Merkel-Rede zum Petersberger Klimadialog

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    http://www.bundeskanzlerin.de/Content/DE/Rede/2013/05/2013-05-06-merkel-petersberger.html

    Rede von Bundeskanzlerin Merkel anlsslich desPetersberger Klimadialogs IV "Shaping the Future"

    Mit Anmerkungen in blau von Dr. Dietmar Ufer

    Datum: 06. Mai 2013Ort: Berlin

    Sehr geehrter Herr Minister Korolec,sehr geehrter Herr Minister Altmaier,

    vor allen Dingen liebe Teilnehmer an diesem Petersberger Dialog, der ganz offensichtlichnicht auf dem Petersberg stattfindet, sondern im flachen Berlin, in der Hauptstadt aber Siesind ja gestern Abend immerhin auf das Dach des ewerks gegangen, um ein bisschen

    bergigen Horizont zu genieen ,

    ich begre Sie im Namen der Bundesregierung sehr herzlich hier in Berlin. Ich denke, dassdies wieder eine wichtige Sitzung wird, auf der wir darauf hinarbeiten, dass wir auf derKonferenz am Jahresende in unserem Nachbarland, bei unseren Freunden in Polen, zu gutenErgebnissen gelangen. Wenn man jetzt analysiert, wo wir im Frhling des Jahres 2013 stehen,dann muss man ganz ehrlich sagen, dass sich der Pfad zur Eindmmung des Klimawandels alsein komplizierter Weg herausstellt.

    Nun, wenn ich mich an meine Zeit als Umweltministerin von 1994 bis 1998 erinnere, dannverwundert mich das nicht wirklich. Denn auch damals war dieser Prozess sehr schwierig.Wir haben das Kyoto-Abkommen abgeschlossen; vorbereitet wurde es damals durch einBerliner Mandat. Wir haben in der Folge gesehen wenn ich an die Europische Union denke

    , dass einige Fortschritte erzielt wurden. Unsere Verpflichtungen haben wir eingehalten,insbesondere die Bundesrepublik Deutschland (Dank der DeindustrialisierungOstdeutschlands! D. U.). Aber die Enttuschung war eben auch, dass der Kongress in denVereinigten Staaten das Abkommen nicht ratifiziert hat. Insofern haben wir sozusagen Lichtund Schatten erlebt.

    Dann war am Ende des Jahres 2009, als es um die Frage ging, wie es nach Kyoto weitergehensoll, die Kopenhagener Konferenz mit einer Vielzahl von Erwartungen befrachtet. Wie sichdann herausgestellt hat, war sie letztlich berfrachtet. Fr mich gehrt die KopenhagenerKonferenz zu den frustrierenden Erfahrungen, wenngleich damals doch noch etwas gelungenist, das sich im Nachhinein als gar nicht so schlecht herausgestellt hat. Wir haben uns nmlich

    das wurde ein Jahr spter in Cancn noch einmal besttigt auf das Zwei-Grad-Zielverstndigt. (Vielleicht sollten wir uns erst mal auf einen sonnigen Sommer 2013verstndigen? das ist doch naheliegender und erfreulicher! D. U.) Wir haben abererkannt, dass die mit dem sogenannten Copenhagen Accord eingegangenen freiwilligenVerpflichtungen der einzelnen Mitgliedstaaten in der Summe mitnichten schon eine Erfllungdes Zwei-Grad-Ziels sicherstellen. Ich habe in Kopenhagen noch gelernt, dass dieVerpflichtung auf das Zwei-Grad-Ziel einfach ist, dass aber die scheinbar einfacheUmrechnung, was denn das nun wirklich in CO2-Konzentrationen bedeutet, viel komplizierter

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    ist, als man denkt. Warum ist es das? Es ist so kompliziert, weil man bei dem Zwei-Grad-Zielkein richtiges Basisjahr angeben muss. Mit Beginn der Industrialisierung bleibt manches imVagen. Das heit, um sagen zu knnen, was die Begrenzung der Erwrmung auf zwei Gradwirklich bedeutet, haben wir noch eine Aufgabe zu erledigen. Wie viel Reduktion von CO2-Emissionen bedeutet denn das wirklich? (Offensichtlich versteht die Physikerin Merkel

    die Klimamodelle auch nicht! D. U.)

    Dieser Tisch scheint ja recht unscheinbar zu sein. Aber um ihn herum sitzen Reprsentantenvon Lndern, die rund 80 Prozent der weltweiten CO2-Emissionen auf sich vereinen. Dasheit, Sie und Ihre Regierungen, wir alle, haben es in der Hand, wie wir weiterkommen. Wirwissen sptestens seit Kopenhagen das htte man auch schon vorher sehen knnen , dasswir, wenn sich alle Industrielnder dazu verpflichten wrden, ab morgen kein CO2 mehrauszustoen, selbst dann das Zwei-Grad-Ziel nicht erreichen knnten. (Es gab Leute, diedas schon vorher wussten! Ihr damaliger Klimaberater Schellnhuber gehrte nicht

    dazu... D. U.) Auch das ist inzwischen allgemein akzeptiert. Deshalb war es aus meinerSicht ein ganz wichtiger Schritt, dass es in Durban, in Sdafrika, gelungen ist, uns darauf zu

    verstndigen das konnte ja dann letztes Jahr in Katar noch weiter bearbeitet werden , dasswir bis 2020 ein fr alle verbindliches Abkommen abschlieen wollen. Man wollte das Ganzenicht wieder auf die letzte Minute machen. Also hat man gesagt: 2015 soll dieses Abkommenstehen. Unsere franzsischen Freunde haben dann die Ehre, die Klimakonferenz in Paris zuveranstalten. Wir werden sie untersttzen genauso, wie wir dieses Jahr unsere polnischen

    Nachbarn untersttzen werden. Denn wir mssen uns jetzt sehr wohl berlegen, was wir dennEnde 2013, Ende 2014 und Ende 2015 noch alles zu erledigen haben, damit wir das Zielwirklich erreichen knnen.

    Dabei stellt sich auch die Frage, fr die wir eine berzeugende Antwort brauchen: Was istdenn Gerechtigkeit in der Bekmpfung des Klimawandels? (Eine berzeugende Antwortbrauchen wir erst mal auf die Frage Was ist Bekmpfung des Klimawandels? D.U.) Eines ist sicher: Wir, die Vertreter der Industrielnder, haben zwei Verpflichtungen. Aufder einen Seite mssen wir eine substanzielle Reduktion der CO2-Emissionen erreichen. (Wirmssen berhaupt nicht! Wozu auch, wenn nicht mal Die Klimakanzlerin die

    Klimamodelle versteht? D. U.) Wir sind hier in Deutschland, gemessen am Bezugsjahr1990, auf einem recht guten Weg. Auf der anderen Seite geht es um einen technologischenBeitrag der Lnder, die nicht schon an den Vorteilen der Industrialisierung partizipierenkonnten. Wir haben also Technologieentwicklung zu betreiben, damit fr diese Lnder derZuwachs an Wohlstand, die Bekmpfung des Klimawandels und soziale Belange keineGegenstze sind.

    Deshalb ist es auch folgerichtig, dass die Europische Union gesagt hat: Wir bleibenweiterhin Vertragspartner im Rahmen des Kyoto-Protokolls. Aber es ist durchaus ein bisschenfrustrierend, wenn wir sehen, dass das jetzt neben der Europischen Union nur noch einigewenige Lnder sind (was zeigt: Weltweit wchst die Vernunft! D. U.). Eigentlich hatte ichmir gedacht, dass nach Auslaufen des Kyoto-Protokolls die Zahl der Lnder, die verbindlicheVerpflichtungen eingehen, wchst und nicht sinkt. Wenn man nicht darum herum redet, bleibtfestzuhalten: Es ist wichtig, dass Europa sich dazu bekannt hat, weiter Kyoto-Vertragspartnerzu bleiben, aber allein werden wir die Vernderung des Klimas auf der Welt sicher nichtaufhalten knnen. (Das werden auch alle Lnder zusammen nicht knnen! D. U.)

    Wir Europer stoen natrlich auch immer wieder an Grenzen. Wir haben zum Beispiel fruns allein den CO2-Emissionshandel fr den Flugverkehr eingefhrt. Das hat uns keineFreunde auf der Welt gebracht. Ich habe unzhlige Gesprche auerhalb Europas gefhrt, indenen ich gefragt worden bin, was denn das nun soll. Ich sage Ihnen ganz offen: Wir hoffen

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    jetzt bei der Internationalen Luftfahrtbehrde, dass wir da vorankommen. Wir haben jetzt einMoratorium eingelegt. Aber unsere Vorreiterrolle ist uns weltweit nicht gerade gedanktworden, sondern man hat uns eher als Auenseiter und Spielverderber dargestellt verbundenmit harten Drohungen, was das Anfliegen von Europa anbelangt. Also heit dieSchlussfolgerung: Europa muss sich um weltweite Lsungen bemhen. Ganz allein kommen

    wir auch nicht weiter. Daher arbeiten wir, was den Flugverkehr anbelangt, eben mit derInternationalen Luftfahrtbehrde zusammen.

    Ich komme noch einmal auf die Gerechtigkeitsfrage zurck. Wir wissen, es geht um dasZwei-Grad-Ziel. Wir wissen irgendwann (irgendwann!!! D. U.) auch, wie viele CO2-Emissionen das auf ein bestimmtes Jahr bezogen bedeutet. Wir wissen im Grunde, dasslangfristig, wenn wir uns die Weltbevlkerung anschauen, jeder Einwohner dieser Erde etwazwei Tonnen CO2 emittieren drfte. Nun sind viele, die das hren, erst einmal sehraufgeschreckt, wenn man davon spricht. Unser Verbndeter auf dieser Seite ist Indien. Indienhat diesen Ansatz als einen gerechten Ansatz akzeptiert. Aber man muss ehrlich sein: Wederdie Europer noch die Amerikaner noch China sind sehr begeistert davon. Denn sie alle haben

    schon ber zwei Tonnen CO2. Und das bedeutet im Grunde, man msste jetzt schon mit demReduzieren beginnen. Wir Industrielnder akzeptieren das. (Nein! Wer ist WirIndustrielnder? Die Industrie oder einige Regierungen? D. U.) Aber ein Land wieChina sagt: Seht euch einmal bitte an, wie viele Jahrzehnte ihr eure CO2-Emissionen erhhthabt; da knnen wir bei unserem wirtschaftlichen Niveau doch nicht schon jetzt anfangen zureduzieren. Sie sehen also, vor welch groer Aufgabe wir stehen.

    In Europa haben wir im Augenblick eine schwierige wirtschaftliche Situation. UnserBruttoinlandsprodukt in Europa stagniert, zum Teil sinkt es sogar. Das heit, dass wir aus derKrise der Jahre 2008/2009 noch nicht so herausgekommen sind, dass alle Mitgliedstaaten derEuropischen Union wieder das Wirtschaftsniveau haben, das sie vor 2008 hatten.Deutschland hat das schon im Jahr 2011 wieder geschafft. Aber auch fr uns gab es einenriesigen Wachstumseinbruch von ber fnf Prozent im Jahr 2009, den wir dann aber bis 2011kompensiert hatten. Im Augenblick sind aber unsere Wachstumsraten in Europa quasistagnierend. Sie alle kennen die Zahl der Arbeitslosen. Sie alle wissen, wie viele jungeMenschen in Europa arbeitslos sind. Natrlich stellt sich jetzt erst einmal die Frage: Wiekommen wir wieder zu wirtschaftlichem Wachstum, wie knnen wir die Arbeitslosigkeit

    bekmpfen, wie knnen wir die Konsolidierung unserer Staatshaushalte in Gang kriegen?

    Seit 2009 beschftigen wir uns eigentlich unablssig mit dem Management der Krise, sei esim Euro-Bereich oder in der Europischen Union insgesamt. Nun gibt es einen Effekt, den wir

    so auch nicht vorausgesehen haben, nmlich dass wir durch die sinkenden Wachstumsratenlngst nicht einen Anstieg der CO2-Emissionen in Europa erlebt haben, wie wir ihn eigentlichvorausgesagt haben. (Ich kenne viele, sehr viele Menschen, die wussten und wissen,dass verringertes Wirtschaftswachstum zu verminderten CO2-Emissionen fhrt!

    Klimakanzlerinnen mssen das nicht verstehen... D. U.) Das ist einerseits gut. Aber dasist andererseits fr das, was wir uns als marktwirtschaftliches Instrument gedacht haben,nmlich den CO2-Zertifikatehandel, nicht gut. ( weil dadurch die Energiepreise nichtschnell genug gestiegen sind! D. U.) Nun ist die Diskussion entbrannt StichwortBackloading : Soll man nun die Annahmen, die man gemacht hat, revidieren? Oder soll man,wenn es sich um ein marktwirtschaftliches Instrument handelt, eben die marktwirtschaftlichenKrfte walten lassen, woraus sich dann der Preis ergibt?

    Ich persnlich sage: Wenn man ein marktwirtschaftliches Instrument hat, bei dem dieAnnahme ber die Wachstumsraten eine wesentliche Rolle spielt, und die Wachstumsraten

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    alles andere als das sind, was man angenommen hat, dann kann die Frage, ob man das nocheinmal revidieren muss, kein Tabu sein. Bei dieser Frage, das sage ich ganz offen, sind wir inDeutschland nicht entschieden. Hier bringen unterschiedliche Krfte ihre Argumente vor, weilwir in Deutschland ein zustzliches Problem haben. Wir haben einen rasanten Ausbau dererneuerbaren Energien. Wir brauchen am Tag eine verfgbare Leistung von 60, 70 oder im

    Winter sogar einmal 75 Gigawatt. Wir haben jetzt bald 30 Gigawatt Sonnenenergie installiert.Wir haben rund 25 Gigawatt Windenergie installiert. Wenn in Deutschland die Sonne scheint,dann weht meistens auch ein bisschen Wind. Das heit, wir haben Stunden, in denen wir fastden gesamten Energiebedarf aus erneuerbaren Energien decken knnen. Wir haben aber auchviele Stunden am Tag, in denen wir die grundlastfhigen Kraftwerke brauchen, weil wir nichtausreichend viele Speicher haben und auch noch nicht ausreichend viele Leitungen gebauthaben. Deshalb sagt die deutsche Wirtschaft: Wir sind bereit, auch ber Backloading zudiskutieren. Wir wollen aber nicht alles einzeln regeln, sondern wir brauchen einGesamtsystem. (Eine vllig neue Erkenntnis! D. U.)

    Eines ist klar: Wir mssen in Deutschland die Erzeugung erneuerbarer Energien auf der

    rechtlichen Grundlage des sogenannten Erneuerbare-Energien-Gesetzes reformieren, umeinen harmonischen Weiterausbau der erneuerbaren Energien (was ist das? D. U.), einen

    besseren Ausbau der Speicher(100 oder 200 Pumpspeicherwerke? D. U.) und vor allenDingen einen dazu passenden Ausbau der Leitungssysteme gewhrleisten zu knnen. Stromsoll natrlich nicht nur CO2-frei sein (Frau Physikerin: Strom ist immer CO2-frei! D.

    U.) und nicht nur aus erneuerbaren Energien stammen, sondern muss auch bezahlbar

    sein und darf den Industriestandort Deutschland nicht gefhrden. (Wer htte solcheWorte von Frau Merkel in der Vergangenheit jemals erwartet? D. U.)

    Deshalb sage ich: Wenn es uns gelingt, das Erneuerbare-Energien-Gesetz zu reformieren, wassich im Augenblick sehr schwierig gestaltet nicht nur, weil wir bald eine Wahl habenwerden, sondern weil natrlich viele in die erneuerbaren Energien investiert haben oderinvestieren wollen und sich deshalb nicht so gern bereit erklren, sich jetzt fr dasGesamtsystem zu interessieren , werden wir uns sicherlich auch noch einmal demBackloading zuwenden knnen. Ich glaube, dann finden wir im Gesamtzusammenhang eineLsung. Nun aber zu behaupten, Europa sei nicht mehr Vorreiter im Klimaschutz, weil einBeschluss im Europischen Parlament gegen das Backloading gefasst wurde, finde ich vlligunangemessen. Europa leistet viel. Europa wird auch weiter viel leisten. Unser Problem istmit Blick ber Europa hinaus eher, dass wir alles allein machen und gleichzeitig in einerschwierigen wirtschaftlichen Lage sind. Das Problem ist nicht, dass wir zu wenig machen.(Was geschieht, wenn wir mehr machen? D. U.)

    Deutschland wird sich weiter dazu verpflichtet fhlen, sich 2015 fr ein Nachfolgeabkommenab 2020 mit groer Intensitt einzusetzen. Ich mache mir keine Illusionen darber, wie vielArbeit noch vor uns liegt. (Weniger diplomatisch ausgedrckt: Diese Arbeit ist nichtzu schaffen! D. U.) Ich setze sehr auf unsere Kooperation mit China, Indien, denGolfstaaten und den Vereinigten Staaten von Amerika.

    Bei den Vereinigten Staaten von Amerika ist jetzt folgende Situation eingetreten: Durch groeFunde und Nutzung von Erdgas in Form von shale gas werden die CO2-Emissionen derVereinigten Staaten von Amerika sinken. Die Energiepreise werden deutlich geringer sein alszum Beispiel in Europa. Aber langfristig wird allein die Verwendung von Erdgas bezglich

    der CO2-Emissionsreduzierung der Vereinigten Staaten von Amerika nicht ausreichen. Dasheit, auch hier brauchen wir noch den Ausbau der erneuerbaren Energien. (Das werdensich die Amerikaner wohl von Frau Merkel nicht vorschreiben lassen! D. U.)

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    Natrlich birgt jetzt die erstmalige Verbesserung auch die Gefahr, dass man sagt: Damitkommen wir erst einmal ber die nchsten Jahre. Damit wird die Bereitschaft nicht unbedingtgrer, auch langfristige Verpflichtungen zu bernehmen.

    So, das ist die Gemengelange, in der in Polen die Konferenz stattfinden wird. Das Gute am

    Gastgeber Polen ist: Polen kennt all die Probleme des Wandels und des bergangs von einerstark kohlenstoffbasierten Energiewirtschaft hin zu anderen Energietrgern. Polen kennt auchdie Frage der Abhngigkeit, in die man sich nicht bringen mchte, und die Frage, dass einemdie eigene Versorgungssicherheit sehr viel wert ist. (Deswegen baut Polen auchKernkraftwerke! D. U.)

    Es wird die nchste groe Aufgabe fr Europa sein, eine Vertrauensbasis zu schaffen, damitwir nicht 27 einzelne Energiemrkte haben. Da macht man uns in Deutschland zurzeitmanchmal den Vorwurf, dass wir alles nur national sehen. Wir mssen also durch eine

    bessere Verbindung unserer Leitungen, durch Interkonnektoren, durch ein europisches Netz,durch Verlsslichkeit, dass man sich gegenseitig Energie liefert, aus 27 nationalen

    Energiemrkten wirklich einen Energiebinnenmarkt machen. Das heit, wir msseneuropisch denken lernen. Ich denke, das voranzubringen, ist eine wichtige Aufgabe fr Polenals Gastgeber und dann auch fr Frankreich als Gastgeber. Beide bieten sozusagen dieExtreme der europischen Energieerzeugung. Die einen erzeugen Energie sehr stark ausKohle (und knftig auf Kernenergie! D. U.), Frankreich sehr stark aus der Kernenergie,mit der Ambition, in den nchsten Jahren mehr erneuerbare Energien ausbauen zu wollen.(Die Kanzlerin glaubt doch nicht etwa, dass Frankreich auf seine Kernkraftwerkeverzichten wird? D. U.)

    Europa muss zu einem Emissionsziel fr 2030 kommen. Das ist dringend dieBundesregierung wird sich dem auch nicht verschlieen , weil die Wirtschaft planen,

    investieren und daher wissen muss, auf welche Rahmenbedingungen sie sich einzustellen hat.Die Investitionsplne fr 2018/2019/2020 werden in den Unternehmen schon heute gemachtund nicht erst in drei oder vier Jahren. Das heit, wenn wir auf dem Weg der CO2-Reduktionen weitergehen wollen und wir wollen weitergehen , dann ist es nur recht und

    billig, dass die Industrie von uns wei sie hat ein Anrecht darauf , wie die ganze Sache bis2030 weitergehen wird.

    Wenn es uns in Europa dann noch gelnge, die verschiedenen Bereiche der Verursacher vonCO2-Emissionen Verkehr, Wrmemarkt, Stromerzeugung, Industrie, privater Konsum

    besser mit den Anreizinstrumenten abzustimmen, dann wre auch fr die Gesamtstrategie derBekmpfung des Klimawandels etwas erreicht (Eine solche Gesamtstrategie istHumbug! Aber auch das wird Frau Dr. Merkel noch lernen [mssen]! D. U.). Dennwir haben allein in Deutschland Steuern auf Strom. Wir haben Zertifikate. Wir haben imWrmemarkt mehr Rechtsetzung und bestimmte Vorschriften fr den Neubau. Fr den Altbauhaben wir Anreizprogramme. (Und alles kostet viel Geld, unser Geld! D. U.) So hateigentlich jedes Land in Europa seine eigenen Frderinstrumente neben den europischenGegebenheiten des Zertifikatehandels. Das Ganze muss noch besser stimmig gemachtwerden.

    Ich erzhle Ihnen das, weil Europa, indem es diese Arbeit leistet, sicherlich auch ein(abschreckendes ... D. U.) Beispiel fr andere Regionen auf der Welt sein kann, in denen

    man die gleichen Schwierigkeiten durchschreiten muss (Die anderen Regionen sindsicher klger und verzichten auf die Bekmpfung des Klimawandels! D. U.).Deutschland mit seinen Ambitionen, durch die Energiewende bis 2022 unabhngig von der

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    Kernenergie zu werden (bei einem von der Kanzlerin propagierten EU-Energiebinnenmarkt werden wir berhaupt nicht unabhngig von der Kernenergie!

    D. U.) und gleichzeitig die CO2-Reduktionsziele einzuhalten, macht jetzt diesen Wegsozusagen prototypisch durch. Dieser Weg weist Schwierigkeiten auf, aber wir als Politikersind ja auch dazu da, Schwierigkeiten zu lsen. Wir betreten Neuland. Deshalb mssen wir

    uns eben den Herausforderungen stellen. (Warum eigentlich mssen wir dieseSchwierigkeiten auf uns nehmen? Haben wir keine anderen Sorgen? D. U.)

    Ich mchte einen zweiten Aspekt nennen. Wenn all das, was die Verhandlungen anbelangt,nur langsam vorangeht und die groen Fragen noch nicht gelst, allerdings klareZielsetzungen vorhanden sind, dann ist es umso wichtiger, dass wir im praktischen Bereichvoranschreiten. Dazu sind in Kopenhagen groe Versprechungen gemacht worden, nmlich100 Milliarden US-Dollar fr die Bekmpfung des Klimawandels. Wir sind noch ein Stckweit davon entfernt, dass wir diese 100 Milliarden US-Dollar wirklich zur Verfgung haben.Wenn ich mich auf internationalen Konferenzen mit den Vertretern der kleinen Inselstaatentreffe, dann ist die Frustration schon gro. Ich glaube aber, Deutschland hat mit seinem

    Beitrag eine gute Arbeit gemacht. Wir erhhen diesen im Jahr 2013 von 1,4 auf 1,8Milliarden Euro. (Fr Cypern? D. U.) Allerdings ist es immer ein weiter Weg von derZusage von Geld bis zu dem Punkt, an dem das Geld dann wirklich bei denjenigen ankommt,

    bei denen die Projekte durchzufhren sind.

    Ich war am Freitag auf dem Evangelischen Kirchentag in Hamburg. Dort habe ich mit HelenClark, der UNDP-Vorsitzenden, ber die Frage gesprochen: Was knnen wir dennverbessern? Es gibt zwei Komponenten. Das erste ist, dass das Geld auch wirklich ankommt.Das zweite ist, dass die Lnder, die Antrge stellen, auch die Kapazitt haben, diese Antrgeso aufzuarbeiten, dass sie genehmigungsfhig sind. Was wir nicht machen drfen, ist, dass dieIndustrielnder sagen: Schaut einmal, hier ist das Geld, aber dass immer dann, wenn ein

    Antrag kommt, gesagt wird: Nein, der entspricht noch nicht den Anforderungen. Dann hatman das Geld gespart; und die Lnder, die diese Antrge stellen, fhlen sich vlligberfordert. Das heit, wir Industrielnder und die internationalen UN-Organisationen UNDPund UNEP oder die Weltbank mssen bereit sein, beim Erstellen dieser Antrge so zu helfen,dass das Geld, das vorhanden ist, sinnvoll ausgegeben werden kann.

    Es gibt aber auch einige Dinge, die gut vorangehen. Wir haben in Brasilien im letzten Jahrseit langem den geringsten Stand der Entwaldung gehabt, wie Satellitenaufnahmen gezeigthaben. Wir haben ein riesiges Solarenergieprogramm in Saudi-Arabien. Die DominikanischeRepublik hat sich ein verbindliches Minderungsziel gesetzt. In Bangladesch, das zu denLndern gehrt, die vom Klimawandel am meisten betroffen sind, ist eine Vielzahl vonInitiativen gestartet worden. In Kalifornien ist das Cap-and-Trade-Programm in Kraftgetreten. Im aktuellen Fnfjahresplan in China sind konkrete Ziele fr mehr Klimaschutzvorhanden. Wenn der neue chinesische Ministerprsident Li Keqiang nach Deutschlandkommt, wird auch das Thema Klimaschutz auf unserer Agenda stehen. Das heit, es gibt vieleeinzelne Initiativen. Es muss jetzt gelingen, die Menge dieser Initiativen zu einemunabnderlichen Strom zusammenzufassen, sodass der Druck, 2015 wirklich ein Abkommenabzuschlieen, steigt und man nicht sagen kann: Wir haben ja noch ein bisschen Zeit bis2020. Wir drfen keine Zeit verlieren. (So macht man sich selber Mut! Von Muttilernen, heit siegen lernen! D. U.)

    Meine Damen und Herren, ich freue mich darber, dass Sie alle hierhergekommen sind. Ichdanke Ihnen, dass Sie bereit sind, im Namen Ihrer Lnder Ihren Beitrag zu leisten. Dies wirdsicherlich kein einfacher Weg. Aber ich erinnere immer wieder an den Stern-Report, (der

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    eigentlich inzwischen lngst zu Recht in Vergessenheit geriet! D. U.) in demausgefhrt wird: Wenn wir nichts tun, wird der Weg nicht einfacher, sondern mit Sicherheitnoch komplizierter. Das, was wir nach auen immer wieder deutlich machen mssen, ist:

    Nichts tun bedeutet nicht, dass nichts passiert, sondern nichts tun bedeutet, dass es unsinsgesamt viel teurer kommt. (Falsch: Htte man die Klimapolitik und die

    Energiewende nicht veranstaltet, wre die Energie billiger! D. U.)

    Man kann lange darber streiten, welche Klimaschwankungen in welchem Jahr Ausdruck deswirklichen Wandels sind. (Auch eine Diplomphysikerin sollte wissen, dass sichKlimaschwankungen nicht in einem Jahr vollziehen! Aber wie soeben gesehen: auch

    Frau Dr. Merkel ist noch lernfhig! D. U.) Dazu kann man sich viele Theorien anschauen.Ich glaube (das htte sie beim Evangelischen Kirchentag sagen sollen! Hier sollte

    sie WISSEN! D. U.) aber, die Gesamtevidenz (= Gesamt-Gewissheit D. U.) egal, obzwei Jahre frher oder zwei Jahre spter fllt beim Klimawandel so massiv aus, dass eswirklich verlorene Zeit ist, sich darber zu streiten, ob man schon jetzt etwas tun muss odervielleicht erst spter und ob man noch warten kann. Warten ist keine Option.

    Deshalb sage ich danke. Ich wnsche Ihnen gute Beratungen.

    Insgesamt eine beeindruckende Rede!So sehen Rckzugsgefechte aus! D. U.

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