MENSCHEN/VERANSTALTUNGEN MONTAG,29.JUNI2015 … · MEIN MONTAG VONERICH KOCINA EswarmireineLehre,...

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MEIN MONTAG VON ERICH KOCINA Es war mir eine Lehre, Sie kennenzulernen Wie man bei gesellschaftlichen Ereignissen uninteressanten Gesprächspartnern entkommt. D umm, wenn man gerade von der Toilette kommt. Dann fällt sie nämlich recht lange weg, die Gele- genheit, sich bei einem gesellschaftlichen Anlass eines unangenehmen Gesprächspartners zu entledigen. Es sei denn, natürlich, man legt es darauf an, dem Gegenüber deutlich zu signalisieren, dass man von allen sieben Milliarden Menschen auf der Welt am allerwenigsten mit ihm reden möchte. Eine derartige Offenheit ist dem österreichischen Wesen aber weitgehend fremd, man sagt niemandem ins Gesicht, was man von ihm hält, versteckt sich lieber hinter höflichen Floskeln – mon dieu, ich komme gerade drauf, dass mein Goldfisch sei- ne Medikamente heute noch nicht bekommen hat! Oder eben die Toilettennummer, die gekonnt überspielt, dass die Smalltalktube bis zum Letzten ausgequetscht ist und jetzt nichts Relevantes mehr kommen wird. Umgekehrt kann eine ernst gemeinte Klopause des Gegenübers aber auch eine Versicherung der eigenen Attraktivität – zumindest der kommunikativen – bedeu- ten. Wenn nämlich die Person nach dem Gang nicht auffällig nach anderen Einstiegspunkten für einen Ge- sprächspartner heischt. Sondern zielstrebig zurückkehrt – und vielleicht sogar noch an den zuvor abgebroche- nen Dialog anschließt. Toilettentest bestanden, yeah! Im umgekehrten Fall kann es aber auch umgekehrt sein. Dass ein langweiliger Gesprächsabschnittsgefährte sich auf die Toilette zurückzieht, dann aber wie ein Hund mit Stöckchen im Maul und treuherzigem Blick zurückgehechelt kommt. Da kann man sich ja auch nicht mit „Leben Sie wohl, es war mir eine Lehre, Sie kennenzulernen“ aus der Affäre ziehen. Also muss man eine Zeit lang durchhalten. Irgendein Blabla von sich geben. Ein bisschen Zeit vergehen lassen – ehe man sich wieder auf die Flucht in die Nasszelle machen kann. Ui, jetzt muss ich aber schon wirklich dringend . . . E-Mails an: [email protected] ZUR PERSON Van Bo Le-Mentzel wurde 1979 in Laos geboren und kam 1979 mit seinen Eltern nach Deutschland. Die Hartz-IV-Möbel des Berliner Architekten kann jeder selbst nachbauen. Die Anleitungen dafür sind kostenlos im Netz verfügbar: hartzivmoebel.blogspot.co.at In Wien plant Le-Mentzel das Projekt |openschoool. Im August sind dazu im Alois-Drasche-Park mehrere Veranstaltungen geplant: facebook.com/openschoool.org Der Architekt, der Geld verschenkt „Ich bin ein Karma-Ökonom“ Ideen. Für Geld will der Berliner Architekt Van Bo Le-Mentzel nie mehr arbeiten. Wichtiger ist ihm Vertrauen. Auch bei seinem Wiener Projekt |openschoool. VON MARKUS MITTERMÜLLER J eder, der Geld haben will, be- kommt es von mir. Ich verschenke es ständig, das macht so viel Spaß.“ Van Bo Le-Mentzel weiß, dass seine Aussagen irritieren. Vor al- lem, wenn der Berliner Architekt be- ginnt, sich selbst zu definieren: „Ich bin Begründer der Karma-Ökonomie und Karma-Ökonom. Mir geht es da- rum, meine Arbeit und meine Kreativi- tät so einzusetzen, dass das Karma gut wird. Für mich, für mein Umfeld, für die Leute, mit denen ich arbeite.“ Klingt nach einem – wenn auch sym- pathischen – Spinner, einem Möchte- gern-Weltverbesserer. Doch der gebür- tige Laote ist keiner, der es bei schönen Worten belässt. Zum ersten Mal auf sich aufmerk- sam gemacht hat Le-Mentzel mit sei- nen Hartz-IV-Möbeln. Inspiriert von einem Tischlerkurs an einer Berliner Volkshochschule konstruierte der Ar- chitekt den 24-Euro-Sessel: ein Möbel- stück, das 24 Euro kostet und in 24 Stunden von jedem selbst gebaut werden kann. Den Bauplan für den Ses- sel wie auch die restliche Hartz-IV-Kol- lektion veröffentlicht er gratis im Netz. Und zeigt damit eine weitere seiner Grundphilosophien: die freie Vertei- lung vorhandener Ressourcen wie Wis- sen und Geld, aber auch Vertrauen. Als Gastprofessor an der Hochschule für bildende Künste in Hamburg gibt er je- dem seiner Studenten einen Vertrau- ensvorschuss. Und der hat es in sich. Der 38-Jährige verteilt schon zu Se- mesterbeginn nicht nur die Bestnote, sondern auch sein Professorengehalt. Warum er das tut? „Um alle Hierar- chien, die jemals aufkommen könnten, im Keim zu ersticken. Weil die wahre Kreativität, die mag Hierarchien nicht“, ist der Berliner überzeugt. Trauma des Flüchtlingseins Dass er selbst seiner Kreativität freien Lauf lassen kann, ist für den einstigen Flüchtling – seine Eltern haben Laos Richtung Deutschland verlassen – nicht selbstverständlich. „Wenn du als Flüchtling irgendwo einwanderst, hat das ganz viele Auswirkungen. Meine El- tern sind traumatisiert, sie würden es nur nie zugeben. Das ist ein Knoten, den kriegst du nie mehr aus deinem Le- ben raus.“ Mitten in die positiv besetz- ten Begriffe wie Vertrauen, Gerechtig- keit oder Kreativität schleicht sich im- mer öfter ein für Le-Mentzels Grundein- stellung überraschend negatives Wort: Ärger. Ärger darüber, sich als Flüchtling noch immer nicht anerkannt oder will- kommen zu fühlen. Ärger darüber, dass er als Mensch nur über Leistung defi- niert wird. „Ich muss zuerst eine Perfor- mance machen, mich beweisen. Ich bin quasi nicht per se gut genug.“ Dass es ihm gelingt, seinen Ärger in positive Motivation umzusetzen, er- klärt sich der Architekt mit dem Ein- fluss von Vorbildern. „Es gab immer wieder Menschen, die sind in mein Le- ben gekommen und haben zu mir ge- sagt: Du bist ein guter Junge, aus dir wird was. Immer wieder.“ Auch bei sei- nem aktuellsten Projekt profitiert Le- Mentzel von dem Vertrauen, das in ihn gesetzt wird. Seit Beginn des Jahres lebt er ausschließlich von jenem Geld, das er durch Crowdfunding aufgestellt hat. 200 Leute haben ihm für das lau- fende Jahr insgesamt 18.000 Euro ge- schenkt. „|dScholarship“ nennt Le- Mentzel diese Aktion, ein „demokrati- sches Stipendium“, das er als ersten Schritt zu einem „bedingungsloses Grundeinkommen“ versteht. Was er mit dem Geld und seiner Zeit macht, wussten zum Jahresbeginn we- der die Spender noch er selbst. „Diesen Vertrauensvorschuss, den mir diese 200 Leute geschenkt haben, gebe ich jetzt systematisch weiter“, so Le-Mentzel. Auch in Wien. Denn hier baut er im Auf- trag des MAK derzeit gemeinsam mit dem Wiener Grafikstudenten Jakob Li- stabarth die |openschoool (sic!) auf. Eine Schule der Zukunft soll es werden, ein „fliegendes Klassenzimmer“, ein Nachbarschaftstreff der neuen Art. „Das, was ihr braucht, soll es sein“, erklärt Le-Mentzel beim Projektstart im MAK. Sicher ist nur: Auch hier soll gu- tes Karma entstehen. „Ich mag Karma so sehr, weil es so extrem unseriös ist. Es gibt keine Definition dafür, man kann es nicht festlegen. Es ist alles und nichts. Genau solche Freiräume brau- chen wir, um zu spielen und auszupro- bieren, wer wir sind.“ Van Bo Le-Mentzel arbeitet im Auftrag des MAK an einer Schule der Zukunft. [ Katharina Roßboth] Gast am Heldenplatz: Elena, die Schwester von Spaniens König Felipe. [ APA/EXPA/Michael Gruber ] Hohe Schule und schlampige Verhältnisse Hofreitschule. Drei Tage lang feierten die Lipizzaner ihr 450-Jahr-Jubiläum auf dem Heldenplatz. VON TERESA SCHAUR-WÜNSCH Wien. Ein wenig nervös waren sie doch, obwohl sie Auftritte vor großem Publi- kum ja gewohnt sind. Vielleicht ist auch für die Hengste der „Spanischen“ ein 450-Jahr-Jubiläum kein Anlass wie jeder andere. Dreimal zeigten die Pfer- de und Bereiter an diesem Wochen- ende auf dem Heldenplatz ihr jeweils aktuelles Können. „Vorführung, nicht Show“, betonte Moderator Christian Plettenberg. Der Steirer, der im Mürztal den Reitklub Schloss Graschnitz betreibt und international als Turniersprecher fungiert, begleitete die Abende wie ge- wohnt mit großem Wissen und Ver- ständnis um das Wesen der Pferde und der klassischen Reiterei. Dass es sich bei ihm um einen Pferdemenschen handelt, verdeutlichten die mit ihren Fohlen aus Piber eingeladenen Stuten, die sich um ihn scharten. Vor allem eine sei eine alte Bekannte, gestand Plettenberg: „Wir haben seit 17 Jahren ein schlampiges Verhältnis.“ Für Begeisterung unter Pferdeken- nern sorgten die spanischen Gäste: Die Königlich-Andalusische Reitschule aus Jerez war mit den „Nachfahren der Vorfahren der Lipizzaner“ eingeladen und zeigte große Reitkunst gepaart mit Freude und Temperament. Repräsen- tiert wurde Spanien von König Felipes Schwester, Infantin Elena, die die „Hauptvorführung“ am Freitagabend und die anschließende 6. Fˆ ete Imp´ e- riale besuchte und dort von Nadja Swarovski ein kristallenes Pferd über- reicht bekam. Lipizzaner bald Weltkulturerbe? „Wir stehen zu diesem Kulturerbe“, versicherte Landwirtschaftsminister Andrä Rupprechter. Er hoffe, dass die Lipizzaner bald zum Weltkulturerbe erhoben werden. Hofreitschul-Ge- schäftsführerin Elisabeth Gürtler, die am Dienstag mit Helmuth Lohner ih- ren Mann verloren hatte, zog sich nach der Vorführung und noch vor dem Ball zurück. VERANSTALTUNGEN Niederösterreich AUSSTELLUNGEN Arnulf Rainer Museum: Markus Lüpertz / Arnulf Rainer – Bildende Kunst (bis 18.10.2015). tgl. 10-17h, Josefsplatz 5, Baden, T: 02252-209196-11 Karikaturmuseum Krems: Mordillo (bis 22.11.2015). Feinhirn (bis 30.12.2015). Das Fenster zur Welt (bis 10.01.2016). Für immer Deix! (bis 09.09.2015), tgl. 10-18h, Steiner Landstr. 3a, T: 02732-90 80 20 Schallaburg: Wikinger (bis 08.11.2015), Mo-Fr 9-17, Sa, So, Ftg 9-18, 02754-6317-0 VERANSTALTUNGEN Wien THEATER Akademietheater: Die Macht der Finsternis, 19.30h, III., T: 514 44 4140 Burgtheater: Die Affäre Rue de Lourcine, 19.30h, I., T: 514 44 4140 MUSIKTHEATER Staatsoper: Cardillac, 20h, I., Opernring 2, T: 513 1 513 Volksoper: Cos` ı fan tutte, 19h, IX., Währingerstr. 78, T: 513 1 513 KLASSIK Konzerthaus: Mozart Saal: Artemis Quartett, 19.30h, III., Lothringerstr. 20, T: 24 20 02 Musikverein: Großer Saal: Wiener Mozart Orchester, 20.15h, I., Bösendor- fer Str. 12, T: 505 81 90 U-MUSIK Arena: The Full Hit Of Summer Festival Day1 wurde in die große Halle verlegt (Einlass: 15.30h), 16.30h, III., Baumg. 80, T: 798 85 95 Celeste: The Monday Improvisors Session, 20.30h, V., Hamburgerstr. 18, T: 586 53 14 Jazzland: „Die jährliche Küken-Parade“, 21h, I., Franz-Josefs-Kai 29, T: 533 25 75 Porgy & Bess: Strenge Kammer: Alessandro Vicard & Michael Fischer ’Anima Rossa‘, 19h; big.mdw.band feat. the ipop singers, 21h, I., Riemerg. 11, T: 512 88 11 rhiz: Electric Ray And The Shockers, 22h, VIII., Lerchenfelder Gürtel, U-Bahn-Bogen 37-38, T: 409 25 05 Theater am Spittelberg: Federspiel & Ramsch & Rosen & Streichquartett der Band Neuschnee, 19.30h, VII., Spittelbergg. 10 VORTRÄGE Alte Schmiede: Dichterloh - 13 poetische Entzündungen 1-2, Marcel Beyer liest Thomas Kling; Henri Cole, 18h, I., Schönlaterng. 9, T: 512 83 29 Amerlinghaus: Die Seele als Gefängnis des Körpers? Homophobie und Psychoanalyse im Werk von Theodor W. Adorno, Diskussionsabend, Jour fix der „grundrisse“, Referent: Georg Klauda, 19h, Stiftgasse 8 Institut f. die Wissenschaften vom Menschen: Ukraine, Russia, and Europe, Past and Future II (Vortrag v. Timothy Snyder), 18h, IX., Spittelauer Lände 3, T: 313 58 - 0 Sigmund Freud Museum: Shades of Hate (Filmreihe mit Gespräch „ Film Noir und Psychoanalyse: Subversive Sexualitäten“: The Big Combo, USA 1955), 19h, IX., Berggasse 19, T: 4313 191596 KINDER Marionettentheater Schloss Schönbrunn: Die Zauberflöte (ab 7 J.), 19h, XIII., Hofratstrakt, T: 817 32 47 Planetarium Wien: Star Date - Rendezvous mit den Sternen (ab 8 J.), 10.30h, 12h, II., Oswald-Thomas-Pl. 1, T: 89 174 150 000 18 MENSCHEN/VERANSTALTUNGEN MONTAG, 29. JUNI 2015

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Page 1: MENSCHEN/VERANSTALTUNGEN MONTAG,29.JUNI2015 … · MEIN MONTAG VONERICH KOCINA EswarmireineLehre, Siekennenzulernen WiemanbeigesellschaftlichenEreignissen uninteressantenGesprächspartnernentkommt.

MEIN MONTAGVON ERICH KOCINA

Es war mir eine Lehre,Sie kennenzulernenWie man bei gesellschaftlichen Ereignissenuninteressanten Gesprächspartnern entkommt.

D umm, wenn man gerade von der Toilette kommt.Dann fällt sie nämlich recht lange weg, die Gele-

genheit, sich bei einem gesellschaftlichen Anlass einesunangenehmen Gesprächspartners zu entledigen. Es seidenn, natürlich, man legt es darauf an, dem Gegenüberdeutlich zu signalisieren, dass man von allen siebenMilliarden Menschen auf der Welt am allerwenigstenmit ihm reden möchte. Eine derartige Offenheit ist demösterreichischen Wesen aber weitgehend fremd, mansagt niemandem ins Gesicht, was man von ihm hält,versteckt sich lieber hinter höflichen Floskeln – mondieu, ich komme gerade drauf, dass mein Goldfisch sei-ne Medikamente heute noch nicht bekommen hat! Odereben die Toilettennummer, die gekonnt überspielt, dassdie Smalltalktube bis zum Letzten ausgequetscht ist undjetzt nichts Relevantes mehr kommen wird.

Umgekehrt kann eine ernst gemeinte Klopause desGegenübers aber auch eine Versicherung der eigenenAttraktivität – zumindest der kommunikativen – bedeu-ten. Wenn nämlich die Person nach dem Gang nichtauffällig nach anderen Einstiegspunkten für einen Ge-sprächspartner heischt. Sondern zielstrebig zurückkehrt– und vielleicht sogar noch an den zuvor abgebroche-nen Dialog anschließt. Toilettentest bestanden, yeah!

Im umgekehrten Fall kann es aber auch umgekehrtsein. Dass ein langweiliger Gesprächsabschnittsgefährtesich auf die Toilette zurückzieht, dann aber wie einHund mit Stöckchen im Maul und treuherzigem Blickzurückgehechelt kommt. Da kann man sich ja auchnicht mit „Leben Sie wohl, es war mir eine Lehre, Siekennenzulernen“ aus der Affäre ziehen. Also muss maneine Zeit lang durchhalten. Irgendein Blabla von sichgeben. Ein bisschen Zeit vergehen lassen – ehe man sichwieder auf die Flucht in die Nasszelle machen kann. Ui,jetzt muss ich aber schon wirklich dringend . . .

E-Mails an: [email protected]

ZUR PERSON

Van Bo Le-Mentzel wurde 1979 in Laosgeboren und kam 1979 mit seinen Eltern nachDeutschland. Die Hartz-IV-Möbel des BerlinerArchitekten kann jeder selbst nachbauen. DieAnleitungen dafür sind kostenlos im Netzverfügbar: hartzivmoebel.blogspot.co.atIn Wien plant Le-Mentzel das Projekt|openschoool. Im August sind dazu imAlois-Drasche-Park mehrere Veranstaltungengeplant: facebook.com/openschoool.org

Der Architekt, der Geld verschenkt„Ich bin ein Karma-Ökonom“Ideen. Für Geld will der Berliner Architekt Van Bo Le-Mentzel nie mehr arbeiten.Wichtiger ist ihm Vertrauen. Auch bei seinem Wiener Projekt |openschoool.

VON MARKUS MITTERMÜLLER

J eder, der Geld haben will, be-kommt es von mir. Ich verschenkees ständig, das macht so vielSpaß.“ Van Bo Le-Mentzel weiß,

dass seine Aussagen irritieren. Vor al-lem, wenn der Berliner Architekt be-ginnt, sich selbst zu definieren: „Ichbin Begründer der Karma-Ökonomieund Karma-Ökonom. Mir geht es da-rum, meine Arbeit und meine Kreativi-tät so einzusetzen, dass das Karma gutwird. Für mich, für mein Umfeld, fürdie Leute, mit denen ich arbeite.“Klingt nach einem – wenn auch sym-pathischen – Spinner, einem Möchte-gern-Weltverbesserer. Doch der gebür-tige Laote ist keiner, der es bei schönenWorten belässt.

Zum ersten Mal auf sich aufmerk-sam gemacht hat Le-Mentzel mit sei-nen Hartz-IV-Möbeln. Inspiriert voneinem Tischlerkurs an einer BerlinerVolkshochschule konstruierte der Ar-chitekt den 24-Euro-Sessel: ein Möbel-stück, das 24 Euro kostet und in24 Stunden von jedem selbst gebautwerden kann. Den Bauplan für den Ses-sel wie auch die restliche Hartz-IV-Kol-lektion veröffentlicht er gratis im Netz.

Und zeigt damit eine weitere seinerGrundphilosophien: die freie Vertei-lung vorhandener Ressourcen wie Wis-sen und Geld, aber auch Vertrauen. AlsGastprofessor an der Hochschule fürbildende Künste in Hamburg gibt er je-dem seiner Studenten einen Vertrau-ensvorschuss. Und der hat es in sich.Der 38-Jährige verteilt schon zu Se-mesterbeginn nicht nur die Bestnote,sondern auch sein Professorengehalt.Warum er das tut? „Um alle Hierar-chien, die jemals aufkommen könnten,im Keim zu ersticken. Weil die wahreKreativität, die mag Hierarchien nicht“,ist der Berliner überzeugt.

Trauma des FlüchtlingseinsDass er selbst seiner Kreativität freienLauf lassen kann, ist für den einstigenFlüchtling – seine Eltern haben LaosRichtung Deutschland verlassen – nichtselbstverständlich. „Wenn du alsFlüchtling irgendwo einwanderst, hatdas ganz viele Auswirkungen. Meine El-tern sind traumatisiert, sie würden esnur nie zugeben. Das ist ein Knoten,den kriegst du nie mehr aus deinem Le-ben raus.“ Mitten in die positiv besetz-ten Begriffe wie Vertrauen, Gerechtig-keit oder Kreativität schleicht sich im-mer öfter ein für Le-Mentzels Grundein-stellung überraschend negatives Wort:Ärger. Ärger darüber, sich als Flüchtling

noch immer nicht anerkannt oder will-kommen zu fühlen. Ärger darüber, dasser als Mensch nur über Leistung defi-niert wird. „Ich muss zuerst eine Perfor-mance machen, mich beweisen. Ich binquasi nicht per se gut genug.“

Dass es ihm gelingt, seinen Ärgerin positive Motivation umzusetzen, er-klärt sich der Architekt mit dem Ein-fluss von Vorbildern. „Es gab immerwieder Menschen, die sind in mein Le-ben gekommen und haben zu mir ge-sagt: Du bist ein guter Junge, aus dirwird was. Immer wieder.“ Auch bei sei-nem aktuellsten Projekt profitiert Le-Mentzel von dem Vertrauen, das in ihngesetzt wird. Seit Beginn des Jahreslebt er ausschließlich von jenem Geld,

das er durch Crowdfunding aufgestellthat. 200 Leute haben ihm für das lau-fende Jahr insgesamt 18.000 Euro ge-schenkt. „|dScholarship“ nennt Le-Mentzel diese Aktion, ein „demokrati-sches Stipendium“, das er als erstenSchritt zu einem „bedingungslosesGrundeinkommen“ versteht.

Was er mit dem Geld und seiner Zeitmacht, wussten zum Jahresbeginn we-der die Spender noch er selbst. „DiesenVertrauensvorschuss, den mir diese 200Leute geschenkt haben, gebe ich jetztsystematisch weiter“, so Le-Mentzel.Auch in Wien. Denn hier baut er im Auf-trag des MAK derzeit gemeinsam mitdem Wiener Grafikstudenten Jakob Li-stabarth die |openschoool (sic!) auf.Eine Schule der Zukunft soll es werden,ein „fliegendes Klassenzimmer“, einNachbarschaftstreff der neuen Art.

„Das, was ihr braucht, soll es sein“,erklärt Le-Mentzel beim Projektstart imMAK. Sicher ist nur: Auch hier soll gu-tes Karma entstehen. „Ich mag Karmaso sehr, weil es so extrem unseriös ist.Es gibt keine Definition dafür, mankann es nicht festlegen. Es ist alles undnichts. Genau solche Freiräume brau-chen wir, um zu spielen und auszupro-bieren, wer wir sind.“

Van Bo Le-Mentzel arbeitet im Auftrag des MAK an einer Schule der Zukunft. [ Katharina Roßboth]

Gast am Heldenplatz: Elena, die Schwester vonSpaniens König Felipe. [ APA/EXPA/Michael Gruber ]

Hohe Schule und schlampige VerhältnisseHofreitschule. Drei Tage lang feierten die Lipizzaner ihr 450-Jahr-Jubiläum auf dem Heldenplatz.

VON TERESA SCHAUR-WÜNSCH

Wien. Ein wenig nervös waren sie doch,obwohl sie Auftritte vor großem Publi-kum ja gewohnt sind. Vielleicht istauch für die Hengste der „Spanischen“ein 450-Jahr-Jubiläum kein Anlass wiejeder andere. Dreimal zeigten die Pfer-de und Bereiter an diesem Wochen-ende auf dem Heldenplatz ihr jeweilsaktuelles Können. „Vorführung, nichtShow“, betonte Moderator ChristianPlettenberg.

Der Steirer, der im Mürztal denReitklub Schloss Graschnitz betreibtund international als Turniersprecherfungiert, begleitete die Abende wie ge-wohnt mit großem Wissen und Ver-ständnis um das Wesen der Pferde undder klassischen Reiterei. Dass es sichbei ihm um einen Pferdemenschenhandelt, verdeutlichten die mit ihrenFohlen aus Piber eingeladenen Stuten,die sich um ihn scharten. Vor allem

eine sei eine alte Bekannte, gestandPlettenberg: „Wir haben seit 17 Jahrenein schlampiges Verhältnis.“

Für Begeisterung unter Pferdeken-nern sorgten die spanischen Gäste: Die

Königlich-Andalusische Reitschule ausJerez war mit den „Nachfahren derVorfahren der Lipizzaner“ eingeladenund zeigte große Reitkunst gepaart mitFreude und Temperament. Repräsen-tiert wurde Spanien von König FelipesSchwester, Infantin Elena, die die„Hauptvorführung“ am Freitagabendund die anschließende 6. Fete Impe-riale besuchte und dort von NadjaSwarovski ein kristallenes Pferd über-reicht bekam.

Lipizzaner bald Weltkulturerbe?„Wir stehen zu diesem Kulturerbe“,versicherte LandwirtschaftsministerAndrä Rupprechter. Er hoffe, dass dieLipizzaner bald zum Weltkulturerbeerhoben werden. Hofreitschul-Ge-schäftsführerin Elisabeth Gürtler, dieam Dienstag mit Helmuth Lohner ih-ren Mann verloren hatte, zog sich nachder Vorführung und noch vor dem Ballzurück.

VERANSTALTUNGEN Niederösterreich

AUSSTELLUNGEN

Arnulf Rainer Museum: Markus Lüpertz / Arnulf Rainer – Bildende Kunst(bis 18.10.2015). tgl. 10-17h, Josefsplatz 5, Baden, T: 02252-209196-11Karikaturmuseum Krems: Mordillo (bis 22.11.2015). Feinhirn (bis30.12.2015). Das Fenster zur Welt (bis 10.01.2016). Für immer Deix! (bis09.09.2015), tgl. 10-18h, Steiner Landstr. 3a, T: 02732-90 80 20Schallaburg: Wikinger (bis 08.11.2015), Mo-Fr 9-17, Sa, So, Ftg 9-18,02754-6317-0

VERANSTALTUNGEN Wien

THEATER

Akademietheater: Die Macht der Finsternis, 19.30h, III., T: 514 44 4140Burgtheater: Die Affäre Rue de Lourcine, 19.30h, I., T: 514 44 4140

MUSIKTHEATER

Staatsoper: Cardillac, 20h, I., Opernring 2, T: 513 1 513Volksoper: Cosı fan tutte, 19h, IX., Währingerstr. 78, T: 513 1 513

KLASSIK

Konzerthaus: Mozart Saal: Artemis Quartett, 19.30h, III., Lothringerstr. 20,T: 24 20 02Musikverein: Großer Saal: Wiener Mozart Orchester, 20.15h, I., Bösendor-fer Str. 12, T: 505 81 90

U-MUSIK

Arena: The Full Hit Of Summer Festival Day1 wurde in die große Halle verlegt(Einlass: 15.30h), 16.30h, III., Baumg. 80, T: 798 85 95Celeste: The Monday Improvisors Session, 20.30h, V., Hamburgerstr. 18, T:586 53 14Jazzland: „Die jährliche Küken-Parade“, 21h, I., Franz-Josefs-Kai 29, T: 53325 75Porgy & Bess: Strenge Kammer: Alessandro Vicard & Michael Fischer’Anima Rossa‘, 19h; big.mdw.band feat. the ipop singers, 21h, I., Riemerg. 11,T: 512 88 11rhiz: Electric Ray And The Shockers, 22h, VIII., Lerchenfelder Gürtel,U-Bahn-Bogen 37-38, T: 409 25 05Theater am Spittelberg: Federspiel & Ramsch & Rosen & Streichquartettder Band Neuschnee, 19.30h, VII., Spittelbergg. 10

VORTRÄGE

Alte Schmiede: Dichterloh - 13 poetische Entzündungen 1-2, Marcel Beyerliest Thomas Kling; Henri Cole, 18h, I., Schönlaterng. 9, T: 512 83 29Amerlinghaus: Die Seele als Gefängnis des Körpers? Homophobie undPsychoanalyse im Werk von Theodor W. Adorno, Diskussionsabend, Jour fixder „grundrisse“, Referent: Georg Klauda, 19h, Stiftgasse 8Institut f. die Wissenschaften vom Menschen: Ukraine, Russia, andEurope, Past and Future II (Vortrag v. Timothy Snyder), 18h, IX., SpittelauerLände 3, T: 313 58 - 0Sigmund Freud Museum: Shades of Hate (Filmreihe mit Gespräch „ FilmNoir und Psychoanalyse: Subversive Sexualitäten“: The Big Combo, USA1955), 19h, IX., Berggasse 19, T: 4313 191596

KINDER

Marionettentheater Schloss Schönbrunn: Die Zauberflöte (ab 7 J.), 19h,XIII., Hofratstrakt, T: 817 32 47Planetarium Wien: Star Date - Rendezvous mit den Sternen (ab 8 J.),10.30h, 12h, II., Oswald-Thomas-Pl. 1, T: 89 174 150 000

18 MENSCHEN/VERANSTALTUNGEN MONTAG, 29. JUNI 2015