haben sich in ihrer Rolle eingefunden und die Wichtigkeit ihrer Person in der Gruppe  erkannt  als  es darum  ging, das Gruppenziel  zu  erreichen. Auf diesem Weg haben die Teilnehmer  erkannt, wie wichtig  ihre  Arbeit  im  Alltag  ist.  Sie  haben  auch  verstanden,  dass man zusammenarbeiten muss, damit auch schwer erreichbare Ziele letztendlich erreicht werden können. 

 

2. Ausdrucksfähigkeit 

Den  Studienergebnissen  zufolge  besteht  in  der  Zielgruppe  ein  hoher  Bedarf  an  dem  Erwerb  von sprachlichen und kommunikativen Fähigkeiten. Die Anzahl an Befragten, die gar nicht darüber spricht 

oder  sich nicht  sicher  ist, ob  sie über  sich und  ihre Kompetenzen  sprechen  könnten,  ist mit 61 % besorgniserregend  und  zeugt  von  ernst  zu  nehmenden  Schwierigkeiten.  25 %  der  Befragten bezeichnen sich als uninteressante Menschen; 30 % sind sich nicht sicher, ob  ihr Leben  für andere interessant  ist,  weshalb  sie  automatisch  in  ihrer  eigenen  kleinen  Welt  leben.  Einer  der  Trainer beschreibt dieses Problem wie folgt: „… es ist uns zwar gelungen, die Teilnehmer dazu zu bewegen, ihre Gefühle und die Wichtigkeit  ihrer Person auszudrücken,  jedoch nur  in Bezugnahme auf andere Teilnehmer  und  im  Arbeitsumfeld.“  Ein  anderer  Trainer  erklärte:  „Allein  die  Tatsache,  dass  sie begonnen haben, über  ihre eigenen Gefühle nachzudenken,  ist ein großer Schritt  für  sie. Aber die Tatsache, dass sie diese auch mitgeteilt haben, und das auch noch sehr entspannt, kommt fast einem Wunder gleich.“ Teilweise sind die Defizite der Teilnehmer auf  ihre Förderbedarfe zurückzuführen. Die  Schwierigkeiten  in  ihrem  Alltag  haben  diese  jedoch  noch  verstärkt.  Mit  Hilfe  von  stetigen, bedachten Anstrengungen und Unterstützung konnten die Teilnehmer – wenngleich oftmals  in sehr kleinen Schritten – ihre Ausdrucksfähigkeit verbessern. Die Ausdrucksfähigkeit in der Gruppe hat sich langsam  aber  stetig  verbessert  und  es  fiel  den  Teilnehmern  immer  leichter,  zu  sprechen.  Die Teilnehmer sammeln  in der Gruppe  in  jedem Fall Erfahrungen  im Ausdruck von sich als Person und ihren Gedanken. Einigen der introvertierten Teilnehmer fällt es schwer, sich zu entspannen, aber mit Hilfe der Gruppe lernen sie nach und nach, sich zu entspannen. Die Fähigkeit, seine eigene Meinung präsentieren  zu  können  ist  im  Alltag  immer wichtig  und  nützlich,  und  die  Erfahrung mit  und  bei HORGANIC hilft den Teilnehmern, diese Fähigkeit zu erwerben. 

 

3. Eigenmotivation 

Die Studie hat im Bereich der Erwerbsfähigkeit gezeigt, dass die Anzahl an Befragten, die nicht sicher sind, ob sie eine Arbeit gut bewältigen können und die derer, die sich nicht als guten Arbeitnehmer sehen,  besorgniserregend  hoch  ist:  26 %.  Die  Eigenmotivation  in  der  Zielgruppe  muss  gestärkt werden.  Insgesamt  20 %  der  Befragten  sind  nicht wirklich motiviert,  ihre  Ziele  zu  erreichen.  Die Teilnehmer wurden zum Lernen und zur Bearbeitung von Aufgaben, die sie für sich als gut eingestuft haben,  motiviert  und  verpflichtet.  Der  Erwerb  von  neuen  Handlungsmöglichkeiten  und  die Erkenntnis, dass Menschen  im Gegenzug  respektvoller mit  ihnen umgehen, hat  für die Teilnehmer ein Highlight dargestellt. Den Teilnehmern war es wichtig, während der Sitzungen zu lernen, dass sie in  etwas  gut  sind  und  dass  sie  individuelle  positive  Charaktereigenschaften  haben.  Sie  haben  es genossen, dies zu hören, besonders da sie in ihrem Leben schon oft Kritik, Mobbing und Verachtung erfahren mussten. 

 

4. Selbstwertgefühl und der Glaube an sich selbst 

Im Bereich Selbstwertgefühl und Durchsetzungsvermögen zeigt sich bei den Befragten der fehlende Glaube an sich selbst und an die eigenen Urteile. 57 % der Befragten können sich nicht behaupten und folgen Anweisungen passiv. Daher ist es interessant, dass 56 % der Befragten angegeben haben, auf der Arbeit  ihre eigene Meinung  kundzutun. Der Großteil der Teilnehmer war  sehr  kooperativ. Einige  der  stilleren  Teilnehmer  benötigten  Unterstützung.  Die  Teilnehmer  konnten  ihre  Gefühle leichter preisgeben, nachdem sie Anerkennung und positive Reaktionen bekommen haben. Dies hilft den  Teilnehmern,  ihre  Fähigkeit,  ihre  eigene  Meinung  auszudrücken,  zu  verbessern  und  sie  zu ermutigen,  sich  selbst  auszudrücken.  Die  Teilnehmer  haben  gelernt,  „Nein“  zu  sagen.  Auch  die zurückhaltenden Teilnehmer in der Gruppe haben ihr Auftreten verbessert. Wir konnten beobachten, wie die Teilnehmer durch die Präsentation und das Sprechen vor der Gruppe an Selbstwertgefühl gewonnen  haben.  Auch  die  Teilnehmer  selbst  sagen,  dass  sie  bei  der  Gruppenarbeit  einen Unterschied feststellen: sie können sich mehr entspannen als vorher. Haben sie einmal Anerkennung und  positive  Reaktionen  erhalten,  fällt  es  ihnen  nicht  mehr  so  schwer,  ihre  eigene  Meinung kundzutun. Bei  allen  Teilnehmern  ist  ein Wandel  feststellbar  –  bei  einigen mehr  als  bei  anderen. Doch  eines  steht  fest:  sie  haben  alle  im  Bereich  Kommunikation  und  Argumentation  Fortschritte gemacht. Wir  beobachten  auch,  dass  sie  nicht  nur  selbstbewusster  sind,  wenn  sie  etwas  sagen möchten, sondern auch wenn es darum geht, ihr eigenes Leben in die Hand zu nehmen. 

 

 

5. Umgang mit unangenehmen (negativen) Gefühlen 

Besorgniserregend ist, dass rund 13 % der Befragten Probleme im Umgang mit und der Kontrolle von Gefühlen  haben,  und  23 %  der  Befragten  nicht  sicher  sind,  sich  beim  Ausdruck  ihrer  Gefühle kontrollieren zu können. In der Zielgruppe besteht demnach das Bedürfnis des Erwerbs von Balance (Ausdruck und Kontrolle). Die Teilnehmer fanden großen Gefallen an den Sitzungen zu dem Bereich Gefühle. Viel der Trainer berichteten: „Ich kann bestätigen, dass sie sich entspannt haben und wenn sie  sich  heute  unterhalten,  dann  nutzen  sie  auch  ihre  Gefühle,  um  zu  gestikulieren  und  sich auszudrücken.  Ich  habe  den  Eindruck  gewonnen,  dass  die  Teilnehmer  sich  selbst  auf  emotionaler Ebene  gefestigt  haben  und  besonders,  dass  sie  jetzt  viel  offener  über  ihre  Gefühle  sprechen  als vorher. Sie haben mehr darüber gelernt, wie man seine eigenen Gefühle ausdrückt und ich bin sicher, dass  sie dieses Wissen ab  jetzt  in  jeder Lebenslage einsetzen können. Sie haben auch gelernt, wie man alltäglichen Problemen richtig begegnet und aus ihnen lernt.“ Anhand dieser Aufgaben werden die  Teilnehmer  ermutigt,  so  dass  sie  sich mit  ihren  eigenen Gefühlen  auseinandersetzen  und mit ihnen arbeiten wollen, damit sie  richtig mit den alltäglichen Problemen umgehen können und sich selbst mehr zutrauen. 

Teilnehmer  aus  allen  Ländern  haben  eine  positive  Rückmeldung  gegeben  und  sind  zufrieden mit dem, was sie gelernt haben: „Das war einen ganz neue und sehr interessante Erfahrung für mich! Ich würde jederzeit wieder als Trainee bei so einem HORGANIC‐Projekt mitmachen.“, „Meiner Meinung nach  hat  es  geholfen,  in  Gruppen  zu  arbeiten,  weil  man  die  anderen  durch  die  Arbeit  besser kennenlernt  und  außerdem  konnten  wir  unser Wissen  über  Gartenbau  ausbauen  “.  Ein  anderer Teilnehmer sagte: „Mir hat am besten gefallen, dass wir alle Techniken gelernt haben, wie man einen Garten anlegt und erhält, zum Beispiel auch, wie man richtig umpflanzt. Mir hat auch gefallen, dass ich  durch  dieses  Wissen  eigenständiger  sein  kann.“  Und  das  sind  nur  einige  der  positiven Rückmeldungen der Teilnehmer. 

Auch die Trainer haben eine positive Rückmeldung gegeben: „Ich bin der Meinung, auch Erzieher und Lehrer,  Sozialpädagogen  sowie  Experten  in  anderen  Berufsfeldern,  vor  allem  die,  die  eng  mit Menschen zusammenarbeiten, sollten Psychodrama‐Workshops in ihren Einrichtungen einführen. Ich denke, dass diese Art von Training die Lebensqualität vieler Menschen verbessern kann. Auch wenn alle  ständig  von  Soft  Skills und  Expertise  sprechen,  so wissen doch die wenigsten, wie man diese richtig ein‐ und umsetzt.“ Ein anderer Trainer erklärte: „Es gibt viele Bücher über Gartenbau, aber keines, das sich direkt an unsere Zielgruppe richtet. In dem Projekt sind klare Ziele gesetzt, inklusive theoretischem  und  praktischem Wissen  sowie Wissen  über  die  Förderung  der  Gruppendynamik. Weiterhin hebt der Kurs die Beziehung zwischen Mensch und Natur hervor und nutzt diese  für die Gruppenbildung. Die Teilnehmer stehen vor individuellen Herausforderungen und der Kurs sorgt für Erfolgsmomente.“ 

Es  ist ebenfalls wichtig, dass die Teilnehmer gerne und engagiert an den Sitzungen  teilgenommen haben. Die meisten Teilnehmer haben die Sitzungen mit einem Lächeln auf den Lippen verlassen und waren sehr dankbar für die Zeit,  in der sie gelernt haben, dass auch sie gute Menschen sind und es Menschen  gibt,  die  für  sie  da  sind.  Auch  wenn  manchmal  schmerzvolle  und  sensible  Themen angesprochen wurden, so wurden die Sitzungen erfolgreich abgeschlossen, weil wir eine Umgebung geschaffen haben,  in der man  respektvoll miteinander umgeht und  sich gegenseitig  zuhört. Wenn man  den  Miterfinder  von  Psychodrama,  Zerka  Moreno,  fragen  würde  „Wie  setzt  man Aktionsmethoden  ein,  um  soziale  Kompetenzen  zu  verbessern?“, wäre die Antwort:  „Mit Respekt zum Menschen!“ Das wichtigste ist, dass die Teilnehmer sich selbst als Personen mit Rechten und vor allem dem Recht auf Respekt wahrgenommen haben. Wir  sind der Meinung, dass die Teilnehmer eine neue  Perspektive bezüglich der Beziehungen  in der  realen Welt,  ihrer  eigenen Rolle  in  eben jener und dem Umgang mit dieser wahrgenommen haben. 

 

Das HORGANIC Unterrichtshandbuch  und  Trainer‐Handbuch  erscheint  im  September  2015  in  den Sprachen  Englisch,  Spanisch,  Slowenisch,  Deutsch  und  Bulgarisch.  Für  weitere  Informationen besuchen sie unsere Website http://HORGANIC.intras.es.