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Die neue Modellkette des DWD I Jahrgang 27 Heft 3/4 meteorologische fortbildung Nestung des LM-Gitters in das GME-Gitter

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Die neue Modellkette des DWD I

Jahrgang 27Heft 3/4

meteorologische fortbildung

Nestung des LM-Gitters in das GME-Gitter

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Meteorologische Fortbildung27. Jahrgang, Heft 3/4, 2002

Thema des Heftes:Die neue Modellkette des DWD IFachliche Redaktion: G.Adrian, Offenbach a.M.Editor: G. Groß, Hannover

Kapitel Seite

Zu diesem Heft 105

G. ADRIAN, D. FRÜHWALD1 Design der Modellkette GME/LM 106-110

D. MAJEWSKI, B. RITTER2 Das Global-Modell GME 111-122

G. DOMS, J. STEPPELER, G. ADRIAN3 Das Lokal-Modell LM 123-128

Vergleich der Modelle GME und LM 129

E. HEISE4 Parametrisierungen 130-141

W. WERGEN5 Datenassimilation – ein Überblick 142-149

W. WERGEN, M. BUCHHOLD6 Realisierung der Datenassimilation im GME 150-155

C. SCHRAFF, R. HESS7 Realisierung der Datenassimilation im LM 156-164

Buchbesprechungen 165-167

Blick nach draußen150 Jahre Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik,Wien 168-170

Institute stellen sich vorDas Meteorologische Institut der Universität Leipzig 171-173

W. RIECKERisikomanagement mit Wetterderivaten 174-176

M. GEBAUERDer Orkan im Herbst 2001 177-178

Habilitationen, Promotionen und Diplom-Hauptprüfungen im Jahr 1998 179-184

Anschriften der Autoren dieses Heftes 184

Redaktionelle Hinweise für Autoren 185

HerausgeberDeutscher Wetterdienst

HauptschriftleiterDr. H. D. Behr (Hamburg)

RedaktionsausschußDipl.-Met. U. Gärtner (Offenbach a. M.)

Priv.-Doz.Dr.G.Adrian (Offenbach a.M.)Prof. Dr. B. Brümmer (Hamburg)Prof. Dr. J. Egger (München)Prof. Dr. F. Fiedler (Karlsruhe)Prof. Dr. G. Groß (Hannover)Dr. J. Neisser (Lindenberg)Prof.Dr.C.-D.Schönwiese (Frankfurt a.M.)Prof. Dr. P. Speth (Köln)Prof. Dr. G.Tetzlaff (Leipzig)

Zum Titelbild:

Das Titelbild zeigt die Grundstruktur desneuartigen Gitters aus nahezu gleichseiti-gen Dreiecken (derzeitige Kantenlängeetwa 60 km) des neuen globalen Wetter-vorhersagemodells GME, das vom DWDentwickelt wurde und seit Dezember 1999operationell eingesetzt wird. Darin ist dasneue hochauflösende ungefilterte Lokal-Modell LM eingebettet, das auf einemkonventionellen Gitter mit einer Gitter-weite von derzeit 7 km eingesetzt wird.

promet erscheint im Selbstverlag desDeutschen Wetterdienstes – Frankfur-ter Straße 135, 63067 Offenbach amMain.Bezugspreis pro Jahrgang (4 Hefte)im Abonnement 22,50 €, Einzelheft6,50 €, Doppelheft 13,– €, Dreifachheft19,50 €.Für den Inhalt der Arbeiten sind die Au-toren verantwortlich. Alle Rechte blei-ben vorbehalten.

Druck:Weppert GmbH & Co. KG97424 SchweinfurtSilbersteinstraße 7

ISSN 0340-4552

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105promet, Jahrg. 27, Nr. 3/4, 105-105 (Juni 2002)© Deutscher Wetterdienst 2002

Thema des Heftes:Die neue Modellkette des DWD

Zu diesem Heft

Im Deutschen Wetterdienst wurden für die numerische Wettervorhersage ein neues globales Modell (GME) und ein neues Ausschnittsmodell (Lokal-Modell LM) entwickelt, die seit Dezember 1999 operationell eingesetzt werden. Dasglobale Modell hat dabei in seiner Funktion sowohl das ehemalige spektrale globale Modell GM als auch das ehemaligeEuropa-Modell EM ersetzt, das modernisiert mit den Parametrisierungen des GME unter dem Namen HRM weiterhinvon verschiedenen Forschungsinstituten und anderen Wetterdiensten in vielen Klimazonen auch für die operationelleWettervorhersage eingesetzt wird.

Das Modell LM wird von mehreren europäischen Wetterdiensten als operationelles regionales Vorhersagemodell in unterschiedlichen Modellgebieten eingesetzt und gemeinsam im Rahmen des „Consortium for Small-Scale Modelling“(COSMO) weiterentwickelt. Die wichtige Besonderheit von LM ist die in der Auflösung unbeschränkte Anwendbarkeitdes ungefilterten dynamischen Kerns, weshalb das Modell inzwischen auch außerhalb der Wettervorhersage von vieleneuropäischen Forschungsinstituten für sehr unterschiedliche Fragestellungen eingesetzt wird.Das globale Modell GMEzeichnet sich durch ein mindestens in der Wettervorhersage neuartiges,aus Dreiecken zusammengesetztes, strukturiertesGitter aus, mit dem zum Beispiel das bei hohen Auflösungen kritische sogenannte Polproblem konventioneller Gitter vermieden wird.

Dies alles sind Gründe, die beiden neuen Modelle des Deutschen Wetterdienstes breiter vorzustellen. Dazu werdenzunächst die Designziele und die besonderen Eigenschaften und Parametrisierungen beider Modelle erklärt, ohne indie Tiefe der Modelldokumentationen zu gehen. Bei der Diskussion um Vorhersagemodelle wird leider häufig der fürdie Vorhersagequalität entscheidende Prozess der Datenassimilation zur Erzeugung der Anfangsbedingungenvernachlässigt. Deshalb werden zuerst das Problem der Datenassimilation allgemein behandelt und dann die im DWDangewendeten Verfahren beschrieben.

In der öffentlichen Diskussion um Vorhersagemodelle wird häufig auch vernachlässigt, dass ein Wettervorhersage-modell zunächst nur den physikalischen Zustand der Atmosphäre simuliert und vorhersagt nicht aber „das Wetter“.Deshalb ist die im zweiten Heft dargestellte Interpretation der Modellergebnisse ein weiterer wichtiger Schritt zur Wettervorhersage. Weitere Themen dieses Heftes sind die Verifikation der numerischen Wettervorhersage als einwichtiger Prozess in der Qualitätssicherung der Vorhersagen und für die Weiterentwicklung der Modelle.Die Ergebnisseder numerischen Wettervorhersage stellen die Grundlage für viele weitere Anschlussmodelle dar. Im DeutschenWetterdienst sind dies beispielsweise dem gesetzlichen Auftrag folgend die Vorhersage der Ausbreitung radioaktiverStoffe aber auch die Seegangsvorhersage.

Für die Anwendung von Wettervorhersagemodellen werden sehr hohe Rechenleistungen benötigt, die heute nur durchParallelrechner mit komplexen Architekturen bereitgestellt werden können. Um diese modernen Rechner nutzen zukönnen, müssen besondere Programm- und Datenstrukturen eingesetzt werden, die das Design der Modelle mitbestimmen. Dies wird in einem eigenen Kapitel dargestellt.

Das Problem der Steuerung und Organisation des vollautomatisch ablaufenden Betriebes der Produktion der nume-rischen Wettervorhersage, angefangen von der Bereitstellung der Beobachtungsdaten bis hin zur Archivierung der Ergebnisse und deren Bereitstellung für die weitere Bearbeitung und Auslieferung der Produkte an die Nutzer, wirdhäufig unterschätzt. Deshalb wird auch die Organisation der numerischen Wettervorhersage vorgestellt.

Zum Abschluss der Darstellung der neuen Modellkette des DWD werden die Rolle und die Bedeutung der numerischenSimulation für die Wettervorhersage aus der Sicht eines Nutzers der Produkte der numerischen Wettervorhersagebewertet. Dieses Kapitel gibt damit auch eine Übersicht über den Leistungsstand moderner Wettervorhersageverfahren.

G.Adrian

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1 Einführung der neuen Modellkette in den operationellen Betrieb

Im Deutschen Wetterdienst werden seit Dezember 1999zwei neue Vorhersagemodelle GME und LM eingesetzt,die beide in der Abteilung Meteorologische Analyse undModellierung innerhalb von etwa vier Jahren unter Einsatzvon ungefähr 30 Personenjahren entwickelt worden sind.Das neue globale Modell GME mit einer Gitterweite vonetwa 60 km und 31 Schichten ersetzt die bisherigen Vor-hersagemodelle GM und EM, woraus sich die Bezeich-nung GME ableitet. GM war das Global-Modell mit dergesamten Atmosphäre als Modellgebiet, in welches dasregionale Vorhersagemodell EM (Europa-Modell) miteiner Gitterweite von ungefähr 55 km genestet war. Dasneue Modell GME beschreibt also die Atmosphäre glo-bal mit etwa der Gitterweite des EM. Innerhalb des EM-Modellgebietes war unter der Bezeichnung Deutsch-land-Modell (DM) mit einer Gitterweite von etwa 14 kmüber dem Gebiet von Deutschland und Umgebungnochmals ein weiteres hydrostatisches Modell genestet.Das neue Lokal-Modell LM wird über dem Gebiet desDM mit einer Gitterweite von derzeit etwa 7 km und 35Schichten eingesetzt. Es stellt wegen seines nichthydro-statischen Charakters eine neue Qualität dar.Die Anzahlder zu pflegenden Vorhersagemodelle wurde also vondrei auf zwei reduziert. Das übergeordnete Modell aufder Skala des früheren EM beinhaltet als globales Modellkeine künstlichen Ränder mehr, so dass alleine durchdiesen Schritt eine Qualitätsverbesserung bei gleichzeiti-ger Verkleinerung des Wartungsaufwandes erreicht wurde.Damit die neue Modellkette die bisherigen Modelle GM,EM und DM ersetzen konnte, musste die erforderlicheRechenkapazität im Rechenzentrum des DWD bereit-gestellt werden. Ab 1998 stand im Rahmen des Projekts„Ersatz der zentralen IT-Anlagen des DWD“ (ZITA_E)der Hochleistungsrechner T3E der Firma CRAY zurVerfügung.Seit April 2002 läuft die neue Modellkette aufdem fast vier mal schnelleren Rechner IBM-SP der FirmaIBM. Da die ursprünglich geforderte Rechenkapazitätauf der derzeitigen Anlage nicht erreichbar ist, stellt dieaktuelle Modellinstallation erst eine Zwischenlösungdar. Diese Zwischenlösung ermöglicht bereits jetzt, Er-fahrungen mit der in Stufen zu steigernden Auflösung derModelle zu gewinnen. Das betrifft sowohl die Daten-assimilation und die Analyse, die modellinternen Para-metrisierungen als auch das Postprocessing und die Inter-pretation. Der vorgesehene Endausbau der Modellesieht das GME mit einer Gitterweite von etwa 30 km und45 Schichten und das LM mit einer Gitterweite von etwa3 km und 50 Schichten vor. Er kann erst nach 2005 miteinem neuen Rechner mit erhöhter Leistung gegenüberdem derzeitigen erreicht werden.

Bei der Entwicklung der neuen Modelle GME und LMwurden von Anfang an moderne Programmiersprachenund neue, parallelisierte Programmstrukturen verwen-det, die eine effektive Nutzung neuer, moderner Rech-nerarchitekturen ermöglichen. Dies war eine notwendi-ge Voraussetzung für den weiteren Ausbau der Hoch-leistungsrechner im Deutschen Wetterdienst. WährendGM/EM/DM noch auf schwach parallelen Vektor-prozessoren (PVP) mit gemeinsamen Hauptspeicher(shared memory) liefen, wurden GME und LM für mas-siv parallele Prozessoren (MPP) mit verteilten Speicher(distributed memory) entwickelt. Die derzeitige Rech-nerarchitektur besteht aus einem Cluster mit 80 Rech-nern (Knoten). Jeder Knoten weist 16 Prozessoren auf,die auf einen gemeinsamen Speicher zugreifen.Nur dieseWechsel von Rechnerarchitekturen ermöglichen denschnellen Ausbau der Rechenleistung. Sie setzen jedochdie Verwendung geeigneter Programmiertechniken vor-aus, die zu einem Programmiercode führen, der unab-hängig vom verwendeten Rechnertyp ist (sog. portablerProgramm-Code). Dies alleine machte schon eine Neu-programmierung der Vorhersagemodelle erforderlich.Beide Modelle GME und LM unterscheiden sich in zweiwesentlichen Punkten prinzipiell von anderen Vorher-sagemodellen, so dass man hier von zwei Modellen einerneuen Generation sprechen kann. Das Global-ModellGME, das im Kapitel 2 genauer beschrieben wird, ist einGitterpunktmodell, das auf einem Dreiecksgitter formu-liert wurde, wie es zumindest in meteorologischen Mo-dellen operationell bisher nicht eingesetzt wurde. Damitist es erstmals möglich, die Vorteile eines Gitterpunkt-modells bezüglich der Effizienz auf modernen Rechner-architekturen unter Vermeidung der schwerwiegendenNachteile bisheriger globaler Gitterpunktmodelle hin-sichtlich der numerischen Genauigkeit zu nutzen. DasGME stellt damit einen wichtigen Entwicklungsschrittauf dem Weg höchstauflösender globaler Atmosphären-modelle dar und besitzt noch ein großes Entwicklungs-potential,das durch konkrete Kooperationsangebote zurWeiterentwicklung dieses Modellkonzeptes für die Wetter-vorhersage und die Klimasimulation belegt werden kann.Das Lokal-Modell LM, das im Kapitel 3 näher beschrie-ben wird, ist das erste bei einem Wetterdienst opera-tionell eingesetzte nichthydrostatische Regionalmodellfür die Wettervorhersage in Europa. Durch den Verzichtauf die bisher in der numerischen Wettervorhersage üb-lichen hydrostatischen Approximation entfallen auch dieEinschränkungen bezüglich der Skalen und der atmo-sphärischen Bedingungen für die Anwendbarkeit desdynamischen Kerns des LM (s. dazu Abschnitt 3 in die-sem Kapitel). Der dynamische Kern des Modells LM istgrundsätzlich auf alle Skalen und atmosphärische Zu-stände einsetzbar, die für ein Regionalmodell denkbar

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G.ADRIAN, D. FRÜHWALD

Design der neuen Modellkette GME/LM1

promet, Jahrg. 27, Nr. 3/4, 106-110 (Juni 2002)© Deutscher Wetterdienst 2002

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sind.Allerdings bestehen derzeit noch Einschränkungendurch die verwendeten geländefolgenden Koordinatenund durch die Formulierung als Ausschnittsmodell mitkünstlichen Rändern.Das Modell LM kann zunächst wegen der beschränktenRechenleistung,die in den nächsten Ausbaustufen zuneh-men wird, aber auch wegen der eingesetzten Parametri-sierungen nicht in jeder beliebigen Skala angewendetwerden. Trotz der prinzipiell erreichbaren hohen Auflö-sung sind natürlich weiterhin Parametrisierungen subska-liger Prozesse notwendig, an deren Weiterentwicklungderzeit gearbeitet wird (s. Kapitel 4). Weil es keine ska-lenunabhängigen, universell einsetzbaren Parametrisie-rungsverfahren für die meisten subskaligen Prozesse gibt,erfolgt die Erhöhung der Auflösung durch schrittweiseVerkleinerung der Gitterweiten bei gleichzeitiger Anpas-sung der Parametrisierungen. Der erste Schritt war derÜbergang von 14 km auf 7 km bei der Umstellung vonDM auf das LM. Mit dieser Gitterweite können diespeziellen Eigenschaften des nichthydrostatischen Kernsdes LM noch nicht gezeigt werden. Tatsächlich bezogensich auch alle erkannten und behobenen Probleme beimoperationellen Einsatz des LM seit seiner Einführung imDezember 1999 auf die externen Eingabeparameter, wiedas digitale Geländemodell,auf die weitgehend noch vomDM übernommenen Parametrisierungen und die Inter-pretation der Vorhersagen,nicht aber auf den nichthydro-statischen dynamischen Kern des Modells.Diese Problemewurden vor allem nach der Halbierung der Gitterweitesichtbar, konnten aber auch schon im DM beobachtetwerden, wenn auch als wesentlich weniger störend. Dennmit der Halbierung der Gitterweite verdoppelt sichbeispielsweise die darstellbare Steigung des Geländes.Wesentliche Merkmale der Modelle GME und LM sindin der Tabelle auf Seite 129 gegenübergestellt.

2 Anforderungen an die Modellergebnisse

Im Deutschen Wetterdienst wird die numerische Wetter-vorhersage als ein Instrument für die Kurzfristvorher-sage bis zu etwa drei Tagen Vorhersagefrist eingesetzt.Deshalb ist das Ziel der numerischen Wettervorhersageim Deutschen Wetterdienst die Entwicklung und derEinsatz eines räumlich hochauflösenden Modellsystemsfür die o. g. Vorhersagefrist. Dieses System soll einegenauere Wettervorhersage ermöglichen und dazu alleProdukte in sehr kurzer Zeit bereitstellen.Unter Wettervorhersage wird hier die Vorhersage vonBewölkung, Niederschlag, Maximum und Minimum der2 m-Temperatur, Gewitter, bodennahen Winden undSichtweite verstanden. Dies soll durch eine detaillierteBeschreibung der physikalischen Prozesse und – soweitmöglich – durch direkte Simulation mit Schwerpunkt aufden Prozessen des hydrologischen Zyklus und derbodennahen turbulenten Prozesse erreicht werden.Bereits im Fachkonzept der Abteilung Wettervorhersagevon 1993 wird erwartet, dass das LM die Entstehungmesoskalig organisierter und meist unwetterträchtigerkonvektiver Systeme explizit simulieren kann. Dies ist

insbesondere zur Verbesserung des Warndienstes imSommer von Bedeutung. Daneben soll das LM genaueVorhersagen der Wolken- und Niederschlagsstrukturen inZyklonen und an Fronten liefern sowie kleinräumigeorographische Effekte im Mittelgebirgsraum und im Küs-tenbereich beschreiben. Des weiteren wird auf ortsspe-zifische Vorhersagen der Tagesgänge der meteorologi-schen Parameter in Bodennähe und der Parameter in derGrenzschicht (Thermik,Turbulenz usw.) Wert gelegt.Die Forderung nach der direkten Simulation wesent-licher wetterwirksamer Prozesse folgt aus der Erfah-rung, dass vor allem die Wirkung der hochreichendenKonvektion von den heute bekannten Parametrisie-rungsansätzen nur unzureichend erfasst wird. Tatsäch-lich wurden die heute allgemein eingesetzten Parame-trisierungsverfahren für globale Zirkulationsmodellemit geringer Auflösung entwickelt. In diesen Verfahrenwird eine Schließungshypothese benötigt,die von einemgroßen Ensemble von hochreichenden Konvektions-zellen in einem Gitterelement ausgeht. Je höher dieAuflösung dieser Modelle gewählt wird, desto unge-eigneter werden deshalb diese Parametrisierungsver-fahren. Auf der anderen Seite sind die mit diesemProzess verbundenen Phänomene wie Gewitter mitStarkniederschlag und Sturmböen besonders wetter-wirksam und gefährlich, so dass konsequenterweise diedirekte Simulation dieser Prozesse gefordert werdenmuss. Daraus folgt, dass ein Modell zur Simulation undzur Vorhersage dieser Phänomene eine hinreichendeAuflösung besitzen muss, die aber zur Zeit noch nichtgenau quantitativ angegeben werden kann. Zur Klä-rung dieser Frage laufen derzeit Forschungsprogram-me, an denen sich der Deutsche Wetterdienst wegender grundlegenden Bedeutung beteiligt. Fallstudienmit dem LM lassen aber vermuten, dass Gitterweitenvon 3 km schon ausreichen können. Am sicherstenkann diese Frage über systematische Tests mit Hilfe deslaufenden Vorhersagesystems beantwortet werden, wo-bei die Gitterweite schrittweise verkleinert wird.Neben der Erstellung der Basisprodukte im ProzeßWettervorhersage sind die beiden Modelle auch bei derBereitstellung der meteorologischen Datenbasis füranschließende Modellrechnungen und Verfahren zurVersorgung der Kunden mit Spezialdienstleistungengefordert. Diese umfassen die Vorhersage

• der Ausbreitung radioaktiver Luftbeimengungen (s. Kapitel 11 im Heft 2),

• des Seegangs (s. Kapitel 10 im Heft 2),• des Abflusses, des Wasserstandes und der

Meeresströmung.

Hinzu kommt eine Reihe von Anschlussverfahren dereinzelnen Geschäftsfelder, wie zum Beispiel:

• landwirtschaftliche Beratungsmodelle,• das Energiebilanzmodell im Rahmen des

Straßenwettervorhersagesystems SWIS,• das Programm TOPTHERM zur Vorhersage der

Thermik für die Segelflieger,

107G. Adrian und D. Frühwald: Design der Modellkette GME/LMpromet, Jahrg. 27, Nr. 3/4, 2002

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• die Seewetterinformationssysteme,• Verfahren zur Berechnung optimaler Routen in der

Schiffsroutenberatung.

3 Nichthydrostatischer dynamischer Kern des LM

Um die Anforderung der direkten Simulation der hoch-reichenden Konvektion erfüllen zu können,musste für dasneu zu entwickelnde Lokal-Modell LM ein so genanntesnichthydrostatisches Gleichungssystem verwendet werden,das die hydrostatische Approximation zur Filterung desSchalls nicht mehr enthält.Tatsächlich werden für das LMsogar die vollständigen ungefilterten Euler-Gleichungenverwendet, die als Lösung auch die Schallprozesse ent-halten.Diese Form der Gleichungen lässt sich im Vergleichzu anelastisch gefilterten Modellen relativ einfach undeffektiv auf MPP-Rechnern implementieren. WeitereEinzelheiten dazu s. Kapitel 3,Abschnitt 3.Es gibt zwei wesentliche Argumente gegen diehydrostatische Approximation zur Schallfilterung: (i)die fehlerhafte Beschreibung der Wechselwirkungzwischen der Erdoberfläche und der Atmosphäre beikleinen Skalen und (ii) die Beschränkung auf einestatisch stabil geschichtete Atmosphäre.In der Natur ist die vertikale Beschleunigung eineswarmen Luftpaketes beschränkt. Die zugehörigeZeitskala � kann durch den Betrag der Brunt-Väisälä-Frequenz � abgeschätzt werden,die unter konvektivenBedingungen komplex ist.

Die Vertikalgeschwindigkeit einer solchen Warmluft-blase wird dann beschränkt durch

Während ein nichthydrostatisches System diese Zeit-skala richtig beschreibt, ist die Lösung eines hydro-statisch gefilterten Systems unbeschränkt und deshalbprinzipiell instabil.Deshalb können konvektive Prozessein einer statisch labil geschichteten Atmosphäre nicht miteinem hydrostatischen System simuliert werden. Ausdem Ziel der direkten Simulation derartiger Prozessefolgt also, dass für das LM kein hydrostatisch gefiltertesGleichungssystem verwendet werden kann.Weil aber derartige Bedingungen in der Atmosphäresehr häufig auftreten, muss dieser Prozess in hydrosta-tischen Modellen parametrisiert werden. Diese Para-metrisierungen sorgen dafür,dass statische Instabilitätensofort abgebaut werden, wie es die Konvektion in derNatur natürlich auch erzwingt. Nichtlineare Wechsel-wirkungen durch Konvektion,die in der Atmosphäre zurBildung größerer Strukturen führen, können aber vonhydrostatischen Modellen prinzipiell nicht beschriebenwerden. Dies sind Phänomene wie beispielsweise großekonvektive Wolkenhaufen (Cluster) oder linienförmigorganisierte Konvektion (squall lines), aber auch Fein-

strukturen in Kaltfronten, die mit erheblichen Nieder-schlagsraten verbunden sein können.In der derzeitigen operationellen Konfiguration von demLM müssen derartige Parametrisierungen noch verwen-det werden, weil die Auflösung noch nicht ausreichendist, um diese Prozesse hinreichend genau zu simulieren.Würde man diese Parametrisierungen ausschalten, wür-de das Modell bei entsprechenden Bedingungen konvek-tive Umlagerungen erzeugen, die diese Instabilitätenabbauen. Allerdings würden diese Prozesse auf einerfalschen Skala stattfinden, weil das Modell die richtigenSkalen in der operationellen Konfiguration wegen der zugroßen Gitterweite nicht beschreibt.Auch wenn also dasModell LM die Voraussetzung bezüglich der Dynamikerfüllt,nämlich konvektive Prozesse direkt simulieren zukönnen, können die derzeit mit der Maschenweite von7 km erstellten LM-Prognosen die zugehörigen Phäno-mene noch nicht enthalten, was bei der Interpretationberücksichtigt werden muss.Ein zweites Argument gegen die Verwendung der hydro-statischen Approximation folgt aus der Tatsache, dassunter der Bedingung einer stabil geschichteten Atmosphä-re hydrostatisch gefilterte Modelle bei kleinen Skalen derOrographie die Wechselwirkung zwischen der Erdober-fläche und der Atmosphäre systematisch überschätzen. Jekleiner die aufgelösten Skalen sind, desto größer ist derFehler durch die hydrostatische Approximation. DieLösungen eines hydrostatischen Systems sind unabhängigvon internen horizontalen Längenskalen.Tatsächlich wirdaber in der Natur durch die Wellenlänge interner Schwere-wellen eine derartige Längenskala vorgegeben. Dort wodie Skalenlängen der Orographie sehr viel größer als dieseinterne Längenskala der Atmosphäre sind, ist der Fehlerdurch die hydrostatische Approximation vernachlässig-bar. Daraus folgt dann, dass bei großen Gitterweiten zumBeispiel eines globalen Modells,mit denen Feinstrukturender Orographie nicht darstellbar sind, die hydrostatischeApproximation angewendet werden kann, bei kleinenGitterweiten aber nichthydrostatische Gleichungssyste-me verwendet werden müssen.Verantwortlich für diese Wechselwirkung zwischen derAtmosphäre und der Orographie der Erdoberfläche sindinterne Schwerewellen, die sich in Form von Leewellenzeigen können. Bei Hindernissen, die etwa die Abmes-sungen des Schwarzwaldes haben, bilden sich die so ge-nannten hydrostatischen Leewellen vertikal nach oben aus.Bei größeren Hindernissen wie den Alpen kommt esnoch zusätzlich zu einer Wechselwirkung mit der Rota-tion der Erde (Coriolis-Beschleunigung), wo sich danndie Leewellen horizontal nach Lee ausbreiten.Auch die-se Wellen werden von einem hydrostatischen Systemrichtig beschrieben. Bei kleineren Hindernissen liefertein hydrostatisches System aber unabhängig von der hori-zontalen Skala unrealistische, immer sich vertikal aus-breitende Leewellen, auch bei kleinsten Hindernissenwie einem Gebäude.Die richtige Lösung für kleine Hindernisse, wie sie voneinem nichthydrostatischen Modell geliefert wird, sindzunächst Wellen, die sich bei horizontal kleiner werden-dem Hindernis zunehmend nach Lee ausbreiten und in

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der Amplitude kleiner werden. Sehr kleine Hindernisselösen keine Leewellen aus und werden glatt überströmt.Die Wechselwirkung mit dem Hindernis erfolgt dann nurnoch durch Reibung bzw. turbulente Prozesse.Weil die relevante interne Skalenlänge durch die Wellen-länge der Schwerewellen vorgegeben ist,hängt die Gren-ze der Anwendbarkeit eines hydrostatischen Modellsvom Zustand der Atmosphäre ab, der im Wesentlichendurch die statische Stabilität und die Windgeschwindig-keit beschrieben wird. Am einfachsten lässt sich dieserZusammenhang durch die Froude-Zahl,gebildet mit derhorizontalen Skalenlänge � der Hindernisse, darstellen.

U ist dabei eine charakteristische Strömungsgeschwin-digkeit (Windgeschwindigkeit) und N die oben definierte,hier reelle Brunt-Väisälä-Frequenz. Ein hydrostatischgefiltertes Modell ist dann anwendbar,wenn diese Froude-Zahl sehr viel kleiner als 1 ist, zum Beispiel bei langenHindernissen, niedrigen Windgeschwindigkeiten undhoher statischer Stabilität. Bei kleineren Hindernissen,hohen Windgeschwindigkeiten und geringer Stabilitäterreicht der Wert der Froude-Zahl die Größenordnungvon 1,so dass ein derartiges Modell nicht mehr anwendbarist.Um also die Strömung über typische mitteleuropäischeMittelgebirge beschreiben zu können, ist sicher ein nicht-hydrostatisches Modell notwendig, um die wesentlichentopographischen Strukturen im Mittelgebirge aufzulösen.Der ungefilterte Kern des LM erlaubt die Anwendungbis in sehr kleine Skalen.Diese Eigenschaft wurde im Ob-servatorium Potsdam des Deutschen Wetterdienstes beider Entwicklung des LLM (LITFASS-Lokal-Modell)ausgenutzt. Mit LLM können Prozesse in der atmosphä-rischen Grenzschicht über inhomogenem Gelände mitGitterweiten von einigen 10 m simuliert werden. Einsolches Modell wird benötigt, um Messungen in derGrenzschicht, wie sie am Observatorium Lindenberginzwischen routinemäßig durchgeführt werden, mit denErgebnissen aus dem Vorhersagemodell LM mit demZiel vergleichen zu können,die in den Wettervorhersage-modellen LM und GME angewendeten Parametrisie-rungen turbulenter Prozesse in der Grenzschicht zuvalidieren und zu verbessern. Weitere Einzelheiten zumLLM werden in einem eigenen promet-Heft gebracht.

4 Bereitstellung von Randbedingungen für dasLokal-Modell LM durch GME

Das LM ist als Ausschnittsmodell auf die Bereitstellungvon räumlich und zeitlich hinreichend hoch aufgelöstenRandbedingungen angewiesen. Diese Randbedingungenwerden durch das globale Modell GME erzeugt.Weil diekleinste interne relevante Zeitskala durch 2�/N (etwa 10Minuten bei Standardbedingungen) gegeben ist, mussauch die zeitliche Auflösung der Randbedingungen hin-reichend groß sein.Derzeit werden die Randbedingungeneinmal pro Stunde vorgegeben. Dieser vergleichsweisesehr lange Abstand ist derzeit durch technische Einschrän-

kungen vorgegeben. Räumlich sollte der Skalenunter-schied zum antreibenden Modell nicht zu groß sein. Der-zeit beträgt das Verhältnis der Gitterweiten zwischen LMund GME ungefähr 1 : 10. Durch die Zielvorgabe, hoch-reichende Konvektion direkt zu simulieren, folgt darausals Anforderung für das äußere antreibende Modell eineGitterweite von höchstens 30 km im Endausbau, soferndieses Verhältnis der Gitterweiten beibehalten wird.In vielen globalen Vorhersagemodellen, auch im nichtmehr verwendeten globalen Modell GM, werden die zu Grunde liegenden Differentialgleichungen durchspektrale Verfahren approximiert. Diese Approxima-tionen haben bei geringen Anzahlen von Freiheitsgradendeutliche Vorteile bezüglich Effizienz und Genauigkeitgegenüber Differenzenapproximationen unterschiedli-cher Art. Jedoch steigen die Kosten deutlich schneller alslinear mit der Zahl der Freiheitsgrade, mindestens pro-portional zu n ln n,wenn n die Zahl der Freiheitsgrade ist.Der Aufwand für Differenzenverfahren steigt deutlichlangsamer,so dass bei großen Zahlen von Freiheitsgradendiese günstiger werden. Diese Abschätzung berücksich-tigt schon den Einsatz der so genannten Transformations-methode,bei der zur Berechnung nichtlinearer Terme füreinen Zeitschritt zwischen der spektralen Darstellungder Felder und einer speziellen Gitterpunktdarstellunghin und her transformiert wird.Dadurch können die durchdie Spektraltransformation der nichtlinearen Terme ent-stehenden Faltungsoperatoren vermieden werden.DieseTransformationsoperatoren sind jedoch prinzipiell glo-bal,das heißt jeder Freiheitsgrad wird mit jedem anderendurch eine arithmetische Operation verknüpft. Dieseglobalen Operationen sind aber auf modernen Parallel-rechnerarchitekturen wegen des hohen Kommunika-tionsaufwandes vergleichsweise ineffizient zu implemen-tieren und deshalb sehr teuer.Zusätzlich machen sich beihohen Auflösungen Rundungsfehler nachteilig bemerk-bar. Deshalb ist es sinnvoll, für eine Neuentwicklungeines globalen Modells mit der Anforderung,Randwertefür ein hochauflösendes Regionalmodell zu liefern,Differenzenapproximationen einzusetzen.Um nun die Variablen auf einem Gitter auf der Kugel-oberfläche mit möglichst gleichen Punktabständen zuapproximieren, wurde für das GME ein neuartiges Drei-ecksgitter entwickelt. Der Vorteil dieses Gitters ist, dasses keine Probleme mit den Polen gibt, an denen Koordi-natenlinien (Meridiane) zusammenlaufen, was bei her-kömmlichen Gitterpunktmodellen zu großen Schwierig-keiten führt. Durch dieses Gitter war es möglich, einglobales Modell zu konstruieren, dessen Differenzen-approximationen bei beliebig hoher räumlicher Auflö-sung effizient auf den unterschiedlichsten Rechnerarchi-tekturen einsetzbar sind. Wegen weiterer Einzelheitenwird auf Abschnitt 2.1 des Kapitels 2 sowie auf die dorti-gen Abb.2-1 und 2-2 verwiesen.Mit der Entwicklung desGME ist es gelungen, die theoretischen, prinzipiellenGrenzen globaler hydrostatischer Modelle zu erreichen.Das Modell wurde auch schon mit Gitterweiten gerech-net, bei denen die hydrostatische Approximation kaumnoch gültig ist.Ein nächster Schritt wäre die Entwicklungeines globalen nichthydrostatischen Modells.

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5 Datenassimilation und Verifikation

Während für die globale Analyse das bewährte, vier-dimensionale Verfahren der inkrementellen optimalenInterpolation beibehalten wurde, wurde für das LM einkontinuierliches Nudging-Verfahren gewählt.Beide Ver-fahren werden in den Kapiteln 5 bis 7 genauer vorgestellt.Im Unterschied zur optimalen Interpolation oder ähnli-chen Verfahren (drei- und vierdimensionale Variations-verfahren) läuft dieser Nudging-Prozess kontinuierlich,aus dem heraus zu jedem beliebigen Zeitpunkt eineVorhersage gestartet werden kann. Dies eröffnet einesehr freie Gestaltung der Modellanwendung, wie es fürdie Weiterentwicklung der Strategie für die Kurzfristvor-hersage wünschenswert ist.Während die statistischen Interpolationsverfahrenmathematisch definiert und bestimmt sind, zumindestwenn man von den üblichen Approximationen absieht,muss das Nudging-Verfahren auf empirischem Wegeoptimiert werden. Sowohl dieses Tuning der Nudging-Analyse für das LM als auch die Bestimmung dernotwendigen statistischen Parameter für die globaleAnalyse sind noch nicht abgeschlossen, so dass bei derErstellung des Anfangszustandes noch weitere Ver-besserungen zu erwarten sind.Soweit die mesoskaligen Prozesse nicht durch dieTopographie bestimmt werden, müssen für die LM-Analyse auch hochaufgelöste, räumlich dreidimen-sionale Beobachtungen einbezogen werden. Nebenneuen Flugzeugmessungen werden dies zunehmendDaten aus satellitengetragenen und bodengebundenenFernerkundungsverfahren sein. Hier besteht aber nochein erheblicher Entwicklungsbedarf, um beispielsweiseDaten aus dem Radar-Verbund optimal für die nume-rische Vorhersage verwenden zu können.Auch die Verifikationsverfahren müssen an die neueAuflösung der Modelle angepasst werden. Die heutegebräuchlichen punktbezogenen Vorhersageprodukteund deren punktbezogene Verifikation erscheinenkaum noch angemessen. Die wichtigsten angewen-deten Verfahren und Ergebnisse werden im Kapitel 9,Heft 2 dargestellt.

6 Weitere Entwicklungen

Neben der beschriebenen Weiterentwicklung des Vor-hersagesystems GME/LM mit dem Ziel der direktenSimulation aller wetterwirksamer Prozesse stellt sichvor allem das Problem der beschränkten Vorhersag-barkeit instabiler mesoskaliger Phänomene mit klei-nen Zeitskalen, die mit dem LM direkt simuliertwerden sollen. Hier müssen neue Strategien für denEinsatz des Modellsystems und die Interpretation derModellfelder entwickelt werden. Die Vorhersagen aufdieser Skala dürfen bei Phänomenen, wie der hoch-reichenden Konvektion, nicht mehr deterministischinterpretiert werden. Es müssen deshalb Verfahrenentwickelt werden, die den stochastischen Charakterder Modelllösungen berücksichtigen. Ein möglicher

Ansatz dafür kann die Konstruktion von Ensemblesvon Vorhersagen sein, für die aber auch neue Inter-pretationsverfahren entwickelt werden müssen.Die Weiterentwicklung des LM-Systems erfolgt imConsortium for Small-Scale Modelling [COSMO], andem neben dem DWD auch die nationalen Wetter-dienste aus der Schweiz (MeteoSchweiz), Italien(UGM) und Griechenland (HNMS) und zukünftigPolen (IMGW) beteiligt sind. Diese beziehen teilweiseweitere Institutionen mit ein, wie das Amt fürWehrgeophysik in Traben-Trarbach oder ARPA-SMRin Bologna (s. http://www.cosmo-model.org). Derzeitarbeiten in diesem europäischen Team mehr als 30Wissenschaftler an der Weiterentwicklung, der Verifi-kation und der Anwendung des LM.Wichtige Themen sind in diesem Zusammenhang dieglobale Verschiebbarkeit des LM und die Möglichkeit,das LM in sich selbst zu nesten, wobei die Methode derinteraktiven Kopplung zwischen der grob und der feinauflösenden Modellversion verfolgt wird. Eine ersteAnwendung dieser Technik ist vom griechischenWetterdienst anläßlich der Olympischen Spiele imJahre 2004 geplant. Die Entwicklung einer Modell-variante für Klimagutachten war in der Strategie fürdas LM bereits 1992 vorgesehen, konnte aber wegenfehlenden Personals bislang nicht verwirklicht werden.Inzwischen wird das LM auch an mehr als 20 Institutenan Universitäten und anderen Forschungseinrichtun-gen als Forschungsinstrument eingesetzt. Diese Insti-tute beteiligen sich ebenfalls an der Weiterentwicklungdes Modells. Sowohl LM als auch GME wurdeninzwischen als Gemeinschaftsmodelle für die nationaleKlimaforschung ausgewählt. Dazu soll auf der Basisdes GME gemeinsam mit dem Max-Planck-Institut fürMeteorologie in Hamburg ein neuer dynamischer Kernentwickelt werden, der sowohl für die Wettervor-hersage als auch für die Klimasimulation eingesetztwerden soll. Durch diese Kooperationen wird dieWeiterentwicklung beider Modelle GME und LM auchdurch Gruppen außerhalb der beteiligten nationalenWetterdienste mit getragen.

Zum tiefer gehenden Studium sei folgende grund-legende Literatur genannt:

SPEKAT, A. (Hrsg.), 2001: 50 Years Numerical Weather Predic-tion, Book of Lectures, Commemorative Symposium, 9 –10March 2000, Potsdam, Germany, 255 S. ISBN 3-928903-22-5.

HALTINER, G. J., R.T.WILLIAMS, 1994: Numerical Predictionand Dynamic Meteorology, John Wiley and Sons, New York,Chichester, Brisbane,Toronto, 477 S.

PIELKE, R. P., R. P. PEARCE, 1994: Mesoscale Modeling of theAtmosphere, Met. Monographs, Vol. 25, No. 47, Published bythe AMS, 167 S.

KRISHNAMURTI,T. N., L. BOUNOUA, 1996:An Introductionto Numerical Weather Prediction Techniques, Boca Raton,Florida CRC Press, 293 S., ISBN 0-8493-8910-0.

110 G. Adrian und D. Frühwald: Design der Modellkette GME/LM promet, Jahrg. 27, Nr. 3/4, 2002

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111

1 Einleitung

Der Deutsche Wetterdienst hat als ein großer natio-naler Dienst die Aufgabe, weltweit Wettervorhersagenhoher Qualität bereitzustellen. Seit 1991 beruhte dieglobale Vorhersage auf dem Spektralmodell GM mitder Auflösung T106, was einer Maschenweite von rund190 km entsprach. Mit einer Maschenweite von 55 kmbot das regionale Europa-Modell EM eine erhöhteAuflösung in Mitteleuropa an.Bei den Planungen für das neue Global-Modell GME,die im Jahre 1994 begannen, standen folgende Anfor-derungen der Nutzer im Vordergrund:

• eigene globale Vorhersagekapazität im Kurzfrist-bereich (bis 3 Tagen),

• Ablösung der Modelle GM und EM (daher derName GME),

• explizite Erfassung der synoptischen und meso-Skala,

• flexible Bereitstellung der seitlichen Randwerte für das nichthydrostatische Regionalmodell LM desDWD und für andere Regionalmodelle weltweit,

• möglichst gute Kontinuität bei den statistischen Aus-werteverfahren für die Punkt-Termin-Prognosen,

• umfassende meteorologische Datenbasis für globaleAusbreitungsrechnungen speziell bei Störfällen inkerntechnischen Anlagen,

• bedarfsgerechte Datenversorgung einer Vielzahlvon Anschlußverfahren, z. B. Seegang,

• Vermeidung des unrealistischen Gibbs-Phänomens(„spectral ringing“) in der Nähe steiler Gradientenwie es in globalen Spektralmodellen, die Kugel-flächenfunktionen verwenden, auftritt,

• Diskretisierung der Kugeloberfläche in möglichstgleich große Flächenelemente.

Folgende Randbedingungen waren bei der Modellent-wicklung zusätzlich zu berücksichtigen:

• geringe Personalressourcen, d. h. kleines Entwick-lungsteam,

• möglichst eine Programmierung, die auf ver-schiedenen Rechnerarchitekturen ohne zusätzlicheProgrammänderung eingesetzt werden kann.

Um die Anforderungen der Nutzer bei den gegebenenRandbedingungen möglichst gut zu erfüllen, entschiedsich das Entwicklungsteam, GME als Gitterpunkts-modell zu konzipieren und die physikalischen Para-metrisierungen weitgehend von dem bisherigen EM zuübernehmen.

Konventionelle geographische Gitter haben allerdingsden Nachteil des sogenannten „Pol-Problems“,d.h.derKonvergenz der Meridiane in Richtung der Pole undden Singularitäten an Nord- und Südpol. Diese Sin-gularitäten führen zu einer Reihe von numerischenProblemen, u. a. einer starken Einschränkung des Zeit-schritts, wenn nicht aufwendige Maßnahmen, z. B. einePolfilterung, ergriffen werden.

Das GME-Gitter, das auf einer Triangulierung desIkosaeders beruht, weist solche Singularitäten nichtauf. Dieser Gittertyp wurde erstmals vor mehr alsdreißig Jahren von Williamson (1968) und Sadourny etal. (1968) in einem meteorologischen Modell getestet.Allerdings waren die damals verwendeten Diskreti-sierungsverfahren zu ungenau, so dass leichte Inhomo-genitäten der Gitterstruktur nach einiger Zeit zu un-akzeptabel großen Fehlern der Vorhersagen führten.Baumgardner (1983) und Baumgardner und Frederick-son (1985) entwickelten ein deutlich genaueres Diskre-tisierungsverfahren, das auf lokalen sphärischen Koor-dinaten beruht und zweiter Ordnung genau ist. EineVariante dieses Verfahrens (Baumgardner 1994) bildetdie Basis der horizontalen Diskretisierung im GME.

2 Numerische Verfahren

2.1 Gittergenerierung

Um das Gitter des GME zu erzeugen, gehen wir voneinem Ikosaeder (Abb. 2-1) aus, der so in die Erdkugelgestellt wird, dass zwei der zwölf Eckpunkte mit denPolen übereinstimmen.

D. MAJEWSKI, B. RITTER

Das Global-Modell GME2

promet, Jahrg. 27, Nr. 3/4, 111-122 (Juni 2002)© Deutscher Wetterdienst 2002

Abb. 2-1: Ein regulärer Ikosaeder, der aus 20 gleichseitigenDreiecken besteht.

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Fünf der übrigen zehn Eckpunkte liegen dann imAbstand von 72° (= 360°/5) auf einem Breitenkreis inetwa 26,565 °N, die anderen fünf auf einem Breiten-kreis in etwa 26,565 °S.

Verbindet man die nächsten Nachbarn unter diesenzwölf Punkten mit Großkreisen, so entstehen 20 großesphärische Dreiecke mit einer Seitenlänge von 7.054km (Abb. 2-2a). Ausgehend von diesem Gitter vonDreiecken, werden durch eine iterative Halbierung derDreiecksseiten immer feinmaschigere Gitter erzeugt(Abb. 2-2b bis 2-2d). Der Unterteilungsprozess wird solange fortgesetzt, bis das Gitter die gewünschte Auf-lösung aufweist.Diese Konstruktionsvorschrift erzeugtein Gitter, das aus 10 ni

2 + 2 Gitterpunkten (Knoten)und 20 ni

2 sphärischen Dreiecken besteht. Hierbei ist ni

die Zahl der gleich großen Intervalle, in die jede Seiteder 20 großen Dreiecke unterteilt wird.

Jeder der 10 ni2 + 2 Gitterpunkte ist von sechs Nach-

barpunkten umgeben, bis auf die zwölf Punkte des ur-sprünglichen Ikosaeders, die nur von fünf Punkten um-geben sind. Da jeder Gitterpunkt repräsentativ für einumgebendes Flächenelement steht, setzt sich das GME-Gitter aus vielen sphärischen Sechsecken (Hexagon)und genau zwölf Fünfecken (Pentagon) zusammen.

Dieses Gitter bietet eine nahezu gleichförmige Diskre-tisierung der Kugeloberfläche, auch wenn die sechs-eckigen Gitterzellen in ihrer Form und Größe variieren(Tab. 2-1a), speziell in der Nähe der Fünfecke. Um dieAuswahl an Auflösungen zu erhöhen, wird zusätzlichzuerst eine Dreiteilung der großen Dreiecksseite mitanschließender iterativer Halbierung vorgenommen(Tab. 2-1b).

112 D. Majewski und B. Ritter: Das Global-Modell GME promet, Jahrg. 27, Nr. 3/4, 2002

Abb. 2-2: Gittergenerierung durch iterative Halbierung derDreiecksseiten. Parameter ni ist die Anzahl derIntervalle auf einer großen Dreiecksseite.

Tab. 2-1: Einige charakteristische Größen des Dreiecksgitters für verschiedene Auflösungen, gekennzeichnetdurch ni, die Anzahl der Intervalle auf einer großen Dreiecksseite.N = 10 ni

2 + 2 ist die Anzahl der Gitterpunkte, Amin ist die Fläche des kleinsten Gitterelementes, Amax

ist die Fläche des größten Elementes. �av ist der mittlere, �min ist minimale und �max der maximaleAbstand zwischen Gitterpunkten.(a) Die Seiten der Dreiecke werden q mal halbiert, d.h. ni = 2q , wobei q eine positive ganze Zahl ist.(b) Die Seiten der Dreiecke werden einmal gedrittelt, danach l mal halbiert, d.h.ni = 3 · 2l = 2q, wobei q = 1,585 + l.

(a)

q ni N Amin (km2) Amax (km2) �av (km) �min (km) �max (km)

4 16 2562 154109 238061 477,6 440,5 526,05 32 10242 38515 59955 239,3 220,3 263,26 64 40962 9628 15017 119,8 110,1 131,67 128 163842 2407 3756 59,9 55,1 65,88 256 655362 602 939 30,0 27,6 32,99 512 2621442 150 235 15,0 13,8 16,5

(b)

q ni N Amin (km2) Amax (km2) �av (km) �min (km) �max (km)

4,6 24 5762 68477 97683 319,0 293,7 346,95,6 48 23042 17117 24494 159,7 146,8 173,56,6 96 92162 4279 6128 79,9 73,4 86,87,6 192 368642 1070 1532 40,0 36,7 43,48,6 384 1474562 267 383 20,0 18,4 21,79,6 768 5898242 67 96 10,0 9,2 10,9

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Beim operationellen GME hat ni den Wert 128, d. h. diemittlere horizontale Maschenweite beträgt 59,9 km.Damit entspricht die Auflösung des GME in guterNäherung derjenigen des früheren operationellenEuropa-Modells.

Fasst man alle Gitterpunkte zweier benachbarter gro-ßer Dreiecke zusammen, so besteht das globale Gitteraus zehn Rhomben, die jeweils ni · ni eindeutigeGitterpunkte besitzen. Die Indizierung der Rhombenwird in Abb. 2-3 näher erläutert. Die Indizierung derGitterpunkte basiert auf der Konvention, dass jeneni · ni Gitterpunkte, die nur zu einem Rhombus ge-hören, von 1 bis ni in den Zeilen und Spalten derDatenfelder numeriert sind (Abb. 2-4). Die Gitter-punkte an den Kanten der Rhomben, (0,1) bis (0, ni+1)und (0, ni+1) bis (ni , ni+1) sind gleichzeitig in zwei(manche Eckpunkte sogar in drei) benachbartenRhomben enthalten, und ihre Werte müssen in jedemZeitschritt der Vorhersagerechnung ausgetauscht wer-den. Die polaren Gitterpunkte (0,1) sind sogar injeweils fünf Rhomben enthalten. Die Rhomben 1 bis 5enthalten den Nordpol, Rhomben 6 bis 10 enthaltenden Südpol.

Vom Standpunkt der Programmierung her bietet dasGME-Gitter den großen Vorteil, dass keine indirekteAdressierung der Variablen benötigt wird. Die Daten-struktur ist regulär und hat die Dimensionen (0: ni,ni +1,10), d. h. das Gitter wird durch zehn quadratischeFelder (Matrizen) definiert. Die Differenzenoperato-ren haben die Form eines 7-Punkte-Sterns, der denzentralen Punkt und die umliegenden sechs nächstenNachbarpunkte einbezieht.

2.2 Differenzenoperatoren

Die Herleitung der Differenzenoperatoren basiertnicht auf dem Gaußschen Satz wie in Masuda undOhnishi (1986) oder Heikes und Randall (1995 a und b),sondern folgt einem Ansatz ähnlich dem von Stuhneund Peltier (1996, 1999). Detailliertere Beschreibungensind in Majewski (1998) und Majewski et al. (2000) zufinden. Es werden in jedem Gitterpunkt auf der Kugellokale Basisfunktionen eingeführt. Diese Basisfunk-tionen sind die Länge und Breite eines lokal definiertensphärischen Koordinatensystems, dessen Äquator undNullmeridian sich im betrachteten Gitterpunkt schnei-den. (�, ) sind die Koordinaten dieses lokalen Systems;die lokale Ost-Richtung stimmt mit der globalen Ost-Richtung und die lokale Nord-Richtung mit der glo-balen Nord-Richtung überein. Das lokale sphärischeKoordinatensystem wird durch drei orthogonale Ein-heitsvektoren aufgespannt [x0, (e�)0, (e�)0], wobei x0 derOrtsvektor des Gitterpunktes auf der Einheitskugel ist,(e�)0 ist orthogonal zu x0 und stimmt mit der globalenOst-Richtung überein,und (e�)0 ist orthogonal zu x0 undzeigt in die globale Nord-Richtung (Abb. 2-5).

Als Vorteile des lokalen Koordinatensystems sind zunennen:

• innerhalb der lokalen Umgebung eines Gitterpunk-tes ist das Koordinatensystem nahezu kartesisch,d.h. die Singularitäten des Koordinatensystems sindweit von der Gitterpunktsumgebung entfernt,

• nur zwei (tangentiale) Geschwindigkeitskomponentenwerden benötigt, um horizontale (kugeloberflächen-parallele) Geschwindigkeitsvektoren zu beschreiben.

113D. Majewski und B. Ritter: Das Global-Modell GMEpromet, Jahrg. 27, Nr. 3/4, 2002

Abb. 2-3: Logische Datenstruktur des hexagonalen GME-Git-ters. Es besteht aus zehn Rhomben, von denen fünfden Nordpol und fünf den Südpol enthalten.

Abb. 2-4: Indizierung der Gitterpunkte innerhalb eines Rhom-bus; oben für die Rhomben 1 bis 5, die den Nordpolenthalten, unten für die Rhomben 6 bis 10, die denSüdpol enthalten.

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Ein Nachteil ist allerdings, dass Geschwindigkeits-felder in das jeweilige lokale Koordinatensystem trans-formiert werden müssen, bevor die Differenzenope-ratoren berechnet werden können.Die meteorologischen Gleichungen werden aufgestelltund gelöst für das lokale sphärische Koordinaten-system (�, ), wobei die horizontalen Abstände (dx, dy)auf der Erde mit dem Radius a durch dx=a cos d� unddy=ad gegeben sind.Um für dieses Koordinatensystem Differenzenopera-toren für Gradient und Laplace herzuleiten, gehen wirvon der üblichen analytischen Form der Operatoren insphärischen Koordinaten aus (z.B.Dutton 1976),wobeiwir berücksichtigen, dass am zentralen Gitterpunktgilt:

� = = 0.

Jede beliebige globale Funktion �* wird in der Nach-barschaft eines Gitterpunktes durch ein quadratischesPolynom � in den lokalen Koordinaten (�, ) folgen-dermaßen approximiert:

�(�, ) = �0 + 1� + 2 + 3�2 + 4� + 5

2 (2.1)

Gl. (2.1) lässt sich interpretieren als eine Taylorreiheder Form:

(2.2)

Die diskretisierte Form der Gradient und LaplaceOperatoren eines skalaren Feldes � wird als gewich-tete Linearkombination der Werte von � am zentralen

Gitterpunkt und den umgebenden fünf oder sechsnächsten Nachbarpunkten angesetzt. (In der folgendenAbleitung lassen wir den Index m der Nachbarpunkteimmer von 1 bis 6 variieren, wobei es klar ist, dass dasGewicht des nicht existenten Gitterpunktes bei denpentagonalen Gitterpunkten identisch 0 ist.)

Der Gradient-Operator in jedem Gitterpunkt ist defi-niert als:

(2.3)

(2.4)

Die Gewichte G�,m, G ,m (m = 1,...,6) sind für jedenNachbargitterpunkt unterschiedlich und hängen nurvon der Position der Gitterpunkte ab, die durch dielokalen Koordinaten (�, ) gegeben ist. Die Zählungder Gitterpunkte erfolgt gegen den Uhrzeigersinn(Abb. 2-6).

Analog zum Gradient-Operator wird auch derLaplace-Operator als gewichtete Linearkombinationdes zentralen Punktes und der sechs (fünf) Nachbarndefiniert:

(2.5)

Um die Gewichte G�,m, G ,m und Lm abzuleiten, gehenwir von der quadratischen Polynomapproximation inGl. (2.1) aus. Für sechs Nachbargitterpunkte haben wir

114 D. Majewski und B. Ritter: Das Global-Modell GME promet, Jahrg. 27, Nr. 3/4, 2002

Abb. 2-6: Der zentrale Gitterpunkt (0) und die 6 Nachbargitter-punkte (1 bis 6).

Abb. 2-5: Das globale kartesische und das lokale sphärische (�, ) Koordinatensystem.

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115D. Majewski und B. Ritter: Das Global-Modell GMEpromet, Jahrg. 27, Nr. 3/4, 2002

Abb. 2-8: Die sechs Funktionswerte bei der biquadratischenInterpolation.

Abb. 2-7: Ein Dreieck (P0, P1, P2) im lokalen sphärischen Koor-dinatensystem (�, ).

sechs Bestimmungsgleichungen für die fünf Koeffi-zienten 1, 2, ..., 5, welche die Funktion � in derlokalen Umgebung des zentralen Gitterpunktes be-stimmen, nämlich:

(2.6)

mit m = 1,...,6. Bestimmt man die fünf gesuchtenKoeffizienten mittels einer Minimierung der Fehler-quadrate, so erhält man folgendes Gleichungssystem:

j = �j,m(�m – �0) (2.7)

wobei j = 1,...,5, und die Summe gebildet wird fürm = 1,...,6.

Basierend auf den Glen. (2.1) bis (2.6) ergeben sich dieGradient-Gewichte G�,m, G ,m durch:

G�,m = �1,m und G ,m = �2,m (2.8)

und die Laplace-Gewichte Lm durch:

Lm = 2(�3,m + �5,m) (2.9)

wobei m = 1,...,6.

Aufgrund der Symmetriebeziehungen im GME-Gitterreicht es aus, die Gewichte G�,m , G ,m und Lm nur fürden Rhombus 1 zu berechnen. Für den Divergenz-Operator können die gleichen Gewichte wie für denGradient-Operator genutzt werden.Allerdings müssendie Windkomponenten (um, vm) der sechs (fünf) Nach-bargitterpunkte in das lokale Koordinatensystem deszentralen Gitterpunktes rotiert werden, bevor derDivergenz-Operator berechnet werden kann.

2.3 Interpolationsverfahren

Um die horizontale Advektion der Feuchtegrößen(Wasserdampf, Wolkenwassergehalt) genauer durch-führen zu können, wird im GME ein semi-Lagrange-Ansatz genutzt. Semi-Lagrange-Verfahren (Staniforthund Côté 1991) erfordern die Interpolation der Feldervon den benachbarten Gitterpunkten auf die Start- undMittelpunkte der Trajektorien der Luftpakete. Wirunterscheiden zwei Interpolationsverfahren, nämlichbilinear und biquadratisch.Bilineare Interpolation wirdzur Berechnung der Trajektorie des Luftpaketes ein-gesetzt, um die Windkomponenten (u, v) am Mittel-punkt der Trajektorie zu berechnen. BiquadratischeInterpolation dient dazu, die prognostischen Felder,d.h. Wasserdampf und Wolkenwassergehalt, am Start-punkt der Trajektorie zu bestimmen. Beide Inter-polationsverfahren werden innerhalb des sphärischenDreiecks,das durch die drei umliegenden Gitterpunkteaufgespannt wird (Abb. 2-7 und 2-8), durchgeführt.

Bilineare Interpolation einer beliebigen Funktion �(�, )am Punkt P(�, ) basiert auf den Werten (�0, �1, �2) derFunktion an den drei umliegenden Gitterpunkten (P0,P1, P2), die durch ihre Ortsvektoren (p0, p1, p2)bestimmt sind. Diese drei Gitterpunkte bilden dieEcken eines sphärischen Dreiecks, das den PunktP(�, ) umschließt (Abb. 2-7). Um den Wert �(�, ) derFunktion am Punkt P(�, ) abzuleiten, führen wirbaryzentrische Koordinaten ein. Jeder Punkt im Drei-eck ist eindeutig bestimmt durch den Vektor:

p = �0p0 + �1p1 + �2p2 mit �0 + �1 + �2 = 1 (2.10)

wobei (�0, �1, �2) die baryzentrischen Koordinaten desPunktes P sind. Diese Koordinaten sind die Lösung desfolgenden linearen Gleichungssytems (bei derHerleitung wird benutzt, dass am zentralen Punkt P0

gilt: � = = 0):

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� = �1�1 + �2�2 und = �1 1+ �2 2 und �0 = 1 – �1 – �2 (2.11)

Die bilineare Interpolation der Funktion �(�, ) ergibtsich dann durch eine Linearkombination der Werte von� an den Ecken des sphärischen Dreiecks mit denbaryzentrischen Koordinaten als Gewichten:

�(�, ) = �0�(�0, 0) + �1�(�1, 1) + �2�(�2, 2) (2.12)

Das biquadratische Interpolationsverfahren basiertauf Zienkiewicz (1979). Neben den Werten an den dreiEckpunkten werden auch Werte an den Mittelpunktender Dreiecksseiten berücksichtigt (Abb. 2-8), um denWert � an einem beliebigen Punkt P(�, ) im Dreieckzu bestimmen:

�(�0,�1,�2) = �0(2�0 – 1)�0 + �1(2�1 – 1)�1 +�2(2�2 – 1)�2 + 4(�0�1�4 + �1�2�5 + �2�0�6) (2.13)

wobei (�0, �1, �2) wieder die baryzentrischenKoordinaten des Punktes P sind. Die Werte derFunktion � an den Mittelpunkten der Dreiecksseiten,�4 , �5 , �6 , werden durch eine Approximation von �entlang der Dreiecksseiten durch ein kubischeshermitisches Polynom bestimmt. Dazu benutzen wirdie Gradienten an den Dreiecksecken, d. h. an denPunkten (P0, P1, P2). Da zur Gradientberechnungjeweils die sechs umliegenden Gitterpunkte genutztwerden, basiert die biquadratische Interpolation aufzwölf umliegenden Gitterpunkten (Abb. 2-9).

Formerhaltung bei der Interpolation kann erreicht wer-den, indem gefordert wird, dass der interpolierte Wertnicht größer oder kleiner ist als die Werte in den dreiEckpunkten (P0, P1, P2). In gleicher Weise läßt sich einepositiv-definite Interpolation durch die Forderung erzwin-gen,dass der interpolierte Wert größer oder gleich Null ist.

Wird die Courant-Zahl auf Werte kleiner eins be-schränkt, kann sehr einfach bestimmt werden, in wel-chem der sechs (fünf) umgebenden sphärischen Drei-ecke der Start- oder Mittelpunkt der Trajektorie liegt.Ohne diese Einschränkung ist der Suchalgorithmuskomplexer und benötigt ein binäres Suchverfahren,umdie Konvergenz zu beschleunigen.

3 Dreidimensionale Modellversion

3.1 Differentielle Form der Modellgleichungen

Die prognostischen Gleichungen der dreidimensiona-len Version des GME für die lokalen sphärischen Koor-dinaten (�, ) und die hybride Vertikalkoordinate �lauten in differentieller Form:

(3.1)

(3.2)

(3.3)

(3.4)

(3.5)

(3.6)

wobei (u,v) die zonalen (meridionalen) Windkompo-nenten sind, T ist die Temperatur, ps ist der Boden-druck, qv ist der spezifische Wasserdampfgehalt und qc

ist der spezifische Wolkenwassergehalt, t ist die Zeitund a ist der mittlere Erdradius (a = 6.371.229 m), � istdie Vorticity und f ist der Coriolis Parameter, � ist dieVertikalgeschwindigkeit im hybriden System und � istdie Vertikalgeschwindigkeit in Druckkoordinaten, istdie Dichte der Luft, � ist das Geopotential und K istdie spezifische kinetische Energie, p ist der Druck undTv ist die virtuelle Temperatur, Tref ist eine Referenz-temperatur, die nur von der Höhe abhängt, Lv ist dieKondensationswärme, Cvc ist die Kondensationsrateund (..)sub sind die subskaligen Tendenzen durchparametrisierte Prozesse wie Strahlung, Konvektionoder Turbulenz, K4 ist der konstante Koeffizient derlinearen Horizontaldiffusion 4. Ordnung.

116 D. Majewski und B. Ritter: Das Global-Modell GME promet, Jahrg. 27, Nr. 3/4, 2002

Abb. 2-9: Die zwölf bei der biquadratischen Interpolation ge-nutzten Gitterpunkte.

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3.2 Numerische Lösung der dreidimensionalen GME-Gleichungen

In der Flachwasserversion des GME wurden zweiverschiedene Lösungsverfahren getestet, nämlich einsemi-Lagrange-Ansatz (Staniforth und Côté 1991) undein Euler-Verfahren. Das semi-Lagrange-Verfahren warauf Courant-Zahlen kleiner 1 beschränkt. Für größereCourant-Zahlen ist der Suchalgorithmus komplexer undwurde deshalb in der kurzen Zeit,die für die Entwicklungdes GME zur Verfügung stand, nicht implementiert. ImRahmen des Flachwassermodells ergaben beide Lösungs-ansätze sehr ähnliche Ergebnisse, aber die Euler’scheModellversion war um etwa 20% schneller.Deshalb wirdder „trockene Teil“ des dreidimensionalen GME,d.h.dieGleichungen für u,v,Tundps mittels eines semi-implizitenEuler-Verfahrens gelöst. Nur für die beiden prognosti-schen Feuchtevariablen (qv, qc) wird ein semi-Lagrange-Ansatz genutzt,um formerhaltende,positiv-definite Advek-tion (in horizontaler Richtung) zu garantieren. In ver-tikaler Richtung wird ein Energie und Impuls erhaltendesDifferenzenverfahren nach Simmons und Burridge(1981) auf alle prognostischen Variablen angewendet.

Die semi-implizite Behandlung der Schwerewellen führtauf eine dreidimensionale Helmholtz-Gleichung für diezweite zeitliche Ableitung der Divergenz des horizonta-len Windfeldes. Die Eigenvektoren der vertikalen Struk-turmatrix, die man durch Linearisierung des „trockenenModellteils“ erhält, werden genutzt, um die dreidimen-sionale Helmholtz-Gleichung in eine Anzahl von entkop-pelten zweidimensionalen Helmholtz-Gleichungen umzu-formen.Das split semi-implizite Verfahren nach Burridge(1975) erlaubt es,nur die ersten fünf (externer Mode unddie ersten vier internen Moden) Helmholtz-Gleichungenzu lösen. Diese fünf zweidimensionalen Helmholtz-Gleichungen werden in der derzeitigen GME-Versionmit einem iterativen Relaxationsverfahren gelöst; etwa20 Iterationen werden für den externen Mode, nur 3 bis11 Iterationen für die internen Moden benötigt.

3.3 Physikalische Parametrisierungen

Die Beschreibung diabatischer Prozesse im hexa-gonalen GME-Gitter beruht auf denselben Verfahren,die auch in Wettervorhersagemodellen mit anderenGitterstrukturen angewendet werden. Allerdings bie-tet die Homogenität des GME-Gitters den Vorteil,dassunnötige Rechnungen in den polaren Breiten,wie sie inregulären geographischen Gittern auftreten, vermie-den werden. In solchen Gittern variiert die Größe derGitterelemente sehr stark mit der Breite, so dass dieUnterscheidung zwischen aufgelösten und zu para-metrisierenden Prozessen deutlich von der Position desGitterpunktes abhängt. In einem geographischenGitter der Maschenweite 0,55° beträgt die Gitterflächeetwa 60 · 60 km2 am Äquator aber nur 60 · 0,9 km2 inPolnähe. Im GME dagegen ist die Größenvariation derGitterelemente sehr viel geringer.Die nicht vom Gitter

aufgelösten atmosphärischen Prozesse haben einestarke Wechselwirkung mit den größerskaligen Struk-turen und enthalten darüber hinaus wichtige Vorher-sageinformation (z. B. Bewölkung und Niederschlag),die nicht vom „trockenen Modellteil“ bereitgestelltwerden kann. Die Simulation der subskaligen Prozesseist Aufgabe der Parametrisierungsroutinen, die bis aufdie Behandlung orographischer Effekte vom EMübernommen wurden. Die folgenden physikalischenPhänomene werden im GME behandelt:

• kurz- und langwelliger Strahlungstransfer in klarerund bewölkter Atmosphäre (Ritter und Geleyn 1992),

• skaliger Niederschlag (Regen und Schnee) mitparametrisierter Wolkenmikrophysik (Doms undSchättler 1997),

• hochreichende und flache Konvektion basierend aufeinem Massenflussschema (Tiedtke 1989),

• vertikale turbulente Flüsse (Müller 1981) basierend aufLouis (1979) in der Prandtl-Schicht,und einem diagnos-tischen Schema 2. Ordnung nach Mellor und Yamada(1974) für die Grenzschicht und die freie Atmosphäre,

• subskalige orographische Effekte wie Blockierungund Wellenbildung nach Lott und Miller (1997),

• Austauschprozesse am und im Boden (Jacobsen undHeise 1982),

• skalige und subskalige Bewölkung in Abhängigkeitvom Wolkenwassergehalt, der relativen Feuchte, derkonvektiven Aktivität und der Stabilität.

Aus Gründen der Rechenzeitersparnis werden einigeParametrisierungsschemata (Konvektion, Turbulenz-parameter und subskalige orographische Flüsse) nurjeden fünften Modellzeitschritt neu berechnet. Einekomplette Strahlungsrechnung wird sogar nur alle zweiStunden durchgeführt; allerdings wird der Zenitwinkelder Sonne in jedem Zeitschritt neu berechnet.

Im Kapitel 4 (Parametrisierungen) dieses Heftes wer-den die in GME und LM eingesetzten Parametrisie-rungsschemata im Detail beschrieben.

3.4 Externe Parameter

Gitterpunktseigenschaften wie Orographie, Landan-teil, Rauhigkeitslänge oder Bodentyp, die zeitlichkonstant bleiben, werden als Externe Parameterbezeichnet. Sie werden für jedes Gitterelement aushochauflösenden Geoinformationsdaten berechnet.Tab. 2-2 gibt einen Überblick über die Datensätze, diefür die Berechnung der externen Parameter des GMEverwendet wurden.

Für jedes hexagonale (pentagonale) Gitterelement desGME werden die hochauflösenden Rohdaten, die indas jeweilige Element fallen, genutzt, um einenFlächenmittelwert zu bilden. Bei der derzeitigen Auf-lösung von 59,9 km beträgt die mittlere Größe derGitterelemente 3.100 km2. Für einige Parameter muss

117D. Majewski und B. Ritter: Das Global-Modell GMEpromet, Jahrg. 27, Nr. 3/4, 2002

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neben der Mittelbildung auch eine Konversion von derBasisinformation, z. B. Bodentextur, in die im Modellbenötigte Information, z. B. Bodentyp, vorgenommenwerden. Liegen für eine geographische Region meh-rere Rohdatensätze für den gleichen Parameter vor, sowird eine Prioritätssetzung, basierend auf einer Quali-tätseinschätzung der Rohdaten, vorgenommen. Für diemeisten Gitterelemente in Europa werden beispiels-weise alle Parameter, die von der Landnutzung ab-hängen, aus dem CORINE Datensatz statt aus demgröberen GLCC Datensatz genommen.

4 GME-Vorhersagen als Randwerte fürRegionalmodelle weltweit

Analyse- und Vorhersagedaten des GME werden überdas Internet zu mehreren anderen nationalen Wetter-diensten weltweit geschickt.Diese Daten dienen dort alsAnfangs- und Randwerte für regionale Wettervorher-sagemodelle, überwiegend das „hydrostatische hoch-auflösende Regionalmodell“ (HRM) des DWD oderdas nichthydrostatische LM. Um die Datenmengen zureduzieren werden nicht globale GME-Felder, sondernnur diejenigen Gitterpunkte des GME übertragen, diedas jeweilige Gebiet des Regionalmodells überdecken.Auf diese Weise kann verteiltes Rechnen realisiert

werden, bei dem das GME beim DWD und dieRegionalmodelle bei den nationalen Wetterdienstenparallel rechnen und das Internet zur Datenübertragunggenutzt wird. Im Augenblick erhalten die folgendendreizehn nationalen Dienste zweimal täglich (für 00 und12 UTC) GME-Analysen und -Vorhersagen:

• Brasilien (Diretoria de Hidrografia e Navegação,DHN),

• Brasilien (Instituto Nacional de Meteorologia,INMET),

• China (Guangzhou Regional Meteorological Centre),• Griechenland (National Meteorological and

Hydrological Service),• Israel (Israel Meteorological Service),• Italien (Regional Service, SMR-ARPA),• Jugoslawien (National Meteorological and

Hydrological Service),• Oman (National Meteorological Service,

DGCAM),• Polen (National Meteorological Service, IMGW),• Rumänien (National Meteorological and

Hydrological Service),• Schweiz (Meteo Schweiz),• Spanien (Instituto Nacional de Meteorología, INM),• Vietnam (National Meteorological and

Hydrological Service).

118 D. Majewski und B. Ritter: Das Global-Modell GME promet, Jahrg. 27, Nr. 3/4, 2002

CORINE: CoORdination of INformation on the EnvironmentDSMW: Digital Soil Map of the WorldETC/LC: European Topic Centre on Land CoverFAO: Food and Agricultural Organisation of UNOGLCC: Global Land Cover CharacterizationGLOBE: Global Land One-kilometer Base ElevationNOAA/NGDC: National Oceanic and Atmospheric AdministrationUSGS: United States Geological Survey

Tab. 2-2: Beschreibung der Datensätze, aufdenen die externen Parameter desGME beruhen.

Datensatz Quelle Bedeckung Auflösung Kartenprojektion Abgeleitete Parameter

GLOBEGLOBE Task Team and others 1998

GLCCLoveland et al. 2000

CORINEhttp://etc.satellus.se

DSMWFAO 1992

NOAA/NGDC

USGS

ETC/LC

FAO

global

global

GroßteilvonEuropa

global

30’’

~1 km

250 m

5’

geographischeKoordinaten

GoodeshomolosineProjektion

Lambert azimuthal

geographischeKoordinaten

Orographie und subskalige topographischeParameter

Landanteil,Rauhigkeitslänge,Wurzeltiefe,Pflanzenbedeckungsgrad,Blattflächenindex

Landanteil,Rauhigkeitslänge,Wurzeltiefe,Pflanzenbedeckungsgrad,Blattflächenindex

Bodentyp

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Die Maschenweiten der Regionalmodelle liegen dabeiüblicherweise zwischen 30 und 7 km; auf Grund desmodifizierenden Einflusses der lokalen Topographiekönnen die Modelle wertvolle hochauflösende Detailsvor allem im Wind-, Bewölkungs- und Niederschlags-feld simulieren.

Außerdem bilden die GME-Vorhersagen einen Teil desbeim britischen Wetterdienst UKMO aus den Progno-sen von fünfzehn globalen Modellen gebildeten PoorMan’s Ensemble Prediction System (PEPS).

5 Globale Vorhersagen mit Maschenweitenzwischen 160 und 15 km

Die horizontale Maschenweite heutiger operationellerGlobalmodelle liegt bei etwa 60 km, und eine 24h-Vorhersage benötigt etwa 5 · 1012 Gleitkommaopera-tionen (Floating Point Operations, Flop). In wenigenJahren werden wegen der starken Zunahme der

Rechenleistung Globalmodelle mit Maschenweitenzwischen 10 bis 20 km operationell einsetzbar sein unddamit in den Meso-� Bereich vorstoßen.Auf der Fujitsu VPP5000 des Europäischen Zentrumsfür Mittelfristige Wettervorhersage (EZMW) wurdedas GME für die Maschenweiten 160, 120, 80, 60, 40, 30,20 und 15 km getestet. Die Darstellung der Orographiein Mitteleuropa in den verschiedenen horizontalenAuflösungen wird in Abb. 2-10 gezeigt. Die Gipfelhöhebeträgt 1.596 m bei der Maschenweite 160 km und mehrals 3.000 m bei 15 km.

Der Anfangszustand für diese Testvorhersagen wirddurch Interpolation einer großskaligen Analyse derAuflösung T106L19 (Maschenweite von 190 km und 19Schichten) auf das jeweilige GME-Gitter erstellt. Des-halb können die Modellsimulationen natürlich nichtdas volle Potenzial hochauflösender Rechnungen bele-gen, weil der Einfluss der entsprechenden Datenassi-milation auf die Güte des Anfangszustandes nichtberücksichtigt werden kann. Die 24-stündigen Testvor-

119D. Majewski und B. Ritter: Das Global-Modell GMEpromet, Jahrg. 27, Nr. 3/4, 2002

Abb. 2-10:

Orographie in Mitteleu-ropa in m für verschiede-ne Auflösungen des GME.

(a) 120 km,(b) 60 km,(c) 30 km,(d) 15 km.

In jedem Teilbild ist diedurch die unterschiedlichehorizontale Auflösung er-reichte maximale Gipfel-höhe angegeben.

(a) (b)

(c) (d)

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120 D. Majewski und B. Ritter: Das Global-Modell GME promet, Jahrg. 27, Nr. 3/4, 2002

Tab. 2-3: Einige Kenngrößen des Global-Modells GME für eine 24h-Vorhersage bei verschiedenenhorizontalen Auflösungen auf der Fujitsu VPP5000 des EZMW.Die Zahl der Schichten beträgt 31 für alle Auflösungen.ni:Anzahl der Intervalle auf einer großen Dreiecksseite (siehe Tabelle 2-1),�: mittlere Maschenweite,N:Anzahl der Gitterpunkte je Schicht,�t: Zeitschritt in s,HWM: maximale Hauptspeichergröße in MegaWorten, die vom GME genutzt wird.Die Geschwindigkeit ist angegeben für eine 24h-Prognose in einer Realzeit von 900 s.

ni � in km N je Schicht �t in s HWM in Kosten GeschwindigkeitMegaWorten in 1012 Flop in GFlop/s

48 160 23.042 640 112 0,43 0,4864 120 40.962 480 144 0,85 0,9496 80 92.162 320 224 2,43 2,70

128 60 163.842 240 336 5,23 5,82 192 40 368.642 160 752 15,97 17,74 256 30 655.362 120 1.408 36,52 40,58 384 20 1.474.562 80 2.752 111,79 124,22 512 15 2.621.442 60 4.864 259,29 288,10 768 10 5.898.242 40 10.000* 800,00* 900,00*

* geschätzt

Abb. 2-11: 24-stündige Vorhersage des GME für den auf NN reduzierten Bodendruck in hPa (Isolinien) und die maximale Wind-geschwindigkeit in 10 m über Grund in m/s (schattiert) gültig für: (a) 120 km, (b) 60 km, (c) 30 km, (d) 15 km.31 Schichten.Anfangszustand:T106, 19 Schichten.

Maximale Windgeschwindigkeit in m/s

(a) (b)

(c) (d)

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Abb. 2-13: Anzahl der Prozessoren (PA, rote Linie), die für eine24-stündige Vorhersage in unter 900 s Realzeit beiverschiedenen Maschenweiten des GME benötigtwerden.Mittlere Rechnergeschwindigkeit in GFlop jeProzessor (VR, blaue Linie) des GME.

Abb. 2-12: Realzeit in s des GME für eine 24-stündige Vor-hersage bei Maschenweiten von 60 km, 30 km und 15km auf einer Fujitsu VPP5000 mit verschiedenen Pro-zessoranzahlen. Ideal: höchstmögliche Ausnutzungder Rechnerleistung.

hersagen beziehen sich auf den sogenannten Weih-nachtsorkan 1999 mit dem Starttermin 25. Dezember1999 12 UTC. Die Ergebnisse der Rechnungen werdenin Tab. 2-3 und Abb. 2-11 zusammengefasst.

Eine Halbierung der horizontalen Maschenweite �, d.h.eine Verdoppelung der Auflösung, führt normalerweisezu einer Erhöhung der Kosten der Vorhersage um denFaktor acht.Das liegt daran,dass i.a.auch der Zeitschrittdes Modells wegen des Courant-Friedrich-Lewi-Krite-riums (CFL) halbiert werden muss.Betrachtet man aberdie Ergebnisse in Tab. 2-3, so wird deutlich, dass für dasGME in der Praxis geringere Erhöhungen der Kosteneintreten. Beispielsweise für die Halbierung derMaschenweite von 160 km auf 80 km, beträgt der Faktornur 5,65. Dieser kleinere Zuwachs an Rechenkostenliegt an den Prozessen im GME, die nicht direkt vomZeitschritt abhängig sind, nämlich Strahlung undAusgabe der Vorhersageergebnisse. Eine kompletteStrahlungsrechnung wird an jedem Gitterpunkt desGME alle zwei Vorhersagestunden durchgeführt. Beieiner Maschenweite von 160 km ist die Strahlungs-rechnung für fast 40% der gesamten Rechenkostenverantwortlich,aber bei der hohen Auflösung von 20 kmgeht dieser Anteil auf unter 11% herunter. Außerdemkann auf Vektorrechnern wie der Fujitsu VPP5000 dieRealzeit für die Vorhersage bei höherer Auflösungweniger stark anwachsen, weil die Rechengeschwin-digkeit wegen der zunehmenden Vektorlänge anwächst.Für das GME steigt die Rechengeschwindigkeit aufeinem Prozessor von 0,9 GFlops bei 160 km (mit einermittleren Vektorlänge von 62 Elementen) bis auf 2,3GFlops bei 20 km (mit 348 Elementen).

Aus meteorologischer Sicht unterscheiden sich dieBodendruckvorhersagen bei den verschiedenen Auflö-sungen jenseits von 120 km nur marginal (Abb. 2-11).Für gröbere Auflösungen tritt ein Phasenfehler auf,d.h.die Sturmzyklone wird zu langsam ostwärts verlagert.Auf der anderen Seite profitiert die Vorhersage dermaximalen Windgeschwindigkeit in 10 m über Grund

ganz deutlich von der höheren Auflösung. Um diebeobachteten maximalen Böen von mehr als 32 m/süber Frankreich, Deutschland und der Schweiz vor-herzusagen, ist eine detaillierte Erfassung der lokalenTopographie, z. B. Zentralmassiv, Vogesen, Rheintal,Schwarzwald, Jura und Alpen, unumgänglich.

Abb. 2-12 zeigt die Realzeit des GME für verschiedeneMaschenweiten und Prozessoranzahlen auf der FujitsuVPP5000. Eine Abweichung der realen von der idealenGeschwindigkeitszunahme (Speed-Up) ist deutlichsichtbar. Die interne Kommunikation im GME musshöchstwahrscheinlich für diesen Rechner optimiert wer-den. Es bietet sich an, mehrere kurze Kommunika-tionsblöcke (Nachrichten) zu einem längeren Block zukombinieren. In der augenblicklichen Version des GMEist auch nur ein Prozessor für das Lesen,Decodieren undVerteilen der Anfangsdaten zuständig. Bei hohen Auf-lösungen benötigt allein dieser Vorbereitungsteil bis zu10% der gesamten Realzeit einer 24h-Vorhersage.

Soll eine 24h-Vorhersage in etwa 15 Minuten Realzeiterstellt werden, benötigt man nur 3 Fujitsu VPP5000Prozessoren bei der augenblicklichen operationellenAuflösung von 60 km. Etwa 54 Prozessoren werdenwahrscheinlich bei 20 km erforderlich sein (Abb. 2-13).Das ist sehr viel weniger als die 3 · 3 · 3 · 3 = 81Prozessoren, die sich aus der Drittelung der Maschen-weite und des Zeitschritts ergeben. Für die Maschen-weite von 15 km, das entspricht einem spektralen Mo-dell der Auflösung TL1333, werden wohl mehr als 145Prozessoren benötigt, weil sicherlich auch die vertikaleAuflösung erhöht werden muss.

6 Ausblick

Wie in den vergangenen Jahren wird die weitere Ent-wicklung im Bereich der numerischen Wettervorher-sage eng an die verfügbaren Rechnerressourcen ge-knüpft sein.

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Nach derzeitiger Planung soll im ersten Halbjahr desJahres 2002 eine prognostische Behandlung der Wol-keneisphase im GME realisierten werden. Diese neueVariable wird eine realistischere Beschreibung der Eis-und Mischwolken erlauben und eine genauere Er-fassung der Wechselwirkung Strahlung-Bewölkung zu-lassen. Gleichzeitig wird das stratosphärische Ozon alsneue Prognosevariable eingeführt, um für die Berech-nung des UV-Index Ozonprofile bereitzustellen.Im Jahre 2003 soll die Maschenweite des GME von 60auf 40 km reduziert und die Anzahl der Schichten von31 auf 42 erhöht werden.

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123

halten,wird der Bezugspunkt des rotierten Koordinaten-systems in die Mitte des Gebietes gelegt. DerBezugspunkt ist der Schnittpunkt des Äquators mit demNullmeridian des gedrehten Systems. Diese Trans-formation ist allgemein üblich für Ausschnittsmodelle fürdie Wettervorhersage und wurde beispielsweise auch inEM/DM angewendet.

In Deutschland existiert an den Universitäten und ananderen Forschungseinrichtungen mittlerweile einemehr als 20-jährige Erfahrung in der Entwicklung undAnwendung hochauflösender nichthydrostatischer Mo-delle, die sich jedoch in ihrer Struktur deutlich vom LMunterscheiden (Wippermann 1988). Diese Modellewurden alle für sehr kleine Modellgebiete konzipiert undverwenden deshalb andere Koordinatentransfor-mationen. In der Regel sind dies Mercatorprojektionen,bei denen die Krümmung der Erdoberflächevernachlässigt wird. Der Vorteil für die Anwendung zumBeispiel im Gutachtenbereich ist die direkte Über-tragbarkeit der Modellergebnisse in das im deutschenVermessungswesen übliche Gauß-Krüger-Koordinaten-system, auf dem alle topographische Karten inDeutschland aufbauen. Die Koordinaten dieser Modellewerden in der Regel deshalb direkt als Hochwert undRechtswert interpretiert.Das Gauß-Krüger-System oderauch das weit verbreitete UTM-System arbeitet mitZonen, innerhalb derer die lokale Transformationdefiniert ist. Beim Übergang in die Nachbarzonenerkennt man auf den entsprechenden Karten an denGrenzen der Zonen sich schneidende Koordinatenlinien.Dies zeigt die Notwendigkeit der Verwendung derKugelkoordinaten in einem Ausschnittsmodell wie demLM für die Wettervorhersage.

Um die Formulierung der Randbedingungen an derErdoberfläche einfach beschreiben zu können,wurde imLM eine geländefolgende, generalisierte Vertikal-koordinate � vorgesehen, die im Modell verschiedenformuliert werden kann. Die wesentliche Eigenschaftdieser Koordinate ist, dass die Erdoberfläche eineKoordinatenfläche ist. Der obere Rand des Gebietes isteine ebene Fläche. Diese Art von Transformation wurdevon Gal-Chen und Somerville (1975) eingeführt und istheute weit verbreitet. Mit dieser Art von Transformationwird also das Modellgebiet mit der Erdoberfläche alsunteren Rand auf einen Quader abgebildet, auf dessenSeiten die Randbedingungen einfach zu formulierensind.

Weil die meisten im DWD erstellten Vorhersage-produkte auf ein Koordinatensystem aufbauen, beidem der Luftdruck als Vertikalkoordinate verwendet

promet, Jahrg. 27, Nr. 3/4, 123-128 (Juni 2002)© Deutscher Wetterdienst 2002

1 Einleitung

Aus den Anforderungen an das neue hochauflösendeLokal-Modell LM folgt notwendigerweise, dass auf dieVerwendung der hydrostatischen Approximation ver-zichtet werden muss, wie in Kapitel 1 diskutiert wurde.Dies hat weitreichende Konsequenzen für die Strukturdes neuen Modells. Zum einen muss in einem nicht-hydrostatischen Modell die dritte Bewegungsgleichunggelöst werden. Gleichzeitig ist die Berechnung desDruckfeldes wesentlich aufwändiger. Im Fall des LMwird dazu eine prognostische Gleichung für den Druckverwendet, die aus der vollständigen Kontinuitäts-gleichung und der Temperaturgleichung (1. Hauptsatz)abgeleitet wird. Zum anderen ist die Verwendung desaktuellen Luftdrucks oder von Funktionen des Drucksals Vertikalkoordinate nicht mehr sinnvoll. Eine solchezeitabhängige Koordinate, wie sie bisher Standard inhydrostatischen Wettervorhersagemodellen gewesen ist,führt nur dann zu wesentlichen Vereinfachungen imModellgleichungssystem, wenn die hydrostatischeApproximation angewendet werden kann. Hier jedoch,in einem sogenannten nichthydrostatischen Modell,würde eine zeitabhängige Druckkoordinate nur zuunnötigen zusätzlichen Problemen führen. Deshalbsollen an dieser Stelle zunächst das Koordinatensystemvon LM und dann das dynamische Gleichungssystem alsKern des Modells vorgestellt werden. Die im Modellverwendeten Parametrisierungen und die Datenassi-milationen werden in den Kapiteln 4 und 5 erklärt. ZumAbschluss dieses Kapitels wird ein Beispiel einerSimulation (Vorhersage) eines extremen Wetterereig-nisses gezeigt, die nur mit einem nichthydrostatischenModell durchgeführt werden kann.

2 Das Koordinatensystem

Die für das LM vorgesehenen Anwendungen erfordernModellgebiete von mehr als 2000 · 2000 km2 , so dass dieKrümmung der Erdoberfläche berücksichtigt werdenmuss. Deshalb ist das LM in Kugelkoordinaten mit dergeographischen Breite � und der geographischen Länge� als Koordinaten formuliert worden. Das Modell soll inbeliebigen Gebieten auf der Erde angewendet werden.Allerdings sind Kugelkoordinaten im Bereich der Polenicht definiert.Weil aber LM nur für Ausschnittsgebieteder Atmosphäre, also nicht global angewendet werdensoll, lässt sich dieses „Polproblem“ vergleichsweiseeinfach umgehen. Dazu wird das Koordinatensystem sogedreht, dass die Pole des gedrehten Systems immeraußerhalb des Modellgebietes zu liegen kommen. Umdie Verzerrung der Koordinatenlinien möglichst klein zu

J. STEPPELER, G. DOMS, G.ADRIAN

Das Lokal-Modell LM3

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Die Kontinuitätsgleichung vereinfacht sich in denverschiedenen Formulierungen der anelastischenApproximation zu einer diagnostischen Gleichung inder Form

(1)

mit = 1 für die anelastische Approximation für flachebzw. = �0(z) für hochreichende Konvektion. Ausdieser Gleichung folgt dann zusammen mit den Be-wegungsgleichungen eine diagnostische Poisson-Glei-chung für den Druck, deren Lösung das aufwändigstenumerische Problem bei der Lösung eines solchenGleichungssystems darstellt. Der wesentliche Vorteildieses Gleichungssystems ist die Beibehaltung einerSchallfilterung, ohne die Nachteile der hydrostatischenApproximation in Kauf nehmen zu müssen. Dadurchwird in diesen Modellen der Zeitschritt durch die Ad-vektion,Diffusion und Schwerewellen,also nicht durchdie Schallwellen bestimmt. Vor allem vertikal sichausbreitende Schallwellen mit einer Phasengeschwin-digkeit von mehr als 300 m/s beschränken denexpliziten Zeitschritt.

Das zur Lösung dieser anelastischen Gleichungssys-teme allgemein angewandte semi-implizite Lösungs-schema wurde schon von Harlow und Welch (1965)vorgeschlagen, in der Meteorologie jedoch erst spätermit den oben genannten Modellen eingeführt. Dabeigibt es allerdings im Zusammenhang mit der Ver-wendung des geländefolgenden nicht orthogonalenKoordinatensystems auf massiv parallelen Rechnerneine Reihe von erheblichen technischen und numeri-schen Problemen, so dass bei Neuentwicklungen nicht-hydrostatischer Modelle wie bei dem LM wieder aufein älteres Modellkonzept zurückgegriffen wurde.

Die Alternative zum anelastisch gefilterten System istdie Verwendung des ungefilterten Gleichungssystemsmit vollständiger Kontinuitätsgleichung oder der ausdieser abgeleiteten prognostischen Gleichung für denDruck.Als Nachteil erscheint zunächst, dass von einemsolchen System Schallprozesse mit berücksichtigt wer-den müssen, was entsprechend sehr kleine Zeitschrittezur Folge hat. Der Vorteil ist die vergleichsweisedeutlich einfachere Struktur des Gleichungssystems,das insbesondere mit geeigneten numerischen Ver-fahren auf massiv parallelen Rechnern einfacher zulösen ist. Der entscheidenden Schritt dabei ist die Auf-teilung der Gleichungen in Terme, die Schallprozessebeschreiben (Druckgradientbeschleunigung, Diver-genzterme in der Kontinuitätsgleichung und in derTemperaturgleichung), und in Terme, die alle meteo-rologisch relevanten Prozesse mit längeren Zeitskalenbeschreiben. Dazu verwendet man unterschiedlicheVerfahren des Operator-Splitting an, bei denen dieSchallterme mit einem sehr kleinen Zeitschritt, dieübrigen Terme mit längerem Zeitschritt gelöst werden.Einzelheiten dazu sind in der Dokumentation von LMangegeben (Doms und Schättler 1999). Diese Auf-

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wird, wird in der operationellen Modellkonfigurationeine Koordinate verwendet, die nach ihrer Dimensionzwar einer Druckkoordinate entspricht, jedoch eineGal-Chen-Koordinate ist. Dazu wird ein zeitlich kon-stantes Referenzdruckfeld vorgegeben, das dann in diegleichen Transformationsbeziehungen eines echtenDrucksystems eingesetzt wird. Während jedoch ineinem hydrostatischen System diese Koordinate zeit-abhängig ist, ist sie im LM zeitlich fest, wobei jederDruckfläche im Referenzdruckfeld p0 an jedem Orteine zeitlich konstante Höhe über die hydrostatischeGrundgleichung zugewiesen werden kann.

Das Modell ist so programmiert worden, dass dieVertikalkoordinate einfach ausgetauscht werden kann.Damit ist das Modell flexibel für unterschiedlicheAnwendungen und Anforderungen konfigurierbar.Die Abb. 3-1 zeigt die Koordinatenflächen über einemBerg, wie sie beim Deutschen Wetterdienst operatio-nell verwendet werden.

3 Das Gleichungssystem

Ausgehend von den Euler-Gleichungen wurden zweiFamilien von nichthydrostatischen Gleichungssyste-men entwickelt. In den schon oben erwähntenModellen, wie beispielsweise FITNAH, KAMM,METRAS oder GESIMA (Schlünzen 1994), die alsWerkzeug für die Atmosphärenforschung entwickeltwurden, wird die sogenannte anelastische Approxi-mation verwendet, die von Ogura und Philipps (1962)und von Dutton und Fichtl (1969) durch eine Skalen-analyse abgeleitet wurde. Das Ergebnis dieser Skalen-analysen war im Wesentlichen eine vereinfachte Formder Zustandsgleichung und der Kontinuitätsgleichung.

Abb. 3-1: Anordnung der im Lokal-Modell verwendeten 35Koordinatenflächen.

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teilung wurde erstmals von Klemp und Wilhelmson(1978) und von Tripoli und Cotton (1982) veröffent-licht. Durch diese Aufteilung der Terme ist es möglich,eine numerische Lösung des Gleichungssystems miteinem ähnlichen Aufwand an Rechnerressourcen abereiner einfacheren Programmstruktur als bei der Lö-sung eines anelastischen Modells zu erhalten.

Nach mehreren Umformungen, die alle in der Doku-mentation (Doms und Schättler 1999) nachvollziehbarbeschrieben sind, erhalten wir die Modellgleichungen inder endgültigen Form. Dabei werden als prognostischeVariablen die physikalischen Komponenten u, v, w, desWindgeschwindigkeitsvektors, die Abweichung p desDruckfeldes vom Referenzdruckfeld p0, die Lufttempe-ratur T und die spezifischen Feuchten qx für Wasser-dampf, Flüssigwasser und Eis als Variablen verwendet.

1. Bewegungsgleichung

(2)

2. Bewegungsgleichung

(3)

3. Bewegungsgleichung

(4)

Druckgleichung

(5)

Temperaturgleichung

(6)

Gleichung für Wasserdampf

(7)

Gleichung für flüssige und feste Phase des Wassers

(8)

Gleichung für die Dichte (Zustandsgleichung)

(9)

Dabei werden folgende Bezeichnungen benutzt:

(10)

Dabei ist p0 das Referenzdruckfeld, mit dem dieVertikalkoordinate analog zu der eines hydrostati-schen Modells definiert wird. Weiter werden dieGrößen

(11)

die absolute Vorticity mit f als Coriolis-Parameter

(12)

die Divergenz

(13)

und die kovariante Vertikalkomponente des Ge-schwindigkeitsvektors

(14)

benötigt. Die Terme Mx beschreiben die subskaligen(turbulenten) Austauschprozesse, QT die Wärmequel-len, Sx die Phasenflüsse zwischen den verschiedenenWasserphasen und Px den Niederschlag. Diese Termewerden im Kapitel 4 genauer diskutiert. Weitereverwendete Größen sind die Gaskonstanten fürtrockene Luft und Wasserdampf Rd, Rv, der Erdradiusa und die Schwerebeschleunigung. An dieser Stellekann nochmals darauf hingewiesen werden, dass dieDruckgleichung dieselbe Struktur besitzt wie die

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übrigen prognostischen Gleichungen. Sie enthält dieAdvektionsterme und einen Quellterm. Die Quelle fürdie Druckstörungen ist die (dreidimensionale) Diver-genz des Geschwindigkeitsfeldes.

4 Fallstudie: Simulation der squall line Böenlinievom 2. 6. 1999

Ziel der Entwicklung des LM ist die direkteSimulation der hochreichenden Konvektion.Konvektion ist ein Ausgleichsprozess, der durchentsprechende vertikale Wärmeflüsse einevorhandene statische Instabilität abbaut, die zumBeispiel durch eine Erwärmung der Atmosphäre vonunten oder durch Advektion entstehen kann.

Der Austauschprozess ist um so effektiver, je größerdie räumlichen Skalen dieses Prozesses sind. Durchinterne Instabilitäten entstehen immer neueZirkulationen, bis die Instabilität abgebaut ist. Diekleinste räumliche Skala in einer Strömung ist die mitt-lere freie Weglänge der Moleküle. Wenn die dadurchverursachten molekularen Austauschprozesse nichtausreichen, um eine Instabilität abzubauen, entstehendurch thermische und dynamische Instabilitätenturbulente Strukturen, deren Skalen um so größerwerden, je größer der Wärmefluss ist. Dernächstgrößere Prozess ist dann entsprechend demmeteorologischen Sprachgebrauch die Konvektion,zunächst die flache, dann die hochreichendeKonvektion. Am oberen Ende der Skalen steht danndie Zyklogenese, die zu einem meridionalenWärmefluss auf einer geneigten Fläche führt undsomit ebenfalls auch zu einem vertikalen Wärmeflussführt.

Ursache dieser Strukturbildung ist die grundlegendeEigenschaft der Nichtlinearität der atmosphärischenStrömung. Um diese Prozesse und die damit ver-bundenen wetterwirksamen Prozesse vorhersagen zukönnen, müssen sie vom Modell vollständig beschrie-ben werden. In der Geschichte der numerischenWettervorhersage hat man sich entsprechend demtechnischen Fortschritt der Rechnerentwicklung die-sen Prozessen von den großen Skalen ausgehend ge-nähert. Mit dem LM wird es in naher Zukunft möglichsein, den Prozess der hochreichenden Konvektion unddie damit verbundene Strukturbildung operationellfür die numerische Wettervorhersage zu simulieren.

Für eine Vorhersage dieser Strukturbildung sind dreiAspekte von Interesse. Zum ersten interessiert na-türlich der Ort und Zeitpunkt des Entstehens vonSchauern oder Gewittern, die sich zu noch größerenStrukturen wie Superzellen oder Böenlinien mitgroßer Wetterwirksamkeit organisieren können.

Weil diese Prozesse nicht nur direkt wetterwirksamsind, sondern auch von grundlegender Bedeutung für

den Energie-, Wasser- und Impulshaushalt der gesam-ten Atmosphäre sind, muss dieser Konvektionsprozessin allen Wettervorhersagemodellen mindestens para-metrisiert werden (s. Kapitel 4). Mit diesen Para-metrisierungen kann aber bestenfalls nur die Wirkungdes Konvektionsprozesses bezüglich der Flüsse be-schrieben,nicht aber die besonderen wetterwirksamenProzesse und die Bildung neuer Strukturen simuliertwerden. Um dies zu demonstrieren, wird am folgendenBeispiel einer Simulation einer Böenlinie gezeigt, dassnur eine direkte Simulation ohne Parametrisierungeine Böenlinie mit den damit verbundenen Wetter-phänomenen richtig beschreiben kann.

Die Abb. 3-2 zeigt zunächst das mit der Böenlinie vom2. 6. 1999 verbundene, mit Radar beobachteteNiederschlagsfeld und die verfügbaren Wind-messungen aus dem synoptischen Messnetz im Ab-stand von einer Stunde in einem Gebietsausschnitt, dervon der Norddeutschen Küste bis zum Alpennordrandreicht.Die mittlere Windgeschwindigkeit und -richtungin 10 m Höhe über Grund sind als Fiedern (Knoten)dargestellt, die Zahlen geben die beobachtetenmaximalen Böengeschwindigkeiten in m/s an. DieBöenlinie entwickelte sich im Warmsektor vor einerKaltfront im Westen über Frankreich. Während dasWettergeschehen um 13 UTC noch durch einzelne,unorganisierte Gewitterzellen im Warmsektor geprägtist, erfolgt dann eine rasche Organisisation der Zellenin eine linienhafte Struktur, die gegen 17 UTC diebekannte, leicht gebogene Form einer Böenlinieerreicht. Das beobachtete Maximum derWindgeschwindigkeit trat zwischen 16 und 17 UTC aufund betrug 34 m/s. Im Vergleich zu diesenBeobachtungen zeigt die Abb. 3-3 verschiedeneLösungen des LM und des hydrostatischen ModellsDM, die sich durch unterschiedliche Gitterweiten undParametrisierungen unterscheiden. Das Teilbild 3-3 czeigt die Lösung des DM mit einer Gitterweite von 14km, 3-3 d die Lösung des LM mit der zur Zeitoperationell eingesetzten Gitterweite von 7 km. BeideLösungen geben die Böenlinie und die mit ihrverbundenen Wetterphänomene nicht wieder. Dasvom DM simulierte Feld der maximalen Böen-geschwindigkeit steht im Zusammenhang mit derfolgenden Kaltfront, deren Verlagerung vom DM zuschnell wiedergegeben worden ist. Der Aufbau derInstabilität wird durch die eingesetzte Para-metrisierung des Konvektionsprozesses vollständigunterbunden, indem ein Wärme- und Impulsaustauschdurch einen künstlichen Diffusionsprozess im Modellerzeugt wurde. Eine derartige Parametrisierung istgrundsätzlich nicht in der Lage, neue Strukturenaufzubauen.

Dagegen zeigen die beiden Teilabbildungen (a) und (b)der Abb. 3-3 Lösungen mit jeweils einer ausgebildetenBöenlinie, simuliert mit einer Gitterweite von 7 km (3-3 b) und 2,8 km (3-3 a) ohne Verwendung einerKonvektionsparametrisierung. In beiden Fällen bildet

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Abb. 3-2: Mit Radar beobachtete Niederschlagsverteilungen in mm/h und mittlere 10 m-Windgeschwindigkeit in Knoten und Wind-richtung als Fiedern im Bereich der Böenlinie vom 2. 6. 1999 im zeitlichen Abstand von einer Stunde. Die Zahlen geben diebeobachteten maximalen Böengeschwindigkeiten in m/s an.

(a) 13-14 UTC, (b) 14-15 UTC, (c) 15-16 UTC, (d) 16-17 UTC.

Niederschlag in mm/h

(a) (c)(b) (d)

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Abb 3-3: Vergleich verschiedener Simulationen der Böenlinie vom 2.6.1999 nach 17 Stunden Vorhersagezeit. Startzeitpunkt derModellrechungen ist 00 UTC. Dargestellt sind die simulierten Felder der maximalen Böengeschwindigkeit in m/s. Die Zahlengeben die verfügbaren beobachteten Werte der Böengeschwindigkeit in m/s an.

(a) Lösung des LM mit einer Gitterweite von 2,8 km ohne Konvektionsparametrisierung,(b) Lösung des LM mit einer Gitterweite von 7 km ohne Konvektionsparametrisierung,(c) Lösung des DM mit einer Gitterweite von 14 km mit Konvektionsparametrisierung,(d) Lösung des LM mit einer Gitterweite von 7 km mit Konvektionsparametrisierung.

Niederschlag in mm/h

(a) (c)(b) (d)

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sich ein ausgeprägtes Sturmfeld mit Windgeschwindig-keiten von bis zu 32 m/s bei 7 km Gitterweite und 40m/s bei einer Gitterweite von 2,8 km. Diese Lösung mitder Gitterweite von 2,8 km beschreibt offensichtlichdas Phänomen am besten. In diesen beiden Simu-lationen konnte das Modell die Instabilität nur durchdie Ausbildung entsprechender Strukturen über dienichtlinearen Terme abbauen, was den Beobachtungenwesentlich besser entspricht. Allerdings zeigen dieErfahrungen bisher, dass zwar mit der Gitterweite von7 km ein solches Phänomen auch schon vorhergesagtwerden kann, dass aber im Mittel auf eineKonvektionsparametrisierung nicht verzichtet werdenkann.

5 Zusammenfassung und Ausblick

Das neue ungefilterte regionale Wettervorhersage-modell LM des Deutschen Wetterdienstes ist grund-sätzlich in der Lage, die mit dem Prozess der hoch-reichenden Konvektion verbundenen wetterwirksamenProzesse zu simulieren. Die derzeit für die operatio-nelle Vorhersage eingesetzte horizontale Gitterweitevon 7 km ist jedoch noch nicht ausreichend, um dieseProzesse vollständig zu erfassen. Zur Zeit werdenUntersuchungen durchgeführt, um eine optimaleModellkonfiguration festzulegen, die eine Simulationder hochreichenden Konvektion mit ausreichenderGenauigkeit erlaubt. Dabei besteht noch ein erheb-licher Entwicklungsbedarf zur Anpassung der verwen-deten Parametrisierungen und externer Modellpara-meter an die höhere Auflösung. In der Regel müssendie einzusetzenden Parametrisierungen skalen-abhängig sein (s. Kapitel 4).

Das Modell LM wird derzeitig für Vorhersagen bis zu48 Stunden eingesetzt. Die mit dem Prozess derhochreichenden Konvektion verbundenen Zeitskalenliegen in der Größenordnung von nur einer Stunde.Daraus folgt aber, dass die deterministische Vorher-sagbarkeit der damit verbundenen Phänomene eben-falls nur wenige Stunden beträgt. Bezüglich dieserPhänomene stellt also eine Vorhersage über 48 Stun-den eine Langfristprognose dar, was bei der Ausge-staltung der entsprechenden Interpretationsverfahrender LM-Ergebnisse mit berücksichtigt werden muss.Hier besteht noch ein erheblicher Bedarf für die Ent-wicklung geeigneter Interpretationsverfahren. Auchfür die im nächsten Kapitel behandelte Datenassi-milation stellen sich in der durch das LM erschlossenenSkala neue Anforderungen. Unabhängig vom Problemder beschränkten deterministischen Vorhersagbarkeitwird durch die direkte Simulation dieser Prozesse dieGenauigkeit der Vorhersage für die übergeordnetenSkalen verbessert, weil die Wirkung dieser Prozessebesser als durch die bekannten Parametrisierungsver-fahren beschrieben wird.

Mit der jetzt erreichbaren hohen Auflösung wird natür-lich auch eine bessere Beschreibung der Wechselwir-kung zwischen der Erdoberfläche und der Atmosphäreerzielt. Alle topographisch induzierten Prozesse wer-den genauer simuliert. Mit zunehmender horizontalerAuflösung wird zwangsläufig die Erdoberfläche wegenihrer fraktalen Struktur immer rauer. Damit tretenbeispielsweise mit zunehmender Auflösung zwangs-läufig immer größere Steigungen auf,und es verstärkensich auf den entsprechenden Skalen die topographischinduzierten Signale in den Modelllösungen auch imBereich der mittleren Troposphäre. Dies beschränktnatürlich alleine schon durch die scheinbar verrausch-ten Signale die Anwendbarkeit konventioneller synop-tischer Diagnoseverfahren. Auch hierfür wird also dieEntwicklung geeigneter Interpretationsverfahren not-wendig.

Literatur

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WIPPERMANN, F. 1988: Physikalische Grundlagen des Klimasund Klimamodelle: Forschungsschwerpunkt der DeutschenForschungsgemeinschaft 1978-1985. Abschlussbericht, VCHWeinheim, 93 S. und XII S. (Vorspann) sowie graphischeDarstellungen.

128 J. Steppeler et al.: Das Lokal-Modell LM promet, Jahrg. 27, Nr. 3/4, 2002

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129promet, Jahrg. 27, Nr. 3/4, 2002

GME LM

Vorhersagfrist24-h-Vorhersage dauertArt des Modells

Modellgebiet

ModellgleichungenIntegrationsverfahrenZeitschrittBestimmung derVertikalbewegungHorizontale AuflösungEin Gitterpunkt repräsentiert eine Fläche vonMaximale Höhe der AlpenVertikales Koordinatensystem

Vertikale AuflösungUnterste Modellebene liegt in Unterhalb von 1.000 m1.000 m bis 2.000 m2.000 m bis 250 hPaOberhalb von 250 hPaDirekt vorhergesagtemeteorologische Größen

Analyse-Verfahren

Neue Berechnung derkonvektiven TendenzenNeue Berechnung desStrahlungszyklusKoppelung GME ↔ LM

174 hetwa 5 min RealzeitGitterpunktmodellIsokaeder-GitterArakawa-A-GitterGlobal

Hydrostatischsemi-implizit200 sIndirekt überMassenkontinuitätsgleichungetwa 60 kmetwa 3100 km2

etwa 2.300 m Hybride geländefolgendeDruck-Koordinateunten: �p-Systemoben: p-System31 Schichtenetwa 34 m über Grund5 Modell-Flächen2 Modell-Flächen13 Modell-Flächen11 Modell-FlächenBodendruck, horizontaleWindkomponenten,Temperatur,spez. Feuchte,Wolkenwasser,WolkeneisIntermittierende Assimilation mit Optimaler Interpolation im 3 h-Zyklus, Initialisierung mitinkrementeller digitaler Filterungalle 1000 s

alle 2 h

Es gibt keinen Einfluss derErgebnisse des LM auf das GME

48 hetwa 30 min RealzeitGitterpunktmodellrotiertes geographisches GitterArakawa-C-GitterRegional (z.B. Mitteleuropa):2000 · 2000 km2

Nicht-hydrostatischsplit-explizit40 sPrognostische Gleichung für w

etwa 7 kmetwa 50 km2

3.426 mHybride geländefolgende Höhen-Koordinateunten: �z-Systemoben: z-System35 Schichten34 m über Grund8 Modell-Flächen4 Modell-Flächen15 Modell-Flächen8 Modell-Flächenwie GME sowie zusätzlich:Druck,Vertikalbewegung,turbulente kinetische Energie

kontinuierliche Datenassimilationdurch Nudging,Analysenstündlich verfügbar, keineInitialisierung erforderlichalle 400 s

alle 1 h

Am Rande des LM-Gebietes sinddie GME- und LM-Werteidentisch. Das LM erhält jedeStunde für die Prognose neueRandwerte vom GME.

Vergleich der Modelle GME und LM

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1 Einleitung

Numerische Modelle der Atmosphäre haben natur-gemäß immer eine begrenzte räumliche Gitterauf-lösung, sie können also nur solche Prozesse explizitvorhersagen, die größer als die Maschenweite desModells sind. Aus numerischen Gründen ist einerealistische Darstellung sogar erst dann möglich, wenndie Prozesse Abmessungen von mehr als dem drei- bisvierfachen der Modellmaschenweite haben. Im Lokal-Modell des derzeitigen Modellsystems des DWD sinddies somit Prozesse von mehr als 20 km Ausdehnung. Inder realen Atmosphäre treten aber alle Größenord-nungen von der molekularen bis zur globalen Skala auf.Soweit Prozesse im Gitter des numerischen Modellsnicht darstellbar, für die Ergebnisse des Modells aberwichtig sind, müssen die summarischen Effekte dieserProzesse durch spezielle Ansätze erfasst werden.Dieser Vorgang wird Parametrisierung genannt.

Für eine eindeutige Formulierung von Parametrisie-rungen ist grundsätzlich ein Skalensprung zwischenden charakteristischen Längenskalen der parametri-sierten Prozesse und den kleinsten vom Modell auf-lösbaren Strukturen notwendig. Ist ein eindeutigerSkalensprung nicht vorhanden, wird das Modell denProzess teilweise in seinem Gitter explizit simulierenund die Aufteilung zwischen Parametrisierung undexpliziter Simulation wird unbestimmt. Streng ge-nommen gilt dies neben der räumlichen auch für dieZeitskala. Die charakteristische Zeitskala des para-metrisierten Prozesses muss klein gegenüber demZeitschritt des Modells sein.

Bei den Parametrisierungen können zwei grundsätz-lich verschiedene Arten von Prozessen unterschiedenwerden. Die einen finden auf der molekularen Skalastatt, dies sind die Strahlung, die Wolkenmikrophysik,sowie Transportvorgänge, die sich auf die laminareGrenzschicht unmittelbar an der Erdoberfläche be-schränken. Diese Prozesse sind grundsätzlich nur inparametrisierter Form darstellbar. Die anderen Pro-zesse sind turbulente Flüsse und Konvektion. Diesekönnen in sehr vielen verschiedenen Skalen auftreten,bei sehr hoher räumlicher Auflösung kann ein Teildieser Prozesse auch im Gitter des Modells darstellbarsein, braucht dann also nicht parametrisiert zu werden.Allerdings tritt hier das oben erwähnte Abgrenzungs-problem zwischen Parametrisierung und expliziterSimulation auf.

Üblicherweise wird auch das Erdbodenmodell voll-ständig den Parametrisierungen zugeordnet, obwohl eszum großen Teil aus der expliziten Vorhersage vonTemperatur und Wassergehalt in Erdbodenschichtenbesteht. Weiterhin benötigen die Modelle und ihreParametrisierungsverfahren externe Parameter, wie z.B. die Geländehöhe und die Art der Bodenbedeckung.Wegen ihrer inhaltlichen Nähe zum Erdbodenmodellwird auch die Bestimmung der Felder externer Para-meter den Parametrisierungen zugerechnet.

Um den Betreuungsaufwand für die Parametrisierun-gen und ihre Ergebnisse in der Modellkette des DWDüberschaubar zu halten, werden im GME und im LMüberwiegend die gleichen Parametrisierungen verwen-det. Neuentwicklungen werden in dem jeweils bessergeeigneten Modell untersucht und anschließend in dasandere Modell übernommen.

2 Strahlung

Die räumlich und zeitlich unterschiedliche solare Ein-strahlung bildet den entscheidenden Antrieb für dasgesamte Wettergeschehen auf der Erde. Dabei wird dieim globalen Jahresmittel positive Strahlungsbilanz derErdoberfläche durch turbulente Transporte fühlbarerund latenter Wärme in die Atmosphäre ausgeglichen.Dies kompensiert die im Mittel negative Strahlungs-bilanz der Atmosphäre. Besonders wegen dieser engenKopplung zwischen der Strahlungsbilanz der Erd-oberfläche und den turbulenten Wärmetransporten,die wesentlich die bodennahe Lufttemperatur undindirekt über die Kondensation von Wasserdampf auchden Niederschlag beeinflussen, ist eine genaue Be-rechnung der Strahlungstransporte auch für kurz-fristige Wettervorhersagen von großer Bedeutung.Zusätzlich wirkt sich eine vertikal unterschiedlicheErwärmungsrate – besonders im Zusammenhang mitWolken – direkt auf die Stabilitätsverhältnisse unddamit das Auftreten turbulenter und konvektiverUmlagerungen aus.

Einer genauen Berechnung der Strahlungstransportesteht allerdings die Komplexität der Strahlungspro-zesse entgegen. Grundlage für die Berechnung ist dieStrahlungsübertragungsgleichung, die den Zusammen-hang zwischen Änderungen der Strahldichte aufGrund von Absorption, Emission, Reflektion undStreuung beschreibt. Sie lässt sich streng nur mono-chromatisch, also für eine einzelne Wellenlängeschreiben, und sie hat dann folgende Form (s. z. B.Zdunkowski und Korb 1985):

130

E. HEISE

Parametrisierungen4

promet, Jahrg. 27, Nr. 3/4, 130-141 (Juni 2002)© Deutscher Wetterdienst 2002

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(2.1)

mit: L = Strahldichte, B = Planck-Funktion, P = Phasen-funktion der Streuprozesse, � = Streuwinkel der mehr-fach gestreuten Strahlung, �0 = Streuwinkel der primärgestreuten solaren Strahlung, � = Kosinus des Zenit-winkels für diffuse Strahlung, �0 = Kosinus des Zenit-winkels der direkten solaren Strahlung, � = optischeDicke, � = Einfachstreualbedo, � = Azimutwinkel,S0 = Solarkonstante.Diese Gleichung müsste für die etwa100.000 Absorptionslinien im energetisch relevanten Be-reich des Spektrums der solaren und der terrestrischenStrahlung gelöst werden, wobei jeweils das Doppel-integral über die beiden Raumwinkel zu bestimmen ist.Das liegt in der Numerischen Wettervorhersage (NWV)weit jenseits aller rechentechnischen Möglichkeiten.Dazu kommen erschwerend die großen Unsicherheitenin der Bestimmung der notwendigen Eingangsgrößenhinzu. Diese ,optischen Eigenschaften‘ der Atmosphäregehen in die optische Dicke, die Einfachstreualbedo undin die Phasenfunktion ein. Hier ist insbesondere dieBewölkung mit ihren charakteristischen Größen Be-deckungsgrad, geometrische Anordnung, Wasser- undEisgehalt und Teilchengrößenverteilung zu nennen. DieUnsicherheiten in den Eingangsgrößen sind so gravie-rend, dass drastische Vereinfachungen bei der numeri-schen Lösung der Strahlungsübertragungsgleichung inden NWV-Modellen gerechtfertigt werden können.

Das in den NWV-Modellen des DWD verwendeteStrahlungsschema (Ritter und Geleyn 1992) wurdefolglich so konzipiert, dass der Rechenaufwand ineinem vertretbaren Verhältnis zur in Anbetracht derUnsicherheit der Eingangsgrößen erzielbaren Genauig-keit steht. Dabei wird die bei weitem größte Reduktionder Rechenzeit erreicht durch die Beschränkung aufwenige breite Spektralintervalle anstelle der Lösungder Strahlungsübertragungsgleichung für einzelneAbsorptionslinien.Verwendet werden in den ModellenGME und LM drei Intervalle im solaren und fünf imthermischen Teil des Spektrums. Dabei muss allerdingsdie spektrale Variation der optischen Eigenschaftenaller atmosphärischen Bestandteile durch geeigneteMittelungsmethoden auf die breiten Spektralintervalleübertragen werden. Besonders drastische Approxi-mationen sind bei der Absorption der atmosphärischenGase erforderlich. Diese Absorption weist einebesonders große spektrale Varianz auf (s. z. B. Fischer1985). Eine weitere Rechenzeitersparnis ergibt sichdurch die Verwendung der sogenannten �-Zweistrom-methode (Zdunkowski und Korb 1985). Hier wird an-stelle einer Berechnung der zenit- und azimutabhän-gigen Strahldichten nur noch zwischen den aufwärtsbzw. abwärts gerichteten Strahlungsflussdichten unddem direkten (nicht gestreuten) Anteil der solarenStrahlung unterschieden. Dadurch wird das Zweifach-

integral in der Strahlungsübertragungsgleichung durchdie Lösung von nur zwei Gleichungen im thermischenund drei im solaren Teil des Spektrums ersetzt (jeweilsfür die drei bzw. fünf Spektralintervalle).

Als variable optische Eigenschaften von Wolken gehenin das Strahlungsschema im GME und LM nur derBedeckungsgrad und der Wolkenwassergehalt ein.Wesentlichen Einfluss hat dabei die Annahme zurÜberlappung vertikal übereinander liegender Wolken.Hier wird angenommen,dass vertikal direkt benachbarteWolken maximal, nicht direkt benachbarte Wolkendagegen zufällig überlagern. In diesem Zusammenhangsei bemerkt, dass das vorliegende Strahlungsschemastreng eindimensional in der jeweiligen vertikalenGittersäule arbeitet. Auch bei tiefstehender Sonneerfolgt der Schattenwurf einer Wolke senkrecht nachunten, was schon einen Fehler von einigen 10 kmbedeuten kann. Die einzige Ausnahme von der reinsenkrechten Orientierung gibt es bei der Bestimmungder optischen Dicke für die direkte solare Strahlung.Hierwird der bei tiefstehender Sonne längere Laufweg durchdie Atmosphäre berücksichtigt, allerdings natürlich nurmit den optischen Eigenschaften der jeweiligen Säule.

Die Schwierigkeit, die Wechselwirkung zwischen Strah-lung und Wolken korrekt zu erfassen wird in Abb. 4-1gezeigt. Im weitgehend wolkenlosen Fall (Abb. 4-1a)stimmen Messungen und Modellergebnisse der Global-strahlung sehr gut überein.Sind aber Wolken vorhanden(Abb. 4-1b, im dargestellten Fall stimmen die beobach-teten und die simulierten Wolken recht gut überein),dann treten in Extremfällen wie dem gezeigten sehrgroße Abweichungen der simulierten von den gemesse-nen Strahlungsflüssen auf. In der Regel scheint dasModell die Wolken zu transparent zu simulieren. DiesesVerhalten wird zur Zeit speziell untersucht.

Neben den Wolken sind die zeitlich variablen Ver-teilungen von Wasserdampfgehalt und Temperatur diewichtigsten Eingangsgrößen für das Strahlungsmodell.Die übrige Zusammensetzung der Atmosphäre wirdzeitlich konstant vorgeschrieben, wobei nur der Ozon-gehalt und die Aerosole räumlich variieren.

Trotz all seiner Vereinfachungen ist das Strahlungs-schema immer noch sehr aufwändig.Es wird deshalb imGME nur alle zwei Stunden und im LM jede Stundeeinmal aufgerufen. Innerhalb dieses zwei- bzw. ein-stündigen Intervalls bleiben alle optischen Eigenschaf-ten der Atmosphäre – insbesondere auch die Wolken-konfiguration – unverändert. Im GME wird allerdingsder Zenitwinkel der Sonne kontinuierlich mitgeführt.

3 Wolken- und Niederschlagsprozesse

Die negative Strahlungsbilanz der Atmosphäre wird –wie im vorigen Abschnitt angedeutet – hauptsächlichdurch die Freisetzung latenter Wärme, also durch

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Kondensation von Wasserdampf ausgeglichen. DieserAspekt ist aber nicht nur im Zusammenhang mit einerausgeglichenen Energiebilanz von Bedeutung. Viel-mehr ist auch der in manchen Situationen dominieren-de Einfluss von Kondensationsprozessen auf baroklineEntwicklungen gerade in der numerischen Wetter-vorhersage wesentlich. Zusätzlich spielt natürlich derAnspruch auf eine möglichst genaue quantitativeNiederschlagsvorhersage eine immer größere Rolle.

Die Bildung und Auflösung von Wolken, sowie dieFormierung von Niederschlag in den verschiedenenAggregatzuständen, läuft auf sehr unterschiedlichenräumlichen und zeitlichen Skalen ab. Deshalb müssenbei der Parametrisierung dieser Prozesse zumindestzwei grob unterscheidbare Typen von Wolken- undNiederschlagsbildung getrennt parametrisiert werden:(i) Skalige Kondensationsprozesse finden in der Regelbei frontalen Aufgleitvorgängen statt.Bei diesen tritt in

Gitterelementen des Modells Übersättigung auf. (ii)Subskalige Kondensationsprozesse dagegen sind in derRegel mit konvektiven Vorgängen verbunden, die vomnumerischen Modell nicht aufgelöst werden können.Übersättigung tritt nur in einem Bruchteil eines Gitter-elements auf.

Skalige Kondensationsprozesse,Wolkenmikrophysik

In diesem Abschnitt werden die wesentlich von wolken-mikrophysikalischen Prozessen bestimmten skaligenKondensationsprozesse beschrieben. Da eine aus-führliche Darstellung der Wolkenmikrophysik in denpromet-Heften 1-3/1993 vorliegt, wird hier nur einekurze Übersicht gegeben.

Die beiden Vorhersagemodelle des DWD verwendenzur Bestimmung skaliger Kondensationsprozesse (wie

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Abb. 4-1: Tagesgang der Temperatur in 2 m Höhe (oben) und der Globalstrahlung (unten) an der Station Chemnitz aus Beobachtung(grün) und Modellvorhersage (rot). a) Ein in Beobachtung und Vorhersage praktisch wolkenfreier Tag, b) ein in Beobachtungund Vorhersage bedeckter Tag.

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schon das Europa- und das Deutschland-Modell) nebender prognostischen Gleichung für den Wasserdampfeine zusätzliche Gleichung für das Wolkenwasser.Außerdem werden Gleichungen für die Niederschlags-komponenten (Regen und Schnee) gelöst. Wegen derKopplung der Kondensationsprozesse mit dem erstenHauptsatz der Thermodynamik ist folgendes Glei-chungssystem zu lösen (s. Doms 1993):

(3.1)

(3.2)

(3.3)

(3.4)

(3.5)

Mit: T = Temperatur, qv = spezifische Feuchte, qc =spezifischer Wolkenwassergehalt, qr = spezifischerRegengehalt, qs = spezifischer Schneegehalt, Lc , Lf , Ls

= Kondensations-, Gefrier- und Sublimationswärme.Die A-Terme bezeichnen die dynamischen Antriebe(Advektion, ...) und alle nicht mit skaligenKondensationsprozessen zusammenhängende Terme,

ist der Sedimentationsfluss von Regen (Index r)

bzw. Schnee (Index s). Die S-Terme sind die Quellenund Senken aufgrund mikrophysikalischer Wechsel-wirkungen: Das sind zunächst die Prozesse der sog.warmen Niederschlagsbildung Sc = Kondensation undVerdunstung von Wolkenwasser, Sau = Autokonver-sion (Zusammenwachsen von Wolken- zu Regentrop-fen), Sac = Akkreszenz (Anlagerung von Wolken-tröpfchen an Regentropfen) und Sev = Verdunstungvon Regen. Dazu kommen die Prozesse der Eisphase:Snuc = Nukleation (Bildung von Schneekristallen ausWolkentröpfchen), Sdep = Deposition und Sublimation(direkter Übergang zwischen Wasserdampf undSchneekristallen), Srim = Bereifen (Anlagerung undAnfrieren von Wolkentröpfchen an Schneekristalle),Sshed = Shedding (Anlagerung von Wolkentröpfchen an Schneekristalle und anschließendes Abtropfen),Sfrz = Gefrieren von Regentropfen (zu Schnee-kristallen, Hagel und Graupel werden nicht simuliert)und Smelt = Schmelzen von Schneekristallen. Jedereinzelne dieser Prozesse muss parametrisiert werden,wobei in vielen Fällen besonders die im Vergleich zumZeitschritt des Modells sehr kleinen typischenZeitskalen Probleme bereiten.Zur Zeit werden in GME und LM die Niederschlags-komponenten durch diagnostische Gleichungen be-stimmt. Sie entsprechen den oben angegebenen Glen.(3.4) und (3.5), in denen nur die lokalen zeitlichen

Änderungen und die dynamischen Antriebe Null gesetztwerden. Im Zusammenhang mit einer Umstellung derzeitlichen Diskretisierung des LM sollen dort später diebisher vernachlässigten Terme berücksichtigt werden.

In einer zukünftigen Version des GME und des LM wirdauch für Wolkeneis eine prognostische Gleichung gelöstwerden.Der Vorteil ist eine realistischere Simulation derFeuchte in der oberen Troposphäre (zur Zeit könnensich Wolken nur bei Wasserübersättigung bilden). Daserlaubt dann auch eine bessere Simulation von Cirrus-bewölkung. Der Nachteil des Schemas ist, dass sich dieAnzahl der zu parametrisierenden Prozesse (S-Terme)nahezu verdoppelt. Das Problem des Tunings des Sche-mas wird dadurch wesentlich verschärft.

Konvektion

Konvektion tritt in der Atmosphäre in einer großenVielzahl von Erscheinungsformen auf.Diese reichen vonsehr kleinräumigen Prozessen über hochreichende Cb-Konvektion bis hin zu mesoskalig organisierten konvek-tiven Systemen. Damit stellt sich hier das in der Einlei-tung angesprochene Problem des Skalensprungs sehrdeutlich. In der operationellen Auflösung des LM (7 km)werden mesoskalige Organisationsformen explizit auf-gelöst, einzelne Cumulonimben jedoch nicht. Der zeit-liche Verlauf der Konvektion ist dagegen mit einem Zeit-schritt des LM von 40 s selbst bei Blauthermik schon imBereich der expliziten Simulation. Trotzdem zeigt aberalle Erfahrung mit NWV-Modellen,dass auch bei der Auf-lösung des LM Konvektion parametrisiert werden muss,um einigermaßen akzeptable Ergebnisse zu erhalten.

In den NWV-Modellen des DWD wird die Kon-vektionsparametrisierung von Tiedtke (1989) verwen-det, die zur Gruppe der Massenflussverfahren gehört.Bei dieser Art von Parametrisierungen wird voraus-gesetzt, dass die thermodynamischen Gleichungen, dieja immer als gemittelt über Gittervolumina anzusehensind, über ein Gebiet gemittelt sind, das groß genug ist,um ein ganzes Ensemble von Konvektionswolken inallen Entwicklungsstadien zu enthalten. Diese Annah-me ist offensichtlich verletzt. Sie ist aber für die Para-metrisierung notwendig, weil diese nur die Auswirkun-gen des ganzen Ensembles in einem Gleichgewichts-zustand beschreiben kann.

Formuliert man für die Variablen trockenstatischeEnergie s = cpT + gz und spezifische Feuchte qv dieGrundgleichungen im z-System, dann erhält man (derQuerstrich bedeutet die Gebietsmittelung, der StrichAbweichungen vom Gebietsmittel):

(3.6)

(3.7)

133E. Heise: Parametrisierungenpromet, Jahrg. 27, Nr. 3/4, 2002

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Hierin bedeutet (�� w′—�′ )conv den Vertikaltransport von

s bzw. qv durch die subskaligen konvektiven Prozesse(die entsprechenden Horizontaltransporte werden nurdurch einfache Entrainment- und Detrainment-An-sätze beschrieben), cconv und econv bezeichnen die imZusammenhang mit der Konvektion auftretende Kon-densation bzw. Verdunstung. Die A-Terme symboli-sieren alle nicht mit der Konvektion zusammenhän-genden Prozesse.

Zur Bestimmung der Wirkung der Konvektion auf diegemittelten Größen wird nun in einem einfachenWolkenmodell angenommen, dass ein Updraft-Be-reich mit aufwärts gerichtetem Massenfluss Mu exis-tiert, in dem das vertikale Temperatur- und Feuchte-profil einer Feuchtadiabate durch die Wolkenbasis(Hebungskondensationsniveau) entspricht. Das Verti-kalprofil des Massenflusses kann durch Entrainmentund Detrainment verändert werden. Neben denUpdrafts gibt es auch Downdrafts mit dem MassenflussMd. Dieser Massenfluss ist proportional zu Mu an derWolkenbasis. Nach einer Initiierung von Downdraftsim oberen Teil der Cumulus-Wolke behalten dieseihren negativen Auftrieb durch Verdunsten von Regen-wasser.Sie bleiben dadurch gesättigt und erreichen denBoden mit einer negativen Temperaturabweichunggegenüber der Umgebungsluft. Mit dieser einfachenModellvorstellung (und einigen weiteren Vereinfa-chungen) erhalten die konvektiven Vertikaltransportefolgende Form:

(3.8)

Der Startwert für den Massenfluss an der Wolkenbasiswird nach einer von Kuo (1965) vorgeschlagenenSchließungsbedingung bestimmt. Sie basiert auf derAnnahme von Stationarität unterhalb der Wolken-basis. Dies führt auf die Schließungsbedingung

(3.9)

Hierin bedeutet (�w′—q′ )turb turbulente Vertikaltrans-porte von Feuchte (s.Abschnitt 4: Turbulente Flüsse).

Innerhalb des Updrafts entsteht Wolkenwasser. Esgelangt z. T. durch Detrainment in die Umgebung, woes verdunstet. Der Rest wird in Niederschlagswasserumgewandelt. Dieser Niederschlag kann teilweise inden Downdrafts und teilweise auch in der Umgebungs-luft unterhalb der Wolkenbasis verdunsten. Der übrigeTeil gelangt als konvektiver Niederschlag zum Boden.Eine parametrisierte Wolkenmikrophysik wie bei denskaligen Kondensationsprozessen gibt es in der Kon-

vektionsparametrisierung nicht.

Wenn Konvektion nicht – wie oben vorausgesetzt –durch Hebung bodennaher Luft ausgelöst werdenkann, dann wird geprüft, ob in größerer Höhe kon-vektiv instabile Schichten existieren, aufwärtsgerich-tete Vertikalgeschwindigkeit vorhanden ist und imjeweiligen Startniveau die relative Feuchte mehr als90 % beträgt. Sind diese Bedingungen erfüllt, dannwird Konvektion wie im vorher beschriebenen Fallgerechnet, der Startwert für den Massenfluss an derWolkenbasis wird aber proportional zur Vertikalge-schwindigkeit gesetzt.

In vielen Fällen befriedigen die Ergebnisse der Kon-vektionsparametrisierung nicht. Einer der Haupt-gründe dafür liegt sicherlich in den oben angedeutetengrundsätzlichen Problemen einer Parametrisierungdieser Prozesse anstelle der an sich notwendigenexpliziten Simulation. Ein weiterer Grund kann aber inder angewendeten Schließungsbedingung für denMassenfluss an der Wolkenbasis sein. Deshalb wirdeine Variante untersucht, in der dieser Massenflussproportional zur vertikal integrierten Instabilität in derAtmosphäre ist (convective available potential energyCAPE). Abb. 4-2 zeigt sehr deutlich die Problematikder Schließungsbedingungen, ohne hier darauf ein-zugehen, welche der beiden Methoden im konkretenFall besser ist. In dem Scatterdiagramm werden dieVerhältnisse in einem Teilgebiet des LM für eineneinzigen Zeitpunkt dargestellt. Für jeden Punkt stelltdie x-Achse den Massenfluss (in kg m-2 s-1, 1 wird alsMaximalwert vorgeschrieben) nach der KUO-Schlie-ßung, die y-Achse den Massenfluss nach der CAPE-Schließung dar. Die Korrelation zwischen den beidenVarianten ist offensichtlich sehr gering. Über einenZeitraum von einigen Stunden gleichen sich dieseUnterschiede zwar teilweise aus, es bleibt aber trotz-dem eine erhebliche Unsicherheit in der Identifizie-rung konvektiver Strukturen im Modell.

Bewölkung

Die beschriebene Parametrisierung der skaligen Kon-densationsprozesse liefert nur dann Angaben über dieBewölkung, wenn die prognostische Gleichung für denWolkenwassergehalt Werte > 0 für diese Größe in einemGitterelement prognostiziert. In diesem Fall ist derBedeckungsgrad 1 und der Wolkenwassergehalt istdurch seinen prognostizierten Wert gegeben. Dies setztaber voraus, dass ein Gitterelement übersättigt ist.Solange dagegen die relative Feuchte < 1 bleibt,muss aufanderem Wege partielle Bedeckung parametrisiertwerden. In Gitterelementen, in denen parametrisierteKonvektion auftritt,wird ein mit der vertikalen Mächtig-keit der Wolke zunehmender Bedeckungsgrad ange-nommen. In allen anderen Fällen bieten sich Bezie-hungen an, die als wesentlichen Parameter die relativeFeuchte enthalten. Im Allgemeinen haben sie die Form.

134 E. Heise: Parametrisierungen promet, Jahrg. 27, Nr. 3/4, 2002

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(3.10)

Hierin ist C der Bedeckungsgrad und U die relativeFeuchte, k ist der Index der betrachteten Schicht. Derkritische Wert der relativen Feuchte (Uk,krit) wirdhöhenabhängig gewählt. Der Exponent N, der dieNichtlinearität der Beziehung steuert, wird in derRegel auf 2 gesetzt. Der ebenfalls benötigte Wolken-wassergehalt wird in diesem Fall als konstanter Bruch-teil der Sättigungsfeuchte parametrisiert.

In Abb. 4-3 werden in einer Momentaufnahme dieglobal beobachteten und die am jeweils nächstgelege-nen Gitterpunkt des GME simulierten Werte desBedeckungsgrads in einer Häufigkeitsverteilung dar-gestellt. In den Beobachtungen zeigt sich die starkausgeprägte U-Form mit wolkenlos und total bedecktals vorherrschenden Werten (man erhält alle Beobach-tungswerte jeder Klasse, wenn man die durch dieGröße der Boxen angedeuteten Werte jeder Zeilesummiert). Das gleiche Verhalten, aber noch extremer,ist auch im Modell zu sehen (Summation der Spal-tenwerte). Immerhin 58,2 % der Werte werden beidieser relativ groben Klasseneinteilung richtig simu-liert (Boxen in der Hauptdiagonalen). Insgesamt neigtdas Modell – zumindest in diesem Beispiel – zu einer

leichten Unterschätzung des Bedeckungsgrads: 24,6 %der Werte liegen oberhalb und nur 17,2 % unterhalbder Hauptdiagonalen.

4 Turbulente Flüsse

Bei der Parametrisierung turbulenter Flüsse geht esdarum, die subskaligen Korrelationsprodukte zu be-stimmen, die bei der Mittelung nichtlinearer Terme inden Grundgleichungen (Impulsgleichung, 1. Hauptsatzder Thermodynamik, ...) über die Zeit und/oder überdas Volumen eines Modellgitterelements auftreten (s. z. B. Stull 1988, S. 41 ff). Diese Korrelationsproduktestellen (für das Modell subskalige) Flüsse in allen dreiRaumrichtungen dar. Auf der Skala von NWV-Model-len sind aber nur die vertikalen Flüsse von Bedeutung.Sie haben im z-System die Form (�� w′—

�′ )turb,wobei � diehorizontalen Windkomponenten, die Temperatur usw.bedeutet. Der Querstrich symbolisiert den Mittelwertund der Strich die Abweichung davon. Die Flüssetreten konkret in der Form einer vertikalen Divergenz

1_ �_� �z (�� w′—

�′ )turb auf. Sie müssen also sowohl in der

Atmosphäre als auch als Randwerte an der Erdober-fläche bestimmt werden (am Oberrand der Atmosphä-re sind sie Null).

135E. Heise: Parametrisierungenpromet, Jahrg. 27, Nr. 3/4, 2002

Abb. 4-2: Streudiagramm für den parametrisierten konvektivenMassenfluss (in kg/(m2 s)) an der Wolkenbasis für einkleines Teilgebiet des LM in Süddeutschland zumZeitpunkt 18.00 UTC am 23. 7. 1998. ref (Abszisse)bedeutet die operationelle Kuo-Schließung, cap (Or-dinate) die alternativ verwendete CAPE-Schließung(s.Text).

Abb. 4-3: Häufigkeitsverteilung des global mit dem GME vorher-gesagten (Abszisse) und des beobachteten (Ordinate)Bedeckungsgrads. Die Zahlenwerte an Abszisse undOrdinate geben Bedeckungsgradbereiche (in %) an.Dierechts und oben angebrachten Prozentzahlen geben dierelative Belegung der entsprechenden Haupt- und der 8Nebendiagonalen in % an, die Größe der Quadrate istein Maß für die Anzahl der Fälle in der jeweiligen Klasse.

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Turbulente Flüsse in der Atmosphäre

Für die Bestimmung der turbulenten Flüsse in derAtmosphäre gibt es eine Vielzahl von Möglichkeiten,aus denen in Abhängigkeit vom Modell (z. B. Klima-modell oder hoch aufgelöstes Modell zur Wettervor-hersage) die geeignete Variante auszuwählen ist. Imeinfachsten Fall, der als Schließung 1. Ordnung be-zeichnet wird, parametrisiert man direkt die Korrela-tionsprodukte. Dabei wird in der Regel der sogenannteFluss-Gradient-Ansatz w′—

�′ = –K�� /�z gewählt. DasParametrisierungsproblem ist damit auf die Bestim-mung des Vertikaldiffusionskoeffizienten K verlagert.Alternativ dazu kann man aber auch zu einer Schlie-ßung 2. Ordnung übergehen. In diesem Fall leitet manaus dem System von Grundgleichungen prognostischeGleichungen für die Korrelationsprodukte ab. Dazuspaltet man z. B. in der Gleichung für den Zonalimpulsjede Größe in Mittelwert und Abweichung auf, alsoetwa u = u+ u′. Dies liefert eine inhaltlich ungeänderteForm (*) der Ausgangsgleichung.Mittelt man nun dieseGleichung, dann erhält man die im Modell verwendeteGleichung (**) für die mittleren Größen, in der dieturbulenten Flüsse als Zusatzterme auftreten. Subtra-hiert man nun die Gleichungen (*) – (**),dann entstehteine Gleichung für die zeitliche Änderung der Ab-weichung, in unserem Beispiel also für �u′ /�t. Diesemultipliziert man mit w′. Der gleiche Vorgang wird mitder Gleichung für den Vertikalimpuls wiederholt,wobei die Gleichung für �w′ /�t mit u′ multipliziertwerden muss. Die beiden Ergebnisgleichungen werdenaddiert, das liefert die prognostische Gleichung füru′w′—

.Für alle Einzelheiten sei auf die Monographie vonStull (1988) verwiesen. Damit ist aber leider das Para-metrisierungsproblem nicht gelöst, denn in den pro-gnostischen Gleichungen für die Korrelationsproduktetauchen nun Tripelkorrelationen (Produkte �′�′�′—

) auf,die wieder parametrisiert werden müssen. Ein Vorge-hen,das sich beliebig fortsetzen ließe und als Schließungs-problem der Turbulenzparametrisierung bekann ist.

Die Parametrisierungen der DWD-Modelle basierenauf einer Schließung 2. Ordnung, nutzen also den Satzprognostischer Gleichungen für die Korrelationspro-dukte. Eine dieser Gleichungen soll hier etwas näherbeleuchtet werden, weil sie bei der Parametrisierungeine herausragende Rolle spielt. Es ist die TKE-Glei-chung, die prognostische Gleichung für den Mittelwertder turbulenten kinetischen Energie pro Massenein-

heit e = 1_2

(u′ 2 + v′ 2 + w′ 2). Sie entsteht durch Summa-

tion der Gleichungen für die Geschwindigkeitsvarian-zen und hat folgende Form (s. z. B. Stull 1988, S. 152):

(I) (II) (III) (IV) (V) (VI) (VII)

(4.1)

Hierin bedeutet ui die drei Windkomponenten und xi diedrei Koordinatenrichtungen. Es gilt die EinsteinscheSummenkonvention, d. h. über doppelt auftretendeIndices wird summiert. �i,j ist 1 für i = j und 0 sonst. Dieeinzelnen Terme haben folgende Bedeutung: (I) ist dielokale zeitliche Änderung von TKE, (II) ist die drei-dimensionale Advektion von TKE durch die mittlereStrömung, (III) ist die Produktion von TKE durchAuftriebskräfte, (IV) ist die mechanische Produktionvon TKE durch Scherkräfte, (V) ist der turbulenteTransport von TKE (eine Tripelkorrelation), (VI) dersogenannte Druck-Wechselwirkungsterm und (VII) dieUmwandlung von TKE durch Dissipation in innereEnergie. Es gibt nun eine ganze Reihe von Verfahrenunterschiedlicher Komplexität (als Level bezeichnet),mit den neuen prognostischen Gleichungen für dieKorrelationsprodukte umzugehen. In der Turbulenz-parametrisierung des GME wird Level 2 angewendet.Das bedeutet, dass durch eine Reihe von Annahmen(z. B. Stationarität) die Gleichungen drastisch verein-facht werden. In der TKE-Gleichung bleiben dabei nurdie Terme (III), (IV) und (VII) übrig. Mit einfachenParametrisierungen für die unbekannten Ausdrückeerhält man schließlich einen Satz von algebraischenGleichungen. Die Lösung dieses Gleichungssystemsführt wieder auf den Fluss-Gradient-Ansatz zur Be-rechnung der turbulenten Flüsse. Der Vertikaldiffu-sionskoeffizient wird darin von Parametern festgelegt,die z. B. die Stabilität der Schichtung beschreiben.

Die Turbulenzparametrisierung des LM kann gleich derim GME sein.Als Alternative kann aber auch die TKE-Gleichung als prognostische Gleichung erhalten bleiben,nur die anderen Gleichungen für Korrelationsproduktewerden wie oben vereinfacht (Level 2.5).Vernachlässigtwerden in der TKE-Gleichung bisher aber die Advektiondurch die mittlere Strömung (II) und die horizontalenturbulenten Transporte in (V). Diese Formulierung gibtdeutlich mehr Freiheiten, die turbulenten Flüsse in denverschiedensten Situationen realistisch zu parametri-sieren. Im Level 2 entstehen erhebliche Schwierigkeitenbei stabiler Schichtung.In diesen Fällen gibt es u.U.keinephysikalisch sinnvolle Lösung des Systems algebraischerGleichungen mehr, es muss auf vorgeschriebene Mini-malwerte des Vertikaldiffusionskoeffizienten zurückge-griffen werden. Benutzt man dagegen im Level 2.5 dievollständigere TKE-Gleichung, dann kann die Para-metrisierung des Druckwechselwirkungsterms durchEinführung eines Quellterms (sog. Zirkulationsterm)und die Berücksichtigung turbulenter Vertikaltransportevon TKE in parametrisierter Form (Fluss-Gradient-Ansatz) diese Probleme weitgehend lösen. Der Zirku-lationsterm soll hauptsächlich die Entwicklung inter-mittierender nächtlicher Turbulenz beschreiben, die z. B.von thermischen Inhomogenitäten der Erdoberflächeausgelöst werden können. Die Größe des Zirku-lationsterms ist zunächst völlig unbekannt. Einerseitskann sie mit Hilfe von ein- und dreidimensionalen Ex-perimenten durch Ausprobieren abgeleitet werden. AlsAlternative dazu wird die im LITFASS-Projekt ent-

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wickelte hoch aufgelöste (etwa 100 m Maschenweite)Version des LM – das LLM – verwendet, um in ideali-sierten Experimenten für verschiedene Strukturen derthermischen Inhomogenität der Unterlage die Wirkungdes Zirkulationsterms explizit zu simulieren. Die Ergeb-nisse sollen dann eine Parametrisierung des Zirkula-tionsterms in Abhängigkeit von der subskaligen Topo-graphie der Erdoberfläche ermöglichen.

Die Verhältnisse bei stabiler Schichtung werden durchEinführung des Zirkulationsterms deutlich besser er-fasst. Ein Beispiel dafür wird in Abb. 4-4 dargestellt. Ineiner idealisierten eindimensionalen Rechnung wirdsimuliert, wie am 10. 7. 1997 tagsüber eine im Lauf dervergangenen Nacht entstandene hochreichende stabileGrenzschicht aufgelöst wird, um sich in der folgendenNacht neu zu bilden (die Messdaten stammen vom Mess-feld Falkenberg des Observatoriums Lindenberg). In derSimulation mit Level 2.5 ohne Zirkulationsterm (Abb.4-4a) wird zwar die Auflösung recht gut nachgebildet, um18.00 UTC ist die Atmosphäre bis etwa 1.800 m Höhedurchmischt.Die danach einsetzende Stabilisierung vomErdboden her erfasst aber nur die unteren 200 m, dieInversion ist deshalb viel zu krass ausgeprägt. Wird da-gegen der Zirkulationsterm berücksichtigt (Abb. 4-4b),dann wird die Neuentwicklung der nächtlichen Grenz-schicht in guter Übereinstimmung mit den Messungensimuliert. Eine so gute Übereinstimmung lässt sichnatürlich nur in gut getunten eindimensionalen Rech-nungen erreichen, jedoch haben sich bei Berücksich-tigung des Zirkulationsterms auch in dreidimensionalenSimulationen deutliche Verbesserungen in der zeitlichenVariation der Inversionsstruktur gezeigt.

Turbulente Flüsse an der Erdoberfläche

An der Erdoberfläche werden formal die gleichenFlüsse (�� w′—

�′ )turb wie in der Atmosphäre parametri-siert. Trotzdem müssen offensichtlich andere Para-metrisierungsbeziehungen gesucht werden, weil einer-seits die oben angedeuteten Schließungsmethoden nurfür Luftvolumina und nicht an festen Grenzflächenangewendet werden können,und weil andererseits hierdie Topographie der Erdoberfläche entscheidendenEinfluss auf die Flüsse hat. Beim latenten Wärmeflussführt dies sogar dazu, dass er über Landflächen nichtdirekt als turbulenter Fluss parametrisiert, sondern mitHilfe einer Modellierung der im Erdboden und in derPflanzendecke ablaufenden Prozesse aus der Verduns-tung bestimmt wird (s.Abschnitt 5: Erdbodenmodell).

Im GME und im LM wird wie üblich von der Modell-vorstellung einer Prandtl-Schicht ausgegangen, einerwenige Dekameter dicken Schicht oberhalb der Erd-oberfläche, in der die vertikalen turbulenten Flüsseannähernd höhenunabhängig sind. Hier lassen sich dieFlüsse mit Hilfe der Monin-Obukhov Ähnlichkeits-theorie bestimmen (s. z. B. Stull 1988, Kapitel 9).Allerdings scheitert eine direkte Anwendung, weilaufwändige Iterationen erforderlich wären. EinenAusweg hat Luois (1979) vorgeschlagen. Er hat dieIterationen unabhängig von einem atmosphärischenModell ausgeführt und die Ergebnisse durch analyti-sche Funktionen approximiert. Die turbulenten Flüssean der Erdoberfläche (Index Ofl) lassen sich dann mit den üblichen Bulk-Formeln (�� w′—

�′ )turb,Ofl =–�hC�Uh(�h – �Ofl) berechnen. Hier bedeutet h die

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Abb. 4-4:

Auflösung und Neubildung einerTemperaturinversion in den un-teren 2500 m Höhe am Ort desMessfeldes in Falkenberg (Obser-vatorium Lindenberg). Tet_messind die beobachteten Profile derpotentiellen Temperatur um00.00, 18.00 und 24.00 UTC am10. 7. 1997. Die beiden anderenProfile um 18.00 und um 24.00UTC sind Ergebnisse von Simu-lationen mit einem eindimensio-nalen Modell. a) ohne und b) mitEinschluss des Zirkulationstermsbei der Lösung der prognosti-schen Gleichung für die turbu-lente kinetische Energie (s.Text).

(a) (b)

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Höhe der untersten Rechenfläche des Modells, Uh istder Betrag der Windgeschwindigkeit in dieser Höheund C� ist ein Transferkoeffizient. Die entscheidendeSchließungsgröße der Parametrisierung ist nun dieserTransferkoeffizient, der alle Einflüsse unterschiedli-cher Eigenschaften der Erdoberfläche, unterschiedli-cher Stabilitätsverhältnisse und auch den Einfluss derjeweiligen Höhe h enthalten muss. Er wird in einen fürneutrale Schichtung geltenden Anteil C�,n und einenstabilitäts- und variablenabhängigen Teil f� aufgespal-ten: C� = C�,n · f� (RiB,h /z0). Der für neutraleSchichtung geltende Teil ist für Impulsflüsse (Index M)CM,n = (k /ln(h /z0))2 und für Flüsse skalarer Größen(Index H) CH,n = k2 {ln(h /z0) ln(h /zH)}-1. Hierin ist kdie von-Kármán-Konstante, z0 die Rauhigkeitslängefür Impuls und zH eine ,Rauhigkeitslänge‘ für denTransport skalarer Größen (s. Abschnitt 6: externeParameter). RiB ist eine Bulk-Richardson-Zahl, die ausden Werten der virtuellpotentiellen Temperatur �v undder Windgeschwindigkeit bestimmt wird:

(4.2)

In den stabilitäts- und variablenabhängigen Funktio-nen f ist das approximierte Ergebnis der Iterationenenthalten. Sie haben z. B. für den turbulenten Flussskalarer Größen bei labiler Schichtung die Form

(4.3)

mit den freien Parametern b = c = 5.Auch in dieser schonauf die Verwendung in numerischen Modellen zuge-schnittenen Form der ursprünglichen Monin-ObukhovTheorie können Grenzfälle noch zu Problemen führen.Ein wichtiger dieser Grenzfälle ist die freie Konvektion,also labile Schichtung bei verschwindendem Wind, waszu RiB → –∞ führt. Man kann diesen Fall aber leichtbehandeln, wenn man in den Bulk-Formeln die Wind-geschwindigkeit Uh in den Transferkoeffizienten hinein-multipliziert.Dadurch kann man im Nenner der Richard-son-Zahl das Quadrat der Windgeschwindigkeit elimi-nieren und man erhält im Grenzfall freier Konvektion

Damit erhält man einen nicht verschwindenden Flussskalarer Größen, der wesentlich vom Parameter c ge-steuert wird.Dieser Parameter ist also wichtig z.B.für denWert der Verdunstung über warmen Meeresgebieten beigeringen Windgeschwindigkeiten oder für den desfühlbaren Wärmeflusses an heißen Tagen über Land.DerImpulsfluss dagegen ist im Grenzfall Null, weil in derBulk-Formel noch mit Uh (= 0) multipliziert werden muss.

Die Entwicklung der oben angegebenen Parametri-sierungsbeziehungen enthält viele vereinfachende An-nahmen. Die wichtigsten sind, dass die Turbulenz in derbodennahen Schicht stationär und horizontal homogenist. In jeder realen Grenzschicht sind diese Annahmen in

der Regel natürlich erheblich verletzt. Es ist deshalbwichtig zu untersuchen, ob die im Modell parametri-sierten Flüsse an der Erdoberfläche über längere Zeitenhinweg systematische Abweichungen von entsprechen-den Beobachtungen aufweisen.Diese Möglichkeit bietetsich am Messfeld Falkenberg des Observatoriums Lin-denberg, wo in kontinuierlichem Betrieb turbulenteFlüsse entweder aus direkten Messungen der Korrela-tionsprodukte oder aber aus Profilmessungen bestimmtwerden. Abb. 4-5 zeigt einen entsprechenden Vergleichfür den fühlbaren und den latenten Wärmefluss.Auffälligist hier, dass der fühlbare Wärmefluss (Abb. 4-5a) am 6.bis 9. Tag deutlich zu gering ausfällt, während er an denanderen Tagen recht gut simuliert wird. Der latenteWärmefluss (Abb. 4-5b) ist dagegen überwiegend zugroß, die größten Fehler treten am 6. bis 9. Tag auf. Dieswaren die heißesten Tage des Jahres mit Temperaturenbis zu 36 °C. Die wesentlich zu großen latenten Wärme-

138 E. Heise: Parametrisierungen promet, Jahrg. 27, Nr. 3/4, 2002

Abb. 4-5: Am Messfeld Falkenberg direkt gemessene (grünePunkte) und vom operationellen LM simulierte (roteLinie) vertikale turbulente Flüsse an der Erdober-fläche vom 14. bis 24. 6. 2000. a) fühlbarer Wärmefluss,b) latenter Wärmefluss.

(4.4)

fühl

bare

r Wär

mef

luss

in W

/m2

late

nter

Wär

mef

luss

in W

/m2

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flüsse wurden durch die zu geringen fühlbaren Wärme-flüsse nicht kompensiert.Die Erwärmung des Erdbodensfiel zu gering aus, und die Temperaturen in 2 m Höhewurden um bis zu 4 °C unterschätzt.

Im LM kann anstelle der eben beschriebenen Para-metrisierung auch eine im Zusammenhang mit dem Level2.5 Schema entwickelte Erweiterung angewendet wer-den. Sie erlaubt eine deutlich genauere Simulation bzw.Diagnose der Verhältnisse nahe der Erdoberfläche. Eswird unmittelbar am Boden eine laminare Grenzschichtberücksichtigt. Darüber folgt eine turbulente Zwischen-schicht, die im Wesentlichen den Höhenbereich derRauhigkeitselemente einschließt. Erst darüber folgt diePrandtl-Schicht. In der Zwischenschicht werden im Ge-gensatz zu den Verhältnissen in der Prandtl-Schicht beineutraler Schichtung exponentielle oder Potenzprofile fürdie vertikale Variation der Variablen angenommen.DieseParametrisierung erlaubt z.B.die Entwicklung realistischhoher Erdoberflächentemperaturen an Strahlungstagen,ohne dass die Temperaturen in 2 m Höhe zu hoch werden.

Diagnose von Werten in 2 m bzw. 10 m Höhe

Die Parametrisierungen für die turbulenten Flüsse ander Erdoberfläche verwenden Annahmen über die Ver-tikalprofile der Windgeschwindigkeit und der Tempe-ratur in den unteren Dekametern über der Erdober-fläche. Aus diesen Profilen kann man auch die benö-tigten Größen wie Temperatur und Taupunkt in 2 mHöhe und Windgeschwindigkeit in 10 m Höhe durchInterpolation zwischen den Werten an der Erdober-fläche und denen im untersten Modellniveau gewinnen.

Einfluss der subskaligen Orographie

Die Wirkung von Gebirgen als Hindernis für die Strömungin der Atmosphäre wird in numerischen Modellen nurteilweise durch die Einbeziehung der über die jeweiligenGitterelemente gemittelten Orographie als unterer Rand-wert erfasst.Es zeigt sich schnell,dass damit zumindest aufder Nordhalbkugel die planetarischen (sehr langen)Wellen nicht genügend angeregt werden. Ein Versuch zurIntensivierung des Gebirgseffektes ist die künstliche Er-höhung der verwendeten Orographie (Enveloppe-Oro-graphie). Das bewirkt aber eine ganze Reihe andererSchwierigkeiten. So liegt z. B. mit der künstlich erhöhtenErdoberfläche die Fläche der stärksten Energieumsetzun-gen in einer falschen Höhe. Eine bessere Lösung bestehtdarin,die Wirkungen zu parametrisieren,die von den nichtaufgelösten (subskaligen) Anteilen der Orographie aus-gehen.Diese subskaligen Anteile bewirken auf ihrer Skalaeine Blockierung von Strömungen,und sie können Schwe-rewellen anregen, die einen erheblichen Einfluss auf diemittlere Strömung ausüben.

Die Parametrisierung behandelt sowohl den Einfluss derBlockierung als auch den der Wellenanregung. Für beide

Anteile werden Impulsflüsse bestimmt, die wesentlichvom Charakter der subskaligen Orographie (Höhe undOrientierung), der Anströmrichtung und der Stabilitätder Schichtung abhängen. Die Ableitung der Parametri-sierungsformeln beruht auf der Annahme ellipsenförmi-ger Bergrücken, für die aus der Strömungstheorie abge-leitet werden kann, welche Impulsflüsse durch dieBlockierung und welche durch die angeregten Wellenentstehen. Die durch die Blockierung auf die Strömungausgeübte Schubspannung ist im Wesentlichen propor-tional zum Quadrat der Windgeschwindigkeit. Sie wirktsich nur im Höhenbereich der Blockierung aus. Wellenwerden nur bei stabiler Schichtung angeregt.Die dadurchentstehende Schubspannung ist proportional zur Stabi-lität, der Windgeschwindigkeit und dem Quadrat derdimensionslosen Höhe Hn der subskaligen Orographie:

NH— g_ ��— ,Hn =|U|

, N ist die Brunt-Väisälä Frequenz: N2 =� �zz

H die Höhe der subskaligen Orographie und U diemittlere Windgeschwindigkeit. Diese Schubspannungwird höhenkonstant angenommen, solange nicht dieRichardson-Zahl einen kritischen Wert überschreitetoder die Windrichtung um mehr als 90° von derWindrichtung in Bodennähe abweicht. Wenn solcheBedingungen erfüllt sind, wird eine Dissipation derWellen angenommen und der mittleren Strömung inder entsprechenden Höhe wird Impuls entzogen.

5 Erdbodenmodell

Die im vorigen Abschnitt beschriebene Berechnung derturbulenten vertikalen Transporte an der Erdoberflächesetzt die Kenntnis von Randwerten der Temperatur undder Feuchte an der Erdoberfläche voraus. Bei Gitter-punkten über dem Meer gibt es dabei in NWV-Modellenkeine Probleme, weil die Temperatur der Wasserober-fläche durch die Analyse von Beobachtungen geliefertund im Lauf der Vorhersage konstant gehalten wird. DieFeuchte ist gleich der Sättigungsfeuchte bei dieser Tem-peratur. Ganz anders sind die Verhältnisse bei Land-oberflächen. Hier sind Temperatur und Feuchte (bzw.Wassergehalt des Bodens) zeitlich variabel, und ihrezeitliche Änderung hängt u. a. vom fühlbaren und laten-ten Wärmestrom ab. Der gesamte Komplex der Vorher-sage von Temperatur und Wassergehalt im Boden und anseiner Oberfläche mit den zugehörigen Parametrisie-rungen wird als Erdbodenmodell bezeichnet. Abb. 4-6zeigt den Aufbau eines solchen Modells, die in ihm zuparametrisierenden Prozesse und die Wechselwirkungenzwischen thermischem und hydrologischem Teilmodell.

Temperaturvorhersage

Die Temperaturvorhersage erfolgt mit Hilfe der Wärme-leitungsgleichung

(5.1)

139E. Heise: Parametrisierungenpromet, Jahrg. 27, Nr. 3/4, 2002

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(�c = Wärmekapazität des Bodens, G = –��TBoden /�z istder Bodenwärmestrom mit der vom Bodenwasser-gehalt abhängenden Wärmeleitfähigkeit �, wi ist derEisgehalt im Boden und Lf die Gefrierwärme). Alsoberer Randwert geht in die Lösung der Wärmelei-tungsgleichung die Energiebilanz an der Erdober-fläche ein, die sich aus der Strahlungsbilanz, demfühlbaren sowie dem latenten Wärmestrom zusam-mensetzt. Am unteren Rand kann entweder einezeitlich konstante Temperatur vorgeschrieben, oderder Bodenwärmestrom Null gesetzt werden. Imoperationellen Betrieb von LM und GME wird bishereine optimierte Zweischichtenversion der Wärmelei-tungsgleichung verwendet und der Einfluss vonGefrier- bzw. Schmelzprozessen nicht berücksichtigt.Wenn eine Schneedecke liegt, wird für diese einezusätzliche Wärmebilanzgleichung gelöst. Überschrei-tet die prognostizierte Mitteltemperatur der Schnee-decke den Gefrierpunkt, dann wird soviel Schnee ge-schmolzen, dass durch die verbrauchte Schmelzwärmedie Mitteltemperatur auf den Gefrierpunkt reduziertwird. Unterhalb der Schneedecke wird die Energie-bilanz an der Erdoberfläche durch einen parametri-sierten Wärmefluss durch die Schneedecke ersetzt.

Vorhersage des Bodenwassergehalts, des Eisgehalts unddes Wasseräquivalents der Schneedecke

Der Bodenwassergehalt wird mit Hilfe der Richards-Gleichung

(5.2)

prognostiziert. wBoden ist der Wassergehalt des Bodens(in kg/m3),

(5.3)

ist der vertikale Wassertransport, D die hydraulischeDiffusivität, K die hydraulische Leitfähigkeit und �w dieDichte von Wasser. Ein erhebliches Problem bereitet dieFestlegung von D und K, beide Parameter variieren inAbhängigkeit vom Wassergehalt über mehrere Größen-ordnungen. Am unteren Rand des hydrologisch aktivenBodens (zur Zeit in 1 m Tiefe) wird der vertikaleWassertransport 0 gesetzt.Am oberen Rand des Boden-modells ist der vertikale Wassertransport durch Infiltra-tion von Niederschlags- oder Schmelzwasser und durchTaubildung als Quellen und durch Verdunstung bzw.Transpiration als Senken gegeben. Eine Änderung desEisgehalts wird dann berechnet, wenn entweder dieprognostizierte Bodentemperatur unter 0 °C beträgt undnoch nicht alles Bodenwasser gefroren ist, oder wenn sieüber 0 °C beträgt und noch Eis im Boden vorhanden ist.Die Änderung des Eisgehalts ist dann gegeben durch

(5.4)

mit t0 = 273,15 K. Das Wasseräquivalent der Schnee-decke wird mittels einer einfachen Bilanzrechnung ausSchneefall,Verdunstung und Schmelzen bestimmt.

Parametrisierung der Evapotranspiration

Über Landflächen muss die Evapotranspiration unterBerücksichtigung der Temperaturen und Wasserge-

140 E. Heise: Parametrisierungen promet, Jahrg. 27, Nr. 3/4, 2002

Abb. 4-6:

Prinzipieller Aufbau des neuenMehrschichten-Erdbodenmodellsfür das LM, das sich z. Zt. in einerTestphase befindet. T1 bis T5, W1

bis W5 und Eis1 bis Eis5 sind dieprognostizierten Schichtmittel-werte der Temperatur, des Wasser-und des Eisgehalts. Die Pfeile deu-ten Energie- bzw.Wassertranspor-te an. Die horizontalen violettenPfeile symbolisieren die Wechsel-wirkung zwischen Energie- undWasserhaushalt durch Gefrier-oder Schmelzprozesse im Boden.

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haltswerte im Boden, der Pflanzen und der Boden-eigenschaften ermittelt werden. Dabei wird zunächstvon der potentiellen Evapotranspiration ausgegangen.Diese wird – wie im Abschnitt 4: Turbulente Flüsse ander Erdoberfläche beschrieben – mit der Bulk-Formelbestimmt, in die für die Feuchte an der Erdoberflächedie Sättigungsfeuchte bei der dortigen Temperatureingesetzt wird. Ist dieser Feuchtefluss zur Erdober-fläche hin gerichtet, dann wird er unverändert als Tau-oder Reifbildung betrachtet. Ist er aber in die Atmo-sphäre gerichtet, dann wird in zwei getrenntenSchritten die Verdunstung unbewachsenen Bodens unddie Transpiration der Pflanzen parametrisiert. DieseVerdunstungsbestimmungen sind eine wesentlich ver-einfachte Version einer von Dickinson (1984) vorge-schlagenen Parametrisierung. Die Verdunstung unbe-wachsenen Bodens basiert dabei auf dem Konzept,dassder Boden nicht mehr Wasser verdunstet, als austieferen Schichten nachgeliefert werden kann. DiesenVorgang hat Dickinson (1984) in einem hoch aufge-lösten Bodenmodell simuliert und die erhaltenen Er-gebnisse durch analytische Beziehungen angenähert.Für die Pflanzentranspiration wird ein Penman-Monteith Ansatz gewählt, der auf einer Untersuchungder Energiebilanz eines Pflanzenbestandes beruht.Dies führt letztlich auf eine Beziehung der FormVPfl = �h[qsat(TBoden) – qh](ra + rf)-1. Hierin ist ra deratmosphärische Widerstand, der aus den abgeleitetenBeziehungen für die turbulenten Transporte an derErdoberfläche folgt: ra

-1 = CqUh. Mit rf = 0 ist dieBeziehung für VPfl offensichtlich mit der Bulk-Formelfür die potentielle Evapotranspiration identisch.Entscheidend für die Pflanzendecke ist aber geradedieser zusätzliche Widerstand rf. Er wird in Abhän-gigkeit vom Angebot an photosynthetisch aktiverStrahlung, dem Bodenwassergehalt und der Umge-bungstemperatur parametrisiert.

6 Externe Parameter

Als externe Parameter bezeichnet man in atmosphä-rischen Modellen im wesentlichen diejenigen Größen,welche die Eigenschaften der Unterlage beschreiben.Die wichtigsten dieser Parameter sind die Land-Meer-Verteilung und die Orographie. Zusätzlich werden aberauch Daten über die Bodenbedeckung und den Boden-typ benötigt. Aus diesen primären externen Parameternwerden weiter sekundäre Parameter abgeleitet. Einwichtiger sekundärer Parameter ist die Rauhigkeitslängez0, die in Abhängigkeit von der nicht aufgelösten Oro-graphie und der Bodenbedeckung bestimmt wird. Es hatsich als zweckmäßig erwiesen, eine zusätzliche Rauhig-keitslänge zH einzuführen, die bei der Parametrisierung

der turbulenten Transporte skalarer Größen (Tempera-tur, Feuchte) an der Erdoberfläche Verwendung findet.Sie wird in den NWV-Modellen des DWD auf einenrelativ kleinen Wert beschränkt: zH = MIN {z0; 0,1 m}, umin Gebieten mit großem Anteil subskaliger Orographiedie skalaren Transporte nicht unrealistisch groß werdenzu lassen. Aus dem Bodentyp werden als sekundäreParameter die thermischen und hydraulischen Eigen-schaften des Bodens abgeleitet. Die Bodenbedeckungliefert Werte für den pflanzenbedeckten Teil desErdbodens, die mittlere Höhe der Pflanzen und ihreBlattmasse. Generell dienen die externen Parameterdazu, den Einfluss unterschiedlicher topographischerEigenschaften der Erdoberfläche in das Atmosphären-modell einzuführen und damit eine regional stärkerdifferenzierte Prognose zu ermöglichen.

Literatur

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141E. Heise: Parametrisierungenpromet, Jahrg. 27, Nr. 3/4, 2002

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1 Einleitung

Unter Assimilation wird gemeinhin Angleichung oderÜberführung verstanden. In der Numerischen Wetter-vorhersage versteht man unter Datenassimilation dieAngleichung eines Modelllaufes an die wirkliche Ent-wicklung der Atmosphäre, wie sie durch die vorhande-nen Beobachtungen beschrieben wird. Sinn des Assi-milationsprozesses ist es, ein dreidimensionales Bildder Atmosphäre und deren Unterlage für einen festenTermin zu entwerfen, das z. B. als Anfangszustand füreine Vorhersage genutzt werden kann. Dieses Abbildder Atmosphäre, das auch als Analyse bezeichnet wird,spiegelt nicht nur die Beobachtungen des aktuellenTermins wider, sondern auch zeitlich zurückliegendeMesswerte, die bereits früher in das Modell assimiliertwurden.

Unbewusst ist die Datenassimilation Teil unseres tägli-chen Lebens: Wenn wir eine Straße überqueren, benö-tigen wir zunächst Beobachtungen der sich näherndenAutos. Wenn wir die Autos für einige Augenblicke ver-folgen, können wir abschätzen, ob sie schneller oder

langsamer werden. Dann nutzen wir unser Wissen überdie Fahrweise durchschnittlicher Autofahrer – unserVorhersagemodell –, um abzuschätzen, ob es nochmöglich ist, die Straße vor den herannahenden Fahr-zeugen zu überqueren. Das kann jedoch auch schiefgehen. Entweder, weil unsere Beobachtungen nichtrichtig oder auch nicht vollständig genug waren oderweil unser Vorhersagemodell durchschnittlicher Auto-fahrer nicht korrekt war, oder beides. Und damit habenwir auch schon die häufigsten Ursachen für Fehlvor-hersagen in der Meteorologie benannt: Fehler im An-fangszustand oder/und Fehler im Vorhersagemodell.

Die folgende Darstellung geht aus von einer Beschrei-bung der heute zur Verfügung stehenden meteorologi-schen Beobachtungen.Daraus wird ersichtlich,dass dieNumerische Wetter-Vorhersage (NWV) als Anfangs-wertproblem unterbestimmt ist. Es wird aufgezeigt,welche Hilfsmittel genutzt werden können, um diesesgrundsätzliche Problem zu mildern. Mit Hilfe eineseinfachen Beispiels werden die grundlegenden Glei-chungen entwickelt, die schließlich auf das allgemeineAssimilationsproblem erweitert werden.

An diesen allgemeinen Teil schließt sichein Ausblick auf die noch bestehendenProbleme im Bereich der Datenassimila-tion an. Der Beitrag endet mit einer Ein-führung in die nächsten beiden Kapiteldieses Heftes.

2 Das meteorologischeBeobachtungssystem

Mathematisch gesehen stellt die NWVein Anfangswertproblem dar. Für alleprognostischen Variablen wird an allenGitterpunkten ein Anfangswert benötigt.Auf einer Modellfläche hat z. B. dasglobale Modell GME des DWD 166.410Gitterpunkte. Bei 31 Schichten in derVertikalen und bei 5 prognostischenVariablen (2 Windkomponenten,Tempe-ratur, spezifischer Gehalt an Wasser-dampf und an Wolkenwasser) ergebensich somit 25,8 · 106 benötigte Werte.Hinzu kommen die Anfangswerte für dieUnterlage (Bodendruck,Temperatur derGrenzfläche zwischen Atmosphäre undUnterlage) sowie Werte für Bodenfeuch-te und -temperatur in mehreren Tiefenim Erdboden.

142

W. WERGEN

Datenassimilation – ein Überblick 5

promet, Jahrg. 27, Nr. 3/4, 142-149 (Juni 2002)© Deutscher Wetterdienst 2002

(a)

(b)

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143W. Wergen: Datenassimilation – ein Überblick promet, Jahrg. 27, Nr. 3/4, 2002

Abb.5-1:

Beim DWD am 06.09.2001 genutzte Beobachtungenim Zeitfenster zwischen 10.30 und 13.29 UTC.(a) synoptische Stationen: Landstationen, rot: ma-nuelle, grün: automatische Beobachtungen; Schiffe,blau:PILOT, cyan:TEMP,(b) Bojen (rot),(c) Radiosonden: gestartet von Landstationen, rot:TEMP, grün: PILOT; gestartet von Schiffen, blau:PILOT,cyan:TEMP,(d) Sondierungen polarumlaufender Satelliten (rot),(e) Windbeobachtungen von geostationären Satelli-ten, GOES (blau), METEOSAT (rot), INSAT(cyan),GMS (grün),(f) Flugzeugmeldungen, AMDAR (cyan), AIREP(rot).

Im Idealfall sollten alle diese Werte durch präzise Beo-bachtungen belegt sein. In der Meteorologie ist diesesBedürfnis frühzeitig formuliert worden, und es sindgroße Anstrengungen unternommen worden, dieAtmosphäre möglichst vollständig zu beobachten.

Abb. 5-1 verdeutlicht beispielhaft, welche Beobach-tungen für die Definition des Anfangzustandes für den06. 09. 2001, 12 UTC im DWD vorhanden waren. Diesewerden im Rahmen des World Weather Watch (WWW)Programms der WMO gewonnenen und weltweit im

Global Telecommunication System (GTS)ausgetauscht. Ein großer Teil stammt ausdem synoptischen Stationsnetz. Hierwerden regelmäßig zu festgelegten Uhr-zeiten Beobachtungen erstellt und weiter-geleitet. Abb. 5-1a gibt einen Überblicküber die geographische Verteilung der Bo-denwettermeldungen von synoptischenStationen und von Schiffen für diesenTag. Es sind alle Stationen eingetragen,die für den Zeitraum 10.30 UTC bis 13.29UTC eine Beobachtung absetzten. Derguten Datenbedeckung über Europa undChina stehen große Datenlücken überden Ozeanen und den Kontinenten derSüdhemisphäre entgegen.

Eine weitere wichtige Datenquelle von denOzeanen stellen die driftenden Bojen(DRIBU) dar, die ihre Messwerte auto-matisch gewinnen und anschließend überSatellit weiterleiten (Abb. 5-1b). Insbe-sondere bei der Bestimmung des Geopo-tentials mit Hilfe der Temperaturabschät-zungen der Satelliten liefern sie durch dieFestlegung des Bodendrucks einen wichti-gen Beitrag.

Eine unverzichtbare Informationsquellestellen die Radiosonden (TEMP) dar(Abb. 5-1c). Sie liefern Vertikalprofile vonTemperatur, Feuchte und den beiden hori-zontalen Windkomponenten. Da jedeTEMP-Meldung im allgemeinen aus mehrals 50 Beobachtungswerten besteht, liefern

(c)

(d)

(e)

(f)

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die Radiosonden auch quantitativ den größten Beitragaus dem synoptischen Messnetz. Qualitativ bilden sieeine Referenz, an der die übrigen Beobachtungssystemegemessen werden. Leider liegen nur sehr wenige Radio-sondenbeobachtungen von den Ozeanen und aus derSüdhemisphäre vor.

Satelliten sind im Prinzip in der Lage, diese Datenlückenzu schließen. Satellitendaten sind in der Regel asynop-tisch,d.h.die Beobachtungen werden nicht zu einem ein-heitlichen, festen Termin gemacht. Die polarumlaufen-den Satelliten liefern z.B.Vertikalprofile der Temperaturund der Feuchte (SATEM, Abb. 5-1d). Diese Werteergeben sich aus einer Inversion der Strahlungsübertra-gungsgleichung. Aus Messungen der Strahldichten inverschiedenen Spektralintervallen werden Werte vonTemperatur und Feuchte abgeleitet. Allerdings ist dieVertikalauflösung relativ zu den Anforderungen derModelle gering und der Inversionsprozess führt zu keinereindeutigen Lösung, sodass auf Zusatzinformationzurückgegriffen werden muss. Zusätzliche Einschrän-kungen ergeben sich in bewölkten Gebieten. Über Landwerden die Temperaturprofile oft nur in der Stratosphärebenutzt, da die Bestimmung der Temperaturen in derTroposphäre durch die unbekannten Strahlungseinflüssedes Erdbodens verfälscht werden können.

Die geostationären Satelliten liefern aus Wolkenverla-gerungen abgeleitete Windvektoren für 2 verschiedeneNiveaus (SATOB, Abb. 5-1e). Die 4 geostationärenSatelliten erlauben eine fast lückenlose Erfassung desWindfeldes in den Tropen und den gemäßigten Breiten.

Eine letzte wichtige Informationsquelle bilden dieFlugzeugmessungen (Abb. 5-1f). Zu unterscheiden isthier zwischen den AIREP-Meldungen, die an festge-legten Punkten im Reiseflug auf speziellen Wegenübermittelt werden und den AMDAR-Beobachtun-gen, die kontinuierlich auch während des Steig- undSinkfluges gewonnen werden und die innerhalb derKommunikation zwischen Flugzeug und Bodenstationin hoher zeitlicher Auflösung übertragen werden.

Selbst wenn man für einen Augenblick von der oben disku-tierten sehr unterschiedlichen geographischen Verteilungder Meldungen absieht, ist es doch offensichtlich, dass dieBeobachtungen eines Termins nur einige wenige Prozentder von den Modellen benötigten Anfangsinformationenausmachen. Wegen der höheren Auflösung ist das Miss-verhältnis bei Ausschnittmodellen wie dem LM besonderskrass. Unser Anfangswertproblem ist also zunächst hoch-gradig unterbestimmt. Das im folgenden vorgestellteKonzept der Datenassimilation weist jedoch einen Aus-weg aus dieser scheinbar hoffnungslosen Situation.

3 Das Konzept der Datenassimilation

Da die Beobachtungen allein nicht ausreichen,den An-fangszustand für ein Vorhersagemodell festzulegen,

muss versucht werden, zusätzliche Informationen zunutzen.Als erstes ist hier die Vorgeschichte zu nennen.Es liegen ja nicht nur Beobachtungen vom aktuellenTermin vor, sondern auch von zurückliegenden Zeiten.Ähnlich wie ein Synoptiker bei der Analyse einerWetterlage die Vorkarte nutzt,kommt es bei der Daten-assimilation darauf an, die zeitliche Dimension mit inden Prozess der Definition des Anfangszustandeseinzubeziehen. Es muss also eine Möglichkeitgeschaffen werden, Information aus der Vergangenheitzeitlich zu extrapolieren, um sie für die Festlegung desaugenblicklichen Zustandes der Atmosphäre nutzen zukönnen. Für die zeitliche Extrapolation wird in derDatenassimilation das Vorhersagemodell selbst ge-nutzt, meist in Form einer Kurzfristvorhersage vomletzten Analysentermin. Diese Kurzfristvorhersagewird Erste Näherung (First Guess) oder Hintergrund(Background) genannt. Sie stellt eine Schätzung deswahrscheinlichen Zustandes der Atmosphäre dar, dieaber dort, wo Beobachtungen davon abweichen, nochkorrigiert werden muss. Dort, wo keine Beobachtun-gen vorliegen oder wo Beobachtungen und First Guessübereinstimmen, ist die Erste Näherung identisch mitder endgültigen Analyse.

Durch die Nutzung des Vorhersagemodells im Assimi-lationsprozess haben wir eine weitere wichtige Infor-mationsquelle erschlossen:Das in den Modellgleichun-gen zusammengefasste Wissen über die Vorgänge inder Atmosphäre. Das Modell versetzt uns in die Lage,aus räumlichen Strukturen auf zeitliche Tendenzen zuschließen und umgekehrt. Damit ist das Konzept derDatenassimilation im wesentlichen skizziert. Es beruhtauf der Verknüpfung eines Vorhersagemodells mitBeobachtungen,um eine möglichst präzise Analyse derAtmosphäre zu erreichen.

Das Prinzip ist in Abb. 5-2 für eine beliebige Variableals Funktion der Zeit grafisch dargestellt. Die durch-gezogene rote Linie gibt die wirkliche zeitliche Ent-wicklung der Atmosphäre wieder, die natürlich prinzi-piell unbekannt ist. Wir haben lediglich zu einigenZeitpunkten Beobachtungen (gelbe Punkte). DieseBeobachtungen weisen im allgemeinen Beobachtungs-fehler auf (grüne Ellipsen). Weiterhin haben wir einenHintergrundwert (rotes Quadrat) und seinen Fehler(blaue Ellipse). Beim Urstart eines Assimilationssys-tems beruht dieser erster Hintergrund häufig aufklimatologischen Feldern und liegt somit zunächstrecht weit von der Wahrheit entfernt. Im nächstenSchritt werden die beiden Informationen miteinanderverknüpft und ergeben die Analyse (schwarze Kreuze)und ihre wahrscheinlichen Fehler (gelbe Ellipsen).Diese Verknüpfung ist der eigentliche Kern der Daten-assimilation. Er wird näher im nächsten Abschnittbeschrieben.Von der Analyse wird dann eine Kurzfrist-vorhersage gestartet, die die Information aus derVergangenheit konsistent zum nächsten Analysenzeit-punkt extrapoliert. Dies ist der nächste Hintergrund,der nun schon (hoffentlich) näher an der Wahrheit

144 W. Wergen: Datenassimilation – ein Überblick promet, Jahrg. 27, Nr. 3/4, 2002

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liegt. Zusammen mit den für diesen Zeitpunkt vorlie-genden Beobachtungen ergibt sich eine neue Analyse.Dieser Prozess wird nun solange wiederholt, wie Beo-bachtungen vorliegen. Beim DWD erfolgte der Urstartder Datenassimilation für das damalige globale ModellGM im Sommer 1989. Seither läuft dieser Prozessununterbrochen. Beim Übergang zum aktuellen GMEerfolgte kein Urstart, sondern die Analysenfelderwurden vom GM auf das GME-Gitter interpoliert.

Als wesentliche Bestandteile eines Assimilationsver-fahrens haben wir bislang die Beobachtungen und einVorhersagemodell identifiziert. Es fehlt noch einVerfahren zur Verknüpfung der Information ausSchätzwert und Beobachtungen.

4 Schätztheorie

Die Grundlagen der Schätztheorie wurden 1795 vonGauß mit der Methode der kleinsten Quadrate geschaffen.Wir wählen hier eine Herleitung über die Variations-rechnung, da diese sich zwanglos bis zur allgemeinenFormulierung des Assimilationsproblems erweitern lässt.

Gegeben sei eine Beobachtung hO der Variablen hsowie ein Hintergrund oder Background hB. BeideWerte sollen keinen systematischen Fehler aufweisen.Die jeweiligen zufälligen Fehler seien ausgedrücktdurch die Standardabweichungen �O und �B von derWahrheit. Eine Kostenfunktion J soll den Abstandeines beliebigen Wertes von h zu hO und hB messen. Beider Festlegung von J soll auch die unterschiedlicheGenauigkeit der beiden Werte berücksichtigt werden.Diese Forderungen werden erfüllt durch

(1)

Die Information aus Beobachtung und Backgroundwird also unter Berücksichtigung der relativen Ge-nauigkeiten linear so kombiniert werden, dass das

Resultat hA die bestmögliche Annäherung an denwahren Wert von h darstellt. Gesucht wird ein Wert hA

von h, für den J ein Minimum einnimmt. Eine notwen-dige Bedingung für ein Minimum von J ist, dassdJ—dh

= 0 ist. Diese Forderung führt auf die lineare Glei-

chung

(2)

Aufgelöst nach h ergibt sich aus Gl. (2) für den bestenWert hA von h

(3)

Der Wert hA entspricht dem durch ein Kreuz gekenn-zeichnet Wert für die Analyse in Abb. 5-2. Der Einflussder Beobachtung ist also nach Gl. (3) umso höher, jegrößer der Fehler des Background ist und umgekehrtwächst das Gewicht des Hintergrundes mit zunehmen-dem Beobachtungsfehler. Die beiden Gewichte von hO

und hB sind positiv und sie addieren sich zu 1. Darausfolgt, dass hA zwischen hO und hB liegen muss.

Mit der Annahme, dass hO und hB voneinander unab-hängig sind, lässt sich zeigen, dass der Fehler �A derAnalyse gegeben ist durch

(4)

Wenn man die reziproken Werte der Fehler in Gl. (4)als Informationsgehalt oder Genauigkeiten ansieht,folgt dass durch die Kombination aus Beobachtung undBackground ein Zuwachs an Genauigkeit erreichtwird, die beiden Werte werden addiert. Der Fehler �A

der Analyse ist kleiner oder gleich dem kleinsten Wertvon �O oder �B. Falls �O und �B den identische Wert �besitzen,reduziert sich der Fehler �A der Analyse durchdie Kombination der beiden Informationen auf den

Wert�—

√2 . Für N Informationen gleicher Genauigkeit

führt dies zu dem klassischen Ergebnis, dass der Fehlerder Analyse mit der Wurzel aus der Anzahl derInformationen abnimmt.

5 Allgemeine Formulierung desAssimilationsproblems

Das einfache Beispiel aus Abschnitt 3 wird nunverallgemeinert auf ein realistisches Problem, bei demalle Freiheitsgrade eines Vorhersagemodells festgelegtwerden sollen mit Hilfe der verfügbaren Beobachtun-gen und des Hintergrundwissens. Die entsprechendenGleichungen lassen sich sowohl aus der Wahrschein-lichkeitsrechnung als auch aus der Variationsrechnungherleiten. Wir wählen hier in Analogie zum letzten

145W. Wergen: Datenassimilation – ein Überblick promet, Jahrg. 27, Nr. 3/4, 2002

Abb. 5-2: Das Prinzip der Datenassimilation für eine beliebigeVariable als Funktion der Zeit.

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Abschnitt die Formulierung als Variationsproblem. Esist zwar leider in der vollen Allgemeinheit nicht lösbar,bildet aber den gemeinsamen Ausgangspunkt verschie-dener Vereinfachungsstrategien und erlaubt so derendirekten Vergleich. Bei der allgemeinen Formulierungwerden sich zahlreiche Analogien zu dem einfachenBeispiel in Abschnitt 3 ergeben.

Gegeben seien die Beobachtungen, die wir in einemZeilenvektor y der Länge Ny zusammenfassen. y ent-hält alle Beobachtungen aus dem dreidimensionalenModellgebiet. Die Beobachtungen müssen nicht unbe-dingt den Modellvariablen wie Temperatur, Feuchte,Wind usw. entsprechen, es muss aber möglich sein, mitden Modellvariablen das entsprechende beobachteteGegenstück zu berechnen. Als Beispiel seien hier dievon den polarumlaufenden Satelliten gemessenenStrahldichten genannt, die auch aus den Modellwertenvon Temperatur und Feuchte simuliert werden können.Gesucht sind die Werte x einer Modellbasis. Daskönnen die Gitterpunktswerte der prognostischenVariablen eines Vorhersagemodells zu einem bestimm-ten Zeitpunkt sein. Die Länge Nx dieses Vektors istbeim GME 25,8 · 106 und sehr viel größer als dieDimension Ny des Beobachtungsvektors. Wir setzenferner voraus, dass eine Beziehung besteht zwischender Modellbasis x und den Beobachtungen y.

y = H(x) (5)

Die kursive Schreibweise von H soll andeuten, dass essich im allgemeinen um einen nichtlinearen Operatorhandelt,der die Modellbasis auf den Beobachtungsraumabbildet. Er wird auch als Vorwärts-Operator bezeich-net. Es kann sich um eine einfache räumliche Interpo-lation handeln, die von den Gitterpunkten des Modellsan die Beobachtungsorte transformiert. Bei spektralenModellen kann er auch eine Transformation von denWellenamplituden beschreiben. Ein Beispiel für einennichtlinearen Vorwärtsoperator wäre bei einem Beo-bachtungssystem, das nur den Betrag der Windge-schwindigkeit messen kann, dessen Berechnung aus denbeiden Windgeschwindigkeitskomponenten des Mo-dells.Bei indirekten Beobachtungen,wie z.B.bei den vonSatelliten gemessenen Strahldichten enthält H dieStrahlungsübertragungsgleichung zur Berechnung derStrahlungsflüsse aus den Modellvariablen Temperaturund Feuchte. Wenn der Vorwärtsoperator H linear ist,kann er als Matrix formuliert werden und Gl. (5) ist eineeinfache Matrizengleichung.

Unser Assimilationsproblem ist nun die Inversion vonGl. (5), d. h. die Bestimmung des wahrscheinlichsten xaus den Beobachtungen y. Dies stößt jedoch auf fol-gende prinzipiellen Schwierigkeiten:

• das Problem ist wegen Ny<<Nx hochgradig unter-bestimmt,

• das Problem ist wegen der Länge von x sehr groß,• der Operator H kann sehr komplex sein.

Wie im vorigen Abschnitt dargestellt, benötigen wirnoch Hintergrundinformation. Dazu führen wir analogzu hB den Zeilenvektor xb ein, der die Information überden Background enthält.Zu einer vollständigen Formulierung fehlen außerdemnoch die Fehler der bislang eingeführten Größen. DieBeobachtungen y sind mit verschiedenen Mess- undÜbermittlungsfehlern behaftet, der Vektor xb ist ebennur eine erste Näherung für die gesuchte Lösung undder Operator H ist im allgemeinen nicht genau be-kannt. Die zufälligen Fehler werden durch Kovarianz-matrizen ausgedrückt, die die quadratischen Abwei-chungen der einzelnen Größen von der (unbekannten)Wahrheit und deren Korrelationen untereinander ent-halten. Systematische Fehler sollten, soweit bekannt,bereits eliminiert sein. Für die Beobachtungen y defi-nieren wir:

O = < (y – yt) (y – yt)T > (6)

yt bezeichnet den wahren Wert einer Beobachtung, derIndex T bezeichnet transponierte Vektoren bzw.Matrizen und die Klammern <> deuten die Mittelungüber viele Realisationen an. Da es sich in Gl. (6) um eindyadisches Produkt eines Zeilenvektors mit seinerTransponierten handelt, ist die Matrix O der Kovarian-zen der Beobachtungsfehler symmetrisch und positivsemi-definit. Entsprechend formulieren wir den Fehlerdes Vorwärtsoperators H:

F = < (H(xt) – yt) (H(xt) – yt)T > (7)

F und O sind quadratische Matrizen der Ordnung Ny.Für den Fehler des Hintergrundes Xb definieren wir:

B = < (xb – xt) (xb – xt)T > (8)

B ist symmetrisch und positiv semi-definit. Die Ord-nung ist gegeben durch die Anzahl Nx der Freiheits-grade des Modells.

Mit diesen Definitionen können wir nun das Problemder Datenassimilation formulieren als die Suche nachdem absoluten Minimum von:

J(x) = 1/2{[y–H(x)]T[O+F]–1[y–H(x)]+[x–xb]TB–1[x–xb]} (9)

J ist ein Skalar, der den Abstand von x zu den Beobach-tungen y (erster Term in Gl. (9)) und vom Hintergrundxb (zweiter Term in Gl. (9)) angibt. Die beiden Termesind gewichtet mit den Inversen der Matrizen derKovarianzen der Hintergrund- bzw.der Beobachtungs-und Vorwärtsmodellfehler. Die Analogie zu Gl. (1) istoffensichtlich.Für die Lösung von Gl. (9) benötigen wirwiederum die Ableitung von J nach x, also den Gra-dienten �J. Dieser lässt sich formal berechnen zu:

�J = HTR–1[H(x) – y] + B–1[x–xb] (10)

146 W. Wergen: Datenassimilation – ein Überblick promet, Jahrg. 27, Nr. 3/4, 2002

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Zur Vereinfachung der Schreibweise haben wir dieSumme von O+F als R bezeichnet. In Gl. (10)bezeichnet H die Jacobi-Matrix mit den partiellenAbleitungen von H nach x. Im allgemeinen Fall einesnichtlinearen Vorwärtsoperators H wird H noch von xabhängen. Gl. (10) stellt demnach ein nichtlinearesSystem dar. Eine Lösung kann iterativ gesucht werden.Dazu entwickeln wir H in der Nähe von x=xb in einerTaylorreihe.

H(x) = H(xb+[x–xb]) ≈ H(xb)+Hb[x–xb] (11)

Die Notation Hb soll andeuten, dass die Jacobi Matrixausgewertet wird für x=xb. Eine notwendige Bedingungfür ein Minimum von J ist das Verschwinden des Gra-dienten. Durch Nullsetzen von Gl. (10) und Verwen-dung von Gl.(11) erhalten wir nach einigen Umformun-gen für den Vektor xa der analysierten Modellvariablen

xa = xb + [HbTR–1Hb + B–1]–1Hb

TR–1[y–H(xb)] (12)

Gl. (12) ist formal die Lösung unserer Assimilations-aufgabe. Sie ist die korrekte Lösung von Gl. (9), wenndie Approximation in Gl. (11) erfüllt ist, d. h. wenn H inder Nähe von xb linear von x abhängt. Ist dies nicht derFall,stellt xa nur eine vorläufige Lösung dar und Gl.(12)muss erneut ausgewertet werden für x=xa. DieserProzess wird dann bis zum Eintreten von Konvergenzfortgesetzt. Wenn H nichtlinear ist, besteht prinzipielldie Möglichkeit multipler Minima und die Konvergenzist nicht sichergestellt.

Der Hauptaufwand bei der Berechnung von Gl. (12)besteht in der Invertierung von Matrizen der OrdnungNx bei der ersten eckigen Klammer. Je höher die Auf-lösung des Modells, desto höher der Aufwand bei derBerechnung von Gl. (12). Andererseits hängt der Auf-wand nur unwesentlich von der Anzahl der Beobach-tungen ab.Gl.(12) ist die Basis für die dreidimensionaleVariationsanalyse (3D-Var).

Wenn man die Modellgleichungen als starke Neben-bedingungen nutzt, lässt sie sich analog auf die zeitlicheDimension ausdehnen. Gesucht wird dann ein xa, wel-ches J nicht nur zu einem spezifischen Zeitpunkt,sondern über einen Zeitbereich minimiert unter derAnnahme, dass alle Abweichungen zu den Beobach-tungen und zum Hintergrund durch Fehler in xa verur-sacht sind und nicht durch Modellfehler.

Durch Verwendung der Identität

HTR–1(HBHT + R) = (B–1+HTR–1H)BHT (13)

lässt sich Gl. (13) umformen in

xa = xb + BHbT[HbBHb

T + R]–1[y–H(xb)] (14)

Der Hauptaufwand bei der Berechnung von Gl. (14)besteht in der Inversion des ersten Ausdruckes in der

eckigen Klammer. Die Ordnung der dort auftretendenMatrizen hängt von der Anzahl Ny der genutzten Beo-bachtungen ab. Diese ist im allgemeinen viel kleiner alsdie Anzahl Nx der Freiheitsgrade der Modelle. Gl. (14)löst das Assimilationsproblem im Beobachtungsraumwährend Gl. (12) das identische Problem im Modell-raum löst. Keine der beiden Strategien kommt ohnezusätzliche weitere vereinfachende Annahmen aus.Diese Vereinfachungen variieren jedoch je nach ge-wählter Methode und daher ist das Endergebnis dannauch unterschiedlich. Das im GME des DWD genutzteVerfahren basiert auf Gl.(14).Es wird in Kapitel 6 näherbeschrieben. Das Variationsverfahren des EZMW gehthingegen zurück auf Gl. (12).Analog zu Gl. (4) lässt sichdurch Einsetzen von Gl. (12) oder Gl. (14) in dieDefinitionsgleichung für die Kovarianzmatrix A derAnalysenfehler zeigen, dass diese gegeben ist durch

A–1 = HTR–1H + B–1 (15)

Wiederum werden die Genauigkeiten addiert, derAnalysenfehler ist kleiner oder gleich dem Minimumvon Beobachtungs- und Hintergrundfehler unter derVoraussetzung, dass R und B positiv definit sind. Es seinoch erwähnt, dass für x=xA die zweiten Ableitung vonH nach x der Matrix A-1 entspricht, dass also gilt:� 2J=A-1. Am Minimum ist also die Krümmung derKostenfunktion ein Maß für den wahrscheinlichenAnalysenfehler.

6 Ausblick

Glen.(12) oder (14) lösen zunächst nur einen speziellenAspekt des Assimilationsproblems, nämlich die statis-tisch optimale Kombination des Wissens aus Hinter-grund und Beobachtung zu einem bestimmten Zeit-punkt. Die zeitliche Dimension ist nicht direkt in denFormalismus eingebracht und man kann fragen, ob dieeinfache Vorwärtsextrapolation zurückliegender In-formation mit dem Vorhersagemodell, wie in Abb. 5-2skizziert, wirklich ausreicht. Vielleicht brächte es jaeinen Gewinn, wenn man aus Vorhersagefehlern zumZeitpunkt n+1 auf Analysenfehler zum Zeitpunkt nschließen könnte und die Analyse zu diesem Zeitpunktentsprechend korrigieren würde. Dies ist in der Tat derGrundgedanke der vierdimensionalen Variationsana-lyse (4D-Var). Sie schließt die zeitliche Dimensionexplizit ein durch eine iterative Approximation derModelllösung an die Beobachtungen über einen Zeit-bereich von 6 oder 12 Stunden als Funktion des An-fangszustandes zu Beginn dieses Intervalls. Die Kos-tenfunktion J in Gl. (9) enthält also Beobachtungenund Modellwerte über ein Zeitintervall.Formal enthältH neben der Projektion vom Modell in den Beobach-tungsraum dann auch die Modellgleichungen. Siemacht allerdings in bisherigen operationellen Anwen-dungen (EZMW, Météo France) die weitgehendeAnnahme, dass Fehler im Modell nicht für Vorher-sagefehler verantwortlich sein können.

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Andererseits lässt sich zeigen (Kalman und Bucy 1961),dass zeitliches Zurückgehen in einem linearen Systemkeinen Sinn macht, denn bei Kenntnis aller erfor-derlichen Kovarianzmatrizen ist die Information durchGl. (12) oder Gl. (14) optimal ausgeschöpft und einerneutes Nutzen zurückliegender Beobachtungenbringt keinen Zusatzgewinn mehr. Das Verfahren derKalman-Bucy Filterung (KBF) stellt ein reines Vor-wärtsverfahren dar. Neben der Vorhersage des Hinter-grundes xb wird auch die Kovarianzmatrix B durch dasModell zeitlich fortgeführt. Die wesentliche Einschrän-kung in der Kalman-Bucy Filterung ist die Restriktionauf lineare Systeme. Welche der beiden Annahmen,fehlerfreies (4D-Var) oder lineares (KBF) Modell, inder Praxis weniger einschneidend ist, wird im Augen-blick kontrovers diskutiert.Für ein lineares, fehlerfreiesModell führen beide Ansätze zum gleichen Ergebnis.

Im Kern konzentrieren sich alle Entwicklungsarbeitenauf eine bessere Bestimmung der Kovarianzmatrix Bder Hintergrundfehler. Sie legt im wesentlichen fest,wie z. B. die Information einer isolierten Beobachtungvertikal und horizontal ausgebreitet wird und ent-scheidet somit über die endgültige Struktur derAnalyse. Ein Blick auf die Definitionsgleichung Gl. (8)verdeutlicht die Schwierigkeiten. Es werden die Ab-weichungen zur prinzipiell unbekannten Wahrheitgesucht und das auch noch gemittelt über viele Fälle.Selbst die Mittelung lässt sich vielfältig definieren.Mankann sich entwickelnde barokline Störungen, vollentwickelte Zyklonen, flache Hitzetiefs und stabileHochdruckgebiete alle in einen Topf werfen oder mankann versuchen, nur ähnlich gelagerte synoptischerSituationen miteinander zu kombinieren und eindynamisch angepasstes B zu definieren. Die 4D-Vargeneriert ein implizites B für das jeweils genutzteAssimilationsintervall, ist aber wegen der Kürze desIntervalls von 6 oder 12 Stunden auch auf die Spezi-fikation eines expliziten B zu Beginn des Intervallsangewiesen. Die KBF sagt B explizit vorher, jedoch istdas Verfahren bislang bei weitem zu aufwändig, umoperationell nutzbar zu sein. Gegenwärtige opera-tionelle Verfahren beruhen in der Regel auf einer starkvereinfachenden Vorschrift für die Berechnung von B,in die oft nur die Entfernung zwischen den Beobach-tungsorten eingeht und die die aktuelle meteorolo-gische Situation nicht berücksichtigt. Dass die Fest-legung von O und F ebenfalls nicht trivial ist, sei hiernur am Rande erwähnt.

Das Ergebnis der Datenassimilation sind intern konsis-tente Felder, die auf einem regelmäßigen Gitternetzvorliegen. Sie stellen vorgeblich eine Analyse deraktuellen Situation der Atmosphäre dar. Es ist dahernaheliegend, die Felder nicht nur zum Start derVorhersage, sondern auch für die Verifikation und fürdie Diagnostik atmosphärischer Prozesse zu nutzen.Dabei ist jedoch Vorsicht geboten. Wie hoffentlich indiesem Kapitel deutlich geworden ist, werden indatenleeren Gebieten die Analysen maßgeblich durch

Modellvorhersagen vom Vortermin bestimmt. Keinesder in der Datenassimilation genutzten Modelle ist freivon Fehlern und bei jedem Modell sind die Fehler-strukturen unterschiedlich. Daher spiegeln die Ana-lysen verschiedener NWV-Zentren in datenarmenGebieten weitgehend die Fehlerstruktur des jeweiligenModells wider. Als Beispiel zeigt Abb. 5-3 dieVertikalverteilung des zonalen Mitteles des Unter-schiedes zweier Analysen der Temperatur als Funktionvon Breite und Luftdruck, zeitlich zwischen Januar1979 und Februar 1994 gemittelt. Die Felder ent-stammen den Re-Analyse Projekten des EZMW unddes US-Wetterdienstes NCEP, die anfangs der neunzi-ger Jahre mit den neuesten Versionen der damals ver-fügbaren Assimilationsverfahren durchgeführt wurden.Selbst in diesen mehrfach gemittelten Größen zeigensich noch starke Unterschiede in den Tropen, derSüdhemisphäre und in der gesamten oberen Atmo-sphäre. Das augenblickliche Beobachtungssystem istalso offensichtlich nur in den mittleren nördlichenBreiten in der Lage, eine eindeutige Festlegung derzonal und zeitlich gemittelten Temperatur zu erlauben.Dies möge als Warnung dienen, dass selbst das aufwän-digste Assimilationsverfahren Beobachtungen nichtersetzen kann, es kann höchstens versuchen, sieoptimal zu nutzen.Am Ziel sind wir erst angekommen,wenn Abbildungen wie 5-3 von der weißen Farbebeherrscht sind. Bis dahin ist sicher noch ein langerWeg, und es wird nicht ohne zusätzliche, eindeutigeBeobachtungen hoher Qualität möglich sein.

Insgesamt hat die Datenassimilation innerhalb derNWV eine bedeutende Entwicklung erlebt. Zu Beginnvor etwa 50 Jahren wurde sie als lästige Zusatzaufgabeempfunden. Das Augenmerk galt damals der numeri-schen Formulierung der Modelle. Im Augenblick wirddas Problem der Festlegung des Anfangszustandes sehrstark betont. Das spiegelt sich auch wieder in derAnzahl der Veröffentlichungen zu diesem Thema. Mit

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Abb. 5-3: Vertikalverteilung der zeitlich und zonal gemitteltenDifferenzen der Temperaturfelder in K zwischen denRe-Analysen des EZMW und des US-WetterdienstesNCEP. Untersuchte Zeitspanne: Jan. 1979 – Feb. 1994,nach Kistler et al. 2001.

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dem Lehrbuch von R. Daley (1991) liegt erstmals eineumfassende Darstellung des Themas vor, die aberbereits jetzt nicht mehr auf dem neuesten Stand ist. DieAufnahme der Problematik in den Hochschulen ist inEuropa unterschiedlich ausgeprägt. In Deutschland istdas Thema leider bislang kein Schwerpunkt.

Für ein weiterführendes Studium sei auf die Vorle-sungsscripten des EZMW (2001) verwiesen. Eine guteEinführung in die Variationsmethode hat Schlatter(2000) veröffentlicht. Eine wichtige Arbeit, welche dieverschiedenen Methoden zur Assimilation miteinanderverknüpft, hat Lorenc (1986) veröffentlicht.

Nach dieser mehr allgemeinen Darstellung des Pro-blems der Datenassimilation befassen sich die nächstenbeiden Kapitel mit der konkreten Verwirklichung inden Modellen des DWD. Kapitel 6 beschreibt dieVerfahren für das globale Modell GME, währendKapitel 7 das Nudgingverfahren für das lokale ModellLM näher beschreibt. Dieser Beitrag enthält auch einekurze Darstellung des im LM genutzten Variations-verfahrens zur Bestimmung der Bodenfeuchte. AlleVerfahren lassen sich aus der allgemeinen Gl. (14)ableiten, legen aber das Gewicht auf unterschiedlicheGesichtspunkte und kommen so zu voneinander ab-weichenden Verfahren.So war es z.B.beim LM wichtig,eine Methode zu entwickeln, welche asynoptischeBeobachtungen in hoher räumlicher und zeitlicherAuflösung effizient nutzen kann, wie sie etwa aus demeuropäischen Raum vorliegen. Andererseits wurdebeim GME versucht, das bezüglich Quantität und

Qualität stark inhomogene globale Beobachtungs-system möglichst gut zu nutzen.Allerdings spielten beider Entscheidung über die Verfahren auch die im DWDzur Verfügung stehenden, äußerst knappen Personal-ressourcen eine Rolle.

Literatur

DALEY, R., 1991: Atmospheric Data Analysis, Cambridge Uni-versity Press, 455 S., ISBN 0-521-45825-0.

EZMW, 2001: Training Course Notes ‘Data assimilation and theuse of satellite data’. URL: http:/ /www.ecmwf.int./newsevents/training/rcourse_notes/DATA_ASSIMILATION/index.html

KALMAN,R.,R.BUCY,1961:New results in linear filtering andprediction theory.Trans.ASME, Ser. D, J. Basic Eng. 83, 95-108.

KISTLER, R. E., E. KALNAY, W. COLLINS, S. SAHA, G.WHITE, J. WOOLEN, M. CHELLIAH, W. EBISUZAKI, M.KANAMITSU, V. KOUSKY. H. VAN DEN DOOL, R.JENNE, M. FIORINO, 2001: The NCEP/NCAR 50-year Re-analysis: Monthly Means,CD-ROM and Documentation,.BullAmer. Meteor. Soc. 82, 247-268.

LORENC, A.C., 1986: Analysis methods for numerical weather prediction. Quart. J. R. Met. Soc. 112, 1177-1194.

SCHLATTER, T.W., 2000: Variational assimilation of meteoro-logical observations in the lower atmosphere:a tutorial on howit works. J. of Atm. and Solar-Terrestrial Physics 62, 1057-1070.

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1 Einleitung

Während Kapitel 5 das Problem der Datenassimilationund mögliche Lösungswege allgemein beschrieb, soll nunmit dem Assimilationsschema für GME eine konkreteImplementierung vorgestellt werden. Dabei wird klarwerden, welche weiteren vereinfachenden Annahmengemacht werden, um das Problem in einer vertretbarenZeit unter operationellen Bedingungen lösen zu können.

Das Gesamtkonzept für die vierte Generation der NWV-Kette des DWD entstand Anfang der neunziger Jahre.Es warvon Anbeginn klar, dass wegen der beschränkten Personal-kapazitäten nicht alle Komponenten gleichzeitig neu entwi-ckelt werden konnten. Daher wurde eine phasenweise Er-neuerung angestrebt,bei der zunächst die Vorhersagemodel-le im Vordergrund stehen sollten. Dieses Vorgehen bot sichauch deshalb an, weil zum damaligen Zeitpunkt neuere Ent-wicklungen bei der Datenassimilation,wie z.B.die Variations-assimilation, noch keine deutliche Überlegenheit gegenüberklassischen Verfahren zeigten und gegenüber den Planungenzeitlich stark verzögert waren.Mittlerweile haben Variations-verfahren jedoch speziell bei der Nutzung von neuen (undgenaueren) Satellitendaten zu spürbaren Fortschritten in derVorhersagequalität geführt. Daher soll im folgenden Beitragnicht nur das augenblickliche Assimilationsverfahren für dasGME dargestellt werden, sondern es wird auch aufgezeigt,wie die Verfahren in Zukunft weiterentwickelt werden sollen.

2 Überblick

Das Assimilationsverfahren für das globale Modell GME –wie übrigens auch für das lokale Modell LM – ist ein Vor-

wärtsverfahren, d. h. Beobachtungen werden nur einmal ge-nutzt. Es wird also nach Kalman und Bucy (1961) angenom-men, dass die Information in den Beobachtungen optimalausgeschöpft werden kann und dass ihr erneutes Verwendenkeinen zusätzlichen Gewinn bringen würde. Das Verfahrenfür das GME ist 6-stündig intermittierend und besteht ausden Schritten Analyse, Initialisierung und 6-Stunden Vor-hersage, die wiederum als Erste Näherung für die nächsteAnalyse dient.(Am 9.4.2002 wurde das Assimilationsinter-vall für das GME von 6 auf 3 Stunden reduziert.) Abb. 6-1stellt die Verfahren für das GME und das LM grafisch dar.Beim GME werden die Beobachtungen aus einem Zeit-fenster von ±90 min um den nominalen Analysenzeitpunktherum als synoptisch angesehen und für die Analyse genutzt.Beim LM hingegen fließen die Beobachtungen kontinuier-lich zum jeweiligen Gültigkeitstermin in die Analyse ein.Fürdas GME liegen Analysen demnach alle 6 Stunden vor,wäh-rend LM-Analysen kontinuierlich erstellt, aus praktischenGesichtspunkten aber nur stündlich ausgegeben werden.Diesenkrechten Pfeile in Abb. 6-1 deuten die stündliche Versor-gung des LM mit Randwerten des GME an.Die für die Assi-milation des GME genutzten Beobachtungen entsprechenden in Abb. 5-1 dargestellten Verteilungen.

3 Analyse des Massen- und Windfeldes

Die Analyse, also die Verknüpfung der Information ausErster Näherung und Beobachtungen für das Geopoten-tial und die beiden Windkomponenten erfolgt nach Gl.(14) in Kapitel 5. Das Analysenproblem wird also imBeobachtungsraum gelöst. Allerdings wird zur prakti-schen Lösung eine Reihe von vereinfachenden Annah-men getroffen:

150

W.WERGEN, M. BUCHHOLD

Datenassimilation für das Globalmodell GME6

promet, Jahrg. 27, Nr. 3/4, 150-155 (Juni 2002)© Deutscher Wetterdienst 2002

Abb. 6-1: Schematische Darstellung der Datenassimilation für GME (oben) und LM (unten).

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• Der Vorwärtsoperator H wird als linear vorausgesetzt.Die Matrix H und der Operator H sind somit identisch.Die Kostenfunktion J ist damit quadratisch und dieSuche nach deren Minimum reduziert sich auf dieLösung eines linearen Gleichungssystems. Iterationensind nicht erforderlich.

• Das globale Analysengebiet wird in eine Reihe von,Analysenboxen‘ aufgeteilt. Gl. (14) wird separat fürjede dieser Analysenboxen gelöst. Je Box könnenmaximal 500 Beobachtungen benutzt werden. Für jedeBox muss entschieden werden, welche Beobachtungengenutzt werden sollen.

• Die in der Matrix B benötigten Korrelationen der Fehlerder Ersten Näherung werden als isotrop und homogenangesehen, d. h. sie hängen nur von der Entfernung aberweder von der Richtung noch vom Ort ab. Sie werden alsProdukt aus einer vertikalen Strukturmatrix und ausReihenentwicklungen nach Besselfunktionen für diehorizontalen Abhängigkeiten formuliert. Die Korrela-tionen für das Geopotential entstammen Statistiken überNordamerika (Lönnberg und Hollingsworth 1986). Dieentsprechenden Werte für das Windfeld wurden unterNutzung der geostrophischen Beziehung hergeleitet(Hollingsworth und Lönnberg 1986). Eine Berücksich-tigung der jeweiligen synoptischen Situation erfolgt nicht.

Das so skizzierte Verfahren zur gemeinsamen Analysevon Masse- und Windfeld wird üblicherweise als drei-dimensionale, multivariate Optimale Interpolation (OI)bezeichnet. Eine umfassende Beschreibung findet sich beiShaw et al. (1987).

Mindestens ebenso wichtig wie die Analysenmethodeselbst sind die Verfahren zur Kontrolle der Qualität dergenutzten Beobachtungen. Längst nicht alle übermittel-ten Messungen sind nutzbar. Es können Codierungs-,Übermittlungs- und Messfehler auftreten. Weiterhinmüssen zwar korrekte, aber nicht repräsentierbare Werteausgeschlossen werden. Ein typisches Beispiel wäre einbodennaher Wind aus dem Oberrheintal, der jedoch imGME bei 55 km Auflösung prinzipiell nicht korrektsimuliert werden kann. Die Qualitätskontrolle in derglobalen Assimilation erfolgt in 3 Schritten:

1. Führen einer Schwarzen Liste mit Beobachtungen, dieüber lange Zeit auffällig waren. Stationen auf dieserListe werden nur passiv genutzt, d. h. sie werden zwarüberwacht, beeinflussen aber nicht die endgültigeAnalyse.

2. Vergleich mit der Ersten Näherung. Je nach Größe derAbweichung wird die Beobachtung in 4 verschiedeneQualitätsklassen eingeordnet. Ganz grobe Abweichun-gen führen bereits hier zum Ausschluss.

3. Vergleich mit einer Analyse für den jeweiligen Beo-bachtungspunkt, jedoch ohne dabei die zu prüfendeBeobachtung zu verwenden. Dabei fällt die endgültigeEntscheidung auch für Beobachtung, für die Schritt 2lediglich einen Verdacht meldete.

4 Analyse des Feuchtefeldes

Die Feuchte wird ebenfalls nach dem Verfahren der drei-dimensionalenOptimalen Interpolationanalysiert,allerdingsin einer univariaten Form,d.h.es wird nur die Feuchte selbstanalysiert und kein direkter Zusammenhang zu anderenVariablen hergestellt. Die Korrelationen der Fehler der Ers-ten Näherung werden durch eine Glockenkurve mit einerHalbwertsbreite von 300 km modelliert.Analysenvariable istdie relative Feuchte.Die Feuchte wird nur bis zur Tropopauseanalysiert, darüber wird eine konstante spezifische Feuchteangesetzt. Neben direkten Beobachtungen der Feuchtewerden auch noch Pseudo-Werte aus Beobachtungen fürWolken und Niederschlag erzeugt. Die Qualitätskontrollegeschieht analog zu den Verfahren für Masse und Wind.

5 Analyse bodennaher Felder

Neben den Feldern aus der freien Atmosphäre müssenauch noch einige bodennahe Parameter analysiert wer-den. Dies sind zum einem echte prognostische Variablen,wie die Schneedecke, oder sie ändern sich auf einer solangen Zeitskala, dass sie zwar während einer Vorhersageüber eine Woche konstant gehalten werden können, ihrjahreszeitlicher Gang aber durch eine eigene Analyseerfasst werden muss (Eisbedeckung und Oberflächentem-peratur der Meere). Der Einfachheit halber werden indiesem Abschnitt auch die entsprechenden Analysenver-fahren für das LM diskutiert, sofern sie von den GME-Methoden abweichen. Da die Analysenverfahren für diebodennahen Felder bisher in der externen Literatur wenigbeschrieben sind, soll hier etwas umfangreicher auf sieeingegangen werden.

5.1 Analyse der Schneehöhe

Die Höhe der Schneedecke wird sowohl in der GME- alsauch in der LM-Datenassimilation alle 6 Stunden analysiert.Ziel ist es, für jeden Land-Gitterpunkt eine Schneehöhe zubestimmen, die für das Gitterelement und insbesondere fürdie Höhe der Modellorographie repräsentativ ist.

Die wichtigsten Eingangsdaten sind die Schneehöhen-meldungen der SYNOP-Stationen, die über GTS verbrei-tet werden.Das Meldungsaufkommen ist sowohl räumlichals auch zeitlich sehr uneinheitlich und im allgemeinenunzureichend für die Analyse einer derart variablen Grö-ße. Daher werden neben den Schneehöhen auch Nieder-schlags- und Wettermeldungen der SYNOP-Stationen inder Analyse berücksichtigt. Bei Temperaturen unter demGefrierpunkt wird aus dem beobachteten 6-stündigenNiederschlag ein Schneehöheninkrement berechnet. AusWetterbeobachtungen, die Schneefall anzeigen, werdenmittels empirischer abgeleiteter Beziehungen, ebenfallsSchneehöhenzuwächse konstruiert. Andere Wetterbeo-bachtungen ergeben das Inkrement 0. Die Datenprüfungder Schneehöhen besteht aus einer Plausibilitätsprüfungund einem Vergleich mit der Voranalyse.

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Die Analysenmethode ist eine einfache gewichtete Mittelungder Beobachtungen.An jedem Gitterpunkt werden zur Mo-dellhöhe passende Beobachtungen aus der weiteren Umge-bung selektiert, wobei der Suchradius in der GME-Analyse330 km und in der LM-Analyse 200 km beträgt. Bei hoherDatendichte wird der Radius auf 200 bzw. 120 km reduziert.Die maximal zulässige Höhenabweichung zwischen dem zuanalysierenden Gitterpunkt und den Beobachtungsstationenist eine Funktion der Modellhöhe und nimmt mit der Höhezu.Bei 100 m Modellhöhe beträgt die zulässige Höhenabwei-chung nur 220 m, bei 1000 m Modellhöhe schon 600 m. Ineinem ersten Schritt werden die gewichten Mittel der Schnee-höhenbeobachtungen und der aus Wettermeldungen abgelei-teten Schneehöheninkremente getrennt berechnet.Die Beo-bachtungsgewichte sind eine Funktion der horizontalen undvertikalen Abstände zwischen Stationen und Gitterpunkt.Eshängt nun von der Datendichte ab, wie der Analysenwertletztlich bestimmt wird. Ist die Gewichtssumme der Schnee-höhenbeobachtungen größer als ein vorgegebener Schwell-wert,dann wird das gewichtete Mittel dieser Beobachtungenals neuer Analysenwert genommen. Reichen die direktenSchneehöhenmeldungen nicht aus, wird das Mittel derSchneehöheninkremente und eventuell auch die Modellvor-hersage in die Berechnung des Analysenwertes mit einbe-zogen.Dazu wird zunächst das Inkrement auf die Voranalyseaddiert und eventuell ein Abschmelzbetrag subtrahiert. DieModellvorhersage kommt immer dann zum Tragen,wenn nursehr wenige oder gar keine Beobachtungen vorliegen.

Seit März 2001 wird als Zusatzinformation die Schneeanalyseder Satellite Analysis Branch (SAB) bei der NOAA berück-sichtigt.Die Analyse basiert auf Bilddaten der geostationärenund polarumlaufenden Satelliten im sichtbaren Spektralbe-reich sowie auf DMSP-Mikrowellendaten und Bodenbeo-bachtungen.Das Feld wird täglich erstellt und deckt die Nord-hemisphäre bei einer Auflösung von etwa 45 km ab. URL:http://www.ssd.noaa.gov/PS/SNOW/index.html. Der Haupt-vorteil dieses Produkts ist,dass in Gebieten,für die nur wenigeoder gar keine in situ Schneehöhenbeobachtungen über GTSverbreitet werden, verlässlichere Analysen erstellt werdenkönnen. In der GME-Analyse werden einmal täglich dieHintergrundfelder, nämlich Voranalyse und Prognose derSchneebedeckung, an die NOAA-Analyse angepasst. Damitkommt die NOAA-Analyse nun überall dort zum Tragen,woes kaum Schneehöhenbeobachtungen gibt, wie in den USAund Teilen Asiens. In anderen Gebieten, wie z. B. in Europa,basiert die Analyse weiterhin größtenteils auf den SYNOP-Schneehöhenbeobachtungen.

5.2 Analyse von Wassertemperatur und Eisbedeckung

Die Analyse wird einmal täglich für den 00 UTC Termindirekt im GME- und LM-Gitter gerechnet.Der erste Schrittist die Festlegung der Eisbedeckung. Dazu werden externeEisbedeckungs-Analysen herangezogen und in das jeweiligeModellgitter interpoliert. Für die GME-Analyse wird dieglobale Eisbedeckung der Ocean Modelling Branch desNCEP verwendet. Diese Analyse basiert auf SSMI-Satelli-tendaten, wird täglich aktualisiert und liegt in einer Auflö-

sung von 0,5° x 0,5° vor (Grumbine 1996). Für das LM wirddie Ostsee-Eisanalyse des BSH benutzt,die einmal wöchent-lich erneuert wird. Die Auflösung beträgt in Nord-Süd-Richtung 0,1° und in West-Ost-Richtung 0,1666°. Die Tem-peraturen der Eisoberfläche werden aus EZMW-Klimafel-dern abgeleitet. Dies ist ein offensichtlicher Schwachpunkt,da die tatsächlichen Temperaturen beträchtlich vom Klimaabweichen können. Besser wäre es, wenn die Temperaturenüber Eis im Modell durch Lösen einer Energiebilanzglei-chung aktuell berechnet würden.

Zur Analyse der Wassertemperaturen wird ein Korrektions-verfahren (Cressman 1959) benutzt. Bei dieser rein nume-rischen ad-hoc-Methode wird eine Erste Näherung mitHilfe der Beobachtungen korrigiert. In der globalen Ana-lyse wird als Erste Näherung die täglich aktualisierte 1° x 1°-SST-Analyse des NCEP benutzt. Ein Vorteil deramerikanischen Analyse ist,dass neben den in situ Beobach-tungen auch Satellitendaten verwendet werden, derensystematische Fehler in einer spezieller Vorverarbeitungkorrigiert werden (Reynolds und Smith 1994). AlsHintergrundfeld in der LM-Analyse wird die aktuelleGME-Analyse verwendet. Als Datenbasis werden alleverfügbaren Schiffs- und Bojen-Beobachtungen der letzten6 Tage herangezogen. Geprüft werden die Daten gegen dieErste Näherung und gegen die umliegenden Beobach-tungen anderer Stationen. Redundante Daten werdeneliminiert. Für jeden Gitterpunkt wird schließlich dasgewichte Mittel aller Beobachtungsinkremene aus einemUmkreis mit dem Radius R um den Gitterpunkt berechnet.Die Gewichte sind abhängig vom Gitterpunktsabstand,vomAlter der Beobachtung und vom Beobachtungstyp. DerEinflussradius R beträgt in der GME-Analyse 430 km undin der LM-Analyse 200 km. Der Näherungswert wirdschließlich mit dem mittleren Beobachtungsinkrementkorrigiert.

6 Initialisierung

Im Prinzip stehen nun alle Informationen bereit, um eineVorhersage zu starten. Dies ist auch ohne Weiteres möglich,jedoch wird man in den vorhergesagten Feldern desBodendruckes und der Vertikalgeschwindigkeit unerwünsch-te hochfrequente Schwingungen feststellen. Diese Schwin-gungen werden auch als meteorologischer Lärm bezeichnet.Er wird zwar im Laufe einer längeren Vorhersage im Modellgedämpft, jedoch würde er in der Datenassimilation negativeAuswirkungen haben, denn in den dort verwendeten Kurz-fristvorhersagen sind die Schwingungen noch nicht genügendgedämpft. Speziell bei der Qualitätskontrolle kann dies zufalschen Entscheidungen führen, die dann letztlich zu einerVerschlechterung der Vorhersage führen würden.

Die Ursache für den Lärm sind subtile Verletzungen vonGleichgewichtsbedingungen zwischen Masse- und Windfeldin der Analyse. Diese können durch das Analysenverfahrenund/oder durch die Beobachtungen selbst verursacht wordensein.Zur Dämpfung des meteorologischen Lärms wird in denNWV-Modellen ein Initialisierungsverfahren eingesetzt. Im

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GME wird ein digitaler Filter (Lynch et al. 1996) benutzt. Erdämpft alle Schwingungen mit Perioden, die kürzer sind alsein festgelegter Schwellwert von zur Zeit 3 Stunden. BeimStart des GME wird zunächst 3 Stunden adiabatisch in dieVergangenheit gerechnet und dann mit dem digitalen Filterdiabatisch wieder vorwärts zum ursprünglichen Analysen-zeitpunkt. Es werden allerdings nicht die vollen Felder ge-filtert, sondern nur die Änderungen, welche die Analyse ander Ersten Näherung angebracht hat. Der Filter ist imvertikalen Normalmodenraum formuliert und nur die ersten10 Moden werden beeinflusst. Dadurch wirkt er haupt-sächlich in der freien Atmosphäre.Bodennahe Felder bleibenweitgehend unberührt.

7 Der Orkan ,Lothar‘ – oder die Bedeutung derDatenassimilation

Kurz nach der offiziellen Einführung der neuen Modell-kette am 1.Dezember 1999 kam es im Zusammenhang mitden schweren Stürmen über Weihnachten zu gravieren-den Fehlvorhersagen der Modelle des DWD.Während ei-nige längerfristige Vorhersagen korrekt auf eine intensiveEntwicklung hingewiesen hatten, fehlte insbesondere inden 24-Stunden Vorhersagen vom 25. 12. 1999, 12 UTC einkorrektes Signal.

Abb.6-2a zeigt die 24-stündige operationelle Vorhersage desLokal-Modells LM für den 26. 12. 1999, 12 UTC. Dargestelltsind die Isobaren des Bodendrucks in Meereshöhe in hPasowie die maximalen Windgeschwindigkeiten in 10 m Höhein m/s. Beobachtet zu diesem Zeitpunkt war ein Kerndruckvon 974 hPa knapp nordöstlich von Frankfurt. In Karlsruhewurden zu diesem Zeitpunkt Böen mit 40 m/s gemessen.Dasoperationelle LM hatte weder die Position noch die Stärkedes Sturms korrekt vorhergesagt.

Unmittelbar nach dem Ereignis wurden umfangreiche Un-tersuchungen durchgeführt, um die Ursachen dieser Fehl-vorhersage zu verstehen.Es stellte sich rasch heraus,dass dasLM unschuldig war. Vielmehr lag die Ursache in einer feh-lerhaften Randsteuerung durch das globale Modell GME.Abb. 6-2b zeigt eine Vorhersage des LM mit der Randsteue-rung aus einen experimentellen Lauf des GME. Am LMselbst und an seiner Datenassimilation wurde nichts geän-dert.Allein über die Randsteuerung wird die Vorhersage indiesem Fall dramatisch verbessert. Das Tief liegt an der kor-rekten Position und die Maxima der Windgeschwindigkeitsind gut vorhergesagt.

Was war nun die Ursache für die fehlerhafte Randsteuerungdurch das GME? Nach längeren Untersuchungen stellte sichheraus, dass die Nutzung der Beobachtungen in der Daten-assimilation der kritische Parameter war. Wie die meistenNWV-Zentren, nutzte der DWD in der intermittierendenDatenassimilation des GME zunächst die Beobachtungenmit einem Zeitfenster von ±3 Stunden um den jeweiligenAnalysenzeitpunkt. Der dadurch verursachte Fehler ist imallgemeinen klein und wird ausgewogen durch eine höhereRedundanz in den Beobachtungen, die eine bessere Quali-

tätskontrolle und Nutzung der Beobachtungen erlaubt.Aller-dings steigt der Fehler mit der Auflösung des Modells und mitder Intensität der aktuellen Entwicklung in der Atmosphäre.

Beim DWD kam noch erschwerend hinzu, dass zum fragli-chen Zeitpunkt länger als bei anderen Diensten auf herein-kommende Beobachtungen gewartet wurde. Dies hatte u.a.zur Folge, dass ein Nachstart der Radiosonde ,Sable Island‘(44 °N, 60 °W) in der Analyse für den 24.12.1999, 12 UTCbenutzt wurde. Dieser wurde notwendig, weil der ersteAufstieg nicht die erforderliche Höhe erreicht hatte. Gemäßder Vorschrift wurde er als Korrektur des ersten Aufstiegesmit dem identischen Gültigkeitsdatum von 12 UTC verbrei-tet.Aus der Meldung war nicht zu erkennen,wann die Sondeaufgestiegen war. Erst durch nachfolgende Korrespondenzmit dem kanadischen Wetterdienst wurde ermittelt, dass der2. Aufstieg mit einer Verzögerung von 114 min erfolgte. Ererfasste eine deutlich andere atmosphärische Situation indem für den späteren Orkan kritischen Entstehungsgebiet.Dies hatte zur Folge, dass der Lauf mit einem früherenRedaktionsschluss für eingehende Beobachtungen den Or-kan besser vorhersagte als die später durchgeführte Vorher-sage, in deren Startanalyse noch zusätzliche Beobachtungen,u.a. der Nachstart von ,Sable Island‘, aufgenommen wordenwaren.Andere Wetterdienste waren von dem Problem weni-ger betroffen, da sie durchweg mit kürzeren Cut-off Zeitenarbeiten. Eine ausführlichere Diskussion des Themas findetsich unter http://www.dwd.de/research/lothar/lothar.html.

Die Untersuchungen zu Lothar machten deutlich, dass in derGME-Assimilation die Zuordnung der Beobachtungen zu denAnalysenterminen verbessert werden musste. Als erste Maß-nahme wurde das Zeitfenster für Beobachtungen von ±180 auf±90 min reduziert. Den Erfolg dieser Änderung demonstriertAbb. 6-3b. Sie zeigt rechts eine 24-Stunden Vorhersage desGME vom 25. 12. 1999, 12 UTC für den Bodendruck in Pa(durchgezogen) und die maximalen Windgeschwindigkeiten inm/s.Der Vorhersage vorausgegangen ist eine Datenassimilationvom 22.12.1999,00 UTC bis 24.12.1999,12 UTC mit einem auf90 min reduzierten Zeitfenster für Beobachtungen. Er wurdealso lediglich der Datenbankaufruf für Beobachtungen modi-fiziert, sowohl das Assimilationsverfahren als auch das GMEblieben dagegen unverändert. Diese einfache Maßnahmeentschied jedoch über Erfolg oder Misserfolg.Mit dem kurzenZeitfenster ergab sich eine sehr gute Vorhersage der tatsächlicheingetroffenen Verhältnisse. Die Felder aus diesem Lauf dien-ten zur Randsteuerung des LM für die in Abb.6-2b dargestellteVorhersage.Offensichtlich übernahm das LM zum großen Teildie Lösung des GME,erbrachte aber insbesondere im Windfeldnoch einen erheblichen Zugewinn an Realität.Verfolgt man denUnterschied zu der fehlgeschlagenen operationellen Vorhersagezurück zum Starttermin, so ergibt sich mitten auf dem Atlantikeine ausgeprägte Differenz in den bodennahen Feldern, in derHöhe sind die Unterschiede eher unauffällig.Abb.6-3a zeigt dieDifferenz im Geopotential in m2/s2 der 1000 hPa Fläche (farbig)und der Temperatur in K (durchgezogen) zwischen dem expe-rimentellen Lauf mit reduziertem Zeitfenster und dem opera-tionellen Lauf. Bemerkenswert ist die für eine barokline Ent-wicklung günstige Phasenverschiebung zwischen Temperatur-und Geopotentialfeld.Innerhalb des nächsten Tages wird diese

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Abb. 6-2: a) Operationelle 24h-Vorhersage des LM für den 26.12.1999,12 UTC des Luftdrucks (durchgezogen) in hPa und der maximalenWindgeschwindigkeit in 10 m Höhe (farbig) in m/s. Zu Orientierung ist die 800 m Isohypse der Orographie eingezeichnet.

b) wie a) jedoch mit Randsteuerung durch GME, das in der Assimilation ein auf ±90 min reduziertes Zeitfenster fürBeobachtungen nutzte (siehe auch Abb. 6-3b).

Die Zahlen an den linken und unteren Bildrändern geben die [x,y]-Numerierung der Gitterpunkte wider.

(a) (b)

Abb. 6-3: a) Differenzen des Geopotentials in m2/s2 (farbig) und der Temperatur in K (Isothermen) auf der 1000 hPa Fläche zwischeneiner Assimilation mit einem Zeitfenster von ±90 min und dem operationellen Zeitfenster von ±180 min am Ende einer GME-Assimilation vom 22. 12. 1999, 00 UTC bis 25. 12. 1999, 12 UTC.

b) Auf NN reduzierter Luftdruck (durchgezogen) in hPa und maximale Windgeschwindigkeit (farbig) in 10 m Höhe in m/s einerexperimentellen 24h-Vorhersage des GME für den 26. 12. 1999, 12 UTC, gestartet von einer Assimilation mit einem auf ±90 min reduzierten Zeitfenster für Beobachtungen.

(a) (b)

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Störung eine Distanz von mehr als 1000 km zurücklegen undbeim Einklinken in das divergente Ende des Strahlstromes zueiner katastrophalen Entwicklung führen.

Das kürzere Zeitfenster, wie in Abb. 6-1 bereits dargestellt,wurde am 3.5.2000 operationell eingeführt.Vorausgegangenwaren Tests, die bestätigten, dass auch die Vorhersagenanderer Sturmereignisse, wie etwa des Orkans Anatol am3.12.1999, verbessert wurden. Insgesamt bestätigten dieseUntersuchungen die Bedeutung der Datenassimilation fürdie Qualität der Vorhersagen. Es bleibt zu hoffen, dass dieseErkenntnis auch zu Konsequenzen hinsichtlich Forschungs-schwerpunkten in Deutschland führen wird.

8 Ausblick

Bedingt durch die phasenweise Erneuerung des Vorhersage-systems des DWD, bei der die Entwicklung der Modellezunächst den Vorrang erhielt, ist das Assimilationsverfahrenfür das GME nicht mehr auf dem neusten Stand.Auch durchdie häufig notwendige Anpassung der operationellen Ver-fahren an neue Rechnerarchitekturen und an neue Software-umgebungen ist eine gewisse Verzögerung bei der inhalt-lichen Weiterentwicklung eingetreten. Im Folgenden sollendie kurz-,mittel- und längerfristig geplanten Verbesserungenkurz dargestellt werden.

Ein offensichtlicher Schwachpunkt des augenblicklichen Ver-fahrens für GME ist die unvollständige Nutzung der Beo-bachtungen. Messungen, welche ±90 min um die Zwischen-termine 03, 09, 15 und 21 UTC vorliegen, werden im augen-blicklichen Schema nicht genutzt. Experimente mit einem3-stündigen Assimilationszyklus für GME stellen diesenMangel ab und führen zu einer Steigerung der Vorhersage-qualität. Der kürzere Zyklus soll Anfang 2002 operationelleingeführt werden. Damit ist ein wichtiger Schritt zur besse-ren Nutzung asynoptischer Beobachtungen getan.

Die Formulierung der Matrizen R der Beobachtungs- und Bder Hintergrundfehlerkovarianzen entstammt in wesentli-chen Teilen noch aus dem alten globalen Vorhersagesystemdes DWD. Mittlerweile konnten jedoch die entsprechendenStatistiken für GME aufgesammelt werden, um die entspre-chenden Fehler (Diagonalelemente von R und B) neu abzu-schätzen und die Strukturfunktionen für die Korrelationenanzupassen.Ebenfalls geplant für das Jahr 2002 ist eine Über-arbeitung der Qualitätskontrolle für Beobachtungen.

Ein prinzipieller Mangel des augenblicklichen Verfahrenssind die Probleme, die mit der Nutzung nichtlinear von denModellvariablen abhängenden indirekten Beobachtungenverbunden sind. So müssen die von Satelliten gemessenenStrahldichten zunächst in Temperatur- und Feuchteprofileumgerechnet werden. Dieser Schritt ist wegen der nichteindeutig invertierbaren Strahlungsübertragungsgleichungfehleranfällig und kann durch ein Variationsverfahrenumgangen werden. Hier dient dann die Erste Näherung desModells als Hilfe bei der Festlegung der wahrscheinlichstenTemperatur- und Feuchteprofile. Ein weiterer Vorteil eines

Variationsverfahrens ist den Entfall der Datenselektion. Dasglobale Problem wird als ein einziges, sehr großes Mini-mierungsproblem gelöst, die Unterteilung in zahlreicheBoxen entfällt. Im Augenblick wird ein komplett neuesVariationsverfahren für GME entwickelt. Es soll eineeffiziente Nutzung der zukünftigen spektrometrischen Datender neuen Satelliten erlauben.

Die Qualität jedes Assimilationsverfahrens hängt entschei-dend von der Formulierung der Kovarianzmatrix B der Hin-tergrundfehler ab. Bisher sind alle operationell eingesetztenAnsätze statisch, d. h. sie berücksichtigen nicht die aktuellemeteorologische Situation.Die Kalman-Bucy Filterung zeigteinen Weg zur dynamischen Bestimmung von B auf, leider istdas Verfahren jedoch zu aufwändig für eine operationelleAnwendung. Mit dem Ensemble Kalman Filter (Evensen1994) wurde in der Ozeanographie ein mögliche Alternativeaufgezeigt. Der Grundgedanke besteht in dem parallelenBetrieb vieler Datenassimilationen. Aus Streuungen derverschiedenen Kurzfristvorhersagen lassen sich Hinweise fürdie Formulierung eines dynamisch angepassten B herleiten.Auf diese Weise würde auch eine natürliche Verbindung zwi-schen Datenassimilation und Ensemble Vorhersagen zurAbschätzung der Zuverlässigkeit geschaffen. Dies ist jedochein umfangreiches Forschungsthema, welches sicher erstlängerfristig zu praktischen Implementierungen führen wird.

Literatur

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1 Einleitung

Für das LM wurde ein neues Datenassimilations-schema entwickelt. Der Grund war, dass das beimDeutschen Wetterdienst für das jetzige globale ModellGME und die früheren Ausschnittsmodelle verwendeteAssimilationsverfahren, die im Kapitel 6 diskutierteOptimale Interpolation, Schwächen aufweist in Bezugauf die Anforderungen des LM. Diese werden imwesentlichen bestimmt durch die hohe Auflösung desModells und durch das Ziel, das Modell in Zukunftauch im Nowcasting-Bereich einsetzen zu können.Daraus folgt wiederum, dass vermehrt asynoptischeund hochfrequente Beobachtungsdaten (z. B. Flug-zeugdaten und Fernerkundungsdaten) genutzt werdenmüssen. Dafür sind 3-dimensionale Verfahren eherungeeignet, da entweder der Zeitpunkt solcher Beo-bachtungen nur ungenau berücksichtigt bzw. nur einTeil der Daten benutzt werden kann, oder das Analyse-verfahren sehr häufig angewendet werden muss (z. B.stündlich). Letzteres ist mit erhöhtem Rechenaufwandverbunden, und kann zu Schwierigkeiten führen, wennzu asynoptischen Zeitpunkten die Datenbedeckungsehr inhomogen und gering ist. Ein weiteres, dasResultat des Verfahrens sehr stark bestimmendesMerkmal bisheriger Implementationen der OptimalenInterpolation ist die Verwendung der geostrophischenApproximation (in den Kovarianzen des Hintergrund-fehlers B, vgl. Kapitel 5), die auf der durch das LMabgedeckten meso-�-Skala jedoch nur noch beschränk-te Gültigkeit hat. Infolgedessen bieten 4-dimensionaleDatenassimilationsverfahren, bei denen die Modell-dynamik direkt im Assimilationsprozess verwendetwird, potentielle Vorteile. Das 4-dimensionale varia-tionelle Datenassimilationsverfahren (4DVAR) ist fürdie Anwendung auf das LM zu aufwändig, insbeson-dere was den Rechenaufwand betrifft, unter Berück-sichtigung der kurzen, für die Erstellung einer Analyseverfügbaren Zeit.Aus diesen Gründen wurde der Entwicklung einesSchemas basierend auf der Nudging-Methode für dieBestimmung der Anfangsfelder in der Atmosphäre derVorzug gegeben. Für die Ermittlung des Anfangs-zustandes einiger Erdoberflächen- und Bodenfelderwerden zusätzlich 2-dimensionale intermittierendeAnalysenschemata angewendet. Dabei handelt es sichum eine 6-stündliche Schneeanalyse, eine täglicheMeerestemperatur- und Eisgrenzenanalyse (siehe Ka-pitel 6), sowie eine tägliche variationelle Boden-feuchteanalyse. In den beiden Abschnitten 2 und 3 wirddas Nudging-Schema vorgestellt und das Konzept fürdie Bodenfeuchteanalyse umrissen.

2 Das ,Nudging‘-Verfahren

2.1 Konzept

Bei der Methode des Nudging (Anthes 1974; Daviesund Turner 1977; Stauffer und Seaman 1990), zuübersetzen als stupsen oder leicht anstoßen, und auchals Newtonsche Relaxation bezeichnet, werden dieprognostischen Variablen des Modells innerhalb einesZeitfensters gegen vorgegebene Werte relaxiert. ImKontext der Datenassimilation sind diese Werte 2- oder3-dimensionale Analysen, oder, wie beim hier ent-wickelten Schema, direkte Beobachtungen. Letzteresist wesentlich vorteilhafter bei asynoptischen Beobach-tungen (Stauffer und Bao 1993) und hochauflösendenModellen (Stauffer und Seaman 1994). Dabei wird einRelaxationsterm in die prognostischen Gleichungeneingeführt, so dass die zeitliche Entwicklung der prog-nostischen Variable �(x,t) gegeben ist durch:

(7.1)

Dabei bezeichnet F die Modelldynamik und physikali-schen Parametrisierungen, �k den Wert der k-ten denGitterpunkt x zur Zeit t beeinflussenden Beobachtung,xk den Ort dieser Beobachtung, G� den sogenanntenNudging-Koeffizienten (eine Konstante),und Wk ein imallgemeinen zwischen 0 und 1 variierendes, beobach-tungsabhängiges Gewicht. Ohne Dynamik und Physikund bei konstantem Wk würde sich damit für eineeinzelne Beobachtung der Modellwert am Ort der Beo-bachtung exponentiell asymptotisch dem Beobach-tungswert annähern, wobei die für diesen Relaxations-prozess charakteristische Zeitskala bestimmt wirddurch den Koeffizienten G�. Dieser ist so gewählt, dassdie Abweichung des Modellwerts zum beobachtetenWert sich (für Wk = 1) innerhalb einer knappen halbenStunde auf 1/e verringern würde.In der praktischen Anwendung bleibt damit derNudging-Term meist kleiner als die größten Terme derDynamik und Physik, und darauf beruht die grund-sätzliche Idee des Verfahrens: Die Modellfelder sollengegen die Beobachtungswerte hingezogen werden, ohnedass das modellinterne dynamische Gleichgewichtwesentlich gestört wird. Die Kopplung zwischen denÄnderungen im Massen- und Windfeld erfolgt dabei inerster Linie implizit durch die Modelldynamik. Fallsdieser Assimilationsprozess erfolgreich ist, sind dieModellfelder zu Beginn der Vorhersage in der Nähe desdynamischen Gleichgewichts. Ohne dass eine Initiali-

C. SCHRAFF, R. HESS

Datenassimilation für das LM 7

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sierung nötig ist, werden dadurch sogenannte Spin-up-Effekte (eine Art Einschwingen des Modells) deutlichreduziert gegenüber 3-dimensionalen Analysenmetho-den, wo ausschließlich diagnostische Beziehungen (z. B.Geostrophie) für diese Kopplung zwischen Massen- undWindfeldänderungen sorgen (vgl. Kapitel 6).Die Faktoren Wk bestimmen die relativen Gewichte,mit welchen die einzelnen Beobachtungen einen be-stimmten Modellgitterpunkt beeinflussen sollen. Füreine einzelne Beobachtung setzt sich dieses Gewicht(wk) aus 4 Faktoren zusammen, nämlich der Qualität(und Repräsentativität) der Beobachtung (�k), derhorizontalen (wxy) und vertikalen (wz) Distanz sowieder zeitlichen (wt) Differenz zwischen Beobachtungund Zielgitterpunkt. Wenn eine zunehmende Anzahlvon Beobachtungen einen Gitterpunkt beeinflusst,sollte das gesamte Nudging-Gewicht beschränkt blei-ben, damit der Nudging-Term gegenüber der Dynamiknicht dominierend wird. Dies wird erreicht, indem dasindividuelle Gewicht wk durch ein relatives Gewichtergänzt wird (Benjamin und Seaman 1985):

(7.2)

Dieser einfache Ansatz ist darauf angelegt, die Gradien-ten der analysierten Felder zu verbessern,und ist deshalboft verwendet worden (Stauffer und Seaman 1990).Allerdings wird damit nur die Beobachtungsdatendichteam Zielgitterpunkt berücksichtigt, nicht jedoch die rela-tive Position der Beobachtungen zueinander wie etwa inder Optimalen Interpolation. Dazu müsste mit erhebli-chem Mehraufwand die Datendichte an den Beobach-tungspunkten vorher bestimmt werden und in den Quali-tätsfaktor �k eingehen (Lorenc et al. 1991).Aus Gl. (7.1) ist ersichtlich,dass das Verfahren im Prinzipaus 2 Hauptschritten besteht.Der erste Schritt ist die Be-rechnung der Beobachtungsinkremente (Differenz zwi-schen Beobachtung und Modellwert), bzw. aller übrigenam Beobachtungsort lokal berechenbaren benötigtenInformation. Dies ist normalerweise verbunden mitInterpolationen,und schließt eine Qualitätskontrolle derBeobachtungen mit ein. Im zweiten Schritt werden danndie Gewichte berechnet und die Inkremente zu den Mo-dellgitterpunkten ausgebreitet. Vor der Addition zu denModellfeldern werden diese Inkrementfelder schließlichnoch in 3 zusätzlichen Schritten teilweise explizit balan-ciert. In der Notation von Kapitel 5 entsprechen die Beo-bachtungsinkremente dem Term [y-H(xb)] und die nach-folgenden Schritte ganz grob den die FehlerkovarianzenB und R enthaltenden Termen der Gl. (5.12).Neben der konzeptuellen Einfachheit, relativ einfachenImplementierbarkeit, und weiteren aus der Einleitungfolgenden Vorteilen sei auch auf Nachteile der Methodehingewiesen.Erstens gibt es im Gegensatz zur OptimalenInterpolation und den variationellen Methoden keinenmathematischen Formalismus zur Bestimmung einertheoretisch optimalen Lösung. Als Folge davon gibt eseinige freie Parameter, für deren Spezifikation theoreti-

sche Überlegungen nur grobe Anhaltspunkte liefern,undfür die daher in relativ aufwändigen Tuning-Experimen-ten geeignete Werte gefunden werden müssen.Zweitens können weder die vor allem bei Fernerkun-dungsdaten auftretenden Korrelationen der Beobach-tungsfehler (in R) noch die in die nichtdiagonalen Ele-mente von B eingehenden Korrelationen der statisti-schen Fehler von verschiedenen Modellfeldern imNudging-Term berücksichtigt werden.Letzteres ist aller-dings nur für diejenigen Skalen von Nachteil, wo die fürdie Spezifikation dieser nichtdiagonalen Elemente übli-cherweise verwendeten diagnostischen Beziehungen wieetwa die Geostrophie gute Näherungen sind.Im Nudgingsorgt der Einbezug der Dynamik in den Assimilations-prozess implizit für eine zwar unvollständige, jedoch alleSkalen im Modell umfassende Kopplung der Modell-feldänderungen. Dies kann, wie bereits erwähnt, je nachSituation auch vorteilhaft sein, namentlich für die Meso-skala und in Gebieten mit hoher Beobachtungsdichte.Überdies können diagnostische Beziehungen wenigstensteilweise in zusätzlichen Balancierungsschritten expliziteinbezogen werden.Der dritte und wohl gravierendste Nachteil besteht darin,dass aus jeder Beobachtungsinformation explizit Beo-bachtungsinkremente in Einheiten der prognostischenModellvariablen gebildet werden müssen. Während beiden variationellen Methoden beispielsweise die Abwei-chung der gemessenen Radarreflektivität von einem ausden Modellfeldern abgeleiteten Reflektivitätswert direktbenutzt werden kann, muss beim Nudging oder bei derOptimalen Interpolation aus gemessenen Radarreflek-tivitäten oder gemessenem Niederschlag (bzw. Nieder-schlagsbeobachtungsinkrementen) auf (Änderungenvon) Temperatur,Feuchte,und Wind geschlossen werden(um Temperatur-, Feuchte-, und Windinkremente zuerhalten). Letzteres ist meist schwieriger, mit sehr vielmehr Annahmen verbunden und deshalb im allgemeinenwesentlich ungenauer.

2.2 Einige Aspekte der Implementierung

Assimilierte Beobachtungen

Zur Zeit werden folgende Beobachtungsdaten opera-tionell assimiliert:

• Radiosondendaten in Form von TEMP- oderPILOT-Meldungen: horizontaler Wind und Tempe-ratur (Standardflächen und signifikante Niveaus)sowie Feuchte (unterhalb von 299 hPa).Aus TEMP-Geopotentialdaten wird ein Druckwert auf derHöhe der untersten Modellfläche abgeleitet.

• Flugzeugdaten in Form von AIREP- oder AMDAR-Meldungen: horizontaler Wind und Temperatur.

• Bodennahe Daten in Form von SYNOP-, SHIP- oderDRIBU-Meldungen: Stationsdruck (oder reduzierterBodendruck), 10 m Wind, 2 m Feuchte. Die Stations-auswahl ist vor allem für die Wind- und Feuchtedaten

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aus Gründen der Repräsentativität eingeschränkt.2 mTemperaturdaten werden nicht verwendet wegenihres potentiell nachteiligen Effekts auf die Stabilitätder planetaren Grenzschicht (Stauffer et al.1991),undweil sie teilweise bereits in die variationelle Boden-feuchteanalyse eingehen.

Die vom Nudging dieser Beobachtungen direkt beein-flussten Modellfelder sind horizontaler Wind, Tempe-ratur und Feuchte auf allen Flächen, sowie der Druckauf der untersten Modellfläche.Zur Zeit wird daran gearbeitet, weitere Daten zu assi-milieren, namentlich Windprofilerdaten, aus bodenge-stützten GPS-Messungen (Global Positioning System)abgeleitete Werte von integriertem Wasserdampfgehalt,sowie aus Radardaten abgeleitete Niederschlagsraten.Später sollen auch Satellitendaten genutzt werden, umdaraus abgeleitete Bewölkungsinformation zu assimilie-ren.Die Nutzung dieser Fernerkundungsdaten, insbeson-dere der Radardaten, ist eine Voraussetzung, um das LMsinnvoll im Nowcasting-Bereich einsetzen zu können.

Berechnung der Beobachtungsinkremente und Qualitätskontrolle

Zuerst wird jede Beobachtung dem Modellgitterpunktmit der geringsten Differenz zwischen Stationshöhe undModellorographie innerhalb eines adäquaten horizonta-len Suchradius zugeordnet. Dadurch sollen vertikaleInterpolationsfehler möglichst klein gehalten werden,und die Vertikalstruktur einer Sondierung wird meistauch in der planetaren Grenzschicht repräsentativ fürdas Modell, wobei der dabei in Kauf genommene hori-zontale Fehler wesentlich kleiner bleibt als die effektiveModellauflösung.Danach werden die Modellwerte vertikal an die Beo-bachtungspunkte inter- oder extrapoliert. Die dort be-rechneten Inkremente werden für die Datenqualitäts-kontrolle und teilweise auch für den nachfolgendenSchritt der Ausbreitung der Beobachtungsinformationbenutzt. Für die Bodendruckdaten werden die für dieAusbreitung benutzten Inkremente auf der Höhe deruntersten Modellfläche berechnet und für die Vertikal-profile (zusätzlich) auf allen Modellflächen. Aufgrundeiner hydrostatisch konsistenten Angleichung der verti-kalen Skala der Temperaturdaten an die Modellauflö-sung mittels einer Mittelung innerhalb der Modell-schichten (Woodage 1985) nähert sich durch das Tempe-raturnudging die Schichtdicke zwischen zwei Druckflä-chen im Modell automatisch der beobachteten Schicht-dicke an. Im Gegensatz dazu wird bei der Feuchte jedevertikale Mittelung vermieden, um dünne gesättigteWolkenschichten möglichst gut erfassen zu können. DieInkremente werden dabei als Differenz von relativerFeuchte berechnet. Das heißt, dass sich in erster Linienicht die spezifische, sondern die relative Feuchte desModells an die beobachtete Feuchte anpassen soll.Als Qualitätskontrolle wird jedes an einem Beobach-tungspunkt berechnete Inkrement individuell gegen

einen Schwellwert geprüft. Ist ein Inkrement größer alsder Schwellwert, wird die entsprechende Beobachtungverworfen. Dieses Vorgehen beruht auf der Annahme,dass der assimilierende Modellauf selbst eine guteSchätzung für die Wahrheit liefert.Zusätzlich werden fürdie Temperaturprofile hydrostatisch abgeleitete Geopo-tential- und Schichtdicken mit einer weiteren Schwell-wertkontrolle geprüft, und für die Bodendruckdatenwird die räumliche Konsistenz mit den Inkrementen derbenachbarten Stationen geprüft. Jede Beobachtungdurchläuft diese Qualitätskontrolle mehrmals währendder Relaxationsperiode.

Berechnung der Gewichte und Ausbreitung derBeobachtungsinformation

Unvollständige Profile oder Einzelmeldungen werdenvertikal erweitert und mit einem vertikalen Gewicht (wz)versehen, welches innerhalb des Höhenbereichs desProfils auf eins gesetzt wird und außerhalb mit zu-nehmendem Abstand von der Beobachtung abnimmt.Danach wird die Beobachtungsinformation seitlichausgebreitet. Operationell geschieht dies für die upper-air Daten streng horizontal, da die sonst am häufigstenverwendete Ausbreitungsweise entlang den terrain-folgenden Hybrid-Modellflächen in der Nähe von steilerOrographie namentlich bei Hochnebelfällen Nachteileaufweist (Schraff 1997). Im Gegensatz dazu werden die10 m Wind- und 2 m Feuchtedaten entlang den Modell-flächen ausgebreitet, um deren Einfluss auf Bodennähezu beschränken. Als weitere Option verfügbar ist diekonzeptionell vorteilhafte, aber rechnerisch teure Aus-breitungsweise entlang von isentropen Flächen (Benja-min 1989). Die seitliche Ausbreitung beinhaltet auch dieBerechnung der horizontalen Gewichte (wxy) anhandeiner isotropen Gewichts- oder Strukturfunktion, derenHalbwertsbreite höhen- und zeitabhängig ist und imBereich von etwa 120 bis 220 km liegt. Die Inkrementeselbst werden für die skalaren Größen einfach auf dieZielgitterpunkte übertragen, während die horizontalenWindinkremente multivariat mittels einer 2-dimensio-nalen Strukturfunktion ausgebreitet werden. Diese er-laubt es, den Grad der Divergenz(freiheit) des resultie-renden ausgebreiteten (Analysen-)Inkrementfeldes zuspezifizieren (Lorenc et al. 1991).Die für die zeitlichen Gewichte (wt) der Flugzeugdatenverwendete Funktion hat den Wert 1 zum Beobach-tungszeitpunkt und fällt in den 90 min davor und 30 mindanach asymmetrisch und linear auf Null ab. ÄhnlicheFunktionen werden für die übrigen Beobachtungs-typen verwendet, wobei stündliche Daten von der-selben stationären Messplattform zeitlich linear inter-poliert werden.Es sei bemerkt,dass somit der Assimila-tionsprozess zum Beobachtungszeitpunkt noch nichtabgeschlossen ist. Die Qualitätsgewichte (�k) schließ-lich hängen vor allem von den zur Berechnung derInkremente benötigten Inter- und Extrapolationen ab.

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Explizite Balancierung

Die Motivation für die beiden ersten Korrekturen zurBalancierung ergibt sich im wesentlichen aus derlinearen Theorie der geostrophischen Anpassung(Økland 1970). Sie besagt, dass bei einer Störung desgeostrophischen Gleichgewichts sich das Massenfeldumso mehr dem Windfeld geostrophisch anpasst, jegrößer die Ausdehnung der Störung in der Vertikalenund je kleiner sie in der Horizontalen ist,und umgekehrt.Bezogen auf das Nudging des Bodendrucks und unterAnnahme von hydrostatischem Gleichgewicht bedeutetdies: Da sich eine durch das Bodendrucknudgingbewirkte Geopotentialänderung am Boden durch dieganze Modellatmosphäre fortpflanzt (was physikalischohnehin nicht sinnvoll ist), ergibt sich eine vertikal sehrausgedehnte Störung im Massenfeld, das sich nun demungestörten Windfeld geostrophisch anpassen will. AlsFolge davon wird sich am Ende der Nudgingperiode dieins Massenfeld eingebrachte Störung in Form vonSchwerewellen wegbewegen, ähnlich einer durch einenSteinwurf erzeugten Welle auf einer Wasseroberfläche,und die Beobachtungsinformation geht verloren.• In der realen Atmosphäre gehen Änderungen im

Bodendruck einher mit Änderungen der Dichtebzw. der Temperatur irgendwo über dem Boden. Siesind daher korreliert mit Temperaturänderungen inbestimmten Höhenbereichen. Für die planetarenund synoptischen Skalen liegen diese Bereichehauptsächlich in der unteren Stratosphäre, währendin der für die Datenassimilation im LM relevantenMesoskala der Bodendruck vor allem mit derTemperatur in der unteren Troposphäre korreliert.Daher wird nun als erster Balancierungsschritt nachdem Bodendrucknudging eine dieser Korrelationnäherungsweise entsprechende Temperaturkorrek-tur (Abb.7-1) ausgeführt.Weil diese in den untersten1500 m nahezu konstant ist, ändert sich dabei dieStabilität in der Grenzschicht kaum. Da die Störungim Massenfeld nun eine wesentlich geringere verti-kale Ausdehnung hat (> 90 % unterhalb von500 hPa), passt sich das Windfeld mehr dem Massen-feld an, und die Bodendruckbeobachtung wird we-sentlich besser assimiliert.Abb. 7-2 zeigt dies für einBeispiel, wo für die Assimilation lediglich 2 Druck-beobachtungen einer einzelnen Station verwendetwurden, die von der freien Kürzestfristvorhersageum jeweils etwa -6,1 hPa abweichen. Die abgebil-deten Differenzen entsprechen dabei dem Netto-effekt des Nudgings nach 3 Stunden, d.h. um 1 Stundenach dem Zeitpunkt der letzten Beobachtung.

• Um die Anpassung des Windfeldes noch mehr zuunterstützen, wird in einem zweiten Schritt das derMassenfeldänderung entsprechende geostrophischeWindfeld berechnet, wovon ein Anteil als geostro-phische Windkorrektur dem Modellwindfeld hin-zugefügt wird. Dieser Anteil ist maximal 50 %, umder beschränkten Gültigkeit der geostrophischenApproximation in der Mesoskala Rechnung zu

tragen, und um das Aufschaukeln der Windinkre-mente im Laufe der Zeit zu verringern, falls derAssimilationsprozess nicht ideal verläuft. Die geo-strophische Windkorrektur verbessert auf dieseWeise die Assimilation der Bodendruckdaten nochetwas und führt zu einem balancierterem Windfeldin der Nähe des Zentrums (Abb. 7-2).

• Als letzter Schritt werden die gesamten Analysen-inkremente, die dem gesamten Nudging-Term in Gl.(7.1) entsprechen, hydrostatisch balanciert. Dazuwerden aus den Druckinkrementen auf der unter-sten Modellfläche und allen Temperatur- undFeuchteinkrementen durch Integration der hydro-statischen Gleichung von unten her Druckinkre-mente in der Höhe berechnet. Dies ist der einzigeSchritt, der direkt damit zu tun hat, dass das Modellnicht-hydrostatisch ist. Dennoch ändert sich da-durch am hydrostatischen Ungleichgewicht dergesamten Modellfelder nichts. Durch diesen Schrittwerden direkte Quellen von Vertikalwind vermie-den, über den es keine Kontrolle gibt, solange keineVertikalwindbeobachtungen assimiliert werdenkönnen. Auf den Skalen, die mit diesem Nudging-

Abb. 7-1: Vertikaler Verlauf der Temperaturkorrektur (ausge-zogene Kurve), wenn der Bodendruck von 1000 hPadurch Bodendrucknudging um 1 hPa erhöht wird.Gestrichelt: Korrelation der aufgrund der Tempe-raturkorrektur gegebenen Geopotentialänderung inder Höhe mit der Geopotentialänderung am Boden.Gepunktet: Korrelation der Druckänderung in derHöhe mit der Bodendruckänderung.

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Schema und den zur Zeit benutzten Beobachtungenanalysiert werden sollen, ist der Vertikalwind immernoch klein und entsprechende unkontrollierbareQuellen daher unerwünscht. Ganz anders würde essich in einem Verfahren verhalten, wo auf einer vielkleineren Skala z. B. am Ort einer beobachtetenGewitterzelle mit einem Nudging der latenten Heiz-rate direkt Konvektion induziert werden sollte.

2.3 Anwendung

Einfluss der seitlichen Randbedingung

Bei der regionalen Modellierung mit Ausschnittsmo-dellen hängt die Vorhersage neben der Modellformu-lierung (und unteren und oberen Randbedingung)nicht nur vom Anfangszustand, sondern auch von derseitlichen Randbedingung ab. Diese ist üblicherweisegegeben durch eine gegen den Rand hin zunehmendeRelaxation gegen interpolierte Felder eines überge-ordneten, steuernden Modells, beim operationellen LMdes GME. Der Einfluss der Randbedingung und damitdes steuernden Modellaufs ist im allgemeinen größer inFällen mit ausgeprägter Advektion als bei wind-schwachen Lagen, und er steigt mit zunehmenderVorhersagedauer an, sodass er für Vorhersagezeitenvon 24 Stunden oder mehr gegenüber dem Einfluss desAnfangszustandes oft dominiert.Der mit Bezug auf die Datenassimilation im Abschnitt7 des Kapitels 6 diskutierte Orkan „Lothar“ ist einBeispiel mit ausgeprägtem Einfluss des steuerndenModells. Wenn der sich zum Orkan entwickelnde Trogerst im Laufe der Vorhersagezeit über den westlichenRand ins Modellinnere eintritt, ist dessen 24-StundenVorhersage über Süddeutschland praktisch vollständigdurch die Randfelder bestimmt.Dies trifft nicht nur aufdie am 25. 12. 1999 um 12 UTC beginnende 24-StundenVorhersage zu (siehe Abb. 6-2), sondern auch noch für

Abb. 7-2: Gebietsausschnitt der Differenzen zwischen je einemLM-Lauf mit Bodendrucknudging und einer freienVorhersage um 3 UTC (24. 10. 1999), wobei nur zweiDruckbeobachtungen von 1 UTC und 2 UTC einereinzelnen Station (Gitterpunkt [64,142] im Nordender Bretagne) verwendet wurden. Die Zahlen an denBildrändern geben die [x,y]-Numerierung der Gitter-punkte wieder.Darstellung:dünne Linien:Küstenver-lauf; dicke Isolinien (-1, -3, -5, -6 hPa) und Schattie-rung: Differenz des reduzierten Bodendrucks; Vekto-ren (nur an jedem 5.Gitterpunkt):Winddifferenz etwa500 m über der Modellorographie (Vektorlänge von 5Gitterpunkten entspricht etwa 12 m/s). a) Boden-drucknudging ohne Temperaturkorrektur; b) mitTemperaturkorrektur; c) mit Temperaturkorrekturund geostrophischer Windkorrektur.

(a)

(b)

(c)

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die (12 Stunden später beginnende) 12-Stunden Vor-hersage. Erst für noch später beginnende Vorhersagenund damit noch kürzere Vorhersagezeiten kann einwesentlicher Einfluss der Nudging-Assimilation aufdie Vorhersage von „Lothar“ erwartet werden.

Illustration des Assimilationsprozesses

Der durch das Nudging bewirkte Datenassimilations-prozess wird hier anhand des Bodendruckfeldes derSturmzyklone vom 24. 10. 1999 illustriert. Im 18-UTC

Vorhersagelauf des Vortages läuft diese Zyklone aufeiner zu südlichen Zugbahn ins Modellgebiet hineinund kommt um 2 UTC knapp 200 km zu weit südöstlichzu liegen (Abb. 7-3). Für den 0 UTC Lauf geschiehtdieses zu südliche Hineinlaufen hingegen nochwährend der Assimilationsperiode, sodass die Chancebesteht, die Position durch das Nudging zu korrigieren.Im Detail verläuft dieser Prozess folgendermaßen,siehe dazu Abb. 7-4. Nachdem sich bis 22 UTC überdem datenarmen Atlantik noch nicht viel getan hat,trifft der Trog unter Vertiefung auf die Bretagne,wo dasNudging der dort vorhandenen Bodendruckbeobach-

(a)

(c)

(b)

(d)

Abb. 7-3: Reduzierter Bodendruck im Bereich einer mesoskaligen Zyklone für den 24. 10. 1999. Die Zahlen an den Bildrändern der Abb7-3c und 7-3d geben die [x,y]-Numerierung der LM-Gitterpunkte wieder. a) Einzelne Beobachtungswerte und daraus objektiverstellte Analyse für 2 UTC; b) Beobachtungswerte und LM-Analyse für 12 UTC; c) 6-stündige LM-Vorhersage für 0 UTC; d)8-stündige LM-Vorhersage für 2 UTC.

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tungen den Modelldruck gegenüber der freien Vorher-sage allmählich absenkt. Dabei bildet sich ein zweitesTiefzentrum an der richtigen Position. Das fehlerhaftesüdliche Zentrum bleibt bis 0 UTC noch vor der Küsteund deshalb relativ ungestört. In der Praxis beginnendie operationellen LM-Vorhersageläufe mindestensetwa 21/2 Stunden nach dem eigentlichen Analysen-termin, da es einige Zeit dauert, bis möglichst alleBeobachtungen dieses Termins ins Datenzentrumeingegangen und für die Erstellung der Analyseverfügbar sind. Zum erwähnten Startzeitpunkt sindaber auch bereits viele 1 oder sogar 2 Stunden spätererfolgte Beobachtungen eingetroffen. Deshalb könnenin den ersten 21/2 - 3 Stunden der LM-Vorhersageläufeweiterhin aktuelle Daten assimiliert werden. Mit deren

(a)

(c)

(b)

(d)

Abb. 7-4: Vergleich zwischen einer 6-stündigen Assimilation mitnachfolgender Vorhersage (unter Verwendung der zurStartzeit vorhandenen Beobachtungen, vgl. Text) undeiner ,freien‘ Vorhersage (s. Abb. 7-3c und d), jeweilsausgehend von der präoperationellen Analyse vom23.10.1999, 18 UTC. Die Zahlen an den Bildränderngeben die [x,y]-Numerierung der Gitterpunkte wieder.Der Küstenverlauf ist durch blaue Linien dargestellt.Isolinien:reduzierter Bodendruck des Laufs mit 6-stün-diger Assimilation;Farbschattierung:Bodendruckdiffe-renzen zwischen den beiden Läufen (Isolinienabstand 1hPa, Grün- und Blautöne für negative, Gelb- und Rot-töne für positive Differenzen, siehe unten stehendeSkala). Diese Differenzen zeigen den Nettoeffekt desNudgings auf das Bodendruckfeld um a) 22 UTC; b) 0 UTC; c) 2 UTC; d) 12 UTC, wobei in d) zusätzlich die975 hPa Isolinie der 18-UTC Vorhersage eingetragen ist.

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Hilfe entfernt das Nudging das aufs Festland gezogenesüdliche Zentrum in den ersten 2 Stunden der Vor-hersage, welche nun um 2 UTC sehr gut verifiziert (vgl.Abb.7-3 a).Dass die Assimilation erfolgreich war, zeigtsich auch darin, dass der Nettoeffekt des Nudgingdanach erhalten bleibt und um 12 UTC zu einerwesentlich verbesserten Vorhersage der Zyklone überEngland führt (Abb. 7-4 d und Abb. 7-3 b).

3 Variationelle Analyse der Bodenfeuchte

3.1 Konzept

An den ersten Strahlungstagen im Frühjahr wurden infrüherer Zeit von den numerischen Modellen regelmäßigzu kalte Vorhersagen der erdnahen Temperatur berech-net. Dies schrieb man einem ungenauen (zu hohen)Bodenwassergehalt zu und motivierte die Entwicklungder variationellen Bodenfeuchteanalyse (Hess 2001).Der nur unbefriedigend direkt messbare Bodenwasser-gehalt wird nunmehr indirekt über die Auswirkungen aufdie Temperaturvorhersagen in 2 m bestimmt, indem derWassergehalt täglich so angepasst wird, dass die vorher-gesagten Temperaturen der vergangenen Tage den ent-sprechendenTemperaturanalysen in 2 m über Grund aussynoptischen Messungen möglichst gut entsprochenhätten. Diese Bedingung drückt sich mathematischdurch die Minimierung einer Kostenfunktion aus.Dabei wird angenommen, dass die Temperaturvorher-sagen für 2 m nur mit den direkt vertikal darunter liegen-den Bodenwassergehalten des Modellgitters gekoppeltsind. Die Kostenfunktion ℑ lässt sich abhängig vomVektor � der Bodenwassergehalte der einzelnen Boden-schichten (gegenwärtig zwei) schreiben als

(7.3)

mit Beobachtungsterm

(7.4)

und Hintergrundterm

(7.5)

Gesucht ist der Bodenwassergehalt �a, der ℑ minimiert.Dabei ist �b eine erste Schätzung für �a, B die Ko-varianzmatrix der geschätzten Fehler von �b, und R dieKovarianzmatrix der Beobachtungsfehler.T0 bezeichnetdie Temperaturanalysen in 2 m aus den synoptischenMessungen und T(�) sind die Temperaturvorhersagen,die das Lokal-Modell bei gegebenem Wassergehalt �berechnet (genauer gesagt: berechnen würde).Währendder Beobachtungsterm ℑ 0 die gewünschte Annäherungder Temperaturvorhersagen an die entsprechendenAnalysen bedingt, fordert der Hintergrundterm ℑ b einemöglichst geringfügige Änderung zur bestehendenSchätzung �b. Da die Auswirkungen der Bodenfeuchteauf die erdnahen Temperaturen bei geringer Strahlungs-

einwirkung zu gering sein können, um die Boden-wassergehalte zuverlässig aus den Temperaturanalysenzu ermitteln (insbesondere bei mehreren Bodenschich-ten), ist der Hintergrundterm notwendig, um in der Ver-gangenheit gewonnene Information über den Boden-wassergehalt zur Verfügung zu stellten.In einer zyklischen Analyse erhält man die Schätzung(�b)t+1 für den jeweils nächsten Tag durch

(�b)t+1 = �a + (Mtt+1(�b)–�b) (7.6)

wobei (Mtt+1(�b)–�b) die durch das Lokal-Modell

berechneten Änderungen des Bodenwassergehaltesvon einem Tag zum nächsten beschreiben. Mt

t+1(�b)entspricht dem Wert aus der Routinevorhersage.Um die Kovarianzmatrix (B)t+1 der Fehler von (�b)t+1

bereit zu stellen, schätzt man zunächst die Fehler deraktuellen Analyse �a über die Kovarianzmatrix A ab,

A = (∇ 2ℑ )-1 (7.7)

und berechnet dann nach dem Prinzip des Kalman-Filters

(B)t+1 = MAMT + Q (7.8)

M beschreibt das Anwachsen der Fehler durch dasBodenmodell des Lokal-Modells und wird in deroperationellen Anwendung durch die Einheitsmatrixapproximiert. Die Matrix Q beschreibt dagegen exter-ne Fehlerquellen (z. B. durch Niederschlag) und stelltden wesentlichen Tuningparameter des Systems dar.Die Minimierung von ℑ und die Berechnung der Ana-lysenfehler-Kovarianzmatrix A wird durch Linearisie-rung von T(�) wesentlich vereinfacht, um die operatio-nelle Anwendung der Bodenfeuchteanalyse zu ermög-lichen. Die benötigten Ableitungen von T(�) werdenmittels finiter Differenzen abgeschätzt, wozu für jede zuanalysierende Bodenschicht eine zusätzliche Vorhersagemit leicht geänderten Wassergehalten notwendig wird.Das Verfahren kommt daher ohne tangent-lineare oderadjungierte Modelle aus und benötigt im Ganzen nureine zusätzliche Kurzzeit-Vorhersage für jede unabhän-gig zu analysierende Bodenschicht.

3.2 Operationelle Implementierung

Die operationelle Anwendung des variationellen Ver-fahrens ist in Abb.7-5 dargestellt.Zur Zeit werden täglich2-m-Temperaturanalysen für 12 und 15 UTC assimiliert,die relative Feuchte könnte ohne wesentliche Änderungdes Verfahrens mit einbezogen werden, sobald ausrei-chend genaue Feuchtevorhersagen zur Verfügung stehen.Zum Zeitpunkt 0 UTC startet die Routinevorhersagemit gegebenen Bodenfeuchten. Sobald die 2-m Tempe-raturanalysen für 12 und 15 UTC zur Verfügung stehen,werden (derzeitig 2) zusätzliche 15-Stunden-Vorher-sagen mit leicht geänderten Feuchtegehalten gerech-net. Aus den daraus entstehenden Temperaturvorher-

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sagen können über die oben beschriebene Minimie-rung optimierte Bodenfeuchten für 0 UTC berechnetwerden. Anschließend wird die Änderung der Boden-feuchte addiert, die durch die Routinevorhersage von 0bis 24 UTC bestimmt wurde, um verbesserte Boden-feuchten für die Routinevorhersage des kommendenTages zu erhalten. Das Verfahren kann damit amfolgenden Tag wiederholt werden, usw.

2 m Temperatur- und Feuchteanalysen

Die hier verwendeten Analysen der Temperatur (undrelativen Feuchte) in 2 m über Grund werden mittelseines Korrektionsverfahrens in 2 Durchläufen erstellt.Dabei werden die Abweichungen der eingehendenSYNOP-Temperatur- (und Feuchte-) Beobachtungenvon einem Näherungsfeld gemittelt und auf das Aus-gangsfeld addiert. Als erste Näherung dient der LM-Assimilationslauf, als zweite Näherung die Analyse desersten Durchlaufs. Sowohl die Modellfelder als auch dieBeobachtungen weisen eine hohe räumliche Variabilitätauf,die zu einem großen Teil auf die starke Abhängigkeitvon der Topographie und den Eigenschaften der Unter-lage zurückzuführen ist. Ziel der Analyse ist es, groß-räumige Fehlerstrukturen des Modells bzw. Nähe-rungsfeldes mit Erstreckungen von über 100 km zukorrigieren. Für die Analyse eines Gitterpunktes sollteein ausreichend großes Ensemble von Beobachtungenberücksichtigt werden, um aus den unterschiedlichenlokalen Modellabweichungen ein einheitliches Signalherauszufiltern. In den beiden Durchgängen betragendie Suchradien für die Beobachtungsauswahl 250 bzw.100 km, und die Beobachtungsgewichte sind abhängigvom horizontalen und vertikalen Abstand zum Modell-gitterpunkt.

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Abb. 7-5: Operationelle Implementierung der va-riationellen Bodenfeuchteanalyse.

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BERNER,U.,STREIF,H.(Hrsg.):Klima-fakten. Der Rückblick – Ein Schlüsselfür die Zukunft (Redaktion Schubert,T.,Bundesanstalt für Geowissenschaf-ten und Rohstoffe, Hannover). E.Schweizerbart’sche Verlagsbuchhand-lung, Stuttgart, 2000, (bereits 3. Aufl.,2001, erschienen), 238 S., ISBN 3-510-95876-4, Preis 39,90 €.

Der Blick zurück in die Klimageschichteder Jahrtausende, Jahrmillionen und Jahr-milliarden, wie sie mit Hilfe indirekterKlimazeugen von Geologen und anderenWissenschaftlern (u.a. Glaziologen, Bio-logen und Geographen) unter dem Dachder Paläoklimatologie rekonstruiert wird,ist immer wieder interessant und faszinie-rend. Und das hängt wesentlich damitzusammen, dass die Klimageschichte zu-gleich eine Geschichte der regionalen/glo-balen Klimavariationen in Zeit und Raumist und die Klimavariationen der geologi-schen Vergangenheit oft ein atemberau-bendes Ausmaß aufgewiesen haben. Dieszu erkennen, möglichst genau zu quanti-fizieren und die Gründe dafür auszuma-chen, ist wesentlicher Bestandteil derKlimaforschung.

Im Vorwort wird betont, dass „es das An-liegen der Autoren und Herausgeber“gewesen sei, „ein naturwissenschaftlichesFachbuch zu schreiben, dessen Lektüre ...dazu beträgt ..., die oftmals emotional ge-führte Diskussion von Klimafragen zuversachlichen“. Beim ersten Durchblät-tern fällt dann sogleich auf, dass die Formvon dem eines Fachbuchs erheblich ab-weicht: Keinerlei Literaturzitate im Text(lediglich ein Abbildungsquellennachweisim Anhang), kein Literatur- und Sach-wortverzeichnis, ungewöhnlich großeSchrift, Querformat, viele bunte zum Teildrastisch vereinfachte Abbildungen. Diesalles erweckt eher den Eindruck eines andie breite Öffentlichkeit gerichteten Sach-bzw. Jugendbuches, in dem die Hannove-raner Geowissenschaftler („wir in Hanno-ver“ o.ä. ist eine im Text immer wiederauftretende Wendung) vorwiegend eineArt Selbstdarstellung betreiben, freilichauch mit Hinweis auf die Leistungsfähig-keit der geologischen Paläoklimatologie

insgesamt. Da es gerade in Deutschlanddurchaus einen Mangel an gut gemachterpopulärwissenschaftlicher Sachliteraturgibt und die Darstellung eigener For-schungsergebnisse legitim ist, muß daskein Nachteil sein.

Schauen wir also, wie informativ das Buchgeraten ist und ob es wirklich zur Ver-sachlichung der öffentlichen Klimadis-kussion beiträgt. Und da machen schoneinige Aussagen in der Einleitung (Kap. 1)stutzig, beispielsweise: „Will man dasnatürliche Klimasystem verstehen, so hilftnur der Blick zurück ...“ und „Nur dieKombination von Rekonstruktionen derKlimavergangenheit ... und die heutigenmodernen Klimaanalysen“ (worunter dieAutoren offenbar die Auswertung derPaläodaten verstehen) „können zu einerrealistischen Einschätzung der zukünfti-gen Klimaentwicklung führen“. Zum Teilist das richtig, aber man braucht dazu ge-nauso das Verständnis der Klimamecha-nismen durch entsprechende physikoche-mische Prozeßbetrachtungen und Klima-modellsimulationen sowie die multipleempirisch-statistische Klimadiagnostik. Inbeiderlei Hinsicht ist das Buch erheblichunterbelichtet. Und man sollte zwischendem Verständnis der Vergangenheit undSzenarien-gestützten Zukunftsprojektionunterscheiden. Letzteres ist natürlich nursinnvoll, wenn man auch die Prozesse aufder betreffenden, gegenüber den geologi-schen Perspektiven wesentlich kürzerenZeitskala versteht und Szenarien nicht alsdefinitive Vorhersagen fehlinterpretiert.

Apropos Zeitskala: Für den Geologen istdie derzeitige Warmzeit „kurz“ (S. 10), fürden meteorologisch orientierten Klima-tologen angesichts immerhin rund 104 Jah-ren dagegen keineswegs. Und auf S. 208wird diese verschiedene Sichtweise nochdeutlicher: ... „Derartigen Klimaszenarienstehen geowissenschaftliche Über-legungen zur Klimazukunft gegenüber. ...Hiernach ist im Verlauf der nächsten Jahr-tausende ein Absinken der Temperaturensicher ...“.Dies ist im Rahmen der Orbital-hypothese des Kommens und Gehens derGlaziale und Interglaziale schon einsich-tig.Aber der Temperaturtrend, der uns ins

nächste Glazial führt, liegt (bodennah undglobal gemittelt) in der Größenordnungvon etwa 1/100 K pro Jahrhundert und inder dekadisch-säkularen Zeitskala, dievielen von uns entschieden näher liegt,gibt es diverse andere Faktoren, natürli-che wie anthropogene, von wesentlichgrößerer Bedeutung.

Was in Kap. 2 („Was ist Klima“) zu lesensteht, grenzt teilweise an eine Zumutung.Konkrete Definitionen und Erörterungender Begriffe Klima, Klimasystem, interneVorgänge, externe Einflüsse, indirekteEffekte, Rückkopplungen und Fließ- bzw.Ungleichgewicht fehlen; statt dessen wirdohne nähere Erklärung in den Raum ge-stellt:„Das Klima wie auch seine Verände-rungen werden von zahlreichen Ursachengesteuert, den so genannten äußeren undinneren Klimafaktoren“.Es folgt ein deut-licher Schwerpunkt hinsichtlich indirekter(Orbitalparameter) und direkter (Son-nenaktivität) solarer Einflüsse, mit derkrassen Fehlinformation, dass den Varia-tionen im Rahmen des quasi-elf-jährigenSonnenfleckenzyklus ein Wert von 0,8-1,7Wm-2 zugeordnet (das Wort Strahlungs-antrieb sowie entsprechende physikali-sche Hinweise fehlen) und dies dem Wertvon 1,56 Wm-2 durch den atmosphärischenKonzentrationsanstieg der klimawirksamenSpurengase seit 1750 gegenübergestelltwird.

Der letztgenannte korrekte Wert ist offen-bar dem letzten IPCC-Bericht entnom-men (ohne Zitat und ohne wenigstens diewichtigsten Aussagen dieses Berichtes zuberücksichtigen, vgl. Houghton et al.(Hrsg.):Climate Change 2001.Univ.Press,Cambridge, 2001). Doch um den solarenWert damit vergleichen zu können, müssendie Extinktion der Atmosphäre und dieGeometrie der Strahlungsbilanz (Ein-strahlung auf die Erd-Querschnittsfläche,Ausstrahlung über die Erdoberfläche) be-rücksichtigt werden, was dann solar nurnoch einen global gemittelten troposphä-rischen Strahlungsantrieb von ungefähr0,3 Wm-2 ergibt (s. IPCC-Bericht). Dakann es auch nicht verwundern, wenn vonden Autoren die These vom Einfluß derZykluslänge der Sonnenaktivität auf das

Buchbesprechungen

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Klima hier wie auch an anderer Stellehartnäckig vertreten wird, und zwar weilsich im Vergleich mit der bodennahennordhemisphärisch gemittelten Lufttem-peratur nach starker Glättung (und ent-sprechend hoher Autokorrelation!) einähnlicher Kurvenverlauf ergibt (ohneGlättung und im Vergleich mit den Jahres-daten 1856-2000 der global gemitteltenbodennahen Lufttemperatur beträgt derquadratische Korrelationskoeffizient 0,07).Dass vulkanische Gase durch CO2-Emis-sion zum Treibhauseffekt beitragen kön-nen (S. 24), schlägt auf geologischenZeitskalen durchaus zu Buche; in derZeitskala von Jahren bis in etwa Jahr-tausenden sind jedoch die bodennahenAbkühlungen durch stratosphärischesvulkanogenes Aerosol weitaus bedeuten-der (auf. S. 25 hinsichtlich einiger jüngererVulkanausbrüche korrekt erwähnt). DieGraphiken der Absorption klimawirksa-mer Spurengase (S. 25) und der Klima-zonen (S. 36) wären selbst für ein Schul-buch der Geographie bei weitem zu sim-pel – und das alles sind nur einige wenigeBeispiele.

Sehr positiv heben sich davon die Kapitelüber „Zählen und Messen“ (paläoklima-tologischer Zielrichtung), „Heißkalt aufden alten Kontinenten“ (Präquartäre Kli-mavariationen),„Eisgepanzerte Kontinen-te“ (Rolle der Kryosphäre), „Das Land –frostige Zeiten und wohlige Wärme“ (ter-restrische Paläoklimatologie), „ZwischenLand und Meer“ sowie „Der Schlamm imMeer“ (marine Paläoklimatologie) und„Was man so braucht – Wasser und Roh-stoffe“ davon ab. Hier werden, trotz teil-weise erheblicher Simplifizierug, sehr in-struktiv viele interessante und eindrucks-volle Indizien aus dem Geschichtsbuchder Paläoklimatologie vorgestellt. Es hättedem Buch sehr gut getan, sich im wesent-lichen auf diese Aspekte, für die dieAutoren offensichtlich kompetent sind, zubeschränken, mit da und dort ein bisschenmehr Ausführlichkeit.

Denn was in Kap. 4 („Im Treibhaus“) und11 („Klima, quo vadis“) zu lesen steht, istwieder der Rubrik „Zumutung“ zuzu-ordnen. Dazu nur einige wenige Beispiele.Eine Behauptung, die in Kap. 4 auftaucht,ist in der Form „Kohlendioxid macht nur1,2 % aus“ von einem Wissenschafts-magazin (Bild der Wissenschaft,Heft Nov.2001) als Schlagzeile aufgegriffen undsomit in die Welt hinausposaunt worden;

soll heißen, der zusätzliche anthropogeneTreibhauseffekt ist so gering, dass wir unsüber den Einfluß des Menschen auf dasKlima keine Sorgen zu machen brauchen.Verglichen wird dabei der bereits ge-nannte CO2-Strahlungsantrieb von 1,56Wm-2 mit dem des gesamten natürlichenTreibhauseffektes, der tatsächlich in derGrößenordnung von 120 Wm-2 liegt (ent-sprechend einem Temperatureffekt von33 K, sofern die Albedo des Systems Erd-oberfläche-Atmosphäre konstant gehal-ten wird).

Ganz abgesehen von Problemen im Detailkann es aber nicht darum gehen, denzusätzlichen anthropogenen Treibhaus-effekt mit einem Klima völlig ohne Atmo-sphäre und somit ohne klimarelevanteSpurengase zu vergleichen, sondern mitden tatsächlich im Industriezeitalter ein-getretenen Klimaeffekten durch weitereanthropogene sowie natürliche Einflüssein der dafür relevanten Skala (siehe wie-derum IPCC-Bericht und das wie hierallgemeinverständliche,aber wissenschaft-lich weitaus solidere Buch von Cubaschund Kasang: Anthropogener Klimawan-del, Klett-Perthes, Gotha, 2000). Dannmüßten sich die Autoren auch nichtdarüber wundern (Abb. 11.9 auf S. 214),dass in dieser Zeit die Temperatur nichtexakt dem CO2-Anstieg der Atmosphäregefolgt ist, zumal sie dabei auch denanthropogenen Abkühlungseffekt durchtroposphärisches Sulfataerosol außer Achtlassen. Und selbstverständlich ist – prinzi-piell aus den gleichen Gründen – die Tat-sache, dass es in der geologischen Vergan-genheit nicht allein CO2-Temperatur-Kor-relationen gegeben hat, kein Gegenbe-weis gegen anthropogene Klimaänderun-gen, wie in Kap. 4 suggeriert wird, da zu-dem trotz immer auftretender Rückkopp-lungen je nach Zeitskala die Ursache-Wirkung-Relationen unterschiedlich sind.

Im Kap. 11 wird beim Vergleich der beo-bachteten Variationen der global gemit-telten bodennahen Lufttemperatur mitModellsimulationen ein Energiebilanz-modell nach Wigley bemüht, ohne vonjeglichen Zirkulationsmodellen Notiz zunehmen (Hamburg, DKRZ; Bracknell,Hadley Center; Princeton University; sie-he wiederum IPCC-Bericht); auch GCM-Simulationen zur Sonnenaktvität schei-nen den Autoren gänzlich unbekannt zusein. Dafür reproduzieren sie mehrereAbbildungen aus einer an der TU Braun-

schweig entstandenen Diplomarbeit.Wenndann in eben diesem Kap.11 die Unsicher-heiten der direkten Temperaturmessun-gen der letzten ca. 150 Jahre betont wer-den, fällt nachträglich auf, dass nirgendwoin diesem Buch, im Gegensatz zu anderen(z.B. D.L. Hartmann: Global PhysicalClimatology, Academic Press, San Diego,1994, S. 209), quantitative Abschätzungender Unschärfe der paläoklimatologischenRekonstruktionen und zeitlichen Auflö-sung angegeben werden. Dafür wird her-ausgestellt, dass für die Zeit 1978-1999 diebodennahen Temperaturdaten eine Er-wärmung von (global gemittelt) 0,3 °Canzeigen, die Satellitendaten dagegen ei-ne Abkühlung von 0,06 °C. In diesem Fallist den Autoren entgangen (vgl. Nature394, 661 (1998)), dass der aus Satelliten-messungen abgeschätzte globale Abküh-lungstrend 1979-1995 von 0,05 K proDekade (so die Originalliteratur) nachFehlerkorrektur nun 0,07 K Erwärmungpro Dekade beträgt, was recht genau dembodennahen säkularen Trend entspricht,obwohl sich die Satellitendaten auf etwa3,5 km Höhe beziehen und nicht so genausind, wie manche Laien meinen. BeimMeeresspiegel wird behauptet (S. 221),dass er in Zukunft absinken würde, weilsich die (polaren) Eismassen vergrößern.Die thermische Expansion des Ozeanswird dabei schlicht übergangen.

Ebenfalls im Kap. 11 wird zwar mit Blickauf künftige Klimaänderungen festge-stellt, dass „so viele Faktoren im Klima-verbund“ zusammenwirken, „dass manschnell den Überblick verliert“ (wie wahr,was die Autoren betrifft), andererseits –im Widerspruch dazu – behauptet: „...Wichtig sind heute aber die verschiedenlangen Sonnenfleckenzyklen, da sie dienahe Klimazukunft lenken werden“. Istdas die im Vorwort angekündigte Versach-lichung der Klimadiskussion und der imBuchuntertitel versprochene „Schlüsselfür die Zukunft“? Sicher nicht, eher einMusterbeispiel für einseitige und subjek-tive Betrachtungsweise. Übrigens gibt esIndizien dafür, dass dieses Buch inerheblicher Stückzahl kostenlos zumin-dest im Bereich Politik/öffentliche Ver-waltung und Medien verteilt worden ist,was teilweise die 3. Auflage bereits einJahr nach Erscheinen erklären könnte.Auch das ist für ein angebliches Fachbuchungewöhnlich. Angesichts der eklatantenDefizite hinsichtlich physikalischer undmeteorologischer Grundlagen, Modellie-

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rung und statistischer Diagnostik desKlimas kann dem einigermaßen meteo-rologisch vorgebildeten Leser dieses Buchnur dann empfohlen werden, wenn er sichdie Lektüre der Kapitel 2, 4, und 11 nichtantut.

C.-D. Schönwiese, Frankfurt a.M.

WEIKINN, C: Quellentexte zur Witte-rungsgeschichte Europas, von der Zeiten-wende bis zum Jahre 1850 – Hydrogra-phie, Band I,Teil 5 (1751-1800), – Hrsg. M.Börngen und G.Tetzlaff,VIII,674 S.,Gebr.Borntraeger, Berlin -Stuttgart, 2000, ISBN3-443-01044-X.

Wer Aussagen über das Klima der Zu-kunft machen will, muss dessen Vergan-genheit kennen. Diese Erkenntnis, dieheute im Rahmen der zu beobachtendenKlimaänderungen immer mehr an Bedeu-tung gewinnt, war schon Weikinn bewusst,als er 1958 den ersten Band seiner histo-rischen Daten, in mühsamer Kleinarbeitzusammengetragen, veröffentlichte. Dreiweitere Bände folgten. Mit seinem Tod1966 wurde diese außerordentlich wichti-ge Arbeit unterbrochen.Es ist deshalb denHerausgebern des jetzt vorliegenden 5.Bandes, Boerngen und Tetzlaff, hoch an-zurechnen, das noch von Weikinn zusam-mengetragene Material zu sichten, aufzu-bereiten und einer breiten Öffentlichkeitzugänglich zu machen.

Wie in den vorangegangenen Bändenwurden die durch Aufzeichnungen beleg-ten Witterungsextreme in Europa in ihrerzeitlichen Abfolge gelistet einschließlichder sie beschreibenden Texte. Hierbeihandelt es sich im wesentlichen um hydro-logische Extreme wie Überschwemmun-gen, Trockenheiten, Eisgang etc. von de-nen 4838 beschrieben werden. Bis auf dielateinischen Texte, die auch in ihrer Über-setzung angegeben sind,werden alle ande-ren in ihrer ursprünglichen Sprache vor-gestellt, so dass ein Sprachenunkundiger,trotz der am Druckrand ausgewiesenenund in Deutsch abgefassten Kurzcharak-teristik, beim Lesen Probleme bekommtdie Informationen voll zu erfassen. Hierwäre ebenfalls eine Übersetzung notwen-dig gewesen. Ebenso schmerzlich wird derNutzer eine Karte der Quellen vermissen,die ihm einen Überblick darüber vermit-telt, in welchen Regionen Europas dieInformationen in einer für klimatologi-sche Untersuchungen ausreichenden Dichtevorliegen und in welchen nicht. So be-kommt man zum Beispiel beim flüchtigenDurchsehen des geographischen Index’den Eindruck, dass für den osteuropäi-schen Raum erheblich weniger Quellenvorhanden sind als für Mittel- und West-europa.

Der schon erwähnte geographische Indexsowie ein alphabetisches Quellenver-zeichnis, ein Verzeichnis der alten Maßeund ein Abkürzungsverzeichnis vervoll-

ständigen das 674 Seiten starke Nach-schlagewerk. Allerdings kann man sichauch noch andere, als die im Buch vor-handenen Zusammenfassungen vorstel-len, wie zum Beispiel eine nach den Extre-men (Überschwemmungen, feuchte, heißeoder trockene Perioden) geordnete, diefür einen schnellen Überblick über dievergangene Klimaentwicklung sehr hilf-reich wären.

Einen Wunsch gilt es am Ende dieserkurzen Buchbesprechung noch zu äußern:Im Zeitalter der elektronischen Daten-verarbeitung wäre eine Bereitstellungdieser Daten, einschließlich der bereitserschienenen Bände, auf einem entspre-chenden Datenträger (CD) in einer Daten-bank sehr erfolgversprechend und vonaußerordentlich hohem Nutzen, wie diebereits an den Universitäten Bern undWürzburg dazu gemachten Erfahrungenzeigen.

Bis dieser Wunsch in Erfüllung geht, kannjedem,der sich mit der historischen Klima-entwicklung in Europa befasst, nur drin-gend empfohlen werden, bei seinen Unter-suchungen auf diese sicher einmaligeDatenquelle zurückzugreifen.

F.-W. Gerstengarbe,P.C.Werner, Potsdam

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Einer der ältesten Wetterdienste der WeltEiner Initiative der Österreichischen Aka-demie der Wissenschaften folgend bewilligteKaiser Franz Joseph mit AllerhöchsterEntschließung vom 23. Juli 1851 die Errich-tung „…einer Centralanstalt für meteorolo-gische und magnetische Beobachtungen“ – derZentralanstalt für Meteorologie und Erd-magnetismus, die damit zu den weltweitältesten Institutionen ihrer Art zählt.Auch inder internationalen Zusammenarbeit derWetterdienste spielte Österreich eine histo-rische Rolle: anlässlich des ersten meteoro-logischen Weltkongresses 1873 in Wien wurdedie Vorläuferorganisation der heutigen WMO(World Meteorological Organization) insLeben gerufen.1904 wurde der Zentralanstaltper Erlass der gesamte Erdbebendienst fürÖsterreich übertragen,was auch die Namens-änderung in „Zentralanstalt für Meteorologieund Geodynamik“ (ZAMG) nach sich zog.Das historische Hauptgebäude der Zentral-anstalt konnte nach umfangreichen Renovie-rungsarbeiten im Juni 1999 wieder in Betriebgenommen werden. Von Anfang an für den

Wetter- und Erdbebendienst geplant,vereintedas Bauwerk für mehr als ein JahrhundertFunktionalität und architektonischen Akzentauf besonders harmonische Weise. Abb. 1zeigt den markanten Bau auf der HohenWarte in Wien-Döbling – ein Werk des Archi-tekten Heinrich von FERSTEL aus dem Jahr1872 – kurz nach seiner Fertigstellung. NachBombentreffern im Weltkrieg nur notdürftigrepariert, verfiel die Bausubstanz jedoch all-mählich. Auch die rapide steigenden Anfor-derungen an die technische Infrastruktur ei-nes modernen Wetter- und Erdbebendiensteskonnten zuletzt kaum noch erfüllt werden.ImZuge der Renovierung wurde das denkmalge-schützte Haus wieder zur Gänze in den ur-sprünglichen Bauzustand versetzt, aber demStand der Technik entsprechend ausgerüstet.Es trägt jetzt den Namen „Julius Hann-Haus“,benannt nach einem der berühmtestenösterreichischen Meteorologen: Julius v.Hann,3.Direktor der Zentralanstalt von 1877bis 1897.

StatusHeute ist die Zentralanstalt mit ihren Regio-nalstellen für Salzburg und Oberösterreich,für Kärnten, für Tirol und Vorarlberg und fürdie Steiermark, als teilrechtsfähige Einrich-tung des Bundes ein moderner Dienstleis-tungsbetrieb.Rechtlich ist die ZAMG als wissenschaftlicheBundesanstalt (keine Behörde!) eine demBundesministerium für Bildung,Wissenschaftund Kultur nachgeordnete Dienststelle. IhreAufgaben sind im Forschungsorganisations-gesetz (FOG) festgelegt. Mit einer Novellezum FOG wurde sie 1990 mit der so genann-ten „Teilrechtsfähigkeit“ ausgestattet: dieser

Rechtstitel erlaubt es, nicht nur wissenschaft-liche Arbeiten im Auftrag Dritter durchzu-führen, sondern auch mit diesen Einnahmenin eigener Verantwortung zu wirtschaften.DieRechtspersönlichkeit ist nur eine teilweise,dadie Aufnahme von Krediten und Spekula-tionsgeschäfte untersagt sind. Auch sindausreichende Rücklagen zu bilden, um dieGeschäftstätigkeit entsprechend abzusichern.Darüber hinaus gehende Gewinne stehen zurfreien Verfügung.Wiederholt wurden regierungsseitig Initiati-ven gesetzt, um die öffentliche Verwaltungschlanker und effizienter zu machen. Dabeifiel schon vor längerer Zeit ein kritischerBlick auf die Tatsache, dass in Österreich dreistaatliche Wetterdienste existierten:

• die Zentralanstalt für Meteorologie undGeodynamik (im Wissenschaftsressort)

• der Flugwetterdienst im Bundesamt fürZivilluftfahrt (im Verkehrsressort)

• der Militärische Wetterdienst (im Vertei-digungsressort)

Verschiedene Szenarien von Teilzusammen-legungen bis zur gänzlichen Vereinheitlichungwurden in der Vergangenheit mittels Kosten-und Synergieanalysen geprüft, befürwortet,bestritten und letztlich wieder verworfen.Ende 1993 wurde schließlich das Bundesamtfür Zivilluftfahrt aus der direkten Bundes-

Blick nach draußen

150 Jahre Zentralanstalt für Meteorologieund Geodynamik

VorwortIn Erfüllung seiner gesetzlichen Aufgaben arbeitet der DWD seit Jahrzehnten mit den in der WMO zusammengeschlossenenmeteorologischen Diensten erfolgreich zusammen.Wie auch der DWD haben diese ihre eigene geschchtliche Entwicklung durchlaufen, dieauf vielfältige Weise von dem politischen Umfeld in dem betreffenden Land geprägt wurde. Als Ergebnis weist jeder Dienst ihn besonderskennzeichnende Eigenheiten auf. Da in dem zusammenwachsenden Europa das Wissen um die Aufgaben der Kolleginnen und Kollegen inden anderen Diensten immer wichtiger wird, sollen in loser Folge die einzelnen meteorologischen Dienste vorgestellt werden.Ich freue mich, dass die ZAMG, die im letzten Jahr ihr 150jähriges Jubiläum feiern konnte, meinem Wunsch nach einem Beitrag gerne gefolgt ist.

U. GärtnerPräsident des Deutschen Wetterdienstes

Abb. 1: ZAMG – historisches Gebäude(HANN-Haus)

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verwaltung ausgegliedert und in eine Gesell-schaft mit beschränkter Haftung (im alleini-gen Besitz des Bundes) mit dem Namen„Austro Control“ übergeführt.Derzeit (Anfang 2002) sind intensive Vorbe-reitungen im Gang, die ZAMG ebenfalls aus-zugliedern und mit dem Flugwetterdienst derAustro Control zu fusionieren; ein Abschlussdürfte im Laufe des Jahres 2002 zu erwartensein. Ob und in welcher Form Synergien mitdem militärischen Wetterdienst genutztwerden sollen, ist derzeit noch in Diskussion.

FachbereicheNachfolgend werden aus den Tätigkeiten dereinzelnen Fachbereiche Schwerpunkte her-vorgehoben, die hinsichtlich der Art bzw. derIntensität der Beschäftigung nicht für jedenWetterdienst selbstverständlich erscheinen.Im Besonderen gilt dies für die Bereiche Um-weltmeteorologie und Geophysik.

Fachbereich SynoptikDas Interesse öffentlicher und privater Stel-len an den Leistungen des Prognosendienstes,wie Wettervorhersagen, Wettermeldungen,Sturm- und Glatteiswarnungen etc. ist sehrgroß. Insbesondere Rundfunk und Fernse-hen, Printmedien, der Telefonauskunftsdienstund in neuerer Zeit auch Informationsseitenim Internet, liegen im Spitzenfeld bei derVerbreitung von Wettermeldungen und Wet-tervorhersagen.Im Rahmen der Verpflichtungen, die sich ausdem Smogalarmgesetz ergeben, werden denÄmtern der Landesregierungen und demöffentlichen Rundfunk im Anlassfall speziellePrognosen für die zu erwartende Entwicklungder Belastungssituation übermittelt. FürKrisenfälle mit nuklearem oder chemischemMaterial sind Notfallroutinen in Zusammen-arbeit mit dem Bereich Umweltmeteorologieeingerichtet und werden regelmäßig im Rah-men von Übungen auf ihre Einsatzbereit-schaft überprüft.Satellitenbilder sind zu einem unersetzlichenHilfsmittel für die Wetterprognose und Klima-forschung geworden. Die bloße Betrachtungvon ruhenden oder in Folge ablaufenden Sa-tellitenbildern macht nur einen kleinen Teilder darin enthaltenen Informationsvielfalt zu-gänglich.Bei der Entwicklung und Anwendungbesonders ausgeklügelter Verfahren zur Infor-mationsverwertung sind österreichische Wis-senschaftler international führend vertreten.Die österreichische Version des spektralenRegionalmodells ALADIN (133x117 Gitter-punkte, horizontale Auflösung: 9,6 km, 31Schichten) liefert zweimal täglich stündlicheVorhersagen bis +48 Stunden. Gekoppelt ist

ALADIN mit dem Modell ALADIN-LACEam CHMI in Prag, das seinerseits an dasglobale Modell ARPEGE bei Météo Francein Toulouse gekoppelt ist. Besonders bewährthaben sich die Modellergebnisse im Zusam-menhang mit dem Zufluss zu Wasserkraft-werken sowie bei der Vorhersage der Flug-zeug-Vereisung. Jüngst fertiggestellt wurdeein Visualisierungsprogramm (AcuVis), daseinen schnellen und flexiblen Zugang zu denVorhersagefeldern am Boden und in derHöhe ermöglicht:eine Windows-ähnliche Be-nutzeroberfläche bietet Zeitschleifen sowieVertikalschnitte beliebiger Länge und Orien-tierung und kann mit Topographie, Flüssenund Seen, Grenzen etc. unterlegt werden.

Fachbereich KlimatologieDieser Fachbereich befasst sich mit der Er-stellung, Bearbeitung und Auswertung mög-lichst langjähriger Mess- und Beobachtungs-reihen, um Aussagen über die klimatologi-schen Verhältnisse eines größeren Gebietesoder auch eines Ortes machen zu können.Dazu stehen der Zentralanstalt in ganz Öster-reich mehr als 300 Stationen zur Verfügung:Klima-, Synop-, Sonnenschein-, teilautoma-tische und agrarmeteorologische Stationen.Die gewonnenen Daten bilden nach erfolgterKorrektur und Auswertung und in übersicht-liche Darstellung gebracht die Grundlage fürdie weitere wissenschaftliche Arbeit.In jüngerer Zeit haben alternative Methodender Energiegewinnung, insbesondere dieNutzung der Windenergie, stark an Bedeu-tung gewonnen. Zur notwendigen Standort-optimierung ist eine genaue Schätzung deserzielbaren jährlichen Energieertrages einerAnlage entscheidend, die neben den techni-schen Gegebenheiten der Turbine wesentlichvon den Windverhältnissen abhängt.Aus denvorliegenden langjährigen Windmessdatenkann ein meteorologisch repräsentativesWindfeld mittels bestimmter modellmäßigerAnsätze unter Berücksichtigung der gegebe-nen Bodenrauhigkeits- und Stabilitätsver-hältnisse sowie der Geländegestaltung abge-leitet werden.Einen Schwerpunkt in der angewandten For-schung dieses Fachbereichs bildet die Hagel-forschung. Seit 1981 ist ein Projekt im Gang,das in einem Beobachtungsnetz mit 380 Mess-stellen (mittlerer Abstand 2 km) mit Hilfe vonTestplatten aufgetretene Hagelschläge doku-mentiert.Die 2 cm dicken Testplatten (0,1 m2)bestehen aus verdichtetem Styroporschaumund sind senkrecht nach den vier Hauptwind-richtungen und waagrecht exponiert. DasHerstellen einer Beziehung zwischen Ab-druckgröße und Hagelkorndurchmesser er-

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möglicht eine Kalibrierung. Die Wirksamkeitvon Hagelabwehrmaßnahmen (Silberjodid-impfung aus Flugzeugen) kann mit den Datender mittlerweile 20jährigen Reihe nun objek-tiv bewertet werden.

Sonnblick-ObservatoriumIn 3106 m Seehöhe auf dem Hohen Sonnblick(Nationalpark Hohe Tauern) befindet sichdas meteorologische Observatorium, s. Abb.2. Seit der Eröffnung im September 1886werden hier Messungen und Beobachtungendurchgeführt,und zwar ohne Unterbrechung:auch in den beiden Weltkriegen wurde nichtein einziger Termin versäumt. Neben denkonventionellen meteorologischen Messun-gen und Beobachtungen gibt es eine Vielzahlvon Messprogrammen für umweltrelevanteGrößen wie Ozon, Radioaktivität, UV-Strah-lung, Luft- und Niederschlagschemie usw.Abb. 3 führt den Blick über ein WADOS-Gerät (Wet And Dry Only Sampler) imSchein der tiefstehenden Sonne zur maleri-schen Gipfellandschaft der Hohen Tauern.Wertvolle Studien über die Massenbilanz derGletscher lassen einen Zusammenhang zwi-schen der einzigartigen Klimareihe und den Gletscherschwankungen erkennen. ImVerband der GAW(Global AtmosphericWatch)-Stationen ist der Sonnblick eineReferenzstation der Hintergrundbelastung.Das Observatorium steht Forschern verschie-dener naturwissenschaftlicher Wissensgebie-te als ganzjährig nutzbarer Stützpunkt aufeinem exponierten Berggipfel zur Verfügung.

Abb. 2: Sonnenblickobservatorium vonRaureif bedeckt

Abb. 3: Blick über WADOS-Geräte auf dieHohen Tauern

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170 promet, Jahrg. 27, Nr. 3/4, 2002150 Jahre ZAMG, Wien

Fachbereich UmweltmeteorologieDer rasch wachsende Bedarf an Beratung undBeurteilung im Verlauf behördlicher Geneh-migungsverfahren bei Errichtung und Betriebindustrieller Anlagen erforderte bereits 1977die Gründung eines eigenen Fachbereichs ander Zentralanstalt.Waren in den vorangegan-genen Jahren zunächst nur einzelne Gutach-ten zur Bestimmung von Schornstein-Min-desthöhen ausgearbeitet worden, so machtenGroßvorhaben wie Kraftwerksplanungen nunauch eine erweiterte regionale Begutachtungerforderlich. Die Bezeichnung „Umwelt-meteorologie“ war aus sprachlichen Gründennoch auf Jahre hinaus strittig: letztlich ist dieMeteorologie als Sachgebiet nicht ohne Sinn-zusammenhang mit der Umwelt denkbar.DerSinnbezug des Wortes „Umwelt“ zu ökologi-schem Denken hat diese Skepsis mittlerweilebeseitigt und auch in anderen Sprachen zueiner analogen Verknüpfung beider Begriffegeführt.Die Erstellung von Gutachten im Rahmenvon Umweltverträglichkeitsprüfungen, Ver-ursacheranalysen etc. ist eine praktische An-wendung von Ausbreitungsmodellen. Groß-industrielle Anlagen, kalorische Kraftwerke,Müllverbrennungsanlagen, Mülldeponien,gewerbliche Betriebe, Heizungsanlagen, Ver-kehr etc. setzen eine Vielzahl von luftverun-reinigenden Substanzen frei.Wie diese Emis-sionen in der Atmosphäre transportiert undverdünnt werden, kann mit Hilfe von Aus-breitungsmodellen simuliert werden; siebeschreiben mathematisch-physikalisch denTransportvorgang von Luftbeimengungen inder bodennahen Atmosphäre in Abhängig-keit von meteorologischen Kenngrößen.Ein Aufgabenfeld, das durch den Tscherno-byl-Unfall 1986 große Aktualität erlangte undseither mit besonderer Aufmerksamkeit ge-pflegt wird, ist die Krisenfallvorsorge. Für diemeteorologische Beratung im Anlassfall wur-de das Krisenmodellsystem TAMOS an derZAMG entwickelt und installiert.Das Modellbesteht aus einem großräumigen prognosti-schen Trajektorien- und Ausbreitungsmodellund einem mesoskaligen diagnostischen Wind-feld- und Trajektorienmodell. Für die rascheHandhabung im Krisenfall gibt es eine eigeneBenutzeroberfläche. Die Berechnung vonVorwärtstrajektorien informiert über dieRegion, die von einer festgestellten Schad-stoffwolke betroffen sein wird, Rückwärts-trajektorien gestatten die Bestimmung derHerkunft von Luftpaketen, die bestimmteOrte bereits erreicht haben.

Das Team steht auch für den Einsatz in Mess-kampagnen zur Verfügung: mittels speziali-sierter Messanordnungen (Fesselballonson-den, Akustik-Radar usw.) werden lokalkli-matische Standort-Eigenschaften hinsichtlichder Ausbreitungsverhältnisse für Luftbei-mengungen erkundet und liefern die Grund-lage für sehr präzise Belastungsabschätzungen.

Fachbereich GeophysikZu den klassischen Aufgabengebieten desGeophysikalischen Dienstes, nämlich derErfassung von Erdbeben und der Messungder Struktur des Erdmagnetfeldes, haben dieAnforderungen der neueren Zeit auch neueArbeitsbereiche eröffnet.Erschütterungen, hervorgerufen durch Indu-strieanlagen, Schienenverkehr, Autostraßenund Bautätigkeit können eine Beeinträch-tigung der Lebensqualität bedeuten undandererseits ein Gefahrenmoment darstellen.Diese Schwingungen können mit einemSchwingungsgenerator in kontrollierter Wei-se simuliert und ihre Auswirkungen durchempfindliche Messverfahren dokumentiertwerden.Der Geophysikalische Dienst verfügtdafür über einen selbst entwickelten Gene-rator von der Größe eines schweren Last-wagens und über die erforderliche Ausrüs-tung mit Messgeräten. Das Verfahren wirdunter dem Markenzeichen VibroScan® kom-merziell im In- und Ausland eingesetzt. Eseignet sich auch zur Untersuchung der Eigen-

schwingung von Brücken und Talsperrensowie zur Bestimmung der Übertragungs-funktion von Schwingungen im Untergrund.Abb. 4 zeigt den Einsatz des Gerätes.Im Bereich der archäologischen Forschung,aber auch bei der Genehmigung von Bau-projekten ist es oft erforderlich,ein Gebiet aufdas mögliche Vorhandensein archäologischwertvoller Funde abzutasten. In der Vergan-genheit war es nötig, diese Untersuchungenmittels zeit- und arbeitsaufwendiger Probe-grabungen durchzuführen. Eine äußerstempfindliche magnetische Prospektionsme-thode ermöglicht die Auffindungoberflächennaher Objekte und Strukturenund arbeitet zudem völlig zerstörungsfrei.Auch diese österreichische Entwicklung wirdweltweit kommerziell eingesetzt unter demMarkenzeichen ArcheoProspections®.

ADV und TECHNIKDatenverarbeitung und Technik bilden densogenannten „Support“-Bereich der ZAMG.Die Tätigkeit in diesen beiden Einheitenbeschränkt sich keineswegs nur auf dieAufrechterhaltung eines reibungslosenBetriebes, wie etwa die einwandfreieFunktion der beachtlichen Rechnerkapa-zitäten und -anbindungen oder die klagloseFunktion des Netzes automatisch meldenderMessstellen. Vielfach konnten und könneneigene Entwicklungen von Software undHardware großes Interesse bei anderenInstitutionen hervorrufen und im Rahmenvon Lizenzverträgen anderen Nutzern zurVerfügung gestellt werden.

REGIONALSTELLENEin Großteil der Dienstleistungen, vor allemaus den Fachbereichen Synoptik undKlimatologie,wird von den Regionalstellen inInnsbruck, Salzburg, Graz und Klagenfurtdirekt angeboten. Für Interessenten undKunden sind der nahe Kontakt und häufigauch die besonders gute Kenntnis undErfahrung der Fachleute mit denGegebenheiten im regionalen Umfeld vonVorteil.

17. Jänner 2002G. Zapletal

Zentralanstalt für Meteorologie und Geo-dynamik, A-1190 Wien, Hohe Warte 38Tel.: (+43 1) 36 0 26-0, Fax: (+43 1) 369 12 33http://www.zamg.ac.at, [email protected]

Abb. 4: VibroScan®-Einsatz an altenViadukten einer Bahnverbindung in Wien

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171promet, Jahrg. 27, Nr. 3/4, 2002

Geschichte

Das Leipziger Meteorologische Institutkann auf eine fast 100-Jährige Traditionzurückblicken. Als Geophysikalisches In-stitut wurde es am 1. Januar 1913 gegrün-det. Es war damit das erste Institut fürPhysik der Atmosphäre und Meteorologiein Deutschland. Erster Lehrstuhlinhaberwar Vilhelm Bjerknes.Kriegsbedingt legtedieser 1917 die Leitung des Instituts nie-der und folgte einem Ruf nach Bergen.

Seit 1923 hatte Ludwig Weickmann (1882-1961) den Lehrstuhl inne. In der Öffent-lichkeit wurde Weickmann durch die Teil-nahme an aufsehenerregenden Forschungs-reisen bekannt, so z.B. die Leitung derPolarfahrt des Luftschiffes LZ127 („GrafZeppelin“) im Jahr 1931. Das Geophysi-kalische Institut erhielt seinen unver-wechselbaren Charakter durch das Geo-physikalische Observatorium Collm, etwa50 km östlich von Leipzig. Erbaut unterschwierigsten wirtschaftlichen Bedingun-gen wurde es im Oktober 1932 in Betriebgenommen.

Im Frühjahr 1956 begann am Geophysi-kalischen Observatorium Collm die Er-forschung der Hochatmosphäre. DieserZweig wird dort als Forschungsrichtungbis heute fortgeführt. Speziell widmete mansich der systematischen Untersuchung derWindsysteme in der oberen Mesopausen-region über Mitteleuropa. 1957 riefSchneider-Carius das Maritime Obser-vatorium auf der Ostseehalbinsel Zingst insLeben, um die Forschungen des Institutsauch auf die Ozeanographie zu erweitern.

Im Zuge der 1968 beginnenden III. Hoch-schulreform wurden sämtliche geowissen-schaftlichen Institute der Leipziger Uni-versität aufgelöst. Einige Wissenschaftlerdes Geophysikalischen Instituts gingen andie HU Berlin;die übrigen Mitarbeiter unddie Einrichtungen des GeophysikalischenInstituts wurden in den Fachbereich Geo-

physik der neuen Sektion Physik einge-gliedert. Während die Lehre nach 1971fortan von der Nebenfachausbildung fürStudenten der Physik und von Weiter-bildungsveranstaltungen bestimmt war,beinhaltete die Forschung atmosphärischeund ozeanographische Umweltproblemeund die Weiterführung der Forschungs-arbeiten an den Observatorien Collm undZingst. Die große räumliche Distanz zwi-schen Leipzig und Zingst machte es jedochnach der Wiedervereinigung notwendig,die Forschungsarbeiten weitgehend aufLeipzig zu konzentrieren. Die AußenstelleZingst wird seither vorwiegend für diestudentische Ausbildung genutzt, währendin Collm hochatmosphärische Messungendurchgeführt werden.

Nach der Vereinigung Deutschlands wurdewieder mit der Ausbildung von Diplom-Meteorologen begonnen. Bald wurdendas Institut für Troposphärenforschunge.V. (1992) unter der Leitung von JostHeintzenberg und das Institut für Meteo-rologie an der Universität Leipzig (De-zember 1993) unter der Leitung von GerdTetzlaff gegründet. Das neue Institut fand

sein Domizil im erhalten gebliebenenNebengebäude der Sternwarte (Abb. 1).

Zur Zeit studieren etwa 120 Studenten imStudiengang Meteorologie an der Univer-sität Leipzig. Diesen stehen zur Zeit 18Wissenschaftler (davon 7 auf Planstellen,11 auf Drittmittelstellen) und 6 Mitarbei-ter im technischen und Verwaltungsdienstgegenüber. Lehre und Forschung werdenauch in Zusammenarbeit mit dem Institutfür Troposphärenforschung durchgeführtAktuelle Informationen über das Institutfindet man im Internet unter http://www.uni-leipzig.de/~meteo.

Aktuelle Forschungsrichtungen am Institut

Mehrere Arbeitsgruppen des LeipzigerInstituts für Meteorologie bearbeitenaktuelle meteorologische und klimatolo-gische Probleme, meist mit finanziellerUnterstützung der DFG, des BMBF oderanderer Drittmittelgeber. Die Gruppenlassen sich einteilen in „Allgemeine Mete-orologie“, „Theoretische Meteorologie“,„Hochatmosphäre“ und „Strahlung, Wol-ken und Fernerkundung“.

Allgemeine Meteorologie

Die Arbeitsgruppe „Allgemeine Meteo-rologie“ befasst sich insbesondere mit derAnalyse langer – auch historischer – Zeit-reihen. Die Untersuchungen erstreckensich u.a. auf Hochwasserereignisse derElbe und der Oder in den letzten 1000Jahren und andere extreme Klima- undWetterereignisse, Quantifizierung derNordhemisphärenvereisung im Pliozän,sowie den Antriebsmechanismen desIndischen Monsuns im Holozän. Für diestatistischen Untersuchungen werdenunter anderem auch Quellentexte zurWitterungsgeschichte ausgewertet undaufbereitet (Abb. 2).

Das zweite wesentliche Arbeitsgebiet derGruppe ist die Untersuchung der atmo-

Institute stellen sich vor

CH. JACOBI, G.TETZLAFF,W. METZ,TH.TRAUTMANN

Das Meteorologische Institut der Universität Leipzig

Abb. 1: Das ehemalige „Turmhaus“, einNebengebäude der im Krieg zerstörtenUniversitätssternwarte, ist das Domzil desInstituts für Meteorologie

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der Ausbreitung von Rossbywellen ausder Troposphäre in die Stratosphäre. DerFokus liegt hierbei in der südlichenHemisphäre, wobei der Anregung durchtroposphärische synoptische Wellen einebesondere Bedeutung beigemessen wird.

Ein weiterer Schwerpunkt befasst sich mitder interannualen bis dekadischen Klima-variabilität. Hier kommen sowohl statis-tische (singuläres Spektrum) als auchdynamische Methoden zum Einsatz. Imeinzelnen wurden quasi-oszillatorischeStrukturen in Ozean und Atmosphäreuntersucht. Von besonderem Interesse istdabei die Frage nach den zugeordnetenphysikalischen Antriebsmechanismen. Die-ser Frage wird im Rahmen einer linearenquasi-geostrophischen Modellierungsstra-tegie nachgegangen,wobei eine Antriebs-kovarianzmatrix mit Hilfe des „Fluktua-tions-Dissipations-Theorems“ (FDT) be-stimmt und die wichtigsten Antriebsstruk-turen durch Singulärwertzerlegung dieserKovarianzmatrix erhalten werden. Abb. 4ist eine Visualisierung (im Gitterpunkts-raum) der interannualen Kovarianzmatrixder 300 hPa Stromfunktion, die mittelsFDT berechnet wurde.

Hochatmosphäre

Die Arbeitsgruppe beschäftigt sich mitPhänomenen und Prozessen in der mittle-ren und oberen Atmosphäre.Dies umfasstdie Bereiche Stratosphäre, Mesosphäre,untere Thermosphäre und Ionosphäre.Grundlagen sind die Langzeitmessungendes Windes im Mesopausenbereich an derAußenstelle Collm; bei der Interpretationwerden vor allem langfristige Variationenund mögliche Einflüsse der unterenSchichten auf die Hochatmosphäre unter-sucht (Abb. 5). Weitere Arbeitsschwer-punkte sind die Modellierung der mittle-ren und oberen Atmosphäre, die Analysevon GPS-Atmosphärendaten und die To-mographie der Ionosphäre. Insbesonderedie experimentellen Arbeiten werden inZusammenarbeit mit einer großen Anzahlnationaler und internationaler Institutio-nen durchgeführt.

Strahlung,Wolken und Fernerkundung

In der Arbeitsgruppe „Strahlung, Wolkenund Fernerkundung“ ist das wesentlicheZiel der durchgeführten Forschungsarbei-ten die Entwicklung von Modellen für dieSimulation des atmosphärischen Strah-

172 promet, Jahrg. 27, Nr. 3/4, 2002Das Meteorologische Institut der Universität Leipzig

sphärischen Grenzschicht. Neben Arbei-ten zum äolischen Sedimenttransport undzur Nutzung regenerativer Energie ist hiervor allem die tomographische Untersu-chung der untersten Schichten mit Hilfeakustischer Verfahren zu nennen. Dieakustische Tomographie bestimmt dieAusbreitungsgeschwindigkeiten von Schall-signalen innerhalb eines Messgebietes aufverschiedenen, sich überschneidendenMessstrecken (Abb. 3). Eine synoptischeInformation über die räumlich aufgelösteVerteilung der Temperatur,die sich auf dieSchallgeschwindigkeit auswirkt,wird durchdie Invertierung aller Einzelmessungengewonnen, die das Messgebiet aus ver-

schiedenen Blickwinkeln betrachten. DasVerfahren der akustischen Laufzeittomo-graphie bietet damit die Möglichkeit einerräumlich gemittelten oder dreidimensio-nal aufgelösten Messung.

Theoretische Meteorologie

Forschungaktivitäten befassen sich vorallem mit dynamischen Mechanismen derlangfristigen atmosphärischen Variabilität.Ein Schwerpunkt liegt in der Untersu-chung von Prozessen, die für die Bildungund Auflösung von Großwetterlagen (Blo-ckierenden Hochs) verantwortlich sind.Ein anderes Projekt beschäftigt sich mit

Abb. 2: Anzahl der Quellentexte pro Jahr zu extremen Hochwasserereignissen, nach denhydrographischen „Quellentexte zur Witterungsgeschichte Europas von der Zeitwendebis zum Jahr 1850“ von C. Weikinn. Hydrologisch „bemerkenswerte“ Jahre treten durcheinen sprunghaften Anstieg an Texten hervor.

Abb. 3: Tomogramme der virtuellen Lufttemperatur (Abweichungen vom Flächemittel,rot positiv, blau negativ) am 1.8.2000 (links 16:00, rechts 23:00 MEZ). S1-S6 Sender,R1-R6 Empfänger. Messungen in einem Park, mit einem Teich am rechten unteren Randdes Messbereichs.

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lungsfeldes zur Bestimmung des Strah-lungsantriebes und für die photochemischrelevante Strahlung, zur Simulationmikrophysikalischer Prozesse für dasatmosphärische Aerosol (Größenwachs-tum, Koagulation, Multikomponenten-aerosol, optische Eigenschaften) und zurBerechnung mikrophysikalischer Mecha-nismen in Wolken wie Kondensations-wachstum, Kollision-Koaleszenz von Wol-kentropfen und Niederschlagsbildung.Weiterhin wird die Entwicklung wolken-dynamischer Modelle mit expliziter undparametrisierter Teilchen-Mikrophysik,die Entwicklung mesoskaliger Modelle,z.B. für die Simulation von Stofftrans-porten, der Wechselwirkung von Bodenund Vegetation mit der planetarischenGrenzschicht oder der Entwicklung vonNebelvorhersagemodellen betrieben. Ar-beitsgebiet ist auch die Bestimmung vonphysikalischen Parametern der Atmo-sphäre mittels passiver und aktiverFernerkundungsverfahren. Eine wichtigeRolle kommt der Überprüfung der entwi-ckelten Modelle mit Hilfe von Messungenaus unterschiedlichen Quellen zu.

Anschrift des Instituts

Institut für Meteorologie Universität LeipzigStephanstr. 304103 LeipzigTel.: 03 41 / 97-328 50Fax: 03 41 / 97-328 99http://www.uni-leipzig.de/~meteo

Autoren:Prof. Dr. Christoph JacobiProf. Dr. Gerd TetzlaffProf. Dr.Werner MetzPriv.-Doz. Dr.Thomas Trautmann

173promet, Jahrg. 27, Nr. 3/4, 2002 Das Meteorologische Institut der Universität Leipzig

Abb. 4: Interannuale (Wintermittel) Kovarianzmatrix der 300 hPa Stromfunktion;berechnet mittels FDT unter Verwendung von NCEP Reanalysedaten 1958-1998. Dasauffallende Maximum im Nordostpazifik weist auf die starke interannuale Variabilität derPazifisch-Nordamerikanischen Telekonnektion hin.

Abb. 5: Zeitreihe des zonalen Windes (blau) in der Mesopausenregion im Winter überCollm und NAO-Index (rot) als Beispiel der Kopplung zwischen der unteren und oberenAtmosphäre, sowie Korrelationskoeffizienten zwischen beiden Größen im Jahresgang.

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174 promet, Jahrg. 27, Nr. 3/4, 174-176 (Juni 2002)© Deutscher Wetterdienst 2002

In den vergangenen 2 Jahren war wiederholt in denMedien über Wetterderivate zu hören und zu lesen. Dabeifielen häufig Worte wie „Wetten auf das Wetter“, wasmanchen Außenstehenden eher zu einer abwartendenHaltung gegenüber diesem neuen Produkt auf dem Ver-sicherungsmarkt veranlasste. Doch stellt der Abschlusseines Wetterderivates eine seriöse Möglichkeit dar, unter-durchschnittliche Firmenumsätze von wetterabhängigenProdukten gegen eben dieses Wetterrisiko abzusichern.

Ein Beispiel eines abgeschlossenen Wetterderivates inDeutschland, über dass im vergangenen Jahr des öfterenin der Presse zu lesen war, war der Dahlenburg-Deal. DieFAZ meldete in ihrer Ausgabe vom 29.09.2001:„Erstmalsist in Deutschland ein Wetterderivat ausgezahlt worden.Das Elektrizitätswerk im niedersächsischen Dahlenburgerhielt damit einen finanziellen Ausgleich für entgangeneUmsatzerlöse, weil Landwirte aus ihrer Region wegen desfeuchten Sommerwetters weniger Strom für ihre Be-regnungsanlagen abnahmen als geplant. ...“

Das Elektrizitätswerk bekam einen vierstelligen Betragpro Millimeter Niederschlag oberhalb eines vereinbartenSchwellenwertes von 70 mm bezogen auf einen Zeitraumvom Mai bis Ende August.Vermittelt wurde das Geschäftvon FinanzTrainer.com, Hans Esser, Grevenbroich. Ver-tragspartner der Elektrizitätswerke war der amerikani-sche Rückversicherer Element Re.

Wie ist ein Wetterderivat gestaltet?

Es handelt sich um einen Vertrag zwischen zwei Ge-schäftspartnern

• über bestimmte Zahlungen,• zu festgelegten Zeitpunkten,• in Abhängigkeit von genau definierten und messbaren

Ereignissen,• in einem vereinbarten Zeitraum,• in einer abgegrenzten Region bzw. bezogen auf eine

vorher festgelegte Referenzstation.

Der Käufer bezahlt bei Vertragsabschluss eine Prämie.

Musterverträge sowie weitere Informationen zu Wetter-derivaten können unter http://www.wrma.org eingesehenwerden. Die Weather Risk Management Association(WRMA, USA) hat sich zur Aufgabe gemacht, über dasProdukt „Wetterderivate“ allgemein zu informieren undsomit für eine größere Akzeptanz zu sorgen. DieMitglieder werden u.a. in jährlichen Veranstaltungen überaktuelle Neuigkeiten und Entwicklungen aufgeklärt. Das

europäische Komitee der WRMA führte derartige Zu-sammenkünfte 2000 in Paris und 2001 in Frankfurt/Maindurch. Der Deutsche Wetterdienst nahm an den Treffenauf Einladung teil.

Beispiel: Freibad sichert sich gegen Regenwetter ab

Wie könnte ein Wetterderivat für die Umsatzerlöse einesFreibades in Berlin für den Juli 2002 aussehen? DieEinnahmen eines Freibades hängen z.B. von der Anzahlder Regentage (Wetterindex) ab. Ein Wetterderivatkönnte nun sein:

Der Freibadbetreiber A erhält am 04. 08. 2002 von einerRückversicherung B xxx.xxx €, wenn im Juli 2002 inBerlin an der Station Berlin-Tegel mehr als zehn Regen-tage (Trigger) gemessen werden. Dafür zahlt A heute einePrämie von yyy.yyy € an B.

Es wäre aber auch ein anderer Abschluss möglich:

A erhält pro weiteren Regentag xxx.xxx € (Ticksize) vonB, wenn in Berlin an der Station der fünfte Regentag(Trigger) eingetreten ist. Die maximale Auszahlung wirdauf höchstens 15 aufgetretene Regentage begrenzt.Dafürzahlt A vorab eine Prämie von yyy.yyy € an B.

Wichtig ist, dass im Rahmen des Vertrages für diesesBeispiel der Regentag genau definiert wird, z.B. über dietägliche Niederschlagsmenge oder die Niederschlags-menge über eine bestimmte Tageszeitspanne. Darüberhinaus ist eine repräsentative Referenzstation und – fürderen eventuellen Ausfall – eine Ausweichstation ver-traglich festzulegen.

Wodurch unterscheidet sich ein Wetterderivat von einemherkömmlichen Versicherungsangebot?

Das Wetterderivat setzt sich vom herkömmlichen Ver-sicherungsangebot wie folgt ab:

• Bei Inanspruchnahme (Wahrnehmung der Option) be-darf es nicht des Nachweises eines tatsächlich einge-tretenen Schadens (Demonstration of Loss).Die Fällig-keit ergibt sich durch den Eintritt eines vorab ausge-machten Merkmales ohne Einspruchsmöglichkeit desVerkäufers.

• Die Prämie ist am Marktwert der gehandelten Optionausgerichtet und nicht unbedingt am Risiko desKäufers.

• Derivate sind frei handelbare Produkte.• Eine Versicherungssteuer ist nicht abzuführen.

W. RIECKE

Risikomanagement mit Wetterderivaten

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175promet, Jahrg. 27, Nr. 3/4, 2002

Von den Wetterderivaten sind die Katastrophenderivatezu unterscheiden:

Der Handel mit Wetterderivaten deckt die Wetterrisikenab, die sich aus der normalen Variation des Wettersergeben. Dagegen stehen die Katastrophenderivate, diemit außergewöhnlichen Naturereignissen in Verbindungzu bringen sind. Sie sind nicht Gegenstand des beschrie-benen Derivatehandels.

Woher kommen Wetterderivate?

Der Handel mit Wetterderivaten wird in den USA seit1997 betrieben. Er beschränkte sich zunächst auf denEnergiesektor über heating degree days (HDD) undcooling degree days (CDD) als meteorologische Kenn-größen bzw. Wetterindizes. Heute weitet sich dieseAbsicherungsform auch auf andere Branchen und Ländermit anderen Wetterindizes aus. In London sind die FirmenI-WeX und LIFFE ansässig. Mit dem Derivate-Geschäftbefassen sich ebenfalls die Societe Generale und die SwissRe, in Deutschland u.a. die Hannover Rück oder dieDeutsche Börse.

Nach groben Schätzungen werden etwa 80 % der welt-weiten Geschäftstätigkeiten als „wettersensibel“ einge-schätzt. Nach Berechnungen der Deutschen Börse bestehtfür 5 bis 10 % des Bruttosozialprodukts (300 Milliarden €)in Deutschland eine Wetterabhängigkeit.

In den USA wurden bis zum Frühjahr 2001 etwa 5000Transaktionen mit einem vereinbarten Gesamtvolumenvon 8 Mrd. US$ abgeschlossen. Davon entfielen 80 % aufden Energiemarkt. Nach schleppendem Handelsbeginn1998 und 1999 zeigte sich auf dem amerikanischen Markteine deutlich positive Marktentwicklung.Auch in Europahat mittlerweile der Handel mit Wetterderivaten begon-nen. Bis zum April 2001 wurden etwa 160 Abschlüssegezeichnet, auf Deutschland entfielen insgesamt 7 Trans-aktionen. Die meisten auf dem Markt angebotenenWetterderivate beziehen sich auch weiterhin auf dieEnergiebranche. Hierzu sind nähere Informationen unterhttp://www.i-wex.com oder http://www.liffeweather.comabrufbar. Auch die Deutsche Börse stellt diesbezüglichunter http://www.xelsius.de weitere Auskünfte bereit.

Der Wetterderivate-Handel bedient sich der Sprache desKapitalmarktes.Ausdrücke wie Puts,Calls,Options,Swapsoder hedgen sind üblich. Etwa 3/4 der Transaktionenwerden als Options durchgeführt, 1/4 als Swaps.Nachfolgende Erläuterungen sind dem Glossar der Deut-schen Börse unter http://www.xelsius.de entnommen:

Hedging: Absicherung – Anwendung einer Strategiezum Schutz des Geschäftsergebnisses (z.B.Kompensation eines möglichen Umsatzrück-ganges) sowie geplanter Investitionen gegennachteilige Wetterschwankungen.

Option: Das Recht, eine bestimmte Anzahl eines be-stimmten Basiswertes (Wetterindex) zu einemfestgelegten an oder bis zu einem bestimmtenDatum zu kaufen (Call) oder zu verkaufen (Put).

Swap: Ein Kontrakt, der die Zahlung bzw. Einnahmeeiner Ausgleichssumme zu einem festgesetztenPreis an einem zukünftigen Zeitpunkt beinhaltet.

Mit dem Kauf einer Option, erhält der Käufer das Rechtauf eine Auszahlung vom Verkäufer, wenn bestimmtevorher festgelegte Bedingungen erfüllt sind.

Bei einem Wetterderivate-Abschluss als Swap gestehensich zwei Vertragspartner (Firmen), deren Wetterrisikengegenläufig verteilt sind, eine gegenseitige Ausgleichszah-lung zu. Während die eine Firma unter den eintretendenWetterbedingungen Gewinne verzeichnet, hat die andereeinen Verlust hinzunehmen. Die Firma mit den Gewinnengibt einen Teil ihres Überschusses an die Firma mit denVerlusten ab.

Der Handel mit Wetterderivaten als Mittel des Risiko-managements steckt derzeit in Europa und vor allem auchin Deutschland noch in den Kinderschuhen. Vielfachbringt man ihn mit äußerst riskantem Spekulantentum inVerbindung. Darüber hinaus mangelt es in den einzelnenBranchen noch häufig an ausreichenden Kenntnissen zuden Risikoabhängigkeiten von den Witterungseinflüssen.Weiterhin werden die nur schlechte Verfügbarkeit vonhistorischen Wetterdaten bzw. die hohen Kosten für dieseDaten angeführt.

Für welche Branchen eignen sich Wetterderivatebesonders?

Typische Käufer von Wetterderivaten kommen aus derFreizeit- und Tourismusbranche, aus der Bekleidungs-industrie, der Getränkeindustrie, dem Baugewerbe, derLandwirtschaft und der Energiewirtschaft. Letztereprägte anfänglich die Käuferseite stark. Umsätze undHandelsspannen sind auf diesem Sektor mit derLiberalisierung der Märkte einem massiven Druckausgesetzt, so dass insbesondere die Produzenten undAnbieter zu einem besseren Management ihrer Risikengezwungen sind. Dazu gehören auch Wetterrisiken.

Auf der Verkäuferseite engagieren sich zunehmend inter-nationale Rückversicherer, aber auch Banken steigenvermehrt in diesen Handel ein.Über die Einrichtung einerBörse finden auch kleinere Investoren Interesse am Deri-vatemarkt.Zwischen Käufer und Verkäufer etablieren sich Broker,die beide Seiten bei der Entwicklung von Vorhaben undProdukten unterstützen. Neben der Vermittlung vonProdukten des Wetterderivatemarktes sehen diese Mittlerihre Aufgabe auch darin Analysetools,Expertennachweiseoder historische Wetterdaten anzubieten.

W. Riecke: Risikomanagement mit Wetterderivaten

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den abgewickelt sein. Es sind also Regionen abzugrenzen,die hinreichend genau durch die Datenreihen einer Sta-tion beschrieben werden. Der DWD hat derartige Analy-sen im Zusammenhang mit Wetterderivaten bereits vor-genommen.

In den USA dauert die Transaktion für ein Standard-wetterderivat etwa 3 Stunden, in Europa meist noch etwa3 Wochen, da hier die Derivate noch auf den Einzelfall hinabgestimmt und strukturiert werden müssen.

Die Schiedsrichterfunktion beinhaltet die Ja-Nein-Aus-sage zur vertraglich geregelten Option.Es wird im Bereichdes Wetterderivatehandels von den Beteiligten unbedingtgefordert, dass die Verträge entsprechend eindeutig gere-gelt sind.Ein Entscheidungsspielraum darf es nicht geben.

Der in Hamburg ansässige, zukünftige Betreiber einerOnline-Handelsplattform (Tropos-X) für Wetterderivatesieht für eine Schiedsrichterfunktion nur den DWD auf-grund der Amtlichkeit (Neutralität) seiner Aussagen fürauf Regionen Deutschlands bezogene Deals.In den vergangenen 2 Jahren hat der DWD im Zusam-menhang mit dem Wetterderivatehandel wiederholt Da-tenanfragen von den unterschiedlichsten Seiten erhalten.So wurde ein Kunde mit stündlichen historischen Datenvon etwa 40 deutschen und darüber hinaus von euro-päischen Stationen über mehrere Jahrzehnte von spe-ziellen Parametern beliefert,u.a.der Globalbeleuchtungs-stärke, die über einen Algorithmus aus der Globalstrah-lung berechnet wurde. Auch im Fall des Dahlenburg-Deals lieferte der DWD das meteorologische Datenmate-rial.Kundenkontakte bestehen auch zu britischen Firmen,von denen eine zum Ende 2001 eine Internet-Handels-plattform für Wetterderivate eingerichtet hat. Innerhalbdes Deutschen Wetterdienstes wird die Entwicklung desWetterderivatemarktes von den Außenstellen der Ge-schäftsfelder Medien- und Vorhersagekunden sowie Kli-ma- und Umweltberatung in Hamburg näher beobachtet.

Derzeitige Entwicklungsprobleme

Derzeit werden die Entwicklungsprobleme des Wetter-marktes im Fehlen allgemeingültiger Bewertungsricht-linien z.B. im Rahmen des Pricing und Risikomanage-ments gesehen. Darüber hinaus werden bei den meteo-rologischen Daten u.a. die Kosten als markthemmendangesehen. Auch fehlt ein verbreitetes Know-how. DieInformationspolitik aller Beteiligten ist derzeit nochgering. Der Wetterderivatemarkt ist ein junger Markt, dernoch eine geringe Liquidität aufweist, dem es anMarkttransparenz und -akzeptanz mangelt. Doch werdenalle diese Probleme von Insidern als lösbar erklärt.

Stand: Januar 2002

Anschrift des Autors:Dipl.-Met. Wolfgang Riecke, DWD-RGB-Hamburg,Frahmredder 95, 22393 Hamburg

176 W. Riecke: Risikomanagement mit Wetterderivaten promet, Jahrg. 27, Nr. 3/4, 2002

Zu einem sinnvollen Risikomanagement (auch desWetterrisikos) gehört in einem ersten Schritt die Er-kennung, Beschreibung und Quantifizierung des Risikos.In der Folge sind Risiko mindernde Maßnahmen zuergreifen, ohne das eigentliche Geschäft zu verändern.Eine Möglichkeit wäre nun ein wetterabhängiges Risikoüber ein Wetterderivat abzudecken.

Rolle der Wetterdienste

Die nationalen Wetterdienste, so auch der Deutsche Wet-terdienst, können innerhalb des Wetterderivatemarktesfolgende Positionen besetzen

• als Lieferant für deutsche historische Daten,• im Rahmen von Risikoanalysen und -bewertungen,• und in der Rolle des Schiedsrichters.

Sowohl derjenige, der sich gegen Einbußen in den Um-satzerlösen seines wetterabhängigen Produktes absichernwill, als auch der Anbieter eines Wetterderivates ist anlangen historischen Datenreihen interessiert. Hier werdenDatenreihen von 30 und mehr Jahren verlangt. Dabei wirdvielfach in eine zeitliche Auflösung von Tageswerten gegan-gen, im Falle eines Anbieters zur Absicherung von Wind-energieerträgen wurden beim Deutschen Wetterdienst auchStundenwerte und 10-Minuten-Werte des Windes hinter-fragt. Es werden lückenlose Zeitreihen gefordert, immerwieder vorkommende Datenlücken sollten also möglichstgeschlossen werden. Ganz wichtig sind in diesem Zusam-menhang Aussagen zur Homogenität der Datenreihen oderAngaben zu den Stationseigenheiten (Repräsentanz),damitnicht so etwas wie bei einem der ersten großen europäischenDerivatedeals geschieht, bei dem die Risikoanalyse sowieder Vertragsabschluss auf Daten einer Station beruhte, dieim Bereich einer beheizten Landebahn stand.

Der mögliche Käufer eines Wetterderivates möchte mitden Daten die Wetterabhängigkeit seines Produktesherausfinden, dem Anbieter geht es u.a. auch um diePrämienermittlung, dem Pricing. Letztere analysieren dieDatenreihen in der Regel im eigenen Hause. Dagegengeben Kaufinteressenten Analysen zur Beschreibung derWetterabhängigkeit ihres Produktes auch nach außen.Erfahrungen des DWD haben gezeigt, dass sich solcheAnalysen vielfach weniger von der meteorologischenDatenseite schwierig gestalten, als vielmehr mangelsausreichender Umsatzzahlen, z.B. wegen zu geringerzeitlicher Auflösung (Jahresumsätze, Quartalsumsätze)oder der Aufteilung eines Produktes in zwei oder mehrneue Produktlinien.

Eine andere Frage ist die nach der repräsentativenStation.Anbieter von Wetterderivaten möchten bei ihrenTransaktionen lediglich auf eine begrenzte Auswahl vonStationen zurückgreifen und nicht mit jedem Wetter-derivat für eine neue Örtlichkeit in eine neue, zeitaufwän-dige Analyse einsteigen. Denn langfristig sollen solcheDerivat-Geschäfte in einer Zeitspanne von Viertelstun-

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177

Mit heftigen Regenschauern und orkanartigen Wind-böen folgten von der Nordsee noch Tröge (Abb. 2), diein der labil geschichteten Meeresluft zu unwetter-artigen Bedingungen führten. Denn die Laubbäumewaren fast noch vollständig belaubt und fühlten denvollen Winddruck der Böen.Die numerischen Vorhersage-Modelle des deutschenWetterdienstes wie auch die des britischen und franzö-sischen Wetterdienstes sahen übereinstimmend vor, dassder stärkste Luftdruckgradient rückseitig der Kaltfrontund im Höhentrog sich von der Deutschen Bucht überSüddänemark, Schleswig-Holstein, Elberaum weiterüber die Ostsee mit der mecklenburgischen Küste bis indas Gebiet zwischen Südschweden und Rügen bewegenwürde – und so geschah es auch: Die Anstiegstendenzenvon maximal 7 hPa in 3 Stunden rückseitig des Höhen-troges und Falltendenzen von etwa 3 hPa vor der Kalt-front veranlassten die Herausgabe einer Unwetterwar-nung vor orkanartigen Windböen mit vereinzelten Or-kanböen für die deutschen Küstengebiete.Der trockene Bereich, dry slot, über der OstseeküsteSchwedens hinter Tiefkern und Kaltfront (Abb. 3),markiert einen Bereich hoher potentieller Vorticity.Seine Form zeigt uns das Reifestadion der Zyklone an.Tatsächlich wurde der tiefste Kerndruck von unter975 hPa in der Nacht auf den 1. November erreicht.

Das Ergebnis nach Durchgang von Kaltfront undHöhentrog: Windböen in Orkanstärke wurden in derWesermündung und auf der Greifswalder Oie, sowie inNeubrandenburg und bei Arkona gemessen, orkan-artige Windstärken auch in Rostock-Warnemünde(Abb. 4 und 5).

promet, Jahrg. 27, Nr. 3/4, 177-178 (Juni 2002)© Deutscher Wetterdienst 2002

Herbst 2001 – der September in Norddeutschland vielzu naß, dafür der Oktober mehr golden und mild – eswar ein eher ruhiges Wetter. Herbststürme bliebennoch aus. Pünktlich Ende Oktober, am Mittwoch, dem31. des Monats, war vom Nordatlantik ein Sturmtiefherangezogen. Sein Kern lag in den Mittagsstundenüber Südschweden und am Abend über der schwedi-schen Ostseeküste. Die Kaltfront (über Südschweden –Mecklenburg – Niedersachsen) überquerte Nord-deutschland in der 2.Tageshälfte (Abb. 1).

Schon im Warmsektor wehte ein kräftiger Südwest-wind mit stürmischen Böen, an der Kaltfront und aufihrer Rückseite kam der Sturm, angefacht durch denstarken Anstieg des Luftdrucks, erst richtig in Fahrt.

M. GEBAUER

Der Orkan im Herbst 2001

Abb. 1: METEOSAT-IR-Bild vom 31.10.2001, 12:30 UTC.

Abb. 2: METEOSAT-IR-Bild vom 31.10.2001, 18:00 UTC.

Abb. 3: METEOSAT-Wasserdampf-Bild vom 31.10.2001,18:00 UTC.

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178 M. Gebauer: Der Orkan im Herbst 2001 promet, Jahrg. 27, Nr. 3/4, 2002

Da diese Windmessungen nur Stichproben aller auf-getretenen Windwerte darstellen, ist durchaus anzu-nehmen, dass auch an anderen Stellen des deutschenKüstengebietes Orkanstärke und orkanartige Wind-stärke auftraten. Der Schadensumfang hielt sich aberglücklicherweise in Grenzen – in den Medien wurdevon umgestürzten Bäumen berichtet.Die Kaltfront und der nachfolgende Höhentrog gingeneinher mit Schauern von kurzzeitig erheblicher Intensi-tät und auch mit einzelnen Gewittern. Allerdings ent-wickelten sich die heftigsten Niederschläge nur in einerregional begrenzten Zone.

Die abgebildete MAP-Darstellung (MAP ist ein Soft-waresystem zur Darstellung meteorologischer Daten,der Daten-Präsentation und grafischer Flächendar-stellungen am Meteorologen-Arbeitsplatz) zeigt, dassvor allem die norddeutschen Bereiche zwischen ost-friesischen Inseln,Elbe-Weser-Dreieck und Nordheide

bis zum westlichen Oberlauf der Elbe bei Boizenburgmit 5 bis 15 mm in 24 Stunden (Abb.6) betroffen waren.

Diese Niederschläge fielen allerdings in deutlich kürzerenZeiträumen, wie es sich in den stündlichen Nieder-schlagssummen widerspiegelt, die an der WetterstationHamburg-Fuhlsbüttel des Deutschen Wetterdienstes(Abb. 7) gemessen wurden.Hamburg wurde von der Kaltfront zwischen 13 und 14UTC mit etwa 3 mm Niederschlag passiert,dann gab es bis17 Uhr nur kurze Schauer bei hohen Windgeschwindig-keiten. Erst 18 bis 20 UTC überquerte das intensive Nie-derschlagsgebiet des nachfolgenden Höhen- und Bodentro-ges den Hamburger Raum (Abb.7).In kräftigen Schauernwurden Niederschlagsraten von mindestens 5 mm/h erreicht.

Rechtzeitig gewarnt, richteten die unwetterartigenWindböen, die in dieser Zeit mit Windstärke 10 bis 12Bft auch im Binnenland (z. B.Neubrandenburg,Abb. 5)gemessen wurden, keine extremen Schäden an.

Anschrift des Autors:Dipl.-Met. Manfred Gebauer, DWD-RZ-Hamburg,Jenfelder Allee 70 A, 22043 Hamburg

Abb. 4: maximale Windgeschwindigkeiten (Böen) in Knotenam 31.10.2001, in der Zeit 12 bis 18 UTC.

Abb. 6: Niederschlagssumme in l/m2 der Zeit 31.10 06 UTCbis 01.11. 06 UTC.

Abb. 7: Niederschlagssumme in l/m2 der Zeit 31.10 06 UTCbis 01.11. 06 UTC.

Abb. 5: maximale Windgeschwindigkeiten (Böen) in Knotenam 31.10.2001, in der Zeit 18 bis 24 UTC.

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179promet, Jahrg. 27, Nr. 3/4, 2002

Universität Bayreuth

Diplom-Hauptprüfungen im Jahre 1994Am Lehrstuhl Ökologische Chemie undGeochemie

KÖMP, Peter: Entwicklung und Charak-terisierung eines kontinuierlichen Form-aldehyd-Meßgerätes auf der Basis derHantzsch-Reaktion.

HAHN, Michael Klaus: Aufbau eines kon-tinuierlichen CO-Meßgerätes auf der Ba-sis der HgO-Methode und Beziehungenzwischen CO und O3 am Beispiel einerMeßreihe im Nordalpenraum 1994.

WOLF, Peter: Vertikalprofile leichtflüch-tiger Kohlenwasserstoffe im Nord-alpenraum.

Diplom-Hauptprüfungen im Jahre 1998Am Institut für Terrestrische Ökosystem-forschung

WRZEXINSKY, Thomas: SommerlicherNebel im Fichtelgebirge: Häufigkeitund chemische Zusammensetzung.

Freie Universität Berlin

HabilitationWERNER, Peter Christian: Klimatologi-

sche Extreme und ihr Zusammenhangmit der Zirkulation.

DissertationenARMBRUSTER, Wolfgang: Fernerkun-

dung wolkenmikrophysikalischer Pa-rameter aus rückgestreuter Sonnen-strahlung.

BAERENS, Christiane: Extremwasserstands-ereignisse an der deutschen Ostseeküste.

BIELE, Jens: Polare stratosphärischeWolken: Lidar-Beobachtungen, Cha-rakterisierung von Entstehung undEntwicklung.

BRAESICKE, Peter: Modellstudien zurAusbreitung und Dissipation tropi-scher Wellen unter Berücksichtigungihrer Transporteigenschaften.

NISSEN, Katrin: Die Bedeutung der Kon-vektion für die Variabilität in der tro-pischen Stratosphäre – im Vergleich

zur Rolle von vertikaler Auflösungund Strahlung: Simulationen mit ei-nem globalen Zirkulationsmodell.

WITT, Helge: Die spektralen und räumli-chen Eigenschaften von Fernerkun-dungssensoren bei der Ableitung vonLandoberflächenparametern.

Diplom-HauptprüfungenALBERT, Peter: Möglichkeiten der Be-

stimmung atmosphärischen Wasser-dampfes aus rückgestreutem Sonnen-licht in bewölkten Atmosphären.

ALBRECHT, Torsten: Meeresoberflä-chentemperaturen im Nordatlanti-schen Ozean und ihre Auswirkungenauf das Wetter in Berlin.

BLUMENTHAL, Barbara: Ein einfachesautoregressives Modell zur Tempera-turvorhersage bis zu 24 Stunden.

ASSENG,Hagen:Erprobung,Weiterentwick-lung und Anwendung des neuen Sonnen-Aureolen-Filter-Radiometers SAFIR.

FRIEDT,Thomas: Das ENSO-Phänomenund seine Auswirkungen auf das KlimaSkandinaviens.

GERECHT, Christian: Das ENSO-Phä-nomen und seine Auswirkungen aufdas Berliner Klima.

HEISE,Stefan:Die Auswirkungen der tro-pischen QBO auf das Wetter in Berlin.

KÄHNE, Britta: Die sommerliche Ozon-belastung in Abhängigkeit von denLuftmassen im Berliner Raum.

KUHLBRODT, Till: Punktwirbeldynamikund ihre Anwendung auf das Blocking-Phänomen.

LAMPRECHT, Tanja: Prognosen derstündlichen Sonnenscheindauer bis zu6 Stunden mit Hilfe der MARKOV-Kette für Berlin.

MEITZNER, Sabine: Der Monsun überIndien. Grundlagen und Trends.

OEHMICHEN,Grit:Retrospektive Unter-suchung zum Einfluß von Temperaturund Globalstrahlung auf ausgewählteKörperfunktionen und -parameter.

PIEL,Antje: Eine Untersuchung von sehrkalten Perioden in der Stratosphäreder Nordhemisphäre im Winter unterBerücksichtigung der Nordatlanti-schen Oszillation.

SEMMLER,Tido:Vergleich zweier Immis-sionsmodelle für Straßenschluchten.

TITZ, Sven: Die Bedeutung der Helizitätin der Konvektion aus der Sicht derNambu-Mechanik als einer verall-gemeinerten Hamiltonschen Theorieder Hydrodynamik.

WENG, Reinhard: Vegetationsparamete-risierung in einem PBL-Modell undihr Test anhand meteorologischerRoutinebeobachtungen.

WISNIEWSKY, Marco: Inhaltsstoffe vonNiederschlägen in Berlin-Dahlem1953-96.Analyse und Bewertung einerlangjährigen Meßreihe am Albrecht-Thaer-Weg.

ZEUSCHNER, Bernd: Test des neuartigenstatistischen Prognoseverfahrens CART(Classification As Regression Tree).

ZÖLLNER, Mathias: Die Bénard-Kon-vektion unter besonderer Beachtungder synergetischen Theorie.

Universität Bonn

DissertationenDRUSCH, Matthias: Fernerkundung von

Landoberflächen mit multispektralenSatellitendaten.

GROSS, Patrick: Untersuchung der steu-ernden Prozesse bei der Nieder-schlagsbildung an Fronten.

KIM, Kyeong-Hoan: Untersuchungen derKlimaanomalien in Korea währendder Gelbsandstürme.

LANGER, Robert E.: Beurteilung undBewertung von Distrometersystemenmit Hilfe von zwei Modellen: BeispielJoss-Waldvogel-Distrometer.

TRAMOSLJANIN, Milan: Untersuchun-gen zum Aufbau und zur Entwicklungaußertropischer Zyklonen und Anti-zyklonen mit Hilfe von quasigeostro-phischen nichtlinearen analytischenModellen.

Diplom-HauptprüfungenGRIMM, Ute: Modellierung von ME-

TEOSAT Strahldichten aus archivier-ten Feldern des Lokalmodells (LM)des Deutschen Wetterdienstes.

HAASE,Günther:Simulation von Radar-messungen mit Daten des Lokal-modells.

Habilitationen, Promotionen und Diplom-Hauptprüfungen im Jahr 1998

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HAGENBROCK,Reinhard:Entwicklungeines massenkonsistenten Modells mitapproximativer Balance.

HÜBL, Peter: Entwicklung eines opti-mierten Verfahrens zur Bestimmungdes Niederschlags über dem Ozeanaus Satellitendaten.

JABLONOWSKI, Christiane: Test der Dynamik zweier globaler Wettervor-hersagemodelle des Deutschen Wet-terdienstes: Der Held-Suarez Test.

LÖHNERT, Ulrich: Bestimmung von Ge-samtwasserdampf und Gesamtwol-kenwasser anhand von PAMIR-Mes-sungen in Bonn.

THIEMANN, Claudia: Ableitung vonStabilitätsindizes aus METEOSATSecond Generation (MSG) Daten mitHilfe von neuronalen Netzen.

Universität (TH) Cottbus

Für das Jahr 1998 wurden keine Examinagemeldet.

Universität Dresden

DissertationFRÜHAUF, Cathleen: Verdunstungsbe-

stimmung von Wäldern am Beispiel ei-nes hundertjährigen Fichtenbestandesim Tharandter Wald.

Diplom-HauptprüfungenHALECKER Thomas: Ableitung von

Wolkeneigenschaften für die Nieder-schlagsbestimmung aus Satelliten-daten (Meteosat Zweite Generation).

MELLMANN, Patricia: Die Bedeutungder Speicherterme bei zeitlich hoch-auflösender Verdunstungsbestimmungam Beispiel der Ankerstation Tharand-ter Wald.

PODLASLY,Christian:Vergleich der für un-terschiedliche Satellitensysteme model-lierten,kurzwelligen Strahlungsbilanz amErdboden für wolkenlose Atmosphärenam Beispiel des Erzgebirges.

REISSIG, Thomas: Orographische Wol-ken im Erzgebirge bestimmt mit Hilfevon Satellitendaten (Meteosat):

SCHWIEBUS, Angela: Die Wärmebilanzeiner landwirtschaftlichen Fläche amBeispiel eines Weizenfeldes.

SEEGERT, Jörg: Die interannuale Varia-bilität des Wasserhaushaltes des hy-drometeorologischen Experimental-

einzugsgebietes Wernersbach vor demHintergrund unterschiedlicher forst-licher Nutzung.

SIEMENS, Katja: Sensitivitätsanalyse derlandnutzungsabhängigen Parameter desWasserhaushaltsmodells BROOK90.

SURKE,Michaela:Modellierung der Inter-zeption für Fichte im Tharandter Wald.

Universität Frankfurt am Main

DissertationSCHELL, Dieter: Untersuchungen zur

Durchmesserabhängigkeit der Lösungs-konzentration von Wolkentropfen.

Diplom-HauptprüfungenKRUMSCHEID, Christopher: Photolyse

und Quantenausbeute von COCIFim Wellenlängenbereich von 210 bis

248 mm.MÜLLER, Melanie: Vertikalverteilung

von langlebigen Spurengasen in derpolaren Stratosphäre.

STAEGER, Tim: Statistische Analyse desENSO- und Vulkanismus Signals inKlima-Zeitreihen.

WETTER, Thomas: Messungen des CO- und H2-Mischungsverhältnissesim Winter 1996/97.

Universität Freiburg

DissertationenALBOLD, Astrid: Untersuchungen zum

ultravioletten Strahlungstransfer imalpinen Gelände.

FRITSCH,Jürgen:Energiebilanz und Ver-dunstung eines bewaldeten Hanges im Hochschwarzwald.

HABERFELD-MENDELS, Elke: Stadt-klimarelevante Analyse der Durchlüf-tungsverhältnisse einer Küstenstadt –dargestellt am Beispiel Tel Aviv/Israel.

GWEHENBERGER, Johann: Schaden-potential über den AusbreitungspfadAtmosphäre bei Unfällen mit Tank-fahrzeugen zum Transport von Benzin,Diesel, Heizöl oder Flüssiggas.

Diplom-HauptprüfungenBRIEGER, Ulrich: Vertikalprofil von

Energieflüssen am Ostrand des Ober-rheingrabens.

KAISER,Thomas:Witterungsinformatio-nen aus Jahrringen.

SCZEPANSKI, Patrick: LufthygienischeUnterschiede zwischen Stadt und Wald.

TRÜTZLER, Joachim: Witterungsstreßauf Buchenwälder in Mitteleuropa.

Universität Göttingen

Institut für Bioklimatologie

DissertationMARQUES, Margarida: Eintrag von luft-

getragenen partikelgebundenen Spu-renstoffen in Wälder und durchtrockene Deposition.

Diplom-HauptprüfungenGROS, Dirk: Eddy Korrelationsmessung

an einem Hang.JAEKEL,Tilman:Bewertung und Korrek-

tur von Profilmessungen über einemFichtenbestand im Solling.

Universität Hamburg

DissertationenBACHER, Andreas: Variability on

decadal scales in Pacific sea surfacetemperatures and atmosphere oceaninteraction in the coupled generalcirculation model ECHAM/OPYC3.

ECKERT, Christian: On predictabilitylimits of ENSO: a study performedwith a simplified model of the TropicalPacific ocean-atmosphere system.

GUESS,Stefan:Cyclo-stationary maximumcross-covariance analysis concept andapplication for the assessment of thepredictability of a lake ecosystem frommeteorological variables.

HAGEMANN,Stefan:Entwicklung und Pa-rameterisierung des lateralen Abflussesfür Landflächen auf der globalen Skala.

HEIMBACH, Patrick: Use of ocean wavespectra retrieved from ERS-1 SARwave mode data for global modelling.

HERZOG, Michael: Simulation der Dy-namik eines Multikomponentensys-tems am Beispiel vulkanischer Erup-tionswolken.

KAMINSKI, Thomas: On the benefit ofthe adjoint technique for inversion ofthe atmospheric transport employingCarbon Dioxide as an example of pas-sive tracer.

KLEIDON,Axel:Wurzeln und Klima:Be-stimmung ihrer Bedeutung durch Mo-dellsimulationen. (Roots and climate:

180 promet, Jahrg. 27, Nr. 3/4, 2002Habilitationen, Promotionen und Diplom-Hauptprüfungen im Jahr 1998

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Assessing their role with model simu-lations).

KLUGMANN,Dirk:Messung von Nieder-schlag und Vertikalwind in der unterenAtmosphäre mit Millimeterwellen-Doppler-RADAR-Profilern.

SCHULZ, Jan-Peter: On the role of theland surface representation and nu-merical coupling to the atmospherefor the simulated climate of the globalECHAM4 model.

SEPT,Vladimir:Untersuchung der Gewit-teraktivität im süddeutschen Raummittels statistisch-dynamischer Re-gionalisierung.

TIMM, Rüdiger: Messungen zur Wolken-mikrophysik in arktischen Kaltluft-ausbrüchen.

WALTER, Bernadette: Development of a process-based model to deriveMethane emissions from natural wet-lands for climate studies.

Diplom-HauptprüfungenCARSTENSEN, Maike: Erkennung der

Phase polarer stratosphärischer Wol-ken aus SAM-II-Messungen.

DAMMANN,Knut W.:Ableitung des Ver-tikalprofils der Temperatur aus multi-spektralen Messungen mit einem Interferometer.

FESER, Frauke: Dekadische Variabilitätder gekoppelten troposphärischenund stratosphärischen Zirkulation.

FRANZKE, Christian:Variabilität zweierStormtracks in einem vereinfachtenAtmosphärenmodell.

GROEHN,Inga:Struktur und Vertikalzir-kulation an markanten Fronten in denunteren 250 m der atmosphärischenGrenzschicht – untersucht anhandvon Turmmessungen.

HOLST, Thomas: Untersuchungen überdas Verhalten des Vaisala Radioson-densystems DigiCORA MW15.

KIRCHGÄSSNER, Amélie: Zyklonenüber der Arktis.

LOOF, Birthe, C.: Das Klima in China:eine Diskussion anhand ausgewählterPaläo-Klimasimulationen.

MERKEL, Ute: Die Sensitivität der At-mosphäre bezüglich extratropischerSST-Anomalien.

OLDELAND,Ingo:Eine Windstatistik fürdie unteren 250 Meter der planetari-schen Grenzschicht über Hamburg undFallstudien extremer Windereignisse.

PAPKE, Frank: Abschätzungen von Re-genraten aus Meteosat Daten in denmittleren Breiten.

POHLMANN,Sophie:Wolken über Meerund Eis im Bereich der Grönlandseeund Barentssee – untersucht anhandvon NOAA-Satellitenbildern.

SIEVERS, Oliver: Analogvorhersage vontropischen Zyklonenbahnen mit ei-nem selbst-adaptierenden Modell.

WICHTENDAHL, Sandra:Vertikale tur-bulente Flüsse innerhalb und außer-halb von Wolken.

Universität Hannover

HabilitationMUSCHINSKI, Andreas: Die ersten

Momente der Varianz- und Kreuz-spektren von standard- und interfero-metrischen Clear-Air-Doppler-RadarSignalen.

DissertationenBUSCH, Udo: Eine Parametrisierung zur

Erkennung von Starkwind- undSturmwetterlagen in globalen Klima-simulationen.

HOFMANN, Michael: Untersuchungenzur atmosphärischen Turbulenz überarktischem Meereis mit der Hub-schrauberschleppsonde HELIPOD.

NIELINGER, Jost: Kopplung numeri-scher Simulationsmodelle zur Regio-nalisierung von Ergebnissen globalerKlimaszenarienrechnungen.

Diplom-HauptprüfungenBUSCHMANN, Nicole: Inverse Model-

lierung von konvektiven Nieder-schlägen.

DORN, Wolfgang: Vergleichende Unter-suchungen von Beobachtungen undECHAM3/T42 – Klimamodellsimula-tionen.

HARTMANN, Uwe: Numerische Simula-tionen der Ausbreitung von Luftbei-mengungen in Straßenschluchten mitdem Modell Miskam - Sensitivitäts-studie und Anwendung.

KRIEGSMANN, Arne: Validierung eineshochaufgelösten Meereismodells fürdas Weddelmeer mittels SAR-Daten.

PAULAT, Saskia: Numerische Simulationzum regionalen Staubtransport imRaum Hannover.

SCHRÖTER, Michael: Grobstruktur-simulation von Flugzeugmessungen inder konvektiven Grenzschicht.

STUMPF, Birgit: Eindimensionale Mo-dellierung der atmosphärischen Grenz-

schicht unter Einbeziehung von bo-dennahen Wind- und Temperatur-informationen.

Universität (TH) Karlsruhe

DissertationenBALDAUF, Michael: Die effektive Rau-

higkeit über komplexem Gelände –Ein störungstheoretischer Ansatz.

HANNESEN, Ronald: Analyse konvekti-ver Niederschlagssysteme mit einemC-Band Dopplerradar in orogra-phisch gegliedertem Gelände.

KOSSMANN, Meinolf: Einfluß orogra-phisch induzierter Transportprozesseauf die Struktur der atmosphärischenGrenzschicht und die Verteilung vonSpurengasen.

Diplom-HauptprüfungenASCHENBRENNER, Ingolf: Formulie-

rung der Randbedingungen in geneste-ten numerischen Simulationsmodellen.

BAUMHAKL, Michael: Bestimmung tur-bulenter Flüsse in der Entrainment-zone über Land und über See.

EISEN, Olaf: Einfluß von Rinnen imMeereis auf Energiebilanz und Eis-produktion im Weddellmeer.

FIETZE, Steffen: Messungen stratosphä-rischer Spurengase mit einem boden-gebundenen IR-Spektrometer in Ki-runa im Winter 1996/97: Vergleich derErgebnisse mit den ILAS-Messungen.

FÖRSTNER, Jochen: Entwicklung derGrundversion eines kompressiblen me-soskaligen atmosphärischen Modellsfür Parallelrechner.

HORLACHER,Volker: Orographisch in-duzierte Sekundärzirkulationen undderen Einfluß auf den Spurenstoff-transport.

HUSTER, Stefan M.: Bau eines automati-schen Sonnenverfolgers für bodenge-bundene IR-Absorptionsmessungen.

KUNZ, Michael: Niederschlagsmessungmit einem vertikal ausgerichtetenK-Band FM-CW Dopplerradar.

LIEDLE, Christina: Entwicklung und Er-probung eines optischen Tropfenspek-trometers.

MEIS, Jon: Analyse konvektiver Vertikal-bewegungen anhand von Segelflug-messungen.

MILZ,Mathias:Objektive und automatisier-te Bewertung von gemessenen Infrarot-spektren und Residuenspektren.

181promet, Jahrg. 27, Nr. 3/4, 2002 Habilitationen, Promotionen und Diplom-Hauptprüfungen im Jahr 1998

Page 80: meteorologische fortbildung - met.fu-berlin.dedmg/promet/27_34/27_3_4_Heft_lores.pdf · Das Modell LM wird von mehreren europäischen Wetterdiensten als operationelles regionales

182 promet, Jahrg. 27, Nr. 3/4, 2002Habilitationen, Promotionen und Diplom-Hauptprüfungen im Jahr 1998

PALACIO SESÉ, Pablo: Mesoskalige Zirkulationen zwischen Castilla-LaMancha und Spaniens Mittelmeerküstewährend EFEDA’91 und EFEDA’94.

PFEFFERLE, Holger: Struktur von Ge-witterfronten in Südwestdeutschland.

ROTERMUND,Carsten:Behandlung offe-ner Ränder in mesoskaligen Modellen.

RUMMEL,Udo:Untersuchung einer dyna-misch induzierten Sekundärzirkulationin orographisch gegliedertem Gelände.

SCHADY, Arthur: Modellierung von Aerosolprozessen mit KAMM/DRAIS.

SEIFERT,Axel:Ein neues Differenzenver-fahren zur Berechnung der Transportein einem dreidimensionalen Zirkula-tionsmodell der mittleren Atmosphäre.

STOWASSER, Markus: Bestimmung vonCH4, H2O und HDO Höhenprofilenaus MIPAS-B Daten.

Universität Kiel

Aus dem Jahr 1997 sind folgendeDiplom-Hauptprüfungen nachzutragen:

ADAMS, Markus: DreidimensionalerMikrowellenstrahlungstransport inNiederschlagsgebieten.

von BREMEN, Lüder: Iterative Ablei-tung von Feuchteprofilen aus simu-lierten AMSU-Daten mit Empiri-schen Orthogonal-Funktionen.

HILMER, Michael: Numerische Unter-suchungen des Einflusses atmosphä-rischer Antriebsfelder in Simulatio-nen der Grenzfläche Atmosphäre –Eis – Ozean in der Arktis.

STANGE, Jens: EOF-Analyse der Feuch-teprofile.

WINDMÜLLER, Mieke: Untersuchungvon atmosphärischen Reanalysedatenim Weddellmeer und Anwendung aufein dynamisch-thermodynamischesMeereismodell.

DissertationFÜG, Carsten: Validierung des hydrologi-

schen Zyklus des BALTEX-Gebietesim Regionalmodell REMO mitMikrowellenbeobachtungen vomSatelliten aus.

Diplom-HauptprüfungenBERNDT, Hauke: Das mesoskalige Mo-

dell REMO: Studie zu Niederschlagund Oberflächenabfluß in polarenBreiten.

CLEMENS, Marco: Sensitivitätsstudiender im REMO implementierten Para-metrisierungen des EM/DM und desECHAM4.

ERDMANN, Astrid: Nutzung der adjun-gierten Formulierung des Strahlungs-transports zur Beschleunigung iterati-ver Invertierungsverfahren im Mikro-wellenbereich.

MALZAHN, Sven: Analyse der räumli-chen und zeitlichen Variabilität desWasserdampffeldes über dem Nord-atlantik.

MEYER, Cordula: Simuliertes und beob-achtetes Meereisalter in der Arktis.

OSTER, Fromut: Intensität und Verteilungder Albedo über der bewölkten Arktis.

RIEPE, Matthias: Untersuchung der Nordatlantischen Oszillation.

SCHEIRER, Ronald: Bestimmung vonFeuchteprofilen mit Neuronalen Netzen aus simulierten AMSU-Daten.

SCHULZE, Jürgen: Verifizierung vonREMO-Parametern im BALTEX-Ge-biet während der PIDCAP-Periode un-ter Verwendung von SYNOP-Daten.

VOSS, Stefan: Variabilität der Meereis-decke im Weddellmeer in Modell- undSatellitendaten.

WILKER, Henning: Der Einfluß von Wolken auf die Strahlungsbilanz inder Ostseeregion.

Universität Köln

Diplom-HauptprüfungenFRIESE, Elmar: Sigma: Ein dynamischer

Kern für Modelle planetarer Atmos-phären.

KANERA, Simone: Die Bestimmung dertrockenen Deposition in einem meso-skaligen Chemie-Transport-Modell(EURAD).

KLASEN, Dagmar: Stratosphärisch-tro-posphärischer Austausch im Bereicheines Kaltlufttropfens – Analyse vonMeß- und Modelldaten.

KLAWA, Mathias: Ursachen für die Än-derungen der transienten Wellen in ei-nem anthropogen veränderten Klima.

KLOOCK, Martin: Die Berechnung derpotentiellen Vorticity – Interpolationder Basisgrößen vom isobaren insisentrope Koordinatensystem.

KOWOL-SANTEN, Johanna: Numeri-sche Analysen von Transport- undAustauschprozessen in der Tropopau-senregion der mittleren Breiten.

KRÜGER, Andreas: Nachweis des Zu-sammenhangs zwischen Stormtrack-aktivität und Bodengrößen (Wind,Niederschlag) für Mitteleuropa durcheine SVD-Analyse.

SALZMANN, Marc: Adaptive Gitterver-feinerung für ein Chemietransport-modell.

TEUCHERT, Dorle: Einfluß der räumli-chen Variabilität meteorologischerGrenzschichtparameter auf simulierteWind- und Schadstoffverteilungen.

WINTER, Nicola: Boxmodellstudien zurChemie der Tropopausenregion: DieSensitivität der Ozonproduktionsrategegenüber Störungen der Hintergrun-dchemie.

Universität Leipzig

PromotionRIßMANN,Jürgen:Der Einfluß langwelli-

ger Strahlungsprozesse auf das boden-nahe Temperaturprofil.

Diplom-HauptprüfungenWALLENHAUER, Silke: Bestimmung

spektraler Streukoeffiziententen atmo-sphärischen Aerosols aus Lidarmes-sungen.

SCHIMANG, Heike: Charakterisierungder arktischen Grenzschicht aus Sodar-Daten der „Arctic Ocean Ex-pedition 1996“ (AOE-96).

HENNING, Sylvia: Aerosolgrößenvertei-lung im Übergangsbereich zwischenfreier Troposphäre und planetarerGrenzschicht.

FRANKE,Kathleen:Räumliche und zeitli-che Korrelation der Solarstrahlung aufunterschiedlich orientierten Flächen inSachsen.

Universität Mainz

HabilitationenBORRMANN, Stephan: The Aerosol in

the Tropopause Region and the Low-er Stratosphere: An In-Situ Measure-ment Perspective on Microphysicsand Heterogeneous Chemistry.

DissertationenKANDLBINDER, Thomas: Bodenrand-

bedingungen in mesoskaligen Klima-modellen.

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SPRENGARD-EICHEL, Cornelia: Diewasserlösliche Fraktion atmosphäri-scher Aerosolpartikel: Anteil und Zusammensetzung im Radiusbereich0,2 bis 2,0 µm.

Diplom-HauptprüfungenKANDLER, Konrad Zsolt: Größenver-

teilung unlöslicher Bestandteile derNaßdeposition bei Advektion subtro-pischer Luftmassen.

PRETZER, Cornelia: Entstehungsme-chanismen sowie zeitliche und räumli-che Verteilung des maritimen Aero-sols – Eine Literaturstudie –.

SCHÄFER,Harald:Meteorologische Ana-lyse für Spurengasmessungen am Ob-servatorium Izaña (Teneriffa) unter Ver-wendung von Rückwärtstrajektorien.

Universität München

Promotionen:FEIGL, Christian: Aufbau und Charakte-

risierung eines Meßsystems für NO,NO2 und NOy: Laboruntersuchungenund Einsatz in der unteren arktischenStratosphäre.

FRECH, Michael Claus: Turbulente Aus-tauschprozesse über heterogenenLandoberflächen.

FUENTES HUTFILTER, Ursula: Stati-stisch-dynamische Regionalisierungauf der Basis einer Klassifikation syn-optischer Entwicklungen.

KUHN, Marion: Das Aerosolmeßsystem„Multiangle Aerosol SpectrometerProbe“:Charakterisierung des Systemsund mikrophysikalische Messungen inder Atmosphäre.

LEUTBECHER, Martin: Die Ausbrei-tung orographisch angeregter Schwe-rewellen in die Stratosphäre. LineareTheorie, idealisierte und realitätsnahenumerische Simulation.

VÖLGER, Peter: Mehrfachstreuung undDepolarisation bei Rückstreu-LIDAR-Messungen in Aeorosolpartikelschich-ten – numerische Simulationen.

Diplom-HauptprüfungenBOY,Michael:Globale Verteilung haloge-

nierter Kohlenwasserstoffe in derStratosphäre: Meßdaten im Vergleichmit einem 2-D-Modell.

BRIEGER, Ulrich: Vertikalprofil von Energieflüssen am Ostrand des Ober-rheingrabens.

HEIGL, Markus: Gebirgswellen überNordskandinavien: eine Fallstudie mitFlugzeugmessungen und mesoskali-gen Simulationen.

KNIFFLER, Annette: Hydraulische Experimente zur Um- und Überströ-mung von Orographie unter Verwen-dung des Flachwassermodells im rotierenden Kanal.

PLONNER, Monika: Wechselwirkungzweier Wirbel im quasigeostrophi-schen Zweischichtenmodell.

RACZ, Zsuzsanna: Die Dynamik von Hitzetiefs.

REICHMANN, Fritz Wolf: Inertial waves,geostrophic adjustment and the Jov-ian Great Red Spot.

RIEGER, Doris Manuela: Untersuchungder Strömung im Zwischenraum doppelschaliger Fassaden.

SALGIN, Meral: Darstellung der 30-60-Tage-Welle mit Hilfe von CISK-ähn-lichen Theorien.

SCHMID, Heidemarie: Clear-Air Turbu-lence bei Südföhn – Eine Fallstudie.

STEINWAGNER, Jörg: Fernerkundungder Windgeschwindigkeit über Seemit dem TRMM Microwave Imager.

Universität München (Weihenstephan)

DissertationWINTERHALTER, Martin: Die Bestim-

mung turbulenter Flüsse am MeßturmSchachtenau im Nationalpark Bayeri-scher Wald – Ein Vergleich mikrome-teorologischer Methoden.

Diplom-HauptprüfungHENNEBERGER, Alexandra: Pilotstu-

die zu Untersuchungen über die Ein-flüsse definierter Wetterparameterund -situationen auf die körperlicheLeistungsfähigkeit während standar-disierter Belastung.

Universität Graz

HabilitationLADREITER, Hans Peter: Mathemati-

sche Verfahren zur Datenanalyse undzur Prüfung der Effizienz geophysika-lischer Meßkonfiguration.

DissertationenRIEDER, Markus: Microwave sounding

of atmospheric water vapour and tem-

perature for improved understandingof the Earth‘s hydrological cycle.

SMEJKAL,Andreas:Vergleich geophysi-kalischer Prozesse auf Erde und Ve-nus 16.06.1998.

KARGL, Günter: Physical processes onthe surface of a cometary nucleus:Experimental investigation on the in-fluence of organic constituents of thethermal properties.

STEINER,Andrea:High resolution soun-ding of key climate variables using theradio occultation technique.

Diplom-HauptprüfungenHIEBLER,Sabine D.:IASI-New Aspects in

Infrared Atmospheric Sounding 11/98.WEISZ, Elisabeth: Kalman-Filter Analy-

sis of Meteorological Data.

Universität Innsbruck

Diplom-HauptprüfungenTRAUNMÜLLER, Wolfgang: Untersu-

chung der ageostrophischen Wind-komponenten im Zusammenhang mitFrontogenese.

TROGER,Werner:Die Einbeziehung desösterreichischen BlitzortungssystemsALDIS in die meteorologische Analy-se von Gewittern.

EGGER, Klaus: Bestimmung der opti-schen Aerosoldicke mit einem Akti-nometer und Vergleich der gemesse-nen Solarstrahlung zwischen 300nmund 525nm mit simultanen Spektro-metermessungen unter Berücksichti-gung des Zirkumsolarlichtes.

BUCHAUER, Markus: Idealisierte 3-dSimulationen zu Gap Wind.

WEIS, Monika: Kritische Betrachtung derabgesetzten Niederschlagsformen.

ZINGERLE, Christoph: Föhn am Vatna-jökull, Island.

HAAG,Werner: Untersuchungen von po-laren Kaltluftausbrüchen nach Mitte-leuropa mit Hilfe des Konzeptes derpotentiellen Vorticity.

Universität Wien

Institut für Meteorologie und Geophysik

Diplom-HauptprüfungenSCHMITTNER, Wolfgang: Spitzenbela-

stungen der Ozonkonzentration im

183promet, Jahrg. 27, Nr. 3/4, 2002 Habilitationen, Promotionen und Diplom-Hauptprüfungen im Jahr 1998

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184 promet, Jahrg. 27, Nr. 3/4, 2002Habilitationen, Promotionen und Diplom-Hauptprüfungen im Jahr 1998

Anschriften der Autoren dieses Heftes

PRIV.-DOZ. DR. GERHARD [email protected]

DIPL.-MET. MICHAEL [email protected]

DIPL.-MET. GÜNTHER [email protected]

DR. DIETER FRÜ[email protected]

DR. ERDMANN [email protected]

DR. REINHOLD [email protected]

DIPL.-MET. DETLEV [email protected]

DIPL.-MET. BODO [email protected]

DR. CHRISTOPH [email protected]

PRIV.-DOZ. DR. JÜRGEN [email protected]

DR.WERNER [email protected]

alle: Deutscher WetterdienstGeschäftsbereich Forschung und EntwicklungPostfach 10 04 6563004 Offenbach a. M.

Großraum Wien – Analyse der meteo-rologischen Einflußfaktoren.

STADLBACHER, Klaus: Anwendungs-möglichkeiten der Dimensionsanalyseauf meteorologische Fragestellungen.

THUN, Thomas: Luftelektrische Phä-nomene, insbesondere in Wolken.

WADSAK,Markus:Ein Beitrag zur Gewit-tervorhersage im Osten Österreichs.

Universität für Bodenkultur Wien

Diplom-HauptprüfungenKOBER, Martin: Zusammenhänge me-

teorologischer Parameter und Varian-ten der Bodenbearbeitung mit Wachs-tum und Entwicklung von Hanf.

LAUBÖCK, Markus Werner: Strahlungs-modellierung im Glashaus.

SCHMITTNER, Wolfgang: Spitzenbela-stung der Ozonkonzentration imGroßraum Wien – Analyse der me-teorologischen Einflußfaktoren.

Universität Basel

HabilitationSCHERER Dieter: Regionale Geosys-

temanalyse.Theorie und Beispiele.

Diplom-HauptprüfungenBLEYL, Matthias Richard: CO2-Flußmes-

sungen auf einer landwirtschaftlichenNutzfläche und in einem Hochmoor mitHilfe der Eddykorrelationsmethode.

GALLACCHI, Phillip: Untersuchungenzur Optimierung und Validierung der

Methodik der Arealtypklassifikationauf der Basis von Landsat-5-TM-Satellitendaten der Region Basel.

GROEBKE, Lukas: PhotogrammetrischeAnalyse von Sulzströmen in Nord-schweden mit Hilfe eines digitalenGeländemodells.

MUSA, Marc: Modellierung des Boden-wärmestromes im REKLIP-Untersu-chungsgebiet mit Hilfe von Landsat-5-Daten.

ETH Zürich

PromotionenBARTHAZY MEIER, Eszter: Microphy-

sical Properties of the Melting Layer.BRESCH, David: Coupled flow and SST

patterns of the North Atlantic: a stati-stical and dynamical study.

BRUNNER, Dominik: One-Year Clima-tology of Nitrogen Oxides and Ozonein the Tropopause Region: Resultsfrom B-747 aircraft measurements.

GUT, Andreas: Characterisation of thesoil-atmosphere exchange fluxes of nitrix oxide.

LINDER, Wolfgang: Development ofthunderstorms in Switzerland in rela-tion to surface winds.

ORB, Joachim: Modelling In-Cloud Scav-enging – A comparison of Measure-ments and Modelling Results.

POGGIO, Lionel: Use of scintillationmeasurements to determine fluxes incomplex terrain.

RENAUD, Anne: Solar Erythemal Ultra-violet Radiation: Analysis of SwissMeasurements and Modelling.

Examina früherer Jahre sind in folgendenHeften veröffentlicht:

Heft Prüfungsjahrgangmeteo 0 19681/2 71 19691/2 71 19702 72 19711 73 19722 74 19732 75 19741 76 19751 77 19762/3 78 19771 79 19781/2 80 19792/3 81 19803/4 82 19811/2 83 19822/3 84 19832/3 85 19842/3 86 1985 1.Teil4 86 1985 2.Teil3/4 87 19864 88 19873/4 89 19883/4 90 19893/4 91 1990 1.Teil1 92 1990 2.Teil2/3/4 92 19914 93 19921/3 24 19934 24 19941/2 26 19953/4 26 19961/2 27 1997

Page 83: meteorologische fortbildung - met.fu-berlin.dedmg/promet/27_34/27_3_4_Heft_lores.pdf · Das Modell LM wird von mehreren europäischen Wetterdiensten als operationelles regionales

185promet, Jahrg. 27, Nr. 3/4, 2002

1 Allgemeines

Promet dient der Fortbildung von Mete-orologen und Wetterberatern. Die Beiträgezum Thema des Heftes sollen den neue-sten Stand des zu behandelnden Spezial-gebietes auf wissenschaftlicher Basis in ei-ner verständlichen und anschaulichenWeise darstellen.

2 Textunterlagen

2.1 Textdisketten

Erstellt im Programm Word als DOC-,RTF-, TXT-Dokument oder in einemkompatiblen Programm. Zu jeder auf Diskette erstellten Seite wird ein Aus-druck benötigt.

2.2 Gliederung

Numerierung der Haupt- und Unter-abschnitte nach dem Dezimalsystem (1,1.1, 1.2 . . ., 2, 2.1, 2.2. usw.).

2.3 Abbildungen,graphische Darstellungen

Kontrastscharfe und reproduktionsfähige

Bezugbedingungen von promet

Herausgeber der Fortbildungszeitschrift promet ist der Deutsche Wetterdienst (DWD) mit Sitz in Offenbach am Main. Demzufolge er-halten die Mitarbeiter (Meteorologen und Wetterberater) des DWD sowie des Geophysikalischen Beratungsdienstes der Bundeswehr(GeophysBDBw) mit Sitz in Traben-Trarbach promet auf dem Dienstweg. Ferner gibt der DWD promet kostenlos ab an die fest ange-stellten wissenschaftlichen Mitarbeiter der meteorologischen Universitätsinstitute sowie meteorologischen Forschungseinrichtungen inDeutschland. Dabei verbindet der DWD die Hoffnung, daß auch dieser Empfängerkreis sich bereit erklärt, Themen zur Bearbeitung fürpromet zu übernehmen.Die Verteilung der einzelnen Ausgaben von promet an die genannten Empfängerkreise erfolgt zentral durch die Bibliothek des DWD.Wenden Sie sich daher bei Nichterhalt von promet bitte direkt dorthin:

DWD/Bibliothek, Frankfurter Straße 135, 63067 Offenbach am Main.

Personen sowie Institutionen, die nicht zu dem oben genannten Empfängerkreis gehören, können promet wie folgt erhalten:• durch Kauf eines Einzelheftes,• durch Abschluß eines Belieferungsabonnements.

Ihre Bestellung richten Sie bitte an die Bibliothek des DWD, die Sie auch über die weiteren Bezugsbedingungen sowie Preise informiert.

Abschließend sei darauf hingewiesen,daß eine Übereinkunft zwischen dem DWD und der Deutschen Meteorologischen Gesellschaft e.V.(DMG) Mitgliedern der DMG ermöglicht, promet im Rahmen ihrer Mitgliedschaft kostenfrei zu erwerben.Weitere Einzelheiten könnender Internet-Seite: http://www.dmg-ev.de entnommen werden.

Vorlagen (Fotos mit Hochglanz, Strich-zeichnungen mit schwarzer Tusche undklarer Beschriftung). Legenden zu denAbbildungen auf besonderem Blatt beifügen.

2.4 Formeln, Gleichungen

Auf das Notwendige beschränken, deut-lich lesbar mit fortlaufender Numerierungin runden Klammern am rechten Textrand.

2.5 TabellenNur im notwendigen Umfang, klar undübersichtlich, ggf. auch als Abbildungen.

2.6 Literaturzitate

Literaturhinweise im Text: ... MÜLLER(1980) ... oder ... (MÜLLER 1980) ...

Literaturverzeichnis:– Autoren in alphabetischer Reihenfolge.

Herausgeber werden durch den Zusatz:„Hrsg.“ gekennzeichnet.

– Zeitschriftenaufsatz:KURZ, M., 1982: Zum Einfluß diabati-scher Prozesse auf die Frontogenese inBodennähe. Meteorol. Rdsch., 35, 21–30.

– Buch:SCHÖNWIESE, C.-D., 1980: Klima-schwankungen. Berlin: Springer-Verlag,181 S.

3 Korrekturen

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