Merkblatt Arbeitszeit und Vergütung in der KEP …...2/7 1. Einführung Arbeitgeber der KEP-Branche...

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Merkblatt Arbeitszeit und Vergütung in der KEP-Branche

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1. Einführung

Arbeitgeber der KEP-Branche müssen sowohl die Regelungen zur Arbeitszeit nach dem Arbeitszeit-gesetz als auch die Regelungen zur Lenkzeit nach der Fahrpersonalverordnung einhalten. Verstöße gegen diese komplexen Regelungen können mit einem Bußgeld geahndet werden und sind in be-stimmten Fällen sogar strafbar. Die richtige Bewertung der Arbeitszeit hat darüber hinaus Folgen für die Lohnabrechnung und damit Auswirkungen auf die Einhaltung des Mindestlohngesetzes. In der Praxis bereitet auch die Frage, wann Schadensersatzansprüche des Arbeitgebers mit dem Lohnan-spruch des Arbeitnehmers verrechnet werden dürfen, mitunter Schwierigkeiten. Dieses Merkblatt soll Ihnen dabei helfen, die gelebte Handhabung zu überprüfen und ggf. der Rechtslage anzupassen.

2. Wie lange darf ein Arbeitnehmer1 täglich arbeiten?

Der Arbeitnehmer darf von Montag bis einschließlich Samstag täglich acht Stunden arbeiten. Diese Arbeitszeit kann auf bis zu zehn Stunden verlängert werden, wenn innerhalb von sechs Kalender-monaten oder innerhalb von vierundzwanzig Wochen im Durchschnitt acht Stunden nicht über-schritten werden.

3. Wie lange darf ein Arbeitnehmer täglich ein Fahrzeug führen?

Für Fahrzeuge mit einem Gesamtgewicht von mehr als 2,8 bis 3,5 t ist neben der täglichen Höchst-arbeitszeit von zehn Stunden noch die Lenkzeit zu beachten. Die Lenkzeit ist die Zeit, in der der Fahrer das Fahrzeug führt. Hierzu zählen auch Zeiten, die mit dem Fahrvorgang in engem Zusammenhang stehen (z. B. Wartezeiten an Ampeln). Nicht zur Lenkzeit gehört die Zeit der Zustellung von Sendun-gen, da der Fahrer zu diesem Zweck das Fahrzeug verlässt.

Es gelten folgende Grenzwerte:tägliche Lenkzeit höchstens neun Stunden zweimal wöchentlich Erhöhung auf zehn Stunden erlaubt

wöchentliche Lenkzeit höchstens 56 Stunden

wöchentliche Lenkzeit in zwei aufeinanderfolgenden Wochen höchstens 90 Stunden.

1 | Der besseren Lesbarkeit halber ist nur ein Geschlecht benannt. Umfasst sind sämtliche Geschlechter.

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4. Welche Pausenzeiten, Lenkzeitunterbrechungen und Ruhezeiten sind einzuhalten?

Pausen- und Ruhezeiten unabhängig vom Gewicht des Fahrzeugs Unabhängig vom Gesamtgewicht des geführten Fahrzeugs gelten nach dem Arbeitszeitgesetz folgende Pausenzeiten:

Arbeitszeit von mehr als sechs bis zu neun Stunden mindestens 30 Minuten Pause keine Beschäftigung von mehr als sechs

Stunden hintereinander ohne Pause

Arbeitszeit von mehr als neun Stunden mindestens 45 Minuten Pause

Aufteilung der Pausen in Zeitabschnitte von jeweils mindestens 15 Minuten möglich.

Nach Beendigung der täglichen Arbeitszeit ist diese nach den Regelungen des Arbeitszeitgesetzes für die Dauer von mindestens elf Stunden zu unterbrechen (Ruhezeit).

Lenkzeitunterbrechungen bei einem Fahrzeuggewicht von mehr als 2,8 bis 3,5 tNeben den nach dem Arbeitszeitgesetz einzuhaltenden Pausen gelten Sonderregelungen für die Lenkzeit. Diese muss nach 4,5 Stunden für 45 Minuten unterbrochen werden. Da die Zustellzeit nicht zur Lenkzeit gehört, verlängert sich der Zeitpunkt, zu dem die Unterbrechung einzulegen ist, um die Zeiträume der Zustellungen. Das setzt voraus, dass die Zustellzeiten nachweisbar erfasst werden.

In der Zeit der Unterbrechung darf der Fahrer keine Fahrtätigkeit und keine andere Arbeitsleistung erbringen. Er soll sich ausschließlich erholen.

Die Lenkzeitunterbrechung kann in zwei Abschnitte von mindestens 15 Minuten und mindestens 30 Minuten aufgeteilt werden. Die Reihenfolge darf nicht umgekehrt erfolgen. Wichtig ist, dass nach 4,5 Stunden eine Unterbrechung von 45 Minuten erfolgt sein muss.

Beispiel: Lenkzeitunterbrechung in zwei AbschnittenLZ 2,5 h + Unterbrechung 15 min + LZ 2,0 h + Unterbrechung 30 min + LZ 4,5 h

Auch wenn die Lenkzeit von 4,5 Stunden noch nicht erreicht ist, kann es sein, dass der Arbeitneh-mer nach dem Arbeitszeitgesetz eine Pause nehmen muss, da er neben der Lenkzeit noch andere Aufgaben wahrgenommen hat, die zwar nicht zur Lenk- aber zur Arbeitszeit zählen.

Beispiel: Zusammenspiel von Pause und LenkzeitunterbrechungRüstzeit 2h + LZ 4 h + Pause 30 min

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Ruhezeit bei einem Fahrzeuggewicht von mehr als 2,8 bis 3,5 tNeben der Lenkzeitunterbrechung ist die Ruhezeit zu beachten. Die nachfolgenden Regelungen verdrängen die nach dem Arbeitszeitgesetz vorgeschriebene Ruhezeit von elf Stunden.

Es gilt Folgendes:tägliche Ruhezeit mindestens elf Stunden innerhalb von 24 Stunden nach

einer Ruhezeit Verkürzung auf neun Stunden ohne Ausgleich maximal

dreimal wöchentlich zulässig Erhöhung auf zwölf Stunden möglich, wenn Aufteilung

in zwei Abschnitte von mindestens drei Stunden und mindestens neun Stunden (jeweils ununterbrochen)

wöchentliche Ruhezeit mindestens 45 Stunden wöchentlich

in zwei aufeinanderfolgenden Wochensind folgende Ruhezeiten einzuhalten: zwei wöchentliche Ruhezeiten von mindestens 45 Stunden

oder:

eine Ruhezeit von 45 Stunden und eine Ruhezeit von mindestens 24 Stunden, wenn die fehlenden 21 Stunden innerhalb von drei Wochen nachgeholt werden.

5. Aufzeichnung von Arbeitszeiten, Lenk- und Ruhezeiten

Jeder Fahrer ist verpflichtet, Beginn, Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit (abzüglich der Pausen) aufzuzeichnen. Dies muss spätestens innerhalb einer Frist von sieben Kalendertagen nach Arbeitsleistung erfolgen.

Fahrer, die ein Fahrzeug mit einem Gesamtgewicht von mindestens 2,8 bis 3,5 t führen, sind darüber hinaus verpflichtet, täglich folgende Zeiten aufzuzeichnen:

Lenkzeiten alle sonstigen Arbeitszeiten einschließlich der Bereitschaftszeiten Fahrtunterbrechungen und tägliche und wöchentliche Ruhezeiten.

Diese Angaben muss der Fahrer für jeden einzelnen Arbeitstag fertigen. Die Unterlage muss folgende Angaben enthalten:

Vor- und Familienname Datum amtliche Kennzeichen der benutzten Fahrzeuge

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Ort des Fahrtbeginns Ort des Fahrtendes und Kilometerstände der benutzten Fahrzeuge bei Fahrtbeginn und -ende.

Es ist Sache des Arbeitgebers, die Einhaltung dieser Verpflichtung sicherzustellen und regelmäßig zu überprüfen.

6. Was ist vergütungspflichtige Arbeitszeit?

Nicht nur die eigentliche Tätigkeit, also das Fahren bzw. Zustellen von Sendungen, sondern auch sonstige Tätigkeiten, die mit der eigentlichen Tätigkeit unmittelbar zusammenhängen, zählen zur vergütungspflichtigen Arbeitszeit (z.B. Zeit der Wartung des Fahrzeuges, Be- und Entladezeiten sowie etwaige Wartezeiten).

7. Arbeitszeit und Mindestlohn

Arbeitnehmer haben Anspruch auf Zahlung des gesetzlichen Mindestlohns. Aktuell muss für jede Arbeitsstunde mindestens ein Stundenlohn von 8,84 Euro brutto gezahlt werden. Der gesetzliche Mindestlohn erhöht sich voraussichtlich ab 01.01.2019 auf 9,19 Euro und ab 01.01.2020 auf 9,35 Euro brutto/Stunde.

Der Mindestlohn ist zum Zeitpunkt der (vertraglich/tarifvertraglich) vereinbarten Fälligkeit zu zahlen, spätestens am letzten Bankarbeitstag des Monats, der auf den jeweiligen Monat der Arbeitserbrin-gung folgt.

Wird das Entgelt auf Grund einer festen Monatsvergütung gezahlt, muss für jeden Monat auf Grund der schwankenden Arbeitstage durch eine zusätzliche Berechnung kontrolliert werden, ob dem Arbeitnehmer auf Grund der tatsächlich geleisteten Stunden auf der Basis des Mindestlohns ein höherer Anspruch zusteht. Vorsicht ist bei Ableistung von Überstunden und bei Gewährung von Pauschalen, z.B. für Rüstzeiten, geboten.

ÜberstundenWerden Überstunden geleistet, müssen diese in die Berechnung einbezogen werden. Etwas anderes gilt nur, wenn Arbeitgeber und Arbeitnehmer schriftlich die Führung eines Arbeitszeitkontos vereinbart haben, in das die Überstunden eingestellt werden. Dann müssen Überstunden erst innerhalb von zwölf Kalendermonaten nach ihrer monatlichen Erfassung durch bezahlte Freizeit oder Zahlung des Mindestlohns ausgeglichen werden. Allerdings dürfen monatlich nur bis zu 50 % der vertrag-lich vereinbarten (regelmäßigen) Arbeitszeit in das Arbeitszeitkonto eingestellt werden. Darüber hinausgehende Überstunden sind spätestens am letzten Bankarbeitstag des Monats, der auf den jeweiligen Monat der Arbeitserbringung folgt, zu vergüten.

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Wichtig ist, dass die Vereinbarung über das Arbeitszeitkonto schriftlich erfolgt, das heißt, beide Parteien müssen die Vereinbarung eigenhändig unterschreiben. Ansonsten ist die Vereinbarung un-wirksam und es besteht das Risiko eines bußgeldbewehrten Verstoßes gegen das Mindestlohngesetz.

PauschalenWerden den Arbeitnehmern Pauschalen gewährt, z. B. für die morgendliche Rüstzeit, müssen die-se so bemessen sein, dass die notwendige Zeit rechnerisch mit dem Mindestlohn vergütet wird. Wird eine monatliche Festvergütung gezahlt, sind die tatsächlich erbrachten Rüstzeiten ebenfalls als tatsächlich geleistete Arbeitsstunden in der Berechnung des Mindestlohns zu berücksichtigen.

8. Verrechnung von Schadenersatzansprüchen mit dem Lohnanspruch

Hat der Arbeitnehmer einen Schaden verursacht, z. B. durch Sendungsverluste, kann der Arbeitgeber diesen Schaden nicht ohne Weiteres vom Lohnanspruch des Arbeitnehmers in Abzug bringen.

Der Arbeitnehmer haftet nach dem Grad seines Verschuldens. Zu berücksichtigen ist weiter die Versicherbarkeit des Risikos sowie im jeweiligen Einzelfall das Verhältnis von Entgelt- und Schadens-höhe. Vor Verrechnung des Schadens mit dem Lohn ist darüber hinaus die sogenannte Pfändungs-freigrenze zu prüfen. Das bedeutet, jedem Arbeitnehmer steht von seinem Gehalt ein Freibetrag zu, der nicht wirksam einbehalten werden kann. Die Höhe dieses Betrages hängt von der Höhe des Nettoeinkommens und der Anzahl der Unterhaltsverpflichtungen ab.

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Astrid ReichRechtsanwältinFachanwältin für ArbeitsrechtsKurfürstendamm 3210719 BerlinT +49 30 88 00 97 30F +49 30 88 00 [email protected]

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