Messung thermophysikalischer Parameter unterkühlter Kupfer...

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Messung thermophysikalischer Parameter unterkühlter Kupfer-Zirkonium-Schmelzen Dem Fachbereich 1 der Universität Bremen vorgelegte Dissertation zur Erlangung der Würde eines Doktors der Naturwissenschaften (Dr. rer. nat.). von Markus Krause aus Niedernhausen (Taunus) 1. Gutachter: Prof. Dr. P. Ryder 2. Gutachter: Prof. Dr. I. Egry – Bremen Februar 2002 –

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Messung thermophysikalischer

Parameter unterkühlter

Kupfer-Zirkonium-Schmelzen

Dem Fachbereich 1 der Universität Bremen vorgelegte Dissertation zur

Erlangung der Würde eines Doktors der Naturwissenschaften (Dr. rer. nat.).

von

Markus Krause

aus

Niedernhausen (Taunus)

1. Gutachter: Prof. Dr. P. Ryder

2. Gutachter: Prof. Dr. I. Egry

– Bremen Februar 2002 –

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Inhalt1 Einführung...........................................................................................................................5

2 Grundlagen ........................................................................................................................11

2.1 Spezifische Wärmekapazität einer Phase................................................................11

2.2 Phasenübergänge.....................................................................................................16

2.3 Der Glasübergang....................................................................................................20

2.4 Besonderheiten metallischer Gläser ........................................................................24

2.5 Spezifische Wärmekapazität metallischer Schmelzen ............................................25

2.6 Modelle zur spezifischen Wärmekapazität von Metallschmelzen ..........................27

3 Legierungssystem Kupfer-Zirkonium ...............................................................................31

3.1 Legierungseigenschaften.........................................................................................32

3.2 Reine Komponenten................................................................................................41

4 Aufbau des elektrostatischen Levitators ...........................................................................43

5 Meßverfahren zur Messung der spezifischen Wärmekapazität.........................................49

5.1 Modulationskalorimetrie .........................................................................................50

5.1.1 Meßprinzip ...............................................................................................50

5.1.2 Einsatz im elektrostatischen Levitator .....................................................54

5.2 Heizungsfreie-Meßverfahren ..................................................................................57

5.2.1 Abkühl-Meßverfahren ..............................................................................57

5.2.2 Voraussetzungen der heizungsfreien Meßverfahren ................................59

5.2.3 Haltezeit-Meßverfahren............................................................................61

5.3 DSC-Meßverfahren .................................................................................................66

5.4 Vergleich der Meßverfahren ...................................................................................67

5.5 Exkurs: Bestimmung der Emissivität aus dem ...........................................................

spezifischen elektrischen Widerstand .....................................................................68

5.5.1 Grundlagen ...............................................................................................69

5.5.2 Übertragbarkeit auf amorphe Stoffe.........................................................73

5.5.3 Berechnete Emissivitäten der untersuchten Cu-Zr-Legierungen .............75

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6 Experimente ......................................................................................................................79

6.1 Probenherstellung....................................................................................................79

6.2 Versuchsdurchführung ............................................................................................81

6.3 Datenerfassung und Datenbearbeitung....................................................................82

6.3.1 Rohdatenerfassung ...................................................................................83

6.3.2 Rohdatenaufbereitung ..............................................................................85

6.3.3 Auswertung der Rohdaten ........................................................................91

6.4 DSC-Messung .........................................................................................................92

6.4.1 Messung....................................................................................................93

6.4.2 Kalibrierung..............................................................................................94

6.5 Vakuumofen-Messung ............................................................................................94

7 Ergebnisse .........................................................................................................................97

7.1 Abdampfrate............................................................................................................97

7.2 Dichte ......................................................................................................................98

7.3 Unterkühlung der Proben ......................................................................................101

7.4 Spezifische Wärmekapazität .................................................................................102

7.5 Schmelzenthalpie ..................................................................................................107

8 Diskussion .......................................................................................................................109

8.1 Schmelzenthalpie ..................................................................................................109

8.2 Spezifische Wärmekapazität .................................................................................110

8.3 Legierungs- und Temperaturabhängigkeit der ............................................................

spezifischen Wärmekapazität................................................................................114

8.4 Glastemperatur ......................................................................................................118

8.5 Zusammenfassung.................................................................................................122

9 Zusammenfassung und Ausblick ....................................................................................123

10 Anhang .........................................................................................................................131

10.1 Andere Stoffe ......................................................................................................131

10.2 Elektrostatische Levitation..................................................................................138

10.2.1 Ladung kalter Proben ...........................................................................139

10.2.2 Ladung heißer Proben ..........................................................................147

11 Literatur .........................................................................................................................151

12 Danksagung...................................................................................................................161

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1 EinführungDie thermophysikalischen Parameter der Schmelze beeinflussen den Phasenübergang

zwischen der festen und der flüssigen Phase. Die feste Phase kann als geordnete, kristalline

oder als ungeordnete Glas-Phase auftreten. Erstarrt eine Schmelze in der ungeordneten Phase

so wird der amorph erstarrte Festkörper als Glas bezeichnet. Die metallischen Gläser besitzen

Eigenschaften, die sie für weitere Untersuchungen auf wissenschaftlichem und technischem

Gebiet interessant machen. Die Herstellung metallischer Gläser geschieht häufig durch eine

Schnellabschreckung aus der Schmelze. Hierzu sind Kühlraten von 102 bis 1010 K s-1 notwen-

dig [1]. Während dieser Schnellabschreckung unterkühlen die Metallschmelzen. Von einer

unterkühlten Schmelze wird gesprochen, wenn die Temperatur der Schmelze geringer als die

Schmelztemperatur dieses Stoffes ist. Die unterkühlte Schmelze stellt einen metastabilen

Zustand dar, dessen Lebensdauer und maximal erreichbare Unterkühlung von den thermo-

physikalischen und kinetischen Parametern der Erstarrungsvorgänge abhängig ist [2]. Die

Untersuchung der unterkühlten Schmelze verspricht daher bei metallischen Legierungen mit

guten Glasbildungseigenschaften besonders erfolgreich zu sein. Gelingt es den metastabilen

Zustand der Schmelze zu konservieren, so erstarrt der Stoff in einer amorphen Struktur, die

der der Schmelze sehr ähnlich ist [3, S. 3].

Die Temperatur, bei der dieser Übergang stattfindet, wird als Glastemperatur bezeichnet. Die

experimentell beobachteten Glastemperaturen sind von der Vorgeschichte, insbesondere von

der Temperaturdynamik abhängig. Als untere Grenze der experimentellen Glastemperaturen

wird die ideale Glastemperatur angenommen. Sie ist durch das Verschwinden der Entropie-

differenz zwischen der kristallinen und der flüssigen Phase definiert [4]. Die spezifische

Wärmekapazität, der Volumenausdehnungskoeffizient oder die Viskosität dienen zur Charak-

terisierung des Glasübergangs. Bei der Glastemperatur ist die Viskosität größer als 1012 bis

1013 Pa s [5]; die beiden anderen Parameter ändern dort ihre Temperaturabhängigkeit

sprunghaft [3, S. 11, 6, 7, S. 244].

Die direkte Messung der Glastemperatur bei der Bildung eines metallischen Glases aus der

Schmelze ist nur ausnahmsweise möglich. Während der Erwärmung der glasartig erstarrten

Stoffe kann die Glastemperatur aus dem temperaturabhängigen Verlauf der oben genannten

thermophysikalischen Parameter bestimmt werden, sofern es vorher nicht zur Kristallisation

des Glases kommt. Aus verschiedenen Meßgrößen, die bei der Kristallisation ihren Wert

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ändern, kann die Kristallisationstemperatur, bei der die metastabile amorphe Phase in die

stabile kristalline Phase übergeht, bestimmt werden [8, S. 26].

In dieser Arbeit wird die Betrachtung der thermophysikalischen Parameter auf die spezifische

Wärmekapazität bei konstantem Druck fokussiert. Neben ihrer praktischen Bedeutung bei der

Herstellung metallischer Gläser dient ihre sprunghafte Änderung beim Glasübergang zu

dessen Charakterisierung. Das temperaturabhängige Verhalten und der absolute Wert der

spezifischen Wärmekapazität sind in der Glas- und der kristallinen Phase vergleichbar. Nur

bei sehr tiefen Temperaturen kommt es zu größeren Abweichungen [9]. Im Bereich zwischen

der Glas- und der Schmelztemperatur ist die spezifische Wärmekapazität der unterkühlten

Schmelze größer als die der kristallinen Phase. Das temperaturabhängige Verhalten der

Schmelze ist in diesem Bereich zur Zeit noch nicht vollständig geklärt.

Ein weiterer Gesichtspunkt bei der Untersuchung der spezifischen Wärmekapazität ist ihr

Zusammenhang mit der Struktur des Stoffes. Dieser ermöglicht die Bestimmung der spezifi-

schen Wärmekapazität bei konstantem Volumen bzw. bei konstantem Druck für die kristalline

Phase nach den Überlegungen von Einstein und Debye bzw. durch die Regeln von Grüneisen

und von Dulong und Petit [10, S. 290ff]. Eine solche theoretische Bestimmung der spezi-

fischen Wärmekapazität ist für Gase ebenfalls möglich [11, S. 228ff]. Für die flüssige Phase

existiert keine solche allgemeingültige Theorie zur spezifischen Wärmekapazität [12].

Die spezifische Wärmekapazität der unterkühlten Schmelze war schon vor der Entdeckung

der metallischen Gläser 1959 [13] aufgrund ihrer Bedeutung bei der Keimbildung und dem

Kristallwachstum [14] von Interesse. Da sie der Messung aufgrund des metastabilen

Zustandes der Schmelze nur schwer zugänglich ist,. wurde ihr temperaturabhängiges

Verhalten immer wieder abgeschätzt [15, S. 299].

Durch die Wahl eines einfachen, binären Legierungssystems ist es möglich, den Einfluß der

Temperatur und der Legierungszusammensetzung auf die spezifische Wärmekapazität der

unterkühlten Schmelze zu untersuchen. Die Eigenschaften des für diese Untersuchung ausge-

wählten Legierungssystems Kupfer-Zirkonium lassen eine weitgehende Trennung dieser

beiden Einflußgrößen zu. Dies wird durch das mehrfache Auftreten von Eutektika und inter-

metallischen Verbindungen mit fast identischer Schmelztemperatur und Zusammensetzung

ermöglicht.

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Damit die Schmelze zur Messung unterkühlt werden kann, muß die Keimbildung der kristal-

linen Phase unterdrückt werden. Zur Unterdrückung der bevorzugt einsetzenden heterogenen

Keimbildung, die u.a. durch Behälterwände ausgelöst wird, werden verschiedene tiegelfreie

und quasitiegelfreie Verfahren benutzt. Die in der Vergangenheit entwickelten Verfahren sind

entweder nur auf spezielle Legierungen anwendbar, wie die Glasschlackentechnik, oder

lassen nur eine beschränkt temperaturabhängige Messung zu, da die Proben zeitweise nicht

der Messung zugänglich sind, wie dies bei Fallturm-, Fallrohr- und Drop-Kalorimetrie-

Experimenten zutrifft [15, S. 274ff].

Die weitverbreitete Technik der elektromagnetischen Levitation erlaubt eine kontinuierliche

Beobachtung der Proben und damit eine Untersuchung des temperaturabhängigen Verhaltens.

Für ihren Einsatz bei der Untersuchung von glasbildenden Legierungen ist deren meist gerin-

ge Schmelztemperatur von etwa 1000 K problematisch. Aufgrund der Kopplung der Levita-

tionskraft an die Heizleistung erwärmt die zur Erzeugung der elektromagnetischen

Levitationskraft benötigte Leistung die Proben zu stark und macht eine zusätzliche Kühlung

der Proben notwendig. Dies wird in der Regel durch einen Gasstrom realisiert, der wiederum

die Keimbildung und die Messung beeinflußt.

Eine elektrostatische Levitations- und Heizanlage umgeht diese Probleme, da sie eine voll-

ständige Trennung der Levitations- und Positionierkräfte von der Heizleistung ermöglicht.

Bei der elektrostatischen Levitation wird eine geladene Probe durch elektrische Felder aktiv

in vertikaler und horizontaler Richtung positioniert. Die Beheizung, Kühlung und Tempera-

turmessung der Probe erfolgt berührungslos durch Strahlungsheizung bzw. radiative Abstrahl-

ung und pyrometrische Temperaturmessung.

Auf ihre Anwendbarkeit in der elektrostatischen Levitationsanlage wurden verschiedene

Meßverfahren zur spezifischen Wärmekapazität, die Modulationskalorimetrie, das Abkühl-

und das Haltezeit-Meßverfahren untersucht. Bei der Modulationskalorimetrie wird ein

definierter Teil der Heizenergie moduliert, während die anderen Meßverfahren darauf

beruhen, daß die Energieverluste der im Vakuum levitierenden Probe allein durch thermische

Abstrahlung erfolgen. Allen Verfahren ist bei der vorgesehenen berührungslosen Messung

gemeinsam, daß die totale hemisphärische Emissivität des Stoffs bei der Messung

berücksichtigt werden muß. Diese Größe ist zunächst unbekannt und kann durch

Vergleichsmessungen der spezifischen Wärmekapazität der flüssigen Phase mittels der

differentiellen Rasterkalorimetrie (vergleiche Kapitel 5 und 6 ). Durch die gleichzeitige

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Temperaturmessung an einer geschmolzenen Probe mit einem Pyrometer und einem

Thermoelement (vergleiche Kapitel 6 ) ist die Bestimmung der Emissivität bei der

Schwerpunktswellenläge des Pyrometers möglich. Diese Verfahren erlauben allerdings nur

eine eingeschränkte Bestimmung im unterkühlten Bereich, da die Probe nicht berührungslos

untersucht werden kann. Für den unterkühlten Bereich kann die Bestimmung der Emissivität

aus dem spezifischen elektrischen Widerstand der Schmelze erfolgen. Beim Einsatz der

Modulationskalorimetrie am elektrostatischen Levitator kommt erschwerend hinzu, daß

zusätzlich die spektrale Absorption des Heizlichtes zu beachten ist.

Der bisher beschriebene Themenkomplex wird in den Kapiteln 2 bis 5 in dem für das Ver-

ständnis der durchgeführten systematischen Untersuchung der spezifischen Wärmekapazität

(bei konstantem Druck) von Kufer-Zirkonium-Legierungen und deren Interpretation notwen-

digen Umfang bearbeitet. In Kapitel 2 wird die Thermodynamik von Phasenübergängen und

die spezifische Wärmekapazität betrachtet. Das Legierungssystem Kupfer-Zirkonium wird in

Kapitel 3 ausführlich behandelt. Der Aufbau der elektrostatischen Levitations- und Heizan-

lage wird in Kapitel 4 und das Prinzip der elektrostatischen Levitation sowie Details zur

Probenladung werden im Anhang 10.2 besprochen. Die verschiedenen Meßverfahren zur

Messung der spezifischen Wärmekapazität werden in Kapitel 5 ausführlich vorgestellt und

auf ihre Anwendbarkeit in der Versuchsapparatur untersucht. Der für die Auswertung der

Meßdaten benötigte Zusam-menhang zwischen dem spezifischen elektrischen Widerstand und

Emissivität, wird im Abschnitt 5.5 behandelt.

Experimentelle Details zur Versuchsdurchführung, den eingesetzten Meßverfahren sowie die

Erfassung und Auswertung der gewonnen Daten werden in Kapitel 6 beschrieben. Zu Beginn

des Kapitels 7 erfolgt die Vorstellung der Meßergebnisse, die zur Vorbereitung und zur Inter-

pretation der Messung der spezifischen Wärmekapazität benötigt werden. Es wurden die Ab-

dampfrate, die Dichte, die Unterkühlung unterschiedlich großer Proben der selben Zusam-

mensetzung sowie die Schmelzenthalpie untersucht. Anschließend werden die Meßergebnisse

zur spezifischen Wärmekapazität für die 7 untersuchten eutektischen und intermetallischen

Kupfer-Zirkonium-Legierungen vorgestellt.

Die Diskussion der Meßergebnisse in Kapitel 8 beginnt mit ihrer Verifikation anhand von

Literaturangaben und theoretischen Ansätzen zur Beschreibung der spezifischen Wärmekapa-

zität sowie durch den Vergleich der beiden eingesetzten Meßverfahren untereinander, da diese

voneinander unabhängig sind. Anschließend erfolgt die Untersuchung der Abhängigkeit der

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spezifischen Wärmekapazität von der Zusammensetzung und der Temperatur. Abschließend

wird die Entwicklung der spezifischen Wärmekapazität bei tieferen als bei den durchge-

führten Messungen zugänglichen Temperaturen anhand der idealen Glastemperatur diskutiert.

In Kapitel 9 erfolgt die Zusammenfassung des erarbeiteten Stoffes. Im in der Zusam-

menfassung enthaltenen Ausblick wird der für die untersuchten Kupfer-Zirkonium-

Legierungen gefundene Zusammenhang zwischen der Temperaturabhängigkeit der spezifi-

schen Wärmekapazität und der Glastemperatur auf weitere Stoffe, für die entsprechende

Angaben in der Literatur verfügbar sind, diskutiert.

Weitere Ergebnisse, die nicht Bestandteil der systematische Untersuchung des Legierungs-

systems Kupfer-Zirkonium sind, werden im Anhang (Kapitel 10) vorgestellt. Im Abschnitt

10.1 werden Messungen an komplexen, mehrkomponentigen glasbildenden Legierungen, die

auch im TEMPUS-Projekt [16], einer elektromagnetischen Positioniereinrichtung im Welt-

raum, untersucht wurden, vorgestellt. Angaben zu den Mechanismen bei der Probenladung

und –entladung sowie die resultierenden Kräfte auf die Probe werden im Abschnitt 10.2

gemacht.

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2 GrundlagenDieses Kapitel dient zum Verständnis der unterkühlten metallischen Schmelzen und der Vor-

gänge bei ihrer Erstarrung. Hierzu werden im Abschnitt 2.1 die allgemeinen Zusammenhän-

ge zwischen der spezifischen Wärmekapazität und den thermodynamischen Potentialen bzw.

der Stoffstruktur betrachtet. Der Abschnitt 2.2 beschäftigt sich anschließend mit den Vorgän-

gen, die bei der kristallinen Erstarrung auftreten und dem Einfluß der Unterkühlung der

Schmelze. In Abschnitt 2.3 wird die amorphe Erstarrung, die als Glasübergang bezeichnet

wird, mit ihren Besonderheiten vorgestellt. Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, daß ein

Glasübergang auch in festen Stoffen auftreten kann. Zur Einordnung des Gesagten erfolgt in

Abschnitt 2.4 ein Überblick über die Glasbildung in Metallen sowie in Abschnitt 2.5 über

die spezifische Wärmekapazität von Schmelzen. Abschließend erfolgt in Abschnitt 2.6 eine

Zusammenstellung verschiedener Modelle zur spezifischen Wärmekapazität der Schmelzen.

Bei den thermodynamischen Betrachtungen werden kleine Buchstaben für extensive und

große Buchstaben für intensive Größen benutzt. Extensive Größen werden in dieser Arbeit in

der Regel auf die Menge des Mols bezogen und so in eine intensive Größe umgewandelt.

Wenn nichts anderes angegeben ist, wird von konstantem Druck ausgegangen. Als gewichte-

tes Mittel wird die Berechnung einer Legierungseigenschaft durch das Produkt von Molen-

bruch und Stoffeigenschaften der reinen Komponente und anschließender Summation über

alle Komponenten bezeichnet. Dieses Vorgehen ist auch als Regel von Neumann und Kopp

bekannt.

2.1 Spezifische Wärmekapazität einer PhaseDie thermodynamische Beschreibung einer Phase ist durch eines der vier thermodynamischen

Potentiale möglich. Sie erfolgt hier durch die beiden Potentiale freie Enthalpie und Enthalpie,

da diese für die Versuchsbedingungen bei konstantem Druck (P) besonders geeignet sind.

Zunächst erfolgt die Beschreibung für die freie Enthalpie (auch Gibb´sche Enthalpie, G(T,P)).

Sie ist durch:

STHG −= ( 2.1 )

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definiert. Dabei stehen H für die Enthalpie, S für die Entropie und T für die Temperatur. Aus

der ersten und zweiten Ableitung der freien Enthalpie nach der Temperatur wird die Entropie

(Gleichung 2.2) und der Quotient aus der spezifischen Wärmekapazität (CP) und der Tem-

peratur (Gleichung 2.3) gewonnen.

ST

G

P

−=

∂∂

( 2.2 ).

T

C

T

G P

P

−=

2

2

∂∂

( 2.3 ).

Die partielle Ableitung der freien Enthalpie nach der Temperatur und dem Druck bzw. dem

Volumen liefert den Volumenausdehnungskoeffizienten (α) bzw. die Kompressibilität (κ).

Abbildung 2.1: Nach [17] berechnete freie Enthalpie als Funktion der Temperatur für die feste und die flüssige

Phase von Kupfer. Die durchgezogenen Kurvenanteile geben den stabilen Bereich der jeweiligen Phase wieder.

Die freie Enthalpie eines flüssigen reinen Stoffes kann aus der spezifischen Wärmekapazität

und den Phasenumwandlungsenthalpien (Hm) bzw. –entropien (Sm) berechnet werden:

G T C d TC

d H C d T S TC

dPs

T

PsT

m Pl

T

T

mPl

T

Tm m

m m

( ) = − + + − −∫ ∫ ∫ ∫ττ

τ ττ

τ0 0

( 2.4 ).

Tm=1358.02 K

flüssig

fest

-104

-105

500 1000 1500 2000

Temperatur [K]

frei

e E

ntha

lpie

[J

mol

-1]

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Die Indizes s und l stehen für den festen und den flüssigen Aggregatzustand; m steht für den

Übergang von der festen zur flüssige Phase bzw. umgekehrt bei der Schmelztemperatur (Tm).

Bei dieser Betrachtung werden Oberflächeneffekte, Verunreinigungen, Baufehler, Festkörper-

phasenumwandlungen etc. vernachlässigt. In Abbildung 2.1 erfolgt exemplarisch die Be-

stimmung der freien Enthalpie für die feste und die flüssige Phase von Kupfer aus den Daten

von Dinsdale [17]. Die stabile Phase ist dabei die Phase mit der geringsten freien Enthalpie.

Im Falle von Legierungen muß noch die freie Mischungsenthalpie hinzugefügt werden. Diese

setzt sich aus der Mischungsenthalpie der idealen Mischung und der Exzeßenthalpie zu-

sammen. Für die Komponente 1 wird dies exemplarisch dargestellt:

Ideale Mischung: 1011 lnXTRGG id =− ( 2.5 ),

Reale Mischung: 111011 lnlnln γTRXTRaTRGG re +==− ( 2.6 ),

freie Überschuß-Enthalpie: 1111 lnγTRGGG idreex =−= ( 2.7 ).

X bezeichnet den Molenbruch, γ den Aktivitätskoeffizienten und R die Gaskonstante. Für eine

binäre Mischung der Stoffe 1 und 2 stellt sich die Überschuß-Enthalpie dann folgendermaßen

dar:

G R T X Xex1 2 1 1 2 2, ( ln ln )= +γ γ ( 2.8 ).

Die Beschreibung einer Phase durch die Enthalpie bei der Temperatur T liefert den Ausdruck:

∫∫ ++=T

T

lPm

TsP

m

m

dCHdCH ττττ )()(0

( 2.9 ).

Aus der Ableitung nach der Temperatur ergibt sich dann den Ausdruck:

P

P

CTH

=

∂∂

( 2.10 ).

Für ideale Mischungen tritt keine Mischungsenthalpie auf, sodaß die gemessene Mischungs-

enthalpie und die Überschuß-Enthalpie identisch sind.

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In beiden Fällen kann das thermodynamische Potential der Phase durch die spezifische

Wärmekapazität ausgedrückt werden. Die quantitative Darstellung ist durch die Bestimmung

der spezifischen Wärmekapazität, die durch die Messung der Temperatur und des Wärme-

stroms erfolgen kann, möglich.

Die Bestimmung der spezifischen Wärmekapazität ist auch aus den Atombewegungen

möglich [11, 12, 18, 19]. Die Bewegung der Atome stellt gespeicherte Energie dar. Die

voneinander unabhängigen Speichermöglichkeiten werden als Freiheitsgrade bezeichnet. Die

Freiheitsgrade können sowohl potentielle als auch kinetische Energie deponieren, und es

können auch zahlreiche Freiheitsgrade eingefroren sein, d.h. die thermische Energie reicht

nicht aus, um die entsprechenden Bewegungen anzuregen. Frei bewegliche Atome oder

Atomgruppen besitzen je drei Freiheitsgrade der Translation und Rotation. In Atomgruppen

und Festkörpern ersetzen Normalschwingungs-Freiheitsgrade die Translations- und

Rotations-freiheitsgrade. Aus der Anzahl der Freiheitsgrade (f) läßt sich die mittlere

spezifische Wärme-kapazität bei konstantem Volumen berechnen. Sie beträgt aufgrund des

Äquipartionsprinzipes für ein Atom:

kf

C AtomV 2

= ( 2.11 ).

k steht für die Boltzmann–Konstante. Für die Stoffmenge eines Mols folgt:

Rf

CV 2= ( 2.12 ).

Für ideale einatomige Gase existieren die drei Freiheitsgrade der Translation. Die spezifische

Wärmekapazität bei konstantem Volumen beträgt dann 3/2 R oder 12,6 J mol-1 K-1. Die drei

Freiheitsgrade der Rotation sind bei diesen Gasen eingefroren. In Gasen, die aus Molekülen

bestehen, können Rotations-Freiheitsgrade und Normalschwingungs-Freiheitsgrade angeregt

werden.

Im Festkörper sind wegen des festen Einbaus der Atome keine Translationen und Rotationen

der einzelnen Atome möglich. Hier wird die Energie in 3 Normalschwingungen pro Atom

deponiert. Sie ist zu gleichen Teilen auf die kinetische und die potentielle Energie verteilt.

Daher werden Normalschwingungs-Freiheitsgrade bei der Berechnung nach Gleichung 2.11

und 2.12 doppelt gezählt. Diese Freiheitsgrade tauen erst bei der Debye-Temperatur auf. Die

Debye-Temperatur steigt mit zunehmenden Bindungskräften oder mit abnehmenden schwin-

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genden Massen. Der Beitrag der Elektronen zur spezifischen Wärmekapazität ist bei der

Debye-Temperatur normalerweise vernachlässigbar [10, S. 290ff]. Daraus folgt die Regel von

Dulong und Petit, nach der die spezifische Wärmekapazität bei konstantem Volumen über der

Debye-Temperatur im Festkörper 3 R oder 24,9 J mol-1 K-1 beträgt.

Eine weitere Möglichkeit zur Berechnung der spezifischen Wärmekapazität bei konstantem

Volumen ist durch die Zustandssumme, einem Konzept der statistischen Thermodynamik,

gegeben. Die Zustandssumme (Z(V,T,N)) ist die Summe der Produkte der Wahrscheinlichkeit

(gi) mit der ein Zustand des Energieniveaus (Ei) besetzt ist, und sie wird durch:

∑=i

Tk

E

i

i

egZ ( 2.13 )

definiert. Die Summation erfolgt über verschiedene Energieniveaus, da in gi alle gleichen

Energiezustände zusammengefaßt werden. Ihre Bestimmung ist für die angesprochenen

Atombewegungen in [z.B. 11, S. 234] angegeben. Für die spezifische Wärmekapazität ergibt

sich der Ausdruck:

=

T

ZTk

TCV ∂

∂∂∂ ln2 ( 2.14 ).

Die beiden soeben dargestellten Ansätze ermöglichen die Bestimmung der spezifischen

Wärmekapazität bei konstantem Volumen (CV). Nachfolgend wird aus diesem Wert die

Berechnung der spezifischen Wärmekapazität bei konstantem Druck (CP) durchgeführt. Dies

geschieht durch die Berücksichtigung der Volumenarbeit der festen und gasförmigen Stoffe.

Für ein ideales Gas gilt nach dem zweiten Gesetz von Gay und Lussac:

RCC VP += ( 2.15 ).

Für feste Stoffe gilt [z.B. 20]:

( )TCC VP αγ+= 1 ( 2.16 )

mit dem Grüneisenparameter:V

mol

C

V

κα

γ = ( 2.17 ).

Vmol steht für das molare Volumen, α und κ für den Volumenausdehnungskoeffizienten und

die Kompressibilität. Zur Berechnung kann die Grüneisenregel zur Hilfe genommen werden,

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nach der ein Stoff bis zum Schmelzen eine Volumenzunahme um etwa 6 bis 7 % erfährt. Die

Temperaturabhängigkeit der Kompressibilität ist für feste Stoffe vernachlässigbar.

Für die flüssige Phase steht derzeit kein allgemeines Berechnungsverfahren zur Verfügung.

Unterschiedliche Erklärungsansätze für die spezifische Wärmekapazität der flüssigen Phase

werden in Abschnitt 2.6 vorgestellt

2.2 PhasenübergängeZur thermodynamischen Beschreibung des Phasenüberganges fest-flüssig genügt die Betrach-

tung der Differenz der freien Enthalpie zwischen den beteiligten Phasen. Diese Potential-

differenz beeinflußt die Wachstumsgeschwindigkeit einer Phase und wird auch als treibende

Kraft bezeichnet. Sie wird definiert durch:

STHGGG sl ∆−∆=−=∆ ( 2.18 ).

Im Weiteren steht ∆ für die Differenz einer Größe zwischen der flüssigen und der festen

Phase. Aus Gleichung 2.4 und 2.18 und den spezifischen Wärmekapazitäten der jeweiligen

Phase läßt sich die temperaturabhängige treibende Kraft zur Kristallisation durch:

∫∫∆

−−∆+=∆T

T

Pm

T

T

Pm

mm

dC

TSTdCHTG ττ

τ)( ( 2.19 )

ausdrücken mit

sP

lPP CCC −=∆ ( 2.20 ).

∆CP steht für die Differenz der spezifischen Wärmekapazität zwischen der festen und der

flüssigen Phase. Zur Vereinfachung wird ausnahmsweise im weiteren Text der Formelaus-

druck: ∆CP anstelle dieser zeilenlangen Definition des Ausdruckes benutzt. Die treibende

Kraft verschwindet, wie aus Abbildung 2.1 abgelesen werden kann, bei der Schmelz-

temperatur.

Allgemein setzt die Kristallisation nicht sofort beim Auftreten einer treibenden Kraft ein. Zur

Überwindung der Grenzflächenenergie der neuen Phase muß sich zuvor ein Kristallisations-

keim [21-24] bilden. Die Wahrscheinlichkeit hierfür hängt auch von der treibenden Kraft als

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17

Funktion der Unterkühlung der Schmelze ab. Zur exakten Berechnung der treibenden Kraft

muß ∆CP als Funktion der Temperatur bekannt sein. Da dies in der Regel nicht der Fall ist,

wird die treibende Kraft üblicherweise abgeschätzt. Einige Ansätze zur Abschätzung der

treibenden Kraft werden im folgenden dargestellt.

Die Näherung von Turnbull [25] beruht auf der Annahme, daß ∆CP =0 ist und für die

Gleichung 2.19 folgt dann:

m

m

T

THG

∆=∆ ( 2.21 ).

Dabei drückt ∆T die Unterkühlung der Schmelze aus. Sie ist durch ∆T=Tm-T definiert. Die

Näherung von Chadwick und Jones [26] beruht ebenfalls auf der Gleichung 2.19 und auf der

zusätzlichen Annahme eines konstantem ∆CP. Damit folgt für die treibende Kraft die

Näherung:

−∆∆−∆

=∆T

TTTC

T

THG m

Pm

m ln ( 2.22 ).

Thompson und Spaepen [27] benutzen diesen Ansatz und nähern den logarithmischen Anteil

durch:

TT

T

T

T

m

m

+∆

2ln ( 2.23 )

an und benutzen zur Abschätzung des Entropie-Integrals die ideale Glastemperatur (näheres

hierzu im Abschnitt 2.4) und kommen so zu der Abschätzung:

m

mP T

HC ≈∆ ( 2.24 ).

Damit nimmt die Gleichung 2.22 die Form:

TTT

T

THG

mm

m

+∆

=∆2

( 2.25 )

an. Die Näherung von Dubey und Ramachandrarao [28, 29] beruht auf dem Modell des freien

Volumens, auf das in Abschnitt 2.5 ausführlicher eingegangen wird. Sie schätzen dabei die

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18

freien Parameter des Modells anhand von Daten glasbildender Schmelzen ab und beschreiben

die treibende Kraft durch den Ausdruck:

∆−

∆∆−

∆=∆

TT

T

TTC

T

THG mP

m

m

61

2

)( 2

( 2.26 ).

Durch diese und weitere wiederholte Näherungsversuche zur treibenden Kraft [30-32] wird

das Interesse an einer allgemeinen Theorie zur spezifischen Wärmekapazität unterkühlter

Schmelzen und deren Notwendigkeit deutlich.

Die Bildung eines stabilen Keims der neuen Phase und deren Wachstum ist hier von

prinzipiellem Interesse und wird daher exemplarisch für den Fall der homogenen

Keimbildung ausführlicher beschrieben. Weitere Keimbildungsprozesse werden daran

anschließend qualitativ besprochen. Zu diesem Thema ist umfangreiche Literatur [21-23, 33]

erschienen.

Von homogener Keimbildung wird gesprochen, wenn die Keimbildung im Volumen des

Stoffes stattfindet, d.h. keine Verunreinigungen und Grenzflächen die Keimbildung auslösen.

Die freie Enthalpie eines Keims wird dabei durch:

σππ 23 434

rGrGKeim +∆= ( 2.27 )

ausgedrückt. Der erste Term beruht auf der Differenz der freien Enthalpien zwischen den

beiden Phasen. ∆G bezieht sich in diesem Fall auf das Volumen. Der zweite Term erfaßt den

Einfluß der Oberflächenspannung (σ) auf die Keimbildung. Durch die Bildung der Ableitung

nach dem Radius läßt sich der kritische Radius, bei dem der Keim unter dem Freisetzen von

Energie wächst, bestimmen. Durch Einsetzen des Ergebnisses in Gleichung 2.27 läßt sich

dann die kritische Keimbildungsenthalpie G* zu:

2

3*

316

GG

∆=

σπ ( 2.28 )

berechnen. Wie aus Gleichung 2.19 hervorgeht, ist die treibende Kraft ∆G von der Unterkühl-

ung der Schmelze und ∆CP abhängig. Die Keimbildungsrate (I) hängt von der Aktivierungs-

energie für die Bewegung der Atome innerhalb der Schmelze und der kritischen Keimbild-

ungsenthalpie ab. Die Aktivierungsenergie der Atombewegung läßt sich nach Turnbull und

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19

Fisher [34] mit der Stokes-Einstein-Beziehung beschreiben. Die Keimbildungsrate ist dann

durch:

Tk

G

ea

TknI

*

30

0

6

=ηπ

( 2.29 )

gegeben. Mit a0 wird der Atomradius bezeichnet. Die Bildung eines Keims ist ein statistisches

Ereignis. Sie wird durch die Grenzflächenspannung, die treibende Kraft, die Viskosität (η)

und die Anzahl der bei der Keimbildung beteiligten Atome (n0) beeinflußt. Bei der

homogenen Keimbildung tragen alle Atome der Schmelze zur Keimbildungs-Statistik bei. Die

Keimbildung kann durch weitere Effekte, die auf diese Parameter wirken, beeinflußt werden.

Das Wachstum der festen Phase aus der Schmelze wird ebenfalls durch die treibende Kraft

und die Aktivierungsenergie zur Atombewegung in der Schmelze beeinflußt. Das Kristall-

wachstum (u) läßt sich nach Turnbull [35] durch:

−=

∆−

Tk

G

eTk

u 13 2ηδπ

( 2.30 )

beschreiben. Mit δ wird der Netzebenenabstand der Atomlagen in Wachstumsrichtung

bezeichnet.

Bei heterogener Keimbildung bildet sich der Keim nicht frei im Volumen, sondern an Grenz-

flächen wie z.B. an Tiegelwänden oder an Verunreinigungen. An diesen Orten ist die Keim-

bildungsenergie herabgesetzt, da die zur Keimbildung notwendige Grenzflächenenergie zum

Teil schon aufgebracht wurde. Bei der heterogenen Keimbildung können nur Atome in der

Umgebung der Grenzfläche zur Keimbildung beitragen. Diese Anzahl ist in der Regel be-

deutend geringer als bei der homogenen Keimbildung. Trotz der deutlich geringeren Anzahl

der Atome, die zur heterogenen Keimbildung beitragen, wird diese allgemein bei der Er-

starrung von Metallschmelzen beobachtet. Die Herabsetzung der Keimbildungsenergie durch

Grenzflächen bei der heterogenen Keimbildung bestimmt demnach die Phasenumwandlung.

Um möglichst große Unterkühlungen zu erreichen, ist daher die Vermeidung der heterogenen

Keimbildung notwendig. Der unvermeidbare Einfluß der homogenen Keimbildung kann

durch geringere Probengrößen und durch Nutzung der transienten Keimbildung minimiert

werden.

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20

Bei der transienten Keimbildung [36, 37] befindet sich die Keimbildungsrate nicht im sta-

tionären Zustand und erreicht daher zeitlich verzögert ihren Gleichgewichtswert. Durch

schnelles Abkühlen kann daher kurzzeitig die Keimbildungs-Wahrscheinlichkeit weiter

verringert werden.

Abbildung 2.2: Schematische Darstellung der Keimbildungsrate (I) und der Wachstumsgeschwindigkeit (u) als

Funktion der Unterkühlung, nach [3].

Wie aus Abbildung 2.2 hervorgeht, sind die optimalen Unterkühlungen für das Wachstum und

die Keimbildung nicht notwendig identisch. Das Wachstum erreicht im dargestellten Fall sein

Optimum bei geringeren Unterkühlungen und verschwindet bei den für die Keimbildung

optimalen Unterkühlungen weitgehend. Ab einer bestimmten Unterkühlung werden die

Wachstumsgeschwindigkeit und die Keimbildungsrate sehr gering. Als Ursache hierfür kann

die Temperaturabhängigkeit der Keimbildungsenthalpie bzw. die hohe Viskosität der stark

unterkühlten Schmelzen angesehen werden. Durch Schnellabschrecken ist es möglich beide

für die Kristallisation wichtigen Effekte zu umgehen und so metastabile Phasen herzustellen.

2.3 Der GlasübergangDer im vorangehenden Abschnitt beschriebene Phasenübergang fest-flüssig ist ein typischer

Phasenübergang erster Ordnung. Er zeichnet sich durch die sprunghafte Änderung der

Enthalpie und Entropie des Systems, wie in Abbildung 2.3 gezeigt, aus. Es treten dabei

I

u

Unterkühlung (∆T )

K

eim

bild

ungs

rate

(I)

bzw

.W

achs

tum

sges

chw

indi

gkei

t (u)

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21

spezifische Umwandlungsenthalpien und -entropien auf. Beide Phasen können gemeinsam

stabil vorliegen.

Phasenübergänge zweiter Ordnung unterscheiden sich u.a. dadurch, daß die Enthalpie und En-

tropie bei der Umwandlungstemperatur gleich sind, d.h. es treten keine speziellen Umwand-

lungsenthalpien und –entropien auf. Die von der Entropie und Enthalpie abgeleiteten Größen,

insbesondere die spezifische Wärmekapazität, ändern bei der Umwandlungstemperatur

sprunghaft ihren Wert. Die vorgestellte Einteilung der Phasenübergänge nach der n-ten

Ableit-ung des Potentials, welches beim Phasenübergang unstetig wird, erfolgt nach Ehrenfest

[38, S. 780]. Der Glasübergang kann in dieses Schema der Phasenübergänge nicht eindeutig

eingeordnet werden.

Abbildung 2.3: Nach [17] berechnete Entropie als Funktion der Temperatur für die feste und die flüssige Phase

von Kupfer. Die stabile Phase wird durch die durchgezogene Kurventeile hervorgehoben.

Als Glasübergang wird die Umwandlung zwischen der festen amorphen und der flüssigen

amorphen Phase bzw. der festen kristallinen Phase bezeichnet. Die zugehörige Umwand-

lungstemperatur wird als Glastemperatur bezeichnet. Gläser und Schmelzen besitzen keine

Fernordnung aber eine ausgeprägte Nahordnung von bis zu drei Atomabständen [39, 40].

Manche Autoren [41] beschränken den Begriff des Glases auf jene amorphen Festkörper, die

aus der Schmelze hergestellt wurden. Dieses ist insofern fragwürdig, da die unterschiedlichen

Herstellungsmethoden z.B. von Quarzgläsern sich im Ergebnis physikalisch nicht unter-

scheiden lassen [3, S. 9].

Tm=1358.02 K

flüssig

fest

500 1000 1500 2000 2500

Temperatur [K]

30

45

60

75

90

105

Ent

ropi

e [

J m

ol-1

K-1

]

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22

Abbildung 2.4: Prinzipieller temperaturabhängiger Verlauf der extensiven Größen Volumen oder Enthalpie

beim Glasübergang. Die durchgezogene Linie gibt den idealen linearen Verlauf dieser Größen an. Dieser ändert

sich bei der Glastemperatur sprunghaft. Das abweichende Verhalten von z.B. Polymergläsern in der Nähe der

Glastemperatur ist schematisch strichpunktiert eingetragen. Dieser Bereich wird als Einfrierbereich bezeichnet

und sein Beginn wird durch die Einfriertemperatur markiert. Die gestrichelten Linien zeigen das Verhalten bei

einer Kristallisation an. Nach [3].

Das in Abbildung 2.4 schematisch dargestellte temperaturabhängige Verhalten der Größen

Enthalpie und Volumen bzw. der daraus abgeleiteten Größe, der spezifischen Wärmekapazität

und des Volumenausdehnungskoeffizienten, lassen den Glasübergang per Definition als einen

Übergang zweiter Ordnung erscheinen. Bei der Glastemperatur kommt es zu einer sprung-

haften Änderung dieser abgeleiteten Parameter. Naheliegend erscheint aber auch ein Einfrier-

vorgang [42]. Für diesen Phasenübergang sprechen die Ähnlichkeit in der Nahordnung von

Glas und Schmelze und die benötigte hohe Kühlrate beim Schnellabschrecken der Schmelze.

Gegen diese Vorstellung spricht die Erzeugung von einigen metallischen Gläsern durch Fest-

körperdiffusion [43, 44] sowie das Phänomen des inversen Schmelzens. Beim inversen

Schmelzen [45, 46] läßt sich ein fester Stoff reversibel durch Erwärmen in eine kristalline und

durch Abkühlen in eine amorphe Phase umwandeln.

In Silikat– und Polymergläsern treten schon vor Erreichen der Glastemperatur deutliche Ab-

weichungen vom idealen linearen Verhalten der oben angegebenen Parameter, wie dies

strichpunktiert in Abbildung 2.4 angedeutet ist, auf. Die Glastemperatur kann dann nicht

eindeutig beobachtet werden. Zur Charakterisierung wird in diesen Fällen die Einfrier-

TeTg Tm

Temperatur

Vol

umen

bzw

. Ent

halp

ie

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23

temperatur (Te) benutzt. Sie gibt die Temperatur an, bei der signifikante Abweichungen von

der Linearität auftreten [42].

Die unterschiedlichen glasbildenden Materialien wie organische Molekülketten (Polymer-

gläser), anorganische Moleküle (Quarzglas) und einzelne Atome (metallische Gläser) müssen

aber nicht notwendig dieselben Glasbildungsmechanismen aufweisen. Auf die besonderen

Glasbildungseigenschaften von Metallen wird in Abschnitt 2.4 ausführlicher eingegangen.

Die Glastemperatur hängt von den experimentellen Bedingungen (wie z.B. von der Kühlrate)

bei der Herstellung des Glases ab. Die im Experiment gemessene Glastemperatur wird daher

auch als experimentelle Glastemperatur (Tg) bezeichnet. Als die untere Grenze der experimen-

tellen Glastemperaturen wird die ideale Glastemperatur (T0) betrachtet. Sie ist als die isentro-

pische Temperatur der festen und der flüssigen Phase definiert. Diese Temperatur wurde von

Kauzmann [4] eingeführt und wird daher auch als Kauzmann-Temperatur bezeichnet. Bei die-

ser Temperatur muß nach dieser Vorstellung eine Schmelze zu einem Glas erstarren, da sonst

die flüssige Phase eine geringere Entropie aufweist als die kristalline Phase.

Wie schon erwähnt, hängt die Temperatur, bei der die Phasenumwandlung eines Stoffes in die

amorphe feste Phase einsetzt, von den experimentellen Gegebenheiten ab. Ebenso führen un-

terschiedliche Meßmethoden, bzw. unterschiedliche Meßprogramme zu unterschiedlichen ex-

perimentellen Glastemperaturen. Bei der Bestimmung der Glastemperatur aus der Viskosität

ist aus der Meßgröße kein Ereignis abzulesen, daß den Phasenübergang markiert. Die Über-

schreitung eines definierten Wertes dient zur Markierung des viskosen Glasüberganges. Ein

Stoff mit einer Viskosität von 1012 Pa s (1013 Poise) wird als fest bezeichnet. Die zu dieser

Viskosität gehörende Temperatur ist die viskose Glastemperatur. Für den Fall, daß die Vis-

kosität der unterkühlten Schmelze eine Temperaturabhängigkeit nach dem Ansatz von Vogel-

Tammann-Fulcher:

( ) ηηη gTT

A

eT−= 0 ( 2.31 )

aufweist, kann die viskose Glastemperatur (Tgη) mit der Glastemperatur, die durch die Mes-

sung der spezifischen Wärmekapazität bzw. des Volumenausdehnungskoeffizienten ermittelt

wird, gleichgesetzt werden [7, 47, S. 47ff]. A und η0 sind in dieser empirischen Gleichung

freie Parameter.

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24

Da sowohl die feste als auch die flüssige amorphe Phase (im unterkühlten Zustand) metastabil

sind, d.h. sie repräsentieren nicht den Zustand der geringsten freien Enthalpie, können diese

kristallisieren. Die Kristallisation kann, wie aus dem über die Keimbildung Gesagtem hervor-

geht, einen Jahrhunderte andauernden Prozeß darstellen. Läuft die Kristallisation innerhalb

einer beobachtbaren Zeit, z.B. in Stunden, ab, so wird die zugehörige Temperatur als

Kristallisationstemperatur (Tx) bezeichnet. Sie liegt in der Regel über der experimentellen

Glastemperatur und ist ebenfalls von den experimentellen Bedingungen (wie z.B. von der

Heizrate) abhängig. Bei der Erwärmung eines Glases liegt dieses im Temperaturbereich nach

dem Überschreiten der experimentellen Glastemperatur bis zur Kristallisationstemperatur als

unterkühlte Flüssigkeit vor. Die Kristallisationstemperatur kann durch alle Eigenschaften, die

sich bei der Kristallisation ändern, wie z.B. dem Brechungsindex, der relativen

Dielektrizitäts-konstanten, der Wärmeleitfähigkeit, der Kristallisationsenthalpie und dem

spezifischen elek-trischen Widerstand, nachgewiesen werden. Sie ist häufig einfacher zu

bestimmen als die Glastemperatur und wird daher ersatzweise als Indikator für die

Glasbildung benutzt.

2.4 Besonderheiten metallischer GläserDie Herstellung anorganischer Gläser ist schon seit dem Altertum bekannt. Die erste Herstell-

ung eines metallischen Glases gelang 1959 mittels Schnellabschreckung aus der Schmelze

durch Klement, Willems und Duwez [13, 48]. Der wesentliche Fortschritt bei ihren Experi-

menten war die enorme Kühlrate von 106 K s-1. Da die Wärme bei der Schnellabschreckung

über die Oberfläche abgeleitet werden muß, können aufgrund der geringen Wärmeleitfähig-

keit der amorphen Stoffe diese nur wenige µm dick hergestellt werden. Dickere Proben

erreichen nicht die benötigte hohe Kühlrate im Innern. Einen wesentlichen Vorteil bei den

Materialstärken brachten neue Abkühltechniken ( siehe z.B. [41]) nicht. Es konnten nun aller-

dings neue Materialkombinationen untersucht werden. Die Herstellung nicht-kristalliner Fest-

körper konnte schon zu Beginn dieses Jahrhunderts [49] durchgeführt werden. Es handelte

sich dabei um dünne Schichten, die durch mechanisches Bearbeiten gebildet wurden. Heute

wird die Bildung amorpher metallischer Schichten auch durch Festkörperdiffusion [50, 51]

beobachtet.

Die Suche nach weiteren Materialien, die eine Glasbildung ermöglichen, führte zu ternären

Systemen, die Kühlraten von etwa 103 K s-1 benötigten [52-54]. Zu Beginn der 90er Jahre

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25

wurden dann Stoffsysteme entdeckt, die eine weitere Reduktion der Kühlrate ermöglichten

[55-57]. Pekker und Johnson [58] konnten 1993 eine fünfkomponentige Legierung vorstellen,

die bei einer Kühlrate von weniger als 10 K s-1 als Glas erstarrt. Solche Legierungen ermög-

lichen die Herstellung massiver Werkstücke.

Für die Suche nach glasbildenden Legierungssystemen haben sich strukturelle Kriterien [59,

60], Kriterien, die auf Bindungsstärken beruhen [61-67] und kinetische Kriterien herausge-

bildet. Zu den strukturellen Kriterien gehört das Goldschmidt-Kriterium [60]. Es besagt, daß

ein Verhältnis der Atomradien zwischen 0,2 und 0,4 die Glasbildung begünstigt. Die Kriter-

ien, die auf den Bindungsstärken beruhen, spielen bei metallischen Gläsern aufgrund ihrer

geringen Bindungsstärken keine große Rolle. Zu den kinetischen Kriterien gehören die kriti-

sche Kühlrate und das Verhältnis zwischen der Glastemperatur und der Schmelztemperatur

[68] bzw. der Siedetemperatur [69]. Diese Verhältnisse sagen für Werte von mindestens 0,67

im ersten Fall und 1,6 im zweiten Fall günstige Glasbildungsbedingungen voraus.

Eine Legierungszusammensetzung, die viele verschiedene kristalline Phasen ermöglicht, be-

günstigt die Glasbildung ebenfalls.

2.5 Spezifische Wärmekapazität metal-

lischer SchmelzenZur spezifischen Wärmekapazität reiner Metalle liefert der SGTE (Scientific Group Thermo-

data Europe) Report, der von A.T. Dinsdale [17] betreut wird, umfangreiches Datenmaterial,

das in dieser Arbeit generell als Grundlage benutzt wird. Dieser Bericht ist mehrfach erschie-

nen. Bei den hier benutzten Daten weichen die Angaben der neueren Erscheinungen nicht von

denen der Älteren ab.

Die spezifischen Wärmekapazitäten reiner Metallschmelzen in der Nähe der Schmelzpunktes

liegen zwischen 28 J mol-1 K-1 (für Quecksilber) und etwa 60 J mol-1 K-1 (für Iridium [17]).

Für die spezifische Wärmekapazität von Metallschmelzen bei der Siedetemperatur wird ein

maximaler Wert von 8 bis 10 R (65 bis 85 J mol-1 K-1) angenommen [15, S. 290]. ∆CP

schwankt zwischen 12 J mol-1 K-1 für Iridium und -10,7 J mol-1 K-1 für Chrom [17]. Für viele

Metalle insbesondere bei Metallen mit hoher Schmelztemperatur ist die Temperaturab-

hängigkeit der spezifischen Wärmekapazität der Schmelze nicht bekannt und wird daher in

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26

der Literatur als konstant angegeben [17, 70, 71]. Untersuchungen von Margrave et. al.[72]

deuten allerdings bei reinen Metallen mit hoher Schmelztemperatur auf einen Anstieg der

spezifischen Wärmekapazität mit steigender Temperatur hin. Bei einigen reinen Metallen mit

geringer Schmelztemperatur (z.B. Indium, Kalium, Natrium) durchläuft die spezifische Wär-

mekapazität der Schmelze mit steigender Temperatur ein Minimum. Der bei diesen Metallen

beobachtete Anstieg der spezifischen Wärmekapazität (siehe Abbildung 2.5) mit sinkender

Temperatur setzt sich in dem unterkühlten Bereich der Schmelze fort [15, S. 290]. Die aus

den Daten von Dinsdale [17] berechnete spezifische Wärmekapazität für Indium, ein Material

mit sehr ausgeprägter temperaturabhängiger spezifischer Wärmekapazität, ist in Abbildung

2.5 wiedergegeben.

Abbildung 2.5: Nach [17] für die stabile feste und flüssige Phase berechnete spezifische Wärmekapazität von

Indium als Funktion der Temperatur.

Bei glasbildenden Legierungsschmelzen steigt die spezifische Wärmekapazität in der Regel

ebenfalls mit sinkender Temperatur an [73]. In Abbildung 2.6 ist dieses Verhalten für eine

glasbildende Gold-Silizium-Germanium-Legierung (Au-Si-Ge) aus der Originalarbeit [74]

mit den Annahmen über deren weiteren Verlauf dargestellt. Bei einigen aus vier und mehr

Komponenten bestehenden glasbildenden Schmelzen wird am Schmelzpunkt eine höhere

spezifische Wärmekapazität als bei der Glastemperatur [75, 76] beobachtet. Da diese Legier-

ungen anfangs mit zunehmender Unterkühlung ebenfalls einen Anstieg der spezifischen

Wärmekapazität aufweisen, muß bei diesen Legierungen in der unterkühlten Schmelze ein

Maximum der spezifischen Wärmekapazität durchlaufen werden, um die geringere spezifi-

Tm= 429,78 K

400 600 800 1000 1200

Temperatur [K]

27

28

29

30

Cp

[Jm

ol-1

K-1

]

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27

sche Wärmekapazität bei der Glastemperatur erreichen zu können. Ob dies für alle Legierun-

gen gilt oder nur für solche, die sich aus vielen Komponenten zusammensetzen, und wie

dieser Verlauf konkret aussieht, ist zur Zeit nicht bekannt.

Abbildung 2.6: Spezifische Wärmekapazität von Au-9,45at% Si-13,66 at% Ge als Funktion der Temperatur. Die

durchgezogenen Kurven geben die Meßwerte für die feste ( mPc ), die flüssige ( l

Pc ) und die Glasphase ( gPc )

wieder. Die gestrichelte Kurve steht für die Interpolation der Meßwerte der unterkühlten Schmelze und die

strichpunktierte Kurve wird die Extrapolation der festen Phase angegeben. Mit Tf wird die Schmelztemperatur

bezeichnet. Aus der Originalarbeit [74] entnommen.

2.6 Modelle zur spezifischen Wärmekapazi-

tät von MetallschmelzenIn diesem Abschnitt werden einige Modelle zur spezifischen Wärmekapazität von Metall-

schmelzen und deren Temperaturabhängigkeit vorgestellt. Die Auswahl ist nicht vollständig

und dient zur Demonstration der unterschiedlichen Erklärungsansätze. Diese können grob

nach der Art, wie sie die spezifische Wärmekapazität der festen bzw. gasförmigen Phase

berücksichtigen, unterschieden werden. Sie sollen zeigen, daß die Beschreibung der spezifi-

schen Wärmekapazität der flüssigen Phase sowohl auf der Grundlage der festen als auch der

gasförmigen Phase erfolgen kann und eine Beschreibung durch Kombination der beiden

Grundlagen ebenfalls möglich ist. Die für die weitere Diskussion nicht maßgeblichen

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Einflüsse der Elektronen und der Konfiguration werden mit unterschiedlicher Komplexität

additiv berücksichtigt. Das von Hoch und Vernadaikis [77] vorgestellte Modell geht von der

spezifischen Wärmekapazität der festen Phase als wesentlichen Bestandteil der spezifischen

Wärmekapazität der Schmelze aus. Es beschreibt die Temperaturabhängigkeit der spezifi-

schen Wärmekapazität von flüssigen Metallen durch:

23

T

hTb

TFRCP ++

Θ= ( 2.32 ).

Der erste Term beinhaltet die Debye-Funktion

ΘT

F und die Näherung von Dulong und

Petit zur spezifischen Wärmekapazität bei konstantem Volumen des Festkörpers. Der Wert

der Debye-Funktion beträgt für den untersuchten Temperaturbereich, der deutlich über der

Debye-Temperatur (Θ) liegt, 1. Im zweiten Term steht b für den elektronischen Anteil, wie er

durch die Fermi-Sommerfeld-Theorie gegeben ist und im dritten steht h für den anharmoni-

schen Beitrag der Schwingungen zur spezifischen Wärmekapazität.

Das Modell von Singh und Sommer [78] geht hingegen von der spezifischen Wärmekapazität

des Gases aus. Es setzt für die spezifische Wärmekapazität von Schmelzen den Ausdruck:

C C C CPl

Pgas

P Pelec= + +ζ ( 2.33 )

mit: ( )C k TPgas

B= +1 5, α ( 2.34 ),

( )( )C k TTP B

P

ζ ζ ζ∂ζ∂

= − − −

−2 2 1

3( 2.35 )

und: C z k TVz

TPelec

Bat=

+

3

2

3

31

23

πα ( 2.36 )

an.

Die erste Komponente (Gleichung 2.34) beschreibt die spezifische Wärmekapazität eines

Gases bei konstantem Volumen mit einem Zusatz, der den temperaturabhängigen Beitrag

erfaßt. Der zweite Beitrag beruht auf der Konfiguration der Atome in der Schmelze, der durch

die Packungsdichte ζ erfaßt wird. Der elektronische Beitrag (Gleichung 2.36) hängt erstens

von der Valenzelektronenanzahl z und dem Atomvolumen Vat und zweitens ebenfalls vom

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Volumenausdehnungskoeffizienten ab. Der vor der letzten Klammer stehende Ausdruck weist

einen Fehler in der Dimension auf. Der Beitrag der Elektronen zur spezifischen Wärmekapa-

zität wird nach der Fermi-Sommerfeld-Theorie [79] durch:

Tz

VmkzC ateffBelec

V

3

2

2

2

3

=

πh ( 2.37 )

ausgedrückt. Der Unterschied zwischen 2.36 und 2.37 besteht in der Berücksichtigung der

effektiven thermischen Elektronenmasse (meff), die ein mehrfaches der Elektronenmasse

betragen kann und der Planck-Konstanten h sowie in der Berücksichtigung der Volumenaus-

dehnung. Die Struktur der beiden Gleichungen ist ansonsten gleich. Dieser Term ist, wie

schon erwähnt, nicht zentraler Punkt dieser Betrachtungen.

Das von Eyring und Mitarbeitern [80-83] entwickelte Modell des freien Volumens geht von

einer Mischung der spezifischen Wärmekapazität der flüssigen Phase aus den Anteilen der

festen und der gasförmigen Phase aus. Das freie Volumen gibt dabei den Anteil an, der sich

im gasförmigen Zustand befindet. Unter dem freien Volumen wird dabei das Volumen ver-

standen, das über die thermisch bedingte Änderung der Atomabstände hinaus in die Schmelze

eingebracht wird. Hinweis: Dies entspricht dem größeren Volumenausdehnungskoeffizienten,

der beim Übergang von der Glasphase bzw. kristallinen Phase zur unterkühlten Schmelze bei

der Glastemperatur beobachtet wird (Abschnitt 2.3). Sie machen für die spezifische Wärme-

kapazität den Ansatz:

VVV

RVV

RC SSV

−+=

23

3 ( 2.38).

Mit VS wird das Volumen bezeichnet, das ein Kristall bei der zugehörigen Temperatur auf-

weist. V ist das Volumen der Schmelze. Entsprechend gibt der Quotient im ersten Term den

Anteil der Partikel mit festkörperähnlichen Beziehungen an. Im Quotienten des zweiten

Terms steht oben das freie Volumen, das den Anteil der gasähnlichen Partikel beschreibt.

Auf dieser Grundlage entwickelten Eyring und Mitarbeiter einen Ansatz, der für einfache,

monoatomare Flüssigkeiten, wie das von ihnen untersuchte Argon, die Beschreibung der spe-

zifischen Wärmekapazität aufgrund der Löcheranzahl ermöglicht. Die Größe der Löcher soll

etwa der Größe der beteiligten Partikel entsprechen. Er beruht auf den Annahmen, daß die

physikalischen Eigenschaften der zum freien Volumen gehörenden Löcher, mit den Eigen-

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schaften der Atome im Dampf vergleichbar sind und führt die Abschätzung benötigter Größen

auf leichter zu bestimmende Parameter zurück [82]. Eine Erweiterung auf unterkühlte

Metallschmelzen durch die Abschätzung verschiedener Parameter mit typischen Daten für

glasbildende Metalle erfolgte durch Ramachandrarao und Mitarbeiter [28, 29, 84]. Sie

kommen für ∆CP zu dem temperaturabhängigen Ansatz:

nTR

E

hP

h

eTR

ERnC

11

2+−−

=∆ ( 2.39 ),

Dabei steht Eh für die Lochbildungsenthalpie und n gibt das Verhältnis des Atomvolumens

zum Lochvolumen an. Abweichungen von diesem Ansatz ergeben sich durch den Beitrag der

Elektronen und anharmonische Effekte des Schwingungsbeitrages, sowie durch Magnetismus

oder bei tiefen Temperaturen durch eingefrorene Freiheitsgrade oder Quanteneffekte [9], die

nicht mit diesem allgemeinen Ansatz erfaßt werden.

Das Modell des freien Volumens kann die sprunghafte Änderung des Volumenausdehnungs-

koeffizienten beim Glasübergang durch die Beweglichkeit der Löcher erklären, wie dies in [5]

dargestellt wird. Bei geringeren Temperaturen als der Glastemperatur werden die Löcher

unbeweglich und die Löcheranzahl bleibt konstant. Die Volumenausdehnung des Glases er-

folgt dann allein aufgrund der Änderung der Atomabstände.

Zwei weitere Erklärungsversuche für das Verhalten der unterkühlten Schmelze bei geringer

werdender Temperatur beruhen auf den Bindungseigenschaften. Sie werden hier qualitativ

beschrieben. Ubbelohde [85] unterstellt die Bildung von Clustern in Metallschmelzen bei

niedrigen Temperaturen. Die Cluster müssen dabei keine kristalline Ordnung aufweisen. Er

bezeichnet die Ordnung als antikristallin. Allein die räumliche Verdichtung der Atome ist

ausreichend, um zu einer Änderung der Enthalpie zu gelangen. Dieser Vorgang wird von ihm

als “prefreezing” bezeichnet.

Sommer [86-89] nimmt in seinem Assoziatmodell die Bildung von binären und ternären As-

soziaten in der Schmelze an. Assoziate sind Verbindungen, die im Gegensatz zu Clustern nur

Bruchteile von Sekunden Bestand haben. Sie weisen die Zusammensetzung von intermetal-

lischen Verbindungen der beteiligten Systeme. Bei mehrkomponentigen Systemen können für

diese einzelnen Assoziate die Beiträge zur freien Enthalpie aus den entsprechenden Teil-

systemen bestimmt werden.

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3 Das Legierungssystem Kupfer–ZirkoniumZur Untersuchung der Legierungs- und Temperaturabhängigkeit der spezifischen Wärmeka-

pazität unterkühlter Metallschmelzen wurde ein Legierungssystem gesucht, das einen großen

Glasbildungsbereich besitzt. Im Glasbildungsbereich kann eine Schmelze leichter unterkühlt

werden. Da das eingesetzte Meßverfahren die Schmelztemperaturen von kongruent schmel-

zenden eutektischen bzw. intermetallischen Legierungszusammensetzungen benötigt, sollten

möglichst viele dieser Zusammensetzungen innerhalb des Glasbildungsbereiches liegen. Zur

einfachen Interpretation der Meßdaten sollten weitere physikalische Effekte, wie z.B.

Magnetismus nicht auftreten.

Das Legierungssystem Kupfer-Zirkonium (Cu-Zr) erfüllt diese Bedingungen. Es ist gut unter-

kühlbar [90, 91], weist mehrere Eutektika und intermetallische Verbindungen im Glasbild-

ungsbereich auf und ist in vielen weiteren Eigenschaften untersucht worden. Die Eigenschaft-

en werden im Folgenden in dem für die Auswertung und Diskussion benötigten Umfang, be-

sprochen. Primär handelt es sich dabei um das Legierungssystem mit seinem Glasbildungsbe-

reich, den Debye-, den Schmelz- und den experimentellen Glastemperaturen, dem Anteil der

Elektronen an der spezifischen Wärmekapazität sowie des spezifischen elektrischen Wider-

standes und der Dichte. Die Letztgenannten werden zur Auswertung der Meßdaten benötigt.

Sekundär werden die Schmelzenthalpie und die Siedetemperatur bei der Diskussion der

idealen Glastemperatur benötigt. Die Schmelzenthalpie wurde zum Einen aus den Literatur-

daten mit Hilfe der Bildungsenthalpie und der Mischungsenthalpie berechnet und zum Ander-

en in dieser Arbeit gemessen. Die Siedetemperatur wird im Ausblick zum Vergleich der

untersuchten Legierungen mit anderen Stoffen benötigt. Die Daten der reinen Komponenten

werden, soweit sie zur Diskussion benötigt werden, ebenfalls dargestellt.

Um wiederholte graphische und tabellarische Darstellungen zu vermeiden, werden diese

gemeinsam in dem zur Auswertung benötigten Zusammenhang und Ort vorgenommen. Die

Vorstellung und Diskussion der Literatur erfolgt nach Möglichkeit in diesem Kapitel um bei

der später erfolgenden Diskussion der spezifischen Wärmekapazität die Argumente ohne

deren ausführliche Würdigung benutzen zu können. Die Darstellung der sekundär benötigten

Eigenschaften erfolgt bewußt in knapper Form, da diese Angaben lediglich zur Spekulation

benutzt werden.

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Das Legierungssystem Nickel-Zirkonium bietet dieselben günstigen Voraussetzungen und ist

im elektrostatischen Levitator zudem auch leichter zu handhaben. Trotz dieses Vorteils wurde

das Cu-Zr-Legierungssystem gewählt, da es bei den durchgeführten Vorversuchen zu einer

vorzeitigen Erstarrung von Komponenten der Ni-Zr-Legierung gekommen ist. Dies mag für

die Betrachtung von Keim-, Assoziat- und Clusterbildung interessant sein, beschränkt aber

die maximal erreichbare Unterkühlung und erschwert die Kalibration der Messung.

Abbildung 3.1: Kufer-Zirkonium-Phasendiagramm nach Kneller et al.[92]. Aufgetragen ist die Temperatur in

Grad Celsius (linke Skala) und Kelvin (rechte Skala) über dem Anteil an Zirkonium in at%.

3.1 LegierungseigenschaftenDas Cu-Zr-Phasendiagramm ist im Bereich von 50 bis 60 at% (atomprozent) Zirkonium nicht

eindeutig bestimmt. Kneller, Kahn und Gorres [92] geben das in Abbildung 3.1, Arias und

Abriata [93] das in Abbildung 3.2 dargestellte Diagramm an. Mit den Umwandlungen bzw.

der Struktur in dem unsicheren Konzentrationsbereich beschäftigen sich viele Arbeiten [93–

103]. Bei diesen Untersuchungen konnte ein Einfluß von Sauerstoff auf die Bildung der

Phasen festgestellt [96, 100–103] werden.

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Die experimentelle Entdeckung der Glasbildung aus der Cu-Zr-Schmelze erfolgte durch Ray

1969 [104]. Er konnte Glasbildung im Bereich von 30 bis 70 at% Zirkonium feststellen. Glas-

bildung durch Festkörperdiffusion konnte lange Zeit nicht beobachtet werden [105–108].

Atzmon, Verhoeven, Gibson und Johnson [109] konnten Glasbildung durch “cold-rolling” an

dünnen Folien nachweisen. Barbee et al. [110] stellten durch Sputtern im Konzentrations-

bereich von 35 bis 65 at% Zirkonium amorphe Filme her.

Abbildung 3.2: Kupfer-Zirkonium-Phasendiagramm nach Arias und Abriata [93] Aufgetragen ist die

Temperatur in Kelvin über den Anteil von Zirkonium in at%.

Saunders und Miodownik [111] berechnen den Glasbildungsbereich aus den Daten der reinen

Stoffe. Für eine Kühlrate von 107 K s-1 erwarteten sie Glasbildung im Bereich von 25 bis 70

at% Zirkonium. Experimentell konnte Glasbildung im Konzentrationsbereich von 9 bis 11

und 25 bis 75 at% Zirkonium [111] nachgewiesen werden.

Zur Bestimmung der experimentellen Glastemperatur und der Umwandlungswärme wurden

von verschiedenen Autoren DTA/DSC-Messungen (zum Meßverfahren siehe Kapitel 5) an im

Glaszustand erstarrten Proben durchgeführt. Die Glas- und Kristallisations-Temperaturen und

die Kristallisationsenthalpie bei der Glastemperatur wurden in den Zusammensetzungs-

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bereichen von 30 bis 75 at% Zirkonium [96, 101, 112-119] ermittelt. Ergebnisse für größere

Zusammensetzungsbereiche sind in der Abbildung 3.3 wiedergegeben. Bei der späteren

Auswertung werden die Ergebnisse von Calvayrac et. al [119] benutzt, da sie die niedrigste

gemessene Glastemperatur repräsentieren und so der idealen Glastemperatur am nächsten

kommen. Aus ihnen werden für die untersuchten Legierungen die Glastemperaturen durch

Interpolation berechnet. Das Ergebnis ist in Tabelle 8.1 als Literaturwert aufgelistet. Die

experimentelle Glastemperatur bewegt sich im untersuchten Zusammensetzungsbereich

zwischen 600 K und 750 K und liegt etwa 50 K unter der Kristallisations-Temperatur. Die

Kristallisations- und die Glastemperaturen sind von der Zusammensetzung abhängig und

fallen mit einem steigenden Zirkoniumanteil.

Abbildung 3.3 links: Schmelz-(TL), Kristallisations-(TC) und experimentelle Glastemperatur (Tg) aus [119],

aufgetragen über dem at%-Anteil Kupfer.

Abbildung 3.3 rechts: Kristallisationswärme (∆HC), -temperatur und experimentelle Glastemperatur aus [114],

aufgetragen über dem at%-Anteil Kupfer.

Beide Abbildungen wurden den Originalarbeiten entnommen.

Meßergebnisse zur spezifischen Wärmekapazität liegen nur für den Tieftemperaturbereich bis

etwa 9,5 K [97] vor. Sie dienten zur Untersuchung der Supraleitung, die in amorphen Cu-Zr-

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Legierungen beobachtet werden konnte. Hier können diese Daten zur Bestimmung der

Debye-Temperatur (Θ) der untersuchten Legierungen nach der Formel:

Θ = TR

CV

125

4

( 3.1 )

benutzt werden [20]. Die Debye-Temperaturen der amorphen Cu-Zr-Legierungen liegen da-

nach zwischen 190 K und 320 K. Zum Vergleich betragen die Debye-Temperaturen für reines

Zirkonium 271 K und für reines Kupfer 343 K [10, S. 294]. Es kann daher davon ausge-

gangen werden, daß im beobachteten Temperaturintervall keine eingefrorenen Freiheitsgrade

vorliegen und somit die Regel von Dulong und Petit gültig ist.

Amorph KristallinLegierung

at% Zrγ

2Kmol

mJ

Kmol

JCV γ

2Kmol

mJ

Kmol

JCV

33 2,74 3,21 2,46 2,88

40 2,8 3,27 2,64 3,09

50 3,4 4,11 2,92 3,53

54 3,82 4,59 2,72 3,27

60 4,25 5,23 2,57 3,16

67 4,51 5,72 2,24 2,84

Tabelle 3.1: Koeffizient des Beitrages der Elektronen zur volumenkonstanten spezifischen Wärmekapazität der

amorphen und kristallinen Phase entnommen aus [97]. Die angegeben spezifischen Wärmekapazitäten wurden

für die Schmelztemperatur der Legierung nach Gleichung 3.2 berechnet.

Aus diesen Messungen wurde von Garoche und Bigot [97] der Koeffizient (γ) des temperatur-

abhängigen Beitrages der Elektronen zur spezifischen Wärmekapazität bestimmt werden. Er

ist in Tabelle 3.1 für die amorphe und die kristalline Phase zusammen mit seinem Beitrag zur

volumenkonstanten spezifischen Wärmekapazität bei der Schmelztemperatur angegeben.

Dieser Beitrag wird nach der folgenden Gleichung berechnet:

mV TC γ= ( 3.2 )

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Hinweise auf weitere magnetische oder elektrische Beiträge zur spezifischen Wärmekapazität

konnten der Literatur [96, 120–123] nicht entnommen werden.

Experimentelle Bestimmungen der spezifischen Wärmekapazität bei höheren Temperaturen,

insbesondere im Bereich der unterkühlten Schmelzen, sind derzeit nicht bekannt. Bormann

berechnete die spezifische Wärmekapazität für eine Cu-Zr-Legierung mit 51,5 at% Zirkonium

[124]. Dieses Ergebnis wird in Abbildung 8.2 zusammen mit den Meßergebnissen dieser

Arbeit wiedergegeben. Die spezifische Wärmekapazität der Schmelze steigt nach seinen Be-

rechnungen wie bei Schmelzen metallischer Gläser mehrfach beobachtet mit fallender Tem-

peratur monoton an. Bei 700 K vermutet Bormann zwei ausgeprägte Nahordnungen in der

Schmelze mit den Stöchiometrien 1:1 und 4:1 (Cu:Zr). Zhou [125] nimmt hingegen eine

Ausprägung bei einer Stöchiometrie von 2:1 an.

Die Dichte und der spezifische elektrische Widerstand werden für die Auswertung benötigt.

Mithilfe der Dichte wird die Oberfläche der levitierenden Proben bestimmt. Sie wurde im

Rahmen dieser Arbeit auch gemessen. Die Vorstellung und Diskussion der Ergebnisse erfolgt

in Abschnitt 7.2. Der spezifische elektrische Widerstand dient zur Bestimmung des Emissivi-

tät der Proben. Der Zusammenhang zwischen dem spezifischen elektrischen Widerstand und

der Emissivität wird im Abschnitt 5.5 beschrieben.

Die Dichte amorpher Legierungen wurde für von 30 bis 70 at% Zirkonium [96, 99 119, 126,

127] bestimmt. Eine Zusammenstellung der Literaturangaben die einen größeren Zusammen-

setzungsbereich abdecken erfolgt zusammen mit den experimentellen Ergebnissen in

Abbildung 7.1. Es ist bei der Beurteilung zu berücksichtigen, daß die Dichte von metallischen

Gläsern nicht eindeutig bestimmt werden kann, da die Dichte von der Erstarrungskinetik ab-

hängig ist.

Der spezifische elektrische Widerstand von amorphen und kristallinen Cu-Zr-Legierungen

wurde von Altounain, Guo-hua, Strom-Olsen [96] gemessen (siehe Abbildung 3.4). In dem

hier untersuchten Zusammensetzungsbereich (38-72 at% Zirkonium) kann der spezifsche

elektrische Widerstand durch den in Abbildung 3.4 eingetragenen Fit beschrieben werden.

Die temperaturabhängige Änderung im Glas ist nur sehr gering. Aus den Ergebnissen von

Altounain et. al. wurde ein negativer Widerstandsbeiwert (α) von 0.07 K-1 für Legierungen

mit weniger als 60 at% und von 0.1 K-1 mit mehr als 60 at% Zirkonium ermittelt. Der

temperaturabhängige spezifische elektrische Widerstand der amorphen und flüssigen Phase

wird im weiteren durch die Gleichung 3.3 berechnet.

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( ) )300()(2117,0, −++−= TXXTX ZrZrZr αρ ( 3.3 ).

Abbildung 3.4: Gemessener spezifischer elektrischer Widerstand von Cu-Zr-Gläsern als Funktion der

Zusammensetzung bei Zimmertemperatur aus [96]. Der eingezeichnete lineare Fit ist durch: ρ = -0,7 XZr+211

gegeben.

Legierungat% Zr

Spezifischer Widerstand[µΩΩ cm]

35 185

41 207

45 188

50 173

55 150

67 121

70 131

Tabelle 3.2: Spezifischer elektrischer Widerstand der kristallinen Phase bei Schmelztemperatur, berechnet aus

den Meßdaten von Altounian et. al. [96].

Für die kristalline Phase wird der spezifische elektrische Widerstand bei der Auswertung nur

bei der Schmelztemperatur benötigt. Er wurde aus den Meßergebnissen zur kristallinen Phase

im Temperaturbereich von 300 K bis 800 K berechnet und ist in Tabelle 3.2 wiedergegeben.

20 40 60 80

at% Zirkonium

150

160

170

180

190sp

ezif

isch

er W

ider

stan

d [µ

Ω c

m]

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Die Schmelzenthalpie intermetallischer Verbindungen kann aus der Bildungsenthalpie (Hfor),

der Mischungsenthalpie (Hmix) und der Schmelzenthalpie der reinen Komponenten i bei der

Temperatur T (Hm(T,i)) nach Kleppa und Watanabe [128] mit der folgenden Gleichung

berechnet werden:

),(),()1()( ZrTHXCuTHXHHTH legmm

legmm

ssfor

llmix

legmm +−+−≈ −− ( 3.4 ).

Die Indizes l–l und s–s bedeuten, daß die beiden flüssigen bzw. festen Phasen der jeweiligen

Komponenten zur Bestimmung der betreffenden Größe herangezogen werden. Der Index leg

gibt an, daß die Schmelztemperatur der Legierung gemeint ist. Die Schmelzenthalpie der

reinen Komponente wird aus der Schmelzenthalpie bei der Schmelztemperatur abzüglich dem

Produkt aus ∆Cp und ∆T berechnet. Zur Berechnung wurden die Daten des SGTE-Reports

[17] zugrundegelegt. Die Mischungsenthalpie und die Bildungsenthalpie werden zur Berech-

nung als temperaturkonstant angenommen.

Legierungat% Zr

Hfor [kJ mol-1]nach [128](Kleppa)

Hfor [kJ mol-1]nach [124](Bormann)

Hfor [kJ mol-1]nach [116](Ansara)

25 -14,1 ± 1,2 — —

41 -12,3 ± 0,2 -13 —

50 -9,1 ± 1,2 -8,1 -12,2 ±0,5

67 -11 ±0,7 -12,6 -5,77 ± 0,3

Tabelle 3.3: Bildungsenthalpien von Cu-Zr-Verbindungen bezogen auf das Mol der Atome.

Bildungswärmen wurden von Kleppa und Watanabe [128], Bormann [124] und Ansara,

Pasturel und Buschow [116] mit unterschiedlichen Meßverfahren bestimmt und sind in

Tabelle 3.3 zusammengestellt. Die Ergebnisse von Saunders [129] stimmen im wesentlichen

mit den Angaben von Ansara et. al. überein und wurden nicht berücksichtigt werden, da diese

Ergebnisse widersprüchlich sind.

Die Mischungsenthalpie wurde von Kleppa und Watanabe [128] Sommer und Choi [130] und

Witusiewicz, Arpshofen und Sommer [131] bestimmt und ist in Abbildung 3.5 zusammen-

fassend dargestellt. Die maximale negative Mischungsenthalpie befindet sich bei beiden

Messungen auf der kupferreichen Seite des Phasendiagrammes. Die Messungen von Kleppa

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und Watanabe zeigen zwischen 25 bis 75 at% Zirkonium eine fast konstante Mischungs-

enthalpie. Die Ergebnisse von Sommer und Choi sowie Witusiewicz et.al weichen gering-

fügig von diesen Mischungsenthalpien ab und gleichen dem theoretisch geforderten parabel-

förmigen Verlauf. Allerdings bricht die Meßreihe von Sommer und Choi für eine eindeutige

Interpretation zu früh ab.

Abbildung 3.5: Mischungsenthalpien nach Kleppa und Watanabe [128] bei 1373 K, Sommer und Choi [130] bei

1473 K und Witusiewicz et.al.[131] bei 1480 K. Die Meßpunkte der ersten beiden Autorengruppen wurden hier

jeweils durch einen Fit vierter Ordnung verbunden.

Die Siedetemperaturerhöhung (∆Tb) einer Lösung kann mit der van´t Hoffschen Formel aus

der Siedetempertur (Tb) des Lösungsmittels und dessen Siedeenthalpie (Hb) berechnet werden:

∆T xR THb G

b

b

=2

( 3.5 ).

Der Index b steht für das Sieden und der Index G für den gelösten Stoff. Diese Gleichung gilt

strenggenommen nur für den Bereich mit großen Verdünnungen und leicht flüchtiger

Lösungsmittel. Das Ergebnis soll als erster Anhaltspunkt für die Siedetemperaturen der unter-

suchten Legierungen dienen und ist in Abbildung 3.6 und in Tabelle 3.4 zusammenfassend

dargestellt. Zur Berechnung wurden die Angaben zu den Siedetemperturen und -enthalpien

von Sargent-Welch [132] eingesetzt. Benutzt wurde immer die geringste der nach van´t Hoff

berechnete Siedetemperatur. Die Siedetemperaturen der reinen Komponenten sind ebenfalls

in Tabelle 3.4 mit eingetragen. Die Siedeenthalpien betragen 300 kJ mol-1 für Kupfer und

0 25 50 75 100

Kleppa und Watanabe Sommer und Choi Witusiewicz et.al

at% Zirkonium

-20

-15

-10

-5

0

Mis

chun

gsen

thal

pie

[kJ

mol

-1]

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58,2 kJ mol-1 für Zirkonium. Erfolgt die Berechnung die Siedetemperatur nach dem

gewichteten Mittel aus den Siedetemperaturen der reinen Komponenten so ergeben sich

Temperaturen zwischen 3400 K und 4300 K.

Abbildung 3.6: Nach van´t Hoff berechnete Siedetemperturen für die Mischungen Zirkonium in Kupfer (durch-

gezogene Kurve) und Kupfer in Zirkonium (strichpunktiert eingetragen).

Legierungat% Zr

Siedetemperatur[T]

0 2836

38 2975

41 2988

44 3015

50 3060

54 3090

67 3275

72 3405

100 4682

Tabelle 3.4: Benutzte, nach van´t Hoff berechnete Siedetemperaturen für Cu-Zr-Legierungen.

0 25 50 75 1002000

4000

6000

Sied

etem

pera

tur

[K]

at% Zirkonium

2000

4000

6000

Sied

etem

pera

tur

[K]

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3.2 Reine KomponentenDie Literaturwerte für die Schmelzenthalpie von Zirkonium [57, 70, 128, 130, 132] und die

spezifische Wärmekapazität [17, 70] schwanken in einem weiten Bereich. Für Kupfer können

diese Daten mit einer größeren Sicherheit angegeben werden. Die Genauigkeit von Ergebnis-

sen aus thermodynamischen Berechnungen, die auf den Stoffdaten des reinen Zirkoniums be-

ruhen, ist daher von den verwendeten Literaturdaten abhängig. Die Schmelzenthalpie von

Kupfer schwankt je nach Quelle zwischen 13,05 kJ mol-1 [70] und 13,3 kJ mol-1 [17] und für

Zirkonium zwischen 16,9 kJ mol-1 [132] und 21 kJ mol-1 [17].

Abbildung 3.7: Literaturangaben zur spezifischen Wärmekapazität von Kupfer als Funktion der Temperatur [17,

70]. Die weitere Erläuterung der Abbildung erfolgt im Text.

Angaben von mehreren Autoren zur spezifischen Wärmekapazität der Schmelze in der Nähe

der Schmelztemperatur sind in Tabelle 3.5 zusammengestellt. ∆CP beträgt nach dem SGTE

Report [17] für Zirkonium 6,03 J mol-1 K-1 und für Kupfer 1,54 J mol-1 K-1. Barin [70] gibt

jeweils 0,36 J mol-1 K-1 und 0,23 J mol-1 K-1 an.

Der temperaturabhängige Verlauf der spezifischen Wärmekapazitäten der reinen Komponen-

ten aus den beiden Datensammlungen Barin und SGTE ist in den Abbildungen 3.7 und 3.8

angegeben. Die strichpunktiert eingetragenen Ergebnisse von Barin sind jeweils nur für den

Bereich der stabilen Phase eingetragen. Die durchgezogen eingetragenen SGTE-Angaben sind

auch in der metastabilen Erweiterung der verschiedenen Phasen eingezeichnet. Diese Erwei-

fest

flüssig

Tm=1357,77

500 1000 1500 2000 2500

Temperatur [K]

24

26

28

30

32

Cp

[J m

ol-1

K-1

]

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terung hat sich im Fall von Indium für die unterkühlte Schmelze als unzutreffend erwiesen

[133]. Die bei Barin deutlich geringere spezifische Wärmekapazität des Zirkoniums wird von

allen anderen in Tabelle 3.5 genannten Autoren nicht bestätig.

Autor CP [J mol-1 K-1]für Zr

CP [J mol-1 K-1]für Cu

SGTE [17] 42,1 31,4

Barin [70] 33,4 31,4

Baykara et. al. [134] 40,6 34,7

Kubaschewski et. al.[135] 40,7 31,4

Rulison et.al. [136] 40,8

Tabelle 3.5: Literaturwerte für die spezifische Wärmekapazität der Schmelze in der Nähe der Schmelztemperatur

für Kupfer und Zirkonium.

Abbildung 3.8: Literaturangaben zur spezifischen Wärmekapazität von Zirkonium als Funktion der Temperatur

[17, 70]. Die weitere Erläuterungen der Abbildung erfolgt im Text.

Zirkonium besitzt bei der Umwandlungstemperatur (Tu) 1139 K einen Festkörperphasenüber-

gang von hcp nach bcc, der das Diagramm etwas unübersichtlich macht. Die Tieftemperatur-

phase ist hcp.

hcp

bcc

Tm=2127,87 KTu=1139,45 K

flüssig

500 1000 1500 2000 2500 3000

Temperatur [K]

24

28

32

36

40

44

Cp

[J m

ol-1

K-1

]

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4 Aufbau des elektrostatischen LevitatorsDas Prinzip der elektrostatischen Levitation beruht auf der Kompensation der Schwerkraft

durch die Kraft, die durch die elektrische Feldstärke auf eine geladene Probe erzeugt wird.

Das hier verwirklichte Konzept einer elektrostatischen Levitationsanlage wurde von Rhim et.

al. 1993 vorgestellt [137] und benutzt ein Arbeitselektrodenpaar zur Levitation und 4 Elek-

troden zur aktiven horizontalen Dämpfung und Positionierung der levitierenden Probe. Die

Aufladung der Probe erfolgt durch Ladungstrennung im elektrischen Feld (Influenz). Zur

Detektion des Probenortes wird der Schattenwurf zweier Laserstrahlen von ortsempfindlichen

Photodioden ausgewertet. Die verstärkten Diodensignale werden von drei analogen PID-

Reglern (Pro-portional-Integral-Differential-Regler) zur Steuerung der Hochspannungs-

verstärker genutzt. Die Beheizung der Probe erfolgt mit Lichtbogenlampen durch

Strahlungsheizung. Alle Meßgeräte zur Untersuchung der Proben arbeiten auf optischem

Wege (Pyrometer, Kamera).

Abbildung 4.1: Prinzipbild vom Aufbau der Anlage. Die achteckige Vakuumkammer ist nicht maßstäblich in der

Draufsicht dargestellt. Sie weist einen Durchmesser von 15 cm auf. In der Seitenansicht des Plattenkon-

densators ist die Anbringung der Elektroden für die horizontale Beeinflussung in der Höhe der unteren Kon-

densatorplatte (Plattendurchmesser 15 mm) gezeigt. Die eingezeichneten fünf optischen Achsen dienen zur

Messung der Probenposition (2, 4), zur Beheizung (1, 3) und zur Temperaturmessung (5) der Probe. Die Heiz-

lampen können entweder im rechten Winkel oder gegenüber angeordnet werden. Im letzteren Fall ist dann eine

optische Achse für weitere Proben-Analyseverfahren verfügbar.

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Zur Erzeugung des elektrostatischen Feldes wird ein Plattenkondensator mit 15 mm Platten-

durchmesser und etwa 9 mm Plattenabstand benutzt. Die horizontalen Elektroden besitzen die

Form von dünnen Stäben von etwa 1 mm Durchmesser und sind unterhalb der Strahlachsen

der Laser in Höhe der unteren, geerdeten Kondensatorplatte angebracht. Sie werden zur

aktiven Positionierung der Proben benötigt, da es in einem elektrostatischen Feld kein Poten-

tialminimum gibt (Earnshaw´s Theorem [138]). Eine stabile Levitation ohne aktive seitliche

Beeinflussung war in dieser Anlage im Vakuum nicht möglich.

Abbildung 4.2: Photo der Anlage bei geschlossener Vakuumkammer. Links im Bild ist die Sammellinse der

Kondensoroptik zu sehen. Die Fokussierlinse befindet sich innerhalb der Kammer. Hinter der Kammer sind

Teile des Laser-Beleuchtungssystems (incl. Strahlaufweitung) erkennbar. Die Photodioden sind zusammen mit

der Auswerteelektronik zur Detektion des Probenortes in den im vorderen Bereich befindlichen Gehäusen

untergebracht. Das Pyrometer ist seitlich an der Kammer befestigt und hat durch ein Fenster sowie eine

Bohrung in der oberen Arbeitselektrode Sichtverbindung mit der Probe. Die äußere Abmessung der Kammer

beträgt etwa 17 cm.

Der Plattenkondensator, die horizontalen Elektroden sowie nach Bedarf eingesetzte optische

Bauelemente befinden sich in einer Aluminium-Vakuumkammer. Deren Volumen beträgt

etwa 2 l bei einem Innendurchmesser von 15 cm. Sie wird mit einer Turbomolekularpumpe

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auf etwa 10-4 Pa evakuiert. Alle weiteren Komponenten befinden sich außerhalb der Kammer,

die durch verschiedene Fenster optisch zugänglich ist.

Zur Detektion der Probe werden zwei Helium-Neon-Laser, die Licht mit einer Wellenlänge

von 632,8 nm und einer Leistung von 10 mW emittieren, eingesetzt. Der Schattenwurf der

Probe im aufgeweiteten Laserstrahl wird von zwei rechtwinklig zueinander angeordneten

Vier-Quadranten-Photodioden ortsempfindlich detektiert und der Regelungselektronik als

Analogsignal zur Verfügung gestellt. Damit eine Verfälschung des Meßsignals bei der Be-

heizung der Probe mit der Xenon-Lampe nicht auftritt, befinden sich vor den beiden Photo-

dioden Interferenzfilter.

Abbildung 4.3: Photo des inneren Aufbaus. Die als Plattenkondensator ausgebildeten Arbeitselektroden besitzen

einen Plattendurchmesser von 15 mm. Die obere Platte wird über die Halterung mit der Arbeits-spannnung von

maximal ±20 kV verbunden. An der unteren, geerdeten Platte ist eine Glashalterung für die vier seitlichen

Elektroden befestigt. Diese werden durch die vorne sichtbaren Drähte mit maximal 10 kV versorgt. Die Öffnung

für den Vakuumpumpen-Anschluß wird durch die Plattenhalter verdeckt. Im vorderen Bereich der Kammer ist

eine Probe mit 3 mm Durchmesser zu erkennen.

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Der Hochspannungsverstärker für die Levitation besitzt einen Ausgangsspannungsbereich von

± 20 kV. Seine Anstiegsgeschwindigkeit wird vom Hersteller mit 350 V µs-1 angegeben. Für

die Versorgung der Elektroden für die seitliche Beeinflussung kommen regelbare Spannungs-

quellen mit 10 kV Maximalspannung zum Einsatz. Diese können aus technischen Gründen

nicht mit der angegebenen Anstiegsgeschwindigkeit betrieben werden. Ihre Änderungsge-

schwindigkeit wurde auf etwa 20 V pro ms eingestellt.

Abbildung 4.4: Photo einer levitierenden geschmolzenen Cu-Zr-Probe. Auf der Probenoberfläche sind die

Spiegelbilder die Kondensatorplatten, die seitlichen Elektroden und in der oberen Kondensatorplatte die

Öffnung für das Pyrometer zu erkennen. Links ist der Reflex des Heizlichtes und rechts das von der Kammer

reflektierte Heizlicht zu beobachten. Die Probe besitzt einen Durchmesser von etwa 3 mm.

Zur Beheizung der Probe wird ein Xenon-Lichbogen-Lampensystem des Typs Ceramax der

Firma ILC mit einer Aufnahmeleistung von 300 W benutzt. Die Strahlungsleistung wird

hauptsächlich in dem Wellenlängenbereich von 185 bis 1500 nm erbracht. Die Gesamtstrahl-

leistung von 65 W unterteilt sich in 8,5 W im UV-Bereich, 26,5 W im sichtbaren Bereich und

30 W im IR-Bereich. Die Lampe besitzt einen elliptischen Reflektor, der das Lampenlicht

etwa 2 cm vor dem Lampengehäuse fokussiert. Mit einer Kondensoroptik wird das Licht auf

die Probe fokussiert. Zur Verbesserung der Temperaturmessung besteht im Kondensor die

Möglichkeit, einen Wasserfilter einzusetzen, der den IR-Anteil des Lampenlichtes komplett

herausfiltert.

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Die Probentemperatur wird mit einem Pyrometer, Modell IGA 10 der Firma impac, gemes-

sen. Das Gerät besitzt einen IR-empfindlichen GaAS-Detektor mit einer Schwerpunkts-Wel-

lenlänge bei 1,6 µm. Der Meßbereich erstreckt sich von 350 bis 1800 °C, und die Einstellzeit

beträgt 1 ms. Der Meßfleckdurchmesser im Fokus beträgt 0,4 mm. Die Messung erfolgt durch

die obere Kondensatorplatte, in der sich zu diesem Zweck eine Öffnung mit einem Durch-

messer von 0,8 mm befindet.

Im Anhang wird im Abschnitt 10.2 auf das Prinzip der elektrostatischen Levitation, die

Mechanismen der Probenladung, die Kräfte auf die Probe sowie die Änderung der Proben-

ladung während der Beheizung näher eingegangen.

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49

5 Meßverfahren zur Messung der

spezifischen WärmekapazitätDie klassische Methode zur Messung der spezifischen Wärmekapazität ist die Differential-

rasterkalorimetrie (DSC). Mit dieser Methode können die spezifische Wärmekapazität und

Umwandlungswärmen gemessen werden. Während der Messung befindet sich das Meßobjekt

in einem Tiegel. Aus diesem Grunde gibt nur wenige Messungen im unterkühlten Bereich mit

dieser Methode [139, 140]. Sie wird in Abschnitt 5.3 im hier benötigten Umfang dargestellt.

Um dennoch die spezifische Wärmekapazität von unterkühlten Metallschmelzen messen zu

können, wurden tiegelfreie Verfahren entwickelt. Zu ihnen gehört die Drop-Kalorimetrie

[141, 142]. Bei dieser Methode wird die Probe tiegelfrei erschmolzen (z.B. in einem elektro-

magnetischen Levitationsofen) und dann in ein Kalorimeter fallen gelassen. Während der

Fallzeit sind die Vorgänge in der Probe wie z.B. eine einsetzende Erstarrung der Beobach-

tung nur schwer zugänglich. DSC und Drop-Kalorimetrie gehen von adiabatischen Randbe-

dingungen bei der Messung aus.

Im Gegensatz dazu wird bei den in diesem Kapitel betrachteten Meßverfahren der Wärmeaus-

tausch mit der Umgebung gezielt zur Messung ausgenutzt. Auf der Modulation der Heiz-

leistung beruht die in Abschnitt 5.1 untersuchte Modulationskalorimetrie. Sie erlaubt die

Bestimmung der spezifischen Wärmekapazität und der Wärmeleitfähigkeit. Ihr breites

Anwendungsspektrum wird durch modulationskalorimetrische Messungen über einen weiten

Temperaturbereich von wenigen mK bis hin zu kK unterstrichen.

Die in dieser Arbeit weiterentwickelten Meßverfahren beruhen auf der radiativen Energie-

bilanz der Probe nach dem Planckschen Strahlungsgesetz und sind daher unabhängig von der

Heizung. Sie werden im Abschnitt 5.2 behandelt. Diese Meßverfahren nutzen unterschied-

liche Bereiche ein und derselben Meßkurve zur Auswertung und sind voneinander unab-

hängig. Beim Abkühl-Meßverfahren, das in Abschnitt 5.2.1 dargestellt ist, wird der zeitliche

Temperaturverlauf der Probe nach dem Abschalten der Heizung bis zum Einsetzen der Reka-

leszenz beobachtet. Die ausgewerteten Meßdaten stammen direkt aus dem Bereich der unter-

kühlten Schmelze. Die spezifische Wärmekapazität wird aus der zeitlichen Änderung der

Temperatur bestimmt. Nachteilig ist bei diesem Verfahren, daß zur absoluten Messung

weitere, temperaturabhängige Materialeigenschaften bekannt sein müssen.

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Nach dem Einsetzen der Rekaleszenz wird die Probe durch die freiwerdende Kristallisations-

Enthalpie auf die Schmelztemperatur erwärmt. Bis zu deren vollständigen Erstarrung werden

dann die Energieverluste durch die Kristallisations-Enthalpie kompensiert. Beim Haltezeit-

Meßverfahren wird die Kompensationszeit bestimmt. Die Untersuchung der unterkühlten

Schmelze erfolgt indirekt, da sich die Probe bei der Messung auf Schmelztemperatur befindet.

Die Meßdaten enthalten die spezifische Wärmekapazität in integraler Form. Temperaturab-

hängige Materialeigenschaften werden zur Auswertung nicht benötigt, sofern die Schmelz-

enthalpie bekannt ist. Dieses Verfahren wird in Abschnitt 5.2.3 beschrieben.

Im Abschnitt 5.2.2 werden die Voraussetzungen zum Einsatz dieser Meßverfahren erläutert.

Ein Vergleich aller vorgestellten Meßverfahren erfolgt im Abschnitt 5.4.

Die Kenntnis der Emissivität der Proben ist bei der pyrometrischen Temperaturmessung und

bei der Realisierung der vorgestellten Meßverfahren notwendig. Sie kann aus dem spezifi-

schen elektrischen Widerstand berechnet werden. Die Zusammenhänge zwischen dem spezifi-

schen elektrischen Widerstand und der Emissivität werden aufgrund ihrer Notwendigkeit bei

der Realisierung der Meßverfahren in einem Exkurs im Abschnitt 5.5 kurz erläutert. Am

Ende dieses Abschnittes wird die Anwendbarkeit dieses Ansatzes auf amorphe Legierungen

und Schmelzen diskutiert und die Emissivität für die in dieser Arbeit untersuchten Cu-Zr-

Legierungen berechnet.

5.1 ModulationskalorimetrieEine Übersicht über die Modulationskalorimetrie gibt der Artikel von Y.A. Kraftmakher in

[143]. Dort werden verschiedene Anwendungsmöglichkeiten der Modulationskalorimetrie

beschrieben. Die Entwicklung und Anwendung an levitierenden Metallschmelzen mit

elektromagnetischer Heizung unter terrestrischen und µg-Bedingungen werden in den

Artikeln [144-149] beschrieben.

5.1.1 MeßprinzipBei der Modulationskalorimetrie wird ein Teil des Energieflusses zur Probe moduliert. Dies

kann sowohl periodisch als auch statisch geschehen. Die Probe antwortet mit einer zeitlich

verzögerten Temperaturänderung. Speicher- und Transport-Prozesse der Energie inner- und

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außerhalb der Probe werden für diese Verzögerungen verantwortlich gemacht. Neben der

zeitlichen Verzögerung, bei der zusätzlich Geräteeigenschaften zu berücksichtigen sind, wird

auch die Amplitude der Temperaturänderung, die modulierte Temperatur (Tmod) zur Messung

benutzt. Beide variieren mit der Modulationsfrequenz.

Der Vorteil der Modulationskalorimetrie ist, daß alle unerwünschten, statischen Energie-

verluste der Probe durch den konstanten Energiefluß kompensiert werden. Die Bestimmung

oder Vermeidung dieser Einflüsse ist nicht notwendig und die Probe befindet sich in einem

quasi-stationären Zustand. Die idealerweise kleine Modulation der Heizleistung (∆P) ändert

die Temperatur der Probe nur geringfügig. Es kann daher bei der Messung von isothermen

Bedingungen ausgegangen werden.

Für diesen Fall gilt für die statisch modulierte Temperatur:

P

eff

Cm

PT

∆== )0(mod ω ( 5.1 ).

Bei bekannter aufgenommener modulierter Heizleistung (∆Peff) kann dann die spezifische

Wärmekapazität bestimmt werden. Durch den Einsatz der periodisch modulierten Heiz-

leistung kann entweder die Meßgenauigkeit erhöht [150, 151] oder weiterere Größen wie z.B.

der Wärmeleitung gemessen werden. Bei unbekannter modulierter Heizleistung und einer

weiteren bekannten Verlustleistung kann die spezifische Wärmekapazität ebenfalls gemessen

werden. Die Messung bei bekannter Verlustleistung und weiterer Größen werden für den

Einsatz im elektrostatischen Levitator im Folgenden näher untersucht. Verschiedentlich

erfolgt zur Veranschaulichung ein Vergleich mit elektromagnetischen Levitationsanlagen.

Die Amplitude und die Phase der Temperatur als Funktion der Modulationsfrequenz läßt sich

allgemein durch Hoch- und Tiefpässe beschreiben. Die modulierte Temperatur sinkt ab, wenn

die Energie einer Heizperiode zur Aufheizung der gesamten Probenmasse auf die statisch

modulierte Temperatur (Tmod(ω=0)) nicht mehr ausreichend ist. Durch den Einfluß der

Speicherprozesse erreicht die modulierte Temperatur der Probe daher ihr Maximum bei

geringen Frequenzen. Dieses frequenzabhängige Verhalten entspricht einem Tiefpaß.

Der Einfluß der endlichen Wärmeleitung führt zur Frequenzabhängigkeit des Energietrans-

portes innerhalb der Probe. Bei der elektromagnetischen Beheizung der Probe steigt die mo-

dulierte Temperatur mit zunehmender Modulationsfrequenz an, da die auf der gesamten Ober-

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fläche freigesetzte Heizenergie aufgrund der Wärmeleitung nicht ausreichend an das Proben-

innere ankoppeln kann und somit die effektive, für die Aufheizung maßgebliche Probenmasse

geringer wird. Dieses Verhalten entspricht einem Hochpaß. Im elektrostatischen Levitator war

die Beheizung räumlich begrenzt von der Seite vorgesehen. Die Temperaturmessung sollte 90

Grad versetzt dazu erfolgen, sodaß die modulierte Temperatur von der an das Probeninnere

angekoppelten Energie bestimmt wird. Die gemessene Temperatur sinkt in diesem Fall mit

steigender Frequenz und das frequenzabhängige Verhalten wird durch einen Tiefpaß

beschrieben. Konvektion und Probenrotation werden bei diesen Betrachtungen vernachlässigt.

Abbildung 5.1: Doppellogarithmische Auftragung der Amplitude des Temperatursignals (Tmod) über der Modula-

tionsfrequenz nach Gleichung 5.2. Die maximale Amplitude wurde mit Tmod(ω=0)=100 K und die Zeitkonstanten

des gekoppelten Tiefpasses mit τ1=10 s und τ2= 0,03 s an die Bedingungen der durchgeführten Versuche ange-

lehnt.

Das frequenzabhängige Verhalten, der Frequenzgang der auftretenden Speicher- und Trans-

port-Prozesse der Energie bei der vorgesehenen Behandlung im elektrostatischen Levitator

entspricht daher jeweils einem Tiefpaß. Die Betrachtung der modulierten Temperatur im Fre-

quenzraum ermöglicht die Behandlung der beiden Phänomene als ein System von gekoppel-

ten Tiefpässen. Die Theorie hierzu ist in der elektrischen Schaltungstechnik intensiv unter-

sucht worden (siehe z.B. [152]) und kann durch Analogien (z.B. für das Potential: elektrische

Spannung – Temperatur) zwischen den betrachteten Größen übertragen werden. Aus dieser

Theorie heraus läßt sich der Frequenzgang eines solchen Systems, bei dem τ1 wie unter den

gegebenen Bedingungen deutlich größer als τ2 ist, durch:

0.001 0.01 0.1 1 10 100

Frequenz [Hz]

10-3

10-2

10-1

1

10

100

T mod

[K

]

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T Tmod mod= =+ +

( )ωω τ ω τ τ

01

1 212 4

12

22

( 5.2 )

beschreiben. Der Frequenzgang ist in Abbildung 5.1 graphisch für die bei diesen Experi-

menten auftretenden Größen wiedergegeben. Tmod (ω = 0) ist die statisch modulierte

Temperatur an, die sich im quasistationären Fall aufgrund der zusätzlichen Heizleistung

einstellt. Die Zeitkonstanten (τ1, τ2) werden von den physikalischen Vorgänge bei der

Speicherung und dem Transport der Energie beeinflußt. Für den Fall von ausschließlich

radiativem Energieverlust levitierender, sphärischer Proben werden sie von Fecht und

Johnson [145] mit:

τε σ1 34

=m C

A TP ( 5.3 ),

und: τπ λ2 3

34

=m C

rP ( 5.4 )

angegeben. Dabei läßt sich τ1 auf Speicher-Prozesse, die durch das Verhältnis der Speicher-

kapazität zum Strahlungsverlust der Probe bestimmt werden, zurückführen. CP ist in diesem

Fall auf die Masse bezogen. Diese Prozesse werden durch die individuellen Probeneigen-

schaften, der Größe, ausgedrückt durch die Masse m, der Oberfläche (A), der Emissivität über

alle Wellenlängen und Winkel (ε) sowie durch die universelle Größe der Stefan-Boltzmann-

Konstante (σ) beeinflußt. Die Transport-Prozesse innerhalb der Probe werden durch τ2

beschrieben, wobei r für den Probenradius und λ für die Wärmeleitfähigkeit steht. Bei einer

geeigneten Wahl der Modulationsfrequenzen läßt sich aus zwei Messungen τ1 und mit einer

weiteren Messung τ2 bestimmen. Aus diesen Größen kann die spezifische Wärmekapazität

und die Wärmeleitfähigkeit bestimmt werden sofern die Emissivität und die Dichte der Probe

bekannt sind. Diese Gleichungen gelten sowohl im elektrostatischen als auch im elektromag-

netischen Levitator nur näherungsweise. Bei der elektromagnetischen Beheizung ist in Glei-

chung 5.3, wie schon erwähnt, die effektive Masse frequenzabhängig. Im elektrostatischen

Levitator weist der Wärmetransport bei der vorgesehen Beheizung keine kugelsymmetrie auf

wie dies zur Berechnung von Gleichung 5.4 angenommen wurde.

Große Bedeutung kommt bei diesem Meßverfahren dem eingekoppelten, modulierten Ener-

giefluß bzw. der Heizleistung des Heizers zu. Bei der Bestimmung der spezifischen Wärme-

kapazität nach Gleichung 5.1 durch die statische Modulation muß die Größe des eingekoppel-

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ten Energieflusses bekannt sein. Soll periodisch gemessen werden können je nach realisierter

Modulation weitere Effekte auftreten. Die Modulation der Heizleistung (P(t)) läßt sich mit der

statischen Heizleistung P0 durch:

( )P t P t( ) sin ( )= +0 1 β ωα

( 5.5 )

ausdrücken wobei der modulierte Anteil durch β << 1 beschrieben wird. Klassisch wurden die

Proben intrinsisch durch elektrische Widerstandsheizung erwärmt, wobei die Leistung durch

den Strom geregelt wurde. Im Falle der elektrischen Widerstandsheizung beträgt der Wert

von α nach dem ohmschen Gesetz zwei. Der Ausdruck 5.5 läßt sich dann in die endliche

binomi-sche Reihe entwickeln:

P t P t t( ) sin ( ) cos ( )= + + −

0

2 21 212

12

2β ω β β ω ( 5.6 ).

In diesem Ausdruck treten neben der konstanten und der mit ω modulierten Heizleistung noch

zwei weitere Terme, die quadratisch von der modulierten Heizleistung abhängen, auf. Der

erste Term bietet die Möglichkeit zur simultanen Bestimmung des Produktes aus der Emissi-

vität und der Oberfläche. Der zweite und evt. weitere Terme mit höheren Frequenzen sollten

aufgrund der geringen Modulationsleistung nicht beobachtet werden können. Höhere Modu-

lationsleistungen sind unerwünscht, weil sie den gewünschten isothermen Randbedingungen

widersprechen.

Für den Fall der Beheizung mit der Lichtbogenlampe und der Bestimmung der abgebenen

Leistung aus dem aufgenommenen Strom ist der Exponent in Gleichung 5.5 nicht ganzzahlig

und es folgt eine Entwicklung in eine unendliche binomische Reihe mit Termen, die höhere

Ordnungen der Frequenzen enthalten.

5.1.2 Einsatz im elektrostatischen LevitatorNach einigen Vorversuchen stellte sich schnell heraus, daß modulationskalorimetrische

Messungen im Prinzip möglich, aber mit der bestehenden Apparatur nicht praktikabel sind.

Hauptgrund hierfür ist die Strahlungsheizung bestehend aus dem optischen System und der

Lichtbogenlampe. Einige Nachteile des optischen Systems, die durch seine Anpassung an die

Bedürfnisse der elektrostatischen Levitation bedingt sind, könnten durch eine Neukonstruk-

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tion geändert werden. Nicht geändert werden können aber die Drift der Heizleistung bei kon-

stantem Lampenstrom, die Schwankung des Exponenten in Gleichung 5.5, der für Xe-

Lampen leistungsabhängig zwischen 1,4 und 1,7 schwankt, sowie die geringe Leistungs-

reserve und die beschränkte Modulationsfrequenz der eingesetzten Lampe. Diese Nachteile

machten mit diesem Heizsystem eine exakte Messung unmöglich.

Abbildung 5.2: Beispiel einer modulationskalorimetrischen Messung im elektrostatischen Levitator an einer Cu-

Zr-Probe mit Modulationsfrequenzen von 0,14 und 0,5 Hz. Die Beheizung erfolgte durch eine strommodulierte

Lichtbogenlampe.

In Abbildung 5.2 ist eine Versuchsmessung an einer Cu-Zr-Probe dargestellt. Hierbei wurde

die maximale zur Verfügung stehende Leistungsmodulation (β = 0,25) bei zwei verschiede-

nen Frequenzen eingesetzt. Mit bloßem Auge ist die Drift der Temperatur von etwa 20 K zwi-

schen dem Beginn und dem Ende des dargestellten Zeitintervalls zu beobachten. Hierfür wird

der Niederschlag des von der Probe abdampfenden Kupfers auf der Optik des Heizsystems

verantwortlich gemacht. Sehr gut ist die unterschiedliche Signalhöhe (von etwa 30 K und

10 K) bei den Frequenzen von 0,14 und 0,5 Hz zu sehen. Bei der höheren Frequenz ist das

Einschwingen des Meßwertes aufgrund einer zusätzlichen konstanten Heizleistung (dritter

Term in Gleichung 5.6) deutlich zu beobachten. Im vorliegenden Fall besitzt dieser Anteil

einen andere Quantität, da α ≠ 2 ist. Temperaturänderungen, die auf höhererfrequenten

Termen beruhen, können nicht beobachtet werden.

0 50 100 150 200 250

Zeit [s]

1380

1400

1420

1440

1460

1480

Tem

pera

tur

[K]

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Die Problematik der Leistungsreserve wird anhand von Abbildung 5.1 und 5.2 qualitativ

besprochen. Die in Abbildung 5.1 benutzten Zeitkonstanten entsprechen etwa den physik-

alischen Gegebenheiten der eingesetzten Proben, die in Tabelle 5.1 wiedergegeben sind.

Größe Wert

R 1,5 mm

T 1300 K

cP 0,04 J K-1

ε 0,25

λ 20 W m-1 K-1

τ1 10 s

τ2 0,03 s

Tabelle 5.1: Daten zur Abschätzung von τ1 und τ2 nach Gleichung 5.3 und 5.4 für typische Proben. Die Wärme-

leitfähigkeit wurde nach dem Gesetz von Wiedemann und Franz aus der elektrischen Leitfähigkeit abgeschätzt.

Aus ihr läßt sich auch die Emissivität abschätzen (siehe Abschnitt 5.5). Die Datengrundlagen sind in Kapitel 3

angegeben.

Die Zeitkonstanten der beiden Effekte weichen um drei Größenordnungen voneinander ab

und ermöglichen so ihre Trennung. Zur Messung der spezifischen Wärmekapazität und der

Wärmeleitfähigkeit muß die Modulation der Heizleistung im zehntel Hertzbereich und bei

einigen Hz durchgeführt werden. Die Amplitude beträgt im zehntel Hertzbereich, wie aus Ab-

bildung 5.2 hervorgeht, etwa 10 bis 20 K bei maximaler Leistungsmodulation. Die Messung

der Wärmeleitfähigkeit muß bei einigen Hz erfolgen, da ihr Effekt erst dann meßbar ist. Die

Signalhöhe fällt dann, wie in Abbildung 5.1 ersichtlich, auf weniger als 1 K und damit unter

die Nachweismöglichkeiten dieser Anlage.

Ein grundsätzlicher Nachteil dieses Meßverfahrens bei der Untersuchung unterkühlter

Schmelzen ist, daß die Proben relativ lange im unterkühlten Zustand gehalten werden müssen.

In der vorgestellten Messung (oberhalb der Schmelztemperatur) etwa 200 s. Daher sind mit

dieser Methode nur bei moderaten Unterkühlungen Ergebnisse zu erwarten.

Zusammenfassend kann festgestellt werden, daß es mit dieser Anlage nicht möglich ist, die

spezifische Wärmekapazität aus der statischen modulierten Temperatur (Gleichung 5.1) zu

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bestimmen, da die Heizleistung nicht reproduzierbar eingestellt werden kann. Die Messung

von τ1 und damit auch des Verhältnisses von spezifischer Wärmekapazität zur Emissivität ist

möglich. Allerdings wird die Meßbarkeit durch technische Beschränkungen bei der Konstanz

der Heizleistung und grundsätzliche Beschränkungen bei der maximal erreichbaren Unter-

kühlung eingeschränkt.

5.2 Heizungsfreie MeßverfahrenBei diesem Meßverfahren wird die Probe während der Messung nicht beheizt. Der Energie-

austausch mit der Umgebung wird bei diesen Meßverfahren gezielt zur Messung ausgenutzt.

5.2.1 Abkühl-MeßverfahrenDieses Meßverfahren beruht auf der zeitlichen Änderung der Probentemperatur aufgrund der

radiativen Abstrahlung nach dem Planckschen Strahlungsgesetz. Das Meßprinzip wird durch

die nachfolgenden Gleichungen beschrieben, wobei die in Abschnitt 5.2.2 erläuterten Voraus-

setzungen erfüllt sein müssen. Das Plancksche Strahlungsgesetz beschreibt die Strahlungs-

leistung durch:

P A T TR= − −σ ε ( )4 4 ( 5.7 ).

Mit TR wird die Umgebungstemperatur der Probe bezeichnet. Die Leistung, die bei einer

Temperaturänderung der Probe auftritt, kann durch:

P m C TP=•

( 5.8 )

beschrieben werden. Durch Gleichsetzen der Gleichungen 5.7 und 5.8 und Auflösen nach der

spezifischen Wärmekapazität und der Emissivität ergibt sich der Ausdruck:

( )C A T T

m T

P R

εσ

=− −

•⋅

4 4

( 5.9 ).

Da die Emissivität in der Regel nicht exakt bekannt ist, wird als Meßergebnis das Verhältnis

der spezifischen Wärmekapazität zur Emissivität ermittelt. Gleichung 5.9 beschreibt ein Ver-

fahren, daß von Smalley und Sievers [153] 1978 als “transient calorimetric technique“ be-

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zeichnet wurde und von Rulison und Rhim [154] 1994 erstmals zur Messung in einer elektro-

statischen Levitationsanlage angewandt wurde. Zur Auswertung von Gleichung 5.9 ist die

Bildung der numerischen Ableitung notwendig. Die Güte der Auswertung ist von der Wahl

des Differentationsintervalls abhängig. Diese Wahl wird durch das Rauschen des Meßwertes

und die Änderungsgeschwindigkeit der Temperatur, die wiederum von der Temperatur ab-

hängt, beeinflußt. Abhilfe schafft hier das Umschreiben von Gleichung 5.9 in eine

Bernoulische Differentialgleichung der Form:

))((

)())(()(

4

tTCm

tTtTAtT

P

εσ−=

( 5.10 ).

Zur Vereinfachung des Ausdrucks wurde die in der 4. Potenz auftretende Umgebungstem-

peratur vernachlässigt, was bei den untersuchten Temperaturen und bei der gegebenen Meß-

genauigkeit der Apparatur zulässig ist. Die spezifische Wärmekapazität und die Emissivität

wurden bei der Lösung dieser Gleichung als konstant angenommen. Die Lösung der

Bernoulischen Differentialgleichung lautet:

T tA tm C

TP

( )− −= +30

33 σ ε( 5.11 ).

T0 ist eine Integrationskonstante. Diese Lösung stellt einen linearen Zusammenhang zwischen

dem Kehrwert der dritten Potenz der Temperatur und der Zeit her. Abweichungen von diesem

linearen Zusammenhang können direkt auf die spezifische Wärmekapazität bzw. auf die

Emissivität zurückgeführt werden. Durch die Benutzung dieser Differentialgleichung wird die

Gesetzmäßigkeit zwischen der Temperatur und der zu dieser Temperatur gehörenden Tem-

peraturänderung bei konstanter spezifischer Wärmekapazität benutzt, um die Auswertung zu

verbessern.

Zur sprachlichen Unterscheidung der beiden Auswerte-Verfahren wird dieses Verfahren im

weiteren analytische Auswertung und das durch Gleichung 5.9 charakterisierte Verfahren, als

numerische Auswertung bezeichnet. Auf die Unterschiede zwischen diesen Verfahrensweisen

sowie auf weitere praktische Details wird in Abschnitt 6.3.2 eingegangen.

Die Meßdaten liegen als Temperatur-Zeit-Zuordnung vor und werden für die Auswertung

durch eine Funktion angenähert. Durch die Auftragung von T -3 über der Zeit kann aus der

Steigung das Verhältnis der spezifischen Wärmekapazität zur Emissivität bestimmt werden.

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Die Steigung (s) wird aus der analytischen Ableitung der Funktion der Meßdaten gebildet,

sodaß:

sddt T

Am CP

= =1 3

3

σ ε( 5.12 )

gilt und das gesuchte Verhältnis durch:

C Am s

P

εσ

=3

( 5.13 )

ausgedrückt wird.

Für den relativen Fehler ergibt sich aus Gleichung 5.9 der Ausdruck:

( )∆ ∆ ∆ ∆∆ ∆

FF

AA

mm

T

T T TT T T T

RR R= + + +

−+

44 4

3 3 ( 5.14 ).

Zur Fehlerrechnug siehe z.B. [155]. Für die numerische Auswertung ergibt sich ein Fehler

von 10 bis 12%. Hierzu trägt die Unbestimmtheit der Dichte etwa zur Hälfte bei (siehe Ab-

schnitt 7.2). Bei der analytischen Auswertung geht die absolute Temperatur nicht mehr direkt

in die Messung ein. Der Fehler dieses Verfahrens verringert sich dadurch um die Meßgenau-

igkeit der Temperaturmessung, d.h. auf etwa 7 bis 8%.

5.2.2 Voraussetzungen der heizungsfreien

MeßverfahrenDamit das Plancksche Strahlungsgesetz auf diese Meßverfahren angewandt werden kann,

müssen die nachfolgenden Bedingungen näherungsweise erfüllt sein:

• optisch schwarze Umgebung,

• Umgebungstempertur auf Zimmertemperatur,

• kein Wärmetransport durch Konvektion und Wärmeleitung zwischen Probe und Umge-

bung,

• homogene Abstrahlungseigenschaften der Probe und

• eine homogene Probentemperatur.

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60

Eine optisch schwarze Umgebung ist durch Geometrie der Anlage näherungsweise gegeben,

da von der Probe ausgehende Strahlung mehrfach reflektiert werden muß, bevor sie zu dieser

zurückgelangen kann. Die Temperatur des Rezipienten weicht während eines Versuches nicht

merklich von der Zimmertemperatur ab. Die Kondensatorplatten erwärmen sich geringfügig,

bleiben aber deutlich unter der Meßgrenze des Pyrometers von 600 K. Wärmeleitung und

Konvektion können durch das Levitieren der Probe im Vakuum (10-4 Pa) vernachlässigt wer-

den. Ein nennenswerter Energiefluß aus der Umgebung auf die Probe, sei es durch Reflektion,

Wärmestrahlung oder Konvektion, kann daher ausgeschlossen werden. Homogene Ab-

strahlungsbedingungen sind für den Fall der flüssigen und besonders der unterkühlten Proben

gegeben, da keine Oberflächenmorphologien auftreten können, die die Emissivität oder die

Oberfläche beeinflussen.

Die Temperaturverteilung in der Probe wird im Folgenden durch eine Abschätzung der Tem-

peraturdifferenzen und den Vergleich mit Literaturwerten für reine Zirkonium-Proben unter-

sucht. Anschließend wird diese Abschätzung auf die eingesetzten Cu-Zr-Proben angewandt.

Für die Abschätzung der Temperaturdifferenz in der Probe wird angenommen, daß die

Strahlungsverluste komplett durch Wärmeleitung aus dem Innern der Probe kompensiert

werden, als maximale Transportlänge wird der Probenradius und als Fläche, durch die der

Transport erfolgt, die sphärische Oberfläche der Probe angenommen.

Die Wärmeleitfähigkeit von festen Zirkonium bei Zimmertemperatur beträgt etwa 23

W m-1 K-1 [132] und ist etwa um den Faktor 10 geringer als die Wärmeleitfähigkeit von

Kupfer. Für die Temperaturdifferenz innerhalb der Probe (Tint) folgt mit den oben gemachten

Annahmen:

Tr T T

intR=

−σ ελ

( )4 4

( 5.15 ).

Mit r = 1,5 mm, ε = 0,25, T = 2125 K und TR = 300 K läßt sich eine Temperaturdifferenz

unter Vernachlässigung der Konvektion von etwa 20 K berechnen.

Rulison et. al. [156] geben für flüssige Zirkoniumproben (Tm=2125 K) mit 2 bis 3 mm Durch-

messer bei radiativer Abkühlung eine Temperaturdifferenz innerhalb der Probe von etwa 3 K

an. Der abgeschätzte Wert liegt um den Faktor 10 über diesem Wert. Wunderlich und Fecht

geben einen Wert von 1% bei 1300 K für eine Ni-Zr-Legierung an [157].

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61

Wie bei der Betrachtung der Modulationskalorimetrie gezeigt wurde, sind die für die Tem-

peraturverteilung maßgeblichen Effekte der Wärmeleitfähigkeit auf kurzen Zeitskalen und bei

großen Leistungen sichtbar. Bei der radiativen Abstrahlung der eingesetzten Proben treten

deutlich längere Zeitskalen und kleinere Leistungen auf. Die durchgeführte Abschätzung stellt

daher mit Sicherheit eine obere Grenze der Temperaturdifferenzen innerhalb der Probe dar,

die in der Realität geringer ausfallen dürfte.

Für den angestrebten Arbeitsbereich (1000 K bis 1400 K) wird eine maximale Temperatur-

differenz nach der oben angeführten Abschätzung in der Cu-Zr-Probe von 1 bis 5 K errechnet,

wobei die Wärmeleitfähigkeit nach dem Gesetz von Wiedemann und Franz angenommen

wurde. Es kann demnach im Rahmen der Temperaturmeßgenauigkeit von isothermen

Bedingungen in der Probe ausgegangen werden.

5.2.3 Haltezeit-MeßverfahrenBeim Haltezeit-Meßverfahren kann aus der Dauer des Erstarrungsplateaus, der Haltezeit (∆t),

die Enthalpiedifferenz zwischen dem unterkühlten Zustand und dem Schmelzpunkt bestimmt

werden. Daraus läßt sich die mittlere spezifische Wärmekapazität der unterkühlten Schmelze

errechnen. Der Vorteil dieses Meßverfahrens ist, daß die optischen und thermischen Parame-

ter der Probe während der Messung konstant sind. Ihre genaue Kenntnis ist nicht notwendig

sofern die Schmelzenthalpie des Stoffes bekannt ist. Die Messung kann auf die Bestimmung

der maximal erreichten Unterkühlung und auf die Messung der Haltezeit beschränkt werden.

Zur Erläuterung des Meßprinzips wird das in der Abbildung 5.3 angegebene Bild der Enthal-

pie des Indiums benutzt. Für die Argumentation sind Enthalpieniveaus für den festen (H1 bei

Punkt B) und den flüssigen Zustand (H3 bei Punkt C) bei der Schmelztemperatur sowie der

unterkühlte Zustand (H2 bei Punkt A) bei der unterkühlten Temperatur (Tm-∆T) eingezeichnet.

Das Meßprinzip beruht auf der Idee, daß bei der einsetzenden Erstarrung einer unterkühlten

Schmelze der Stoffmenge W (ausgedrückt in Mol, kg oder m3) der Keim durch die freigewor-

dene Kristallisationsenthalpie auf die Schmelztemperatur erwärmt wird. Der wachsende Keim

erwärmt seine Umgebung in der unterkühlten Schmelze lokal ebenfalls auf Schmelztempera-

tur, d.h. die gesamte Stoffmenge geht bei der Erstarrung den Weg von A über C nach B. Für

den Teil der Stoffmenge (w), der die gesamte Probe während der Rekaleszenzzeit auf die

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62

Schmelztemperatur erwärmt, werden adiabatische Bedingungen angenommen. Dieser Vor-

gang wird durch den Pfeil von A nach B angedeutet. Die Enthalpiebilanz ist gegeben durch:

∫∆−

−−+=m

m

T

TT

P dTTCWHHWHWHW )()( 1312 ( 5.16 ).

Die restliche Stoffmenge (W-w) geht während der Rekaleszenzzeit den ebenfalls durch einen

Pfeil angedeuteten Weg von A nach C und befindet sich am Ende der Rekaleszenzzeit am

Punkt C bei der Schmelztemperatur. Für diesen Vorgang gilt:

)()( 1312 HHwWHWHW −−+= ( 5.17 ).

Die Potentialdifferenz H3-H1 entspricht der Schmelzenthalpie Hm.

Abbildung 5.3: Berechnete Enthalpie von 1 Mol Indium (nach [17]) im festen (B), flüssigen (C) und unterkühlten

(A) Zustand. Die Erläuterung der Abbildung erfolgt im Text.

Wenn die restliche Stoffmenge den Punkt C erreicht hat, beginnt die Haltezeit. Die Probe

erstarrt nun bei konstanter Temperatur und die freiwerdende Kristallisation-Enthalpie dient

zur Kompensation der Energieverluste, die durch radiative Abstrahlung verursacht werden.

Dieser Vorgang wird mit der vollständigen Erstarrung der Probe beendet und läßt sich durch

das Absinken der Probentemperatur unter die Schmelztemperatur charakterisieren. Dies ist

das Ende der Haltezeit.

200 300 400 500 600

Temperatur [K]

0

5000

10000

15000

Ent

halp

ie [

J m

ol-1

]

Tm

A

BH1

H2

CH3

W-w

w

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63

Der Zusammenhang zwischen der restlichen Stoffmengen (W-w), der Schmelzenthalpie, der

abgestrahlten Energie und der gemessenen Zeit wird durch den Ausdruck:

( ) ( ) tTTAHwW Rmsm ∆−=− 44εσ ( 5.18 )

beschrieben. Auf der rechten Seite dieser Gleichung sind bis auf die Haltezeit alle Größen für

eine Probe konstant, sodaß bei bekannter Schmelzenthalpie direkt auf die restliche Stoff-

menge geschlossen werden Die genaue Kenntnis der Oberfläche und Emissivität ist dann für

die Auswertung nicht erforderlich. Für den Fall einer Erstarrung ohne Unterkühlung, d.h.

H2 = H3, bzw. w = 0, tritt die größtmögliche Erstarrungszeit (∆tmax ) auf. Bei H2 = H1, bzw.

w = W tritt Hypercooling auf, und es kann keine Haltezeit beobachtet werden. Ist H2 < H1 so

wird die Schmelztemperatur bei der Erstarrung nicht mehr erreicht und die Probe kann in

einem Nicht-Gleichgewichts-Zustand erstarren.

Durch Gleichsetzen der Gleichungen 5.16 und 5.17 und unter Ausnutzung der Zusammen-

hänge von Gleichung 5.18 kann das Integral der spezifischen Wärmekapazität der unter-

kühlten Schmelze durch:

C T dT Ht

tPT T

T

m

m

m

( )max−

∫ = −

∆∆

1 ( 5.19 )

beschrieben werden. Gleichung 5.19 ermöglicht so die Bestimmung der mittleren spezifischen

Wärmekapazität zwischen der Schmelztemperatur und der erreichten Unterkühlung. Eine

genauere Analyse ist durch den Vergleich von mehreren Meßwerten bei unterschiedlichen

Unterkühlungen möglich. Unter der Annahme, daß das Integral der spezifischen Wärmekapa-

zität stetig ist und monoton steigt können genauere Daten aus mehreren Messungen zur spezi-

fischen Wärmekapazität gewonnen werden.

Um die Meßwerte mehrerer verschieden großer Proben zu nutzen, erfolgt bei der Auswertung

eine Normierung der Haltezeit auf die Stoffmenge (Mol mit Formelzeichen n). Zur Herleitung

werden die Gleichungen 5.16 und 5.17 gleichgesetzt und Gleichung 5.18 eingesetzt. Es folgt

dann:

( ) ( ) tTTAdCnHn RS

T

TT

Pm

m

m

∆−=− ∫∆−

$4εσττ ( 5.20 ).

Die Probenoberfläche (A) sphärischer Proben kann aus der Probenmasse durch:

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64

3

2

3 34

=

ρπ

mA ( 5.21 ).

berechnet werden. Das Verhältnis von Molmenge zu Masse wird durch die Größe ξ ange-

geben:

mn

=ξ ( 5.22 ).

Werden die Gleichungen 5.21 und 5.22 in Gleichung 5.20 eingesetzt und dann nach der auf

die Stoffmenge bezogene Haltezeit aufgelöst so ergibt sich der folgende Zusammenhang zwi-

schen der gemessenen Unterkühlung und der bezogenen Haltezeit:

t

n T TH C d

s m Rm P

T T

T

m

m

3 3

2

3

4 4

1

4 31

=

∫πρ ξ

σ ετ τ

( )( ) ( 5.23 ).

Die Probenoberfläche befindet sich auf Schmelztemperatur. Ein Wärme- bzw. Energietrans-

port aus dem Probeninneren ist nur bei einer Temperaturdifferenz von höheren zu geringeren

Temperaturen möglich. Daher muß im Probeninneren die Temperatur größer als an der Ober-

fläche sein. Aus diesem Grunde wird davon ausgegangen, daß die Oberfläche der Probe fest

und das Probeninnere flüssig ist. Daher muß in dieser Gleichung für die Emissivität der Wert

der festen Proben eingesetzt werden. Aufgelöst nach der spezifischen Wärmekapazität ergibt

sich:

tTTn

HdC Rmsm

T

TT

P

m

m

∆−

−=∫

∆−

)(34

)( 443

2

3 εσξρ

πττ ( 5.24 ).

Die Fehlerbetrachtung liefert den Ausdruck:

∆ ∆ρ ∆ ∆ ∆∆∆

FF

nn

HH

tt

m

m

= + + +23

13ρ

( 5.25 ).

Den größten Beitrag zum Fehler liefert in diesem Falle die Schmelzenthalpie, deren Unsicher-

heit im zweistelligen Prozentbereich für die untersuchten Legierungen liegt. Die Temperatur

und die Zeit sind hingegen um Größenordnungen genauer bestimmbar.

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65

Obwohl bei bekannter Schmelzenthalpie die temperaturabhängigen Materialeigenschaften,

wie die Oberfläche und Emissivität nicht mehr zur Auswertung benötigt werden, ist zu beach-

ten, daß die experimentellen Fehler deutlich größer ausfallen können, da die Emissivität der

erstarrten Probe aufgrund unterschiedlicher Oberflächenmorphologien schwanken kann und

die stillschweigende Annahme der adiabatischen Erwärmung auf die Erstarrungstemperatur

bei geringen Wachstumsgeschwindigkeiten nicht zutrifft. Eine exakte Bestimmung des Endes

des Erstarrungsplateaus wird durch verrauschte Temperatursignale erschwert. Wie aus Abbil-

dung 5.4 ersichtlich ist, können die Differenzen von Haltezeiten bei der Messung an einer

Probe sehr genau bestimmt werden, wodurch die mittlere spezifische Wärmekapazität für sehr

kleine Temperaturintervalle ebenfalls sehr genau bestimmt werden kann.

Abbildung 5.4: Beispiel zum Haltezeit-Meßverfahren von 2 Messungen an einer Probe der Zusammensetzung:

Zr65Cu17,5Al7,5Ni10 . Die Meßkurven wurden zur Auswertung im Bereich der Abkühlung der erstarrten Proben

(rechts im Bild) zur Deckung gebracht. Das Plateau der Haltezeit ist in der Bildmitte zu erkennen. Differenzen

der Haltezeiten lassen sich durch diese Darstellung sehr genau bestimmen. Links im Bild sind die Abkühlkurven

der unterkühlten Schmelze die zur Auswertung nach dem Abkühl-Meßverfahren benutzt werden zu sehen. Für die

Spitzen auf den Meßkurven im mittleren und rechtem Bildbereich werden Oberflächenunebenheiten der

erstarrenden bzw. festen Probe verantwortlich gemacht.

10 20 30 40 50

Zeit [s]

900

950

1000

1050

1100

1150

1200

1250

Tem

pera

tur

[K]

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66

5.3 DSC-MeßverfahrenDas Prinzip dieser Methode beruht auf dem Vergleich zweier identischer Tiegel, von denen

der eine mit dem Probenmaterial gefüllt ist. Gemessen werden, je nach experimenteller Reali-

sierung, Wärmestrom- oder Temperaturdifferenzen zwischen den Tiegeln bei isothermen

Randbedingungen. Da diese Methode lediglich zu Vergleichsmessungen herangezogen

wurde, wird in diesem Abschnitt nur eine kurze Einführung in das hier benutzte Verfahren

gegeben. Eine gute Übersicht über den Einsatz der DSC gibt [158].

Im Rahmen dieser Arbeit wurden Messungen mit einem Gerät der Firma Netzsch, Typ STA

409 durchgeführt. Die Tiegel befinden sich in einem thermisch abgekoppelten System (Ofen)

und der Wärmetransport zu den Tiegeln findet idealerweise nur durch Strahlung und durch

die Konvektion des strömenden Schutzgas statt. Die Temperaturdifferenz zwischen den

Tiegeln ist dann, ebenfalls idealerweise, nur von den Eigenschaften der Probe, ihrer

spezifischen Wärmekapazität und der Umwandlungswärme abhängig.

Üblicherweise führen Asymmetrien im dem Proben-Referenz-Tiegelsystem und Wärmewi-

derstände zwischen Probe und Tiegel zu einem abweichenden Meßsignal. Durch die Aufnah-

me einer Grundlinie (TG) wird versucht, diesen Mangel zu kompensieren. Dabei wird das vor-

gesehene Heizprogramm mit zwei leeren Tiegeln durchfahren und die Temperaturdifferenzen

aufgezeichnet. Die Grundlinie repräsentiert so alle Asymmetrien der Anordnung. Streng

genommen gilt eine Grundlinie nur für die gemessenen Tiegel in der benutzten räumlichen

Anordnung. Asymmetrien, die aus dem Tiegel-Probe-System resultieren, werden durch die

Grundlinie nicht repräsentiert.

Die Basislinie ist die Temperaturdifferenz (TB), die während des Durchfahrens des Tempera-

turprogrammes mit der Probe aufgenommen wird. Sie kann auf die spezifische Wärmekapa-

zität der Probe zurückgeführt werden. Im Bereich einer Phasenumwandlung wird die Basis-

linie durch zusätzliche Wärmeumsätze der Umwandlung deformiert. Sie muß dann aus den

Meßwerten vor Beginn der Umwandlung und nach Ende der Relaxationszeit der Meßanord-

nung konstruiert werden. Während der Relaxationszeit können nur bedingt Daten zur spezifi-

schen Wärmekapazität der Probe aufgenommen werden.

Von den Meßwerten muß die Grundlinie abgezogen werden, um die wahre Meßgröße zu

erhalten. Die spezifische Wärmekapazität läßt sich dann durch den Ausdruck

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67

CT Tm RpB G= −

−β

( 5.26 )

ermitteln. Mit m für die Probenmasse, R für den Wärmewiderstand der Apparatur und β für

die Heizrate.

Die Umwandlungswärme läßt sich aus dem Integral der zwischen den Tiegeln gemessenen

Temperaturdifferenz (∆T) abzüglich der Basislinie über die Zeit ermitteln. Der mathematische

Ausdruck für diesen Sachverhalt lautet:

HR

T T dtm Bt

t

= − −∫1

1

2

β( )∆ ( 5.27 )

In diesem Fall ist der konkrete Verlauf der Grundlinie nicht entscheidend.

5.4 Vergleich der MeßverfahrenDie modulationskalorimetrische Messung der spezifischen Wärmekapazität kann mit der be-

stehenden elektrostatischen Levitationsanlage aus technischen Gründen nur mit Einschränk-

ungen durchgeführt werden. Die verhältnismäßig lange Meßzeit zur Aufnahme eines Meß-

wertes ist ein grundsätzlicher Nachteil dieser Methode und schränkt die Messungen bei

besonders tiefen Unterkühlungen ein. Diese Methode wurde im Rahmen dieser Arbeit nicht

weiter verfolgt.

Das Abkühl-Meßverfahren verspricht einen größeren auswertbaren Meßbereich. Bei der ana-

lytischen Auswertung können die Meßergebnisse im geringen Umfang extrapoliert werden.

Dies ist bei der numerischen Auswertung nicht möglich, da die zur Auswertung benötigten

Differentiations-Intervalle zu einer Einschränkung des Auswertebereiches führen. Experimen-

tell hat sich außerdem gezeigt, daß eine Auswertung mittels numerischer Differentiation sehr

empfindlich auf die Kühlrate reagiert und sich diese während der Messung notwendigerweise

beständig ändert. Für eine Auswertung mit hoher Güte müßte eine kontinuierliche Änderung

des Differentationsintervalls vorgenommen werden. Aufgrund des kleineren relativen Fehlers

werden bei der analytischen Auswertung die besseren Ergebnisse erwartet. Diese Methode

wird daher zur Auswertung der Meßdaten benutzt. Weitere Betrachtungen zur Genauigkeit

und Aussagekraft, die sich auf die konkreten Meßdaten und die angewendete Rechentechnik

stützen, werden in Abschnitt 6.3.2 gemacht.

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68

Das Haltezeit-Meßverfahren stellt ein weiteres unabhängiges Verfahren dar. Sein großer Vor-

teil ist, daß zur Auswertung keine temperaturabhängigen Materialparameter benutzt werden

müssen. Es liefert das Integral der spezifischen Wärmekapazität im unterkühlten Bereich und

ermöglicht so die Bestimmung der mittleren spezifischen Wärmekapazität. Zur temperatur-

aufgelösten Auswertung der spezifischen Wärmekapzität müssen mehrere Messungen durch-

geführt werden und weitere Informationen zur Temperaturabhängigkeit der spezifischen Wär-

mekapazität vorhanden sein. Da nicht jede beliebige Unterkühlung eingestellt werden kann,

ist eine kontinuierliche Aufnahme von Meßdaten nicht möglich. Besonders eine Messung

ohne Unterkühlung gestaltete sich schwierig. Die Methode ist im Prinzip sehr genau, da die

Messung auf die sehr gut meßbaren Größen Temperatur- und Zeitdifferenz reduziert werden

kann.

Das Abkühl- und das Haltezeit-Meßverfahren sind unabhängig voneinander und können in

einem Abkühl-Experiment durchgeführt werden. Die benutzten Informationen werden zu

unterschiedlichen Zeiten aus den Meßdaten gewonnen.

Die Messungen mittels der DSC erfordern einen erheblichen Zeitaufwand und die Wahl eines

geeigneten Tiegelmaterials ist für eine erfolgreiche Messung von entscheidender Bedeutung.

Nennenswerte Unterkühlungen sind bei dieser Methode nicht zu erwarten.

5.5 Exkurs: Bestimmung der Emissivität

aus dem spezifischen elektrischen

WiderstandDie beim Abkühl-Meßverfahren gewonnene Meßgröße gibt das Verhältnis der spezifischen

Wärmekapazität zur totalen hemisphärischen Emissivität an. Zur Bestimmung der spezifi-

schen Wärmekapazität muß daher die hemisphärische Emissivität bekannt sein. Sie kann für

saubere Oberflächen aus dem spezifischen elektrischen Widerstand bestimmt werden, sofern

die Zusammensetzung der Oberfläche sich von der Probenzusammensetzung nicht unterschei-

det. Für amorphe Cu-Zr-Legierungen ist der spezifische elektrische Widerstand (Kapitel 3)

bekannt. Im Folgenden Abschnitt 5.5.1 wird der Zusammenhang zwischen der Emissivität

und dem spezifischen elektrischen Widerstand kurz erläutert. Die Übertragbarkeit auf

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69

amorphe Stoffe insbesondere auf Cu-Zr-Legierungen wird im Abschnitt 5.5.2 und 5.5.3 ein-

gegangen.

5.5.1 GrundlagenDie Strahlung eines schwarzen Körpers ist nach dem Planckschen Strahlungsgesetz im

Wellenlängenintervall dλ durch:

( ) λλ

λλλ

d

e

chdE

Tk

ch

1

15

2

= ( 5.28 )

λ : WellenlängeT : Temperaturc : Lichtgeschwindigkeith : Plancksches Wirkungsquantumk : Boltzmann-KonstanteE(λ): Strahlungsenergie im Wellenlängenintervall

gegeben. Für nicht-schwarze Strahler wird ein Korrekturfaktor, die Emissivität im Wellen-

längenintervall (ε(λ)), eingeführt. Er ist von der Temperatur und vom Beobachtungswinkel

(ϕ) abhängig.

Neben der soeben eingeführten spektralen Emissivität in einen Wellenlängenintervall sind

noch zwei weitere Emissivitäten von Interesse. Die totale Emissivität wird bei konstanter

Temperatur über alle Wellenlängen ermittelt. Sie wird entweder für die senkrecht zur Ober-

fläche emittierte Strahlung (εnor) oder für die in alle Beobachtungswinkel der Oberfläche (εtot)

emittierte Strahlung angegeben. Letztere ist die in allen anderen Teilen dieser Arbeit angege-

bene Emissivität.

Die totale normale Emissivität ist durch:

( ) ( )

( )∫

∫∞

=

0

0

λλ

λλλεε

dE

dE

nor ( 5.29 )

und die totale hemisphärische Emissivität durch:

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70

( )

( )∫

∫ ∫∞

ΘΘ=

0

0

2

0

2sin),(

λλ

λλλεε

π

dE

ddE

tot ( 5.30 )

definiert. Diese beiden Emissivitäten sind aufgrund der Materialeigenschaften von Metallen

und des Wienschen Verschiebungsgesetzes temperaturabhängig.

Der Energiefluß der Strahlung spaltet sich an Grenzflächen in Absorption, Reflexion und

Transmission auf. Aus thermodynamischen Gründen ist das Emissionsvermögen eines Stoffes

gleich seinem Absorptionsvermögen. Metalle besitzen im sichtbaren und infraroten Spektral-

bereich kein Transmissionsvermögen. Daher kann nach dem Kirchhoffschen Gesetz in diesem

Temperaturbereich aus dem Reflexionsvermögen direkt auf das Emissionsvermögen

geschlossen werden. In der Literatur (z.B. [159]) ist die Darstellung durch die Reflexion (R)

verbreiteter und wird der Einfachheit halber übernommen.

Die Bestimmung der winkelabhängigen Reflexion kann durch die Fresnelschen Formeln

geschehen. Diese lauten für den schrägen Lichteinfall für die parallel bzw. senkrecht zur

Einfallsebene schwingende Komponente:

RpA E

A E

=−+

sin ( )sin ( )

2

2

ϕ ϕϕ ϕ

( 5.31 ),

RsA E

A E

=−+

tan ( )tan ( )

2

2

ϕ ϕϕ ϕ

( 5.32 ).

Zwischen dem Einfallswinkel (ϕE) und dem Ausfallswinkel (ϕA) des gebrochenen Lichtes an

der Grenzfläche zwischen dem Vakuum und dem Stoff gilt das Brechungsgesetz, das diese

Winkel mit der Brechzahl (n) des jeweiligen Mediums verknüpft. Es lautet:

n nvac E Stoff Asin sinϕ ϕ= ( 5.33 ).

Die Abhängigkeit der Reflexion von dem Einfallswinkel und der Wellenlänge kann zur Kali-

brierung von Pyrometern wie aus Abbildung 5.5 ersichtlich [160] oder zur Bestimmung des

Real- und des Imaginärteils des Brechungsindexes benutzt werden [161]. Diese Messungen

sind in dem in Bremen realisierten elektrostatischen Levitator nicht durchführbar. Mit dem

benutzten Pyrometer kann bei den eingesetzten Proben der Winkelbereich von 40° bis 90°

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71

nicht räumlich aufgelöst betrachtet werden, da der Meßfleckdurchmesser des Pyrometers

0,4 mm beträgt.

Abbildung 5.5: Winkelabhängigkeit der Strahlungsintensität von flüssigem Roheisen. Mit II ist die parallel zur

Einfall- bzw. Emissinonsebene schwingende und mit | die senkrecht dazu schwingende Komponente bezeichnet.

Die Abbildung ist der Originalarbeit von Pepperhoff [160] entnommen.

Das Reflexionsvermögen als Funktion der Wellenlänge der Metalle läßt sich aus deren ima-

ginären Brechungsindex ( )κin + mit der folgenden Gleichung bestimmen:

Rn nn nλ

κκ

=− ++ +

( )( )

02 2

02 2 ( 5.34 ).

In unserem Fall befindet sich das Objekt im Vakuum und der Brechungsindex der Umgebung

(no) beträgt 1. Der komplexe Brechungsindex hängt von der relativen Dielektrizitätskonstan-

ten (εr), der elektrischen Leitfähigkeit (σ) und der Kreisfrequenz ab. Die Beziehungen lauten,

mit ε0 für die elektrische Feldkonstante, für den Realteil (siehe z.B. [10, S. 688]):

n r r2

0 02

2

202

12 4

= ± +

ε ε ε ε

σω ε

( ) ( 5.35 )

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und für den Imaginärteil:

κ ε ε ε εσω ε

20 0

22

202

12 4

= − ± +

r r( ) ( 5.36 ).

Die Polarisierbarkeit von Metallen kann ebenfalls mit der elektrischen Leitfähigkeit in Zu-

sammenhang gebracht werden. Dielektrische Verluste treten erst bei höheren Frequenzen auf,

da Fehlanpassung der kollektiven Schwingung der Elektronen gegenüber den Rumpfionen

(Plasmaschwingung) erst jenseits der Plasmafrequenz einsetzen.

Für Metalle liegt die Plasmafrequenz, bei der zu kürzeren Wellenlängen hin die Transparenz

einsetzt, im ultravioletten Spektralbereich. Das hohe Reflexionsvermögen der Metalle im

sichtbaren und infraroten Spektralbereich (metallischer Glanz) ist eine Konsequenz der freien

Elektronen. Für das frequenzabhängige Reflexionsvermögen R(ω) gilt in diesem Bereich

näherungsweise die Hagen-Rubens-Beziehung [162] (Die Verhältnisse sind in Wirklichkeit

komplizierter wie in [10, S. 704] nachgelesen werden kann):

σωε

ω 0221)( −=R ( 5.37 ).

Die Emissivität für metallische Stoffe kann damit aus der elektrischen Leitfähigkeit bzw. aus

dem spezifischen elektrischen Widerstand

=

σρ

1 und dem Frequenzspektrum nach dem

Planckschen Strahlungsgesetz abgeschätzt werden.

Die gezeigte Abhängigkeit der Emissivität vom elektrischen Widerstand und der Temperatur

wurde von [153, 163-167] untersucht. Ein Ergebnis dieser Untersuchungen sind die fol-

genden Gleichungen für die totale normale und hemisphärische Emissivität von Metallen als

Funktion des spezifischen elektrischen Gleichstrom-Widerstandes (in Ω cm angegeben) und

der Temperatur (in K):

3

0584,0178,0578,0 TTTnormal ρρρε +−= ( 5.38 ),

3

0175,0)]ln(0889,0309,0[766,0 TTTTtot ρρρρε +−−= ( 5.39 ).

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73

Die Gleichung 5.38 beruht auf den Berechnungen von Foote [163] auf der Grundlage des

Planckschen Strahlungsgesetzes und der Hagen-Rubens-Beziehung und wurde später modifi-

ziert [166]. Zur Berechnung der hemisphärischen Emissivität wurden von Davisson und

Weeks zusätzlich die Fresnel-Gleichungen benutzt [164]. Auf dieser Grundlage wurde von

Parker und Abott [165] die Gleichung 5.39 berechnet. Die Verifikation dieser Gleichungen

erfolgte soweit dies aus der zitierten Literatur hervorgeht nur für reine Metallle.

Die Unzulänglichkeiten bei der Nutzung der Hagen-Rubens-Beziehung [165] über den ge-

samten Temperatur- und Spektralbereich sowie des Gleichstromwiderstandes [167] führten zu

komplexeren Beschreibung mit zusätzlichen Parametern.

5.5.2 Übertragbarkeit auf amorphe StoffeBei einer Übertragung der Formeln 5.38 und 5.39 auf Legierungen und amorphe bzw. flüssige

Metalle sind deren besondere Eigenschaften zu beachten.

Der spezifische elektrische Widerstand reiner Metalle wird durch Stöße mit Gitterschwingun-

gen (Phononen) vermittelt. Zusätzliche Beiträge liefern Verunreinigungen, Fehlstellen und

Gitterbaufehler. Nach der Matthiesschen Regel kann der spezifische elektrische Widerstand

durch einen temperaturabhängigen Anteil des reinen Metalls und einen temperaturunabhängi-

gen Anteil, der von der Störstellen- bzw. Fremdatomkonzentration abhängt, beschrieben wer-

den. Der spezifische Widerstand von Legierungen ist nur gering von der Temperatur abhän-

gig, da der Beitrag der Störstellen überwiegt. Der flüssige bzw. der amorphe Zustand ist da-

durch gekennzeichnet, daß hier zusätzliche Störungen in den Stoff eingebaut werden. Diese

können als Legierungskomponente angesehen werden, die den Beitrag der Störstellen zum

spezifischen Widerstand erhöhen und dessen Temperaturabhängigkeit verringert [169]. Als

Beispiel kann Quecksilber, ein reines Metall, das bei Zimmertemperatur flüssig ist, herange-

zogen werden. Zum Vergleich sind in Tabelle 5.2 einige ausgewählte Werte zum spezifischen

elektrischen Widerstand bei Zimmertemperatur zusammengestellt. Die Daten für die Cu-Zr-

Legierung belegen, daß durch die Amorphisierung der spezifische Widerstand deutlich ange-

hoben wird und seine Temperaturabhängigkeit weiter zurückgeht.

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74

Stoff Spezifischer elektrischerWiderstand [µΩΩ cm]

Widerstandsbeiwert[x 10-3 1/K]

Kupfer 1,7 3,8

Wolfram 5,5 4,1

Quecksilber 96 0,92

Manganin 43 0,02

Kanthal A1 145 0,06

KristallineCu-Zr-Legierung

100 0,52

AmorpheCu-Zr-Legierung

170 -0,07

Tabelle 5.2: Spezifischer elektrischer Widerstand und dessen Temperaturkoeffizient für verschiedene Elemente,

Legierungen und amorphes Cu-Zr bei Zimmertemperatur. Nach [96, 168, 10, S. 547]

Es ist davon auszugehen, daß es zu einer Angleichung der spezifischen elektrischen Wider-

stände und deren Temperaturkoeffizienten von amorphen Festkörper und Schmelze kommt.

Die Regel von Mooij [170] besagt, daß bei einem spezifischen elektrischen Widerstand von

etwa 150 µΩ cm ein Vorzeichenwechsel beim Temperaturkoeffizienten des spezifischen

Widerstandes erfolgt. In der näheren Umgebung dieses spezifischen Widerstandes ist dieser

nur schwach temperaturabhängig [47, S. 300]. Dies trifft offensichtlich auf die hier unter-

suchten amorphen Cu-Zr-Legierungen und deren Schmelzen zu.

Die Anwendung der angeführten Theorie zur Emissivität auf flüssige Metalle setzt voraus,

daß die Eigenschaften der metallischen Bindung, deren wesentliches Charakteristikum das

freie Elektronengas ist, eine Entsprechung im flüssigen Zustand besitzt. Ziman [171] geht in

seiner Theorie der Leitfähigkeit flüssiger Metalle davon aus, daß die Valenzelektronen das-

selbe Verhalten wie freie Elektronen im Metall aufweisen. In der Schmelze existiert daher ein

freies Elektronengas. Aufgrund der unterschiedlichen Elektronen- und Fehlstellenkonzentra-

tion ist mit einer leichten Verschiebung der Plasmakante zu rechnen.

Beim Kupfer befindet sich die Plasmakante bei etwa 150 nm. Trotzdem findet eine nennens-

werte Absorption im sichtbaren Spektralbereich statt, wie die rötliche Farbe von Kupfer be-

legt. Hierfür werden Interbandübergänge verantwortlich [172] gemacht. Kupfer weicht im

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untersuchten festen Zustand von den Gleichungen 5.38 und 5.39 ab und besitzt höhere

Emissivitäten [167]. Dies kann mit den erwähnten Interbandübergängen in Verbindung

gebracht werden.

Aufgrund des weißen, silbrigen Glanzes des geätzten Zirkoniums werden hier Interbandüber-

gänge ausgeschlossen. Die Plasmakante wird oberhalb 150 nm vermutet, da die Leitfähigkeit

geringer als die von Kupfer ist. Es wird erwartet, daß die Hagen-Rubens-Beziehung im sicht-

baren Spektralbereich erfüllt ist.

Die angefertigten Cu-Zr-Legierungen besitzen bei Zimmertemperatur alle einen silbrigen

Glanz. Sehr kupferreiche Legierungen zeigen dabei einen leichten rötlichen Schimmer.

Zirkoniumreiche Legierungen vermitteln dagegen einen weißen Farbeindruck. Die Wirkung

der Interbandübergänge ist dem optischen Eindruck nach weitgehend aufgehoben.

Für die untersuchten Schmelzen wird ein geringfügiges Wandern der Plasmakante aufgrund

des höheren elektrischen Widerstandes in Richtung des sichtbaren Spektralbereiches erwartet.

Interbandübergänge und damit verbundene höhere Emissivitäten werden aufgrund der fehlen-

den Gitterstruktur in der Schmelze nicht erwartet. Für die unterkühlten Schmelzen werden

ebenfalls keine drastische Änderung der Emissivität erwartet, da keine signifikanten Struktur-

änderungen gegenüber der stabilen Schmelze auftreten. Zum Einfluß einer möglichen Ober-

flächensegregation kann anhand der Literatur hier keine Aussage gemacht werden.

5.5.3 Berechnete Emissivitäten der

untersuchten Cu-Zr-LegierungenDie Gleichung 5.39 beschreibt die Emissivität von festen, metallisch glänzenden Metallen

gut. Das temperaturabhängige Verhalten von metallisch glänzenden und farbigen Metallen

wird ebenfalls durch diesen Ansatz gut erfaßt. Abweichungen, die durch den spezifischen

elektrischen Widerstand bei tiefen Temperaturen bedingt sind (z.B. Kondoeffekt, Supralei-

tung) können in der Schmelze ebenso vernachlässigt werden wie die durch Festkörpereigen-

schaften verursachte Farbigkeit. Daher wird dieser Ansatz zur Bestimmung des Zusammen-

hanges zwischen dem spezifischen elektrischen Widerstand der Schmelze und der Emissivität

benutzt. Diese Entscheidung wird auch durch die Nutzung dieses Ansatzes bei vergleichbaren

Experimenten [173-175] gestützt. Auf die Nutzung der Ansätze, die unter Berücksichtigung

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der Oberflächen- und Wechselstromeffekte sowie der modifizierten Hagen-Rubens-Be-

ziehung entstanden wird verzichtet, da diese den Gewinn an Genauigkeit durch die Nutzung

weiterer Parameter erzielen. Diese Parameter sind für die untersuchten Legierungen nicht

bekannt.

Für Cu-Zr-Proben sind keine Daten zum spezifischen elektrischen Widerstand bei Schmelz-

temperatur und höheren Temperaturen verfügbar. Die Bestimmung des spezifischen Wider-

standes bei Schmelztemperatur erfolgt aus den Meßdaten der amorphen und der kristallinen

Phase (Gleichung 3.3 bzw. Tabelle 3.2) und ihres Temperaturkoeffizienten bei Zimmer-

temperatur mit einem linearen Ansatz. Daraus ergeben sich die in Tabelle 5.3 zusammen-

gestellten Emissivitäten.

Legierungat% Zr

Emissivität bei Tm

(flüssig)Emissivität bei Tm

(fest)

38 0,245 0,252

41 0,245 0,265

44 0,243 0,255

50 0,245 0,25

54 0,243 0,236

67 0,24 0,222

72 0,237 0,23

Tabelle 5.3: Nach Gleichung 5.39 berechnete hemisphärische Emissivitäten der untersuchten Cu-Zr-

Legierungen. Für den spezifischen elektrischen Widerstand wurde die Angaben entsprechend Gleichung 3.3

bzw. Tabelle 3.2 benutzt.

Der spezifische elektrische Widerstand ist von der Dichte und freien Weglänge der Ladungs-

träger abhängig. Der Einfluß der elektrostatischen Levitation auf die Ladungsträgerdichte

wird im Anschluß betrachtet. Damit die Proben levitiert werden können, werden diese positiv

aufgeladen, d.h. die Ladungsträgerdichte wird vermindert. Wie im Anhang 10.2 dargestellt,

beträgt die Probenladung etwa 1010 Elektronen. An der Oberfläche der eingesetzten Proben

befinden sich etwa 1014 Elektronen. Aus dem Vergleich der Ladungsträgeranzahl ist ersicht-

lich, daß der Einfluß des elektrostatischen Feldes auf die Emissivität vernachlässigbar ist.

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Dies gilt auch für den oberen Bereich der Probe, in dem die Probenladung um etwa den

Faktor 3 verstärkt wird.

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6 ExperimenteIn diesem Kapitel werden die duchgeführten Versuche beschrieben. Für den Einsatz im

elektrostatischen Levitator wurden insgesamt 7 Cu-Zr-Legierungen und 3 mehrkomponentige

glasbildende Legierungen präpariert. Die Präparation der Cu-Zr-Proben wird in Abschnitt 6.1

erläutert. Die 3 weiteren Legierungen werden zusammenfassend im Anhang 10.1 behandelt,

da sie nicht für die systematische Untersuchung des Cu-Zr-Legierungssystems vorgesehen

waren. Sie wurden zur Demonstration der Leistungsfähigkeit der elektrostatischen Levitation

untersucht. Die in diesem Kapitel gemachten Angaben zur Durchführung der Experimente

gelten für diese Legierungen sinngemäß. Die nachfolgenden Abschnitte 6.2 und 6.3 befassen

sich mit der Versuchsdurchführung am elektrostatischen Levitator sowie mit der Erfassung

und Aufbereitung der Meßdaten. In Abschnitt 6.4 werden weitere Untersuchungen mittels

der DSC mit dem Ziel der Bestimmung der spezifischen Wärmekapazität und spezifischen

Schmelzwärme beschrieben. Die zur Ermittlung der spektralen Emissivität (ελ) erfolgten

Versuche in einem Vakuumofen sind in Abschnitt 6.5 dargestellt.

Anmerkung: Es ist im physikalischen Sprachgebrauch üblich, mit dem Wort Fit sowohl eine

Regressionsanalyse als auch deren Ergebnis, in der Regel eine Kurve, zu bezeichnen. Aus

Gründen der Sprachvereinfachung wird dies im Folgenden ebenso gehandhabt.

6.1 ProbenherstellungFür die Experimente im elektrostatischen Levitator wurden die in Tabelle 6.1 aufgeführten 7

kongruent schmelzenden Legierungen im Konzentrationsbereich von 38 bis 72 at%

Zirkonium in Kupfer hergestellt. Die Präparation der Proben erfolgte durch Abwiegen und

Ätzen der einzelnen, reinen Komponenten. Das Ausgangsmaterial wurde von der Firma

Goodfellow bezogen. Als Säurebad für Kupfer diente Salpetersäure (HNO3) in unterschied-

lichen Konzentrationen kleiner 67 vol% und für Zirkonium 5 vol%ige Flußsäure (HF). Die

Proben wurden nach dem Ätzen mit destilliertem Wasser und Alkohol gespült. Anschließend

wurden die Komponenten im Lichtbogenofen gemeinsam aufgeschmolzen. Die Proben bzw.

die Probenbestandteile wurden nach jedem Präparationsschritt abgewogen.

Nach dem Aufschmelzen im Lichtbogenofen waren die Proben annähernd rund und wiesen

eine metallisch glatte Oberfläche auf. Die silberne Farbe variierte geringfügig zu einem gelb-

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lichen Farbton, wenn der Kupferanteil auf etwa 60 at% erhöht wurde. Proben mit etwa 80 at%

Kupfer wiesen eine eindeutige kupferne Grundfarbe auf. Inhomogenitäten der Oberflächen-

morphologie konnten mit dem Auge erst bei Proben ab 4 mm Durchmesser beobachtet wer-

den. Kleinere Proben waren dem äußeren Anschein nach immer homogen.

LegierungCu1-xZrx

Schmelztemperatur[K]

Anzahldichte[mol/kg]

Bemerkung

0,38 1158 13,49 Eutektikum

0,41 1168 13,34 Cu10Zr7

0,44 1163 13,21 Eutektikum

0,5 1208 12,92 CuZr

0,54 1201 12,73 Eutektikum ?

0,67 1273 12,19 CuZr2

0,72 1268 11,96 Eutektikum

Tabelle 6.1: Übersicht der untersuchten Cu-Zr-Legierungen und weitere ausgewählte Daten.

Nach der Legierung erfolgte die Bestimmung der Zusammensetzung der Cu-Zr-Proben durch

die Summation der Gewichtsverluste. Diese wurden bei den Erwärmungsvorgängen immer

der Kupferkomponente in Rechnung gestellt, da der Dampfdruck von Kupfer den von Zirko-

nium um mehrere Größenordnungen übersteigt. Aus diesem Grunde wurden die Proben

immer mit einem geringen Kupferüberschuß präpariert. Die Bestimmung der Zusammen-

setzung in at% erfolgte bis auf die dritte Stelle genau und wird immer auf die zweite Stelle

gerundet angegeben.

Für den Einsatz im elektrostatischen Levitator wurde eine Probengröße von etwa 3 mm im

Durchmesser angestrebt. Dies entspricht einer Probenmasse von etwa 100 mg oder einer

Stoffmenge von einem mMol.

Zur Untersuchung des Einflusses der Probenmasse auf die erreichbare Unterkühlung bzw.

Keimbildung wurden unterschiedliche Probenmassen mit einer Zusammensetzung von 67 at%

Zirkonium untersucht. Diese Legierung eignete sich wegen ihrer Unterkühlbarkeit für diese

Untersuchungen besonders gut. Es wurden hierfür Proben mit etwa 1,5 mm bis 4 mm Durch-

messer hergestellt.

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81

6.2 VersuchsdurchführungDie Proben wurden für den jeweiligen Einsatz im Levitator zeitnah präpariert und die Experi-

mentierzeit beschränkt, da reine Zirkonium-Proben eine Alterung nach der Präparation so-

wohl während längerer Versuche im elektrostatischen Levitator als auch nach einer längeren

Lagerung zeigen. In diesem Zusammenhang wird an den Einfluß der Oxidation im Zusam-

mensetzungsbereich zwischen 50 bis 60 at% Zirkonium wird erinnert (siehe Kapitel 3).

Abbildung 6.1: Abkühlkurve einer Cu-Zr-Legierung mit 37 at% Zirkonium. Im schmelzflüssigen Bereich ist den

Rohdaten das Regressionsergebnis des analytischen Fits überlagert. Der Pfeil markiert eine Festkörperumwand-

lung.

Zur Messung im elektrostatischen Levitator wurde die Probe nach dem Einsetzen der Levita-

tion mit der Lichtbogenlampe beheizt. Zu Beginn eines jeden Abkühlexperimentes wurde eine

besonders hohe Temperatur angestrebt, um eventuell in der Schmelze vorhandene Strukturen

(Kupfer-Oxide, intermetallische Verbindungen) zu zersetzen. Das Abkühlexperiment wurde

durch das Einbringen eines Verschlusses in den Strahlengang eingeleitet und damit jeglicher

Energiefluß von der Heizung zur Probe unterbunden. Die Messung der Abkühlung der Probe

erfolgte mit dem Pyrometer. Der zeitliche Temperaturverlauf eines typischen Abkühlexperi-

mentes, die Abkühlkurve, ist in Abbildung 6.1 wiedergegeben. Mit der erneuten Beheizung

wurde bis zur vollständigen Erstarrung der Probe gewartet. Nach dem Ende der Erstarrung

erfolgte die Wiederbeheizung üblicherweise etwa 50 bis 100 K unterhalb der Schmelztem-

0 25 50 75 100Zeit [s]

500

750

1000

1250

Tem

pera

tur

(unk

alib

.) [

°C]

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peratur. Nur beim letzten Abkühlexperiment wurde die Temperatur bis etwa 600 K aufge-

zeichnet sofern die Probe nicht abstürzte.

Für die Auswertung der Abkühlkurven wurden an mindestens zwei Proben pro Legierung je-

weils zwei bis drei Unterkühlungsexperimente durchgeführt. Die ausgewählten Legierungen

erstarren in der Zusammensetzung der Schmelze und es tritt eine definierte Erstarrungstem-

peratur auf. Abweichungen von den eutektischen oder intermetallischen Verbindungen kön-

nen durch nicht-kongruentes Erstarren erkannt werden. Ein Beispiel für eine solche Erstar-

rung wird in Abbildung 6.2 gegeben. Diese Messungen sind nicht auswertbar.

Abbildung 6.2: Temperatur-Zeit-Darstellung einer nicht-kongruent erstarrenden Ni-Zr-Legierungs-Schmelze.

Zur Bestimmung der Dichte wurden von allen Cu-Zr-Legierungen Photographien der heißen

Proben angefertigt. Eine alternative Messung der Dichte bzw. Oberfläche erfolgte für einen

Teil der Proben in Zusammenarbeit mit der Universität Göttingen. Dort wurde für diesen

Zweck ein videogestütztes Meßverfahren entwickelt [176], dessen Einsatz im Rahmen des

TEMPUS-Projektes erfolgte. Ein Teil dieser Messungen wurde erstmals mit einer Hinter-

grundbeleuchtung durchgeführt.

6.3 Datenerfassung und DatenbearbeitungDieser Abschnitt befaßt sich mit der Erfassung und Bearbeitung der Meßdaten. Zu diesem

Zweck wurden elektronische Bauteile und Computer-Programme unterschiedlicher Hersteller

530 540 550 560

Zeit [s]

800

900

1000

1100

Tem

pera

tur

[K]

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benutzt. Zur Vermeidung von Artefakten wurde eine Überprüfung des Zusammenwirkens

dieser unterschiedlichen Komponenten durchgeführt. Technische Details der Datenerfassung

werden im Abschnitt 6.3.1 beschrieben. Der Abschnitt 6.3.2 beschäftigt mit der Gegenüber-

stellung des analytischen und des numerischen Auswerteverfahrens sowie mit der Wirkung

der Software auf die Meßdaten. Im Abschnitt 6.3.3 wird das konkrete Vorgehen bei der

Auswertung der Meßdaten beschrieben.

6.3.1 RohdatenerfassungZur Aufzeichnung der Abkühlkurve wurde ein vom Hersteller des Pyrometers geliefertes

Auslese- und Speicher-Programm1 und die Microsoft-Anwendungen2 Windows und Excel

benutzt. Die Temperatur-Meßdaten des Pyrometers wurden mit der höchsten technisch reali-

sierbaren Ausleserate erfaßt und jedem Meßwert vom Programm die Rechnerzeit zugeordnet.

Die Uhr des Rechners taktete in 50 bzw. 60 ms Schritten und war damit deutlich langsamer

als der Auslesetakt von 8,5 ms. Jeder Rechnerzeit waren daher mehrere Temperaturmeßwerte

zugeordnet. Die Auflösung der Zeitachse wurde nachträglich durch Dividieren der individuel-

len Meßzeit des Abkühlexperimentes (etwa 30 Sekunden) durch die Anzahl der in dieser Zeit

gesammelten Meßwerte erhöht. Dabei wurde von einer äquidistanten Schrittweite der Meß-

werte ausgegangen. Das Arbeitsprogramm des Pyrometers arbeitete interruptgesteuert, unter-

brach also den Auslesemodus, um eine Tastaturabfrage durchzuführen und arbeitete unter

dem Betriebssystem Windows 98. Obwohl die Problematik einer äquidistanten Schrittweite

somit offenkundig ist, konnten keine Zeitsprünge der Meßdaten beobachtet werden und die

Annahme einer äquidistanten Schrittweite erscheint gerechtfertigt.

Das Pyrometer war in der Lage, Temperaturänderungen innerhalb von 1 ms auf 1 K genau zu

erfassen. Durch einen Test wurde festgestellt, daß immer der höchste Meßwert eines 8,5 ms

dauernden Auslesetaktes ausgelesen wurde. Systematische Meßfehler aufgrund dieser Tat-

sache konnten durch Simulation erst bei Änderungsgeschwindigkeiten der Temperatur von

etwa 100 K s-1 erreicht werden. Bei den durchgeführten Experimenten wurden solche Än-

derungsgeschwindigkeiten nur beim Start eines Abkühlexperimentes und während der Reka-

leszenz erreicht.

1 IGA 10 der Firma IMPAC ELEKTRONIK GMBH, Frankfurt (Main) 1996.2 Produkte und Warenzeichen der Microsoft Corporation.

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Der Nullpunkt der Zeitachse wurde zur einheitlichen und vergleichbaren Darstellung der Mes-

sungen bei jedem Abkühlexperiment auf 110% der Schmelztemperatur und bei der Cu-Zr-Le-

gierung mit 67 at% Zirkonium aus technischen Gründen auf 106% festgelegt. Die Konstruk-

tion der Temperaturachse erfolgt durch das Kalibrieren der gemessenen Temperatur während

des Erstarrungsplateaus auf die bekannte Schmelztemperatur. Die spektralen Emissivitäten

der flüssigen und der festen Phasen unterscheiden sich bei der zur Messung benutzten

Wellen-länge (1,6 µm), wenn überhaupt, nur geringfügig, da diese sich jenseits der

Plasmakante im infraroten Bereich befindet. Die Temperaturaufzeichung des Pyrometers

erfolgte mit fest ein-gestellter Emissivität. Mit der vom Hersteller angegebenen

gerätespezifischen Pyrometer-gleichung kann die exakte Temperatur aus diesen Meßdaten

durch nachträgliche Berechnung mit der angegebenen Meßgenauigkeit des Pyrometers

ermittelt werden. Durch diese bei jeder Messung durchgeführten Kalibrierung werden

experimentelle Meßfehler (z.B. durch be-dampfte Optiken, geänderte räumliche

Anordnungen) ausgeschlossen und die Meßgenauigkeit erhöht.

Die auf diese Weise skalierten Daten werden als Rohdaten bezeichnet und stellen die Grund-

lage für die Auswertung der spezifischen Wärmekapazität dar. Sie wurden aus den Meßdaten

durch elementare mathematische Operationen generiert. Eine Filterung fand nicht statt.

Die Temperaturmessung wird durch die vorhandenen, geringen Eigenbewegungen der Probe

nicht beeinflußt, sofern senkrecht zur Probenoberfläche gemessen wird und die vertikalen

Eigenbewegung gering zur Brennweite des Pyrometers ist.

Die Messung senkrecht zur Probenoberfläche kann durch Verschieben der levitierenden Probe

sichergestellt werden. Zur Justage wird das Spiegelbild der Bohrung für das Visier des Pyro-

meters in der oberen Kondensatorplatte auf der Oberfläche der Probe ins Zentrum des Visiers

gebracht (siehe Abbildung 4.4). Aufgrund fehlender Oberflächenstrukturen der schmelzflüssi-

gen Probe kann eine Justage des Abstandes nicht in situ erfolgen. Die Variation des Abstan-

des bei diesen Versuchen bewegt sich im Bereich von wenigen zehntel Millimetern und ist

daher bei einer Brennweite des Pyrometers von 160 mm vernachlässigbar.

Die Emissivität während des Erstarrungsplateaus änderte sich bei mehreren aufeinander

folgenden Messungen an ein und derselben Probe in der Regel nicht. Es gibt daher keine

Hinweise auf zeitabhängige Prozesse in der Probe, wie z.B. Oberflächensegregation, die die

Rohdaten verfälschen könnten.

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6.3.2 RohdatenaufbereitungDie Datenverarbeitung wurde durch das Programm Diagramm Plus 33 und Excel unterstützt.

Vor der Anwendung dieser Programme wurden einige Tests durchgeführt um sicherzustellen,

daß die Datenverarbeitung mit diesen Programmen mit den vorhandenen Daten nur die ge-

wünschten Operationen durchführen.

Die Rohdaten liegen diskret als Temperatur-Zeit-Relation vor. Zur Auswertung wird zusätz-

lich die zeitliche Änderung der Temperatur als Funktion der Temperatur benötigt.

Für die Auswertung nach dem numerischen Auswerteverfahren ist eine Bearbeitung der Roh-

daten durch die Bildung der numerischen Ableitung erforderlich. Diese wurde durch die

Berechnung der mittleren Steigung in einem (Differentiations-)Intervall bestimmt. Prob-

lematisch bei der Bildung dieser Ableitung ist die Differentiations-Intervallänge. Die

Differentiation wurde mit unterschiedlichen Differentiations-Intervallen von 50 bis 1000 ms

durchgeführt, um die optimale Differentiations-Intervallgröße zu ermitteln. Sie ist von der

Änderungsgeschwindigkeit der Temperatur abhängig. Zu Beginn der Messung sind kürzere

Differentiations-Intervalle geeigneter, da die Änderungsgeschwindigkeit hier größer ist. Die

Auswertung wurde bei den hier vorgestellten Beispielen mit einer festen Intervallänge von

200 ms durchgeführt. Dies entspricht einer Mittelung über etwa 25 Meßwerte.

Die numerische Auswertung der Rohdaten hat den grundsätzlich Nachteil, daß der Beginn

und das Ende der Abkühlkurve nicht berücksichtigt werden können. Die Meßergebnisse sind

dort unstetig, sodaß die Differentiations-Intervalle dort nicht korrekt ausgewertet werden. Der

auswertbare Meßbereich verringert sich dadurch.

Es wurde auch untersucht, ob durch Polynom-Fits der Rohdaten und der numerisch differen-

zierten Rohdaten die Auswertung verbessert werden kann. Dabei wurde festgestellt, daß ein

Polynom-Fit über den gesamten schmelzflüssigen Bereich nicht die Güte des im Folgenden

beschriebenen Fits erreicht. Diese Vorgehensweise führte trotz des größeren Aufwandes nicht

zu einer Verbesserung des Ergebnisses und wurde deshalb nicht weiter verfolgt.

Bei der erfolgversprechenden analytischen Auswertung wird der Kehrwert der dritten Potenz

der Rohdaten gebildet und durch einen Fit (T-3-Fit) angenähert (in Abbildung 6.6). Aus dem

3 Diagramm Plus, Matthias Vojta Softwareentwicklung, Dresden 1997.

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T-3-Fit wird dann die Temperatur-Zeit-Relation konstruiert. Diese Konstruktion wird im fol-

genden ebenfalls als T-3-Fit bezeichnet, da eine Verwechslung durch den Kontext ausge-

schlossen ist (in Abbildung 6.5). Aus diesem Fit wird die zeitliche Änderung der Temperatur

durch die analytische Ableitung der Fit-Funktion nach der Zeit gebildet. Die Darstellung des

Ergebnisse erfolgt durch eine Parameterdarstellung mit dem Parameter Zeit. Vor der Anwen-

dung dieses Fit-Verfahrens wurden die Einflüsse der Ordnung des Fit-Polynoms, der Lage des

Nullpunktes innerhalb des schmelzflüssigen Bereiches und der Fit-Intervallänge untersucht.

Abbildung 6.3: Exemplarische Darstellung des Fehlers des T-3-Fit-Verfahrens. Der angezeigte Fehler wird

durch: 3

33

)(

)()(−

−− −−=

tRohdaten

tFitTtRohdatenFehler berechnet. Die Probe kühlt von links nach rechts ab und befindet

sich am rechten Bildrand im unterkühlten Zustand.

Für den Bereich der Schmelze der Cu-Zr-Legierungen hatte sich ein quadratischer T-3-Fit der

Meßwerte in der Form von:

13

2

Ta t b t c= + + ( 6.1 )

als völlig ausreichend herausgestellt (mit a, b, c als Fit-Parameter und t für die Zeit). Der

Fehler der einzelnen Variablen lag im Bereich von zehntel Promille und war damit geringer

als der Fehler aus der Temperaturmessung (1,2% bis 1,8%). Der Differenz zwischen dem

Kehrwert der dritten Potenz der Rohdaten und dem T-3-Fit (normiert durch die Rohdaten) ist

in Abbildung 6.3 exemplarisch dargestellt. Ein Fehler von 0,5% in der T-3 Darstellung ent-

-7 0 7 14 21

Zeit [s]

-0.01

-0.005

0

0.005

0.01

Fehl

er

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spricht bei einer Temperatur von 1200 K etwa 2 K. Die Güte konnte durch ein Polynom

höherer Ordnung nicht verbessert werden. Die für die analytische Auswertung benötigte

Steigung s der Temperatur-Zeit-Relation folgt direkt aus der Ableitung der Gleichung 6.1:

btas += 2 ( 6.2 ).

Die Lage des Nullpunktes innerhalb des schmelzflüssigen Bereiches hatte keinen Einfluß auf

die Güte des Fits.

Bei der Wahl der Länge des Auswerteintervalls sind rechentechnische und physikalische As-

pekte zu beachten. Letztere beruhen auf den Effekten, die zu einer Änderung der spezifischen

Wärmekapazität der Schmelze führen. Diese setzen bei einer typischen Temperatur merklich

ein und verstärken sich mit zunehmender Unterkühlung (Loch-, Cluster- oder Assoziatbil-

dung). Ein quadratischer Fit kann mit großer Güte nur dann an die Meßwerte angepaßt wer-

den, wenn er nicht zu große Bereiche verschiedener Phänomene mit unterschiedlichen Tem-

peraturabhängigkeiten der spezifischen Wärmekapazität umfaßt. Dies wurde bei Cu-Zr-Le-

gierungen nicht beobachtet. Bei den im Anhang 10.1 untersuchten Stoffen wurden allerdings

Fit-Funktionen 3. und 4. Ordnung benötigt, um befriedigende Fit-Ergebnisse zu erhalten. Es

Abbildung 6.4: Ergebnis der analytischen Auswertung von vier aufeinanderfolgenden Messungen an einer

Probe. Mit Pfeilen sind zwei Messungen gekennzeichnet, die einen geringer Temperaturbereich abdecken. Die

Erklärung dieser Abbildung erfolgt im Text.

1000 1100 1200 1300 1400 1500

Temperatur [K]

150

160

170

180

190

200

Cp

/ε [

J m

ol-1

K-1

]

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ist dabei zu beachten, daß der Fit die temperaturabhängige Änderung der Emissivität ebenfalls

mit beinhaltet.

Als ein rechentechnischer Aspekt wird die bei kürzeren Intervallen auftretende geringfügige

Änderungen der spezifischen Wärmekapazitäten und ihrer Temperaturabhängigkeiten (siehe

Abbildung 6.4) betrachtet. Ein ähnliches Verhalten, d.h. steilerer Meßergebnisse bei Mes-

sungen mit geringer Unterkühlung, konnte bei allen untersuchten Cu-Zr-Legierungen fest-

gestellt werden. Um zu zeigen, daß dieses Verhalten auf die angewendete Rechentechnik bzw.

Software zurückzuführen ist, wurde eine Abkühlkurve (eine der nicht markierten Kurven aus

Abbildung 6.4) die den maximalen erreichbaren Meßbereich abdeckt in Abschnitte segmen-

tiert, die den mit Pfeilen gekennzeichneten Messungen in Abbildung 6.4 entsprachen. Diese

Segmente wurden dann separat ausgewertet. Die Ergebnisse dieser segmentiert ausgewerteten

Teilstücke weichen vom Ergebnis der nicht segmentierten Auswertung ab. Sie weichen quali-

tativ in der gleichen Weise wie die in Abbildung 6.4 mit den Pfeilen markierten Messungen

über kürzere Temperaturintervalle einer Probe ab. Das unterschiedliche temperaturabhängige

Verhalten der Segmente wurde daher mit der Rechentechnik des Fit-Verfahrens und der Aus-

lesesoftware des Pyrometers in Zusammenhang gebracht. Geringfügige systematische Ab-

weichung sind daher bei der Auswertung nicht auszuschließen.

Abbildung 6.5: Beispiel für eine Abkühlkurve und deren T-3-Fit. Der vergrößerte Ausschnitt rechts oben im Bild

zeigt die graphische Überlagerung der Rohdaten einer Abkühlkurve mit einsetzender Rekaleszenz und der gefit-

teten Abkühlkurve. Die Extrapolation des Fits ist strichpunktiert eingetragen. Die Güte des T-3-Fits läßt in der

Überlagerung nur geringe Differenzen erkennen. Die Überlagerung des T-3-Fits mit den Rohdaten des schmelz-

flüssigen Bereiches (großes Bild) zeigt ebenfalls eine sehr gute Übereinstimmung im gesamten Meßbereich.

15 16 17 181040

1060

1080

0 10 20 30

Zeit [s]

1000

1100

1200

1300

1400

Tem

pera

tur

[K]

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Zur Veranschaulichung der Güte des T-3-Fits ist dieser in den graphischen Darstellungen der

Rohdaten in den Abbildungen 6.1 und 6.5 mit eingezeichnet. Die Güte des Verfahrens wurde

regelmäßig durch solche optische Darstellungen überprüft. In dem vergrößert dargestellten

Bildausschnitt in Abbildung 6.5 läßt sich ablesen, daß der Fit in der näheren Umgebung der

Messung extrapoliert werden kann, wie dies strichpunktiert eingezeichnet ist.

Für eine erste Beurteilung der Messung ist die T-3-Auftragung der Rohdaten ebenfalls sehr

nützlich. Eine Umwandlung in der festen Phase deutet sich bei den unbearbeiteten Meßdaten

durch das Rauschen des Meßwertes an (in Abbildung 6.1 mit einem Pfeil gekennzeichnet). In

der T-3-Auftragung (Abbildung 6.6) erscheint dieser Vorgang als Knick in der Meßkurve so-

fern die spezifische Wärmekapazität bei der Umwandlung ihren Wert ändert, und sie ist er-

heblich einfacher zu identifizieren. Die kontinuierliche Änderung der Meßgröße, dem Ver-

hältnis von spezifischer Wärmekapazität zur Emissivität im flüssigen Bereich kann an der

deutlichen Krümmung der Meßkurve erkannt werden. Zum Vergleich ist in Abbildung 6.6

eine Ausgleichsgerade, die an die Anfangsdaten (3-5 Sekunde) angefittet ist, eingezeichnet.

Abbildung 6.6: T-3-Auftragung der Rohdaten von Abbildung 6.1 mit den eingezeichneten Fits der Meßdaten. Die

Probe ist etwa bis zur 25 Sekunde flüssig. In diesem Bereich ist ein quadratischer Fit (strichpunktiert) und ein

linearer Fit ( Fitintervall 3 und 5 Sekunde, gestrichelt) eingetragen. Die Rekaleszenz setzt etwa bei der 25

Sekunde ein. Anschließend folgt das Erstarrungsplateau. Ab der 40 Sekunde ist die Probe vollständig erstarrt

und die Abkühlung der festen Probe setzt ein. Im darauffolgenden Bereich wird der Abkühlkurve ein linearer Fit

(strichpunktiert) untergelegt. Der Pfeil markiert eine Festkörperumwandlung. Durch die dort stattfindende

sprunghafte Änderung der spezifischen Wärmekapazität wird ein weiterer linearer Fit notwendig (punktiert

eingetragen). Weitere Erläuterungen erfolgen im Text.

0 25 50 75 100

Zeit [s]

-Tem

pera

tur

(unk

alib

.)-3 [

1/K

3 ]

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Abschließend erfolgt in Abbildung 6.7 ein graphischer Vergleich der beiden Auswertever-

fahren. Dargestellt sind die nach dem jeweiligen Auswerteverfahren bearbeiteten Rohdaten.

Durch das Gleichsetzen der Gleichungen 5.9 und 5.13 wird deutlich, daß nähere Angaben zu

den Proben bei dieser Gegenüberstellung überflüssig sind und es erfolgt die Darstellung der

bearbeiteten Rohdaten entsprechend:

−=

T

TTs

R443

( 6.3 )

Auf der linken Seite der gekürzten Gleichung 6.3 befindet sich der Ausdruck des analytischen

und auf der rechten Seite der Ausdruck des numerischen Auswerteverfahrens.

Abbildung 6.7: Graphischer Vergleich der beiden Auswerteverfahren. Dargestellt sind die dem jeweiligen

Auswerteverfahren bearbeiteten Rohdaten entsprechend Gleichung 6.3. Bei der numerischen Auswertung verläßt

die Kurve am Anfang und am Ende der Auswertung die Abbildung nach oben.

Die numerische Auswertung ist stark verrauscht und weist in der Abbildung 6.7 im Mittel

höhere Werte als die analytische Auswertung auf. Hierfür wird die Auslese-Software des

Pyrometers verantwortlich gemacht, da sie die Temperatur systematisch geringfügig zu

höheren Werten hin verfälscht. Die Aussagekraft der aus der Differentiation gewonnenen

Ergebnisse ist am Beginn und am Ende der Messung ist deutlich eingeschränkt. Im

interessierenden unterkühlten Bereich ist die Auswertung etwa 40 K vor dem Einsetzen der

Rekaleszenz aufgrund des dort auftretenden Rauschens der Temperatur (vergleiche hierzu

1100 1200 1300 1400 1500

Temperatur [K]

1011

2.0

3.0

3 s-1

, TR 4

-T 4

T * -

1 [K

3 s]

Temperatur [K]

1011

2.0

3.0

3 s-1

, TR 4

-T 4

T * -

1 [K

3 s]

analytische Auswertung

numerische Auswertung

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91

auch Abbildung 6.5) nicht mehr nutzbar. Die in Abbildung 6.7 gewählte Intervallänge ist der

Änderungsgeschwindigkeit bei der Schmelztemperatur angepaßt.

Bei der experimentellen Anwendung erweist sich die numerische Auswertung als aufwen-

diger und fehleranfälliger als das analytische Auswerte-Verfahren. Ohsaka et al. weisen eben-

falls auf die Probleme bei der numerischen Auswertung hin [177]. Eine Verbesserung würde

durch eine dynamische Anpassung des Differentiations-Intervallänge unter der Berücksichti-

gung des Planckschen Strahlungsgesetzes erreicht werden. Diese Berücksichtigung des

Planckschen Strahlungsgesetzes ist aber zentraler Punkt beim analytischen Auswertever-

fahren.

Zum Aufspüren von Fehlmessungen, die sich aus der Konstruktion des Meßgeräts oder aus

Eigenschwingungen bzw. Rotationen der Probe ergeben, wurden die Daten mit Methoden der

Fast Fourier Transformation (FFT) untersucht. Es konnten dabei, abgesehen von der Auslese-

frequenz des Pyrometers, keine periodischen Vorgänge entdeckt werden.

6.3.3 Auswertung der RohdatenZur Auswertung wurde das analytische Auswerteverfahren benutzt, da es mit geringerem

Aufwand bessere Ergebnisse ermöglicht. Die aufbereiteten und überprüften Rohdaten wurden

für jede Probe individuell ausgewertet. Das Verhältnis der spezifischen Wärmekapazität zur

Emissivität sowie die Temperatur lag dann als Funktion der Zeit vor. Zur Darstellung der

Meßgröße entsprechend Abbildung 6.8 erfolgt die Konstruktion der Abszisse durch auflösen

von Gleichung 6.1 nach der Temperatur. Die Ordinate wurde aus der Gleichung 5.13 ent-

sprechend konstruiert. Beide Achsen sind dann durch eine Parameterdarstellung mit dem

Parameter Zeit definiert. Die Darstellung der Ergebnisse jeder einzelnen Probe erfolgte auf

diese Weise. Die Ergebnisse aller Proben einer Legierung wurden dann zusammengefaßt und

durch ein Polynom höherer Ordnung angefittet. Das Ergebnis ist dann eine Funktion der Tem-

peratur. In Abbildung 6.8 ist die Parameterdarstellung der ausgewerteten Einzelergebnisse

und der Polynom-Fit exemplarisch für die Legierung mit 67 at% Zirkonium dargestellt. Die

spezifische Wärmekapazität wurde aus diesem Fit durch Multiplikation mit der nach Ab-

schnitt 5.5.3 aus Gleichung 5.39 berechneten Emissivität berechnet.

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92

Abbildung 6.8: Exemplarische Darstellung der ausgewerteten Einzelmessungen (dünne, durchgezogene Kurven)

und deren Fit durch ein Polynom 4. Ordnung (dicke, gestrichelte Kurve).

Der Fehler dieses Fits beträgt etwa ±5 % und ist für die dargestellte Legierung besonders groß

da hier sehr viele unterschiedliche Probengrößen untersucht wurden. Für alle anderen

Legierungen wurden nur zwei Probengrößen untersucht wodurch sich der Fehler des Fits etwa

halbiert.

6.4 DSC MessungenDiese Messungen zur spezifischen Wärmekapazität wurden zur Bestimmung der totalen

Emissivität oberhalb der Schmelztemperatur vorgenommen. Durch den Vergleich mit den im

elektrostatischen Levitator gewonnenen Werten kann dann die totale Emissivität bestimmt

werden. Ziel ist die Extrapolation der Emissivität in den unterkühlten Bereich, um so einen

absoluten Meßwert für die spezifische Wärmekapazität zu erhalten. Gleichzeitig kann bei der

DSC-Messung die Schmelzenthalpie gemessen werden. Diese Größe wird zur Auswertung

nach dem Haltezeit-Meßverfahren benötigt.

1000 1100 1200 1300 1400 1500

Temperatur [K]

144

156

168

180C

P/ε

[J/

mol

/K]

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6.4.1 MessungGemessen wurde an Al2O3-Pulver, Silber und Cu-Zr-Legierungen mit 38, 41, 44, 54 und 67

at% Zirkonium. Silber und Al2O3-Pulver wurden zur Kalibration eingesetzt (Vergleichsdaten

aus [17, 178]). Alle Cu-Zr-Proben, mit Ausnahme der mit 38 at%, wurden zuvor im elektro-

statischen Levitator levitiert, aufgeschmolzen und unterkühlt.

Die Temperatur im DSC-Ofen wurde an drei Stellen ermittelt. Ein Thermoelement maß die

Ofenmanteltemperatur zur Regelung derselben. Diese Temperatur wurde nicht aufgezeichnet,

kann aber, sofern der Regler einwandfrei arbeitete, aus den vorhandenen Daten ermittelt

werden. Unter den Tiegeln befanden sich zwei weitere Thermoelemente. Sie zeichneten die

Temperatur des Referenztiegels und die Temperaturdifferenz zwischen Referenz- und Proben-

tiegel auf. Dieses Signal wurde, da sich die Vergleichsstelle im Ofen auf Ofentemperatur be-

fand, in µV angegeben. Die Empfindlichkeit dieser Temperaturmessung kann aus dem Signal

während einer Phasenumwandlung erster Ordnung bei bekannter Umwandlungsenthalpie be-

stimmt werden. Eine Neubestimmung ist für jede Meßanordnung notwendig.

Die Messung erfolgte unter Argongasatmosphäre bei etwa 110 kPa. Es wurde ein Gasfluß von

etwa 100 ccm/min eingestellt. Die verwendeten Tantaltiegel waren mit einem Deckel

versehen und wiesen eine Masse von etwa 2 g auf. Es konnte, wie erwartet, keine chemische

Reaktion des Probenmaterials mit dem Tiegelmaterial festgestellt werden. Das Tiegelmaterial

verminderte zudem die Gefahr einer Oxidation der Proben, da es den Restsauerstoff durch

Oxidation bindet. Es kam zu einer Benetzung des Tiegelmaterials durch die Proben. Bei

einigen Proben kroch ein Teil des Probenmaterials bis auf den Deckel und wies dort eine

gelbliche Farbe auf. Von einer Dekomposition der Probe während der Messung kann daher

ausgegangen werden.

Ein Meßzyklus bestand aus einer Anheizphase mit sehr hoher Heizrate, einer anschließenden

Haltezeit zum Einschwingen des Systems in den stationären Zustand, einer Meßphase mit

geringer Heizrate, einer Haltezeit und einer anschließenden Meßphase mit einer geringen

Kühlrate.

Zur Messung wurden jeweils zwei Zyklen im Intervall von etwa 0,9 Tm bis 1,1 Tm durch-

fahren. Die Heiz- und Kühlrate betrug 10 K/min. Zur Aufnahme der Grundlinie wurden mit

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einem Tiegelsystem drei Zyklen im maximal untersuchten Temperaturbereich durchfahren.

Mit einem Zyklus wurde ein weiteres Tiegelsystem ausgemessen.

6.4.2 KalibrierungDie Grundlinie war nur während der Kühlphase konvergent und damit für eine Auswertung

nutzbar. Das Rauschen des Signals betrug etwa 10%. Für das zweite Tiegelsystem konnte

diese Genauigkeit nicht erreicht werden.

Bei der Kalibriermessung mit Al2O3 konvergieren ebenfalls nur die Meßwerte der Kühlphase.

Im Gegensatz dazu konnten bei der Kalibriermessung mit Silber für die Heiz- und Kühl-

Phasen konvergierende Daten mit geringem Rauschen aufgenommen werden. Ein Sprung der

spezifischen Wärmekapazität am Umwandlungspunkt konnte nicht beobachtet werden. Dieser

beträgt nach SGTE [17] 1,5 J mol-1 K-1. Die Empfindlichkeit der Meßanordnung am Schmelz-

punkt wurde in dieser Messung auf 3,3 µV K-1 bestimmt. Silber benetzte das Tiegelmaterial

nur unerheblich.

Die Messung der spezifischen Wärmekapazität war aufgrund der instabilen Grundlinie und

der nicht reproduzierbaren Kalibriermessungen an Al2O3 und Silber nicht möglich. Die

Auswertung der Meßkurven beschränkte sich auf die Umwandlungsenthalpie, da bei der

Umwandlung größere Wärmeumsätze auftreten, die besser beobachtet werden konnten.

Durch die Benetzung des Tiegels ändert sich der Kontakt zwischen Tiegel und Probe sowie

beim Austreten des Probenmaterials aus dem Tiegel die Emissivität des Tiegels. Die Meßan-

ordnung wird dadurch verändert. Die Messungen der Umwandlungsenthalpie der Kupfer-

Zirkonium-Legierungen sind daher ungenau.

6.5 Vakuumofen-MessungDie Messungen am Vakuumofen wurden zur Bestimmung der spektralen Emissivität im Be-

reich der Schwerpunkts-Wellenlänge des Pyrometers vorgenommen. Die Idee dabei war, daß

durch die gleichzeitige pyrometrische- und thermoelektrische Temperaturmessung diese

Emissivität bestimmt werden kann.

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95

Im Ofen befand sich ein Bor-Nitrid-Tiegel zwischen zwei metallischen Bändern, die als elek-

trische Widerstandsheizung fungierten. Über dem offenen Tiegel befand sich eine verglaste

Öffnung, durch die mit dem Pyrometer die Probe im Tiegel anvisiert werden konnte. Am

Boden des Tiegels war ein Thermoelement angebracht, das zur Messung der Temperatur und

zur Ofenregelung benutzt wurde.

Es wurden zwei verschiedene Cu-Zr-Legierungen mehrfach erhitzt. Durch die Benetzung des

Tiegels war es nicht möglich den Tiegel bis zum Rand zu füllen, eine Voraussetzung für eine

korrekte Messung. Reproduzierbare Meßdaten konnten weder mit dem Pyrometer noch mit

dem Thermoelement aufgenommen werden. Dies wurde mit der Benetzung des Tiegels durch

das Probenmaterial und mit Korrosionsprozessen des Tiegels in Zusammenhang gebracht.

Diese Messungen wurden daher nicht weiter verfolgt.

Die Messungen in der DSC und im Vakuumofen zeigen wie problematisch die Wahl des Tie-

gelmaterials bei der Untersuchung von Kupfer-Zirkonium-Legierungen ist. Insbesondere die

Benetzung verhinderte in beiden Fällen eine erfolgreiche Messung der spezifischen Wärme-

kapzität bzw. der Emissivität bei 1,6 µm.

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97

7 ErgebnisseDer bei dem eingesetzten Meßverfahren hergestellte Zusammenhang zwischen der physi-

kalischen Meßgröße und der gesuchten thermophysikalischen Größe setzt die Kenntnis und

Konstanz der Stoffmenge sowie der Probenoberfläche voraus.

Die Stoffmenge wird während des Experiments durch das Abdampfen von Ionen oder

Atomen aus der Oberfläche heißer Proben reduziert. Die Stoff- und Temperaturabhängigkeit

dieser Abdampfrate ist für Elemente bekannt und kann aus der Literatur [71, 179] bestimmt

werden. Nicht bekannt ist der Einfluß der großen Feldstärken der elektrostatischen Levitation

auf die Abdampfrate. Dieser wird in Abschnitt 7.1 untersucht. Die Größe der Oberfläche der

einzelnen Probe wird aus der Dichte und der Probenmasse bestimmt. In Abschnitt 7.2 erfolgt

die zusammenfassende Vorstellung eigener und fremder Meßergebnisse zur Dichte.

Nach der Würdigung dieser notwendigen Hilfsmessungen wird in Abschnitt 7.3 die Unter-

kühlbarkeit der Proben besprochen. Die Ergebnisse zur spezifischen Wärmekapazität und zur

Schmelzenthalpie werden in den Abschnitten 7.4 und 7.5 vorgestellt.

7.1 AbdampfrateDie Abdampfrate (W) neutraler Metallatome in Abhängigkeit von der absoluten Temperatur,

dem Dampfdruck (Pd) und der Atommasse (ma) ist durch:

Tkm

PW

a

d

π2= ( 7.1 )

gegeben [179]. Zur quantitativen Erfassung der Abdampfrate während der Experimentierzeit

wurde der theoretische Massenverlust der Probe unter der Annahme, daß nur die Kupfer-

komponente abdampft, aus den Temperaturmeßdaten nach Gleichung 7.1 berechnet. Hierzu

wurde ein fester Probendurchmesser von 3 mm und absolutes Vakuum angenommen.

Der so berechnete Wert wurde zum gemessenen Masseverlust nach Beendigung des Experi-

mentes ins Verhältnis gesetzt. Das so berechnete Verhältnis nahm Werte zwischen 1 und etwa

20 an. Bei einem durchschnittlichen Experiment betrug dieser Masseverlust etwa 0,5 bis 1

mg. Eine Betrachtung dieses Verhältnisses in Bezug auf die Unterkühlbarkeit der Proben er-

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brachte einen Wert von etwa 1 bis 2 für Proben, die nicht und nur gering unterkühlt werden

konnten. Für die anderen Proben wurde ein 10fach höherer Wert von 16 ± 9 festgestellt. Die

starke Streuung des Wertes der unterkühlbaren Proben ergibt sich aus dem vereinfachten

Berechnungsmodell, das die individuellen Probeneigenschaften und Versuchsbedingungen

vernachlässigt. Der beobachtete Zusammenhang zwischen der schlechten Unterkühlbarkeit

und der geringen Abdampfrate einzelner Proben wird mit Oxiden auf der Probenoberfläche in

Verbindung gebracht. Diese Oxide schwimmen als feste Partikel auf der Oberfläche und

führen zu einer erhöhten Keimbildungsrate sowie zu geringeren Abdampfraten, da sie die

Oberfläche teilweise abdecken.

Damit der durch das Abdampfen entstehende Fehler bei der Bestimmung der Proben-

zusammensetzung und der Probenoberfläche kleiner als 0,5 % bleibt, hat sich eine maximale

Versuchszeit von 20 bis 30 min als günstig erwiesen.

7.2 Dichte

Abbildung 7.1: Ergebnisse der Dichtebestimmung aus dem videogestützten Meßverfahren sowie Literaturwerte

für glasige und kristalline Cu-Zr-Legierungen bei Zimmertemperatur nach [96, 101], sowie einige Messungen

bei 1200 K. Das gewichtete Mittel bezieht sich auf die Dichte der reinen Komponenten bei Zimmertemperatur.

Die Dichte flüssiger Proben wurde durch die Messung des Probenvolumens anhand von

Photos der levitierenden Proben bestimmt. Zu diesem Zweck standen zwei Apparaturen zur

Verfügung. Mit einer handelsüblichen Spiegelreflexkamera wurden alle Cu-Zr-Legierungen

30 40 50 60 70 80

6500

7000

7500

8000gewichtetes Mittelkristallin amorph (Altounain et.al.)

amorph (Calvayrac et.al.)

Messung bei T=1200 K

at% Zirkonium

Dic

hte

[kg

m-3

]

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im flüssigen Zustand photographiert. Als Objektiv diente ein Makroskop der Firma Wild-

Leitz. Die Auswertung der Photos erfolgte durch Größenvergleich mit Kalibrier-Proben.

Mit einem videogestützten Meßverfahren (nähere Details siehe:[176, 180]) wurden in Zu-

sammenarbeit mit Dr. Damaschke, Uni Göttingen, die drei zirkoniumreichsten Legierungen

ausgemessen. Abbildung 7.1 gibt das Ergebnis der Dichtebestimmung mit dem videoge-

stützten Meßverfahren bei 1200 K und die Literaturwerte bei Zimmertemperatur für amorphe

und kristalline Legierungen wieder. Für letztere wurden die Daten aus beiden angegebenen

Quellen zusammengefaßt. Die Angabe der Meßergebnisse aus der photographischen Messung

erübrigt sich in dieser Abbildung aufgrund der großen Unsicherheit dieser Messung.

Die videogestützten Messungen ermöglichen auch die Bestimmung des thermischen Volu-

menausdehnungskoeffizienten durch die Auswertung von Aufnahmen, die bei unterschied-

lichen Temperaturen aufgenommen wurden. Diese Bestimmung ist im allgemeinen exakter,

da es sich um ein differenzielle Auswertung handelt, im Gegensatz zur bisherigen

Bestimmung der absoluten Probengröße. Mit dem Volumenausdehnungskoeffizienten ist eine

weitere Bestimmung der Dichte der flüssigen Proben aus den Literaturdaten amorpher Cu-Zr

Legierungen bei Zimmertemperatur möglich. Sie stellt eine dritte unabhängige Dichte-

bestimmung dar, weil der Ausdehnungskoeffizient und die absolute Dichte durch

verschiedene Meßverfahren ermittelt wurden.

Die Berechnung der Dichte bei der Schmelztemperatur erfolgte mit dem thermischen Volu-

menausdehnungskoeffzienten für die kristalline Phase von 300 K bis zur experimentellen

Glastemperatur und dann mit dem Ausdehnungskoeffizienten für die flüssige Phase bis zur

Schmelztemperatur. Zur Bestimmung wurden die Daten von Calvayrac et al. [101] ausge-

wählt, da sie einen weiten Konzentrationsbereich abdecken und gleichzeitig die Glastempera-

turen der untersuchten Legierungen ermittelt wurden. Die Dichteänderung bis zur Schmelz-

temperatur beträgt nach diesem Berechnungsverfahren 4 bis 5 % vom Ausgangswert und

steigt bei kupferreicheren Legierungen moderat an. Die nach diesen drei Verfahren

bestimmten Dichten bei der Schmelztemperatur sind in Tabelle 7.1 zusammengestellt.

Die Meßunsicherheit bei der photographischen Messung wird wesentlich durch die Größenbe-

stimmung der Probe bestimmt. Der Durchmesser einer Kalibrierprobe kann mit der Mikro-

meterschraube auf 0,2% genau bestimmt werden. Bei der Auswertung der Photographien

wächst dieser Fehler auf 1,6% an. Die Temperatur der Probe konnte aus technischen Gründen

(Verschlußzeit der Kamera) nur ungenau bestimmt werden. Der hieraus entstehende Fehler

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100

wird auf der Grundlage der videogestützten Messungen im beobachteten Temperaturbereich

auf maximal 2% geschätzt. Der Fehler des Mittelwertes der photographischen Messung be-

trägt somit etwa 8 bis 9% oder etwa 600 kg m-3. Der beobachtete Fehler reicht nur selten an

diesen Wert heran.

Legierungat% Zr

Dichte [kg m-3](Photo-

messung)

Dichte [kg m-3](Videomessung

Damaschke)

Dichte [kg m-3](Videomessung

Warncke)

Dichte [kg m-3](Berechnung)

Dichte [kg m-3](benutzter

Wert)

38 7648 — 7091 — 7085

41 6987 — 7016 — 7035

44 7014 — 6970 — 6988

50 6846 — 6883 — 6888

54 6837 6662 ± 87 6877 6814 6815

67 6472 6622 ± 119 6654 6637 6610

72 6486 6470 ± 80 6635 6617 6512

Tabelle 7.1: Zusammenstellung der ermittelten Dichten bei der Schmelztemperatur und der für die weiteren

Auswertungen benutzten Dichten. Der systematische Fehler der photographischen Dichtemessung beträgt ± 600

kg m-3. Bei der Berechnung der Dichte aus den Literaturdaten und den gemessenen Volumenausdehnungs-

koeffizienten tritt ein Fehler von weniger als ± 100 kg m-3 auf. Die Ergebnisse von Warncke4 weisen ebenfalls

einen Fehler von etwa ± 100 kg m-3 auf. Weitere Angaben hierzu erfolgen im Text.

Für die weiteren Auswertungen wird die Dichte auf 95 % des Meßwertes von Calvayrac et. al.

festgelegt, da dies einen guten Kompromiß zwischen allen Meßergebnissen darstellt. Auf-

grund dieses Ergebnisses ist eine genauere Auswertung, d.h. die Berücksichtigung der Tem-

peraturabhängigkeit der Dichte, bei den Messungen zur spezifischen Wärmekapazität nicht

angebracht. Sie wird als konstant angenommen.

Die Dichtemessungen von Warncke4 bei der Schmelztemperatur wurden nach Abschluß

dieser Auswertung an der selben elektrostatischen Levitationsanlage mit einem von ihm

entwickelten Videosystem durchgeführt. Da diese Ergebnisse erst nach der endgültigen

Auswertung vorlagen, werden diese hier nur nachrichtlich erwähnt.

4 private Mitteilung

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7.3 Unterkühlung der ProbenDer beobachtbare Temperaturbereich wird durch die maximale Heizleistung der Lampe und

die Unterkühlbarkeit der Proben beschränkt. Für jede Legierung konnten reproduzierbare Un-

terkühlungen erreicht werden. Die erreichten Unterkühlungen, der beobachtete zugängliche

Temperaturbereich und das Verhältnis von Unterkühlung zur Schmelztemperatur für flüssige

Cu-Zr-Legierungen sind in Tabelle 7.2 eingetragen.

Legierungat% Zr

Temperaturbereich[K]

Unterkühlung[K]

∆∆T/Tm

38 1080 – 1460 78 0,067

41 1094 – 1360 74 0,063

44 1046 – 1440 117 0,101

50 1039 – 1480 163 0,135

54 1018 – 1450 183 0,152

67 1017 – 1495 256 0,201

72 1132 – 1480 136 0,107

Tabelle 7.2: Zusammenstellung der untersuchten Temperaturbereiche, der erreichten Unterkühlungen und des

Verhältnisses von Unterkühlung zur Schmelztemperatur für flüssige Cu-Zr-Legierungen.

Das Verhältnis von Unterkühlung zu Schmelztemperatur erreicht mit maximal 0,2 den oberen

Bereich der für reine Metallschmelzen experimentell üblichen Unterkühlungen [181, 182].

Der Bereich der Glasbildung wurde nicht erreicht.

Systematische Unterschiede zwischen eutektischen und intermetallischen Legierungen sind

nicht erkennbar. Ein ansteigender Trend der Unterkühlung ist sowohl bei absoluten als auch

bei den relativen Unterkühlung mit ansteigendem Zirkoniumanteil bis 67 at% zu beobachten.

Danach fällt die erreichbare Unterkühlung deutlich ab.

Der Einfluß der Probengröße auf die erreichbare Unterkühlung wurde an einer Legierung mit

67 at% Zirkonium exemplarisch untersucht. Diese Legierung wies bei den Vorversuchen die

größte Unterkühlung auf und bietet daher von den untersuchten Legierungen die am wahr-

scheinsten die Möglichkeit, Effekte der homogenen Keimbildung zu beobachten. Die Proben-

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102

masse wurde hierfür um den Faktor 20 variiert. Daraus resultiert zwangsläufig eine Variation

der Kühlrate um den Faktor 2. Die Ergebnisse sind zusammen mit den untersuchten Proben-

massen, Stoffmengen und Probendurchmessern sind in Tabelle 7.3 zusammengestellt.

Durchmesser[mm]

Masse[mg]

Stoffmenge[mMol]

Kühlrate[K s-1]

Unterkühlung[K]

1,57 13,3 0,162 55 223

2,08 31 0,378 43 246

2,08 31,4 0,382 43 251

3,09 102 1,244 30 237

3,11 103,7 1,265 30 256

3,12 104,7 1,277 30 244

4,1 239,4 2,919 23 196

Tabelle 7.3: Untersuchte Probengrößen und Teilchenzahlen sowie die Kühlrate bei 1350 K und die erreichten

Unterkühlungen für Proben mit 67 at% Zirkonium.

Die für die Unterkühlung wichtige Keimbildungs-Wahrscheinlichkeit wird durch eine klei-

nere Stoffmenge (bei homogener Keimbildung) oder durch eine größere Kühlrate (bei tran-

sienter Keimbildung) verringert (siehe hierzu auch Kapitel 2). Kleinere Proben zeigen daher

beim Auftreten dieser Effekte größere Unterkühlungen. Dies konnte nicht beobachtet werden.

Daher werden heterogene Keimbildungspfade bei der Erstarrung der untersuchten Proben an-

genommen.

7.4 Spezifische WärmekapazitätDie hier vorgestellten Daten zur spezifischen Wärmekapazität wurden nach dem für das Ab-

kühl-Meßverfahren angegebenen Vorgehen in Abschnitt 6.3.3 gewonnen. Die Liste der dort

angesprochenen Fit-Polynome der Meßdaten als Funktion der Temperatur befindet sich am

Ende dieses Abschnittes.

Die ermittelten Werte betragen im beobachteten Temperaturbereich für die untersuchten Cu-

Zr-Legierungen 37 bis 47 J mol-1 K-1. Am Schmelzpunkt der Legierungen reduziert sich die

Spannweite auf 37 bis 42 J mol-1 K-1. Der für glasbildende Legierungen typische Anstieg der

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103

spezifischen Wärmekapazität mit fallender Temperatur kann aus Abbildung 7.2, die den

ermittelten temperaturabhängigen Verlauf der spezifischen Wärmekapazität wiedergibt, deut-

lich abgelesen werden. Die Temperaturabhängigkeit der spezifischen Wärmekapazität ist für

alle Legierungen bei geringen Temperaturen höher als bei hohen Temperaturen.

Abbildung 7.2: Gemessene temperaturabhängige spezifische Wärmekapazität in dem der Messung zugänglichen

Temperaturbereich der untersuchten Cu-Zr Legierung. Die eingetragenen Zahlen beziehen sich auf den Zirkoni-

umanteil in at%.

Da die Ergebnisse für 41 at% Zirkonium nicht auf derselben Datengrundlage wie die anderen

Ergebnisse beruhen, werden diese nur unter Vorbehalt in die Betrachtung mit einbezogen. Bei

dieser Legierung lagen nur wenige verwertbare Messungen vor, da es wiederholt zu Abstür-

zen der Proben während der Levitation kam.

In Abbildung 7.3 ist die spezifische Wärmekapazität als Funktion der Legierungs-Zusammen-

setzung eingetragen. Das zusätzlich eingetragene Meßergebnis der spezifischen Wärmeka-

pazität fester Proben bei Schmelztemperatur ermöglicht das Ablesen der für die Bestimmung

der idealen Glastemperatur wichtigen Differenz der spezifischen Wärmekapazität zwischen

fester und flüssiger Phase (∆Cp).

Es ist ein Trend zu höheren spezifischen Wärmekapazitäten mit geringer werdenden Zirko-

nium-Anteil in der flüssigen Phase zu beobachten. Für die feste Phase ergibt sich bei deren

Schmelztemperatur dagegen eine deutlich geringere Abhängigkeit von der Legierungszusam-

mensetzung. ∆Cp entspricht etwa 20 bis 25% des Wertes der flüssigen Phase und folgt, wenn

38

41

44

50

54

67

72

1000 1100 1200 1300 1400 1500

Temperatur [K]

36

40

44

48

Cp

[J m

ol-1

K-1

]

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104

auch weniger deutlich, dem Trend der absoluten spezifischen Wärmekapazität der flüssigen

Phase. Die Ergebnisse sind für die Schmelztemperatur in Tabelle 7.4 numerisch wiederge-

geben.

Abbildung 7.3: Gemessene spezifische Wärmekapazität als Funktion der Zusammensetzung. Die Ergebnisse für

gleiche Temperaturen wurden zur leichteren Identifizierung durch segmentierte Geraden verbunden.

Legierungat% Zr

Cp (fest, Tm)[J mol-1 K-1]

Cp (flüssig, Tm)[J mol-1 K-1]

∆∆Cp (Tm)[J mol-1 K-1]

38 31,5 ± 1,4 44 ±0,2 12,5

41 31,3 ± 0,9 41,5 ± 0,2 10,2

44 32,3 ± 0,7 40,3 ± 0,7 8

50 32,6 ± 2,3 40 ± 0,5 7,3

54 29,1 ±1,3 38,4 ± 0,7 9,3

67 29,3 ± 1,1 37,1 ± 0,4 7,8

72 32,6 ± 3 36,6 ± 0,3 4

Tabelle 7.4: Gemessene spezifische Wärmekapazität der festen und der flüssigen Phase sowie deren Differenz

bei der Schmelztemperatur.

30 35 40 45 50 55 60 65 70 75 80

at% Zirkonium

25

30

35

40

45

50

Cp

[J m

ol-1

K-1

]

feste Phase bei Tm

1100 K

1200 K1400 K

1050 K

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105

Bei der temperaturabhängigen Auswertung der spezifischen Wärmekapazität der festen Phase

wurden die im Folgenden beschriebenen Phänomene beobachtet, die eine signifikante Aus-

wertung verhinderten. Aus diesem Grund werden hier nur Angaben zur spezifischen Wärme-

kapzität der festen Phase bei der Schmelztemperatur gemacht.

Die temperaturabhängige Änderung der spezifischen Wärmekapazität der festen Phase ist im

Vergleich zur unterkühlten Phase gering. Die Oberflächenmorphologie fester Proben erhöht

das Rauschen des Meßsignals um ein Mehrfaches gegenüber den flüssigen Proben. Um diese

beiden Umstände zu kompensieren, ist ein vergrößerter Auswertebereich notwendig. Dieser

wird aber durch Festkörperphasenumwandlungen und die bei der Messung bei niedrigen

Temperaturen notwendige Berücksichtigung der Umgebungstemperatur eingeschränkt. Bei 50

und 72 at% Zirkonium treten Rauschen und Festkörperphasenübergänge so nachhaltig auf,

daß keine ausreichend störungsfreien Auswertebereiche selbst für die temperaturunabhängige

Auswertung zur Verfügung standen. Dies hat einen größeren Fehlerbalken bei den ent-

sprechenden Auswertungen zur Folge.

Auf der nächsten Seite folgt die Liste der Fit-Polynomen.

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106

38 at% Zirkonium:

67903,191012,21005,11096,1 223549 +−+−= −−− TTTTCP

ε

41 at% Zirkonium:

37103,141091,1101,11032,2 223549 −+−+−= −−− TTTTCP

ε

44 at% Zirkonium:

62307,171096,11075,91083,1 223649 +−+−= −−− TTTTCP

ε

50 at% Zirkonium:

99066,1101,11061,2 2337 +−+−= −− TTTCP

ε

54 at% Zirkonium:

234003,6104,61002,31044,5 2236410 +−+−= −−− TTTTCP

ε

67 at% Zirkonium:

141027,3103,31045,11045,2 2236410 +−+−= −−− TTTTCP

ε

72 at% Zirkonium:

61088,01067,51025,1 2437 +−+−= −− TTTCP

ε

Liste der zur Darstellung der spezifischen Wärmekapazität in Abbildung 7.2 benutzten Fits als Funktion der

Temperatur. Der Fehler beträgt entsprechend den im Abschnitt 6.3.3, Abbildung 6.8 gesagtem etwa ±5%.

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107

7.5 SchmelzenthalpieDie Bestimmung der Schmelzenthalpie erfolgte durch das Haltezeit-Meßverfahren und durch

die Messung mit der DSC (siehe Kapitel 5.3). Mit der DSC wurden fünf der ausgewählten

Cu-Zr-Legierungen, die vorher im elektrostatischen Levitator ausgemessen wurden, unter-

sucht. Alle Proben benetzten den eingesetzten Tantaltiegel und wanderten zum Teil über den

Tiegelrand auf den Deckel des Tiegels. In einem Fall wurde der Deckel sogar “verlötet”. Das

auf den Tiegeldeckeln abgelagerte Material war gelblich, was auf einen höheren Kupfer-

Anteil schließen läßt. Von einer Dekomposition der Probe während der Messung wird ausge-

gangen. Der zeitliche Verlauf des DSC-Signals änderte sich in der Regel vom ersten zum

zweiten Aufheizzyklus. Dies ist nicht verwunderlich, da die Proben nach dem ersten Auf-

schmelzen einen besseren thermischen Kontakt zum Tiegel besitzen. Die Abkühlzyklen geben

keine Hinweise auf eine Dekomposition, sodaß diese nicht eindeutig aus den Meßwerten her-

ausgefiltert werden kann. Eine Interpretation der Meßergebnisse unter Berücksichtigung der

Dekomposition ist daher nicht durchführbar. Für die benutzte DSC-Meßapparatur liegt keine

Fehleranalyse vor. Der in Tabelle 7.5 angegebene Fehler gibt die Streuung der einzelnen

Meßwerte wieder.

Legierungat% Zr

Hm (DSC)[kJ mol-1]

Hm (Haltezeit)[kJ mol-1]

38 15 ± 1,2 11,75 ± 0,03

41 13,7 ± 0,3 12,8 ± 0,1

44 13,7 ± 0,3 11,8 ± 0,07

50 — 10,2 ± 0,1

54 12,5 ± 0,4 11 ± 0,1

67 14,4 ± 0,6 12,9 ± 0,1

72 — 13,03 ± 0,08

Tabelle 7.5: Meßergebnisse zur Schmelzenthalpie aus der DSC-Messung und dem Haltezeit-Meßverfahren. Die

angegebene Unsicherheit bezieht sich auf den experimentellen Fehler.

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108

Die Schmelzenthalpie läßt sich beim Haltezeit-Meßverfahren aus der Haltezeit einer Probe

ohne Unterkühlung bestimmen. Da experimentell eine Messung ohne Unterkühlung nicht

möglich war wurde der Schnittpunkt der extrapolierten Meßwerte der unterkühlten Proben

mit dem Ordinatenabschnitt zur Bestimmung der Schmelzenthalpie herangezogen. Diese Ex-

trapolation kann durch die gemessenen spezifischen Wärmekapazitäten wie in Gleichung 5.23

dargestellt oder durch einen linearen Fit erfolgen. Wie aus Tabelle 7.6 und Abbildung 8.3 her-

vorgeht, ist die Genauigkeit der Schmelzenthalpie bei den untersuchten Cu-Zr-Legierungen

im Rahmen der Meßgenauigkeit nicht von der Wahl der Extrapolationsfunktion abhängig.

Der Beginn der Haltezeit ist durch die kurze Rekaleszenzzeit der untersuchten Cu-Zr-Legie-

rungen und durch den Temperatursprung von einigen 10 K leicht und eindeutig mit einer

Unsicherheit von weniger als 100 ms feststellbar. Das Ende der Haltezeit wird durch gering-

fügige Abweichungen von der Haltetemperatur, die auf geringfügige Abweichungen von den

intermetallischen bzw. eutektischen Zusammensetzungen zurückgeführt werden, und durch

das von der Oberflächenmorphologie der erstarrten Probe verursachte Rauschen der

Temperatur verschmiert. Es kann daher nur auf 500 bis 800 ms genau bestimmt werden. Die

typische Haltezeit beträgt etwa 10 s; daraus folgt ein experimenteller Fehler von etwa 10 %.

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109

8 DiskussionDie Diskussion der Meßergebnisse erfolgt zweiteilig. In den Abschnitten 8.1 und 8.2 werden

die Meßergebnisse zuerst durch den Vergleich mit Literaturdaten verifiziert. Danach erfolgt

die Deutung der Legierungs- und Temperaturabhängigkeit im Abschnitt 8.3. Die Be-

stimmung der idealen Glastemperatur aus der Schmelzenthalpie und der spezifischen Wärme-

kapazität ermöglicht eine weitere, intrinsische Überprüfung der Meßdaten. Dieser Themen-

komplex wird im Abschnitt 8.4 behandelt.

8.1 Schmelzenthalpie

Abbildung 8.1: Zusammenstellung der Schmelzenthalpien aus der DSC- und der Haltezeit-Messung, der Mes-

sung von Sommer und Choi [130], den Berechnungen auf der Grundlage der Daten von (Kleppa und Watanabe

[128] bzw. Ansara und Pasturel[116] sowie Dinsdale [17]).

Vergleichsdaten zur Schmelzenthalpie liegen für die meisten Cu-Zr-Legierungen nur aus

Berechnungen, wie sie in Kapitel 3 (Gleichung 3.4) dargestellt sind, vor. Zur Berechnung

werden die Bildungs- und die Schmelzenthalpie der Cu-Zr-Legierung sowie die ∆Cp und die

Schmelzenthalpie der reinen Komponenten benötigt. In dieser Arbeit werden, wie schon er-

wähnt, die von SGTE [17] gegebenen thermophysikalischen Daten der reinen Komponenten

zugrundegelegt. Die berechneten Schmelzenthalpien in Abbildung 8.1 wurden unter Verwen-

dung der Ergebnisse zur Mischungs- und Bildungsenthalpie von Kleppa und Watanabe [128]

0 25 50 75 100

at% Zirkonium

0

5

10

15

20

25

Schm

elze

ntha

lpie

[J

mol

-1 ]

Haltezeit-Messung DSC-Messung Messung Sommer Rechnung

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110

bzw. zur Bildungsenthalpie von Ansara und Pasturel [116] erzielt (vergleiche auch Tabelle

3.3). Die angegebenen Fehlerbalken beziehen sich auf die Meßunsicherheit der benutzten

Ausgangsdaten und nicht auf die Unsicherheit aufgrund der unterschiedlichen Literaturanga-

ben.

Werden zur Berechnung der Schmelzenthalpie die Meßdaten zur Mischungsenthalpie von

Sommer und Choi [130] herangezogen, so erhöhen sich die berechneten Schmelzenthalpien

systematisch um etwa 1,5 bis 2 kJ mol-1. Die von Bormann [124] angegebenen Bildungsent-

halpien weichen um etwa ± 1 kJ mol-1 von den benutzten Werten ab. Bei Berücksichtigung

dieser Literaturdaten kann das Ergebnis der Berechnung auch um 0,5 bis 3 kJ mol-1 höher (als

in Abbildung 8.1 eingezeichnet) ausfallen.

Zusammenfassend kann gesagt werden, daß die gemessenen Werte tendenziell über den

Literaturwerten, aber noch innerhalb deren Unsicherheit liegen. Da die Ergebnisse der DSC-

Messung wegen der beschriebenen Probleme bei der Messung nur eingeschränkt nutzbar sind,

werden für die weiteren Betrachtungen die Ergebnisse aus dem Haltezeit-Meßverfahren be-

nutzt.

8.2 Spezifische WärmekapazitätFür eine Überprüfung der spezifischen Wärmekapazität anhand von Literaturangaben sind

keine Meßdaten verfügbar. Von Bormann [124] steht ein Datensatz für die Cu-Zr-Legierung

mit 51,5 at% Zirkonium auf der Grundlage seiner thermodynamischen Berechnungen zur

Verfügung. Leider werden keine Angaben zur Unsicherheit dieser Berechnung gemacht.

Weitere Argumente zur Verifikation liefern das Haltezeit-Meßverfahren und die Ansätze von

Dubey und Ramachandarao bzw. Thompson und Spaepen (siehe Kapitel 2) zur Bestimmung

der treibenden Kraft.

In die Originalgraphik von Bormann (Abbildung 8.2) sind die Meßergebnisse für 50 und

54 at% Zirkonium maßstäblich eingetragen. Die Temperaturabhängigkeit im unterkühlten

Bereich wird besonders gut wiedergegeben. Im Bereich oberhalb der Schmelztemperatur sind

leichte Abweichungen feststellbar. Das Produkt aus dem gemessenen Verhältnis der spezifi-

schen Wärmekapazität zur Emissivität und der aus der berechneten totalen hemisphärischen

Emissivität stimmt, insbesondere für das temperaturabhängige Verhalten, mit dem Ergebnis

von Bormann überein. Für die Diskrepanz bei höheren Temperaturen kann z.B. eine gering-

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111

fügig höhere Temperaturabhängigkeit des spezifischen Widerstandes angeführt werden, wie

dies Güntherodt et. al. [123, 183] bei anderen Legierungen festgestellt haben. Entsprechende

Korrekturen wurden bei der Bestimmung der Emissivität nicht durchgeführt, da hierfür keine

ausreichende Datengrundlage vorhanden ist.

Abbildung 8.2: Maßstabsgetreue Darstellung der gemessenen spezifischen Wärmekapazitäten für Zusammen-

setzungen von 50 und 54 at% Zirkonium mit den Berechnungen für 51,5 at% Zirkonium in der Originalgraphik

von Bormann [124]. Die Angaben von Bormann wurden für das dargestellte Temperaturintervall berechnet.

Aus der Regel von Dulong und Petit bzw. der Grüneisen-Regel folgt, daß die spezifische

Wärmekapazität der festen Phase für alle Stoffe mit derselben Grüneisen-Konstante identisch

ist (siehe hierzu Kapitel 2). Wird für die Grüneisen-Konstante (γ) dabei ein für Metalle

üblicher Wert von 2 (γ für Cu = 1,96 [10, S. 321ff]) und der Volumenausdehnungskoeffizient

von Kupfer bei Zimmertemperatur [168, S. 123] benutzt, folgt eine spezifische Wärmekapazi-

tät von etwa 28,5 J mol-1 K-1 bei der Schmelztemperatur. Die Elektronen tragen im unter-

suchten Zusammensetzungsbereich etwa 3 J mol-1 K-1 zur spezifischen Wärmekapazität der

Cu-Zr-Legierungen bei [97], sodaß diese bei der Schmelztemperatur etwa 31,5 J mol-1 K-1

beträgt. Die gemessenen spezifischen Wärmekapazitäten (siehe Abbildung 7.3) weisen für

alle untersuchten Legierungszusammensetzungen einen Wert von etwa 31 J mol-1 K-1 auf und

stimmen so mit der theoretischen Bestimmung überein.

50 at%

54 at%

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112

Abbildung 8.3: Meßergebnisse des Haltezeit-Meßverfahrens für 50 at% Zirkonium. Die durchgezogen eingetra-

gene Fit-Kurve wurde unter Verwendung des Integrals der gemessenen spezifischen Wärmekapazität aus dem

Abkühl-Meßverfahren (Gleichung 5.23), mit dem Schnittpunkt auf der Ordinaten als alleinigem Fitparameter,

berechnet. Dieser ist ein Maß für die Schmelzenthalpie. Sie beträgt danach 10070±126 J mol -1. Die strich-

punktiert eingetragene Kurve ist das Ergebnis eines gewöhnlichen linearen Fits der Meßpunkte.

Aufgrund der Unsicherheit bei der Bestimmung der Schmelzenthalpie und den Problemen bei

der Haltezeit-Messung mußte die ursprüngliche Idee einer weiteren, unabhängigen Messung

der spezifischen Wärmekapazität (siehe Abschnitt 5.2.3) mit dem Haltezeit-Meßverfahren

fallen gelassen werden. Dieses Verfahren wird durch die beschriebenen Fehlerquellen zu un-

genau, um die Temperaturabhängigkeit der spezifischen Wärmekapazität messen zu können.

Gleichwohl eignet es sich zur Verifizierung der Messung der spezifischen Wärmekapazität

nach dem Abkühl-Meßverfahren. Wie aus Gleichung 5.23 hervorgeht, wird die Steigung

neben verschiedenen Parametern von dem Integral der spezifischen Wärmekapazität zwischen

der unterkühlten und der Schmelztemperatur bestimmt. Alle Meßpunkte des Haltezeit-Meß-

verfahrens müssen auf der durch dieses Integral bestimmten Steigung der Kurve liegen. Ex-

emplarisch wird diese Verifikation in Abbildung 8.3 vorgeführt. Die Steigung der durchgezo-

genen Kurve wird aus den Meßdaten des Abkühl-Meßverfahrens erzeugt. Der alleinige Fit-

parameter dieser Kurve ist der Schnittpunkt mit der Ordinaten. Sie verbindet die Meßpunkte

des Haltezeit-Meßverfahrens gut und bestätigt somit die Meßergebnissse. Dies gilt auch für

alle anderen untersuchten Cu-Zr-Legierungen. Strichpunktiert ist zum Vergleich ein linearer

Fit der Haltezeiten eingezeichnet.

0 50 100 150 200 250

Unterkühlung [K]

0

50

100

150

∆t n

-1 / 3

[s

mol

-1 / 3

]

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113

Zur Abschätzung der treibenden Kraft (vergleiche Kapitel 2.2) werden in den Ansätzen von

Dubey und Ramachandrarao (Gleichung 2.26) bzw. von Thompson und Spaepen (Gleichung

2.23) detaillierte Annahmen zur Temperaturabhängigkeit von ∆CP im unterkühlten Bereich

gemacht. Diese wurden an verschiedenen Modellsubstanzen verifiziert. Hier werden die

untersuchten Schmelzen auf vergleichbares Verhalten hin untersucht. Hierzu muß das Integral

von ∆CP aus der treibenden Kraft ∆G durch:

TT

THGdC

m

mT

P ∆−∆

−∆=∆− ∫∆

0

)( ττ ( 8.1 )

extrahiert werden. In Abbildung 8.4 ist das Ergebnis für die Legierung mit 50 at% Zirkonium

exemplarisch wiedergegeben. Bei den Cu-Zr Legierungen mit weniger als 55 at% Zirkonium-

Anteil wächst der Wert dieses Integrals aus den gemessenen Größen mit zunehmender Unter-

kühlung, wie in Abbildung 8.4 dargestellt, etwas stärker als der Ansatz von Dubey und Rama-

chandrarao. Bei den übrigen Legierungen ist das Wachstum des Integrals etwas geringer und

die Beschreibung durch die Näherung von Thompson und Spaepen erscheint angebrachter.

Abbildung 8.4: Integral der Differenz der spezifischen Wärmekapazitäten von fester und flüssiger Phase (∆CP )

der Cu-Zr-Legierung mit 50 at% als Funktion der Unterkühlung. Das Meßergebnis ist durchgezogen und die

Näherungen von Dubey und Ramachandrarao bzw. Thompson und Spaepen sind strichpunktiert bzw. gestrichelt

eingetragen.

0 50 100 150 200

Unterkühlung [K]

-150

-100

-50

0

Inte

gral

∆C

P [J

mol

-1]

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114

Alle drei Verifikationen liefern keine Anhaltspunkte, die die Gültigkeit der Meßergebnisse in

Frage stellen.

8.3 Legierungs- und Temperaturabhängig-

keit der spezifischen WärmekapazitätDie spezifische Wärmekapazität der flüssigen Phase einer Legierung läßt sich nach dem ge-

wichteten Mittel (auch als Regel von Neumann und Kopp bekannt) der spezifischen Wärme-

kapazität der reinen Komponenten annähern. Damit Effekte, die über diesen Ansatz hinaus

gehen, deutlich gemacht werden können, wird der Überschuß der spezifischen Wärmekapa-

zität eingeführt. Er ist durch:

C T C T x C Zr T x C Cu TPex

P P P( ) ( ) ( , ) ( ) ( , )= − − −1 (8.3)

definiert. Die angeschriebenen Wärmekapazitäten beziehen sich immer auf die flüssige Phase.

Zu ihrer Berechnung werden in der Abbildung 8.5 die Daten des SGTE-Berichtes [17] benutzt

(siehe auch Abbildung 3.7 und 3.8). Die Temperaturabhängigkeit der gemessen spezifischen

Wärmekapazitäten weist im Gegensatz zu den SGTE-Daten keine Singularität bei der

Schmelztemperatur auf und besitzt im unterkühlten Bereich das umgekehrte Vorzeichen.

Wird diesem Umstand in erster Näherung bei der Berechnung des Überschusses der spezifi-

schen Wärmekapazität durch eine konstante spezifische Wärmekapazität der Elemente Rech-

nung getragen, so kommt es trotzdem zu keiner qualitativen Änderung der Darstellung 8.5.

Die Legierungsabhängigkeit des Überschusses der spezifischen Wärmekapazität steigt mit

sinkendem Zirkoniumanteil an und erreicht bei den kupferreichsten untersuchten Schmelzen

ihren größten Wert. Das Maximum des Überschusses der spezifischen Wärmekapazität wird

nach Berechnungen von Zhou [125] auf der Grundlage des Assoziatmodells zwischen 30 und

40 at% Zirkonium erreicht, wobei das Assoziat Cu2Zr einen wesentlichen Anteil daran hat.

Der Überschuß der spezifischen Wärmekapazität zeigt dasselbe legierungsabhängige Ver-

halten wie die absoluten gemessen Werte der spezifischen Wärmekapazität in Abbildung 7.3.

Zur besseren Darstellung wurden die Meßwerte für die verschiedenen Temperaturen mit

einem Polynom vierter Ordnung angefittet. Ein Fit dritter Ordnung verbindet die Meßer-

gebnisse mit geringerer Güte, weist aber eine bessere Übereinstimmung mit den

Berechnungen von Zhou in den extrapolierten Bereichen, was die Lage des Maximums und

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115

die Annäherung der extrapolierten Kurve an die Abszisse angeht, auf. Die Legierungs-

abhängigkeit der Meßwerte stimmt gut mit den Ergebnissen von Zhou überein. Mit steigender

Temperatur der Schmelze nehmen sowohl die Überschuß-Größe als auch die absolute gemes-

sene Größe ab. Zhou berechnet bei 1485 K etwa halb so große Überschüsse der spezifischen

Wärmekapazitäten wie sie bei 1400 K gemessen wurden. Die Temperaturabhängigkeit stimmt

daher ebenfalls gut überein.

Nach Sommer5 ist die Ursache für den Anstieg des Überschusses der spezifischen Wärme-

kapazität in den kupferreichen Schmelzen die mit der stark negativen Mischungswärme dieser

Zusammensetzungen (siehe auch Abbildung 3.5) verbundene chemische Nahordnung

(CSRO). Diese ist von der Zusammensetzung und der Temperatur abhängig und kann im

Rahmen der statistischen Thermodynamik mit dem Assoziatmodell [89] beschrieben werden.

Abbildung 8.5: Überschuß der spezifischen Wärmekapazität als Funktion der Schmelzzusammensetzung. Die

Daten für das gewichtete Mittel der spezifischen Wärmekapazität stammen von [17]. Die Meßergebnisse sind

durch einen Fit 4ter Ordnung verbunden. Die Dreiecke bezeichnen Meßpunkte bei 1150 K und die Kreise bei

1400 K.

Zur spezifischen Wärmekapazität und zur Volumenausdehnung der unterkühlten Element-

schmelzen liegen keine Messungen vor. Ebenso gibt es keine Messungen zum Beitrag der

Elektronen zur spezifischen Wärmekapazität amorpher Elemente und zur Übertragbarkeit auf

5 private Mitteilung

0 25 50 75 100

at% Zirkonium

0

4

8

12

16

Cp e

x [J

mol

-1 K

-1]

1150 K

1400 K

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116

die Schmelze. Eine Beurteilung dieser Einflüsse auf den Überschuß der spezifischen

Wärmekapazität ist daher nicht möglich.

Die Temperaturabhängigkeit der spezifischen Wärmekapazität der unterkühlten Schmelze

wird zunächst bei der Schmelztemperatur untersucht. Die Untersuchung bei der Schmelz-

temperatur liegt nahe, da dies eine charakteristische Temperatur ist und das dortige Verhalten

häufig zur Abschätzung der spezifischen Wärmekapazität im unterkühlten Bereich benutzt

wird.

Abbildung 8.6: Auf die Parameter der Schmelztemperatur normierte Darstellung der spezifischen Wärme-

kapazität in Abhängigkeit von der Temperatur.

Damit die Änderung bezogen auf die Schmelztemperatur deutlich wird, wurde die in Abbil-

dung 8.6 gegebene Darstellung gewählt. Aufgrund dieser Normierung besteht die Möglich-

keit, die Meßergebnisse der 7 Schmelzen eindeutig drei verschiedenen Gruppen einzuordnen.

Eine naheliegende Charakterisierung der Gruppen durch die Zusammensetzung ihrer Elemen-

te nach zirkoniumarmen und -reichen Legierungen bedarf zusätzlicher Argumente, da die

Variation des Zirkonium-Anteils in der kupferreichen Gruppe mit 6 at% genauso groß ausfällt

wie die Differenz zwischen dieser und der mittleren Gruppe. Eine Unterscheidung nach der

eutektischen bzw. intermetallischen Erstarrungsform der Stoffe ist nicht möglich.

Die Gruppen können durch ihre Schmelztemperatur von etwa 1150 K für 38, 41, 44 at%

(Gruppe I); 1200 K für 50, 54 at% (Gruppe II) und 1270 K für 67 und 72 at% Zirkonium

38, 41, 44 at% Zr

50, 54 at% Zr

67, 72 at% Zr

0.8 0.9 1 1.1 1.2 1.3

T Tm -1

0.9

0.975

1.05

1.125

Cp

(T)

Cp(

T m) -

1

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117

(Gruppe III) oder durch die Steigung bei der Schmelztemperatur von 0,024 J mol-1 K-2 in

Gruppe I, 0,007 J mol-1 K-2 in Gruppe II und 0,001 J mol-1 K-2 in Gruppe III charakterisiert

werden. Auch eine Einteilung nach der experimentellen Glastemperatur ist möglich.

Abbildung 8.7: Auf die experimentelle Glastemperatur normierte Ableitung der spezifischen Wärmekapazität

nach der Temperatur.

Da diese 3 Gruppen eine Zuordnung sowohl nach der Temperatur als auch nach der tempera-

turabhängigen Änderung der spezifischen Wärmekapazität erlauben, ist es naheliegend, die

Temperaturabhängigkeit der spezifischen Wärmekapazität als Funktion der Temperatur zu

untersuchen. Wie ein Blick auf die Meßergebnisse zeigt, kann aus der Darstellung der abso-

luten Werte keine weitere Erkenntnis gewonnen werden. Die Benutzung der um die Glastem-

peratur reduzierten Temperaturskala ermöglicht neue Einblicke. In Abbildung 8.7 wird die

temperaturabhängige Änderung der spezifischen Wärmekapazität über der so reduzierten

Temperatur aufgetragen. In Ermangelung der idealen Glastemperatur wurden in erster

Näherung die experimentellen Glastemperaturen von Calvayrac et.al. benutzt [101]. Durch

dieses Vorgehen kann das temperaturabhängige Verhalten der spezifischen Wärmekapazität

aller untersuchten Cu-Zr-Legierungen vereinheitlicht werden, sofern die Differenz von etwa

40 bis 50 K zwischen der kupferreichen und den anderen Gruppen vernachlässigt wird. Die

Nichtberücksichtigung der Temperaturdifferenz zwischen der ersten und den beiden anderen

Gruppen bei der Temperaturabhängigkeit ist durchaus gerechtfertigt, da die, von den

Versuchsbedingungen abhängige, experimentelle Glastemperatur benutzt wurde und deren

Differenz zur idealen Glastemperatur der einzelnen Legierungen nicht bekannt ist.

67, 72 at% Zr

50, 54 at% Zr

38, 41, 44 at% Zr

0 200 400 600 800 1000

T-Tg [K]

-0.075

-0.05

-0.025

0

dCp(

T) /

dT [

J m

ol-1

K-2

]

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118

Zusammenfassend kann gesagt werden, daß die Temperaturabhängigkeit der spezifischen

Wärmekapazität der untersuchten Cu-Zr-Schmelzen auf einer reduzierten Temperaturskala

universell dargestellt werden kann. Es ist zu vermuten, daß die Prozesse innerhalb der

Schmelze zwischen der Glastemperatur, als der unteren Grenze der Existenz der flüssigen

Phase, und der Siedetemperatur, als der oberen Grenze der flüssigen Phase, für die

untersuchten Cu-Zr-Legierungen nach den gleichen Gesetzmäßigkeiten ablaufen.

8.4 GlastemperaturDie Glastemperatur stellt einen Zusammenhang zwischen der Schmelzenthalpie und ∆CP her.

Da die Messung von ∆CP bei großen Unterkühlungen nur selten möglich ist, ermöglicht die

Berechnung der idealen Glastemperatur eine Abschätzung zum Verhalten der spezifischen

Wärmekapazität in diesem Bereich.

Nachfolgend wird die ideale Glastemperatur nach verschiedenen Ansätzen bestimmt. Der

Ansatz von Dubey und Ramachandrarao (Gleichung 2.26) wurde ausgewählt, weil er die

detailliertesten Annahmen zur spezifischen Wärmekapazität macht. Die Berechnung aus der

Extrapolation der Meßdaten wird durch die von Turnbull gemachte Annahme zur

Temperatur-abhängigkeit der spezifischen Wärmekapazität (siehe Abbildung 2.6) motiviert.

Die Bestimmung der idealen Glastemperatur nach dem Ansatz von Dubey und

Ramachandrarao erfolgt aus der Ableitung der treibenden Kraft nach der Unterkühlung. Die

Ableitung stellt die Entropie-differenz zwischen den beiden Phasen dar. Diese ist bei der

idealen Glastemperatur nach Kauzmann gleich Null.

Die für die Cu-Zr-Legierungen berechneten idealen Glastemperaturen nach Dubey und Rama-

chandrarao liegen bis auf eine Ausnahme unter den experimentellen Glastemperaturen, wie es

für ideale Glastemperaturen erwartet wird. Sie steigen, im Gegensatz zum Trend der gemes-

senen experimentellen Glastemperaturen, mit dem Zirkonium–Anteil an. Für 72 at% Zirkoni-

um kann mit diesem Ansatz aus den Meßdaten kein Wert generiert werden. Mit diesem An-

satz wird die ideale Glastemperatur für die Stoffe der Gruppe II am besten beschrieben.

Als Ursache für das Scheitern des Ansatzes von Dubey und Ramachandrarao bei der Be-

stimmung der idealen Glastemperatur der beiden anderen Gruppen kann die Vernachlässigung

der Temperaturabhängigkeit der spezifischen Wärmekapazität der Schmelze bei der Schmelz-

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119

temperatur angesehen werden. Dieser Ansatz beachtet die Stoffeigenschaften nur durch ein

konstantes ∆CP, dessen Wert bei der Schmelztemperatur bestimmt wird.

Die Bestimmung der idealen Glastemperatur aus den extrapolierten Fit-Polynomen der

Meßdaten erfolgte durch das Kauzmann-Kriterium nach der Gleichung:

00

= − ∫HT

Cdm

m

P

T

Tm ∆ ( )ττ

τ ( 8.2 ).

Legierungat% Zr

T0 (Dubey)[K]

T0 (extrapol.)[K]

Tg (Literatur)[K]

38 493 800 ± 11 717

41 580 766 ± 19 705

44 555 770 ± 10 692

50 625 697 ± 60 667

54 560 724 ± 30 650

67 703 657 ± 35 596

72 — 508 ± 165 575

Tabelle 8.1: Berechnete ideale Glastemperaturen nach Dubey und Ramachandrarao und aus den extrapolierten

Meßergebnissen. Die Literaturangaben zur experimentellen Glastemperatur stammen von [101].

Für Schmelzenthalpie wurden die Meßergebnisse des Haltezeit-Meßverfahrens eingesetzt. Zur

Bestimmung von ∆CP wurden von den Meßwerten der flüssigen Phase das Meßergebnis für

die feste Phase abgezogen. Die Temperaturabhängigkeit der festen Phase wurde entsprechend

der in Kapitel 2.1 gemachten Berechnung berücksichtigt. Da die Temperaturabhängigkeit des

elektronischen Beitrages zur spezifischen Wärmekapazität kleiner als die Meßungenauigkeit

der Schmelzenthalpie ist, wird dieser hier vernachlässigt. Wird statt des Literaturwertes der

gemessene Volumenausdehnungskoeffizient benutzt, so ändert sich die berechnete Glas-

temperatur um maximal 20 K zu tieferen Temperaturen hin.

Die aus der Extrapolation berechneten idealen Glastemperaturen liegen etwa 60 bis 80 K über

den experimentellen Glastemperaturen von Calvayrac [101] und zeigen den selben fallenden

Trend bezüglich des steigenden Zirkonium-Anteils. Damit die berechnete ideale Glastempera-

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120

tur, wie physikalisch gefordert, unter die experimentelle Glastemperatur sinkt, kann entweder

eine höhere Schmelzenthalpie oder ein geringerer Anstieg der spezifischen Wärmekapazität

mit zunehmender Unterkühlung angenommen werden. Da die benutzten Schmelzenthalpien

bereits dem oberen Wertebereich der bekannten Ergebnisse entnommen wurden (siehe dazu

Abbildung 8.1), erscheint ein höherer Ansatz für die Schmelzenthalpie nicht gerechtfertigt.

Folglich deutet alles auf einen geringeren Anstieg, einer geringeren Temperaturabhängigkeit

der spezifischen Wärmekapazität bei größeren Unterkühlungen hin, wie ihn Sommer [86, 88,

130,184] für mehrere unterkühlte Legierungsschmelzen vorhersagt.

Abbildung 8.8: Schematische Darstellung des Integrals (Fläche A) zur Berechnung der idealen Glastemperatur

der Legierung mit 38 at% Zirkonium. Die eingeschlossene Fläche wird unten durch die spezifische

Wärmekapazität des Festkörpers begrenzt (Gerade B). Die dargestellte Grade wurde aus dem Meßwert bei der

Schmelztemperatur und der Temperaturabhängigkeit nach der Grüneisenregel (siehe Kapitel 2) generiert. Oben

wird die Fläche durch die modellierte und extrapolierte Kurve (C, strichpunktiert eingetragen) und den

Meßergebnissen des Abkühl-Meßverfahrens (durchgezogenen eingetragen) begrenzt. Links begrenzt eine

Senkrechte durch die ideale Glastemperatur (bei 650 K) und rechts eine weitere Senkrechte durch die

Schmelztemperatur diese Fläche.

Die spezifische Wärmekapazität kann daher nicht extrapoliert werden. Um eine Vorstellung

von der mittleren spezifischen Wärmekapazität bzw. ihrer Temperaturabhängigkeit im unter-

kühlten Bereich zu erhalten, soll nun der umgekehrte Versuch unternommen werden. Da die

Meßdaten der Legierung mit 38 at% Zirkonium am weitesten an die Glastemperatur heran-

reichen, wurde die Berechnung mit den Meßergebnissen dieser Legierung vorgenommen. Zur

Berechnung wurde eine ideale Glastemperatur von 650 K angenommen und die Schmelz-

600 900 1200 1500

Temperatur [K]

30

40

50

Cp

[J m

ol-1

K-1

]

A

B

C

Tg Tm

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121

enthalpie aus des Meßergebnis des Haltezeit-Meßverfahrens benutzt. Um die angenommene

ideale Glastemperatur für die Legierung mit 38 at% Zirkonium zu erreichen, muß die

Extrapolation bei einem Wert von 50 J mol-1 K-1 abgebrochen werden. Der letzte bei 1080 K

gemessene Wert liegt bei 47 J mol-1 K-1. Die Extrapolation der Meßdaten erreicht

50 J mol-1 K-1 bei 1027 K. D.h. zwischen 1027 K und 650 K beträgt dann die mittlere spezifi-

sche Wärmekapazität 50 J mol-1 K-1. Ob in diesem Bereich die Temperaturabhängigkeit der

spezifischen Wärmekapazität durch einen leichten, stetigen Anstieg, durch Stagnation oder

durch einen steilen Anstieg und nach dem Durchlaufen eines Maximums mit einem an-

schließenden steilen Abfall der spezifischen Wärmekapazität erreicht wird, kann aus den vor-

handenen Daten nicht entschieden werden. Es ist dabei zu beachten, daß die ideale Glas-

temperatur geschätzt wurde. Ist die tatsächliche Glastemperatur geringer, so sinkt auch die

mittlere spezifische Wärmekapazität.

Legierungat% Zr

T0 [K](normiert)

Tg [K](Literatur)

38 650 717

50 650 667

54 650 650

67 510 596

Tabelle 8.2: Aus der normierten Darstellung berechnete Glastemperatur und experimentelle Glastemperatur

nach Calvayrac et. al. [101]. Nähere Angaben zur Berechnung der idealen Glastemperatur erfolgen im Text.

Diese Berechnung könnte nun für alle anderen untersuchten Cu-Zr-Legierungen durchgeführt

werden. Hier jedoch wird die ideale Glastemperatur aus der für die Legierungszusammen-

setzung mit 38 at% Zirkonium modellierten temperaturabhängigen spezifischen Wärmekapa-

zität (in Abbildung 8.8 dargestellt) durch Normierung der Fläche A auf die Legierungen der

anderen Gruppen berechnet. Die Normierung der Temperatur und der spezifischen Wärmeka-

pazität erfolgt entsprechend der in Abbildung 9.2 an den Achsen angegebenen Weise. Zur

Motivation dieser Normierung wird auf Kapitel 9 verwiesen. Die Bestimmung der idealen

Glastemperatur der Legierungen mit 50, 54 und 67 at% Zirkonium erfolgte mit den nor-

mierten Daten der modellierten Kurve aus Abbildung 8.8. Bei der Auswertung der normierten

Größen analog der Gleichung 8.2 wurde die normierte Schmelztemperatur der betreffenden

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122

Legierung und die Ergebnisse zur Schmelzenthalpie aus dem Haltezeit-Meßverfahren benutzt.

Die spezifische Wärmekapa-zität der festen Phase wurde dabei separat berücksichtigt.

Da die Glastemperatur durch diese Vorgehensweise zweimal in die Rechnung eingeht, wurde

das Ergebnis durch Iteration erreicht. Zur Normierung der Abszisse wurden die in Tabelle 3.4

angegebenen Siedetemperaturen benutzt. Obwohl die meisten Parameter bei dieser Berech-

nung und Normierung durch Näherungen beschrieben werden, kann die ideale Glastemperatur

der Cu-Zr-Legierungen mit 50, 54 und 67 at% Zirkonium aus diesem Ansatz, wie aus Tabelle

8.4 hervorgeht, in guter Übereinstimmung mit den experimentellen Glastemperaturen

bestimmt werden. Die Übereinstimmung ist besser als die Bestimmung der idealen Glastem-

peratur aus den extrapolierten Meßergebnissen oder nach dem Ansatz von Dubey und Rama-

chandrarao. Die gute Übereinstimmung stützt die Beobachtung, daß die Temperaturabhängig-

keit der spezifischen Wärmekapazität für alle untersuchten Cu-Zr-Legierungen auf einer über-

einstimmenden Skala beschrieben werden kann.

8.5 ZusammenfassungDie Überprüfung der Meßergebnisse anhand der vorhanden Literatur liefert keine Argumente,

die gegen die Gültigkeit der Messung und der zu ihrer Auswertung notwendigen Annahmen

und Näherungen sprechen. Die Temperaturabhängigkeit der spezifischen Wärmekapazität ist

für alle Cu-Zr-Legierungen durch die Auftragung über einer reduzierten Temperatur-Skala

durch eine Funktion beschreibbar. Dies läßt den Schluß zu, daß die in den Cu-Zr-Schmelzen

ablaufenden temperaturabhängigen Vorgänge für alle Legierungen auf einer reduzierten und

normierten Temperaturskala gleich sind und die Legierungseigenschaften durch die Glastem-

peratur repräsentiert werden können. Aus den Berechnungen zur Glastemperatur folgt, daß die

Temperaturabhängigkeit der spezifischen Wärmekapazität bei größeren Unterkühlungen nicht

Extrapoliert werden kann. Mit steigender Temperatur verringert sich die Legierungs- und

Temperaturabhängigkeit der spezifischen Wärmekapazität. Ein Einfluß der Erstarrungsform,

wie er z.B. durch die größeren Bindungskräfte intermetallischer Verbindungen verursacht sein

könnte, konnte im beobachteten Temperaturbereich nicht festgestellt werden.

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123

9 Zusammenfassung und AusblickZur tiegelfreien Messung der spezifischen Wärmekapazität unterkühlter, glasbildender

Metallschmelzen wurde eine elektrostatische Levitationsanlage geplant und gebaut. Sie

besitzt im Gegensatz zu den elektromagnetischen Levitationsanlagen den Vorteil, daß die

Heizleistung von der Levitationskraft entkoppelt ist und so die Levitation von flüssigen

Proben mit niedriger Schmelztemperatur möglich ist. Das Prinzip der elektrostatischen

Levitation beruht auf der Kompensation der Erdanziehung durch elektrostatische Kräfte.

Diese werden durch die Ladung der Probe und ein von außen angelegtes elektrisches Feld

erzeugt.

Die realisierte Anlage ist in der Lage, bis zu 1 g schwere Proben auf 10-1 mm exakt zu posi-

tionieren. Der Probenort wurde durch den Schattenwurf eines aufgeweiteten Laserstrahls auf

eine Photodiode bestimmt. Die analoge Positionsmeß- und Regelungstechnik löste die Prob-

leme bei der Levitation der Proben in befriedigender Weise.

Die Aufladung der festen, kalten Proben erfolgt durch Influenz und kann aufgrund des

Kontaktwiderstandes zwischen der Platte und der aufliegenden Probe durch unterschiedliche

Startspannungen um den Faktor zwei variiert werden. Verantwortlich hierfür ist die Ladungs-

verteilung auf der Probenoberfläche und die dadurch hervorgerufenen Bildkräfte. Die so er-

zeugte Probenladung beträgt etwa 1010 Elektronen. Sie bewirkt mit der von außen angelegten

Feldstärke von etwa 106 V m-1 die zur Levitation benötigte Kraft. Zur Vermeidung von elek-

trischen Überschlägen durch die Ionisation des Restgases wird in einem Vakuum von 10-4 Pa

gearbeitet. Dadurch wird auch die Probenoxidation weitgehend unterdrückt.

Im kalten Zustand ist die Levitation von leitenden und nichtleitenden Proben problemlos

möglich. Bei der Erwärmung kommt es zur Entladung der Proben. Dies wird auf den posi-

tiven Netto-Ladungsfluß aus der thermischen Elektronenemission und dem Abdampfen von

positiv geladenen Ionen zurückgeführt. Die quantitativen Zusammenhänge konnten im

Rahmen dieser Arbeit nicht endgültig geklärt werden (siehe im Anhang 10.2 für weitere

Details). Zusätzlich führen zu Beginn der Beheizung abdampfende Adsorbat-Atome oder

Verunreinigungen aus der Probe zu einer zusätzlichen Entladung, sodaß eine Nachladung

unmittelbar nach dem Beginn der Beheizung zur Aufrechterhaltung der Ladung und damit der

Levitation notwendig ist. Dies wird durch das Entfernen von Elektronen von der Probenober-

fläche durch den Photoeffekt realisiert. Das für den Photoeffekt benötigte UV-Licht wird von

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124

der Heizlampe zur Verfügung gestellt, sodaß es zur Kopplung von Heizung und Nachladung

kommt. Der UV-Anteil im Heizlicht der Xenon-Lichtbogenlampe ist für die Kompensation

der Ladungsverluste bei den untersuchten Stoffen ausreichend. Um die Untersuchungen auf

weitere Materialien ausdehnen zu können, die aufgrund ihrer Eigenschaften nicht im erwärm-

ten Zustand levitiert werden können, ist eine unabhängige Ladungsmöglichkeit notwendig.

Mit der eingesetzten Xenonlampe, deren Strahlleistung 65 W betrug, konnten Cu-Zr-Proben

bis auf 1500 K und Zr-Cu-Ni-Al-Proben auf maximal 1650 K erwärmt werden.

Zur Messung der spezifischen Wärmekapazität wurden das Abkühl- und das Haltezeit-Meß-

verfahren entwickelt und die Modulationskalorimetrie für ihren Einsatz in der elektrostati-

schen Levitationsanlage untersucht. Alle drei Meßverfahren beruhen auf der zeitabhängigen

Messung der Temperatur. Die beiden erstgenannten Verfahren benutzen zur Bestimmung der

Energiebilanz allein die radiative Abstrahlung der Proben. Die Modulationskaloriemetrie

benötigt zur Messung die zusätzliche Einkopplung einer quantitativ und temporär genau

definierten Energiemenge und ermöglicht so eine Messung ohne die detaillierte Kenntnis der

abgestrahlten Energie.

Während der Experimente stellte sich heraus, daß die Modulationskalorimetrie mit einer

Lichtbogenlampe nicht zu realisieren ist, da eine leistungsstabile Einkopplung der Heiz-

leistung innerhalb der benötigten Meßzeiten nicht möglich ist. Abhilfe könnte durch die

Beheizung mit einem Laser oder durch eine elektromagnetische Beheizung, bei der allerdings

zusätzliche Levitationskräfte und andere Komplikationen auftreten, geschaffen werden.

Die Heizmethode ist beim Abkühl- und beim Haltezeit-Meßverfahren bedeutungslos, da die

Energieabstrahlung bei abgeschalteter Heizung bestimmt wird. Während bei der Modulations-

kaloriemetrie die Probe zur Messung wenige 100 s im unterkühlten, metastabilen Zustand

stabilisiert werden muß, erfolgt die Messung bei diesen beiden Verfahren simultan während

der Abkühlung. Daher sind diese Meßverfahren prinzipiell für eine Messung bei größeren

Unterkühlungen geeignet.

Beim Abkühl-Meßverfahren wird die Abkühlung der Probe beobachtet und deren zeitliche

Änderung ausgewertet. Durch die Berücksichtigung des Planckschen Strahlungsgesetzes

konnte die Meßkurve mit Polynomen geringer Ordnung sehr gut angefittet werden. Auf die

numerische Differentiation der Meßdaten mit all ihren zusätzlichen Fehlerquellen konnte da-

her verzichtet und die Differentiation auf analytischem Wege vorgenommen werden. Zusätz-

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125

lich findet bei diesem Vorgehen eine Filterung der Einflüsse statt, die sich aus der digitalen

Datenaufzeichung und der Eigenbewegung der Probe ergeben.

Beim Haltezeit-Meßverfahren wird die spezifische Wärmekapazität aus der maximalen Unter-

kühlung und der zugehörigen Haltezeit der Erstarrung zusammen mit der Schmelzenthalpie

bestimmt. Die Haltezeit ist aufgrund verschiedener Ursachen nicht immer exakt zu

bestimmen, sodaß die theoretisch hohe Meßgenauigkeit dieses Verfahrens nicht erreicht

werden konnte. Es ermöglicht allerdings unter Verwendung der Ergebnisse aus dem Abkühl-

Meßverfahren eine Bestimmung der Schmelzenthalpie (Ausnahmen siehe Anhang 10.1).

Für die systematische Untersuchung der spezifischen Wärmekapazität unterkühlter und glas-

bildender Schmelzen wurde das Legierungssystem Kupfer-Zirkonium ausgewählt, da es einen

weiten Glasbildungsbereich besitzt. Es wurden 7 Legierungen mit kongruentem Erstarrungs-

verhalten untersucht. Es sind dies Legierungen mit eutektischer Zusammensetzung oder inter-

metallische Phasen mit geringer Löslichkeit. Diese Auswahl gewährleistet die Untersuchung

in einem weiten Zusammensetzungsbereich von 38 bis 72 at% Zirkonium und ermöglicht die

Messung nach dem Haltezeit-Meßverfahren, das bei nicht-kongruenter Erstarrung nicht an-

wendbar ist. Gleichzeitig ist die Kalibrierung des Pyrometers auf die entsprechenden Halte-

temperaturen möglich. Dadurch wird die Temperaturmessung von weiteren experimentellen

Unsicherheiten befreit, wie sie z.B. beschmutzte Fenster oder unterschiedliche Beobachtungs-

winkel zur Oberfläche darstellen.

Zur Auswertung werden die Oberfläche und die Emissivität der Proben benötigt. Die Ober-

fläche wurde aus Literaturwerten zur Dichte amorpher Cu-Zr-Legierungen bzw. aus eigenen

Messungen bestimmt. Die Emissivität konnte aus Literaturangaben zum spezifischen elektri-

schen Widerstand amorpher und kristalliner Cu-Zr-Legierungen und dem bekannten Zusam-

menhang zwischen spezifischem elektrischem Widerstand und der Emissivität farbloser

metallischer Stoffe bestimmt werden.

Zur Verifikation der Meßergebnisse wurden verschiedene Betrachtungen angestellt, da eine

direkte Überprüfung aufgrund fehlender Literatur nicht möglich war. Es konnten dabei keine

Argumente gegen das Vorgehen bei der Auswertung gefunden werden. Die nach den Regeln

von Grüneisen sowie von Dulong und Petit unter Berücksichtigung des elektronischen

Beitrages berechnete spezifische Wärmekapazität der festen Phase stimmt mit den

Meßergebnissen überein und bestätigt damit die Richtigkeit dieses Vorgehens ebenfalls.

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126

Für die untersuchten Proben wurden maximale Unterkühlungen von 80 bis 260 K erreicht.

Ein Zusammenhang zwischen der Probengröße und der erreichbaren Unterkühlung konnte

nicht festgestellt werden. Dies deutet auf heterogene Keimbildungs-Vorgänge in den

Schmelzen hin. Ebenso konnte kein Einfluß der eutektischen bzw. der intermetallischen Er-

starrungsstruktur auf die erreichbare Unterkühlung beobachtet werden.

Die gemessenen spezifischen Wärmekapazitäten der Schmelzen bei der Schmelztemperatur

bewegen sich in dem Bereich von 36 bis 47 J mol-1 K-1. Die spezifische Wärmekapazität von

Zirkonium beträgt zum Vergleich bei der Schmelztemperatur 44 J mol-1 K-1 und die von

Kupfer 32 J mol-1 K-1. Diskontinuitäten der spezifischen Wärmekapazität in der unterkühlten

Schmelze konnten am Schmelzpunkt nicht beobachtet werden.

Die Schmelztemperatur steigt mit steigender Zirkonium-Konzentration. Eutektische Legier-

ungen weisen keine deutlich geringeren Schmelztemperaturen als benachbarte intermetal-

lische Verbindungen auf. Die Glastemperatur sinkt mit steigender Zirkonium-Konzentration.

Der Abstand zwischen diesen charakteristischen Temperaturen wird mit zunehmender Zirko-

nium-Konzentration größer. Dies deutet auf günstige Glasbildungseigenschaften für die

kupferreichen Legierungen hin. Tendenziell steigt die gemessene spezifische Wärmekapazität

und der Überschuß der spezifischen Wärmekapazität sowie ihre Temperaturabhängigkeit für

diese Legierungen an. Mit zunehmender Temperatur werden die Unterschiede zwischen den

Legierungen geringer.

Mit sinkender Temperatur steigt bei allen Legierungen die spezifische Wärmekapazität an,

wie dies auch bei anderen glasbildenden Legierungen beobachtet wird. Die Betrachtung der

Temperaturabhängigkeit der spezifischen Wärmekapazität bei der Schmelztemperatur ermög-

licht die Charakterisierung der untersuchten Schmelzen in drei Gruppen. Diese unterscheiden

sich signifikant nach der Schmelztemperatur und nicht nach Zusammensetzung. Daraufhin

wurde die Temperaturabhängigkeit auf der um die Glastemperatur reduzierten Temperatur-

skala aufgetragen. Auf dieser reduzierten Temperaturskala ist die Temperaturabhängigkeit für

alle untersuchten Legierungen annähernd gleich. Daher wird angenommen, daß die Prozesse

in der Schmelze auf einer gemeinsamen Skala ablaufen. Die Legierungszusammensetzung ist

dann für die Größe des Temperaturbereiches in dem diese Prozesse ablaufen und die absolute

Höhe der spezifische Wärmekapazität verantwortlich.

Die Existenz dieser gemeinsamen Skala deutet auf einen übereinstimmenden Zustand in der

Schmelze hin. Von einem übereinstimmenden Zustand wird gesprochen, wenn durch die Nor-

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127

mierung charakteristischer Parameter durch eine kritische Größe die Eigenschaften unter-

schiedlicher Stoffe auf einer Skala abgebildet werden können.

Angeregt durch das bei den Kupfer-Zirkonium-Legierungen gefundene Ergebnis erfolgt im

Weiteren ein Ausblick auf die Frage, ob dies auch für andere Stoffsysteme zutrifft. Da nur

sehr wenige Messungen an unterkühlten Metallschmelzen und zu deren Glastemperaturen

vorliegen, ist eine ausführliche Diskussion nicht möglich. Von zwei Gold-Metalloid-

Legierungen (Au83,4 Si18,6, Au77 Ge13,6 Si9,4) können die Ergebnisse von Chen und Turnbull

[185-187] verwendet werden. Weitere Daten stammen von Elementen mit geringer Schmelz-

temperatur, die ebenfalls mit sinkender Temperatur einen Anstieg der spezifischen Wärme-

kapazität in der stabilen flüssigen Phase aufweisen. Da es bisher noch nicht gelungen ist, ein

reines Metall glasartig zu erstarren, werden die berechneten ideale Glastemperaturen von

56 K für Gallium [187] und 109 K für Indium [188] und die Angaben des SGTE-Berichtes

[17] zur spezifischen Wärmekapazität der stabilen flüssigen Phase benutzt.

Die Normierung der spezifischen Wärmekapazität stößt auf erhebliche Probleme, da zur Zeit

weder ein theoretischer noch ein experimenteller Fixpunkt zur Verfügung steht.. Zu den

einzelnen Beiträgen der verschiedenen Modelle (siehe Kapitel 2 z.B. elektronischer- oder

anharmonischer Beitrag etc.) liegen nur vereinzelt Daten vor. Deren Bewertung bei einer

Normierung ist unklar. Eine Einordnung der temperaturabhängigen Prozesse innerhalb der

Schmelze (sofern diese einen übereinstimmenden Zustand darstellen) ist derzeit ebenfalls

nicht möglich. Die spezifische Wärmekapazität wurde daher, wo dies möglich war, auf 700 K

über der Glastemperatur und ansonsten auf das Minimum der mitgeteilten Meßwerte nor-

miert. Diese Normierung wurde gewählt, da bei dieser Temperatur die Änderung der

spezifischen Wärmekapazität nur noch als geringfügig angenommen wird und die Temperatur

keinen großen Einfluß auf das Ergebnis dieser Normierung hat.

Die Reduzierung der Temperaturskala erfolgt durch die Glastemperatur, da nach Kauzmann

dies die niedrigeste Temperatur einer Schmelze darstellt und die in der Schmelze ablaufen-

den Prozesse erst bei dieser Temperatur einsetzen können. Die Normierung der Temperatur-

achse erfolgte durch den hier angenommenen Existenzbereich der Schmelze zwischen der

Glas- und der Siedetemperatur. Die Siedetemperatur muß nicht die obere Grenze des

Existenzbereiches darstellen, da eine Schmelze überhitzt werden kann. Es ist daher eine der

unterkühlten Schmelze analoge Erweiterung des Existenzbereiches zwischen der Siedetem-

peratur und einer möglichen isentropischen Temperatur der flüssigen und der festen Phase

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128

denkbar. Die zur Normierung benutzten Siedetemperaturen der Legierungen wurden als erste

Näherung aus den bekannten Daten der Elemente nach van´t Hoff berechnet. Angaben zur

isentropischen Temperatur der flüssigen und gasförmigen Phase sind außer für Aluminium

[189] derzeit nicht verfügbar.

Abbildung 9.1: Darstellung der Temperaturabhängigkeit der spezifischen Wärmekapazität für verschiedene

metallische Schmelzen durch die Normierung auf das Minimum der spezifischen Wärmekapazität.

Abbildung 9.1 zeigt die normierte spezifische Wärmekapazität als Funktion der Temperatur

der besprochenen flüssigen Stoffe. Für die Au-Si(-Ge)-Legierungen liegen nur in einem

kleineren Temperaturbereich Daten vor. In dieser Darstellung weisen die Legierungsschmel-

zen weisen alle eine größere Temperaturabhängigkeit als die beiden Schmelzen der Elemente

auf. Die Cu-Zr-Schmelzen treten in dieser Darstellung wiederum in den 3 schon bekannten

Gruppen auf. Die Temperaturabhängigkeit der spezifischen Wärmekapazität setzt für alle

vorgestellten Legierungen zwischen 500 K und 1500 K, in einem Temperaturbereich von

etwa 1000 K, deutlich ein.

Durch die in Abbildung 9.2 erfolgte Darstellung der normierten spezifischen Wärmekapazität

als Funktion der reduzierten und normierten Temperatur wird für die vorgestellten Stoffe die

Reduzierung des Temperaturbereiches, in dem die Temperaturabhängigkeit stark zunimmt,

deutlich. Der Temperaturbereich erstreckt sich über den Bereich von 0,15 (Tb-Tg). Die Größe

des Existenzbereiches der Schmelze (Tb-Tg) schwankt je nach Stoff zwischen 2200 K und

0 250 500 750 1000 1250 1500

T [K]

0.95

1

1.05

1.1

1.15

1.2

Cp(

T)/ C

nor

m p

38, 41, 44 at% Zr

Ga In

Au-Si-Ge

Au-Si54, 54 at% Zr

67, 72at% Zr

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3000 K, mithin ist der Bereich in dem die Temperaturabhängigkeit stark zunimmt mit 330 K

bis 450 K deutlich geringer als in der Abbildung 9.1 gefundene Bereich mit 1000 K.

Abbildung 9.2: Temperaturabhängigkeit der spezifischen Wärmekapazität im normierten Existenzbereich ver-

schiedener metallischer Schmelzen mit der in Abbildung 9.1 benutzten Normierung der spezifischen Wärme-

kapazität.

Es ist dabei zu beachten, daß die Siedetemperaturen nur für die Elemente bekannt sind. Für

die Legierungen wurden sie in erster Näherung nach van´t Hoff berechnet. Die ideale Glas-

temperatur, die nach Kauzmann physikalische untere Grenze einer Schmelze, ist ebenfalls

nicht bekannt. Ersatzweise wurden die experimentellen Glastemperaturen, die von experimen-

tellen Parametern abhängig sind, benutzt. Daß es trotz dieser vielen Fehlerquellen zu dieser

Übereinstimmung der Temperaturabhängigkeit der spezifischen Wärmekapazität der verschie-

denen Stoffe kommt, wird als deutlicher Hinweis auf einen übereinstimmenden Zustand für

die Temperaturabhängigkeit der spezifischen Wärmekapazität einfacher Legierungen und

Elementschmelzen gewertet. Die Existenz eines solchen übereinstimmenden Zustandes wurde

von Chapman [190] für Metalle mit geringer Schmelztemperatur aufgrund der radialen Ver-

teilungsfunktion für den Konfigurationsterm gefunden.

Die Temperaturabhängigkeit der normierten und reduzierten Darstellung wird durch die

Normierung beeinflußt. Die Nutzung der experimentellen Glastemperatur zur Reduzierung

und Normierung der Abszisse führt im Vergleich zur idealen Glastemperatur zu einer

0 0.25 0.5 0.75 1

T-Tg (Tb-Tg )-1

0.95

1

1.05

1.1

1.15

1.2

Cp(

T)/ C

nor

mp

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130

geringeren Temperaturabhängigkeit. Über den Fehler bei der Berechnung der Siedetemperatur

kann nur spekuliert werden.

Die spezifische Wärmekapazität der Schmelzen wird in Kapitel 2 durch additive Ansätze be-

schrieben. Meines Erachtens beruht die beobachtete Temperaturabhängigkeit der spezi-

fischen Wärmekapazität der Schmelze im wesentlichen auf einer Änderung der Bindungsei-

genschaften der Atome, Ionen bzw. Moleküle. Diese entsprechen bei der Glastemperatur

nahezu denen des Festkörpers und bei der Siedetemperatur denen des Gases. In der Schmelze

findet ein kontinuierlicher Übergang zwischen diesen beiden Extremen statt. Sollte diese

Vorstellung richtig sein, so müßte die spezifische Wärmekapazität vor der Normierung um

die Anteile, die nicht primär auf den Bindungseigenschaften beruhen (z.B. der elektronische

Anteil) reduziert werden. Dieses Vorgehen würde zu größeren Temperaturabhängigkeiten der

spezifischen Wärmekapzität in der normierten Darstellung führen.

Die im Anhang (Kapitel 10.1) aufgeführten Meßergebnisse von mehrkomponentigen glas-

bildenden Legierungen machen deutlich, daß die Vorgänge in diesen Schmelzen komplexer

sind und ein übereinstimmender Zustand, so er existiert, in diesen Legierungen anders

beschrieben werden muß.

Weitere Untersuchungen zu den Vorgängen in der Schmelze sind daher notwendig, um die

gefundenen Gemeinsamkeiten bei den einfachen Legierungen richtig interpretieren zu

können. Bei den mehrkomponentigen Legierungen müssen zusätzliche Einflüsse wie etwa die

Stoffzusammensetzung untersucht werden, um das nicht reproduzierbare Verhalten bei der

Abkühlung dieser Proben erklären zu können.

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131

10 AnhangBei der Bearbeitung des Themas wurden weitere Messungen, die nicht Gegenstand der

systematischen Untersuchung des Cu-Zr-Legierungssystems aber von allgemeinen Interesse

sind, durchgeführt. Diese Messungen werden im Abschnitt 10.1 vorgestellt und diskutiert.

Einzelheiten zur elektrostatischen Levitation werden im danach folgenden Abschnitt 10.2

behandelt.

10.1 Andere Stoffe

Legierung Liquidustemperatur[K]

Anzahldichte[mol/kg]

Zr57Cu15,4Ni12,6 Al10Nb5 1112 13,07

Zr60Cu18Al10Ni9Co3 1119, 1123 13,17

Zr65Cu17,5Al7,5Ni10 1147, 1170, 1180 12,77

Tabelle 10.1: Untersuchte mehrkomponentige glasbildende Legierungen. Die Angaben zu den Liquidus-

temperaturen stammen von Tempus [191], Schmid [192] und einer unveröffentlichten Messung von Damaschke.

Die in Tabelle 10.1 zusammengestellten vier- und fünfkomponentigen Legierungen wurden

für die Untersuchung im elektrostatischen Levitator ausgewählt, da sie bei der MSL-1

Mission in der TEMPUS-Anlage ebenfalls untersucht [191, 193] wurden. Sie ermöglichen

somit einen Vergleich bzw. eine ergänzende Interpretation beider Experimente und der dabei

gewonnenen Daten. In der TEMPUS-Anlage wurde die spezifische Wärmekapazität mit

modulationskalorimetrischen Methoden bestimmt. Die Messung der Dichte erfolgte mit einer

CCD-Kamera.

Am elektrostatischen Levitator wurden mit der gleichen Kamera die videogestützten

Messungen der Dichte (siehe Kapitel 7) von Dr. Damaschke durchgeführt und ausgewertet.

Die Aufnahme der Meßdaten zur gleichzeitigen Bestimmung der Dichte und der spezifischen

Wärmekapazität erfolgte hier mit zwei unabhängigen Meßgeräten. Die Probenpräparation für

diese Legierungen wurde von Dr. Damaschke besorgt.

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132

LegierungNukleations-temperatur

elektrostat. Levitation[K]

Nukleations-temperaturTEMPUS

[K]

Dichte( bei Tm )

[kg m-3]

Zr65Cu17,5Al7,5Ni10 956 1025 6270

Zr60Cu18Al10Ni9Co3 937 1040 6290

Zr57Cu15,4Ni12,6 Al10Nb5 962 1040 6077

Tabelle 10.2: Erreichte Nukleationstemperaturen und Meßergebnisse zur Dichte der flüssigen Proben bei

Schmelztemperatur. Die Dichte wurde aus den Meßergebnissen von Dr. Damaschke, veröffentlicht in [194]

berechnet.

Unabhängige Angaben zum spezifischen elektrischen Widerstand zur Berechnung der

Emissivität sind für diese Legierungen nicht verfügbar. Es kann daher nur das Verhältnis der

spezifischen Wärmekapazität zur Emissivität bestimmt werden.

Abbildung 10.1: Drei exemplarische Einzelergebnisse der Messung des Verhältnisses der spezifischen Wärme-

kapazität zur Emissivität als Funktion der Temperatur für die Legierung Zr65 Cu17,5 Al7,5 Ni10 . Es wurden zwei

Proben mit insgesamt 7 Messungen untersucht. Der Pfeil bezeichnet die Liquidustemperatur dieser Legierung.

Bei den Versuchen wurden für die einzelnen Legierungen die in Tabelle 10.2 angegebenen

Nukleationstemperaturen und Dichten gemessen. Im Vergleich zu den TEMPUS-Meßwerten

wurden bis zu 100 K größere Unterkühlungen erreicht. Dies wird auf die kürzere Meßzeit

beim Abkühl-Meßverfahren zurückgeführt.

900 1050 1200 1350 1500 1650

Temperatur [K]

180

190

200

210

Cp ε

−1 [

J m

ol-1

K-1

]

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133

Anders als bei den Cu-Zr-Legierungen tritt bei diesen mehrkomponentigen Legierungen kein

einheitliches temperaturabhängiges Verhalten auf. Es ist im unterkühlten Bereich nicht repro-

duzierbar und nur deutlich über der Liquidustemperatur konform (siehe Abbildungen 10.1 bis

10.3). Da an individuellen Proben dieses uneinheitliche Verhalten bei unmittelbar aufeinan-

derfolgenden Messungen (in wenigen 100 s Abstand) beobachtet werden konnte und die im

selben Zeitraum durchgeführten Messungen an Cu-Zr-Legierungen keine Auffälligkeiten

zeigten, können Fehlerquellen an der Meßapparatur als Ursache für dieses uneinheitliche

temperaturabhängige Verhalten ausgeschlossen werden. Die mangelhafte Reproduzierbarkeit

der Messungen kann daher auf die Stoffeigenschaften der Probe zurückgeführt werden.

Abbildung 10.2: Zwei exemplarische Einzelergebnisse der Messung des Verhältnisses der spezifischen Wärme-

kapazität zur Emissivität als Funktion der Temperatur für die Legierung Zr60 Cu18 Al10 Ni9 Co3 . Es wurden zwei

Proben mit insgesamt 6 Messungen untersucht. Der Pfeil bezeichnet die Liquidustemperatur.

Nähere Angaben hierzu können aufgrund der geringen Anzahl von Messungen nicht gemacht

werden. Außerdem ist auch zu beachten, daß nicht bekannt ist, wie die beobachtete Meßgröße

durch die spezifische Wärmekapazität und die Emissivität beeinflußt wird.

Die Auswertung nach dem Haltezeit-Meßverfahren ist ohne die Kenntnis der Emissivität der

festen und der flüssigen Phase nicht möglich. Um dennoch dieses Meßverfahren anzuwenden,

wird eine Näherung durchgeführt. Zu ihrer Erläuterung wird hier die um die Emissivität der

flüssigen Phase erweiterte Gleichung 5.20 in einer vereinfachten Form aufgeschrieben:

900 1050 1200 1350 1500

Temperatur [K]

150

165

180

195

Cp

ε−1 [

J m

ol-1

K-1

]

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134

( )( )

( )const t

H Cdm

s

P

lT T

Tl

s

∆∆

= −−∫ε

τε τ

ε τε

τ ( 10.1 )

Unter dem Integral steht zuerst die Meßgröße aus dem Abkühl-Meßverfahren gefolgt von den

Emissivitäten der festen Phase bei der Schmelztemperatur und der temperaturabhängigen

flüssigen Phase. Dieser zweite Term wird für die Auswertung durch 1 angenähert. Die

Schwankung dieses Verhältnisses beträgt für die untersuchten Cu-Zr-Legierungen zwischen

0,92 und 1,08 und dürfte für die hier besprochenen mehrkomponentigen Legierungen geringer

ausfallen, da die zusätzlichen Legierungskomponenten diesen Stoff im Sinne des spezifischen

elektrischen Widerstandes amorpher erscheinen lassen. Alle weiteren Größen sind in der

vorangehenden Konstanten (const) zusammengefaßt. Dabei ist zu berücksichtigen, daß allein

durch die Vernachlässigung der Temperaturabhängigkeit der Emissivität nach dem in

Abschnitt 5.5 Gesagtem ein Fehler im beobachteten Meßbereich von etwa 10 % entsteht.

Hinzu kommt noch der Fehler aus den unterschiedlichen Emissivitäten der festen und der

flüssigen Phase bei der Schmelztemperatur, der ebenfalls bei etwa 10 % liegen dürfte.

Abbildung 10.3: Vier exemplarische Einzelergebnisse der Messung des Verhältnisses der spezifischen Wärme-

kapazität zur Emissivität als Funktion der Temperatur für die Legierung Zr57 Cu15,4 Ni12,6 Al10 Nb5 . Es wurden

drei Proben mit insgesamt 7 Messungen untersucht. Bei einer dargestellten Kurve kommt es zur partiellen

Erstarrung der Probe mit einer Rekaleszenz, die die Probe auf etwa 1200 K erwärmt (angedeutet durch den

Pfeil A), bevor diese Probe endgültig erstarrt. Der andere Pfeil bezeichnet die Liquidustemperatur.

Temperatur [K]

Cp

ε−1 [

J m

ol-1

K-1

]

Temperatur [K]Temperatur [K]1000 1200 1400 1600

Temperatur [K]

140

150

160

170

180

190

A

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135

Abbildung 10.4: Auswertung nach dem Haltezeit-Meßverfahren für die Legierung Zr65 Cu17,5 Al7,5 Ni10.

Durchgezogen ist der Fit nach dem Abkühl-Meßverfahren und strichpunktiert der lineare Fit der

eingezeichneten Meßpunkte eingetragen.

Abbildung 10.5: Auswertung nach dem Haltezeit-Meßverfahren für die Legierung Zr60 Cu18 Al10 Ni9 Co3 .

Durchgezogen ist der Fit nach dem Abkühl-Meßverfahren und strichpunktiert der lineare Fit der

eingezeichneten Meßpunkte eingetragen.

Die Auftragung der Haltezeiten als Funktion der Unterkühlung und der Vergleich mit den

Ergebnissen aus dem Abkühl-Meßverfahren spiegelt die schlechte Reproduzierbarkeit der

Ergebnisse aus dem Abkühl-Meßverfahren wieder. Insbesondere bei der Legierung

0 50 100 150 200

Unterkühlung [K]

0

50

100

150

200

∆t n

-1/3

[s

mol

-1/3

]

0 50 100 150 200

Unterkühlung [K]

0

50

100

150

200

∆t n

-1/3

[s

mol

-1/3

]

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136

Zr57 Cu15,4 Ni12,6 Al10 Nb5 ändert sich die Haltezeit trotz deutlicher Variation der Unter-

kühlung (siehe Abbildung 10.6) nur geringfügig. Die Verwendung des Haltezeit-Meßver-

fahrens zur Überprüfung der Ergebnisse aus dem Abkühl-Meßverfahren ist nur für

Zr65 Cu17,5 Al7,5 Ni10 sinnvoll.

Abbildung 10.6: Auswertung nach dem Haltezeit-Meßverfahren für die Legierung Zr57 Cu15,4 Ni12,6 Al10 Nb5 .

Durchgezogen ist der Fit nach dem Abkühl-Meßverfahren und strichpunktiert der lineare Fit der

eingezeichneten Meßpunkte eingetragen.

Für das Verhältnis von Schmelzwärme zu Emissivität der festen Phase werden aus der

Regressionsrechnung mit den Daten aus dem Abkühl-Meßverfahren die in Tabelle 10.3

angegebenen Werte bestimmt. Zur Auswertung wurden aus den Ergebnissen des Abkühl-

Meßverfahrens Kurven ausgesucht, deren temperaturabhängiges Verhalten dem der Cu-Zr-

Legierungen in etwa entspricht. Dieses Vorgehen ist bei der Legierungszusammensetzung aus

Zr57 Cu15,4 Ni12,6 Al10 Nb5 jedoch nicht anwendbar.

Die gewonnenen Meßergebnisse weichen von den Ergebnissen aus der TEMPUS-Anlage

berichteten Meßdaten zur spezifischen Wärmekapazität und zur Emissivität in dem Bereich in

dem sie reproduzierbar sind von den hier gemessenen Werten ab. Danach beträgt das Verhält-

nis von spezifischer Wärmekapazität zur Emissivität der flüssigen Phase jeweils etwa 150

J mol-1 K-1 für die Legierungen Zr65 Cu17,5 Al7,5 Ni10 bei 1200 K und für Zr60 Cu18 Al10 Ni9 Co3

bei 1300 K. Bei etwa 1060 K ändert sich der Wert zu 110 J mol-1 K-1 bzw. 165 J mol-1 K-1.

Die Meßergebnisse liegen für Zr60 Cu18 Al10 Ni9 Co3 etwa 10% und für Zr65 Cu17,5 Al7,5 Ni10

0 50 100 150 200

Unterkühlung [K]

0

50

100

150

200

∆t n

-1/3

[s

mol

-1/3

]

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25 bis 75 % über diesen TEMPUS-Ergebnissen. Für Zr57 Cu15,4 Ni12,6 Al10 Nb5 werden keine

Angaben gemacht.

Legierung Hm / εεfest [kJ mol-1] Hm (εεfest=0,28) [kJ mol-1]

Zr65 Cu17,5 Al7,5 Ni10 49,8 ± 0,4 13,9 ± 0,1

Zr60 Cu18 Al10 Ni9 Co3 33,4 ± 1,1 9,4 ± 0,3

Zr57 Cu15,4 Ni12,6 Al10 Nb5 38,2 ± 3,1 10,7 ± 0,7

Tabelle 10.3: Verhältnis der Schmelzenthalpie zur Emissivität bestimmt nach dem Haltezeit-Meßverfahren. Zur

Einschätzung sind die Ergebnisse für die Emissivität der festen Phasen von 0,28 angegeben. Die angegebenen

Unsicherheiten beziehen sich auf die Unsicherheit des Fittes.

In Bezug auf die Reproduzierbarkeit wird von Problemen bei der Bestimmung der Emissivität

berichtet6, deren Ursache in Inhomogenitäten der Schmelze vermutet wird. Die Ursache hier-

für ist zur Zeit noch nicht bekannt. Das bei den TEMPUS-Messungen benutzte Meßverfahren

ermöglicht nur die Ausmessung einzelner Meßpunkte, sodaß die geringe Reproduzierbarkeit

der Messungen durch eine größere Streuung der Meßwerte auffällt. Mit der Modulations-

kalorimetrie werden geringere Unterkühlungen erreicht bei denen die geringe Reproduzier-

barkeit der Messungen nicht so deutlich hervortritt.

Für die Legierung Zr65 Cu17,5 Al7,5 Ni10 existieren weitere, unter terrestrischen Bedingungen

gewonnenene Meßergebnisse, die sich ebenfalls von den TEMPUS-Messungen unterscheiden

[192]. Erfolgt eine Kalibrierung der Meßdaten aus der elektrostatischen Levitationsanlage auf

die höchste Temperatur des Ergebnisses von Schmid [192] bei 1250 K und wird bei der Be-

stimmung der Emissivität ein konstanter spezifischer elektrischer Widerstand angenommen,

so nimmt die Steigung der temperaturabhängigen spezifischen Wärmekapazität einen mittler-

en Wert zwischen dem Wert aus der TEMPUS-Anlage und dem Wert von Schmid an. Die

Annahme eines konstanten spezifischen elektrischen Widerstandes ist eine Näherung, die für

metallische Gläser sehr wahrscheinlich ist (siehe Kapitel 5). Genauere Angaben können nicht

gemacht werden, da der Einfluß des temperaturabhängigen spezifischen elektrischen

Widerstandes nicht abgeschätzt werden kann.

6 R.K. Wunderlich, private Mitteilung

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138

10.2 Elektrostatische LevitationZur Realisierung der elektrostatischen Levitation mußten Voruntersuchungen zur Proben-

ladung und der durch sie hervorgerufenen Kräfte durchgeführt werden. Es konnte dabei auf

die Ergebnisse der elektrodynamischen Levitationsanlagen zurückgegriffen werden. Diese

sind weiter verbreitet und werden für die Massenspektroskopie, als Ionenkäfig (Überblick in

[195]), zur Levitation von Metallpartikeln [196] und für weitere Anwendungen verwendet

(siehe auch [197, 198]). Die Kompensation der Schwerkraft erfolgt in diesen Anlagen eben-

falls über elektrostatische Felder. Die horizontale Probenbeeinflussung wird im Gegensatz zur

elektrostatischen Anlage durch Wechselfelder an den lateralen Elektroden erzielt. Eine aktive

Beeinflussung des horizontalen Probenortes ist nicht möglich. Diese Anlagen sind bisher nur

für Experimente mit geringen Massen (Probenmasse bis 10 mg [198, 199]) ausgelegt worden.

Im Folgenden wird der Aufbau und das Prinzip der elektrostatischen Levitationsanlage kurz

wiederholt, um die wesentlichen Punkte für das Weitere präsent zu haben. Das verwirklichte

Konzept [200] einer elektrostatischen Levitationsanlage wurde von Rhim et. al. 1993 vorge-

stellt [137] und benutzt ein Arbeitselektrodenpaar, das als Plattenkondensator ausgeführt ist,

zur Levitation der Proben. Vier weitere Elektroden dienen zur aktiven horizontalen

Positionierung der levitierenden Probe. Die obere Arbeitselektrode (Platte) wird an negatives

Potential und die untere Platte an Erdpotential gelegt. Die Probe wird aus Gründen, die später

einsichtig werden, positiv geladen. Die horizontale und vertikale Probenbeeinflussung erfolgt

aktiv. Zur Detektion des Probenortes wird der Schattenwurf zweier Laserstrahlen von orts-

empfindlichen Photodioden ausgewertet. Die verstärkten Diodensignale werden von drei

analogen PID-Reglern (Proportional-Integral-Differential-Regler) zur Steuerung der Hoch-

spannungsverstärker genutzt (für ein digitales Reglerkonzept siehe [201]). Die Beheizung der

Probe erfolgt durch Strahlungsheizung mit einer Lichtbogenlampe mit erhöhtem UV-Anteil.

Alle Meßgeräte zur Untersuchung der Proben arbeiten auf optischen Wege.

Die Aufladung der auf der unteren Elektrode liegenden Probe erfolgt durch Influenz. Durch

die an den Arbeitselektroden angelegte Spannung wird ein äußeres elektrisches Feld erzeugt,

das eine Oberflächenladung auf der Probe erzeugt. Die verdrängten Ladungsträger wandern

aus der Probe in die Unterlage und die Probe lädt sich auf. Nach dem Abheben wird die Probe

durch ein elektrisches Feld ähnlich dem Millikan-Versuch [202] in der Schwebe gehalten. Im

homogenen elektrischen Feld kann die Probe an jedem beliebigen Ort schweben, sodaß zu

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139

ihrer Positionierung zusätzliche Kräfte benötigt werden. Die Erzeugung und Wirkung der

Kräfte auf die Probe ist der Inhalt dieses Abschnittes.

10.2.1 Ladung kalter ProbenBei der elektrostatischen Levitation wird die Schwerkraft (das Produkt aus Masse m und Erd-

beschleunigung g) durch die Coulomb-Kraft (das Produkt aus Ladung Q und Feldstärke E)

kompensiert. Das Kräftegleichgewicht, bei dem ein Körper schwebt, wird durch die folgende

Gleichung beschrieben:

EQgmrr

= ( 10.2 ).

Die Darstellung der Theorie erfolgt summarisch. Für weitere Einzelheiten wird auf die zitierte

Literatur verwiesen. Im Weiteren erfolgt die Beschränkung auf sphärische Objekte und ideale

Plattenkondensatoren, also auf homogene elektrische Felder. Kräfte wirken immer parallel zur

Richtung der Schwerkraft und unten ist die Richtung, in die die Schwerkraft wirkt.

Die Ladung einer leitfähigen Kugel beim Abheben von einer leitfähigen, ebenen Unterlage

läßt sich nach Felici [203] durch die Gleichung:

02

0Pr 4645,1 ERQ obe επ⋅= ( 10.3 )

bestimmen. Die elektrische Feldkonstante wird durch ε0 und der Radius der Kugel durch R

ausgedrückt. Dieses Ergebnis leitet er für den Fall, daß die elektrische Feldstärke weit von der

Kugel entfernt homogen und senkrecht zur Unterlage, auf der die Aufladung erfolgt, sowie

parallel zum Gravitationsfeld ausgerichtet ist, theoretisch her. Die experimentelle Arbeit von

Cho [204] bestätigt dieses Ergebnis, wobei er einen geringen Einfluß durch die Kontakt-

ladung aufgrund der unterschiedlichen Austrittsarbeiten der beteiligten Stoffe konstatiert.

Makin und Hu [195] benutzen die Beziehung 10.3 zur Ladungsbestimmung beim elektrody-

namischen Levitator und bezeichnen sie dort als Maxwell-Limit.

Aus Gleichung ( 10.2 ) und ( 10.3 ) und der Näherung für das elektrische Feld im Plattenkon-

densator:

dU

EE == 0 ( 10.4 ),

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140

wobei U für die angelegte Potentialdifferenz und d für den Plattenabstand steht und der Pro-

benmasse ausgedrückt durch:

gRm ρπ 3

34

= ( 10.5 ),

mit ρ für die Massendichte, folgt für die Levitationsspannung (Ul) der Ausdruck:

UR d g

l =⋅

ρε

2

03 1 645,( 10.6 ).

Felici gibt das Verhältnis der Kräfte, die bei der gleichen Feldstärke und Ladung auf eine

Kugel im aufliegenden Fall (Fa) und im levitierenden Fall (Fl) wirken, mit:

832,0645,1

369,1==

EQ

EQ

F

F

l

a ( 10.7 )

an. Somit ergibt sich für die Abhebspannung (Ua):

Ua ≈ 1,2 Ul ( 10.8 ).

Für den Unterschied zwischen den Kräften auf die levitierende und ruhende Probe werden die

Bildkräfte der Probenladung auf die Probenunterlage verantwortlich gemacht.

Die Bildkraft auf eine geladene Kugel die im Abstand x vor einer leitenden, geerdeten Wand

beträgt:

20

2

16 x

QF

επ= ( 10.9 ).

Der Abstand x ist durch den Abstand des Ladungsschwerpunktes der Kugel zur Wand

definiert. Eine geladene Kugel levitiert ohne äußeres elektrisches Feld unter der oberen Platte,

wenn ihre Bildkraft die Schwerkraft kompensiert. Aufgelöst nach dem Abstand zwischen der

Probe und der Platte folgt für den Abstand, bei dem die Probe ohne äußeres Feld im Gleichge-

wicht levitiert, der Ausdruck:

0

2

16 επgmQ

x = ( 10.10 ).

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Für den Fall, daß die Probe durch Influenz nach Gleichung 10.3 aufgeladen ist, folgt unter

Ausnutzung der Gleichungen 10.2 und 10.9 für den Abstand die Beziehung:

Rx 641,0= ( 10.11 ).

Eine Probe würde ohne äußeres Feld in diesem Fall in einem Abstand von 0,641 R von der

oberen leitfähigen Platte levitieren. Durch diese Bildkraft vermindert sich die zur Levitation

benötigte Spannung. Die effektive Levitationsspannung für den Abstand x von der oberen

Platte ergibt sich bei Superposition der Kräfte und Vernachlässigung der Bildkräfte der

unteren Platte zu:

20

016 x

dQUU eff επ

+= ( 10.12 ).

Mit U0 wird das Potential bezeichnet, das im homogenen Fall nach Gleichung 10.2 zur

Levitation benötigt wird. Ueff gibt die tatsächlich benötigte Potentialdifferenz an.

Zur Berechnung der Bildkraft wurde eine homogene Ladungsverteilung auf der Probenober-

fläche vorausgesetzt, die wiederum einen Ladungsschwerpunkt in der Probenmitte impliziert.

Die Ladungsverteilung auf der Probeoberfläche einer leitenden Kugel im homogenen Feld ist

jedoch nicht homogen weshalb es zu einer Verschiebung des Ladungsschwerpunktes kommt.

Die Flächenladungsdichte σ auf der Oberfläche einer geladenen leitfähigen Kugel ist durch:

E0εσ = ( 10.13 )

gegeben. Die lokale Feldstärke E(Θ) die zur Flächenladung auf der Oberfläche der Kugel

führt, kann nach Lehner [205] durch:

( )2

00 4

cos3R

QEE

επ+Θ=Θ ( 10.14 )

berechnet werden. Θ beschreibt den Winkel zwischen der Mittelsenkrechten der Kugel und

dem Ort Radiusvektor gebildet wird (siehe Abbildung 10.7). Bei einer nach Gleichung 10.3

geladenen, levitierenden Probe stellt sich die in Abbildung 10.7 durch die durchgezogenen

Kurve markierten lokale Feldstärke ein. Es kommt zu einem Vorzeichenwechsel der

Feldstärke bei einem Winkel von etwa 125°. Der Vorzeichenwechsel begrenzt den Bereich im

dem die Minoritäts-Ladungsträger die Oberflächenladung der Probe stellen. Dort entspringen

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142

bzw. enden die Feldlinien der Bildkräfte die mit einer unten angeordneten leitfähigen und

geerdeten Platte erzeugt werden. Wie aus Abbildung 10.7 hervorgeht, kommt es bei der

doppelten Probenladung nicht zu einem Vorzeichenwechsel der Oberflächenladung bzw. der

elektrischen Feldstärke auf der Oberfläche. D.h. die Bildkräfte der unteren Platte werden

durch das angelegte elektrische Feld vollständig abgeschirmt. Die Beschränkung auf die Bild-

kräfte der oberen Platte bei der Aufstellung von Gleichung 10.12 ist daher für solche Proben

gerechtfertigt.

Abbildung 10.7: Normierte lokale Feldstärke auf der Oberfläche einer geladenen Kugel im homogenen

elektrischen Feld. Durchgezogen ist die Verteilung für eine nach Gleichung 10.3 geladene Kugel einge-zeichnet.

Im unteren Teil der Probe ändert sich das Vorzeichen der Feldstärke und damit auch der Ober-flächenladung.

Für die doppelte Probenladung, die strichpunktiert eingetragen ist, findet kein Vorzeichen-wechsel statt. Für

eine Änderung der Levitationsspannung um ±20%, wie sie zur Positionierung benutzt wird, ist die lokale

Feldstärke jeweils gestrichelt eingetragen.

Aus Gleichung 10.6 folgt ein wurzelförmiger Zusammenhang zwischen der Levitationsspan-

nung und der Massendichte sowie ein linearer Zusammenhang zwischen der Levitationsspan-

nung und dem Plattenabstand. Zur Überprüfung dieser Zusammenhänge und der Differenz

zwischen Abheb- und Levitationsspannung nach Gleichung 10.8 wurden mehrere Experi-

mente durchgeführt. Für diese Versuche wurden neun verschiedene Proben (siehe Abbildung

10.8) mit identischem Probendurchmesser präpariert. Auf diese Weise wird sichergestellt, daß

die Deformation des elektrischen Feldes durch die unterschiedlichen Proben nicht variiert

wird.

Θ

0 25 50 75 100 125 150 175

Winkel Θ

-2

0

2

4

6

norm

iert

e Fe

ldst

ärke

E E

0 -1

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143

Abbildung 10.8: Abheb- und Levitationsspannung für verschiedene Stoffe für 5,3 mm Plattenabstand und 25 mm

Plattendurchmesser. Die eingezeichneten Ausgleichskurven beziehen sich auf einen wurzelförmigem Fit als

Funktion der Dichte. Strichpunktiert eingetragen sind die Ergebnisse nach den Gleichungen 10.6 und 10.8. Die

Levitationsspannungen für Al, Zr, Cu und W, die mit einer maximalen Startspannung von 20 kV erreicht wurden,

sind mit Quadraten eingetragen. Die Startspannung für Al war aus technischen Gründen etwa 25% geringer.

Aufgrund der unterschiedlichen Dichten der Materialien ergeben sich unterschiedliche Start-

gewichte der Proben. Die Aufladung der Proben beim Start kann durch kontinuierliches Er-

höhen oder durch sprunghaftes Anlegen der Potentialdifferenz erfolgen. Als Startspannung

(Us) wird die Spannung bezeichnet, die zu Beginn des Versuches als Sprungfunktion angelegt

wird. Ist die Startspannung nicht ausreichend, um die Probe abheben zu lassen, so wird vom

Regler die Spannung kontinuierlich erhöht, bis die Probe abhebt. Dies ist die Abhebspannung.

Sie ist für eine Probe und Reglerkonfiguration annähernd identisch sofern die Startspannung

geringer als die Abhebspannung ist (siehe auch Tabelle 10.4) Wird diese erreicht, verliert die

Probe den Kontakt zur unteren Kondensatorplatte und der Ladevorgang ist abgeschlossen. Die

dritte charakteristische Spannung ist die Levitationsspannung, bei der die Probe in der Soll-

position levitiert. Die Versuche zur Verifikation der Gleichungen 10.6 und 10.8 wurden mit

verschiedenen Plattenkondensator-Konfigurationen und unterschiedlichen Plattenabständen

durchgeführt. Ein typisches Ergebnis ist in Abbildung 10.8 wiedergegeben.

Der lineare Ansatz bezüglich des Plattenabstandes nach Gleichung 10.6 wurde ebenfalls be-

stätigt. Auf die graphische Darstellung des Ergebnisses wird aus Platzgründen verzichtet. Der

wurzelförmige Ansatz (Gleichung 10.6) stimmt gut mit den Meßergebnissen überein. Auf-

Abhebspannung

Levitationsspannung

0 5 10 15 20

Al TiGe Zr Sn Cu Ag W

Dichte [g cm-3]

0

5

10

15

20

Span

nung

[kV

]Si

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144

fällig ist, daß durchgängig eine höhere Abhebspannung und eine geringere Levitations-

spannung, als vorhergesagt, zu beobachten ist. Besonders deutlich wird dieses Verhalten bei

den Versuchen, bei denen eine Startspannung von 20 kV angelegt wurde (Quadrate in Ab-

bildung 10.8). Bei diesen Versuchen kann die Levitationsspannung um etwa die Hälfte im

Vergleich zum Start mit der Abhebspannung reduziert werden, was auf eine verdoppelte

Ladung schließen läßt.

Kupfer Zirkonium

Us [kV] Ua [kV] Ul [kV] ∆∆t [ms] Us [kV] Ua [kV] Ul [kV] ∆∆t [ms]

8 11,7 6,5 — 6 9,2 5 —

10 11,7 7 — 8 8,6 5,5 —

12 — 6,7 29 10,4 — 4,6 11,5

14 — 4,8 13 14,6 — 3 8

16 — 5 13 16 — 1,8 4,5

Tabelle 10.4: Meßwerte für die Start-, Abheb- und Levitationsspannung und die Abhebverzögerung für eine

Kupfer-Probe (linke Tabellenseite) der Masse 128,6 mg und für eine Zirkonium-Probe (rechte Tabellenseite) der

Masse 85,6 mg bei 5,3 mm Plattenabstand.

Zur Untersuchung des Einflusses der Start- und der Abhebspannung auf die Levitationsspan-

nung wurden zwei Versuchsreihen mit unterschiedlichen Startbedingungen mit Kupfer- und

Zirkonium-Proben durchgeführt. In Tabelle 10.4 sind diese Ergebnisse zusammengestellt.

Neben der, von der Start- bzw. Abhebspannung beeinflußten Änderungen der Levitations-

spannung kann auch eine Abhebverzögerung von bis zu 30 ms festgestellt werden. Als

Abhebverzögerung wird die Zeit bezeichnet, die nach dem Anlegen des Potentials bis zum

Abheben der Probe verstreicht. Diese Verzögerung wird mit einem elektrischen Übergangs-

widerstand zwischen der Probe und der Auflage erklärt. Die vom angelegten elektrischen Feld

verdrängten Ladungsträger können aufgrund des Übergangswiderstandes die Probe nicht

sofort verlassen. Sie sammeln sich auf der von der oberen Platte abgewandten unteren Seite

der Probe und erzeugen dort eine zusätzliche Bildkraft, welche die Probe zusätzlich auf der

Unterlage fixiert. Bei größeren Startspannungen werden mehr Ladungsträger verdrängt, deren

zusätzliche Bildkraft eine höhere Aufladung der Probe zur Folge hat.

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145

Der Übergangswiderstand zwischen aufliegender Probe und Platte wurde mit einem digitalen

Vielfach-Meßgerät gemessen. Hierfür wurde eine Probe mit einem dünnen Spulendraht kon-

taktiert. Die scheinbare Probenmasse betrug je nach Federkraft des Drahtes auf die Unterlage

40 bis 60 mg. Die angelegte Spannung betrug je nach Meßbereich des Gerätes zwischen 0,5

und 1,5 V. Der gemessene elektrische Widerstand variierte von 50 kΩ bis zu einigen MΩ. Die

Annahme eines signifikanten Übergangswiderstandes wurde damit bestätigt.

Abbildung 10.9: Levitationsspannung in Abhängigkeit des Abstandes des Probenmittelpunkts von der oberen

Kondensatorplatte für je eine Kupfer und Titan-Probe mit 3 mm Durchmesser. Eingetragen sind Fits nach

Gleichung 10.15. Aus dem Schnittpunkt mit der Abszisse folgt nach Gleichung 10.11, daß die Probenladung

doppelt so groß ist, wie nach Gleichung 10.3.

Zur Überprüfung des Einflusses der Bildkräfte nach der Gleichung 10.12 wurde die höhenab-

hängige Levitationsspannung gemessen. Die Ablesegenauigkeit des zur Höhenmessung ein-

gesetzten Fernrohrs betrug 0,1 mm. Die Levitationsspannung wurde durch Messen des

Kontrollsignals des Hochspannungsverstärkers mit einem Vielfach-Meßgerät im Gleich-

spannungs-Meßbereich realisiert, wodurch gleichzeitig das technisch bedingte Rauschen des

Meßsignals geglättet wurde.

Die Probe konnte in vertikaler Richtung von der Mittenposition nach unten an fast jeden

gewünschten Ort dirigiert werden. Nach oben war die Bewegungsfreiheit stark eingeschränkt.

In Abbildung 10.9 ist der Probenort durch die Angabe des Abstandes des Probenzentrums von

der oberen Kondensatorplatte angegeben. Auffällig ist, daß durch einen größeren Abstand

0 1 2 3 4 5

Abstand [mm]

0

10

20

Span

nung

[kV

]

Kupfer Titan

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146

zwischen Probe und oberer Platte die Levitationsspannung ansteigt. Die Probe wird durch die

zur Positionierung notwendige Steigerung der Feldstärke offensichtlich nicht angezogen.

Der Ladungsschwerpunkt verschiebt sich aufgrund der inhomogenen Ladungsverteilung auf

der Probeoberfläche um etwa 45% bzw. 0,75 mm vom Probenmittelpunkt nach oben. Dies

wird im Fit nach Gleichung 10.14 durch den Ausdruck x-0,75 berücksichtigt. Die effektive

Levitationsspannung wird analog zu Gleichung 10.12 durch:

20)75,0( −

+=x

AUU Fit

eff ( 10.15 )

angefittet. Aufgrund der Bildkräfte würde der Probenschwerpunkt wegen des verschobenen

Ladungsschwerpunktes etwa in 1,5 mm Abstand von der oberen Platte levitieren (Gleichung

10.11). In Abbildung 10.9 ist ein Wert von etwa 2,25 mm abzulesen. D.h. es wirken etwa die

doppelten Bildkräfte, woraus unmittelbar eine etwa doppelte Probenladung folgt.

Zum Abschluß werden die Ladung der Proben für einen Durchmesser von 3 mm aus den

unterschiedlichen Messungen nach Gleichung 10.3 sowie aus der Fitkonstante aufgrund von

Gleichung 10.15 bestimmt. Die Ladung der Proben beträgt etwa 10-9 C. Dies sind etwa 1010

Elementarladungen.

Die Ladung der kalten Proben läßt sich in Grenzen durch die Prozeßführung bei der

Aufladung beeinflussen. Sie erfolgt durch die Bildkräfte der verdrängten, nicht abgeflossenen

Ladungen. Damit können auch die höheren Abheb- und geringeren Levitationsspannungen

aus Abbildung 10.8 erklärt werden. Die Influenzladung der Probe kann mit dieser Levitations-

anlage bis auf das Doppelte erhöht werden. Dieser Effekt kann unter Schwerelosigkeit zur

Aufladung der Proben genutzt werden, da die zur Influenzladung benötigte Haltekraft durch

die zusätzlichen Bildkräfte erzeugt werden kann. Die Bildkraft der levitierenden Probe beein-

flußt die Levitationsspannung und führt zu einer eindeutigen Zuordnung zwischen Proben-

position und angelegter Spannung. Eine solche Zuordnung ist im homogenen elektrischen

Feld nicht gegeben.

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Abbildung 10.10: Probenladung als Funktion der Dichte für Proben mit 3 mm Durchmesser. Strichpunktiert ist

die Influenzladung nach Gleichung 10.3; die doppelte Ladung ist punktiert eingetragen. Gestrichelt ist das

gefittete Meßergebnis für Plattenabstände von 5,3 mm (siehe Abbildung 10.8) und durchgezogen von 8,1 mm

angegeben. Die Meßergebnisse zur Levitationsspannung als Funktion des Probenortes sind für die beiden

untersuchten Metalle mit dem Fehlerbalken des Fittes eingetragen.

10.2.2 Ladung heißer ProbenDie Ladung der kalten Probe ist nach dem Abheben konstant. Bei der Erhitzung der Proben

treten thermisch bedingte intrinsische Ladungs- und Stoffflüsse auf. Sie verändern die Ladung

der levitierenden Probe. Eine stabile Levitation ist nur bei einen quasistationärem Gleichge-

wicht der Ladungsflüsse möglich. Die intrinsischen Flüsse sind durch das thermische Ab-

dampfen von Elektronen und Atomen gegeben. Die Betrachtung der Theorie erfolgt hier

ebenfalls nur summarisch und für Einzelheiten wird auf die zitierte Literatur verwiesen.

Die Emissionsrate (W-) der thermischen Elektronen wird durch die Richardson-Gleichung:

WA T

e k T− =

2

exp'φ

( 10.16 )

beschrieben. In der effektiven Austrittsarbeit:

0 5 10

Dichte [g cm-3]

10-10

1.5

2.0

3.0

5.0

7.0

10-9

1.5

2.0

Lad

ung

[C]

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0

3

4'

επφφ

Ee±= ( 10.17 )

ist der Einfluß des elektrischen Feldes (Schottky-Effekt) mit berücksichtigt. Weiter bedeuten

A die Richardson-Konstante, e die Elementarladung und φ steht für die normale Austrittsar-

beit. Die Richardson-Konstante beträgt maximal 120 A cm-2 K-2 und schwankt für Wolfram je

nach kristallographischer Richtung zwischen 8 und 120 [10, S. 357].

Der zweite intrinsische Ladungsfluß erfolgt durch das Mitschleppen der Oberflächenladung

durch abdampfende Atome. Dieser Fluß kann je nach lokaler Oberflächenladung positiv oder

negativ sein. Die Abdampfrate (W+) der neutralen Metallatome in Abhängigkeit von der abso-

luten Temperatur, dem Dampfdruck (Pd) und der Atommasse (ma) ist durch:

Tkm

PW

a

d

π2=+ ( 10.18 )

gegeben [179]. Das für die elektrostatische Levitation benötigte Feld erhöht die Abdampfrate

nach den Ergebnissen aus dem Abschnitt 7.1 auf etwa das Dreifache. Es kann davon ausge-

gangen werden, daß diese Steigerung selektiv für geladene Atome erfolgt. Für die beiden

Elemente Kupfer und Zirkonium werden die beiden Teilchenflüsse in der Abbildung 10.11

und 10.12 ohne Berücksichtigung von Korrekturen berechnet. Zur Berechnung wurden die

Dampfdruckdaten von [71] benutzt.

Aus der Betrachtung der intrinsischen Flüsse folgt, daß die Probe zur Erreichung einer quasi-

stationären Ladung positiv aufgeladen werden muß. Anderenfalls führt eine Erwärmung

zwangsläufig zur Entladung der Probe.

Im Falle von Zirkonium ist der Elektronenstrom um Größenordnungen größer als der Atom-

strom, so daß keine Probleme mit der Entladung der positiv geladenen Probe zu erwarten

sind. Bei Kupfer sind die Verhältnisse umgekehrt. In der Folge müssen sich reine Kupfer-

proben entladen, wenn auch nur ein Bruchteil der abgedampften Atome eine positive Ladung

trägt. Bei etwa 1000 K werden innerhalb von 1 s Teilchenmengen in der Größenordnung der

Initialladung von etwa 1010 Elementarladungen transportiert. Eine evt. Vergrößerung der

Initialladung um einen Faktor 2 durch eine verbesserte Ausnutzung der Influenz ist für die

Ladungserhaltung bei erwärmten Proben nicht von entscheidender Bedeutung.

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149

Abbildung 10.11: Thermische Abdampfrate für Elektronen (strichpunktierte Kurve) und Atome (durchgezogene

Kurve) von Kupfer nach Gleichung 10.16 und 10.18 für einen Probenradius von 1,5 mm.

Weitere Entladungs-Effekte, durch das Einfangen von Ladungsträgern aus dem Restgas, das

bei den herrschenden elektrischen Feldstärken (106 V m-1) ionisiert ist, sowie von Sekundär-

elektronen, die aus der Apparatur herausgelöst werden, kommen hinzu. Freie negative

Ladungen im Rezipienten werden durch die hohen Feldstärken mit großer Wahrscheinlichkeit

zur Probe transportiert. Bei der ersten Erwärmung der Proben ist eine starke Entladung, die

dem Abdampfen von Adsorbat-Atomen zugeschrieben wird, zu beobachten.

Die Nachladung der Proben ist aus diesem Grund unverzichtbar und erfolgt während der

Levitation unter Ausnutzung des Photoeffektes mit dem UV-Anteil im Licht der Heizlampe.

Der Photo- oder Lichelektrische Effekt beruht auf dem Herauslösen von Elektronen aus der

Oberfläche durch elektromagnetische Strahlung. Es gilt hierfür die Einsteinsche Gleichung:

2

2v

mWh e

A +=ν ( 10.19 ).

Das Produkt aus Planck-Konstante (h) und Frequenz (ν) ist das eingestrahlte Energiequantum.

Dieses muß größer als die Austrittsarbeit (WA) der Elektronen für diesem Stoff sein. Die über-

schüssige Energie wird in kinetische Energie der Elektronen der Masse me umgewandelt. Die

zum Verlassen des die Probe umgebenden elektrischen Feldes benötigte kinetische Energie

wird durch die Feldverteilung auf der Probenoberfläche beeinflußt. Im oberen Teil der Probe

benötigen entweichende Elektronen eine sehr hohe kinetische Energie, um gegen das Feld die

500 1000 1500 2000 2500

Temperatur [K]

Tei

lche

n pr

o Z

eit [

s-1]

AbdanpfCu.GRA

Tm= 1358 K

1010

1015

105

1020

100

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Probe dauerhaft verlassen zu können. Ist eine Probe durch Influenz nach Gleichung 10.3

aufgeladen, so gibt es im unteren Teil der Probe (siehe Abbildung 10.7) einen Bereich, der

eine negative Oberflächenladung trägt und in dem die Elektronen mit dem elektrischen Feld

die Probe verlassen können. Mit zunehmender Ladung der Probe wird dieser Bereich kleiner,

bis er bei etwa der doppelten Ladung ganz verschwindet. Die Ladung der Proben kann durch

die Fokussierung des UV-Lichtes auf diesen Bereich optimiert werden. Mit zunehmender

Ladung der Probe wird dieser Prozeß durch die Änderung der Emissionsbedingungen

ineffektiv und führte bei den durchgeführten Experimenten zur Beendigung der Nachladung.

Abbildung 10.12: Thermische Abdampfrate für Elektronen (strichpunktierte Kurve) und Atome (durchgezogene

Kurve) von Zirkonium nach Gleichung 10.16 und 10.18 für eine Probenradius von 1,5 mm.

500 1000 1500 2000 2500

Temperatur [K]

Tei

lche

n pr

o Z

eit [

s-1]

Tm= 2125 K

1010

1015

105

1020

100

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160

12 DanksagungMein herzlicher Dank gilt:

Herrn Prof. Dr. P.L. Ryder für die interessante Themenstellung und die freundliche Unter-

stützung bei der Ausführung der Arbeit, die mir neue Blickwinkel erst ermöglichte;

Herrn Prof. Dr. I. Egry, Herrn Prof. Dr. F. Sommer, Herrn Prof. Dr. S. Boseck und Herrn

Prof. Dr. P. Leiderer für die zahlreichen fruchtbaren Diskussionen und wertvollen Hinweise;

Herrn Prof. Dr. W. Asmus und Herrn Dr. F. Ritter für die Bereitstellung des DSC-Meßgerätes

und die fachkundige Unterstützung bei der DSC-Messung;

Herrn Dr. B. Damaschke für die spannende Zusammenarbeit bei der Messung der Dichte

levitierender Proben sowie Herrn Dr. R.K. Wunderlich für die zahlreichen Diskussionen;

den wissenschaftlichen Mitarbeitern, den Herren Dr. S. Walder, N. Warncke, Dr. C. Pohla,

Dr. R. Goswami, Dr. H. Selke, R. Hory, M. Büchner, H. Nyguen und Frau I. Leiteritz sowie

den technischen Mitarbeitern des Instituts für Werkstoffphysik und Strukturforschung, Herrn

I. Bareth, Frau J. Bonett, Frau U. Boseck, Herrn G. Ernst, Herrn R. Lasch für das gute

Arbeitsklima, zahlreiche fruchtbare Diskussionen, wertvollen Hinweise und Ratschläge sowie

für die vielfältigen kleinen und größeren Hilfen;

den elektronischen und mechanischen Werkstätten der Universität Bremen für die kompetente

Beratung und die Ausführung zahlreicher Arbeiten;

der Deutschen Forschungsgemeinschaft für die finanzielle Unterstützung im Rahmen des

Schwerpunktprogrammes Unterkühlte Metallschmelzen: Phasenselektion und Glasbildung

sowie für die Ausrichtung der in diesem Rahmen stattfindenden sehr konstruktiven Arbeits-

treffen;

den Geschäftsleitungen und Mitarbeitern der Firmen tectra und Prema Semiconductor für das

entgegengebrachte Verständnis, das die Fertigstellung dieser Arbeit nach dem Ausscheiden

aus der Universität Bremen möglich gemacht hat;

und nicht zuletzt meinen Angehörigen und Freunden die mich auf unterschiedliche Art und

Weise bei der Bearbeitung unterstützt und gefördert haben.