Methoden und Techniken der Archäologie anhand neuerer ... · Zeitschrift des Historischen Vereines...

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Zeitschrift des Historischen Vereines für Steiermark Jahrgang 95 (2004) Methoden und Techniken der Archäologie anhand neuerer Beispiele aus der Steiermark Zum Vortrag bei der Jahreshauptversammlung des Historischen Vereins für Steiermark am 24. März 2004 Von B e r n h a r d Hebert und Ingo Mirsch Der bei der letzten Jahreshauptversammlung von Bernhard Hebert gehaltene Vortrag „Archäologie heute: Neue Methoden und Techniken" wollte anhand von Beispielenaus der Steiermark allgemeinverständlich in die modernen Methoden und „Hilfswissenschaften" der Archäologie einführen. Demgemäß wird auch die folgen- de von Ingo Mirsch erweiterte und bearbeitete Zusammenfassung nicht tiefer in die Theorie 1 eindringen, sondern Beispiele für die praktische Anwendung im Lande und Hinweiseauf weiterführende Literatur und elektronische Medien bringen. 2 PROSPEKTION Georadar und Geomagnetik Eine zunehmend wichtige Rolle spielen technische Methoden der Prospeklion neben den herkömmlichen (Begehungen, Fundaufsammlungen). Vor allem Geomag- netik und Georadar haben in den letzten Jahren auch in der Steiermark reiche Anwen- dung gefunden. Grundlegend über neuere Methoden in der Archäologie:Kevin GREENE,Archaeology. An Intro- duction. The History, Principles and Methods of Modern Archaeology. London/New York' Philadelphia/Singapore '2002. (Die vorzüglich gestaltete Online-Version findet sich unter: http://www.staff.ncl.ac.uk/kevin.greene/wintro/index.htm) - JonathanMOH-ETT,Archaeology on the Internet, a Web-bases article based on a talk given to the Oxford University Archacological Society on 25 ,h February 1997. (Vgl. auch: http://www.staff. ncl.ac.uk/kevin.greene/wintro/) Über die ebenso vielfältigen Möglichkeiten und Risiken von datenbankunterstützten Publika- tionen im Internet siehe: http://www.ubi-erat-lupa.org/site/publications/publizieren_mit_netz. 131

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Zeitschrift des Historischen Vereines fuumlr Steiermark Jahrgang 95 (2004)

Methoden und Techniken der Archaumlologie anhand neuerer Beispiele

aus der Steiermark

Zum Vortrag bei der Jahreshauptversammlung des Historischen Vereins fuumlr Steiermark

am 24 Maumlrz 2004

Von B e r n h a r d H e b e r t und I n g o M i r s c h

Der bei der letzten Jahreshauptversammlung von Bernhard Hebert gehaltene Vortrag bdquoArchaumlologie heute Neue Methoden und Techniken wollte anhand von Beispielen aus der Steiermark allgemeinverstaumlndlich in die modernen Methoden und bdquoHilfswissenschaften der Archaumlologie einfuumlhren Demgemaumlszlig wird auch die folgenshyde von Ingo Mirsch erweiterte und bearbeitete Zusammenfassung nicht tiefer in die Theorie1 eindringen sondern Beispiele fuumlr die praktische Anwendung im Lande und Hinweise auf weiterfuumlhrende Literatur und elektronische Medien bringen2

PROSPEKTION

Georadar und Geomagnetik

Eine zunehmend wichtige Rolle spielen technische Methoden der Prospeklion neben den herkoumlmmlichen (Begehungen Fundaufsammlungen) Vor allem Geomagshynetik und Georadar haben in den letzten Jahren auch in der Steiermark reiche Anwenshydung gefunden

Grundlegend uumlber neuere Methoden in der Archaumlologie Kevin GREENE Archaeology An Intro-duction The History Principles and Methods of Modern Archaeology LondonNew York PhiladelphiaSingapore 2002 (Die vorzuumlglich gestaltete Online-Version findet sich unter httpwwwstaffnclacukkevingreenewintroindexhtm)

- Jonathan MOH-ETT Archaeology on the Internet a Web-bases article based on a talk given to the Oxford University Archacological Society on 25h February 1997 (Vgl auch httpwwwstaff nclacukkevingreenewintro) Uumlber die ebenso vielfaumlltigen Moumlglichkeiten und Risiken von datenbankunterstuumltzten Publikashytionen im Internet siehe httpwwwubi-erat-lupaorgsitepublicationspublizieren_mit_netz

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Das Georadar (GPR Ground Penetrating Radar) entspricht in seiner Funkshytionsweise3 dem herkoumlmmlichen Radar wie es in der See- und Luftfahrt beshynutzt wird Allerdings werden hier die elektromagnetischen Impulse senkrecht zur Oberflaumlche in den Untergrund gesendet Gemessen werden dann die reflektierten Wellen

Die Dominanz der Magnetik in der archaumlologischen Prospektion hat ihren Grund in der Vielzahl von Magnetisierungsprozessen im Boden Die Messungen lassen sich auszligerdem relativ schnell und einfach durchfuumlhren d h groszlige Gebiete koumlnnen auch bei unterschiedlichsten Arbeitsbedingungen in recht kurzer Zeit vermessen werden Die dabei erzielten Ergebnisse sind beachtlich Das Prinzip der geomagnetischen Messung beruht darauf dass lokale bdquoStoumlrungen des Erdmagnetfeldes sowie deren raumlumliche Auswirkung (Ausdehnung) hochaufloumlsend gemessen werden Das Magshynetfeld der Erde setzt sich aus einem konstanten raumlumlich homogenen und einem zeitlich variablen Anteil (mit einem sehr breiten Frequenzspektrum) zusammen Es kann zusaumltzlich noch durch lokale Besonderheiten beeinflusst werden Diese bdquoStoumlshyrungen werden durch magnetische oder magnetisierbare Materialen hervorgerufen z B durch geologische Lagerstaumltten (wie eisenoxidhaltige Erze) Auch von Menshyschenhand geschaffene Befunde d h Mauern Gebaumlude und Oumlfen aber auch Gruben u a verursachen Magnetfeldaumlnderungen sofern sie (wenigstens in kleinen Mengen) Eisen enthalten4

Groszligflaumlchige Messungen sind recht aufwaumlndig erlauben aber zerrstoumlrungsfrei Ruumlckschluumlsse etwa auf den Stadtplan von Flavia Solva auch in voumlllig unergrabenen Gebieten5 Am Frauenberg bei Leibnitz zeigte das Bodenradar neben dem bekannten konservierten Tempel eine weitere Struktur die nach den Ausgrabungen der letzten beiden Jahre als gallo-roumlmischer Umgangstempel aus dem fruumlheren 1 Jh n Chr verifiziert wurde6

Geomagnetische Messungen haben sich insbesondere bei Schmelzplaumltzen beshywaumlhrt wo sie ebenfalls zerstoumlrungsfrei die inzwischen bekannten Strukturen praumlshyhistorischer Anlagen mit Roumlstbetten Oumlfen und Schlackenhalde zeigen Zwischen Paltental und Eisenerz wurde nicht zuletzt durch diese Methode eine der wichtigs-

3 wwwbaiuni-wuppertaldeprojekteprospektionengeoradarmainhtml lt wwwbaiuni-wuppertaldeprojekteprospektionengeomagnetikmainhtml 5 Stefan GROHWolfgang NEUBAUERAIOIS EDER-HINTERLEITNER Ergebnisse der ersten archaumloloshy

gisch-geophysikalischen Prospektion im Stadtgebiet von Flavia Solva Steiermark In Archae-ologia Austriaca Beitraumlge zur Palaumloanthropologie Ur- und Fruumlhgeschichte Oumlsterreichs hg v Institut fuumlr Ur- und Fruumlhgeschichte der Universitaumlt Wien Band 82-83 Wien 1998-1999 27-38 - Daniel MODL Die Geburt einer Stadt Uumlberlegungen zur fruumlhen Stadtgeschichte und To-

^ pographie von Flavia Solva (= Thinnfeldensia III) Deutschfeistritz 2004 60ff Stetan GROH und Helga SEDLMAYER [Fundbericht] in Fundberichte aus Oumlsterreich Herausgegeshy

ben vom Bundesdenkmalamt (FOuml) Bd 422003 Wien 2004 746-747 Vgl auch http wwwoeaiatinlandsolvahtml Stefan GROH [Fundbericht] in FOuml 412002 Wien 2003 683f - Stefan GROH und Helga SEDLshyMAYER Grabungen im roumlmischen Tempelbezirk am Frauenberg bei Leibnitz In Archaumlologie Oumlsterreichs 132 2002 38-41

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Frauenberg bei Leibnitz Tempel I Ergebnisse der geophysikalischen Prospektion und die Grabung 2002 westlich des Tempels (Oumlsterreichisches Archaumlologisches Institut Wien)

ten Regionen des bronzezeitlichen Abbaus und der Verhuumlttung von Kupfererz ershykannt7

Hubert PRESSLINGER und Clemens EIBNER Bergbau Verhuumlttung und Siedlungstaumltigkeit in der Bronzezeit im Paltental Bisher vorliegende Forschungsergebnisse In Da schau her 174 1996 8-13- Hubert PRESSUNGER und Hans Joumlrg KOumlSTIER (Hg) Bergbau und Huumlttenwesen im Bezirk Liezen (Steiermark) (= Kleine Schriften der Abteilung Trautenfels am Steiermaumlrkischen Lanshydesmuseum Joanneum 24) Trautenfels 1993 Hubert PRESSLINGER Erforschung der Ur- und Fruumlhgeschichte der Steiermark am Beispiel Paltental Jahresbericht 2000 uumlber die montanarchaumlshyologischen Arbeiten im Projekt (ungedr Manuskript)

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Schlackenfundplaiz Flitzen 2 (Gem Gaishorn) Anomaliefeld nach der Untersuchung von G Walach (Hubert Preszliglinger Jahresbericht 2000 Bild F-02)

verpflockre Basislinie N-S (10m

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VERHUumlTTUNGSPLATZ FLITZEN I I

Uumlbersicht

Verhuumlttungsplatz Flitzen 2 Uumlbersicht (Hubert Preszliglinger Jahresbericht 2000 BildF-OI)

Luftbildarchaumlologie8

Die Luftbildarchaumlologie macht sich in erster Linie topographische geologische und biologische Phaumlnoshymene zunutze So waumlchst beispielsshyweise auf einem Getreidefeld an jener Stelle das Getreide nicht so hoch unter der sich eine Mauer befindet Umgekehrt verhaumllt es sich mit Pfosshytenloumlchern Sie sind tiefer mit Humus aufgefuumlllt Pflanzen wurzeln daher hier aufgrund des erhoumlhten Angebotes an Naumlhrstoffen tiefer das Pfostenloch

J KUNOW (Hg) Luftbildarchaumlologie in Ost- und Mitteleuropa Aerial Archaeoshylogy in Eastern and Central Europe Inshyternationales Symposium 1994 in Klein-manchnow 1994

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Luftbild von der Freilegung der Villa Thalerhof 24 November 1938 (Foto LMJ)

ist durch houmlheren pflanzlichen Bewuchs erkennbar Der Grundriss eines Bodendenkshymales wird somit in der passenden Jahreszeit und bei geeignetem Lichteinfall (spaumlter Nachmittag = lange Schatten) gut sichtbar Wallartige Uumlberreste und Grabhuumlgel sind vom Flugzeug aus durch ihre Schattenbildung sichtbar

Die in der Steiermark9 lange Zeit voumlllig vernachlaumlssigte Luftbildarchaumlologie scheint hierzulande erstmals (und dann fuumlr Jahrzehnte nicht mehr) in einer freilich rudimentaumlren Form von Marianne Grubinger eingesetzt worden zu sein Im Zuge der Freilegung der Villa Thalerhof bewog sie den Kommandeur des seit dem bdquoAnschluss dort stationierten Sturzkampfgeschwaders 1166 (bdquoSturzkampfgeschwader Immel-mann) zur Anfertigung eines Luftbildes das den Stand der Ausgrabungen am 24 November 1938 dokumentiert10

Im Jaumlnner 1966 veranstaltete das Landesmuseum Joanneum in Zusammenarbeit mit dem Franzoumlsischen Kulturinstitut und der Oumlsterreichischen Arbeitsgemeinschaft

9 Gerald FUCHS Luftbildarchaumlologie in der Steiermark In Votis XX Solutis Jubilaumlumsschrift der Archaumlologischen Gesellschaft Steiermark (= Nachrichtenblatt der Archaumlologischen Gesellschaft Steiermark 1-21999) Graz 2000 55-69

10 Veroumlffentlicht in Walter MODRUAN Kaisdorf Ur- und fruumlhgeschichtliche Funde (= Schild von Steier Beitraumlge zur steirischen Vor- und Fruumlhgeschichte und Muumlnzkunde Kleine Schriften 89) Graz 1968 32 - Vgl Ingo MIRSCH Die Geschichte der Marktgemeinde Kaisdorf Kaisdorf 1994 55

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fuumlr Ur- und Fruumlhgeschichte die Ausstellung bdquoLuftbild und Archaumlologie Man konnshyte dabei instruktive Luftbilder aus Sizilien Afrika etc bestaunen jedoch kein einzishyges aus der Steiermark

Die Luftbildarchaumlologie wird seit einigen Jahren bei mehreren Projekten zur arshychaumlologischen Prospektion fuumlr Groszligbauvorhaben und fuumlr die Dokumentation von Bodendenkmalen eingesetzt als neuestes Beispiel seien die begleitenden Prospekshytionen bei der Errichtung der Koralmbahn im Abschnitt Werndorf - Deutschlandsshyberg genannt2

Phosphatmethode1 3

Die von Seiten der Geographie entwickelte Phosphatmethode hat zum Ziel Phosshyphatanreicherungen im Boden aufzuspuumlren Diese resultieren aus den Ausscheidungsshyprodukten und Oberresten von Mensch und Tier Durch diese Methode sind vor allem Siedlungen lokalisierbar Phosphatanreicherungen finden sich in Form von bdquoLeichenshyschatten zuweilen auch als einziger Nachweis von Bestattungen Oberflaumlchenbodenshyproben selbst groumlszligerer Areale koumlnnen in kurzer Zeit analysiert und auch quantitativ fuumlr den Nachweis von Siedlungsniederschlag ausgewertet werden - und zwar so gut wie unverfaumllscht durch zwischenzeitliche Duumlngemaszlignahmen der Landwirtschaft14

GRABUNG DOKUMENTATION FUNDE

Stratigrafie Harris-Matrix15

Bei Grabungstechnik und Fundmaterialbearbeitung also Kernbereichen der Arshychaumlologie selbst haben sich in den letzten Jahren auch in Oumlsterreich Standards durchshygesetzt die weit uumlber das hinausgehen was den Studierenden bis in die Achtziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts vermittelt wurde Bei Grabungen ist das Haupt-

Walter MODRIJAN Luftbild und Archaumlologie Ausstellung bdquoLuftbild und Archaumlologie in Graz im Jaumlnner 1966 veranstaltet vom Landesmuseum Joanneum in Zusammenarbeit mit dem Franzoumlshysischen Kulturinstitut und der Oumlsterreichischen Arbeitsgemeinschaft fuumlr Ur- und Fruumlhgeschichshyte (= Schild von Steier Kleine Schriften 4) Graz 1966

12 Gerald FucHsGerhard HARERIrmengard KAiNzKlaus-Michael SCHNEIDER Ein Modellfall fuumlr die Zusammenarbeit zwischen Planung und archaumlologischer Denkmalpflege am Beispiel der Koralmbahn Graz-Klagenfurt im Abschnitt Werndorf-Deutschlandsberg In FOuml 361997 Wien 1998 269-280 - Zur Luftbildarchaumlologie in Oumlsterreich vgl auch httpwwwunivieacab Luftbildarchivindexhtm

13 Reinhard ZOumlLITZ Bodenchemische Untersuchungen im Bereich vor- und fruumlhgeschichtlicher Siedlungen In Schriften des Naturwissenschaftlichen Vereins Schleswig-Holstein 53 (1983) 33-57 - DERS Gebaumludenutzung im Spiegel von Phosphatwerten Naturwissenschaftliche Beishytraumlge zur archaumlologischen Hausforschung (Rezensionsartikel) In Siedlungsforschung 5 (Bonn 1987) 219-225

14 Guumlnter P FEHRINUuml Die Archaumlologie des Mittelalters Eine Einfuumlhrung Darmstadt 2000 31 15 Edward C HARRIS Principles of Archaeological Stratigraphy London and San Diego 1989

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Rassach roumlmerzeitlicher Grabhuumlgel (BDA Bildarchiv)

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Rassach Harris Matrix (BDA Bildarchiv)

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augenmerk auf eine sehr genaue (oft EDV-gestuumltzte16) dreidimensionale und mit den Kleinfunden verknuumlpfte Dokumentation und vor allem auf eine moumlglichst fehlerfreie Trennung und Identifizierung von Schichten zu legen Erst die eindeutig nachvollshyziehbare Zuordnung von Funden zu einzelnen Schichten deren Abgrenzung Abfolge und Genese naturgemaumlszlig waumlhrend der Grabung erkannt werden muumlssen erlaubt geshysicherte und nachvollziehbare Datierungen und Angaben von Ablaumlufen

Als archaumlologische Stratigrafie17 bezeichnet man die in einem vertikalen Schichtshyprofil feststellbare Abfolge von Straten die durch natuumlrliche Ablagerungen und Einshygriffe (Graben Schacht Brunnen Pfostenloch Planierung Verftillung etc) entstanshyden ist Die zeitliche Einordnung von in der Flaumlche ergrabenen Objekten kann durch das Verhaumlltnis dieser Schichten zueinander relativ bestimmt werden

Die grafische Darstellung der durchnummerierten Schichten (stratigrafischen Einheiten) mit den aus ihnen stammenden Funden erfolgt meist in der nach ihrem bdquoErfinder so genannten Harris-Matrix die stammbaumaumlhnlich die Abfolge aller archaumlologisch fassbaren Strukturen festhaumllt und damit eine sehr detaillierte relative Chronologie ergibt

Die archaumlologische Stratigraphie (Beschreibung einer Schichtenfolge) beruht auf einer Reihe fundamentaler Axiome oder Gesetze Alle archaumlologischen Fundstellen zeigen eine Stratigraphie18

Vor allem bei Siedlungsgrabungen aber auch bei einem komplexen Graumlberfeld wie zuletzt bei dem von Gerald Fuchs und Christoph Hinker untersuchten in Rasshysach19 ist ein derartiges Vorgehen das auch hohe Anforderungen an die manuell arshybeitenden Mitarbeiter setzt unverzichtbar Waumlren einmal die Schichten und damit die Funde vermischt ist die Aussagekraumlftigkeit des Befundes wesentlich herabgesetzt Dass Schichten meist nicht eben und gleichmaumlszligig verlaufen und Grabungen daher nicht wie der Erzberg mit seinen einigermaszligen gleichmaumlszligigen Abbaustufen aussehen sollten braucht nicht betont zu werden

Seriation

Bei der Auswertung des oft zahlenmaumlszligig gewaltigen Fundmaterials dessen Ershyfassung Evidenthaltung und Verwaltung ohne EDV ohnedies undenkbar waumlre wer-

16 Zum Thema der EDV und ihrer Anwendung in der Archaumlologie (bdquoGrabungstechnik und Prosshypektion bdquoEDV-Anwendungen bdquoE-Publishing bdquoDatenbanken bdquoRecht und Gesetz bdquoWoumlrshyterbuumlcher und Sonstiges) vgl die vorbildliche Uumlbersicht auf httpwwwarchaeologischde linkswerkzeughtmledv

17 Auch auf dem Gebiet der Stratifikationsanalyse leistet die EDV mittlerweile hervorragende Dienste Hinzuweisen ist hier unbedingt auf das von Irmela Herzog entwickelte und auf Winshydows basierende EDV-Programm bdquoStratify (neue Version von bdquoWinBasp) Der Download des Programms ist kostenlos httpwwwstratiryprivatt-onlinede

18 Vgl httpwwwnhm-wienacatNHMPrehistStadlerLVASQAMQAM-Harris-Matrixhtml 19 Gerald FUCHS und Christoph HINKER Fruumlhe Befunde im Randbereich des roumlmerzeitlichen Huumlshy

gelgraumlberfeldes Rassach (VB Deutschlandsberg Steiermark) Mit Beitraumlgen von Thomas Ein-woumlgerer Ruth Drescher-Schneider und Silvia Renhart In FOuml 422003 Wien 2004 113-163 - Christoph HINKER Die norisch-pannonischen Huumlgelgraumlberfelder von Rassach und Tanzels-dorf Steiermark In FOuml 412002 Wien 2003 167-201

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Provinzialroumlmisches Graumlberfeld Gleisdorf Typentafel der Vorratsgefaumlszlige und groszligen Toumlpfe (Wolfgang Artner Gleisdorf 1994 13)

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den zunehmend statistische Methoden angewandt Eigene Programme20 erlauben etwa die Seriation von Funden die z B durch ihre Zugehoumlrigkeit zu verschiedenen Graumlbern eines Graumlberfeldes und die Zugehoumlrigkeit zu verschiedenen (formalen) Typen verschraumlnkt und rechnerisch oder grafisch in eine in sich stimmige chronoshylogische Abfolge gebracht werden koumlnnen

Von Menschenhand geschaffene Gegenstaumlnde lassen sich in Typen zusammenfasshysen die unterschiedliche Laufzeiten haben In archaumlologischen Befunden kommen sie dann mit verschiedenen Haumlufigkeiten vor Damit die Seriation funktioniert muumlsshysen sich die Verwendungszeiten einiger Typen uumlberschneiden

bdquoSchreibt man die Haumlufigkeiten der Vorkommen der Typen A B C D in den Befunden 1234 in die Zellen einer Tabelle mit den Befunden in den Zeilen und den Typen in den Spalten sind die Typenhaumlufigkeiten in den Zellen bei unbekannter zeitlicher Abfolge zunaumlchst unregelmaumlszligig uumlber die Tabelle verteilt Die Aufgabe bei der Seriation besteht nun nur noch darin die Zeilen und Spalten der Tabelle (Datenshymatrix) so zu sortieren dass die Haumlufigkeiten aller Typen erst zu- und dann wieder abnehmen Wie man sieht bedeutet das graphisch dass sich die Haumlufigkeiten so dicht wie moumlglich entlang der Diagonale der Tabelle konzentrieren muumlssen - anders ausgedruumlckt muss die Korrelation der Werte in den Zellen maximal werden Das ist mathematisch nicht besonders schwierig bei einer groszligen Zahl von Befunden und Typen jedoch ohne Hilfe eines Computers nicht durchfuumlhrbar21

Als steirisches Beispiel dient hier die pionierhafte Aufarbeitung des roumlmerzeitshylichen Graumlberfeldes von Gleisdorf durch Wolfgang Artnern bdquoDas Buch ist fuumlr den Provinzialarchaumlologen ein Muss aber auch dem an der fruumlheren Landesgeschichte Interessierten nachdruumlcklich zu empfehlen23

Radiographie Computertomographie und Materialuntersuchungen24

Bereits zwei Jahre nach der Entdeckung der Roumlntgenstrahlen 1895 wurden die durchdringenden Eigenschaften der Strahlen erstmals zur Untersuchung von Kunstshywerken eingesetzt Der Vorteil der Roumlntgenuntersuchung liegt auf der Hand Das Kunstwerk oder der archaumlologische Fund bleiben bei der Analyse frei von Zerstoumlrunshygen es ist nicht noumltig Materialproben zu entnehmen

An steirischem Fundmaterial werden vielfaumlltige Untersuchungen vorgenommen teilweise im Zuge der Konservierung und Restaurierung (z B Roumlntgen- oder CT-Aufnahmen) teilweise zur Feststellung der Funktionsweise Materialbeschaffenhcit

Ein universelles Software-Paket fuumlr Seriation Korrespondenzanalyse Harris-Matrix Kartieshyrungen etc findet sich unter htlpwwwuni-koelnde~al001basphtmldownload httpwwwuni-tuebingendeutglehrveranstaltungencaa_ws0001kurs004html Wolfgang ARINER Die provinzialroumlmischen Graumlber von Gleisdorf in der Oststeiermark Mit eishynem Beitrag von Reinhold Wcdenig (= Mitteilungen der Oumlsterreichischen Gesellschaft fuumlr Ur-und Fruumlhgeschichte XXXVIIIXXXIX) Wien 1994

23 Rezension von Bernhard HEBERT in ZHVSt 86 (1995) 386f 2J Andreas BECK Roumlntgenstrahlen in der Archaumlologie Konstanz 1996

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GRIFFE QUER CT I n s t D r Staap flaquo l L oblaquon H SOIUTOH Mgt

10-FEB 1994 M WAGE i a n bull HF 2 10 gt ^ V W

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Computertomografische Aufnahme der Messer aus den Graumlbern F 83 und F124 vom spaumltantiken Graumlberfeld auf dem Frauen berg (Ulla Steinklauber Graumlberfeld Frauenberg 2002 76)

Soumllkpass Fragment einer Knotenfibel vom Mittellateneschema Umzeichnung vor der Konservierung Roumlntgenaufnahme und Zustand nach der Konservierung (Bernhard Hebert Soumllkpass 2003 69f)

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Aumlquidistenz m

Betenmacherkogel Kupferzeitliche Houmlhensiedlung (Thomas Einwoumlgerer und Margit Linder Betenmacherkogel 2001 92)

(z B Metallurgie) oder Provenienz Im Zuge der Untersuchungen eines urgeschichtshylichen Brandopferplatzes auf dem Soumllkpass erleichterte eine Roumlntgenuntersuchung die fachgerechte Konservierung eines Fragmentes einer Knotenfibel vom Mittelshylateneschema25 Bei der Ausgrabung des spaumltantiken Graumlberfeldes auf dem Frauenshyberg kam die Computertomographie z B bei der Untersuchung von Grabbeigaben (Messern26) zum Einsatz

Bernhard HEBERT Archaumlologische Untersuchungen auf dem Soumllkpass Altwege ein hochalpincr urgeschichtlichcr Brandopferplatz und weitere Funde von der Steinzeit bis in die Moderne Mit Beitraumlgen von Thomas Einwoumlgerer Guumlnter Chrislandl Ursula Schachingcr und Maria Windshyholz-Konrad In Franz MANDL (Hg) Soumllkpass Ein 6000 Jahre alter Saumpfad uumlber die Alpen [] (= Mitteilungen der ANISA 2324 200203) Haus i E 2003 69f Ulla STEINKLAUBER [et al] Das spaumltantike Graumlberfeld auf dem Frauenberg bei Leibnitz Steiershymark (= FOuml Matcrialhefte Reihe A Heft 10) Wien 2002 76

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Probenentnahme an einem Roumlmerstein im Lapidarium des Landesmuseums Joanneum (Foto BDA)

Marmore roumlmischer Bruumlche und Steindenkmaumller (Bernhard Hebert FWF-Projekt Marmore)

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6

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Weiters gelang der Nachweis dass Steingeshyraumlte von der kupferzeitlishychen Siedlung am Betenshymacherkogel bei Rosental (VB Voitsberg) aus Horn-stein gefertigt wurden der aus Bayern stammt womit entsprechende Handelsshyverbindungen nachgewieshysen sind bdquoDie Untershysuchung einer Auswahl von Rohmaterialien ershyfolgte durch A Binsteiner vom Bayerischen Landesshyamt fuumlr Denkmalpflege Er identifizierte - mit Ausshynahme eines alpinen Horn-steines und eines Quarzes - alle Auswahlstuumlcke als Jurahornsteine (Platten-hornsteine) aus der suumldshylichen Frankenalb Die meisten Stuumlcke waren nicht ausreichend typisch um sie einer der zahlreishychen Lokalitaumlten des Altshymuumlhltales zuzuweisen In einem Fall konnte er einen Typ Baiersdorf und in

zwei weiteren echten Baiersdorfer Plattenhornstein nachweisen Die Bestimmung der restlichen Rohmaterialen erfolgte nach makroskopischen Kriterien [] Neben den dominierenden Hornsteinen sind noch verschiedene Quarze haumlufiger vertreten seltener Quarzit und kieselreicher Kalk Bei einem weiteren Stuumlck duumlrfte es sich um einen zerschlagenen Amphibolithschiefer handeln28

In einem groszlig angelegten Forschungsprojekt29 wurden in den letzten Jahren die marmornen Roumlmersteine der Steiermark hinsichtlich ihres Materials untersucht Von

Kupferzeitliche Steingeraumlte vom Betenmacherkogel (Thomas Einwoumlgerer und Margit Linder Betenmacherkogel 2001 101)

2 Thomas EINWOOERER und Margit LINDFR Die kupferzeitliche Siedlung auf dem Betenmachershykogel in Rosental an der Kainach VB Voitsberg Steiennark In FOuml 402001 Wien 2002 91-113

s Ebd 93 Colloquium zum Abschluss des FWF-Projektes bdquoMarmore roumlmischer Bruumlche und Steindenkmaumlshy

ler in der Steiermark und in Stajerska Bundesdenkmalamt Graz 28 Februar 2004 Organisashytion Univ-Doz Dr Bernhard Hebert

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den im neuen Lapidarium30 (Schloss Eggenberg) des Landesmuseums ausgestellten Steinen wurden ca 40 Prozent beprobt aus der ganzen Steiermark waren es etwa 200 Wir koumlnnen jetzt die einzelnen Monumente einzelnen Steinbruumlchen zuweisen wobei uumlberraschenderweise insgesamt aber besonders auch im unmittelbaren Beshyreich von Flavia Solva Material aus den offenbar sehr expansiven Bruumlchen von PohorjeBachern uumlberwiegt und weit auch uumlber den Landweg transportiert wurde31

ANTHROPOLOGIE ARCHAumlOZOOLOGIE UND ARCHAumlOBOTANIK

Archaumlologische Funde bestehen nicht nur aus Artefakten im eigentlichen Sinn sondern auch aus biologischen Uumlberresten die nicht wie mangels entsprechender Spezialisten oft geschehen beiseite gelegt werden duumlrfen Fast alle Grabungen benoumlshytigen diese Spezialisten aus den Faumlchern Anthropologie Archaumlozoologie und Archauml-obotanik bzw Pollenanalyse Die groumlszligte anthropologische Untersuchung der letzten Jahre war die der Skelette und Leichenbraumlnde des spaumltantiken Graumlberfeldes vom Frauenberg bei Leibnitz32 Neben vielen anderen die Lebensumstaumlnde und Bevoumllkeshyrungsstruktur erhellenden Daten konnten z B die aumlltesten bisher im Ostalpenraum bekannten kuumlnstlichen Schaumldeldeformationen festgestellt werden wie wir sie z B von Ostgermanen und Hunnen kennen

Mit der Archaumlozoologie bleiben wir am Frauenberg bei Leibnitz Derzeit laumluft ein archaumlologisch-archaumlozoologisches Forschungsprojekt zu einem bemerkenswerten Grabungsbefund einem mit tausenden Tier- und wenigen Menschenknochen und

Bindendeformation am Schaumldel aus Grab F 125 des spaumltantiken Graumlberfeldes am Frauenberg (Ulla Steinklauber Graumlberfeld Frauenberg 2002 579)

Erich HUDECZEK Die Roumlmersteinsammlung des Landesmuseums Joanneum Ein Fuumlhrer durch das Lapidarium Graz 2004 Bernhard HEBERT Zusammenfassung der Ergebnisse des FWF-Projektes bdquoMarmore roumlmischer Bruumlche und Steindenkmaumller in der Steiermark und in Stajerska Die Kurzfassung steht neben anderen Beitraumlgen als pdf-Datei unter bdquohttpwwwubi-erat-lupaorgsiteroemersteintreffen grazroemersteintreffenshtml als Download zur Verfuumlgung Vgl auch FOuml 432004 Wien 2005 (im Druck)

- Barbara SCHWEDER Anthropologie der Skelettrestc aus dem spaumltantiken Graumlberfeld auf dem Frauenberg bei Leibnitz Steiermark In Ulla STEINKLAUBER [et al] Das spaumltantike Graumlberfdd auf dem Frauenberg bei Leibnitz Steiermark (= FOuml Material hefte Reihe A Heft 10) Wien 2002411-581

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Frauenberg bei Leibnitz Spaumltlatenezeitlicher Graben mit Tierknochenschicht (Georg Tiefengraber Heiligtum Frauenberg 1998 43)

Haferkoumlrner aus dem 12 Jahrhundert von der archaumlologischen Ausgrabung am Grazer Hauptplatz 2002 (Ruth Drescher-Schneider Ernaumlhrung im mittelalterlichen Graz 2003 56)

Pollenanalytische Untersuchung am Soumllkpass Prozentdiagramm der Baumlume und Straumlucher vom Spaumltneolithikum bis ins Hochmittelalter (vlnr) (Ruth Drescher-Schneider Brandopferplatz Soumllkpass 2003 100)

Opfergaben aus Keramik Metall und Glas verfuumlllten Graben eines spaumltlatenezeit-lichen Heiligtums Die Auswertung gerade der Tierknochen wird genaue Aufschluumlsse uumlber die Haustiere (v a Rinder und Pferde) aber auch uumlber das Opfergeschehen an diesem erst vor wenigen Jahren entdeckten zentralen Kultplatz ermoumlglichen33

Die Archaumlobotanik liefert wichtige Angaben uumlber Nahrungs- und Futtermittel und natuumlrlich die Kulturpflanzen selbst Solche koumlnnen wir etwa in den mittelalterlichen Haumlusern am spaumlteren Grazer Hauptplatz34 aus dem 12 Jh nachweisen aber auch einen starken Befall eines Getreidevorrats durch das giftige Mutterkorn35

Groszlige Bedeutung fuumlr die Rekonstruktion der Umwelt eines Grabungsplatzes hat die Pollenanalyse Die in den mit archaumlologischen Befunden korrelierbaren Schichshyten enthaltenen Pollen geben in ihrer Zusammensetzung Aufschluss uumlber den im Lauf der Jahrhunderte oder Jahrtausende schwankenden Pflanzenbestand am hochgelegeshynen Soumllkpass mit seinem praumlhistorischen Brandopferplatz etwa uumlber die Beweidung der Kleinregion zu verschiedenen Zeiten36 Auch das Auftreten von Pflanzen kann

33 Georg TIEFENGRABER und Christof GRILL Ein spaumltlatenezeitliches Heiligtum auf dem Frauenberg bei Leibnitz in der Steiermark () In Archaumlologisches Korrespondenzblatt 27 (1997) 601 ff -Georg TIEFENGRABER Ein spaumltlatenezeitliches Heiligtum am Frauenberg bei Leibnitz In Schild von Steier Beitraumlge zur steirischen Vor- und Fruumlhgeschichte und Muumlnzkunde Kleine Schriften 18 Graz 199843-54

34 Ulla STEINKLAUBER Die Grabungen am Grazer Hauptplatz 20012002 Abschlussbericht zum Projektende In FOuml 412002 Wien 2003 265-317

35 Ruth DRESCHER-SCHNEIDER Die pflanzliche Ernaumlhrung im mittelalterlichen Graz In Graz in Funden Archaumlologie in der Kulturhauptstadt Ausstellung im Stciermaumlrkischen Landesarchiv in Graz 9 Jaumlnner bis 14 Maumlrz 2003 (= Steiermaumlrkisches Landesarchiv Ausstellungsbegleiter Nr 2) Graz 2003 55-59

36 Ruth DRESCHER-SCHNEIDER Pollenanalytische Untersuchungen an einem Bodenprofil im Zusamshymenhang mit dem urgeschichtlichen Brandopferplatz auf dem Soumllkpass (1780 m NN Niedere Tauern Steiermark) In MANDL (Hg) Soumllkpass (wie Anm 25) 89-112

148

zur Datierung direkt beitragen Maispollen sollten nicht in mittelalterlichen oder aumllteren Schichten vorkommen Nuss und Wein nicht viel vor der Roumlmerzeit Die sehr aufwaumlndigen Untersuchungen haben naturgemaumlszlig die meist nur in feuchten Boumlden befriedigende Erhaltung der Pollen zur Voraussetzung37

Alle umweltrelevanten naturwissenschaftlichen Untersuchungen geben Informashytionen zu den auch in den letzten Jahrtausenden fuumlr Besiedlung und Bewirtschaftung entscheidenden Klimaschwankungen so wissen wir etwa dass in den Ostalpen Bronze- und Roumlmerzeit waumlrmer und trockener waren und somit gute Voraussetzunshygen fuumlr eine saisonale hochalpine Weidewirtschaft boten58

NATURWISSENSCHAFTLICHE DATIERUNGSMETHODEN39

Dendrochronologie

In anderen Regionen sehr bewaumlhrt hat sich die Dendrochronologie die Datierung von Holz anhand der Jahresringe deren klimabedingte Dickeschwankungen sich im Idealfall von heute bis zuruumlck in die Urgeschichte aneinanderreihen lassen Als Beshygruumlnder der Dendrochronologie gilt der amerikanische Astronom Andrew E Doug-lass (1867-1962) obwohl die Idee dazu uumlber mehrere heute weniger bekannte Nashyturbeobachter bis zu Leonardo da Vinci (1452-1519) zuruumlckverfolgbar ist der eine Verbindung zwischen der Witterung eines Jahres und der Breite des zugehoumlrigen Jahrringes von Baumlumen beschrieb Der Aufschwung der Dendrochronologie zu ihrer heutigen Bluumlte begann mit dem Siegeszug des Computers in den 1960er Jahren40

Aus anfangs wenigen Forschungszentren (1965 weltweit vielleicht nur fuumlnf Labore) hat sich die Dendrochronologie in drei bis vier Jahrzehnten in alle Winkel dieser Erde hinein ausgebreitet seit rund 20 Jahren sogar in die Waldregionen der Tropen und

Vgl auch Ruth DRESCHER-SCHNEIDER Ergebnisse derpollen- und groszligrestanalytischen Untersushychungen im Gebiet der Plankenalm Dachstein (Oumlsterreich) In Guumlnter CERWINKA und Franz MANDL (Hg) Dachstein Vier Jahrtausende Almen im Hochgebirge Bd 2 (= Mitt d ANISA 181997H 1-2) Haus i E 1998 46-61 - Ilse DRAXLER und Andreas LIPPFRT Pollenanalytishysche Daten und eine archaumlologische Bestandsaufnahme zur fruumlhen Siedlungsgeschichte im Geshybiet zwischen Raab und Mur (Oumlsterreich Slowenien Ungarn) [] In Geologie ohne Grenzen Festschrift 150 Jahre Geologische Bundesanstalt (= Abhandlungen der Geologischen Bundesshyanstalt Bd 561) Wien 1999 337-396 Franz MANDL Almen im Herzen Oumlsterreichs Dachsteingebirge Niedere Tauern Salzkammershygut Totes Gebirge Mit Beitraumlgen von Herta Mandl-Neumann und Gernot Patzelt Haus i E 2003 - Herta MANDL-NEUMANN und Franz MANDL Dachstein-Tauern-Region Blicke in Verganshygenheit und Gegenwart (= Mitt d ANISA 222001 H 1-2) Haus i ETemitz 2001 Eine Uumlbersicht bietet Diether KRAumlMER Vom Umgang mit der Vergangenheit In Spannungsfeld Altstadttiergarage Stadtplanung Stadtarchaumlologie (= Schild von Steier Kleine Schriften 20) Graz 2004 65-75 U SASS-KLAASSEN Dendroarchaeology success in the past and challenges for the future In Dendrochronologia 20 (2002) 87-93 (Weiterfuumlhrende Literatur siehe httpwwwbfafhde inst442dendrohtm)

149

Subtropen wo bis dahin die Auffassung vorherrschte hier sei Dendrochronologie prinzipiell unmoumlglich

Die biologische Gegebenheit der Jahr fuumlr Jahr unterschiedlichen Auspraumlgung von Jahresringen bdquoist entscheidend fuumlr die dendrochronologische Altersbestimmung eishynes Holzes Falls naumlmlich die Jahrringmuster zweier Houmllzer untereinander eine groszlige Aumlhnlichkeit aufweisen ist der Ruumlckschluss erlaubt dass die Baumlume denen sie entshystammen zur gleichen Zeit gelebt haben (relative Datierung) Ist eines der beiden Jahrringmuster bereits datiert dann ist auch die Entstehungszeit des anderen Musters bestimmbar (absolute Datierung) Fuumlr die Altersbestimmung von Holz ist daher stets eine datierte Vergleichsjahrringfolge fuumlr die in Frage stehende Baumart Region und Zeit erforderlich Eine derartige Datierungsgrundlage (Jahrringkalender oder Stanshydardchronologie) geht von den Jahrringfolgen lebender Baumlume aus denn nur die koumlnnen zunaumlchst jahrgenau fixiert werden Diese Jahrringfolgen werden mit den Jahrringfolgen verbauten Holzes uumlber die Zeitspanne gemeinsamen Lebens verzahnt und daruumlber hinaus jahrgenau in die Vergangenheit verlaumlngert Durch die Uumlberlapshypung mit den Jahresringen zunehmend aumllteren Holzes wird schrittweise ein endloser Baum konstruiert41

So konnten etwa die Faumllldaten von uumlber ein Moor verlegten Bohlen einer Roumlmershystraszlige in Tirol jahrgenau bestimmt werden42 Zwei Voraussetzungen muumlssen gegeben sein in ausreichender Dicke erhaltenes Holz und eine fuumlr die jeweilige Klimaregion bekannte und uumlberpruumlfte bdquoKurve der Dickeschwankungen in welche die jeweils erhaltene Sequenz einzupassen ist Beides trifft ftir den Suumldostalpenrand derzeit nicht wirklich zu In den steirischen Alpen im Dachsteingebiet ist es zumindest gelungen eine zusammenhaumlngende Kurve mit aus einem Gebirgssee geborgenen Houmllzern bis in das Fruumlhmittelalter zu gewinnen bdquoDer Zusammenhang von Temperatur und Baumshywachstum ermoumlglicht es aus Jahrringchronologien das Klima von Jahrhunderten aus denen keine instrumenteilen Aufzeichnungen vorliegen zu rekonstruieren Mit dem Ziel eine moumlglichst lange Jahrringchronologie zum Zwecke der Klimarekonsshytruktion zu erstellen wurden in den Jahren 1998 und 1999 stehende Baumlume und subfossile Staumlmme aus einem See auf dem Dachsteinplateau in der Obersteiermark beprobt Die resultierenden Chronologien reichen bis ins 5 Jahrhundert mehrere undatierte schwimmende Chronologien wuumlrden bei einer Schlieszligung der Luumlcken eine mindestens 4000-jaumlhrige Chronologie ergeben Bis ins Jahr 750 ist die Chronoshylogie bereits so gut belegt dass Klimarekonstruktionen gerechnet werden koumlnnen Das Ergebnis der Rekonstruktion stimmt gut mit publizierten Arbeiten aus Skandinashyvien und Sibirien uumlberein und zeigt dass die Erwaumlrmung im 20 Jahrhundert gerade noch innerhalb der Variabilitaumlt waumlhrend der letzten 1250 Jahre liegt43

41 V PINGEL und A HAUPTMANN (Hg) Archaumlometrie 2003 (zitiert nach dem Auszug in http wwwbfafhdeinst442dendrohtm)

K NicoLussi Die Bauhoumllzer der Via Claudia Augusta bei Leermoos (Tirol) In Elisabeth WALDE (Hg) Neue Forschungen zur Via Claudia Augusta Innsbruck 1998 113-145

43 Michael GRABNER und Wolfgang GINDL Neue Jahrringchronologien vom Dachstein Eine 1250-jaumlhrige Rekonstruktion der Sommertemperatur In Alpen - Archaumlologie - Felsbildforschung (= Mitt d ANISA 212000 H 1-2) Haus i E 2000 20-30 (bes 20)

150

Hingewiesen sei freilich darauf dass die Dendrochronologie in Oumlsterreich44 einen gewissen Nachholbedarf aufweist wie es die diesbezuumlglichen deutschen und Schweishyzer Forschungen beweisen45

Radiokarbondatierung

Naturwissenschaftliche Datierungsmethoden haben wesentliche Fortschritte in der zeitlichen Zuordnung einzelner Befunde aber auch ganzer (archaumlologischer) Kulmren gebracht Deren wichtigste die von dem amerikanischen Chemiker Willard Frank Libby und seinen Mitarbeitern seit 1947 entwickelte Radiokarbondatierung (bdquoC 14-Datierung) wird routinemaumlszligig immer dann angewendet wenn die eigentshylichen archaumlologischen Methoden wie Typologie und Vergleich und Vergesellschafshytung von Funden keine oder nur unsichere Einordnungen erlauben Verwendbar ist jedes organische Material Holz Holzkohle Knochen usw aber auch organisch anshygereicherte Bodensedimente da mit dem Tod jedes Lebewesens der gesetzmaumlszligige

Zerfall des zu Lebzeiten aufgenommenen natuumlrlich in der Atmosphaumlre vorhanshydenen radioaktiven Kohlen-stoffisotops (l4C) beginnt

Durch Stoffwechselproshyzesse bleibt das Niveau von Kohlenstoff 14 in einem leshybenden Organismus in konshystantem Gleichgewicht mit dem Niveau der Atmosphaumlre oder des Meeres Mit dem Tod des Organismus beginnt Kohlenstoff 14 mit einer konstanten Geschwindigshykeit (Halbwertszeit) zu zershyfallen der Kohlenstoff wird dann nicht mehr durch das Kohlendioxid in der Atmosshyphaumlre ersetzt Der schnelle Zerfall von Kohlenstoff 14 begrenzt im Allgemeinen

Holzbehaumlltnis mit den Gebeinen der heiligen Beatrix Mariahof (Foto BDA)

44 Rupert WIMMER und Michael GRABNER Standardchronologien in Oumlsterreich als Basis fuumlr die dendrochronologische Datierung In Archaumlologie Oumlsterreichs 92 (1998) 79-85

45 Vgl B BECKER Jahrringkalender Mitteleuropas In B BECKERA BILLAMBOZH EGGERP GASSMANNA ORCELC ORCELU RUOFF Dendrochronologie in der Ur- und Fruumlhgeschichte Basel 1985 8-29

152

CALIBRATION OF RADIOCARBON AGE TP CALENDAR YEARS (Variables C 1 3C 12=-195lab mult=l)

Laboratory number Beta-165758

Conventional radiocarbon age 1340plusmn40 BP

2 Sigma calibrated result Cal AD 640 to 770 (Cal BP 1310 to 1180) (95 probability)

Intercept data

Intercept of radiocarbon age with calibration curve Cal AD 670 (Cal BP 1280)

1 Sigma calibrated result Cal AD 660 to 690 (Cal BP 1290 to 1260) (68 probability)

References Datsbase ased

Calibration Databass Editorial Comment

Shtlver M van der Flicht H 1998 Radiocarbon 40(3) pxit-xi INTCAL98 Radiocarbon Age Calibration

Stuiver M et al 1998 Radiocarbon 40(3) pI041-083 Mathematics A Simplifted Approach to Calibrating C14Dates

Talma 4 S Vogel J C 1993 Radiocarbon 35(2) p31 -322

Beta Ana ly t ic Inc Florida 33155 USA Tel (305) 66~ 516 - Fax (305) 663 0964 E-Mail belaQradiL

Radiokarbondaten zur Untersuchung der Gebeine der bdquo heiligen Beatrix Mariahof (Foto BDA)

den Datierungszeitraum auf ungefaumlhr 50000 Jahre in manchen Faumlllen kann er bis 70000 Jahre erweitert werden Die Unsicherheit bei der Messung erhoumlht sich mit dem Alter der Probe

Die Genauigkeit der Messung haumlngt aber u a von der zugrunde gelegten Halbshywertszeit und von Schwankungen in den Kohlenstoff-14-Niveaus der Atmosphaumlre ab Die Zeitskala mit radioaktivem Kohlenstoff enthaumllt aber auch noch andere Un-

153

Sicherheiten Das groumlszligte Problem ist die Verunreinigung nach der Ablagerung die durch einsickerndes Grundwasser durch Einlagerung von aumllterem oder juumlngerem Kohlenstoff sowie durch Kontamination bei der Probennahme oder im Labor zustanshyde kommt

In den letzten Jahren war mit Hilfe der 14 C-Methode etwa zu verifizieren dass ein bei Woumlrterberg (Burgenland) aus der Lafnitz geborgenes Holzfass46 tatsaumlchlich roumlmerzeitlich ist oder dass in der Pfarrkirche von Mariahof aufbewahrte Gebeine welche die lokale Tradition einer (nicht kanonisierten) bdquoheiligen Beatrix47 zushyschreibt uumlberraschenderweise fruumlhmittelalterlich (um 670 n Chr) sind

Radiokarbondaten koumlnnen nur mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit die in Pushyblikationen auch zitiert werden sollte einen Zeitraum angeben und sind daher nie punktgenau aber jedenfalls ernst zu nehmen Dass sie durch welche Gegebenheiten auch immer tatsaumlchlich einmal falsch sein sollten muumlsste im Einzelfall erst penibel nachgewiesen werden

Abschlieszligend sei noch darauf hingewiesen dass auch in diesem Bereich immer mehr Informationen online uumlber PC verfuumlgbar werden so existiert zum Beispiel eine frei zugaumlngliche Datenbank mitteleuropaumlischer 14 C-Daten fuumlr das Neolithikum und die fruumlhe Bronzezeit48

In sehr fruumlhen Abschnitten der Urgeschichte bzw Palaumlontologie und Geologie muss man sich anderer radioaktiver Elemente bedienen die folgend kurz vorgestellt werden

Thermolu mineszenz4lt)

Die Thermoluminiszenz dient ausschlieszliglich der Datierung von Keramikfunden Die in der Keramik eingeschlossenen radioaktiven Spuren verbinden sich mit den Kernen von Heliumatomen Erhitzt man Proben dieser Keramik werden diese Atomshykerne wieder freigesetzt wobei sie aufgluumlhen (Thermoluminiszenz) Die Intensitaumlt

Bernhard HEBERT [Fundbericht] in FOuml 422003 Wien 2004 703f Leopold SciiMim Die Volkserzaumlhlung Maumlrchen Sage Legende Schwank Berlin 1963 2541T In gekuumlrzter Form erschienen in Neue Chronik zur Geschichte und Volkskunde der inneroumlstershyreichischen Alpenlaumlnder Nr 46 Beilage zur Suumldost-Tagespost Graz 6 Juli 1957 1 sowie in J REICHFNPI-ADER 900 Jahre Pfarre Mariahof Ecclesia Grazluppa 1066-1966 Mariahof 1966 -7-29 - Walter BRUNNERBernhard HFuERTSusanne LEHNER Ein neuer Flechtwerkstein und die Gebeine der bdquoheiligen Beatrix Uumlberlegungen zum Fruumlhmittelalter in Mariahof In MStLA 5253(2004) 65-101

Gratis zugaumlnglich unter httpwwwjungsteinsitederadonradonhtm G A WAGNERS GREILICHA KADEREIT Lumineszenzdaticrung - Kaltes Leuchten erhellt die Vergangenheit In Physik in unserer Zeit 344 (2004) 160-166 - U RIESERJ HABERMANNG A WAGNER Lummescence dating a new high sensitive TLOSL emission spectrometer In Quatern Geochronol 18 (1999) 311-315 - Th SCHIUESA LANGJ HABERMANNU RIESER Improved Single aliquot dating applications using a new highly efficient modular luminescence reader In Radiation Protection Dosimetry 84 (1999) 363-366 - J HABERMANN Untersuchunshygen zur Lumineszenzdatierung von Gesteinsoberflaumlchen Heidelberg 2000 [Phil Diss ]

Aufsluumlhens gibt Aufschluss uumlber die Dauer waumlhrend der die Atomkerne auf-ornmen wurden und ermoumlglicht so die Datierung der Keramikprobe

Kalium-Argon-Methode

Mit dem Zerfall von radioaktivem Kalium 40 zu Argon 40 und Calcium 40 koumlnshynen Gesteine mit einem Alter von 200 bis 800 Millionen Jahren (mit Argon) bzw von eins bis zwei Milliarden Jahren (mit Calcium) datiert werden Kalium 40 kommt weit verbreitet in haumlufigen gesteinsbildenden Mineralien wie Glimmern Feldspaumlten und Hornblenden vor Problematisch ist das Entweichen von Argon wenn das Gestein Temperaturen uumlber 125 Grad C ausgesetzt war denn dadurch wird das Messergebnis verfaumllscht

Rubidium-Strontium-Methode

Mit dieser sehr genauen und zuverlaumlssigen Methode koumlnnen die aumlltesten Gesteine datiert werden Sie basiert auf dem Zerfall von Rubidium 87 zu Strontium 87 und wird haumlufig auch dafuumlr eingesetzt um Kali um-Argon-Datierungen zu uumlberpruumlfen da sich Strontium bei geringer Erwaumlrmung nicht verfluumlchtigt wie es bei Argon der Fall ist

Methoden mit Thorium 230 und Blei50

Thorium-Methoden eignen sich zur Datierung von Meeressedimenten Das Uran im Meerwasser zerfaumlllt in das Thoriumisotop Thorium 230 (lonium) das sich in die Sedimente auf dem Meeresgrund einlagert Thorium 230 ist ein Glied der Zerfallsshyreihe von Uran 238 es besitzt eine Halbwertszeit von 80000 Jahren Protactinium 231 das von Uran 235 abgeleitet ist hat eine Halbwertszeit von 34300 Jahren

Das Blei-Alpha-Alter wird bestimmt indem man den Gesamtbleigehalt und die Alphateilchenaktivitaumlt (Uran-Thorium-Gehalt) von Zirkon- Monazit- oder Xenotim-konzentraten spektrometrisch bestimmt Die Uran-Blei-Methode basiert auf dem rashydioaktiven Zerfall von Uran 238 in Blei 206 und von Uran 235 in Blei 207 Mit den Zerfallsgeschwindigkeiten fuumlr Thorium 232 bis Blei 208 kann man drei voneinander unabhaumlngige Altersangaben fuumlr die gleiche Probe erhalten Die ermittelten Blei-206-und Blei-207-Verhaumlltnisse koumlnnen in das so genannte Blei-Blei-Alter umgewandelt werden Die Methode wird am haumlufigsten fuumlr Proben aus dem Praumlkambrium benutzt Als Nebenprodukt der Uran-Thorium-Blei-Altersbestimmung kann zusaumltzlich ein

R MALLICK Entwicklung der Mikrobeprobung zur ThU-Datierung und Anwendung an quartauml-ren Travertinen aus dem Thuumlringer Becken Heidelberg 2000 [Phil Diss]

155

Eingang zur Repolusthoumlhle 1955 Dipl-lng Hermann Bock Dr Karl Murban Alois Pracher Karl Denk Konrad Hofer (v r n I) (Foto LMJ)

Proben-Nr

Uh 1265

Uh 1266

Uh 1267

Uh 1268

Uh1269

Inventar-Nr

77284 Knochen

76143 A Knochen

76260 Knochen

77281 Knochen

76137 Knochen

Uran-Genalt (ppm)

2667 r 0024

1000 0017

0464 plusmn0016

8475

plusmn0141

5580 plusmn0122

Thorium-Gehalt (ppm)

0163 plusmn 0024

0256 TO011

0006 1OOO6

1970 10040

1039 -0021

U-234 Th-230 Th-230

U-238 Th-232 U-234

1211 +0034

1216 plusmn0021

1754 z 0069

1182 +0014

1038 plusmn0021

23 plusmn 3

9 plusmn 0

143 i100

14 i 0

17 T 0

UTh-Alter UTh-Alter (ka) korr (ka)

unkorr f = 10 t 00

0385 plusmn0012

0589 TO010

0327 plusmn0011

0915 plusmn0013

1007 plusmn0020

519 = 21

932 i 2 7

417 i 17 2299

501 i 21

858 + 28

414 plusmn 1-7 2236

133-117 134-11

gt330 Mirdestalter

Uran-Thorium-Datierung der fossilen Houmlhlenbaumlrenknochen aus der Repolusthoumlhle

(GeraldFuchs-JoumlrgFuumlrnholzer-FlorianA Fladerer Repolusthoumlhle 1999 163)

156

Uran-Uran-Alter51 das aus dem Verhaumlltnis Uran 235 zu Uran 238 abgeleitet wird berechnet werden52

Die selten verwendete Uran-Thorium-Methode wurde im Jahre 1997 zur Datieshyrung fossiler Houmlhlenbaumlrenknochen aus der bekannten Repolusthoumlhle noumlrdlich von Peagau herangezogen53 Die Houmlhle wurde in den Jahren 1947 bis 1955 ergraben in einer Zeit als sowohl verfeinerte stratigrafische Beobachtungen als auch alle naturshywissenschaftlichen Datierungsmethoden unbekannt waren Rein typologische Zuordshynungen der atypischen Steingeraumlte schienen auch nicht auszureichen Die Uran-Tho-num-Untersuchungen fuumlhrten zum Ergebnis dass die Sedimente der Repolusthoumlhle in einem Zeitraum von mehr als 200000 Jahren abgelagert worden waren womit die Houmlhle nicht nur als aumlltester Fundplatz der Steiermark sondern auch als einer der aumlltesten Mitteleuropas bestaumltigt wurde54

Die hier nur ausschnitthaft anhand steirischer Beispiele vorgestellten vielfaumlltigen Methoden lassen erkennen wie sehr die moderne Archaumlologie als interdisziplinaumlre Teamarheit auf andere Fachgebiete auf stets sich weiter entwickelnde Techniken und deren Anwendungen angewiesen ist Dieser Prozess wird sicherlich weitergehen und eine verstaumlrkte Offenheit und Methodendiskussion55 erfordern 1999 wurde in Heishydelberg die bdquoGesellschaft der Naturwissenschaftlichen Archaumlometrie zum Zweck des Einsatzes und der Entwicklung naturwissenschaftlicher Methoden zur Loumlsung kulturwissenschaftlicher und historischer Fragestellungen - in Forschung und Lehre - gegruumlndet Dies schlieszligt die faumlcheruumlbergreifende Mitwirkung der Biowissenschafshyten Chemie Geowissenschaften und Physik von naturwissenschaftlicher Seite sowie der archaumlologischen Disziplinen Kunstgeschichte Denkmalpflege und Restaurieshyrung von kulturhistorischer Seite ein Hingewiesen sei auf eine Reihe wissenschaftshylicher Veroumlffentlichungen sowie sachbezogene Oumlffentlichkeitsarbeit dieser Gesellshyschaft56

51 R MALLICKN FRANKA MANUumlINIG A WAGNER Anwendung der Uranreihen-Mikroproben-

_ datierung an quartaumlren Travertinverfahren In Prehistoria Thuringia 4 (2000) 95-100 v Vgl http^wwwregiosurfnetgeographiephygeoaltbestihtml Die Untersuchungen wurden von Mebus A Geyh vom Niedersaumlchsischen Landesamt fuumlr Bodenshy

forschung Hannover durchgefuumlhrt Gerald FUCHS - Joumlrg FUumlRNHOLZER - Florian A FLAUERER Untersuchungen zur Fundschicht-

^ bildung in der Repolusthoumlhle Steiermark In FOuml 371998 Wien 1999 143-172 Wer sich fuumlr die Theorie- und Methodendiskussion in der Archaumlologie interessiert sei auf die Website der Theorie-AG (httpwwwtheorie-agde) verwiesen die sich mit den theoretischen ProblemenFragestellungen in der archaumlologischen Forschung beschaumlftigt Neben der Moumlglichshykeit zur Diskussion findet man Buch- Tagungs- und Ausstellungshinweise Tagungsberichte Buchrezensionen und einiges mehr Archaumlometrisches Nachrichtenblatt hg v d Gesellschaft der Naturwissenschaftlichen Archaumloshylogie Heidelberg (Homepage httpwwwarchaeometriede)

157

Das Georadar (GPR Ground Penetrating Radar) entspricht in seiner Funkshytionsweise3 dem herkoumlmmlichen Radar wie es in der See- und Luftfahrt beshynutzt wird Allerdings werden hier die elektromagnetischen Impulse senkrecht zur Oberflaumlche in den Untergrund gesendet Gemessen werden dann die reflektierten Wellen

Die Dominanz der Magnetik in der archaumlologischen Prospektion hat ihren Grund in der Vielzahl von Magnetisierungsprozessen im Boden Die Messungen lassen sich auszligerdem relativ schnell und einfach durchfuumlhren d h groszlige Gebiete koumlnnen auch bei unterschiedlichsten Arbeitsbedingungen in recht kurzer Zeit vermessen werden Die dabei erzielten Ergebnisse sind beachtlich Das Prinzip der geomagnetischen Messung beruht darauf dass lokale bdquoStoumlrungen des Erdmagnetfeldes sowie deren raumlumliche Auswirkung (Ausdehnung) hochaufloumlsend gemessen werden Das Magshynetfeld der Erde setzt sich aus einem konstanten raumlumlich homogenen und einem zeitlich variablen Anteil (mit einem sehr breiten Frequenzspektrum) zusammen Es kann zusaumltzlich noch durch lokale Besonderheiten beeinflusst werden Diese bdquoStoumlshyrungen werden durch magnetische oder magnetisierbare Materialen hervorgerufen z B durch geologische Lagerstaumltten (wie eisenoxidhaltige Erze) Auch von Menshyschenhand geschaffene Befunde d h Mauern Gebaumlude und Oumlfen aber auch Gruben u a verursachen Magnetfeldaumlnderungen sofern sie (wenigstens in kleinen Mengen) Eisen enthalten4

Groszligflaumlchige Messungen sind recht aufwaumlndig erlauben aber zerrstoumlrungsfrei Ruumlckschluumlsse etwa auf den Stadtplan von Flavia Solva auch in voumlllig unergrabenen Gebieten5 Am Frauenberg bei Leibnitz zeigte das Bodenradar neben dem bekannten konservierten Tempel eine weitere Struktur die nach den Ausgrabungen der letzten beiden Jahre als gallo-roumlmischer Umgangstempel aus dem fruumlheren 1 Jh n Chr verifiziert wurde6

Geomagnetische Messungen haben sich insbesondere bei Schmelzplaumltzen beshywaumlhrt wo sie ebenfalls zerstoumlrungsfrei die inzwischen bekannten Strukturen praumlshyhistorischer Anlagen mit Roumlstbetten Oumlfen und Schlackenhalde zeigen Zwischen Paltental und Eisenerz wurde nicht zuletzt durch diese Methode eine der wichtigs-

3 wwwbaiuni-wuppertaldeprojekteprospektionengeoradarmainhtml lt wwwbaiuni-wuppertaldeprojekteprospektionengeomagnetikmainhtml 5 Stefan GROHWolfgang NEUBAUERAIOIS EDER-HINTERLEITNER Ergebnisse der ersten archaumloloshy

gisch-geophysikalischen Prospektion im Stadtgebiet von Flavia Solva Steiermark In Archae-ologia Austriaca Beitraumlge zur Palaumloanthropologie Ur- und Fruumlhgeschichte Oumlsterreichs hg v Institut fuumlr Ur- und Fruumlhgeschichte der Universitaumlt Wien Band 82-83 Wien 1998-1999 27-38 - Daniel MODL Die Geburt einer Stadt Uumlberlegungen zur fruumlhen Stadtgeschichte und To-

^ pographie von Flavia Solva (= Thinnfeldensia III) Deutschfeistritz 2004 60ff Stetan GROH und Helga SEDLMAYER [Fundbericht] in Fundberichte aus Oumlsterreich Herausgegeshy

ben vom Bundesdenkmalamt (FOuml) Bd 422003 Wien 2004 746-747 Vgl auch http wwwoeaiatinlandsolvahtml Stefan GROH [Fundbericht] in FOuml 412002 Wien 2003 683f - Stefan GROH und Helga SEDLshyMAYER Grabungen im roumlmischen Tempelbezirk am Frauenberg bei Leibnitz In Archaumlologie Oumlsterreichs 132 2002 38-41

132

Frauenberg bei Leibnitz Tempel I Ergebnisse der geophysikalischen Prospektion und die Grabung 2002 westlich des Tempels (Oumlsterreichisches Archaumlologisches Institut Wien)

ten Regionen des bronzezeitlichen Abbaus und der Verhuumlttung von Kupfererz ershykannt7

Hubert PRESSLINGER und Clemens EIBNER Bergbau Verhuumlttung und Siedlungstaumltigkeit in der Bronzezeit im Paltental Bisher vorliegende Forschungsergebnisse In Da schau her 174 1996 8-13- Hubert PRESSUNGER und Hans Joumlrg KOumlSTIER (Hg) Bergbau und Huumlttenwesen im Bezirk Liezen (Steiermark) (= Kleine Schriften der Abteilung Trautenfels am Steiermaumlrkischen Lanshydesmuseum Joanneum 24) Trautenfels 1993 Hubert PRESSLINGER Erforschung der Ur- und Fruumlhgeschichte der Steiermark am Beispiel Paltental Jahresbericht 2000 uumlber die montanarchaumlshyologischen Arbeiten im Projekt (ungedr Manuskript)

133

Schlackenfundplaiz Flitzen 2 (Gem Gaishorn) Anomaliefeld nach der Untersuchung von G Walach (Hubert Preszliglinger Jahresbericht 2000 Bild F-02)

verpflockre Basislinie N-S (10m

20 30 rr

VERHUumlTTUNGSPLATZ FLITZEN I I

Uumlbersicht

Verhuumlttungsplatz Flitzen 2 Uumlbersicht (Hubert Preszliglinger Jahresbericht 2000 BildF-OI)

Luftbildarchaumlologie8

Die Luftbildarchaumlologie macht sich in erster Linie topographische geologische und biologische Phaumlnoshymene zunutze So waumlchst beispielsshyweise auf einem Getreidefeld an jener Stelle das Getreide nicht so hoch unter der sich eine Mauer befindet Umgekehrt verhaumllt es sich mit Pfosshytenloumlchern Sie sind tiefer mit Humus aufgefuumlllt Pflanzen wurzeln daher hier aufgrund des erhoumlhten Angebotes an Naumlhrstoffen tiefer das Pfostenloch

J KUNOW (Hg) Luftbildarchaumlologie in Ost- und Mitteleuropa Aerial Archaeoshylogy in Eastern and Central Europe Inshyternationales Symposium 1994 in Klein-manchnow 1994

134

Luftbild von der Freilegung der Villa Thalerhof 24 November 1938 (Foto LMJ)

ist durch houmlheren pflanzlichen Bewuchs erkennbar Der Grundriss eines Bodendenkshymales wird somit in der passenden Jahreszeit und bei geeignetem Lichteinfall (spaumlter Nachmittag = lange Schatten) gut sichtbar Wallartige Uumlberreste und Grabhuumlgel sind vom Flugzeug aus durch ihre Schattenbildung sichtbar

Die in der Steiermark9 lange Zeit voumlllig vernachlaumlssigte Luftbildarchaumlologie scheint hierzulande erstmals (und dann fuumlr Jahrzehnte nicht mehr) in einer freilich rudimentaumlren Form von Marianne Grubinger eingesetzt worden zu sein Im Zuge der Freilegung der Villa Thalerhof bewog sie den Kommandeur des seit dem bdquoAnschluss dort stationierten Sturzkampfgeschwaders 1166 (bdquoSturzkampfgeschwader Immel-mann) zur Anfertigung eines Luftbildes das den Stand der Ausgrabungen am 24 November 1938 dokumentiert10

Im Jaumlnner 1966 veranstaltete das Landesmuseum Joanneum in Zusammenarbeit mit dem Franzoumlsischen Kulturinstitut und der Oumlsterreichischen Arbeitsgemeinschaft

9 Gerald FUCHS Luftbildarchaumlologie in der Steiermark In Votis XX Solutis Jubilaumlumsschrift der Archaumlologischen Gesellschaft Steiermark (= Nachrichtenblatt der Archaumlologischen Gesellschaft Steiermark 1-21999) Graz 2000 55-69

10 Veroumlffentlicht in Walter MODRUAN Kaisdorf Ur- und fruumlhgeschichtliche Funde (= Schild von Steier Beitraumlge zur steirischen Vor- und Fruumlhgeschichte und Muumlnzkunde Kleine Schriften 89) Graz 1968 32 - Vgl Ingo MIRSCH Die Geschichte der Marktgemeinde Kaisdorf Kaisdorf 1994 55

135

fuumlr Ur- und Fruumlhgeschichte die Ausstellung bdquoLuftbild und Archaumlologie Man konnshyte dabei instruktive Luftbilder aus Sizilien Afrika etc bestaunen jedoch kein einzishyges aus der Steiermark

Die Luftbildarchaumlologie wird seit einigen Jahren bei mehreren Projekten zur arshychaumlologischen Prospektion fuumlr Groszligbauvorhaben und fuumlr die Dokumentation von Bodendenkmalen eingesetzt als neuestes Beispiel seien die begleitenden Prospekshytionen bei der Errichtung der Koralmbahn im Abschnitt Werndorf - Deutschlandsshyberg genannt2

Phosphatmethode1 3

Die von Seiten der Geographie entwickelte Phosphatmethode hat zum Ziel Phosshyphatanreicherungen im Boden aufzuspuumlren Diese resultieren aus den Ausscheidungsshyprodukten und Oberresten von Mensch und Tier Durch diese Methode sind vor allem Siedlungen lokalisierbar Phosphatanreicherungen finden sich in Form von bdquoLeichenshyschatten zuweilen auch als einziger Nachweis von Bestattungen Oberflaumlchenbodenshyproben selbst groumlszligerer Areale koumlnnen in kurzer Zeit analysiert und auch quantitativ fuumlr den Nachweis von Siedlungsniederschlag ausgewertet werden - und zwar so gut wie unverfaumllscht durch zwischenzeitliche Duumlngemaszlignahmen der Landwirtschaft14

GRABUNG DOKUMENTATION FUNDE

Stratigrafie Harris-Matrix15

Bei Grabungstechnik und Fundmaterialbearbeitung also Kernbereichen der Arshychaumlologie selbst haben sich in den letzten Jahren auch in Oumlsterreich Standards durchshygesetzt die weit uumlber das hinausgehen was den Studierenden bis in die Achtziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts vermittelt wurde Bei Grabungen ist das Haupt-

Walter MODRIJAN Luftbild und Archaumlologie Ausstellung bdquoLuftbild und Archaumlologie in Graz im Jaumlnner 1966 veranstaltet vom Landesmuseum Joanneum in Zusammenarbeit mit dem Franzoumlshysischen Kulturinstitut und der Oumlsterreichischen Arbeitsgemeinschaft fuumlr Ur- und Fruumlhgeschichshyte (= Schild von Steier Kleine Schriften 4) Graz 1966

12 Gerald FucHsGerhard HARERIrmengard KAiNzKlaus-Michael SCHNEIDER Ein Modellfall fuumlr die Zusammenarbeit zwischen Planung und archaumlologischer Denkmalpflege am Beispiel der Koralmbahn Graz-Klagenfurt im Abschnitt Werndorf-Deutschlandsberg In FOuml 361997 Wien 1998 269-280 - Zur Luftbildarchaumlologie in Oumlsterreich vgl auch httpwwwunivieacab Luftbildarchivindexhtm

13 Reinhard ZOumlLITZ Bodenchemische Untersuchungen im Bereich vor- und fruumlhgeschichtlicher Siedlungen In Schriften des Naturwissenschaftlichen Vereins Schleswig-Holstein 53 (1983) 33-57 - DERS Gebaumludenutzung im Spiegel von Phosphatwerten Naturwissenschaftliche Beishytraumlge zur archaumlologischen Hausforschung (Rezensionsartikel) In Siedlungsforschung 5 (Bonn 1987) 219-225

14 Guumlnter P FEHRINUuml Die Archaumlologie des Mittelalters Eine Einfuumlhrung Darmstadt 2000 31 15 Edward C HARRIS Principles of Archaeological Stratigraphy London and San Diego 1989

136

Rassach roumlmerzeitlicher Grabhuumlgel (BDA Bildarchiv)

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Rassach Harris Matrix (BDA Bildarchiv)

137

augenmerk auf eine sehr genaue (oft EDV-gestuumltzte16) dreidimensionale und mit den Kleinfunden verknuumlpfte Dokumentation und vor allem auf eine moumlglichst fehlerfreie Trennung und Identifizierung von Schichten zu legen Erst die eindeutig nachvollshyziehbare Zuordnung von Funden zu einzelnen Schichten deren Abgrenzung Abfolge und Genese naturgemaumlszlig waumlhrend der Grabung erkannt werden muumlssen erlaubt geshysicherte und nachvollziehbare Datierungen und Angaben von Ablaumlufen

Als archaumlologische Stratigrafie17 bezeichnet man die in einem vertikalen Schichtshyprofil feststellbare Abfolge von Straten die durch natuumlrliche Ablagerungen und Einshygriffe (Graben Schacht Brunnen Pfostenloch Planierung Verftillung etc) entstanshyden ist Die zeitliche Einordnung von in der Flaumlche ergrabenen Objekten kann durch das Verhaumlltnis dieser Schichten zueinander relativ bestimmt werden

Die grafische Darstellung der durchnummerierten Schichten (stratigrafischen Einheiten) mit den aus ihnen stammenden Funden erfolgt meist in der nach ihrem bdquoErfinder so genannten Harris-Matrix die stammbaumaumlhnlich die Abfolge aller archaumlologisch fassbaren Strukturen festhaumllt und damit eine sehr detaillierte relative Chronologie ergibt

Die archaumlologische Stratigraphie (Beschreibung einer Schichtenfolge) beruht auf einer Reihe fundamentaler Axiome oder Gesetze Alle archaumlologischen Fundstellen zeigen eine Stratigraphie18

Vor allem bei Siedlungsgrabungen aber auch bei einem komplexen Graumlberfeld wie zuletzt bei dem von Gerald Fuchs und Christoph Hinker untersuchten in Rasshysach19 ist ein derartiges Vorgehen das auch hohe Anforderungen an die manuell arshybeitenden Mitarbeiter setzt unverzichtbar Waumlren einmal die Schichten und damit die Funde vermischt ist die Aussagekraumlftigkeit des Befundes wesentlich herabgesetzt Dass Schichten meist nicht eben und gleichmaumlszligig verlaufen und Grabungen daher nicht wie der Erzberg mit seinen einigermaszligen gleichmaumlszligigen Abbaustufen aussehen sollten braucht nicht betont zu werden

Seriation

Bei der Auswertung des oft zahlenmaumlszligig gewaltigen Fundmaterials dessen Ershyfassung Evidenthaltung und Verwaltung ohne EDV ohnedies undenkbar waumlre wer-

16 Zum Thema der EDV und ihrer Anwendung in der Archaumlologie (bdquoGrabungstechnik und Prosshypektion bdquoEDV-Anwendungen bdquoE-Publishing bdquoDatenbanken bdquoRecht und Gesetz bdquoWoumlrshyterbuumlcher und Sonstiges) vgl die vorbildliche Uumlbersicht auf httpwwwarchaeologischde linkswerkzeughtmledv

17 Auch auf dem Gebiet der Stratifikationsanalyse leistet die EDV mittlerweile hervorragende Dienste Hinzuweisen ist hier unbedingt auf das von Irmela Herzog entwickelte und auf Winshydows basierende EDV-Programm bdquoStratify (neue Version von bdquoWinBasp) Der Download des Programms ist kostenlos httpwwwstratiryprivatt-onlinede

18 Vgl httpwwwnhm-wienacatNHMPrehistStadlerLVASQAMQAM-Harris-Matrixhtml 19 Gerald FUCHS und Christoph HINKER Fruumlhe Befunde im Randbereich des roumlmerzeitlichen Huumlshy

gelgraumlberfeldes Rassach (VB Deutschlandsberg Steiermark) Mit Beitraumlgen von Thomas Ein-woumlgerer Ruth Drescher-Schneider und Silvia Renhart In FOuml 422003 Wien 2004 113-163 - Christoph HINKER Die norisch-pannonischen Huumlgelgraumlberfelder von Rassach und Tanzels-dorf Steiermark In FOuml 412002 Wien 2003 167-201

138

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Provinzialroumlmisches Graumlberfeld Gleisdorf Typentafel der Vorratsgefaumlszlige und groszligen Toumlpfe (Wolfgang Artner Gleisdorf 1994 13)

140

den zunehmend statistische Methoden angewandt Eigene Programme20 erlauben etwa die Seriation von Funden die z B durch ihre Zugehoumlrigkeit zu verschiedenen Graumlbern eines Graumlberfeldes und die Zugehoumlrigkeit zu verschiedenen (formalen) Typen verschraumlnkt und rechnerisch oder grafisch in eine in sich stimmige chronoshylogische Abfolge gebracht werden koumlnnen

Von Menschenhand geschaffene Gegenstaumlnde lassen sich in Typen zusammenfasshysen die unterschiedliche Laufzeiten haben In archaumlologischen Befunden kommen sie dann mit verschiedenen Haumlufigkeiten vor Damit die Seriation funktioniert muumlsshysen sich die Verwendungszeiten einiger Typen uumlberschneiden

bdquoSchreibt man die Haumlufigkeiten der Vorkommen der Typen A B C D in den Befunden 1234 in die Zellen einer Tabelle mit den Befunden in den Zeilen und den Typen in den Spalten sind die Typenhaumlufigkeiten in den Zellen bei unbekannter zeitlicher Abfolge zunaumlchst unregelmaumlszligig uumlber die Tabelle verteilt Die Aufgabe bei der Seriation besteht nun nur noch darin die Zeilen und Spalten der Tabelle (Datenshymatrix) so zu sortieren dass die Haumlufigkeiten aller Typen erst zu- und dann wieder abnehmen Wie man sieht bedeutet das graphisch dass sich die Haumlufigkeiten so dicht wie moumlglich entlang der Diagonale der Tabelle konzentrieren muumlssen - anders ausgedruumlckt muss die Korrelation der Werte in den Zellen maximal werden Das ist mathematisch nicht besonders schwierig bei einer groszligen Zahl von Befunden und Typen jedoch ohne Hilfe eines Computers nicht durchfuumlhrbar21

Als steirisches Beispiel dient hier die pionierhafte Aufarbeitung des roumlmerzeitshylichen Graumlberfeldes von Gleisdorf durch Wolfgang Artnern bdquoDas Buch ist fuumlr den Provinzialarchaumlologen ein Muss aber auch dem an der fruumlheren Landesgeschichte Interessierten nachdruumlcklich zu empfehlen23

Radiographie Computertomographie und Materialuntersuchungen24

Bereits zwei Jahre nach der Entdeckung der Roumlntgenstrahlen 1895 wurden die durchdringenden Eigenschaften der Strahlen erstmals zur Untersuchung von Kunstshywerken eingesetzt Der Vorteil der Roumlntgenuntersuchung liegt auf der Hand Das Kunstwerk oder der archaumlologische Fund bleiben bei der Analyse frei von Zerstoumlrunshygen es ist nicht noumltig Materialproben zu entnehmen

An steirischem Fundmaterial werden vielfaumlltige Untersuchungen vorgenommen teilweise im Zuge der Konservierung und Restaurierung (z B Roumlntgen- oder CT-Aufnahmen) teilweise zur Feststellung der Funktionsweise Materialbeschaffenhcit

Ein universelles Software-Paket fuumlr Seriation Korrespondenzanalyse Harris-Matrix Kartieshyrungen etc findet sich unter htlpwwwuni-koelnde~al001basphtmldownload httpwwwuni-tuebingendeutglehrveranstaltungencaa_ws0001kurs004html Wolfgang ARINER Die provinzialroumlmischen Graumlber von Gleisdorf in der Oststeiermark Mit eishynem Beitrag von Reinhold Wcdenig (= Mitteilungen der Oumlsterreichischen Gesellschaft fuumlr Ur-und Fruumlhgeschichte XXXVIIIXXXIX) Wien 1994

23 Rezension von Bernhard HEBERT in ZHVSt 86 (1995) 386f 2J Andreas BECK Roumlntgenstrahlen in der Archaumlologie Konstanz 1996

141

GRIFFE QUER CT I n s t D r Staap flaquo l L oblaquon H SOIUTOH Mgt

10-FEB 1994 M WAGE i a n bull HF 2 10 gt ^ V W

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Computertomografische Aufnahme der Messer aus den Graumlbern F 83 und F124 vom spaumltantiken Graumlberfeld auf dem Frauen berg (Ulla Steinklauber Graumlberfeld Frauenberg 2002 76)

Soumllkpass Fragment einer Knotenfibel vom Mittellateneschema Umzeichnung vor der Konservierung Roumlntgenaufnahme und Zustand nach der Konservierung (Bernhard Hebert Soumllkpass 2003 69f)

142

Aumlquidistenz m

Betenmacherkogel Kupferzeitliche Houmlhensiedlung (Thomas Einwoumlgerer und Margit Linder Betenmacherkogel 2001 92)

(z B Metallurgie) oder Provenienz Im Zuge der Untersuchungen eines urgeschichtshylichen Brandopferplatzes auf dem Soumllkpass erleichterte eine Roumlntgenuntersuchung die fachgerechte Konservierung eines Fragmentes einer Knotenfibel vom Mittelshylateneschema25 Bei der Ausgrabung des spaumltantiken Graumlberfeldes auf dem Frauenshyberg kam die Computertomographie z B bei der Untersuchung von Grabbeigaben (Messern26) zum Einsatz

Bernhard HEBERT Archaumlologische Untersuchungen auf dem Soumllkpass Altwege ein hochalpincr urgeschichtlichcr Brandopferplatz und weitere Funde von der Steinzeit bis in die Moderne Mit Beitraumlgen von Thomas Einwoumlgerer Guumlnter Chrislandl Ursula Schachingcr und Maria Windshyholz-Konrad In Franz MANDL (Hg) Soumllkpass Ein 6000 Jahre alter Saumpfad uumlber die Alpen [] (= Mitteilungen der ANISA 2324 200203) Haus i E 2003 69f Ulla STEINKLAUBER [et al] Das spaumltantike Graumlberfeld auf dem Frauenberg bei Leibnitz Steiershymark (= FOuml Matcrialhefte Reihe A Heft 10) Wien 2002 76

143

Probenentnahme an einem Roumlmerstein im Lapidarium des Landesmuseums Joanneum (Foto BDA)

Marmore roumlmischer Bruumlche und Steindenkmaumller (Bernhard Hebert FWF-Projekt Marmore)

144

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Weiters gelang der Nachweis dass Steingeshyraumlte von der kupferzeitlishychen Siedlung am Betenshymacherkogel bei Rosental (VB Voitsberg) aus Horn-stein gefertigt wurden der aus Bayern stammt womit entsprechende Handelsshyverbindungen nachgewieshysen sind bdquoDie Untershysuchung einer Auswahl von Rohmaterialien ershyfolgte durch A Binsteiner vom Bayerischen Landesshyamt fuumlr Denkmalpflege Er identifizierte - mit Ausshynahme eines alpinen Horn-steines und eines Quarzes - alle Auswahlstuumlcke als Jurahornsteine (Platten-hornsteine) aus der suumldshylichen Frankenalb Die meisten Stuumlcke waren nicht ausreichend typisch um sie einer der zahlreishychen Lokalitaumlten des Altshymuumlhltales zuzuweisen In einem Fall konnte er einen Typ Baiersdorf und in

zwei weiteren echten Baiersdorfer Plattenhornstein nachweisen Die Bestimmung der restlichen Rohmaterialen erfolgte nach makroskopischen Kriterien [] Neben den dominierenden Hornsteinen sind noch verschiedene Quarze haumlufiger vertreten seltener Quarzit und kieselreicher Kalk Bei einem weiteren Stuumlck duumlrfte es sich um einen zerschlagenen Amphibolithschiefer handeln28

In einem groszlig angelegten Forschungsprojekt29 wurden in den letzten Jahren die marmornen Roumlmersteine der Steiermark hinsichtlich ihres Materials untersucht Von

Kupferzeitliche Steingeraumlte vom Betenmacherkogel (Thomas Einwoumlgerer und Margit Linder Betenmacherkogel 2001 101)

2 Thomas EINWOOERER und Margit LINDFR Die kupferzeitliche Siedlung auf dem Betenmachershykogel in Rosental an der Kainach VB Voitsberg Steiennark In FOuml 402001 Wien 2002 91-113

s Ebd 93 Colloquium zum Abschluss des FWF-Projektes bdquoMarmore roumlmischer Bruumlche und Steindenkmaumlshy

ler in der Steiermark und in Stajerska Bundesdenkmalamt Graz 28 Februar 2004 Organisashytion Univ-Doz Dr Bernhard Hebert

145

den im neuen Lapidarium30 (Schloss Eggenberg) des Landesmuseums ausgestellten Steinen wurden ca 40 Prozent beprobt aus der ganzen Steiermark waren es etwa 200 Wir koumlnnen jetzt die einzelnen Monumente einzelnen Steinbruumlchen zuweisen wobei uumlberraschenderweise insgesamt aber besonders auch im unmittelbaren Beshyreich von Flavia Solva Material aus den offenbar sehr expansiven Bruumlchen von PohorjeBachern uumlberwiegt und weit auch uumlber den Landweg transportiert wurde31

ANTHROPOLOGIE ARCHAumlOZOOLOGIE UND ARCHAumlOBOTANIK

Archaumlologische Funde bestehen nicht nur aus Artefakten im eigentlichen Sinn sondern auch aus biologischen Uumlberresten die nicht wie mangels entsprechender Spezialisten oft geschehen beiseite gelegt werden duumlrfen Fast alle Grabungen benoumlshytigen diese Spezialisten aus den Faumlchern Anthropologie Archaumlozoologie und Archauml-obotanik bzw Pollenanalyse Die groumlszligte anthropologische Untersuchung der letzten Jahre war die der Skelette und Leichenbraumlnde des spaumltantiken Graumlberfeldes vom Frauenberg bei Leibnitz32 Neben vielen anderen die Lebensumstaumlnde und Bevoumllkeshyrungsstruktur erhellenden Daten konnten z B die aumlltesten bisher im Ostalpenraum bekannten kuumlnstlichen Schaumldeldeformationen festgestellt werden wie wir sie z B von Ostgermanen und Hunnen kennen

Mit der Archaumlozoologie bleiben wir am Frauenberg bei Leibnitz Derzeit laumluft ein archaumlologisch-archaumlozoologisches Forschungsprojekt zu einem bemerkenswerten Grabungsbefund einem mit tausenden Tier- und wenigen Menschenknochen und

Bindendeformation am Schaumldel aus Grab F 125 des spaumltantiken Graumlberfeldes am Frauenberg (Ulla Steinklauber Graumlberfeld Frauenberg 2002 579)

Erich HUDECZEK Die Roumlmersteinsammlung des Landesmuseums Joanneum Ein Fuumlhrer durch das Lapidarium Graz 2004 Bernhard HEBERT Zusammenfassung der Ergebnisse des FWF-Projektes bdquoMarmore roumlmischer Bruumlche und Steindenkmaumller in der Steiermark und in Stajerska Die Kurzfassung steht neben anderen Beitraumlgen als pdf-Datei unter bdquohttpwwwubi-erat-lupaorgsiteroemersteintreffen grazroemersteintreffenshtml als Download zur Verfuumlgung Vgl auch FOuml 432004 Wien 2005 (im Druck)

- Barbara SCHWEDER Anthropologie der Skelettrestc aus dem spaumltantiken Graumlberfeld auf dem Frauenberg bei Leibnitz Steiermark In Ulla STEINKLAUBER [et al] Das spaumltantike Graumlberfdd auf dem Frauenberg bei Leibnitz Steiermark (= FOuml Material hefte Reihe A Heft 10) Wien 2002411-581

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Frauenberg bei Leibnitz Spaumltlatenezeitlicher Graben mit Tierknochenschicht (Georg Tiefengraber Heiligtum Frauenberg 1998 43)

Haferkoumlrner aus dem 12 Jahrhundert von der archaumlologischen Ausgrabung am Grazer Hauptplatz 2002 (Ruth Drescher-Schneider Ernaumlhrung im mittelalterlichen Graz 2003 56)

Pollenanalytische Untersuchung am Soumllkpass Prozentdiagramm der Baumlume und Straumlucher vom Spaumltneolithikum bis ins Hochmittelalter (vlnr) (Ruth Drescher-Schneider Brandopferplatz Soumllkpass 2003 100)

Opfergaben aus Keramik Metall und Glas verfuumlllten Graben eines spaumltlatenezeit-lichen Heiligtums Die Auswertung gerade der Tierknochen wird genaue Aufschluumlsse uumlber die Haustiere (v a Rinder und Pferde) aber auch uumlber das Opfergeschehen an diesem erst vor wenigen Jahren entdeckten zentralen Kultplatz ermoumlglichen33

Die Archaumlobotanik liefert wichtige Angaben uumlber Nahrungs- und Futtermittel und natuumlrlich die Kulturpflanzen selbst Solche koumlnnen wir etwa in den mittelalterlichen Haumlusern am spaumlteren Grazer Hauptplatz34 aus dem 12 Jh nachweisen aber auch einen starken Befall eines Getreidevorrats durch das giftige Mutterkorn35

Groszlige Bedeutung fuumlr die Rekonstruktion der Umwelt eines Grabungsplatzes hat die Pollenanalyse Die in den mit archaumlologischen Befunden korrelierbaren Schichshyten enthaltenen Pollen geben in ihrer Zusammensetzung Aufschluss uumlber den im Lauf der Jahrhunderte oder Jahrtausende schwankenden Pflanzenbestand am hochgelegeshynen Soumllkpass mit seinem praumlhistorischen Brandopferplatz etwa uumlber die Beweidung der Kleinregion zu verschiedenen Zeiten36 Auch das Auftreten von Pflanzen kann

33 Georg TIEFENGRABER und Christof GRILL Ein spaumltlatenezeitliches Heiligtum auf dem Frauenberg bei Leibnitz in der Steiermark () In Archaumlologisches Korrespondenzblatt 27 (1997) 601 ff -Georg TIEFENGRABER Ein spaumltlatenezeitliches Heiligtum am Frauenberg bei Leibnitz In Schild von Steier Beitraumlge zur steirischen Vor- und Fruumlhgeschichte und Muumlnzkunde Kleine Schriften 18 Graz 199843-54

34 Ulla STEINKLAUBER Die Grabungen am Grazer Hauptplatz 20012002 Abschlussbericht zum Projektende In FOuml 412002 Wien 2003 265-317

35 Ruth DRESCHER-SCHNEIDER Die pflanzliche Ernaumlhrung im mittelalterlichen Graz In Graz in Funden Archaumlologie in der Kulturhauptstadt Ausstellung im Stciermaumlrkischen Landesarchiv in Graz 9 Jaumlnner bis 14 Maumlrz 2003 (= Steiermaumlrkisches Landesarchiv Ausstellungsbegleiter Nr 2) Graz 2003 55-59

36 Ruth DRESCHER-SCHNEIDER Pollenanalytische Untersuchungen an einem Bodenprofil im Zusamshymenhang mit dem urgeschichtlichen Brandopferplatz auf dem Soumllkpass (1780 m NN Niedere Tauern Steiermark) In MANDL (Hg) Soumllkpass (wie Anm 25) 89-112

148

zur Datierung direkt beitragen Maispollen sollten nicht in mittelalterlichen oder aumllteren Schichten vorkommen Nuss und Wein nicht viel vor der Roumlmerzeit Die sehr aufwaumlndigen Untersuchungen haben naturgemaumlszlig die meist nur in feuchten Boumlden befriedigende Erhaltung der Pollen zur Voraussetzung37

Alle umweltrelevanten naturwissenschaftlichen Untersuchungen geben Informashytionen zu den auch in den letzten Jahrtausenden fuumlr Besiedlung und Bewirtschaftung entscheidenden Klimaschwankungen so wissen wir etwa dass in den Ostalpen Bronze- und Roumlmerzeit waumlrmer und trockener waren und somit gute Voraussetzunshygen fuumlr eine saisonale hochalpine Weidewirtschaft boten58

NATURWISSENSCHAFTLICHE DATIERUNGSMETHODEN39

Dendrochronologie

In anderen Regionen sehr bewaumlhrt hat sich die Dendrochronologie die Datierung von Holz anhand der Jahresringe deren klimabedingte Dickeschwankungen sich im Idealfall von heute bis zuruumlck in die Urgeschichte aneinanderreihen lassen Als Beshygruumlnder der Dendrochronologie gilt der amerikanische Astronom Andrew E Doug-lass (1867-1962) obwohl die Idee dazu uumlber mehrere heute weniger bekannte Nashyturbeobachter bis zu Leonardo da Vinci (1452-1519) zuruumlckverfolgbar ist der eine Verbindung zwischen der Witterung eines Jahres und der Breite des zugehoumlrigen Jahrringes von Baumlumen beschrieb Der Aufschwung der Dendrochronologie zu ihrer heutigen Bluumlte begann mit dem Siegeszug des Computers in den 1960er Jahren40

Aus anfangs wenigen Forschungszentren (1965 weltweit vielleicht nur fuumlnf Labore) hat sich die Dendrochronologie in drei bis vier Jahrzehnten in alle Winkel dieser Erde hinein ausgebreitet seit rund 20 Jahren sogar in die Waldregionen der Tropen und

Vgl auch Ruth DRESCHER-SCHNEIDER Ergebnisse derpollen- und groszligrestanalytischen Untersushychungen im Gebiet der Plankenalm Dachstein (Oumlsterreich) In Guumlnter CERWINKA und Franz MANDL (Hg) Dachstein Vier Jahrtausende Almen im Hochgebirge Bd 2 (= Mitt d ANISA 181997H 1-2) Haus i E 1998 46-61 - Ilse DRAXLER und Andreas LIPPFRT Pollenanalytishysche Daten und eine archaumlologische Bestandsaufnahme zur fruumlhen Siedlungsgeschichte im Geshybiet zwischen Raab und Mur (Oumlsterreich Slowenien Ungarn) [] In Geologie ohne Grenzen Festschrift 150 Jahre Geologische Bundesanstalt (= Abhandlungen der Geologischen Bundesshyanstalt Bd 561) Wien 1999 337-396 Franz MANDL Almen im Herzen Oumlsterreichs Dachsteingebirge Niedere Tauern Salzkammershygut Totes Gebirge Mit Beitraumlgen von Herta Mandl-Neumann und Gernot Patzelt Haus i E 2003 - Herta MANDL-NEUMANN und Franz MANDL Dachstein-Tauern-Region Blicke in Verganshygenheit und Gegenwart (= Mitt d ANISA 222001 H 1-2) Haus i ETemitz 2001 Eine Uumlbersicht bietet Diether KRAumlMER Vom Umgang mit der Vergangenheit In Spannungsfeld Altstadttiergarage Stadtplanung Stadtarchaumlologie (= Schild von Steier Kleine Schriften 20) Graz 2004 65-75 U SASS-KLAASSEN Dendroarchaeology success in the past and challenges for the future In Dendrochronologia 20 (2002) 87-93 (Weiterfuumlhrende Literatur siehe httpwwwbfafhde inst442dendrohtm)

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Subtropen wo bis dahin die Auffassung vorherrschte hier sei Dendrochronologie prinzipiell unmoumlglich

Die biologische Gegebenheit der Jahr fuumlr Jahr unterschiedlichen Auspraumlgung von Jahresringen bdquoist entscheidend fuumlr die dendrochronologische Altersbestimmung eishynes Holzes Falls naumlmlich die Jahrringmuster zweier Houmllzer untereinander eine groszlige Aumlhnlichkeit aufweisen ist der Ruumlckschluss erlaubt dass die Baumlume denen sie entshystammen zur gleichen Zeit gelebt haben (relative Datierung) Ist eines der beiden Jahrringmuster bereits datiert dann ist auch die Entstehungszeit des anderen Musters bestimmbar (absolute Datierung) Fuumlr die Altersbestimmung von Holz ist daher stets eine datierte Vergleichsjahrringfolge fuumlr die in Frage stehende Baumart Region und Zeit erforderlich Eine derartige Datierungsgrundlage (Jahrringkalender oder Stanshydardchronologie) geht von den Jahrringfolgen lebender Baumlume aus denn nur die koumlnnen zunaumlchst jahrgenau fixiert werden Diese Jahrringfolgen werden mit den Jahrringfolgen verbauten Holzes uumlber die Zeitspanne gemeinsamen Lebens verzahnt und daruumlber hinaus jahrgenau in die Vergangenheit verlaumlngert Durch die Uumlberlapshypung mit den Jahresringen zunehmend aumllteren Holzes wird schrittweise ein endloser Baum konstruiert41

So konnten etwa die Faumllldaten von uumlber ein Moor verlegten Bohlen einer Roumlmershystraszlige in Tirol jahrgenau bestimmt werden42 Zwei Voraussetzungen muumlssen gegeben sein in ausreichender Dicke erhaltenes Holz und eine fuumlr die jeweilige Klimaregion bekannte und uumlberpruumlfte bdquoKurve der Dickeschwankungen in welche die jeweils erhaltene Sequenz einzupassen ist Beides trifft ftir den Suumldostalpenrand derzeit nicht wirklich zu In den steirischen Alpen im Dachsteingebiet ist es zumindest gelungen eine zusammenhaumlngende Kurve mit aus einem Gebirgssee geborgenen Houmllzern bis in das Fruumlhmittelalter zu gewinnen bdquoDer Zusammenhang von Temperatur und Baumshywachstum ermoumlglicht es aus Jahrringchronologien das Klima von Jahrhunderten aus denen keine instrumenteilen Aufzeichnungen vorliegen zu rekonstruieren Mit dem Ziel eine moumlglichst lange Jahrringchronologie zum Zwecke der Klimarekonsshytruktion zu erstellen wurden in den Jahren 1998 und 1999 stehende Baumlume und subfossile Staumlmme aus einem See auf dem Dachsteinplateau in der Obersteiermark beprobt Die resultierenden Chronologien reichen bis ins 5 Jahrhundert mehrere undatierte schwimmende Chronologien wuumlrden bei einer Schlieszligung der Luumlcken eine mindestens 4000-jaumlhrige Chronologie ergeben Bis ins Jahr 750 ist die Chronoshylogie bereits so gut belegt dass Klimarekonstruktionen gerechnet werden koumlnnen Das Ergebnis der Rekonstruktion stimmt gut mit publizierten Arbeiten aus Skandinashyvien und Sibirien uumlberein und zeigt dass die Erwaumlrmung im 20 Jahrhundert gerade noch innerhalb der Variabilitaumlt waumlhrend der letzten 1250 Jahre liegt43

41 V PINGEL und A HAUPTMANN (Hg) Archaumlometrie 2003 (zitiert nach dem Auszug in http wwwbfafhdeinst442dendrohtm)

K NicoLussi Die Bauhoumllzer der Via Claudia Augusta bei Leermoos (Tirol) In Elisabeth WALDE (Hg) Neue Forschungen zur Via Claudia Augusta Innsbruck 1998 113-145

43 Michael GRABNER und Wolfgang GINDL Neue Jahrringchronologien vom Dachstein Eine 1250-jaumlhrige Rekonstruktion der Sommertemperatur In Alpen - Archaumlologie - Felsbildforschung (= Mitt d ANISA 212000 H 1-2) Haus i E 2000 20-30 (bes 20)

150

Hingewiesen sei freilich darauf dass die Dendrochronologie in Oumlsterreich44 einen gewissen Nachholbedarf aufweist wie es die diesbezuumlglichen deutschen und Schweishyzer Forschungen beweisen45

Radiokarbondatierung

Naturwissenschaftliche Datierungsmethoden haben wesentliche Fortschritte in der zeitlichen Zuordnung einzelner Befunde aber auch ganzer (archaumlologischer) Kulmren gebracht Deren wichtigste die von dem amerikanischen Chemiker Willard Frank Libby und seinen Mitarbeitern seit 1947 entwickelte Radiokarbondatierung (bdquoC 14-Datierung) wird routinemaumlszligig immer dann angewendet wenn die eigentshylichen archaumlologischen Methoden wie Typologie und Vergleich und Vergesellschafshytung von Funden keine oder nur unsichere Einordnungen erlauben Verwendbar ist jedes organische Material Holz Holzkohle Knochen usw aber auch organisch anshygereicherte Bodensedimente da mit dem Tod jedes Lebewesens der gesetzmaumlszligige

Zerfall des zu Lebzeiten aufgenommenen natuumlrlich in der Atmosphaumlre vorhanshydenen radioaktiven Kohlen-stoffisotops (l4C) beginnt

Durch Stoffwechselproshyzesse bleibt das Niveau von Kohlenstoff 14 in einem leshybenden Organismus in konshystantem Gleichgewicht mit dem Niveau der Atmosphaumlre oder des Meeres Mit dem Tod des Organismus beginnt Kohlenstoff 14 mit einer konstanten Geschwindigshykeit (Halbwertszeit) zu zershyfallen der Kohlenstoff wird dann nicht mehr durch das Kohlendioxid in der Atmosshyphaumlre ersetzt Der schnelle Zerfall von Kohlenstoff 14 begrenzt im Allgemeinen

Holzbehaumlltnis mit den Gebeinen der heiligen Beatrix Mariahof (Foto BDA)

44 Rupert WIMMER und Michael GRABNER Standardchronologien in Oumlsterreich als Basis fuumlr die dendrochronologische Datierung In Archaumlologie Oumlsterreichs 92 (1998) 79-85

45 Vgl B BECKER Jahrringkalender Mitteleuropas In B BECKERA BILLAMBOZH EGGERP GASSMANNA ORCELC ORCELU RUOFF Dendrochronologie in der Ur- und Fruumlhgeschichte Basel 1985 8-29

152

CALIBRATION OF RADIOCARBON AGE TP CALENDAR YEARS (Variables C 1 3C 12=-195lab mult=l)

Laboratory number Beta-165758

Conventional radiocarbon age 1340plusmn40 BP

2 Sigma calibrated result Cal AD 640 to 770 (Cal BP 1310 to 1180) (95 probability)

Intercept data

Intercept of radiocarbon age with calibration curve Cal AD 670 (Cal BP 1280)

1 Sigma calibrated result Cal AD 660 to 690 (Cal BP 1290 to 1260) (68 probability)

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Calibration Databass Editorial Comment

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Talma 4 S Vogel J C 1993 Radiocarbon 35(2) p31 -322

Beta Ana ly t ic Inc Florida 33155 USA Tel (305) 66~ 516 - Fax (305) 663 0964 E-Mail belaQradiL

Radiokarbondaten zur Untersuchung der Gebeine der bdquo heiligen Beatrix Mariahof (Foto BDA)

den Datierungszeitraum auf ungefaumlhr 50000 Jahre in manchen Faumlllen kann er bis 70000 Jahre erweitert werden Die Unsicherheit bei der Messung erhoumlht sich mit dem Alter der Probe

Die Genauigkeit der Messung haumlngt aber u a von der zugrunde gelegten Halbshywertszeit und von Schwankungen in den Kohlenstoff-14-Niveaus der Atmosphaumlre ab Die Zeitskala mit radioaktivem Kohlenstoff enthaumllt aber auch noch andere Un-

153

Sicherheiten Das groumlszligte Problem ist die Verunreinigung nach der Ablagerung die durch einsickerndes Grundwasser durch Einlagerung von aumllterem oder juumlngerem Kohlenstoff sowie durch Kontamination bei der Probennahme oder im Labor zustanshyde kommt

In den letzten Jahren war mit Hilfe der 14 C-Methode etwa zu verifizieren dass ein bei Woumlrterberg (Burgenland) aus der Lafnitz geborgenes Holzfass46 tatsaumlchlich roumlmerzeitlich ist oder dass in der Pfarrkirche von Mariahof aufbewahrte Gebeine welche die lokale Tradition einer (nicht kanonisierten) bdquoheiligen Beatrix47 zushyschreibt uumlberraschenderweise fruumlhmittelalterlich (um 670 n Chr) sind

Radiokarbondaten koumlnnen nur mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit die in Pushyblikationen auch zitiert werden sollte einen Zeitraum angeben und sind daher nie punktgenau aber jedenfalls ernst zu nehmen Dass sie durch welche Gegebenheiten auch immer tatsaumlchlich einmal falsch sein sollten muumlsste im Einzelfall erst penibel nachgewiesen werden

Abschlieszligend sei noch darauf hingewiesen dass auch in diesem Bereich immer mehr Informationen online uumlber PC verfuumlgbar werden so existiert zum Beispiel eine frei zugaumlngliche Datenbank mitteleuropaumlischer 14 C-Daten fuumlr das Neolithikum und die fruumlhe Bronzezeit48

In sehr fruumlhen Abschnitten der Urgeschichte bzw Palaumlontologie und Geologie muss man sich anderer radioaktiver Elemente bedienen die folgend kurz vorgestellt werden

Thermolu mineszenz4lt)

Die Thermoluminiszenz dient ausschlieszliglich der Datierung von Keramikfunden Die in der Keramik eingeschlossenen radioaktiven Spuren verbinden sich mit den Kernen von Heliumatomen Erhitzt man Proben dieser Keramik werden diese Atomshykerne wieder freigesetzt wobei sie aufgluumlhen (Thermoluminiszenz) Die Intensitaumlt

Bernhard HEBERT [Fundbericht] in FOuml 422003 Wien 2004 703f Leopold SciiMim Die Volkserzaumlhlung Maumlrchen Sage Legende Schwank Berlin 1963 2541T In gekuumlrzter Form erschienen in Neue Chronik zur Geschichte und Volkskunde der inneroumlstershyreichischen Alpenlaumlnder Nr 46 Beilage zur Suumldost-Tagespost Graz 6 Juli 1957 1 sowie in J REICHFNPI-ADER 900 Jahre Pfarre Mariahof Ecclesia Grazluppa 1066-1966 Mariahof 1966 -7-29 - Walter BRUNNERBernhard HFuERTSusanne LEHNER Ein neuer Flechtwerkstein und die Gebeine der bdquoheiligen Beatrix Uumlberlegungen zum Fruumlhmittelalter in Mariahof In MStLA 5253(2004) 65-101

Gratis zugaumlnglich unter httpwwwjungsteinsitederadonradonhtm G A WAGNERS GREILICHA KADEREIT Lumineszenzdaticrung - Kaltes Leuchten erhellt die Vergangenheit In Physik in unserer Zeit 344 (2004) 160-166 - U RIESERJ HABERMANNG A WAGNER Lummescence dating a new high sensitive TLOSL emission spectrometer In Quatern Geochronol 18 (1999) 311-315 - Th SCHIUESA LANGJ HABERMANNU RIESER Improved Single aliquot dating applications using a new highly efficient modular luminescence reader In Radiation Protection Dosimetry 84 (1999) 363-366 - J HABERMANN Untersuchunshygen zur Lumineszenzdatierung von Gesteinsoberflaumlchen Heidelberg 2000 [Phil Diss ]

Aufsluumlhens gibt Aufschluss uumlber die Dauer waumlhrend der die Atomkerne auf-ornmen wurden und ermoumlglicht so die Datierung der Keramikprobe

Kalium-Argon-Methode

Mit dem Zerfall von radioaktivem Kalium 40 zu Argon 40 und Calcium 40 koumlnshynen Gesteine mit einem Alter von 200 bis 800 Millionen Jahren (mit Argon) bzw von eins bis zwei Milliarden Jahren (mit Calcium) datiert werden Kalium 40 kommt weit verbreitet in haumlufigen gesteinsbildenden Mineralien wie Glimmern Feldspaumlten und Hornblenden vor Problematisch ist das Entweichen von Argon wenn das Gestein Temperaturen uumlber 125 Grad C ausgesetzt war denn dadurch wird das Messergebnis verfaumllscht

Rubidium-Strontium-Methode

Mit dieser sehr genauen und zuverlaumlssigen Methode koumlnnen die aumlltesten Gesteine datiert werden Sie basiert auf dem Zerfall von Rubidium 87 zu Strontium 87 und wird haumlufig auch dafuumlr eingesetzt um Kali um-Argon-Datierungen zu uumlberpruumlfen da sich Strontium bei geringer Erwaumlrmung nicht verfluumlchtigt wie es bei Argon der Fall ist

Methoden mit Thorium 230 und Blei50

Thorium-Methoden eignen sich zur Datierung von Meeressedimenten Das Uran im Meerwasser zerfaumlllt in das Thoriumisotop Thorium 230 (lonium) das sich in die Sedimente auf dem Meeresgrund einlagert Thorium 230 ist ein Glied der Zerfallsshyreihe von Uran 238 es besitzt eine Halbwertszeit von 80000 Jahren Protactinium 231 das von Uran 235 abgeleitet ist hat eine Halbwertszeit von 34300 Jahren

Das Blei-Alpha-Alter wird bestimmt indem man den Gesamtbleigehalt und die Alphateilchenaktivitaumlt (Uran-Thorium-Gehalt) von Zirkon- Monazit- oder Xenotim-konzentraten spektrometrisch bestimmt Die Uran-Blei-Methode basiert auf dem rashydioaktiven Zerfall von Uran 238 in Blei 206 und von Uran 235 in Blei 207 Mit den Zerfallsgeschwindigkeiten fuumlr Thorium 232 bis Blei 208 kann man drei voneinander unabhaumlngige Altersangaben fuumlr die gleiche Probe erhalten Die ermittelten Blei-206-und Blei-207-Verhaumlltnisse koumlnnen in das so genannte Blei-Blei-Alter umgewandelt werden Die Methode wird am haumlufigsten fuumlr Proben aus dem Praumlkambrium benutzt Als Nebenprodukt der Uran-Thorium-Blei-Altersbestimmung kann zusaumltzlich ein

R MALLICK Entwicklung der Mikrobeprobung zur ThU-Datierung und Anwendung an quartauml-ren Travertinen aus dem Thuumlringer Becken Heidelberg 2000 [Phil Diss]

155

Eingang zur Repolusthoumlhle 1955 Dipl-lng Hermann Bock Dr Karl Murban Alois Pracher Karl Denk Konrad Hofer (v r n I) (Foto LMJ)

Proben-Nr

Uh 1265

Uh 1266

Uh 1267

Uh 1268

Uh1269

Inventar-Nr

77284 Knochen

76143 A Knochen

76260 Knochen

77281 Knochen

76137 Knochen

Uran-Genalt (ppm)

2667 r 0024

1000 0017

0464 plusmn0016

8475

plusmn0141

5580 plusmn0122

Thorium-Gehalt (ppm)

0163 plusmn 0024

0256 TO011

0006 1OOO6

1970 10040

1039 -0021

U-234 Th-230 Th-230

U-238 Th-232 U-234

1211 +0034

1216 plusmn0021

1754 z 0069

1182 +0014

1038 plusmn0021

23 plusmn 3

9 plusmn 0

143 i100

14 i 0

17 T 0

UTh-Alter UTh-Alter (ka) korr (ka)

unkorr f = 10 t 00

0385 plusmn0012

0589 TO010

0327 plusmn0011

0915 plusmn0013

1007 plusmn0020

519 = 21

932 i 2 7

417 i 17 2299

501 i 21

858 + 28

414 plusmn 1-7 2236

133-117 134-11

gt330 Mirdestalter

Uran-Thorium-Datierung der fossilen Houmlhlenbaumlrenknochen aus der Repolusthoumlhle

(GeraldFuchs-JoumlrgFuumlrnholzer-FlorianA Fladerer Repolusthoumlhle 1999 163)

156

Uran-Uran-Alter51 das aus dem Verhaumlltnis Uran 235 zu Uran 238 abgeleitet wird berechnet werden52

Die selten verwendete Uran-Thorium-Methode wurde im Jahre 1997 zur Datieshyrung fossiler Houmlhlenbaumlrenknochen aus der bekannten Repolusthoumlhle noumlrdlich von Peagau herangezogen53 Die Houmlhle wurde in den Jahren 1947 bis 1955 ergraben in einer Zeit als sowohl verfeinerte stratigrafische Beobachtungen als auch alle naturshywissenschaftlichen Datierungsmethoden unbekannt waren Rein typologische Zuordshynungen der atypischen Steingeraumlte schienen auch nicht auszureichen Die Uran-Tho-num-Untersuchungen fuumlhrten zum Ergebnis dass die Sedimente der Repolusthoumlhle in einem Zeitraum von mehr als 200000 Jahren abgelagert worden waren womit die Houmlhle nicht nur als aumlltester Fundplatz der Steiermark sondern auch als einer der aumlltesten Mitteleuropas bestaumltigt wurde54

Die hier nur ausschnitthaft anhand steirischer Beispiele vorgestellten vielfaumlltigen Methoden lassen erkennen wie sehr die moderne Archaumlologie als interdisziplinaumlre Teamarheit auf andere Fachgebiete auf stets sich weiter entwickelnde Techniken und deren Anwendungen angewiesen ist Dieser Prozess wird sicherlich weitergehen und eine verstaumlrkte Offenheit und Methodendiskussion55 erfordern 1999 wurde in Heishydelberg die bdquoGesellschaft der Naturwissenschaftlichen Archaumlometrie zum Zweck des Einsatzes und der Entwicklung naturwissenschaftlicher Methoden zur Loumlsung kulturwissenschaftlicher und historischer Fragestellungen - in Forschung und Lehre - gegruumlndet Dies schlieszligt die faumlcheruumlbergreifende Mitwirkung der Biowissenschafshyten Chemie Geowissenschaften und Physik von naturwissenschaftlicher Seite sowie der archaumlologischen Disziplinen Kunstgeschichte Denkmalpflege und Restaurieshyrung von kulturhistorischer Seite ein Hingewiesen sei auf eine Reihe wissenschaftshylicher Veroumlffentlichungen sowie sachbezogene Oumlffentlichkeitsarbeit dieser Gesellshyschaft56

51 R MALLICKN FRANKA MANUumlINIG A WAGNER Anwendung der Uranreihen-Mikroproben-

_ datierung an quartaumlren Travertinverfahren In Prehistoria Thuringia 4 (2000) 95-100 v Vgl http^wwwregiosurfnetgeographiephygeoaltbestihtml Die Untersuchungen wurden von Mebus A Geyh vom Niedersaumlchsischen Landesamt fuumlr Bodenshy

forschung Hannover durchgefuumlhrt Gerald FUCHS - Joumlrg FUumlRNHOLZER - Florian A FLAUERER Untersuchungen zur Fundschicht-

^ bildung in der Repolusthoumlhle Steiermark In FOuml 371998 Wien 1999 143-172 Wer sich fuumlr die Theorie- und Methodendiskussion in der Archaumlologie interessiert sei auf die Website der Theorie-AG (httpwwwtheorie-agde) verwiesen die sich mit den theoretischen ProblemenFragestellungen in der archaumlologischen Forschung beschaumlftigt Neben der Moumlglichshykeit zur Diskussion findet man Buch- Tagungs- und Ausstellungshinweise Tagungsberichte Buchrezensionen und einiges mehr Archaumlometrisches Nachrichtenblatt hg v d Gesellschaft der Naturwissenschaftlichen Archaumloshylogie Heidelberg (Homepage httpwwwarchaeometriede)

157

Schlackenfundplaiz Flitzen 2 (Gem Gaishorn) Anomaliefeld nach der Untersuchung von G Walach (Hubert Preszliglinger Jahresbericht 2000 Bild F-02)

verpflockre Basislinie N-S (10m

20 30 rr

VERHUumlTTUNGSPLATZ FLITZEN I I

Uumlbersicht

Verhuumlttungsplatz Flitzen 2 Uumlbersicht (Hubert Preszliglinger Jahresbericht 2000 BildF-OI)

Luftbildarchaumlologie8

Die Luftbildarchaumlologie macht sich in erster Linie topographische geologische und biologische Phaumlnoshymene zunutze So waumlchst beispielsshyweise auf einem Getreidefeld an jener Stelle das Getreide nicht so hoch unter der sich eine Mauer befindet Umgekehrt verhaumllt es sich mit Pfosshytenloumlchern Sie sind tiefer mit Humus aufgefuumlllt Pflanzen wurzeln daher hier aufgrund des erhoumlhten Angebotes an Naumlhrstoffen tiefer das Pfostenloch

J KUNOW (Hg) Luftbildarchaumlologie in Ost- und Mitteleuropa Aerial Archaeoshylogy in Eastern and Central Europe Inshyternationales Symposium 1994 in Klein-manchnow 1994

134

Luftbild von der Freilegung der Villa Thalerhof 24 November 1938 (Foto LMJ)

ist durch houmlheren pflanzlichen Bewuchs erkennbar Der Grundriss eines Bodendenkshymales wird somit in der passenden Jahreszeit und bei geeignetem Lichteinfall (spaumlter Nachmittag = lange Schatten) gut sichtbar Wallartige Uumlberreste und Grabhuumlgel sind vom Flugzeug aus durch ihre Schattenbildung sichtbar

Die in der Steiermark9 lange Zeit voumlllig vernachlaumlssigte Luftbildarchaumlologie scheint hierzulande erstmals (und dann fuumlr Jahrzehnte nicht mehr) in einer freilich rudimentaumlren Form von Marianne Grubinger eingesetzt worden zu sein Im Zuge der Freilegung der Villa Thalerhof bewog sie den Kommandeur des seit dem bdquoAnschluss dort stationierten Sturzkampfgeschwaders 1166 (bdquoSturzkampfgeschwader Immel-mann) zur Anfertigung eines Luftbildes das den Stand der Ausgrabungen am 24 November 1938 dokumentiert10

Im Jaumlnner 1966 veranstaltete das Landesmuseum Joanneum in Zusammenarbeit mit dem Franzoumlsischen Kulturinstitut und der Oumlsterreichischen Arbeitsgemeinschaft

9 Gerald FUCHS Luftbildarchaumlologie in der Steiermark In Votis XX Solutis Jubilaumlumsschrift der Archaumlologischen Gesellschaft Steiermark (= Nachrichtenblatt der Archaumlologischen Gesellschaft Steiermark 1-21999) Graz 2000 55-69

10 Veroumlffentlicht in Walter MODRUAN Kaisdorf Ur- und fruumlhgeschichtliche Funde (= Schild von Steier Beitraumlge zur steirischen Vor- und Fruumlhgeschichte und Muumlnzkunde Kleine Schriften 89) Graz 1968 32 - Vgl Ingo MIRSCH Die Geschichte der Marktgemeinde Kaisdorf Kaisdorf 1994 55

135

fuumlr Ur- und Fruumlhgeschichte die Ausstellung bdquoLuftbild und Archaumlologie Man konnshyte dabei instruktive Luftbilder aus Sizilien Afrika etc bestaunen jedoch kein einzishyges aus der Steiermark

Die Luftbildarchaumlologie wird seit einigen Jahren bei mehreren Projekten zur arshychaumlologischen Prospektion fuumlr Groszligbauvorhaben und fuumlr die Dokumentation von Bodendenkmalen eingesetzt als neuestes Beispiel seien die begleitenden Prospekshytionen bei der Errichtung der Koralmbahn im Abschnitt Werndorf - Deutschlandsshyberg genannt2

Phosphatmethode1 3

Die von Seiten der Geographie entwickelte Phosphatmethode hat zum Ziel Phosshyphatanreicherungen im Boden aufzuspuumlren Diese resultieren aus den Ausscheidungsshyprodukten und Oberresten von Mensch und Tier Durch diese Methode sind vor allem Siedlungen lokalisierbar Phosphatanreicherungen finden sich in Form von bdquoLeichenshyschatten zuweilen auch als einziger Nachweis von Bestattungen Oberflaumlchenbodenshyproben selbst groumlszligerer Areale koumlnnen in kurzer Zeit analysiert und auch quantitativ fuumlr den Nachweis von Siedlungsniederschlag ausgewertet werden - und zwar so gut wie unverfaumllscht durch zwischenzeitliche Duumlngemaszlignahmen der Landwirtschaft14

GRABUNG DOKUMENTATION FUNDE

Stratigrafie Harris-Matrix15

Bei Grabungstechnik und Fundmaterialbearbeitung also Kernbereichen der Arshychaumlologie selbst haben sich in den letzten Jahren auch in Oumlsterreich Standards durchshygesetzt die weit uumlber das hinausgehen was den Studierenden bis in die Achtziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts vermittelt wurde Bei Grabungen ist das Haupt-

Walter MODRIJAN Luftbild und Archaumlologie Ausstellung bdquoLuftbild und Archaumlologie in Graz im Jaumlnner 1966 veranstaltet vom Landesmuseum Joanneum in Zusammenarbeit mit dem Franzoumlshysischen Kulturinstitut und der Oumlsterreichischen Arbeitsgemeinschaft fuumlr Ur- und Fruumlhgeschichshyte (= Schild von Steier Kleine Schriften 4) Graz 1966

12 Gerald FucHsGerhard HARERIrmengard KAiNzKlaus-Michael SCHNEIDER Ein Modellfall fuumlr die Zusammenarbeit zwischen Planung und archaumlologischer Denkmalpflege am Beispiel der Koralmbahn Graz-Klagenfurt im Abschnitt Werndorf-Deutschlandsberg In FOuml 361997 Wien 1998 269-280 - Zur Luftbildarchaumlologie in Oumlsterreich vgl auch httpwwwunivieacab Luftbildarchivindexhtm

13 Reinhard ZOumlLITZ Bodenchemische Untersuchungen im Bereich vor- und fruumlhgeschichtlicher Siedlungen In Schriften des Naturwissenschaftlichen Vereins Schleswig-Holstein 53 (1983) 33-57 - DERS Gebaumludenutzung im Spiegel von Phosphatwerten Naturwissenschaftliche Beishytraumlge zur archaumlologischen Hausforschung (Rezensionsartikel) In Siedlungsforschung 5 (Bonn 1987) 219-225

14 Guumlnter P FEHRINUuml Die Archaumlologie des Mittelalters Eine Einfuumlhrung Darmstadt 2000 31 15 Edward C HARRIS Principles of Archaeological Stratigraphy London and San Diego 1989

136

Rassach roumlmerzeitlicher Grabhuumlgel (BDA Bildarchiv)

laquo 1 0 0 -

WOO-i -

u

raquo 0 0 -

Profil U - U

2

100 127 128

1

^ ouml e

Rassach Harris Matrix (BDA Bildarchiv)

137

augenmerk auf eine sehr genaue (oft EDV-gestuumltzte16) dreidimensionale und mit den Kleinfunden verknuumlpfte Dokumentation und vor allem auf eine moumlglichst fehlerfreie Trennung und Identifizierung von Schichten zu legen Erst die eindeutig nachvollshyziehbare Zuordnung von Funden zu einzelnen Schichten deren Abgrenzung Abfolge und Genese naturgemaumlszlig waumlhrend der Grabung erkannt werden muumlssen erlaubt geshysicherte und nachvollziehbare Datierungen und Angaben von Ablaumlufen

Als archaumlologische Stratigrafie17 bezeichnet man die in einem vertikalen Schichtshyprofil feststellbare Abfolge von Straten die durch natuumlrliche Ablagerungen und Einshygriffe (Graben Schacht Brunnen Pfostenloch Planierung Verftillung etc) entstanshyden ist Die zeitliche Einordnung von in der Flaumlche ergrabenen Objekten kann durch das Verhaumlltnis dieser Schichten zueinander relativ bestimmt werden

Die grafische Darstellung der durchnummerierten Schichten (stratigrafischen Einheiten) mit den aus ihnen stammenden Funden erfolgt meist in der nach ihrem bdquoErfinder so genannten Harris-Matrix die stammbaumaumlhnlich die Abfolge aller archaumlologisch fassbaren Strukturen festhaumllt und damit eine sehr detaillierte relative Chronologie ergibt

Die archaumlologische Stratigraphie (Beschreibung einer Schichtenfolge) beruht auf einer Reihe fundamentaler Axiome oder Gesetze Alle archaumlologischen Fundstellen zeigen eine Stratigraphie18

Vor allem bei Siedlungsgrabungen aber auch bei einem komplexen Graumlberfeld wie zuletzt bei dem von Gerald Fuchs und Christoph Hinker untersuchten in Rasshysach19 ist ein derartiges Vorgehen das auch hohe Anforderungen an die manuell arshybeitenden Mitarbeiter setzt unverzichtbar Waumlren einmal die Schichten und damit die Funde vermischt ist die Aussagekraumlftigkeit des Befundes wesentlich herabgesetzt Dass Schichten meist nicht eben und gleichmaumlszligig verlaufen und Grabungen daher nicht wie der Erzberg mit seinen einigermaszligen gleichmaumlszligigen Abbaustufen aussehen sollten braucht nicht betont zu werden

Seriation

Bei der Auswertung des oft zahlenmaumlszligig gewaltigen Fundmaterials dessen Ershyfassung Evidenthaltung und Verwaltung ohne EDV ohnedies undenkbar waumlre wer-

16 Zum Thema der EDV und ihrer Anwendung in der Archaumlologie (bdquoGrabungstechnik und Prosshypektion bdquoEDV-Anwendungen bdquoE-Publishing bdquoDatenbanken bdquoRecht und Gesetz bdquoWoumlrshyterbuumlcher und Sonstiges) vgl die vorbildliche Uumlbersicht auf httpwwwarchaeologischde linkswerkzeughtmledv

17 Auch auf dem Gebiet der Stratifikationsanalyse leistet die EDV mittlerweile hervorragende Dienste Hinzuweisen ist hier unbedingt auf das von Irmela Herzog entwickelte und auf Winshydows basierende EDV-Programm bdquoStratify (neue Version von bdquoWinBasp) Der Download des Programms ist kostenlos httpwwwstratiryprivatt-onlinede

18 Vgl httpwwwnhm-wienacatNHMPrehistStadlerLVASQAMQAM-Harris-Matrixhtml 19 Gerald FUCHS und Christoph HINKER Fruumlhe Befunde im Randbereich des roumlmerzeitlichen Huumlshy

gelgraumlberfeldes Rassach (VB Deutschlandsberg Steiermark) Mit Beitraumlgen von Thomas Ein-woumlgerer Ruth Drescher-Schneider und Silvia Renhart In FOuml 422003 Wien 2004 113-163 - Christoph HINKER Die norisch-pannonischen Huumlgelgraumlberfelder von Rassach und Tanzels-dorf Steiermark In FOuml 412002 Wien 2003 167-201

138

Vi- ^mdash^mdash^

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Provinzialroumlmisches Graumlberfeld Gleisdorf Typentafel der Vorratsgefaumlszlige und groszligen Toumlpfe (Wolfgang Artner Gleisdorf 1994 13)

140

den zunehmend statistische Methoden angewandt Eigene Programme20 erlauben etwa die Seriation von Funden die z B durch ihre Zugehoumlrigkeit zu verschiedenen Graumlbern eines Graumlberfeldes und die Zugehoumlrigkeit zu verschiedenen (formalen) Typen verschraumlnkt und rechnerisch oder grafisch in eine in sich stimmige chronoshylogische Abfolge gebracht werden koumlnnen

Von Menschenhand geschaffene Gegenstaumlnde lassen sich in Typen zusammenfasshysen die unterschiedliche Laufzeiten haben In archaumlologischen Befunden kommen sie dann mit verschiedenen Haumlufigkeiten vor Damit die Seriation funktioniert muumlsshysen sich die Verwendungszeiten einiger Typen uumlberschneiden

bdquoSchreibt man die Haumlufigkeiten der Vorkommen der Typen A B C D in den Befunden 1234 in die Zellen einer Tabelle mit den Befunden in den Zeilen und den Typen in den Spalten sind die Typenhaumlufigkeiten in den Zellen bei unbekannter zeitlicher Abfolge zunaumlchst unregelmaumlszligig uumlber die Tabelle verteilt Die Aufgabe bei der Seriation besteht nun nur noch darin die Zeilen und Spalten der Tabelle (Datenshymatrix) so zu sortieren dass die Haumlufigkeiten aller Typen erst zu- und dann wieder abnehmen Wie man sieht bedeutet das graphisch dass sich die Haumlufigkeiten so dicht wie moumlglich entlang der Diagonale der Tabelle konzentrieren muumlssen - anders ausgedruumlckt muss die Korrelation der Werte in den Zellen maximal werden Das ist mathematisch nicht besonders schwierig bei einer groszligen Zahl von Befunden und Typen jedoch ohne Hilfe eines Computers nicht durchfuumlhrbar21

Als steirisches Beispiel dient hier die pionierhafte Aufarbeitung des roumlmerzeitshylichen Graumlberfeldes von Gleisdorf durch Wolfgang Artnern bdquoDas Buch ist fuumlr den Provinzialarchaumlologen ein Muss aber auch dem an der fruumlheren Landesgeschichte Interessierten nachdruumlcklich zu empfehlen23

Radiographie Computertomographie und Materialuntersuchungen24

Bereits zwei Jahre nach der Entdeckung der Roumlntgenstrahlen 1895 wurden die durchdringenden Eigenschaften der Strahlen erstmals zur Untersuchung von Kunstshywerken eingesetzt Der Vorteil der Roumlntgenuntersuchung liegt auf der Hand Das Kunstwerk oder der archaumlologische Fund bleiben bei der Analyse frei von Zerstoumlrunshygen es ist nicht noumltig Materialproben zu entnehmen

An steirischem Fundmaterial werden vielfaumlltige Untersuchungen vorgenommen teilweise im Zuge der Konservierung und Restaurierung (z B Roumlntgen- oder CT-Aufnahmen) teilweise zur Feststellung der Funktionsweise Materialbeschaffenhcit

Ein universelles Software-Paket fuumlr Seriation Korrespondenzanalyse Harris-Matrix Kartieshyrungen etc findet sich unter htlpwwwuni-koelnde~al001basphtmldownload httpwwwuni-tuebingendeutglehrveranstaltungencaa_ws0001kurs004html Wolfgang ARINER Die provinzialroumlmischen Graumlber von Gleisdorf in der Oststeiermark Mit eishynem Beitrag von Reinhold Wcdenig (= Mitteilungen der Oumlsterreichischen Gesellschaft fuumlr Ur-und Fruumlhgeschichte XXXVIIIXXXIX) Wien 1994

23 Rezension von Bernhard HEBERT in ZHVSt 86 (1995) 386f 2J Andreas BECK Roumlntgenstrahlen in der Archaumlologie Konstanz 1996

141

GRIFFE QUER CT I n s t D r Staap flaquo l L oblaquon H SOIUTOH Mgt

10-FEB 1994 M WAGE i a n bull HF 2 10 gt ^ V W

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US

Computertomografische Aufnahme der Messer aus den Graumlbern F 83 und F124 vom spaumltantiken Graumlberfeld auf dem Frauen berg (Ulla Steinklauber Graumlberfeld Frauenberg 2002 76)

Soumllkpass Fragment einer Knotenfibel vom Mittellateneschema Umzeichnung vor der Konservierung Roumlntgenaufnahme und Zustand nach der Konservierung (Bernhard Hebert Soumllkpass 2003 69f)

142

Aumlquidistenz m

Betenmacherkogel Kupferzeitliche Houmlhensiedlung (Thomas Einwoumlgerer und Margit Linder Betenmacherkogel 2001 92)

(z B Metallurgie) oder Provenienz Im Zuge der Untersuchungen eines urgeschichtshylichen Brandopferplatzes auf dem Soumllkpass erleichterte eine Roumlntgenuntersuchung die fachgerechte Konservierung eines Fragmentes einer Knotenfibel vom Mittelshylateneschema25 Bei der Ausgrabung des spaumltantiken Graumlberfeldes auf dem Frauenshyberg kam die Computertomographie z B bei der Untersuchung von Grabbeigaben (Messern26) zum Einsatz

Bernhard HEBERT Archaumlologische Untersuchungen auf dem Soumllkpass Altwege ein hochalpincr urgeschichtlichcr Brandopferplatz und weitere Funde von der Steinzeit bis in die Moderne Mit Beitraumlgen von Thomas Einwoumlgerer Guumlnter Chrislandl Ursula Schachingcr und Maria Windshyholz-Konrad In Franz MANDL (Hg) Soumllkpass Ein 6000 Jahre alter Saumpfad uumlber die Alpen [] (= Mitteilungen der ANISA 2324 200203) Haus i E 2003 69f Ulla STEINKLAUBER [et al] Das spaumltantike Graumlberfeld auf dem Frauenberg bei Leibnitz Steiershymark (= FOuml Matcrialhefte Reihe A Heft 10) Wien 2002 76

143

Probenentnahme an einem Roumlmerstein im Lapidarium des Landesmuseums Joanneum (Foto BDA)

Marmore roumlmischer Bruumlche und Steindenkmaumller (Bernhard Hebert FWF-Projekt Marmore)

144

6

I

8 9

Weiters gelang der Nachweis dass Steingeshyraumlte von der kupferzeitlishychen Siedlung am Betenshymacherkogel bei Rosental (VB Voitsberg) aus Horn-stein gefertigt wurden der aus Bayern stammt womit entsprechende Handelsshyverbindungen nachgewieshysen sind bdquoDie Untershysuchung einer Auswahl von Rohmaterialien ershyfolgte durch A Binsteiner vom Bayerischen Landesshyamt fuumlr Denkmalpflege Er identifizierte - mit Ausshynahme eines alpinen Horn-steines und eines Quarzes - alle Auswahlstuumlcke als Jurahornsteine (Platten-hornsteine) aus der suumldshylichen Frankenalb Die meisten Stuumlcke waren nicht ausreichend typisch um sie einer der zahlreishychen Lokalitaumlten des Altshymuumlhltales zuzuweisen In einem Fall konnte er einen Typ Baiersdorf und in

zwei weiteren echten Baiersdorfer Plattenhornstein nachweisen Die Bestimmung der restlichen Rohmaterialen erfolgte nach makroskopischen Kriterien [] Neben den dominierenden Hornsteinen sind noch verschiedene Quarze haumlufiger vertreten seltener Quarzit und kieselreicher Kalk Bei einem weiteren Stuumlck duumlrfte es sich um einen zerschlagenen Amphibolithschiefer handeln28

In einem groszlig angelegten Forschungsprojekt29 wurden in den letzten Jahren die marmornen Roumlmersteine der Steiermark hinsichtlich ihres Materials untersucht Von

Kupferzeitliche Steingeraumlte vom Betenmacherkogel (Thomas Einwoumlgerer und Margit Linder Betenmacherkogel 2001 101)

2 Thomas EINWOOERER und Margit LINDFR Die kupferzeitliche Siedlung auf dem Betenmachershykogel in Rosental an der Kainach VB Voitsberg Steiennark In FOuml 402001 Wien 2002 91-113

s Ebd 93 Colloquium zum Abschluss des FWF-Projektes bdquoMarmore roumlmischer Bruumlche und Steindenkmaumlshy

ler in der Steiermark und in Stajerska Bundesdenkmalamt Graz 28 Februar 2004 Organisashytion Univ-Doz Dr Bernhard Hebert

145

den im neuen Lapidarium30 (Schloss Eggenberg) des Landesmuseums ausgestellten Steinen wurden ca 40 Prozent beprobt aus der ganzen Steiermark waren es etwa 200 Wir koumlnnen jetzt die einzelnen Monumente einzelnen Steinbruumlchen zuweisen wobei uumlberraschenderweise insgesamt aber besonders auch im unmittelbaren Beshyreich von Flavia Solva Material aus den offenbar sehr expansiven Bruumlchen von PohorjeBachern uumlberwiegt und weit auch uumlber den Landweg transportiert wurde31

ANTHROPOLOGIE ARCHAumlOZOOLOGIE UND ARCHAumlOBOTANIK

Archaumlologische Funde bestehen nicht nur aus Artefakten im eigentlichen Sinn sondern auch aus biologischen Uumlberresten die nicht wie mangels entsprechender Spezialisten oft geschehen beiseite gelegt werden duumlrfen Fast alle Grabungen benoumlshytigen diese Spezialisten aus den Faumlchern Anthropologie Archaumlozoologie und Archauml-obotanik bzw Pollenanalyse Die groumlszligte anthropologische Untersuchung der letzten Jahre war die der Skelette und Leichenbraumlnde des spaumltantiken Graumlberfeldes vom Frauenberg bei Leibnitz32 Neben vielen anderen die Lebensumstaumlnde und Bevoumllkeshyrungsstruktur erhellenden Daten konnten z B die aumlltesten bisher im Ostalpenraum bekannten kuumlnstlichen Schaumldeldeformationen festgestellt werden wie wir sie z B von Ostgermanen und Hunnen kennen

Mit der Archaumlozoologie bleiben wir am Frauenberg bei Leibnitz Derzeit laumluft ein archaumlologisch-archaumlozoologisches Forschungsprojekt zu einem bemerkenswerten Grabungsbefund einem mit tausenden Tier- und wenigen Menschenknochen und

Bindendeformation am Schaumldel aus Grab F 125 des spaumltantiken Graumlberfeldes am Frauenberg (Ulla Steinklauber Graumlberfeld Frauenberg 2002 579)

Erich HUDECZEK Die Roumlmersteinsammlung des Landesmuseums Joanneum Ein Fuumlhrer durch das Lapidarium Graz 2004 Bernhard HEBERT Zusammenfassung der Ergebnisse des FWF-Projektes bdquoMarmore roumlmischer Bruumlche und Steindenkmaumller in der Steiermark und in Stajerska Die Kurzfassung steht neben anderen Beitraumlgen als pdf-Datei unter bdquohttpwwwubi-erat-lupaorgsiteroemersteintreffen grazroemersteintreffenshtml als Download zur Verfuumlgung Vgl auch FOuml 432004 Wien 2005 (im Druck)

- Barbara SCHWEDER Anthropologie der Skelettrestc aus dem spaumltantiken Graumlberfeld auf dem Frauenberg bei Leibnitz Steiermark In Ulla STEINKLAUBER [et al] Das spaumltantike Graumlberfdd auf dem Frauenberg bei Leibnitz Steiermark (= FOuml Material hefte Reihe A Heft 10) Wien 2002411-581

146

Frauenberg bei Leibnitz Spaumltlatenezeitlicher Graben mit Tierknochenschicht (Georg Tiefengraber Heiligtum Frauenberg 1998 43)

Haferkoumlrner aus dem 12 Jahrhundert von der archaumlologischen Ausgrabung am Grazer Hauptplatz 2002 (Ruth Drescher-Schneider Ernaumlhrung im mittelalterlichen Graz 2003 56)

Pollenanalytische Untersuchung am Soumllkpass Prozentdiagramm der Baumlume und Straumlucher vom Spaumltneolithikum bis ins Hochmittelalter (vlnr) (Ruth Drescher-Schneider Brandopferplatz Soumllkpass 2003 100)

Opfergaben aus Keramik Metall und Glas verfuumlllten Graben eines spaumltlatenezeit-lichen Heiligtums Die Auswertung gerade der Tierknochen wird genaue Aufschluumlsse uumlber die Haustiere (v a Rinder und Pferde) aber auch uumlber das Opfergeschehen an diesem erst vor wenigen Jahren entdeckten zentralen Kultplatz ermoumlglichen33

Die Archaumlobotanik liefert wichtige Angaben uumlber Nahrungs- und Futtermittel und natuumlrlich die Kulturpflanzen selbst Solche koumlnnen wir etwa in den mittelalterlichen Haumlusern am spaumlteren Grazer Hauptplatz34 aus dem 12 Jh nachweisen aber auch einen starken Befall eines Getreidevorrats durch das giftige Mutterkorn35

Groszlige Bedeutung fuumlr die Rekonstruktion der Umwelt eines Grabungsplatzes hat die Pollenanalyse Die in den mit archaumlologischen Befunden korrelierbaren Schichshyten enthaltenen Pollen geben in ihrer Zusammensetzung Aufschluss uumlber den im Lauf der Jahrhunderte oder Jahrtausende schwankenden Pflanzenbestand am hochgelegeshynen Soumllkpass mit seinem praumlhistorischen Brandopferplatz etwa uumlber die Beweidung der Kleinregion zu verschiedenen Zeiten36 Auch das Auftreten von Pflanzen kann

33 Georg TIEFENGRABER und Christof GRILL Ein spaumltlatenezeitliches Heiligtum auf dem Frauenberg bei Leibnitz in der Steiermark () In Archaumlologisches Korrespondenzblatt 27 (1997) 601 ff -Georg TIEFENGRABER Ein spaumltlatenezeitliches Heiligtum am Frauenberg bei Leibnitz In Schild von Steier Beitraumlge zur steirischen Vor- und Fruumlhgeschichte und Muumlnzkunde Kleine Schriften 18 Graz 199843-54

34 Ulla STEINKLAUBER Die Grabungen am Grazer Hauptplatz 20012002 Abschlussbericht zum Projektende In FOuml 412002 Wien 2003 265-317

35 Ruth DRESCHER-SCHNEIDER Die pflanzliche Ernaumlhrung im mittelalterlichen Graz In Graz in Funden Archaumlologie in der Kulturhauptstadt Ausstellung im Stciermaumlrkischen Landesarchiv in Graz 9 Jaumlnner bis 14 Maumlrz 2003 (= Steiermaumlrkisches Landesarchiv Ausstellungsbegleiter Nr 2) Graz 2003 55-59

36 Ruth DRESCHER-SCHNEIDER Pollenanalytische Untersuchungen an einem Bodenprofil im Zusamshymenhang mit dem urgeschichtlichen Brandopferplatz auf dem Soumllkpass (1780 m NN Niedere Tauern Steiermark) In MANDL (Hg) Soumllkpass (wie Anm 25) 89-112

148

zur Datierung direkt beitragen Maispollen sollten nicht in mittelalterlichen oder aumllteren Schichten vorkommen Nuss und Wein nicht viel vor der Roumlmerzeit Die sehr aufwaumlndigen Untersuchungen haben naturgemaumlszlig die meist nur in feuchten Boumlden befriedigende Erhaltung der Pollen zur Voraussetzung37

Alle umweltrelevanten naturwissenschaftlichen Untersuchungen geben Informashytionen zu den auch in den letzten Jahrtausenden fuumlr Besiedlung und Bewirtschaftung entscheidenden Klimaschwankungen so wissen wir etwa dass in den Ostalpen Bronze- und Roumlmerzeit waumlrmer und trockener waren und somit gute Voraussetzunshygen fuumlr eine saisonale hochalpine Weidewirtschaft boten58

NATURWISSENSCHAFTLICHE DATIERUNGSMETHODEN39

Dendrochronologie

In anderen Regionen sehr bewaumlhrt hat sich die Dendrochronologie die Datierung von Holz anhand der Jahresringe deren klimabedingte Dickeschwankungen sich im Idealfall von heute bis zuruumlck in die Urgeschichte aneinanderreihen lassen Als Beshygruumlnder der Dendrochronologie gilt der amerikanische Astronom Andrew E Doug-lass (1867-1962) obwohl die Idee dazu uumlber mehrere heute weniger bekannte Nashyturbeobachter bis zu Leonardo da Vinci (1452-1519) zuruumlckverfolgbar ist der eine Verbindung zwischen der Witterung eines Jahres und der Breite des zugehoumlrigen Jahrringes von Baumlumen beschrieb Der Aufschwung der Dendrochronologie zu ihrer heutigen Bluumlte begann mit dem Siegeszug des Computers in den 1960er Jahren40

Aus anfangs wenigen Forschungszentren (1965 weltweit vielleicht nur fuumlnf Labore) hat sich die Dendrochronologie in drei bis vier Jahrzehnten in alle Winkel dieser Erde hinein ausgebreitet seit rund 20 Jahren sogar in die Waldregionen der Tropen und

Vgl auch Ruth DRESCHER-SCHNEIDER Ergebnisse derpollen- und groszligrestanalytischen Untersushychungen im Gebiet der Plankenalm Dachstein (Oumlsterreich) In Guumlnter CERWINKA und Franz MANDL (Hg) Dachstein Vier Jahrtausende Almen im Hochgebirge Bd 2 (= Mitt d ANISA 181997H 1-2) Haus i E 1998 46-61 - Ilse DRAXLER und Andreas LIPPFRT Pollenanalytishysche Daten und eine archaumlologische Bestandsaufnahme zur fruumlhen Siedlungsgeschichte im Geshybiet zwischen Raab und Mur (Oumlsterreich Slowenien Ungarn) [] In Geologie ohne Grenzen Festschrift 150 Jahre Geologische Bundesanstalt (= Abhandlungen der Geologischen Bundesshyanstalt Bd 561) Wien 1999 337-396 Franz MANDL Almen im Herzen Oumlsterreichs Dachsteingebirge Niedere Tauern Salzkammershygut Totes Gebirge Mit Beitraumlgen von Herta Mandl-Neumann und Gernot Patzelt Haus i E 2003 - Herta MANDL-NEUMANN und Franz MANDL Dachstein-Tauern-Region Blicke in Verganshygenheit und Gegenwart (= Mitt d ANISA 222001 H 1-2) Haus i ETemitz 2001 Eine Uumlbersicht bietet Diether KRAumlMER Vom Umgang mit der Vergangenheit In Spannungsfeld Altstadttiergarage Stadtplanung Stadtarchaumlologie (= Schild von Steier Kleine Schriften 20) Graz 2004 65-75 U SASS-KLAASSEN Dendroarchaeology success in the past and challenges for the future In Dendrochronologia 20 (2002) 87-93 (Weiterfuumlhrende Literatur siehe httpwwwbfafhde inst442dendrohtm)

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Subtropen wo bis dahin die Auffassung vorherrschte hier sei Dendrochronologie prinzipiell unmoumlglich

Die biologische Gegebenheit der Jahr fuumlr Jahr unterschiedlichen Auspraumlgung von Jahresringen bdquoist entscheidend fuumlr die dendrochronologische Altersbestimmung eishynes Holzes Falls naumlmlich die Jahrringmuster zweier Houmllzer untereinander eine groszlige Aumlhnlichkeit aufweisen ist der Ruumlckschluss erlaubt dass die Baumlume denen sie entshystammen zur gleichen Zeit gelebt haben (relative Datierung) Ist eines der beiden Jahrringmuster bereits datiert dann ist auch die Entstehungszeit des anderen Musters bestimmbar (absolute Datierung) Fuumlr die Altersbestimmung von Holz ist daher stets eine datierte Vergleichsjahrringfolge fuumlr die in Frage stehende Baumart Region und Zeit erforderlich Eine derartige Datierungsgrundlage (Jahrringkalender oder Stanshydardchronologie) geht von den Jahrringfolgen lebender Baumlume aus denn nur die koumlnnen zunaumlchst jahrgenau fixiert werden Diese Jahrringfolgen werden mit den Jahrringfolgen verbauten Holzes uumlber die Zeitspanne gemeinsamen Lebens verzahnt und daruumlber hinaus jahrgenau in die Vergangenheit verlaumlngert Durch die Uumlberlapshypung mit den Jahresringen zunehmend aumllteren Holzes wird schrittweise ein endloser Baum konstruiert41

So konnten etwa die Faumllldaten von uumlber ein Moor verlegten Bohlen einer Roumlmershystraszlige in Tirol jahrgenau bestimmt werden42 Zwei Voraussetzungen muumlssen gegeben sein in ausreichender Dicke erhaltenes Holz und eine fuumlr die jeweilige Klimaregion bekannte und uumlberpruumlfte bdquoKurve der Dickeschwankungen in welche die jeweils erhaltene Sequenz einzupassen ist Beides trifft ftir den Suumldostalpenrand derzeit nicht wirklich zu In den steirischen Alpen im Dachsteingebiet ist es zumindest gelungen eine zusammenhaumlngende Kurve mit aus einem Gebirgssee geborgenen Houmllzern bis in das Fruumlhmittelalter zu gewinnen bdquoDer Zusammenhang von Temperatur und Baumshywachstum ermoumlglicht es aus Jahrringchronologien das Klima von Jahrhunderten aus denen keine instrumenteilen Aufzeichnungen vorliegen zu rekonstruieren Mit dem Ziel eine moumlglichst lange Jahrringchronologie zum Zwecke der Klimarekonsshytruktion zu erstellen wurden in den Jahren 1998 und 1999 stehende Baumlume und subfossile Staumlmme aus einem See auf dem Dachsteinplateau in der Obersteiermark beprobt Die resultierenden Chronologien reichen bis ins 5 Jahrhundert mehrere undatierte schwimmende Chronologien wuumlrden bei einer Schlieszligung der Luumlcken eine mindestens 4000-jaumlhrige Chronologie ergeben Bis ins Jahr 750 ist die Chronoshylogie bereits so gut belegt dass Klimarekonstruktionen gerechnet werden koumlnnen Das Ergebnis der Rekonstruktion stimmt gut mit publizierten Arbeiten aus Skandinashyvien und Sibirien uumlberein und zeigt dass die Erwaumlrmung im 20 Jahrhundert gerade noch innerhalb der Variabilitaumlt waumlhrend der letzten 1250 Jahre liegt43

41 V PINGEL und A HAUPTMANN (Hg) Archaumlometrie 2003 (zitiert nach dem Auszug in http wwwbfafhdeinst442dendrohtm)

K NicoLussi Die Bauhoumllzer der Via Claudia Augusta bei Leermoos (Tirol) In Elisabeth WALDE (Hg) Neue Forschungen zur Via Claudia Augusta Innsbruck 1998 113-145

43 Michael GRABNER und Wolfgang GINDL Neue Jahrringchronologien vom Dachstein Eine 1250-jaumlhrige Rekonstruktion der Sommertemperatur In Alpen - Archaumlologie - Felsbildforschung (= Mitt d ANISA 212000 H 1-2) Haus i E 2000 20-30 (bes 20)

150

Hingewiesen sei freilich darauf dass die Dendrochronologie in Oumlsterreich44 einen gewissen Nachholbedarf aufweist wie es die diesbezuumlglichen deutschen und Schweishyzer Forschungen beweisen45

Radiokarbondatierung

Naturwissenschaftliche Datierungsmethoden haben wesentliche Fortschritte in der zeitlichen Zuordnung einzelner Befunde aber auch ganzer (archaumlologischer) Kulmren gebracht Deren wichtigste die von dem amerikanischen Chemiker Willard Frank Libby und seinen Mitarbeitern seit 1947 entwickelte Radiokarbondatierung (bdquoC 14-Datierung) wird routinemaumlszligig immer dann angewendet wenn die eigentshylichen archaumlologischen Methoden wie Typologie und Vergleich und Vergesellschafshytung von Funden keine oder nur unsichere Einordnungen erlauben Verwendbar ist jedes organische Material Holz Holzkohle Knochen usw aber auch organisch anshygereicherte Bodensedimente da mit dem Tod jedes Lebewesens der gesetzmaumlszligige

Zerfall des zu Lebzeiten aufgenommenen natuumlrlich in der Atmosphaumlre vorhanshydenen radioaktiven Kohlen-stoffisotops (l4C) beginnt

Durch Stoffwechselproshyzesse bleibt das Niveau von Kohlenstoff 14 in einem leshybenden Organismus in konshystantem Gleichgewicht mit dem Niveau der Atmosphaumlre oder des Meeres Mit dem Tod des Organismus beginnt Kohlenstoff 14 mit einer konstanten Geschwindigshykeit (Halbwertszeit) zu zershyfallen der Kohlenstoff wird dann nicht mehr durch das Kohlendioxid in der Atmosshyphaumlre ersetzt Der schnelle Zerfall von Kohlenstoff 14 begrenzt im Allgemeinen

Holzbehaumlltnis mit den Gebeinen der heiligen Beatrix Mariahof (Foto BDA)

44 Rupert WIMMER und Michael GRABNER Standardchronologien in Oumlsterreich als Basis fuumlr die dendrochronologische Datierung In Archaumlologie Oumlsterreichs 92 (1998) 79-85

45 Vgl B BECKER Jahrringkalender Mitteleuropas In B BECKERA BILLAMBOZH EGGERP GASSMANNA ORCELC ORCELU RUOFF Dendrochronologie in der Ur- und Fruumlhgeschichte Basel 1985 8-29

152

CALIBRATION OF RADIOCARBON AGE TP CALENDAR YEARS (Variables C 1 3C 12=-195lab mult=l)

Laboratory number Beta-165758

Conventional radiocarbon age 1340plusmn40 BP

2 Sigma calibrated result Cal AD 640 to 770 (Cal BP 1310 to 1180) (95 probability)

Intercept data

Intercept of radiocarbon age with calibration curve Cal AD 670 (Cal BP 1280)

1 Sigma calibrated result Cal AD 660 to 690 (Cal BP 1290 to 1260) (68 probability)

References Datsbase ased

Calibration Databass Editorial Comment

Shtlver M van der Flicht H 1998 Radiocarbon 40(3) pxit-xi INTCAL98 Radiocarbon Age Calibration

Stuiver M et al 1998 Radiocarbon 40(3) pI041-083 Mathematics A Simplifted Approach to Calibrating C14Dates

Talma 4 S Vogel J C 1993 Radiocarbon 35(2) p31 -322

Beta Ana ly t ic Inc Florida 33155 USA Tel (305) 66~ 516 - Fax (305) 663 0964 E-Mail belaQradiL

Radiokarbondaten zur Untersuchung der Gebeine der bdquo heiligen Beatrix Mariahof (Foto BDA)

den Datierungszeitraum auf ungefaumlhr 50000 Jahre in manchen Faumlllen kann er bis 70000 Jahre erweitert werden Die Unsicherheit bei der Messung erhoumlht sich mit dem Alter der Probe

Die Genauigkeit der Messung haumlngt aber u a von der zugrunde gelegten Halbshywertszeit und von Schwankungen in den Kohlenstoff-14-Niveaus der Atmosphaumlre ab Die Zeitskala mit radioaktivem Kohlenstoff enthaumllt aber auch noch andere Un-

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Sicherheiten Das groumlszligte Problem ist die Verunreinigung nach der Ablagerung die durch einsickerndes Grundwasser durch Einlagerung von aumllterem oder juumlngerem Kohlenstoff sowie durch Kontamination bei der Probennahme oder im Labor zustanshyde kommt

In den letzten Jahren war mit Hilfe der 14 C-Methode etwa zu verifizieren dass ein bei Woumlrterberg (Burgenland) aus der Lafnitz geborgenes Holzfass46 tatsaumlchlich roumlmerzeitlich ist oder dass in der Pfarrkirche von Mariahof aufbewahrte Gebeine welche die lokale Tradition einer (nicht kanonisierten) bdquoheiligen Beatrix47 zushyschreibt uumlberraschenderweise fruumlhmittelalterlich (um 670 n Chr) sind

Radiokarbondaten koumlnnen nur mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit die in Pushyblikationen auch zitiert werden sollte einen Zeitraum angeben und sind daher nie punktgenau aber jedenfalls ernst zu nehmen Dass sie durch welche Gegebenheiten auch immer tatsaumlchlich einmal falsch sein sollten muumlsste im Einzelfall erst penibel nachgewiesen werden

Abschlieszligend sei noch darauf hingewiesen dass auch in diesem Bereich immer mehr Informationen online uumlber PC verfuumlgbar werden so existiert zum Beispiel eine frei zugaumlngliche Datenbank mitteleuropaumlischer 14 C-Daten fuumlr das Neolithikum und die fruumlhe Bronzezeit48

In sehr fruumlhen Abschnitten der Urgeschichte bzw Palaumlontologie und Geologie muss man sich anderer radioaktiver Elemente bedienen die folgend kurz vorgestellt werden

Thermolu mineszenz4lt)

Die Thermoluminiszenz dient ausschlieszliglich der Datierung von Keramikfunden Die in der Keramik eingeschlossenen radioaktiven Spuren verbinden sich mit den Kernen von Heliumatomen Erhitzt man Proben dieser Keramik werden diese Atomshykerne wieder freigesetzt wobei sie aufgluumlhen (Thermoluminiszenz) Die Intensitaumlt

Bernhard HEBERT [Fundbericht] in FOuml 422003 Wien 2004 703f Leopold SciiMim Die Volkserzaumlhlung Maumlrchen Sage Legende Schwank Berlin 1963 2541T In gekuumlrzter Form erschienen in Neue Chronik zur Geschichte und Volkskunde der inneroumlstershyreichischen Alpenlaumlnder Nr 46 Beilage zur Suumldost-Tagespost Graz 6 Juli 1957 1 sowie in J REICHFNPI-ADER 900 Jahre Pfarre Mariahof Ecclesia Grazluppa 1066-1966 Mariahof 1966 -7-29 - Walter BRUNNERBernhard HFuERTSusanne LEHNER Ein neuer Flechtwerkstein und die Gebeine der bdquoheiligen Beatrix Uumlberlegungen zum Fruumlhmittelalter in Mariahof In MStLA 5253(2004) 65-101

Gratis zugaumlnglich unter httpwwwjungsteinsitederadonradonhtm G A WAGNERS GREILICHA KADEREIT Lumineszenzdaticrung - Kaltes Leuchten erhellt die Vergangenheit In Physik in unserer Zeit 344 (2004) 160-166 - U RIESERJ HABERMANNG A WAGNER Lummescence dating a new high sensitive TLOSL emission spectrometer In Quatern Geochronol 18 (1999) 311-315 - Th SCHIUESA LANGJ HABERMANNU RIESER Improved Single aliquot dating applications using a new highly efficient modular luminescence reader In Radiation Protection Dosimetry 84 (1999) 363-366 - J HABERMANN Untersuchunshygen zur Lumineszenzdatierung von Gesteinsoberflaumlchen Heidelberg 2000 [Phil Diss ]

Aufsluumlhens gibt Aufschluss uumlber die Dauer waumlhrend der die Atomkerne auf-ornmen wurden und ermoumlglicht so die Datierung der Keramikprobe

Kalium-Argon-Methode

Mit dem Zerfall von radioaktivem Kalium 40 zu Argon 40 und Calcium 40 koumlnshynen Gesteine mit einem Alter von 200 bis 800 Millionen Jahren (mit Argon) bzw von eins bis zwei Milliarden Jahren (mit Calcium) datiert werden Kalium 40 kommt weit verbreitet in haumlufigen gesteinsbildenden Mineralien wie Glimmern Feldspaumlten und Hornblenden vor Problematisch ist das Entweichen von Argon wenn das Gestein Temperaturen uumlber 125 Grad C ausgesetzt war denn dadurch wird das Messergebnis verfaumllscht

Rubidium-Strontium-Methode

Mit dieser sehr genauen und zuverlaumlssigen Methode koumlnnen die aumlltesten Gesteine datiert werden Sie basiert auf dem Zerfall von Rubidium 87 zu Strontium 87 und wird haumlufig auch dafuumlr eingesetzt um Kali um-Argon-Datierungen zu uumlberpruumlfen da sich Strontium bei geringer Erwaumlrmung nicht verfluumlchtigt wie es bei Argon der Fall ist

Methoden mit Thorium 230 und Blei50

Thorium-Methoden eignen sich zur Datierung von Meeressedimenten Das Uran im Meerwasser zerfaumlllt in das Thoriumisotop Thorium 230 (lonium) das sich in die Sedimente auf dem Meeresgrund einlagert Thorium 230 ist ein Glied der Zerfallsshyreihe von Uran 238 es besitzt eine Halbwertszeit von 80000 Jahren Protactinium 231 das von Uran 235 abgeleitet ist hat eine Halbwertszeit von 34300 Jahren

Das Blei-Alpha-Alter wird bestimmt indem man den Gesamtbleigehalt und die Alphateilchenaktivitaumlt (Uran-Thorium-Gehalt) von Zirkon- Monazit- oder Xenotim-konzentraten spektrometrisch bestimmt Die Uran-Blei-Methode basiert auf dem rashydioaktiven Zerfall von Uran 238 in Blei 206 und von Uran 235 in Blei 207 Mit den Zerfallsgeschwindigkeiten fuumlr Thorium 232 bis Blei 208 kann man drei voneinander unabhaumlngige Altersangaben fuumlr die gleiche Probe erhalten Die ermittelten Blei-206-und Blei-207-Verhaumlltnisse koumlnnen in das so genannte Blei-Blei-Alter umgewandelt werden Die Methode wird am haumlufigsten fuumlr Proben aus dem Praumlkambrium benutzt Als Nebenprodukt der Uran-Thorium-Blei-Altersbestimmung kann zusaumltzlich ein

R MALLICK Entwicklung der Mikrobeprobung zur ThU-Datierung und Anwendung an quartauml-ren Travertinen aus dem Thuumlringer Becken Heidelberg 2000 [Phil Diss]

155

Eingang zur Repolusthoumlhle 1955 Dipl-lng Hermann Bock Dr Karl Murban Alois Pracher Karl Denk Konrad Hofer (v r n I) (Foto LMJ)

Proben-Nr

Uh 1265

Uh 1266

Uh 1267

Uh 1268

Uh1269

Inventar-Nr

77284 Knochen

76143 A Knochen

76260 Knochen

77281 Knochen

76137 Knochen

Uran-Genalt (ppm)

2667 r 0024

1000 0017

0464 plusmn0016

8475

plusmn0141

5580 plusmn0122

Thorium-Gehalt (ppm)

0163 plusmn 0024

0256 TO011

0006 1OOO6

1970 10040

1039 -0021

U-234 Th-230 Th-230

U-238 Th-232 U-234

1211 +0034

1216 plusmn0021

1754 z 0069

1182 +0014

1038 plusmn0021

23 plusmn 3

9 plusmn 0

143 i100

14 i 0

17 T 0

UTh-Alter UTh-Alter (ka) korr (ka)

unkorr f = 10 t 00

0385 plusmn0012

0589 TO010

0327 plusmn0011

0915 plusmn0013

1007 plusmn0020

519 = 21

932 i 2 7

417 i 17 2299

501 i 21

858 + 28

414 plusmn 1-7 2236

133-117 134-11

gt330 Mirdestalter

Uran-Thorium-Datierung der fossilen Houmlhlenbaumlrenknochen aus der Repolusthoumlhle

(GeraldFuchs-JoumlrgFuumlrnholzer-FlorianA Fladerer Repolusthoumlhle 1999 163)

156

Uran-Uran-Alter51 das aus dem Verhaumlltnis Uran 235 zu Uran 238 abgeleitet wird berechnet werden52

Die selten verwendete Uran-Thorium-Methode wurde im Jahre 1997 zur Datieshyrung fossiler Houmlhlenbaumlrenknochen aus der bekannten Repolusthoumlhle noumlrdlich von Peagau herangezogen53 Die Houmlhle wurde in den Jahren 1947 bis 1955 ergraben in einer Zeit als sowohl verfeinerte stratigrafische Beobachtungen als auch alle naturshywissenschaftlichen Datierungsmethoden unbekannt waren Rein typologische Zuordshynungen der atypischen Steingeraumlte schienen auch nicht auszureichen Die Uran-Tho-num-Untersuchungen fuumlhrten zum Ergebnis dass die Sedimente der Repolusthoumlhle in einem Zeitraum von mehr als 200000 Jahren abgelagert worden waren womit die Houmlhle nicht nur als aumlltester Fundplatz der Steiermark sondern auch als einer der aumlltesten Mitteleuropas bestaumltigt wurde54

Die hier nur ausschnitthaft anhand steirischer Beispiele vorgestellten vielfaumlltigen Methoden lassen erkennen wie sehr die moderne Archaumlologie als interdisziplinaumlre Teamarheit auf andere Fachgebiete auf stets sich weiter entwickelnde Techniken und deren Anwendungen angewiesen ist Dieser Prozess wird sicherlich weitergehen und eine verstaumlrkte Offenheit und Methodendiskussion55 erfordern 1999 wurde in Heishydelberg die bdquoGesellschaft der Naturwissenschaftlichen Archaumlometrie zum Zweck des Einsatzes und der Entwicklung naturwissenschaftlicher Methoden zur Loumlsung kulturwissenschaftlicher und historischer Fragestellungen - in Forschung und Lehre - gegruumlndet Dies schlieszligt die faumlcheruumlbergreifende Mitwirkung der Biowissenschafshyten Chemie Geowissenschaften und Physik von naturwissenschaftlicher Seite sowie der archaumlologischen Disziplinen Kunstgeschichte Denkmalpflege und Restaurieshyrung von kulturhistorischer Seite ein Hingewiesen sei auf eine Reihe wissenschaftshylicher Veroumlffentlichungen sowie sachbezogene Oumlffentlichkeitsarbeit dieser Gesellshyschaft56

51 R MALLICKN FRANKA MANUumlINIG A WAGNER Anwendung der Uranreihen-Mikroproben-

_ datierung an quartaumlren Travertinverfahren In Prehistoria Thuringia 4 (2000) 95-100 v Vgl http^wwwregiosurfnetgeographiephygeoaltbestihtml Die Untersuchungen wurden von Mebus A Geyh vom Niedersaumlchsischen Landesamt fuumlr Bodenshy

forschung Hannover durchgefuumlhrt Gerald FUCHS - Joumlrg FUumlRNHOLZER - Florian A FLAUERER Untersuchungen zur Fundschicht-

^ bildung in der Repolusthoumlhle Steiermark In FOuml 371998 Wien 1999 143-172 Wer sich fuumlr die Theorie- und Methodendiskussion in der Archaumlologie interessiert sei auf die Website der Theorie-AG (httpwwwtheorie-agde) verwiesen die sich mit den theoretischen ProblemenFragestellungen in der archaumlologischen Forschung beschaumlftigt Neben der Moumlglichshykeit zur Diskussion findet man Buch- Tagungs- und Ausstellungshinweise Tagungsberichte Buchrezensionen und einiges mehr Archaumlometrisches Nachrichtenblatt hg v d Gesellschaft der Naturwissenschaftlichen Archaumloshylogie Heidelberg (Homepage httpwwwarchaeometriede)

157

fuumlr Ur- und Fruumlhgeschichte die Ausstellung bdquoLuftbild und Archaumlologie Man konnshyte dabei instruktive Luftbilder aus Sizilien Afrika etc bestaunen jedoch kein einzishyges aus der Steiermark

Die Luftbildarchaumlologie wird seit einigen Jahren bei mehreren Projekten zur arshychaumlologischen Prospektion fuumlr Groszligbauvorhaben und fuumlr die Dokumentation von Bodendenkmalen eingesetzt als neuestes Beispiel seien die begleitenden Prospekshytionen bei der Errichtung der Koralmbahn im Abschnitt Werndorf - Deutschlandsshyberg genannt2

Phosphatmethode1 3

Die von Seiten der Geographie entwickelte Phosphatmethode hat zum Ziel Phosshyphatanreicherungen im Boden aufzuspuumlren Diese resultieren aus den Ausscheidungsshyprodukten und Oberresten von Mensch und Tier Durch diese Methode sind vor allem Siedlungen lokalisierbar Phosphatanreicherungen finden sich in Form von bdquoLeichenshyschatten zuweilen auch als einziger Nachweis von Bestattungen Oberflaumlchenbodenshyproben selbst groumlszligerer Areale koumlnnen in kurzer Zeit analysiert und auch quantitativ fuumlr den Nachweis von Siedlungsniederschlag ausgewertet werden - und zwar so gut wie unverfaumllscht durch zwischenzeitliche Duumlngemaszlignahmen der Landwirtschaft14

GRABUNG DOKUMENTATION FUNDE

Stratigrafie Harris-Matrix15

Bei Grabungstechnik und Fundmaterialbearbeitung also Kernbereichen der Arshychaumlologie selbst haben sich in den letzten Jahren auch in Oumlsterreich Standards durchshygesetzt die weit uumlber das hinausgehen was den Studierenden bis in die Achtziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts vermittelt wurde Bei Grabungen ist das Haupt-

Walter MODRIJAN Luftbild und Archaumlologie Ausstellung bdquoLuftbild und Archaumlologie in Graz im Jaumlnner 1966 veranstaltet vom Landesmuseum Joanneum in Zusammenarbeit mit dem Franzoumlshysischen Kulturinstitut und der Oumlsterreichischen Arbeitsgemeinschaft fuumlr Ur- und Fruumlhgeschichshyte (= Schild von Steier Kleine Schriften 4) Graz 1966

12 Gerald FucHsGerhard HARERIrmengard KAiNzKlaus-Michael SCHNEIDER Ein Modellfall fuumlr die Zusammenarbeit zwischen Planung und archaumlologischer Denkmalpflege am Beispiel der Koralmbahn Graz-Klagenfurt im Abschnitt Werndorf-Deutschlandsberg In FOuml 361997 Wien 1998 269-280 - Zur Luftbildarchaumlologie in Oumlsterreich vgl auch httpwwwunivieacab Luftbildarchivindexhtm

13 Reinhard ZOumlLITZ Bodenchemische Untersuchungen im Bereich vor- und fruumlhgeschichtlicher Siedlungen In Schriften des Naturwissenschaftlichen Vereins Schleswig-Holstein 53 (1983) 33-57 - DERS Gebaumludenutzung im Spiegel von Phosphatwerten Naturwissenschaftliche Beishytraumlge zur archaumlologischen Hausforschung (Rezensionsartikel) In Siedlungsforschung 5 (Bonn 1987) 219-225

14 Guumlnter P FEHRINUuml Die Archaumlologie des Mittelalters Eine Einfuumlhrung Darmstadt 2000 31 15 Edward C HARRIS Principles of Archaeological Stratigraphy London and San Diego 1989

136

Rassach roumlmerzeitlicher Grabhuumlgel (BDA Bildarchiv)

laquo 1 0 0 -

WOO-i -

u

raquo 0 0 -

Profil U - U

2

100 127 128

1

^ ouml e

Rassach Harris Matrix (BDA Bildarchiv)

137

augenmerk auf eine sehr genaue (oft EDV-gestuumltzte16) dreidimensionale und mit den Kleinfunden verknuumlpfte Dokumentation und vor allem auf eine moumlglichst fehlerfreie Trennung und Identifizierung von Schichten zu legen Erst die eindeutig nachvollshyziehbare Zuordnung von Funden zu einzelnen Schichten deren Abgrenzung Abfolge und Genese naturgemaumlszlig waumlhrend der Grabung erkannt werden muumlssen erlaubt geshysicherte und nachvollziehbare Datierungen und Angaben von Ablaumlufen

Als archaumlologische Stratigrafie17 bezeichnet man die in einem vertikalen Schichtshyprofil feststellbare Abfolge von Straten die durch natuumlrliche Ablagerungen und Einshygriffe (Graben Schacht Brunnen Pfostenloch Planierung Verftillung etc) entstanshyden ist Die zeitliche Einordnung von in der Flaumlche ergrabenen Objekten kann durch das Verhaumlltnis dieser Schichten zueinander relativ bestimmt werden

Die grafische Darstellung der durchnummerierten Schichten (stratigrafischen Einheiten) mit den aus ihnen stammenden Funden erfolgt meist in der nach ihrem bdquoErfinder so genannten Harris-Matrix die stammbaumaumlhnlich die Abfolge aller archaumlologisch fassbaren Strukturen festhaumllt und damit eine sehr detaillierte relative Chronologie ergibt

Die archaumlologische Stratigraphie (Beschreibung einer Schichtenfolge) beruht auf einer Reihe fundamentaler Axiome oder Gesetze Alle archaumlologischen Fundstellen zeigen eine Stratigraphie18

Vor allem bei Siedlungsgrabungen aber auch bei einem komplexen Graumlberfeld wie zuletzt bei dem von Gerald Fuchs und Christoph Hinker untersuchten in Rasshysach19 ist ein derartiges Vorgehen das auch hohe Anforderungen an die manuell arshybeitenden Mitarbeiter setzt unverzichtbar Waumlren einmal die Schichten und damit die Funde vermischt ist die Aussagekraumlftigkeit des Befundes wesentlich herabgesetzt Dass Schichten meist nicht eben und gleichmaumlszligig verlaufen und Grabungen daher nicht wie der Erzberg mit seinen einigermaszligen gleichmaumlszligigen Abbaustufen aussehen sollten braucht nicht betont zu werden

Seriation

Bei der Auswertung des oft zahlenmaumlszligig gewaltigen Fundmaterials dessen Ershyfassung Evidenthaltung und Verwaltung ohne EDV ohnedies undenkbar waumlre wer-

16 Zum Thema der EDV und ihrer Anwendung in der Archaumlologie (bdquoGrabungstechnik und Prosshypektion bdquoEDV-Anwendungen bdquoE-Publishing bdquoDatenbanken bdquoRecht und Gesetz bdquoWoumlrshyterbuumlcher und Sonstiges) vgl die vorbildliche Uumlbersicht auf httpwwwarchaeologischde linkswerkzeughtmledv

17 Auch auf dem Gebiet der Stratifikationsanalyse leistet die EDV mittlerweile hervorragende Dienste Hinzuweisen ist hier unbedingt auf das von Irmela Herzog entwickelte und auf Winshydows basierende EDV-Programm bdquoStratify (neue Version von bdquoWinBasp) Der Download des Programms ist kostenlos httpwwwstratiryprivatt-onlinede

18 Vgl httpwwwnhm-wienacatNHMPrehistStadlerLVASQAMQAM-Harris-Matrixhtml 19 Gerald FUCHS und Christoph HINKER Fruumlhe Befunde im Randbereich des roumlmerzeitlichen Huumlshy

gelgraumlberfeldes Rassach (VB Deutschlandsberg Steiermark) Mit Beitraumlgen von Thomas Ein-woumlgerer Ruth Drescher-Schneider und Silvia Renhart In FOuml 422003 Wien 2004 113-163 - Christoph HINKER Die norisch-pannonischen Huumlgelgraumlberfelder von Rassach und Tanzels-dorf Steiermark In FOuml 412002 Wien 2003 167-201

138

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Provinzialroumlmisches Graumlberfeld Gleisdorf Typentafel der Vorratsgefaumlszlige und groszligen Toumlpfe (Wolfgang Artner Gleisdorf 1994 13)

140

den zunehmend statistische Methoden angewandt Eigene Programme20 erlauben etwa die Seriation von Funden die z B durch ihre Zugehoumlrigkeit zu verschiedenen Graumlbern eines Graumlberfeldes und die Zugehoumlrigkeit zu verschiedenen (formalen) Typen verschraumlnkt und rechnerisch oder grafisch in eine in sich stimmige chronoshylogische Abfolge gebracht werden koumlnnen

Von Menschenhand geschaffene Gegenstaumlnde lassen sich in Typen zusammenfasshysen die unterschiedliche Laufzeiten haben In archaumlologischen Befunden kommen sie dann mit verschiedenen Haumlufigkeiten vor Damit die Seriation funktioniert muumlsshysen sich die Verwendungszeiten einiger Typen uumlberschneiden

bdquoSchreibt man die Haumlufigkeiten der Vorkommen der Typen A B C D in den Befunden 1234 in die Zellen einer Tabelle mit den Befunden in den Zeilen und den Typen in den Spalten sind die Typenhaumlufigkeiten in den Zellen bei unbekannter zeitlicher Abfolge zunaumlchst unregelmaumlszligig uumlber die Tabelle verteilt Die Aufgabe bei der Seriation besteht nun nur noch darin die Zeilen und Spalten der Tabelle (Datenshymatrix) so zu sortieren dass die Haumlufigkeiten aller Typen erst zu- und dann wieder abnehmen Wie man sieht bedeutet das graphisch dass sich die Haumlufigkeiten so dicht wie moumlglich entlang der Diagonale der Tabelle konzentrieren muumlssen - anders ausgedruumlckt muss die Korrelation der Werte in den Zellen maximal werden Das ist mathematisch nicht besonders schwierig bei einer groszligen Zahl von Befunden und Typen jedoch ohne Hilfe eines Computers nicht durchfuumlhrbar21

Als steirisches Beispiel dient hier die pionierhafte Aufarbeitung des roumlmerzeitshylichen Graumlberfeldes von Gleisdorf durch Wolfgang Artnern bdquoDas Buch ist fuumlr den Provinzialarchaumlologen ein Muss aber auch dem an der fruumlheren Landesgeschichte Interessierten nachdruumlcklich zu empfehlen23

Radiographie Computertomographie und Materialuntersuchungen24

Bereits zwei Jahre nach der Entdeckung der Roumlntgenstrahlen 1895 wurden die durchdringenden Eigenschaften der Strahlen erstmals zur Untersuchung von Kunstshywerken eingesetzt Der Vorteil der Roumlntgenuntersuchung liegt auf der Hand Das Kunstwerk oder der archaumlologische Fund bleiben bei der Analyse frei von Zerstoumlrunshygen es ist nicht noumltig Materialproben zu entnehmen

An steirischem Fundmaterial werden vielfaumlltige Untersuchungen vorgenommen teilweise im Zuge der Konservierung und Restaurierung (z B Roumlntgen- oder CT-Aufnahmen) teilweise zur Feststellung der Funktionsweise Materialbeschaffenhcit

Ein universelles Software-Paket fuumlr Seriation Korrespondenzanalyse Harris-Matrix Kartieshyrungen etc findet sich unter htlpwwwuni-koelnde~al001basphtmldownload httpwwwuni-tuebingendeutglehrveranstaltungencaa_ws0001kurs004html Wolfgang ARINER Die provinzialroumlmischen Graumlber von Gleisdorf in der Oststeiermark Mit eishynem Beitrag von Reinhold Wcdenig (= Mitteilungen der Oumlsterreichischen Gesellschaft fuumlr Ur-und Fruumlhgeschichte XXXVIIIXXXIX) Wien 1994

23 Rezension von Bernhard HEBERT in ZHVSt 86 (1995) 386f 2J Andreas BECK Roumlntgenstrahlen in der Archaumlologie Konstanz 1996

141

GRIFFE QUER CT I n s t D r Staap flaquo l L oblaquon H SOIUTOH Mgt

10-FEB 1994 M WAGE i a n bull HF 2 10 gt ^ V W

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Computertomografische Aufnahme der Messer aus den Graumlbern F 83 und F124 vom spaumltantiken Graumlberfeld auf dem Frauen berg (Ulla Steinklauber Graumlberfeld Frauenberg 2002 76)

Soumllkpass Fragment einer Knotenfibel vom Mittellateneschema Umzeichnung vor der Konservierung Roumlntgenaufnahme und Zustand nach der Konservierung (Bernhard Hebert Soumllkpass 2003 69f)

142

Aumlquidistenz m

Betenmacherkogel Kupferzeitliche Houmlhensiedlung (Thomas Einwoumlgerer und Margit Linder Betenmacherkogel 2001 92)

(z B Metallurgie) oder Provenienz Im Zuge der Untersuchungen eines urgeschichtshylichen Brandopferplatzes auf dem Soumllkpass erleichterte eine Roumlntgenuntersuchung die fachgerechte Konservierung eines Fragmentes einer Knotenfibel vom Mittelshylateneschema25 Bei der Ausgrabung des spaumltantiken Graumlberfeldes auf dem Frauenshyberg kam die Computertomographie z B bei der Untersuchung von Grabbeigaben (Messern26) zum Einsatz

Bernhard HEBERT Archaumlologische Untersuchungen auf dem Soumllkpass Altwege ein hochalpincr urgeschichtlichcr Brandopferplatz und weitere Funde von der Steinzeit bis in die Moderne Mit Beitraumlgen von Thomas Einwoumlgerer Guumlnter Chrislandl Ursula Schachingcr und Maria Windshyholz-Konrad In Franz MANDL (Hg) Soumllkpass Ein 6000 Jahre alter Saumpfad uumlber die Alpen [] (= Mitteilungen der ANISA 2324 200203) Haus i E 2003 69f Ulla STEINKLAUBER [et al] Das spaumltantike Graumlberfeld auf dem Frauenberg bei Leibnitz Steiershymark (= FOuml Matcrialhefte Reihe A Heft 10) Wien 2002 76

143

Probenentnahme an einem Roumlmerstein im Lapidarium des Landesmuseums Joanneum (Foto BDA)

Marmore roumlmischer Bruumlche und Steindenkmaumller (Bernhard Hebert FWF-Projekt Marmore)

144

6

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8 9

Weiters gelang der Nachweis dass Steingeshyraumlte von der kupferzeitlishychen Siedlung am Betenshymacherkogel bei Rosental (VB Voitsberg) aus Horn-stein gefertigt wurden der aus Bayern stammt womit entsprechende Handelsshyverbindungen nachgewieshysen sind bdquoDie Untershysuchung einer Auswahl von Rohmaterialien ershyfolgte durch A Binsteiner vom Bayerischen Landesshyamt fuumlr Denkmalpflege Er identifizierte - mit Ausshynahme eines alpinen Horn-steines und eines Quarzes - alle Auswahlstuumlcke als Jurahornsteine (Platten-hornsteine) aus der suumldshylichen Frankenalb Die meisten Stuumlcke waren nicht ausreichend typisch um sie einer der zahlreishychen Lokalitaumlten des Altshymuumlhltales zuzuweisen In einem Fall konnte er einen Typ Baiersdorf und in

zwei weiteren echten Baiersdorfer Plattenhornstein nachweisen Die Bestimmung der restlichen Rohmaterialen erfolgte nach makroskopischen Kriterien [] Neben den dominierenden Hornsteinen sind noch verschiedene Quarze haumlufiger vertreten seltener Quarzit und kieselreicher Kalk Bei einem weiteren Stuumlck duumlrfte es sich um einen zerschlagenen Amphibolithschiefer handeln28

In einem groszlig angelegten Forschungsprojekt29 wurden in den letzten Jahren die marmornen Roumlmersteine der Steiermark hinsichtlich ihres Materials untersucht Von

Kupferzeitliche Steingeraumlte vom Betenmacherkogel (Thomas Einwoumlgerer und Margit Linder Betenmacherkogel 2001 101)

2 Thomas EINWOOERER und Margit LINDFR Die kupferzeitliche Siedlung auf dem Betenmachershykogel in Rosental an der Kainach VB Voitsberg Steiennark In FOuml 402001 Wien 2002 91-113

s Ebd 93 Colloquium zum Abschluss des FWF-Projektes bdquoMarmore roumlmischer Bruumlche und Steindenkmaumlshy

ler in der Steiermark und in Stajerska Bundesdenkmalamt Graz 28 Februar 2004 Organisashytion Univ-Doz Dr Bernhard Hebert

145

den im neuen Lapidarium30 (Schloss Eggenberg) des Landesmuseums ausgestellten Steinen wurden ca 40 Prozent beprobt aus der ganzen Steiermark waren es etwa 200 Wir koumlnnen jetzt die einzelnen Monumente einzelnen Steinbruumlchen zuweisen wobei uumlberraschenderweise insgesamt aber besonders auch im unmittelbaren Beshyreich von Flavia Solva Material aus den offenbar sehr expansiven Bruumlchen von PohorjeBachern uumlberwiegt und weit auch uumlber den Landweg transportiert wurde31

ANTHROPOLOGIE ARCHAumlOZOOLOGIE UND ARCHAumlOBOTANIK

Archaumlologische Funde bestehen nicht nur aus Artefakten im eigentlichen Sinn sondern auch aus biologischen Uumlberresten die nicht wie mangels entsprechender Spezialisten oft geschehen beiseite gelegt werden duumlrfen Fast alle Grabungen benoumlshytigen diese Spezialisten aus den Faumlchern Anthropologie Archaumlozoologie und Archauml-obotanik bzw Pollenanalyse Die groumlszligte anthropologische Untersuchung der letzten Jahre war die der Skelette und Leichenbraumlnde des spaumltantiken Graumlberfeldes vom Frauenberg bei Leibnitz32 Neben vielen anderen die Lebensumstaumlnde und Bevoumllkeshyrungsstruktur erhellenden Daten konnten z B die aumlltesten bisher im Ostalpenraum bekannten kuumlnstlichen Schaumldeldeformationen festgestellt werden wie wir sie z B von Ostgermanen und Hunnen kennen

Mit der Archaumlozoologie bleiben wir am Frauenberg bei Leibnitz Derzeit laumluft ein archaumlologisch-archaumlozoologisches Forschungsprojekt zu einem bemerkenswerten Grabungsbefund einem mit tausenden Tier- und wenigen Menschenknochen und

Bindendeformation am Schaumldel aus Grab F 125 des spaumltantiken Graumlberfeldes am Frauenberg (Ulla Steinklauber Graumlberfeld Frauenberg 2002 579)

Erich HUDECZEK Die Roumlmersteinsammlung des Landesmuseums Joanneum Ein Fuumlhrer durch das Lapidarium Graz 2004 Bernhard HEBERT Zusammenfassung der Ergebnisse des FWF-Projektes bdquoMarmore roumlmischer Bruumlche und Steindenkmaumller in der Steiermark und in Stajerska Die Kurzfassung steht neben anderen Beitraumlgen als pdf-Datei unter bdquohttpwwwubi-erat-lupaorgsiteroemersteintreffen grazroemersteintreffenshtml als Download zur Verfuumlgung Vgl auch FOuml 432004 Wien 2005 (im Druck)

- Barbara SCHWEDER Anthropologie der Skelettrestc aus dem spaumltantiken Graumlberfeld auf dem Frauenberg bei Leibnitz Steiermark In Ulla STEINKLAUBER [et al] Das spaumltantike Graumlberfdd auf dem Frauenberg bei Leibnitz Steiermark (= FOuml Material hefte Reihe A Heft 10) Wien 2002411-581

146

Frauenberg bei Leibnitz Spaumltlatenezeitlicher Graben mit Tierknochenschicht (Georg Tiefengraber Heiligtum Frauenberg 1998 43)

Haferkoumlrner aus dem 12 Jahrhundert von der archaumlologischen Ausgrabung am Grazer Hauptplatz 2002 (Ruth Drescher-Schneider Ernaumlhrung im mittelalterlichen Graz 2003 56)

Pollenanalytische Untersuchung am Soumllkpass Prozentdiagramm der Baumlume und Straumlucher vom Spaumltneolithikum bis ins Hochmittelalter (vlnr) (Ruth Drescher-Schneider Brandopferplatz Soumllkpass 2003 100)

Opfergaben aus Keramik Metall und Glas verfuumlllten Graben eines spaumltlatenezeit-lichen Heiligtums Die Auswertung gerade der Tierknochen wird genaue Aufschluumlsse uumlber die Haustiere (v a Rinder und Pferde) aber auch uumlber das Opfergeschehen an diesem erst vor wenigen Jahren entdeckten zentralen Kultplatz ermoumlglichen33

Die Archaumlobotanik liefert wichtige Angaben uumlber Nahrungs- und Futtermittel und natuumlrlich die Kulturpflanzen selbst Solche koumlnnen wir etwa in den mittelalterlichen Haumlusern am spaumlteren Grazer Hauptplatz34 aus dem 12 Jh nachweisen aber auch einen starken Befall eines Getreidevorrats durch das giftige Mutterkorn35

Groszlige Bedeutung fuumlr die Rekonstruktion der Umwelt eines Grabungsplatzes hat die Pollenanalyse Die in den mit archaumlologischen Befunden korrelierbaren Schichshyten enthaltenen Pollen geben in ihrer Zusammensetzung Aufschluss uumlber den im Lauf der Jahrhunderte oder Jahrtausende schwankenden Pflanzenbestand am hochgelegeshynen Soumllkpass mit seinem praumlhistorischen Brandopferplatz etwa uumlber die Beweidung der Kleinregion zu verschiedenen Zeiten36 Auch das Auftreten von Pflanzen kann

33 Georg TIEFENGRABER und Christof GRILL Ein spaumltlatenezeitliches Heiligtum auf dem Frauenberg bei Leibnitz in der Steiermark () In Archaumlologisches Korrespondenzblatt 27 (1997) 601 ff -Georg TIEFENGRABER Ein spaumltlatenezeitliches Heiligtum am Frauenberg bei Leibnitz In Schild von Steier Beitraumlge zur steirischen Vor- und Fruumlhgeschichte und Muumlnzkunde Kleine Schriften 18 Graz 199843-54

34 Ulla STEINKLAUBER Die Grabungen am Grazer Hauptplatz 20012002 Abschlussbericht zum Projektende In FOuml 412002 Wien 2003 265-317

35 Ruth DRESCHER-SCHNEIDER Die pflanzliche Ernaumlhrung im mittelalterlichen Graz In Graz in Funden Archaumlologie in der Kulturhauptstadt Ausstellung im Stciermaumlrkischen Landesarchiv in Graz 9 Jaumlnner bis 14 Maumlrz 2003 (= Steiermaumlrkisches Landesarchiv Ausstellungsbegleiter Nr 2) Graz 2003 55-59

36 Ruth DRESCHER-SCHNEIDER Pollenanalytische Untersuchungen an einem Bodenprofil im Zusamshymenhang mit dem urgeschichtlichen Brandopferplatz auf dem Soumllkpass (1780 m NN Niedere Tauern Steiermark) In MANDL (Hg) Soumllkpass (wie Anm 25) 89-112

148

zur Datierung direkt beitragen Maispollen sollten nicht in mittelalterlichen oder aumllteren Schichten vorkommen Nuss und Wein nicht viel vor der Roumlmerzeit Die sehr aufwaumlndigen Untersuchungen haben naturgemaumlszlig die meist nur in feuchten Boumlden befriedigende Erhaltung der Pollen zur Voraussetzung37

Alle umweltrelevanten naturwissenschaftlichen Untersuchungen geben Informashytionen zu den auch in den letzten Jahrtausenden fuumlr Besiedlung und Bewirtschaftung entscheidenden Klimaschwankungen so wissen wir etwa dass in den Ostalpen Bronze- und Roumlmerzeit waumlrmer und trockener waren und somit gute Voraussetzunshygen fuumlr eine saisonale hochalpine Weidewirtschaft boten58

NATURWISSENSCHAFTLICHE DATIERUNGSMETHODEN39

Dendrochronologie

In anderen Regionen sehr bewaumlhrt hat sich die Dendrochronologie die Datierung von Holz anhand der Jahresringe deren klimabedingte Dickeschwankungen sich im Idealfall von heute bis zuruumlck in die Urgeschichte aneinanderreihen lassen Als Beshygruumlnder der Dendrochronologie gilt der amerikanische Astronom Andrew E Doug-lass (1867-1962) obwohl die Idee dazu uumlber mehrere heute weniger bekannte Nashyturbeobachter bis zu Leonardo da Vinci (1452-1519) zuruumlckverfolgbar ist der eine Verbindung zwischen der Witterung eines Jahres und der Breite des zugehoumlrigen Jahrringes von Baumlumen beschrieb Der Aufschwung der Dendrochronologie zu ihrer heutigen Bluumlte begann mit dem Siegeszug des Computers in den 1960er Jahren40

Aus anfangs wenigen Forschungszentren (1965 weltweit vielleicht nur fuumlnf Labore) hat sich die Dendrochronologie in drei bis vier Jahrzehnten in alle Winkel dieser Erde hinein ausgebreitet seit rund 20 Jahren sogar in die Waldregionen der Tropen und

Vgl auch Ruth DRESCHER-SCHNEIDER Ergebnisse derpollen- und groszligrestanalytischen Untersushychungen im Gebiet der Plankenalm Dachstein (Oumlsterreich) In Guumlnter CERWINKA und Franz MANDL (Hg) Dachstein Vier Jahrtausende Almen im Hochgebirge Bd 2 (= Mitt d ANISA 181997H 1-2) Haus i E 1998 46-61 - Ilse DRAXLER und Andreas LIPPFRT Pollenanalytishysche Daten und eine archaumlologische Bestandsaufnahme zur fruumlhen Siedlungsgeschichte im Geshybiet zwischen Raab und Mur (Oumlsterreich Slowenien Ungarn) [] In Geologie ohne Grenzen Festschrift 150 Jahre Geologische Bundesanstalt (= Abhandlungen der Geologischen Bundesshyanstalt Bd 561) Wien 1999 337-396 Franz MANDL Almen im Herzen Oumlsterreichs Dachsteingebirge Niedere Tauern Salzkammershygut Totes Gebirge Mit Beitraumlgen von Herta Mandl-Neumann und Gernot Patzelt Haus i E 2003 - Herta MANDL-NEUMANN und Franz MANDL Dachstein-Tauern-Region Blicke in Verganshygenheit und Gegenwart (= Mitt d ANISA 222001 H 1-2) Haus i ETemitz 2001 Eine Uumlbersicht bietet Diether KRAumlMER Vom Umgang mit der Vergangenheit In Spannungsfeld Altstadttiergarage Stadtplanung Stadtarchaumlologie (= Schild von Steier Kleine Schriften 20) Graz 2004 65-75 U SASS-KLAASSEN Dendroarchaeology success in the past and challenges for the future In Dendrochronologia 20 (2002) 87-93 (Weiterfuumlhrende Literatur siehe httpwwwbfafhde inst442dendrohtm)

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Subtropen wo bis dahin die Auffassung vorherrschte hier sei Dendrochronologie prinzipiell unmoumlglich

Die biologische Gegebenheit der Jahr fuumlr Jahr unterschiedlichen Auspraumlgung von Jahresringen bdquoist entscheidend fuumlr die dendrochronologische Altersbestimmung eishynes Holzes Falls naumlmlich die Jahrringmuster zweier Houmllzer untereinander eine groszlige Aumlhnlichkeit aufweisen ist der Ruumlckschluss erlaubt dass die Baumlume denen sie entshystammen zur gleichen Zeit gelebt haben (relative Datierung) Ist eines der beiden Jahrringmuster bereits datiert dann ist auch die Entstehungszeit des anderen Musters bestimmbar (absolute Datierung) Fuumlr die Altersbestimmung von Holz ist daher stets eine datierte Vergleichsjahrringfolge fuumlr die in Frage stehende Baumart Region und Zeit erforderlich Eine derartige Datierungsgrundlage (Jahrringkalender oder Stanshydardchronologie) geht von den Jahrringfolgen lebender Baumlume aus denn nur die koumlnnen zunaumlchst jahrgenau fixiert werden Diese Jahrringfolgen werden mit den Jahrringfolgen verbauten Holzes uumlber die Zeitspanne gemeinsamen Lebens verzahnt und daruumlber hinaus jahrgenau in die Vergangenheit verlaumlngert Durch die Uumlberlapshypung mit den Jahresringen zunehmend aumllteren Holzes wird schrittweise ein endloser Baum konstruiert41

So konnten etwa die Faumllldaten von uumlber ein Moor verlegten Bohlen einer Roumlmershystraszlige in Tirol jahrgenau bestimmt werden42 Zwei Voraussetzungen muumlssen gegeben sein in ausreichender Dicke erhaltenes Holz und eine fuumlr die jeweilige Klimaregion bekannte und uumlberpruumlfte bdquoKurve der Dickeschwankungen in welche die jeweils erhaltene Sequenz einzupassen ist Beides trifft ftir den Suumldostalpenrand derzeit nicht wirklich zu In den steirischen Alpen im Dachsteingebiet ist es zumindest gelungen eine zusammenhaumlngende Kurve mit aus einem Gebirgssee geborgenen Houmllzern bis in das Fruumlhmittelalter zu gewinnen bdquoDer Zusammenhang von Temperatur und Baumshywachstum ermoumlglicht es aus Jahrringchronologien das Klima von Jahrhunderten aus denen keine instrumenteilen Aufzeichnungen vorliegen zu rekonstruieren Mit dem Ziel eine moumlglichst lange Jahrringchronologie zum Zwecke der Klimarekonsshytruktion zu erstellen wurden in den Jahren 1998 und 1999 stehende Baumlume und subfossile Staumlmme aus einem See auf dem Dachsteinplateau in der Obersteiermark beprobt Die resultierenden Chronologien reichen bis ins 5 Jahrhundert mehrere undatierte schwimmende Chronologien wuumlrden bei einer Schlieszligung der Luumlcken eine mindestens 4000-jaumlhrige Chronologie ergeben Bis ins Jahr 750 ist die Chronoshylogie bereits so gut belegt dass Klimarekonstruktionen gerechnet werden koumlnnen Das Ergebnis der Rekonstruktion stimmt gut mit publizierten Arbeiten aus Skandinashyvien und Sibirien uumlberein und zeigt dass die Erwaumlrmung im 20 Jahrhundert gerade noch innerhalb der Variabilitaumlt waumlhrend der letzten 1250 Jahre liegt43

41 V PINGEL und A HAUPTMANN (Hg) Archaumlometrie 2003 (zitiert nach dem Auszug in http wwwbfafhdeinst442dendrohtm)

K NicoLussi Die Bauhoumllzer der Via Claudia Augusta bei Leermoos (Tirol) In Elisabeth WALDE (Hg) Neue Forschungen zur Via Claudia Augusta Innsbruck 1998 113-145

43 Michael GRABNER und Wolfgang GINDL Neue Jahrringchronologien vom Dachstein Eine 1250-jaumlhrige Rekonstruktion der Sommertemperatur In Alpen - Archaumlologie - Felsbildforschung (= Mitt d ANISA 212000 H 1-2) Haus i E 2000 20-30 (bes 20)

150

Hingewiesen sei freilich darauf dass die Dendrochronologie in Oumlsterreich44 einen gewissen Nachholbedarf aufweist wie es die diesbezuumlglichen deutschen und Schweishyzer Forschungen beweisen45

Radiokarbondatierung

Naturwissenschaftliche Datierungsmethoden haben wesentliche Fortschritte in der zeitlichen Zuordnung einzelner Befunde aber auch ganzer (archaumlologischer) Kulmren gebracht Deren wichtigste die von dem amerikanischen Chemiker Willard Frank Libby und seinen Mitarbeitern seit 1947 entwickelte Radiokarbondatierung (bdquoC 14-Datierung) wird routinemaumlszligig immer dann angewendet wenn die eigentshylichen archaumlologischen Methoden wie Typologie und Vergleich und Vergesellschafshytung von Funden keine oder nur unsichere Einordnungen erlauben Verwendbar ist jedes organische Material Holz Holzkohle Knochen usw aber auch organisch anshygereicherte Bodensedimente da mit dem Tod jedes Lebewesens der gesetzmaumlszligige

Zerfall des zu Lebzeiten aufgenommenen natuumlrlich in der Atmosphaumlre vorhanshydenen radioaktiven Kohlen-stoffisotops (l4C) beginnt

Durch Stoffwechselproshyzesse bleibt das Niveau von Kohlenstoff 14 in einem leshybenden Organismus in konshystantem Gleichgewicht mit dem Niveau der Atmosphaumlre oder des Meeres Mit dem Tod des Organismus beginnt Kohlenstoff 14 mit einer konstanten Geschwindigshykeit (Halbwertszeit) zu zershyfallen der Kohlenstoff wird dann nicht mehr durch das Kohlendioxid in der Atmosshyphaumlre ersetzt Der schnelle Zerfall von Kohlenstoff 14 begrenzt im Allgemeinen

Holzbehaumlltnis mit den Gebeinen der heiligen Beatrix Mariahof (Foto BDA)

44 Rupert WIMMER und Michael GRABNER Standardchronologien in Oumlsterreich als Basis fuumlr die dendrochronologische Datierung In Archaumlologie Oumlsterreichs 92 (1998) 79-85

45 Vgl B BECKER Jahrringkalender Mitteleuropas In B BECKERA BILLAMBOZH EGGERP GASSMANNA ORCELC ORCELU RUOFF Dendrochronologie in der Ur- und Fruumlhgeschichte Basel 1985 8-29

152

CALIBRATION OF RADIOCARBON AGE TP CALENDAR YEARS (Variables C 1 3C 12=-195lab mult=l)

Laboratory number Beta-165758

Conventional radiocarbon age 1340plusmn40 BP

2 Sigma calibrated result Cal AD 640 to 770 (Cal BP 1310 to 1180) (95 probability)

Intercept data

Intercept of radiocarbon age with calibration curve Cal AD 670 (Cal BP 1280)

1 Sigma calibrated result Cal AD 660 to 690 (Cal BP 1290 to 1260) (68 probability)

References Datsbase ased

Calibration Databass Editorial Comment

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Talma 4 S Vogel J C 1993 Radiocarbon 35(2) p31 -322

Beta Ana ly t ic Inc Florida 33155 USA Tel (305) 66~ 516 - Fax (305) 663 0964 E-Mail belaQradiL

Radiokarbondaten zur Untersuchung der Gebeine der bdquo heiligen Beatrix Mariahof (Foto BDA)

den Datierungszeitraum auf ungefaumlhr 50000 Jahre in manchen Faumlllen kann er bis 70000 Jahre erweitert werden Die Unsicherheit bei der Messung erhoumlht sich mit dem Alter der Probe

Die Genauigkeit der Messung haumlngt aber u a von der zugrunde gelegten Halbshywertszeit und von Schwankungen in den Kohlenstoff-14-Niveaus der Atmosphaumlre ab Die Zeitskala mit radioaktivem Kohlenstoff enthaumllt aber auch noch andere Un-

153

Sicherheiten Das groumlszligte Problem ist die Verunreinigung nach der Ablagerung die durch einsickerndes Grundwasser durch Einlagerung von aumllterem oder juumlngerem Kohlenstoff sowie durch Kontamination bei der Probennahme oder im Labor zustanshyde kommt

In den letzten Jahren war mit Hilfe der 14 C-Methode etwa zu verifizieren dass ein bei Woumlrterberg (Burgenland) aus der Lafnitz geborgenes Holzfass46 tatsaumlchlich roumlmerzeitlich ist oder dass in der Pfarrkirche von Mariahof aufbewahrte Gebeine welche die lokale Tradition einer (nicht kanonisierten) bdquoheiligen Beatrix47 zushyschreibt uumlberraschenderweise fruumlhmittelalterlich (um 670 n Chr) sind

Radiokarbondaten koumlnnen nur mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit die in Pushyblikationen auch zitiert werden sollte einen Zeitraum angeben und sind daher nie punktgenau aber jedenfalls ernst zu nehmen Dass sie durch welche Gegebenheiten auch immer tatsaumlchlich einmal falsch sein sollten muumlsste im Einzelfall erst penibel nachgewiesen werden

Abschlieszligend sei noch darauf hingewiesen dass auch in diesem Bereich immer mehr Informationen online uumlber PC verfuumlgbar werden so existiert zum Beispiel eine frei zugaumlngliche Datenbank mitteleuropaumlischer 14 C-Daten fuumlr das Neolithikum und die fruumlhe Bronzezeit48

In sehr fruumlhen Abschnitten der Urgeschichte bzw Palaumlontologie und Geologie muss man sich anderer radioaktiver Elemente bedienen die folgend kurz vorgestellt werden

Thermolu mineszenz4lt)

Die Thermoluminiszenz dient ausschlieszliglich der Datierung von Keramikfunden Die in der Keramik eingeschlossenen radioaktiven Spuren verbinden sich mit den Kernen von Heliumatomen Erhitzt man Proben dieser Keramik werden diese Atomshykerne wieder freigesetzt wobei sie aufgluumlhen (Thermoluminiszenz) Die Intensitaumlt

Bernhard HEBERT [Fundbericht] in FOuml 422003 Wien 2004 703f Leopold SciiMim Die Volkserzaumlhlung Maumlrchen Sage Legende Schwank Berlin 1963 2541T In gekuumlrzter Form erschienen in Neue Chronik zur Geschichte und Volkskunde der inneroumlstershyreichischen Alpenlaumlnder Nr 46 Beilage zur Suumldost-Tagespost Graz 6 Juli 1957 1 sowie in J REICHFNPI-ADER 900 Jahre Pfarre Mariahof Ecclesia Grazluppa 1066-1966 Mariahof 1966 -7-29 - Walter BRUNNERBernhard HFuERTSusanne LEHNER Ein neuer Flechtwerkstein und die Gebeine der bdquoheiligen Beatrix Uumlberlegungen zum Fruumlhmittelalter in Mariahof In MStLA 5253(2004) 65-101

Gratis zugaumlnglich unter httpwwwjungsteinsitederadonradonhtm G A WAGNERS GREILICHA KADEREIT Lumineszenzdaticrung - Kaltes Leuchten erhellt die Vergangenheit In Physik in unserer Zeit 344 (2004) 160-166 - U RIESERJ HABERMANNG A WAGNER Lummescence dating a new high sensitive TLOSL emission spectrometer In Quatern Geochronol 18 (1999) 311-315 - Th SCHIUESA LANGJ HABERMANNU RIESER Improved Single aliquot dating applications using a new highly efficient modular luminescence reader In Radiation Protection Dosimetry 84 (1999) 363-366 - J HABERMANN Untersuchunshygen zur Lumineszenzdatierung von Gesteinsoberflaumlchen Heidelberg 2000 [Phil Diss ]

Aufsluumlhens gibt Aufschluss uumlber die Dauer waumlhrend der die Atomkerne auf-ornmen wurden und ermoumlglicht so die Datierung der Keramikprobe

Kalium-Argon-Methode

Mit dem Zerfall von radioaktivem Kalium 40 zu Argon 40 und Calcium 40 koumlnshynen Gesteine mit einem Alter von 200 bis 800 Millionen Jahren (mit Argon) bzw von eins bis zwei Milliarden Jahren (mit Calcium) datiert werden Kalium 40 kommt weit verbreitet in haumlufigen gesteinsbildenden Mineralien wie Glimmern Feldspaumlten und Hornblenden vor Problematisch ist das Entweichen von Argon wenn das Gestein Temperaturen uumlber 125 Grad C ausgesetzt war denn dadurch wird das Messergebnis verfaumllscht

Rubidium-Strontium-Methode

Mit dieser sehr genauen und zuverlaumlssigen Methode koumlnnen die aumlltesten Gesteine datiert werden Sie basiert auf dem Zerfall von Rubidium 87 zu Strontium 87 und wird haumlufig auch dafuumlr eingesetzt um Kali um-Argon-Datierungen zu uumlberpruumlfen da sich Strontium bei geringer Erwaumlrmung nicht verfluumlchtigt wie es bei Argon der Fall ist

Methoden mit Thorium 230 und Blei50

Thorium-Methoden eignen sich zur Datierung von Meeressedimenten Das Uran im Meerwasser zerfaumlllt in das Thoriumisotop Thorium 230 (lonium) das sich in die Sedimente auf dem Meeresgrund einlagert Thorium 230 ist ein Glied der Zerfallsshyreihe von Uran 238 es besitzt eine Halbwertszeit von 80000 Jahren Protactinium 231 das von Uran 235 abgeleitet ist hat eine Halbwertszeit von 34300 Jahren

Das Blei-Alpha-Alter wird bestimmt indem man den Gesamtbleigehalt und die Alphateilchenaktivitaumlt (Uran-Thorium-Gehalt) von Zirkon- Monazit- oder Xenotim-konzentraten spektrometrisch bestimmt Die Uran-Blei-Methode basiert auf dem rashydioaktiven Zerfall von Uran 238 in Blei 206 und von Uran 235 in Blei 207 Mit den Zerfallsgeschwindigkeiten fuumlr Thorium 232 bis Blei 208 kann man drei voneinander unabhaumlngige Altersangaben fuumlr die gleiche Probe erhalten Die ermittelten Blei-206-und Blei-207-Verhaumlltnisse koumlnnen in das so genannte Blei-Blei-Alter umgewandelt werden Die Methode wird am haumlufigsten fuumlr Proben aus dem Praumlkambrium benutzt Als Nebenprodukt der Uran-Thorium-Blei-Altersbestimmung kann zusaumltzlich ein

R MALLICK Entwicklung der Mikrobeprobung zur ThU-Datierung und Anwendung an quartauml-ren Travertinen aus dem Thuumlringer Becken Heidelberg 2000 [Phil Diss]

155

Eingang zur Repolusthoumlhle 1955 Dipl-lng Hermann Bock Dr Karl Murban Alois Pracher Karl Denk Konrad Hofer (v r n I) (Foto LMJ)

Proben-Nr

Uh 1265

Uh 1266

Uh 1267

Uh 1268

Uh1269

Inventar-Nr

77284 Knochen

76143 A Knochen

76260 Knochen

77281 Knochen

76137 Knochen

Uran-Genalt (ppm)

2667 r 0024

1000 0017

0464 plusmn0016

8475

plusmn0141

5580 plusmn0122

Thorium-Gehalt (ppm)

0163 plusmn 0024

0256 TO011

0006 1OOO6

1970 10040

1039 -0021

U-234 Th-230 Th-230

U-238 Th-232 U-234

1211 +0034

1216 plusmn0021

1754 z 0069

1182 +0014

1038 plusmn0021

23 plusmn 3

9 plusmn 0

143 i100

14 i 0

17 T 0

UTh-Alter UTh-Alter (ka) korr (ka)

unkorr f = 10 t 00

0385 plusmn0012

0589 TO010

0327 plusmn0011

0915 plusmn0013

1007 plusmn0020

519 = 21

932 i 2 7

417 i 17 2299

501 i 21

858 + 28

414 plusmn 1-7 2236

133-117 134-11

gt330 Mirdestalter

Uran-Thorium-Datierung der fossilen Houmlhlenbaumlrenknochen aus der Repolusthoumlhle

(GeraldFuchs-JoumlrgFuumlrnholzer-FlorianA Fladerer Repolusthoumlhle 1999 163)

156

Uran-Uran-Alter51 das aus dem Verhaumlltnis Uran 235 zu Uran 238 abgeleitet wird berechnet werden52

Die selten verwendete Uran-Thorium-Methode wurde im Jahre 1997 zur Datieshyrung fossiler Houmlhlenbaumlrenknochen aus der bekannten Repolusthoumlhle noumlrdlich von Peagau herangezogen53 Die Houmlhle wurde in den Jahren 1947 bis 1955 ergraben in einer Zeit als sowohl verfeinerte stratigrafische Beobachtungen als auch alle naturshywissenschaftlichen Datierungsmethoden unbekannt waren Rein typologische Zuordshynungen der atypischen Steingeraumlte schienen auch nicht auszureichen Die Uran-Tho-num-Untersuchungen fuumlhrten zum Ergebnis dass die Sedimente der Repolusthoumlhle in einem Zeitraum von mehr als 200000 Jahren abgelagert worden waren womit die Houmlhle nicht nur als aumlltester Fundplatz der Steiermark sondern auch als einer der aumlltesten Mitteleuropas bestaumltigt wurde54

Die hier nur ausschnitthaft anhand steirischer Beispiele vorgestellten vielfaumlltigen Methoden lassen erkennen wie sehr die moderne Archaumlologie als interdisziplinaumlre Teamarheit auf andere Fachgebiete auf stets sich weiter entwickelnde Techniken und deren Anwendungen angewiesen ist Dieser Prozess wird sicherlich weitergehen und eine verstaumlrkte Offenheit und Methodendiskussion55 erfordern 1999 wurde in Heishydelberg die bdquoGesellschaft der Naturwissenschaftlichen Archaumlometrie zum Zweck des Einsatzes und der Entwicklung naturwissenschaftlicher Methoden zur Loumlsung kulturwissenschaftlicher und historischer Fragestellungen - in Forschung und Lehre - gegruumlndet Dies schlieszligt die faumlcheruumlbergreifende Mitwirkung der Biowissenschafshyten Chemie Geowissenschaften und Physik von naturwissenschaftlicher Seite sowie der archaumlologischen Disziplinen Kunstgeschichte Denkmalpflege und Restaurieshyrung von kulturhistorischer Seite ein Hingewiesen sei auf eine Reihe wissenschaftshylicher Veroumlffentlichungen sowie sachbezogene Oumlffentlichkeitsarbeit dieser Gesellshyschaft56

51 R MALLICKN FRANKA MANUumlINIG A WAGNER Anwendung der Uranreihen-Mikroproben-

_ datierung an quartaumlren Travertinverfahren In Prehistoria Thuringia 4 (2000) 95-100 v Vgl http^wwwregiosurfnetgeographiephygeoaltbestihtml Die Untersuchungen wurden von Mebus A Geyh vom Niedersaumlchsischen Landesamt fuumlr Bodenshy

forschung Hannover durchgefuumlhrt Gerald FUCHS - Joumlrg FUumlRNHOLZER - Florian A FLAUERER Untersuchungen zur Fundschicht-

^ bildung in der Repolusthoumlhle Steiermark In FOuml 371998 Wien 1999 143-172 Wer sich fuumlr die Theorie- und Methodendiskussion in der Archaumlologie interessiert sei auf die Website der Theorie-AG (httpwwwtheorie-agde) verwiesen die sich mit den theoretischen ProblemenFragestellungen in der archaumlologischen Forschung beschaumlftigt Neben der Moumlglichshykeit zur Diskussion findet man Buch- Tagungs- und Ausstellungshinweise Tagungsberichte Buchrezensionen und einiges mehr Archaumlometrisches Nachrichtenblatt hg v d Gesellschaft der Naturwissenschaftlichen Archaumloshylogie Heidelberg (Homepage httpwwwarchaeometriede)

157

augenmerk auf eine sehr genaue (oft EDV-gestuumltzte16) dreidimensionale und mit den Kleinfunden verknuumlpfte Dokumentation und vor allem auf eine moumlglichst fehlerfreie Trennung und Identifizierung von Schichten zu legen Erst die eindeutig nachvollshyziehbare Zuordnung von Funden zu einzelnen Schichten deren Abgrenzung Abfolge und Genese naturgemaumlszlig waumlhrend der Grabung erkannt werden muumlssen erlaubt geshysicherte und nachvollziehbare Datierungen und Angaben von Ablaumlufen

Als archaumlologische Stratigrafie17 bezeichnet man die in einem vertikalen Schichtshyprofil feststellbare Abfolge von Straten die durch natuumlrliche Ablagerungen und Einshygriffe (Graben Schacht Brunnen Pfostenloch Planierung Verftillung etc) entstanshyden ist Die zeitliche Einordnung von in der Flaumlche ergrabenen Objekten kann durch das Verhaumlltnis dieser Schichten zueinander relativ bestimmt werden

Die grafische Darstellung der durchnummerierten Schichten (stratigrafischen Einheiten) mit den aus ihnen stammenden Funden erfolgt meist in der nach ihrem bdquoErfinder so genannten Harris-Matrix die stammbaumaumlhnlich die Abfolge aller archaumlologisch fassbaren Strukturen festhaumllt und damit eine sehr detaillierte relative Chronologie ergibt

Die archaumlologische Stratigraphie (Beschreibung einer Schichtenfolge) beruht auf einer Reihe fundamentaler Axiome oder Gesetze Alle archaumlologischen Fundstellen zeigen eine Stratigraphie18

Vor allem bei Siedlungsgrabungen aber auch bei einem komplexen Graumlberfeld wie zuletzt bei dem von Gerald Fuchs und Christoph Hinker untersuchten in Rasshysach19 ist ein derartiges Vorgehen das auch hohe Anforderungen an die manuell arshybeitenden Mitarbeiter setzt unverzichtbar Waumlren einmal die Schichten und damit die Funde vermischt ist die Aussagekraumlftigkeit des Befundes wesentlich herabgesetzt Dass Schichten meist nicht eben und gleichmaumlszligig verlaufen und Grabungen daher nicht wie der Erzberg mit seinen einigermaszligen gleichmaumlszligigen Abbaustufen aussehen sollten braucht nicht betont zu werden

Seriation

Bei der Auswertung des oft zahlenmaumlszligig gewaltigen Fundmaterials dessen Ershyfassung Evidenthaltung und Verwaltung ohne EDV ohnedies undenkbar waumlre wer-

16 Zum Thema der EDV und ihrer Anwendung in der Archaumlologie (bdquoGrabungstechnik und Prosshypektion bdquoEDV-Anwendungen bdquoE-Publishing bdquoDatenbanken bdquoRecht und Gesetz bdquoWoumlrshyterbuumlcher und Sonstiges) vgl die vorbildliche Uumlbersicht auf httpwwwarchaeologischde linkswerkzeughtmledv

17 Auch auf dem Gebiet der Stratifikationsanalyse leistet die EDV mittlerweile hervorragende Dienste Hinzuweisen ist hier unbedingt auf das von Irmela Herzog entwickelte und auf Winshydows basierende EDV-Programm bdquoStratify (neue Version von bdquoWinBasp) Der Download des Programms ist kostenlos httpwwwstratiryprivatt-onlinede

18 Vgl httpwwwnhm-wienacatNHMPrehistStadlerLVASQAMQAM-Harris-Matrixhtml 19 Gerald FUCHS und Christoph HINKER Fruumlhe Befunde im Randbereich des roumlmerzeitlichen Huumlshy

gelgraumlberfeldes Rassach (VB Deutschlandsberg Steiermark) Mit Beitraumlgen von Thomas Ein-woumlgerer Ruth Drescher-Schneider und Silvia Renhart In FOuml 422003 Wien 2004 113-163 - Christoph HINKER Die norisch-pannonischen Huumlgelgraumlberfelder von Rassach und Tanzels-dorf Steiermark In FOuml 412002 Wien 2003 167-201

138

Vi- ^mdash^mdash^

VTWXXVI

Vt8m

^ ^ VT 364

VT3XXXm

VT 979

vrwxxxn

1 VT 493

^m VT 118

VT73

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VT8W8 vtswiv

T^ bullm

u VT 254 VT2XXVm

J ^ SPAT

VT 590 VT 536

VT9XIV

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VT4XXXTV

-22 SPAT

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-17

VT779

^ B

Provinzialroumlmisches Graumlberfeld Gleisdorf Typentafel der Vorratsgefaumlszlige und groszligen Toumlpfe (Wolfgang Artner Gleisdorf 1994 13)

140

den zunehmend statistische Methoden angewandt Eigene Programme20 erlauben etwa die Seriation von Funden die z B durch ihre Zugehoumlrigkeit zu verschiedenen Graumlbern eines Graumlberfeldes und die Zugehoumlrigkeit zu verschiedenen (formalen) Typen verschraumlnkt und rechnerisch oder grafisch in eine in sich stimmige chronoshylogische Abfolge gebracht werden koumlnnen

Von Menschenhand geschaffene Gegenstaumlnde lassen sich in Typen zusammenfasshysen die unterschiedliche Laufzeiten haben In archaumlologischen Befunden kommen sie dann mit verschiedenen Haumlufigkeiten vor Damit die Seriation funktioniert muumlsshysen sich die Verwendungszeiten einiger Typen uumlberschneiden

bdquoSchreibt man die Haumlufigkeiten der Vorkommen der Typen A B C D in den Befunden 1234 in die Zellen einer Tabelle mit den Befunden in den Zeilen und den Typen in den Spalten sind die Typenhaumlufigkeiten in den Zellen bei unbekannter zeitlicher Abfolge zunaumlchst unregelmaumlszligig uumlber die Tabelle verteilt Die Aufgabe bei der Seriation besteht nun nur noch darin die Zeilen und Spalten der Tabelle (Datenshymatrix) so zu sortieren dass die Haumlufigkeiten aller Typen erst zu- und dann wieder abnehmen Wie man sieht bedeutet das graphisch dass sich die Haumlufigkeiten so dicht wie moumlglich entlang der Diagonale der Tabelle konzentrieren muumlssen - anders ausgedruumlckt muss die Korrelation der Werte in den Zellen maximal werden Das ist mathematisch nicht besonders schwierig bei einer groszligen Zahl von Befunden und Typen jedoch ohne Hilfe eines Computers nicht durchfuumlhrbar21

Als steirisches Beispiel dient hier die pionierhafte Aufarbeitung des roumlmerzeitshylichen Graumlberfeldes von Gleisdorf durch Wolfgang Artnern bdquoDas Buch ist fuumlr den Provinzialarchaumlologen ein Muss aber auch dem an der fruumlheren Landesgeschichte Interessierten nachdruumlcklich zu empfehlen23

Radiographie Computertomographie und Materialuntersuchungen24

Bereits zwei Jahre nach der Entdeckung der Roumlntgenstrahlen 1895 wurden die durchdringenden Eigenschaften der Strahlen erstmals zur Untersuchung von Kunstshywerken eingesetzt Der Vorteil der Roumlntgenuntersuchung liegt auf der Hand Das Kunstwerk oder der archaumlologische Fund bleiben bei der Analyse frei von Zerstoumlrunshygen es ist nicht noumltig Materialproben zu entnehmen

An steirischem Fundmaterial werden vielfaumlltige Untersuchungen vorgenommen teilweise im Zuge der Konservierung und Restaurierung (z B Roumlntgen- oder CT-Aufnahmen) teilweise zur Feststellung der Funktionsweise Materialbeschaffenhcit

Ein universelles Software-Paket fuumlr Seriation Korrespondenzanalyse Harris-Matrix Kartieshyrungen etc findet sich unter htlpwwwuni-koelnde~al001basphtmldownload httpwwwuni-tuebingendeutglehrveranstaltungencaa_ws0001kurs004html Wolfgang ARINER Die provinzialroumlmischen Graumlber von Gleisdorf in der Oststeiermark Mit eishynem Beitrag von Reinhold Wcdenig (= Mitteilungen der Oumlsterreichischen Gesellschaft fuumlr Ur-und Fruumlhgeschichte XXXVIIIXXXIX) Wien 1994

23 Rezension von Bernhard HEBERT in ZHVSt 86 (1995) 386f 2J Andreas BECK Roumlntgenstrahlen in der Archaumlologie Konstanz 1996

141

GRIFFE QUER CT I n s t D r Staap flaquo l L oblaquon H SOIUTOH Mgt

10-FEB 1994 M WAGE i a n bull HF 2 10 gt ^ V W

r l ( bull

J i _ 1

SCAN 1 bull

L ff

r i

57 i

1

1 1

1

1 1

US

Computertomografische Aufnahme der Messer aus den Graumlbern F 83 und F124 vom spaumltantiken Graumlberfeld auf dem Frauen berg (Ulla Steinklauber Graumlberfeld Frauenberg 2002 76)

Soumllkpass Fragment einer Knotenfibel vom Mittellateneschema Umzeichnung vor der Konservierung Roumlntgenaufnahme und Zustand nach der Konservierung (Bernhard Hebert Soumllkpass 2003 69f)

142

Aumlquidistenz m

Betenmacherkogel Kupferzeitliche Houmlhensiedlung (Thomas Einwoumlgerer und Margit Linder Betenmacherkogel 2001 92)

(z B Metallurgie) oder Provenienz Im Zuge der Untersuchungen eines urgeschichtshylichen Brandopferplatzes auf dem Soumllkpass erleichterte eine Roumlntgenuntersuchung die fachgerechte Konservierung eines Fragmentes einer Knotenfibel vom Mittelshylateneschema25 Bei der Ausgrabung des spaumltantiken Graumlberfeldes auf dem Frauenshyberg kam die Computertomographie z B bei der Untersuchung von Grabbeigaben (Messern26) zum Einsatz

Bernhard HEBERT Archaumlologische Untersuchungen auf dem Soumllkpass Altwege ein hochalpincr urgeschichtlichcr Brandopferplatz und weitere Funde von der Steinzeit bis in die Moderne Mit Beitraumlgen von Thomas Einwoumlgerer Guumlnter Chrislandl Ursula Schachingcr und Maria Windshyholz-Konrad In Franz MANDL (Hg) Soumllkpass Ein 6000 Jahre alter Saumpfad uumlber die Alpen [] (= Mitteilungen der ANISA 2324 200203) Haus i E 2003 69f Ulla STEINKLAUBER [et al] Das spaumltantike Graumlberfeld auf dem Frauenberg bei Leibnitz Steiershymark (= FOuml Matcrialhefte Reihe A Heft 10) Wien 2002 76

143

Probenentnahme an einem Roumlmerstein im Lapidarium des Landesmuseums Joanneum (Foto BDA)

Marmore roumlmischer Bruumlche und Steindenkmaumller (Bernhard Hebert FWF-Projekt Marmore)

144

6

I

8 9

Weiters gelang der Nachweis dass Steingeshyraumlte von der kupferzeitlishychen Siedlung am Betenshymacherkogel bei Rosental (VB Voitsberg) aus Horn-stein gefertigt wurden der aus Bayern stammt womit entsprechende Handelsshyverbindungen nachgewieshysen sind bdquoDie Untershysuchung einer Auswahl von Rohmaterialien ershyfolgte durch A Binsteiner vom Bayerischen Landesshyamt fuumlr Denkmalpflege Er identifizierte - mit Ausshynahme eines alpinen Horn-steines und eines Quarzes - alle Auswahlstuumlcke als Jurahornsteine (Platten-hornsteine) aus der suumldshylichen Frankenalb Die meisten Stuumlcke waren nicht ausreichend typisch um sie einer der zahlreishychen Lokalitaumlten des Altshymuumlhltales zuzuweisen In einem Fall konnte er einen Typ Baiersdorf und in

zwei weiteren echten Baiersdorfer Plattenhornstein nachweisen Die Bestimmung der restlichen Rohmaterialen erfolgte nach makroskopischen Kriterien [] Neben den dominierenden Hornsteinen sind noch verschiedene Quarze haumlufiger vertreten seltener Quarzit und kieselreicher Kalk Bei einem weiteren Stuumlck duumlrfte es sich um einen zerschlagenen Amphibolithschiefer handeln28

In einem groszlig angelegten Forschungsprojekt29 wurden in den letzten Jahren die marmornen Roumlmersteine der Steiermark hinsichtlich ihres Materials untersucht Von

Kupferzeitliche Steingeraumlte vom Betenmacherkogel (Thomas Einwoumlgerer und Margit Linder Betenmacherkogel 2001 101)

2 Thomas EINWOOERER und Margit LINDFR Die kupferzeitliche Siedlung auf dem Betenmachershykogel in Rosental an der Kainach VB Voitsberg Steiennark In FOuml 402001 Wien 2002 91-113

s Ebd 93 Colloquium zum Abschluss des FWF-Projektes bdquoMarmore roumlmischer Bruumlche und Steindenkmaumlshy

ler in der Steiermark und in Stajerska Bundesdenkmalamt Graz 28 Februar 2004 Organisashytion Univ-Doz Dr Bernhard Hebert

145

den im neuen Lapidarium30 (Schloss Eggenberg) des Landesmuseums ausgestellten Steinen wurden ca 40 Prozent beprobt aus der ganzen Steiermark waren es etwa 200 Wir koumlnnen jetzt die einzelnen Monumente einzelnen Steinbruumlchen zuweisen wobei uumlberraschenderweise insgesamt aber besonders auch im unmittelbaren Beshyreich von Flavia Solva Material aus den offenbar sehr expansiven Bruumlchen von PohorjeBachern uumlberwiegt und weit auch uumlber den Landweg transportiert wurde31

ANTHROPOLOGIE ARCHAumlOZOOLOGIE UND ARCHAumlOBOTANIK

Archaumlologische Funde bestehen nicht nur aus Artefakten im eigentlichen Sinn sondern auch aus biologischen Uumlberresten die nicht wie mangels entsprechender Spezialisten oft geschehen beiseite gelegt werden duumlrfen Fast alle Grabungen benoumlshytigen diese Spezialisten aus den Faumlchern Anthropologie Archaumlozoologie und Archauml-obotanik bzw Pollenanalyse Die groumlszligte anthropologische Untersuchung der letzten Jahre war die der Skelette und Leichenbraumlnde des spaumltantiken Graumlberfeldes vom Frauenberg bei Leibnitz32 Neben vielen anderen die Lebensumstaumlnde und Bevoumllkeshyrungsstruktur erhellenden Daten konnten z B die aumlltesten bisher im Ostalpenraum bekannten kuumlnstlichen Schaumldeldeformationen festgestellt werden wie wir sie z B von Ostgermanen und Hunnen kennen

Mit der Archaumlozoologie bleiben wir am Frauenberg bei Leibnitz Derzeit laumluft ein archaumlologisch-archaumlozoologisches Forschungsprojekt zu einem bemerkenswerten Grabungsbefund einem mit tausenden Tier- und wenigen Menschenknochen und

Bindendeformation am Schaumldel aus Grab F 125 des spaumltantiken Graumlberfeldes am Frauenberg (Ulla Steinklauber Graumlberfeld Frauenberg 2002 579)

Erich HUDECZEK Die Roumlmersteinsammlung des Landesmuseums Joanneum Ein Fuumlhrer durch das Lapidarium Graz 2004 Bernhard HEBERT Zusammenfassung der Ergebnisse des FWF-Projektes bdquoMarmore roumlmischer Bruumlche und Steindenkmaumller in der Steiermark und in Stajerska Die Kurzfassung steht neben anderen Beitraumlgen als pdf-Datei unter bdquohttpwwwubi-erat-lupaorgsiteroemersteintreffen grazroemersteintreffenshtml als Download zur Verfuumlgung Vgl auch FOuml 432004 Wien 2005 (im Druck)

- Barbara SCHWEDER Anthropologie der Skelettrestc aus dem spaumltantiken Graumlberfeld auf dem Frauenberg bei Leibnitz Steiermark In Ulla STEINKLAUBER [et al] Das spaumltantike Graumlberfdd auf dem Frauenberg bei Leibnitz Steiermark (= FOuml Material hefte Reihe A Heft 10) Wien 2002411-581

146

Frauenberg bei Leibnitz Spaumltlatenezeitlicher Graben mit Tierknochenschicht (Georg Tiefengraber Heiligtum Frauenberg 1998 43)

Haferkoumlrner aus dem 12 Jahrhundert von der archaumlologischen Ausgrabung am Grazer Hauptplatz 2002 (Ruth Drescher-Schneider Ernaumlhrung im mittelalterlichen Graz 2003 56)

Pollenanalytische Untersuchung am Soumllkpass Prozentdiagramm der Baumlume und Straumlucher vom Spaumltneolithikum bis ins Hochmittelalter (vlnr) (Ruth Drescher-Schneider Brandopferplatz Soumllkpass 2003 100)

Opfergaben aus Keramik Metall und Glas verfuumlllten Graben eines spaumltlatenezeit-lichen Heiligtums Die Auswertung gerade der Tierknochen wird genaue Aufschluumlsse uumlber die Haustiere (v a Rinder und Pferde) aber auch uumlber das Opfergeschehen an diesem erst vor wenigen Jahren entdeckten zentralen Kultplatz ermoumlglichen33

Die Archaumlobotanik liefert wichtige Angaben uumlber Nahrungs- und Futtermittel und natuumlrlich die Kulturpflanzen selbst Solche koumlnnen wir etwa in den mittelalterlichen Haumlusern am spaumlteren Grazer Hauptplatz34 aus dem 12 Jh nachweisen aber auch einen starken Befall eines Getreidevorrats durch das giftige Mutterkorn35

Groszlige Bedeutung fuumlr die Rekonstruktion der Umwelt eines Grabungsplatzes hat die Pollenanalyse Die in den mit archaumlologischen Befunden korrelierbaren Schichshyten enthaltenen Pollen geben in ihrer Zusammensetzung Aufschluss uumlber den im Lauf der Jahrhunderte oder Jahrtausende schwankenden Pflanzenbestand am hochgelegeshynen Soumllkpass mit seinem praumlhistorischen Brandopferplatz etwa uumlber die Beweidung der Kleinregion zu verschiedenen Zeiten36 Auch das Auftreten von Pflanzen kann

33 Georg TIEFENGRABER und Christof GRILL Ein spaumltlatenezeitliches Heiligtum auf dem Frauenberg bei Leibnitz in der Steiermark () In Archaumlologisches Korrespondenzblatt 27 (1997) 601 ff -Georg TIEFENGRABER Ein spaumltlatenezeitliches Heiligtum am Frauenberg bei Leibnitz In Schild von Steier Beitraumlge zur steirischen Vor- und Fruumlhgeschichte und Muumlnzkunde Kleine Schriften 18 Graz 199843-54

34 Ulla STEINKLAUBER Die Grabungen am Grazer Hauptplatz 20012002 Abschlussbericht zum Projektende In FOuml 412002 Wien 2003 265-317

35 Ruth DRESCHER-SCHNEIDER Die pflanzliche Ernaumlhrung im mittelalterlichen Graz In Graz in Funden Archaumlologie in der Kulturhauptstadt Ausstellung im Stciermaumlrkischen Landesarchiv in Graz 9 Jaumlnner bis 14 Maumlrz 2003 (= Steiermaumlrkisches Landesarchiv Ausstellungsbegleiter Nr 2) Graz 2003 55-59

36 Ruth DRESCHER-SCHNEIDER Pollenanalytische Untersuchungen an einem Bodenprofil im Zusamshymenhang mit dem urgeschichtlichen Brandopferplatz auf dem Soumllkpass (1780 m NN Niedere Tauern Steiermark) In MANDL (Hg) Soumllkpass (wie Anm 25) 89-112

148

zur Datierung direkt beitragen Maispollen sollten nicht in mittelalterlichen oder aumllteren Schichten vorkommen Nuss und Wein nicht viel vor der Roumlmerzeit Die sehr aufwaumlndigen Untersuchungen haben naturgemaumlszlig die meist nur in feuchten Boumlden befriedigende Erhaltung der Pollen zur Voraussetzung37

Alle umweltrelevanten naturwissenschaftlichen Untersuchungen geben Informashytionen zu den auch in den letzten Jahrtausenden fuumlr Besiedlung und Bewirtschaftung entscheidenden Klimaschwankungen so wissen wir etwa dass in den Ostalpen Bronze- und Roumlmerzeit waumlrmer und trockener waren und somit gute Voraussetzunshygen fuumlr eine saisonale hochalpine Weidewirtschaft boten58

NATURWISSENSCHAFTLICHE DATIERUNGSMETHODEN39

Dendrochronologie

In anderen Regionen sehr bewaumlhrt hat sich die Dendrochronologie die Datierung von Holz anhand der Jahresringe deren klimabedingte Dickeschwankungen sich im Idealfall von heute bis zuruumlck in die Urgeschichte aneinanderreihen lassen Als Beshygruumlnder der Dendrochronologie gilt der amerikanische Astronom Andrew E Doug-lass (1867-1962) obwohl die Idee dazu uumlber mehrere heute weniger bekannte Nashyturbeobachter bis zu Leonardo da Vinci (1452-1519) zuruumlckverfolgbar ist der eine Verbindung zwischen der Witterung eines Jahres und der Breite des zugehoumlrigen Jahrringes von Baumlumen beschrieb Der Aufschwung der Dendrochronologie zu ihrer heutigen Bluumlte begann mit dem Siegeszug des Computers in den 1960er Jahren40

Aus anfangs wenigen Forschungszentren (1965 weltweit vielleicht nur fuumlnf Labore) hat sich die Dendrochronologie in drei bis vier Jahrzehnten in alle Winkel dieser Erde hinein ausgebreitet seit rund 20 Jahren sogar in die Waldregionen der Tropen und

Vgl auch Ruth DRESCHER-SCHNEIDER Ergebnisse derpollen- und groszligrestanalytischen Untersushychungen im Gebiet der Plankenalm Dachstein (Oumlsterreich) In Guumlnter CERWINKA und Franz MANDL (Hg) Dachstein Vier Jahrtausende Almen im Hochgebirge Bd 2 (= Mitt d ANISA 181997H 1-2) Haus i E 1998 46-61 - Ilse DRAXLER und Andreas LIPPFRT Pollenanalytishysche Daten und eine archaumlologische Bestandsaufnahme zur fruumlhen Siedlungsgeschichte im Geshybiet zwischen Raab und Mur (Oumlsterreich Slowenien Ungarn) [] In Geologie ohne Grenzen Festschrift 150 Jahre Geologische Bundesanstalt (= Abhandlungen der Geologischen Bundesshyanstalt Bd 561) Wien 1999 337-396 Franz MANDL Almen im Herzen Oumlsterreichs Dachsteingebirge Niedere Tauern Salzkammershygut Totes Gebirge Mit Beitraumlgen von Herta Mandl-Neumann und Gernot Patzelt Haus i E 2003 - Herta MANDL-NEUMANN und Franz MANDL Dachstein-Tauern-Region Blicke in Verganshygenheit und Gegenwart (= Mitt d ANISA 222001 H 1-2) Haus i ETemitz 2001 Eine Uumlbersicht bietet Diether KRAumlMER Vom Umgang mit der Vergangenheit In Spannungsfeld Altstadttiergarage Stadtplanung Stadtarchaumlologie (= Schild von Steier Kleine Schriften 20) Graz 2004 65-75 U SASS-KLAASSEN Dendroarchaeology success in the past and challenges for the future In Dendrochronologia 20 (2002) 87-93 (Weiterfuumlhrende Literatur siehe httpwwwbfafhde inst442dendrohtm)

149

Subtropen wo bis dahin die Auffassung vorherrschte hier sei Dendrochronologie prinzipiell unmoumlglich

Die biologische Gegebenheit der Jahr fuumlr Jahr unterschiedlichen Auspraumlgung von Jahresringen bdquoist entscheidend fuumlr die dendrochronologische Altersbestimmung eishynes Holzes Falls naumlmlich die Jahrringmuster zweier Houmllzer untereinander eine groszlige Aumlhnlichkeit aufweisen ist der Ruumlckschluss erlaubt dass die Baumlume denen sie entshystammen zur gleichen Zeit gelebt haben (relative Datierung) Ist eines der beiden Jahrringmuster bereits datiert dann ist auch die Entstehungszeit des anderen Musters bestimmbar (absolute Datierung) Fuumlr die Altersbestimmung von Holz ist daher stets eine datierte Vergleichsjahrringfolge fuumlr die in Frage stehende Baumart Region und Zeit erforderlich Eine derartige Datierungsgrundlage (Jahrringkalender oder Stanshydardchronologie) geht von den Jahrringfolgen lebender Baumlume aus denn nur die koumlnnen zunaumlchst jahrgenau fixiert werden Diese Jahrringfolgen werden mit den Jahrringfolgen verbauten Holzes uumlber die Zeitspanne gemeinsamen Lebens verzahnt und daruumlber hinaus jahrgenau in die Vergangenheit verlaumlngert Durch die Uumlberlapshypung mit den Jahresringen zunehmend aumllteren Holzes wird schrittweise ein endloser Baum konstruiert41

So konnten etwa die Faumllldaten von uumlber ein Moor verlegten Bohlen einer Roumlmershystraszlige in Tirol jahrgenau bestimmt werden42 Zwei Voraussetzungen muumlssen gegeben sein in ausreichender Dicke erhaltenes Holz und eine fuumlr die jeweilige Klimaregion bekannte und uumlberpruumlfte bdquoKurve der Dickeschwankungen in welche die jeweils erhaltene Sequenz einzupassen ist Beides trifft ftir den Suumldostalpenrand derzeit nicht wirklich zu In den steirischen Alpen im Dachsteingebiet ist es zumindest gelungen eine zusammenhaumlngende Kurve mit aus einem Gebirgssee geborgenen Houmllzern bis in das Fruumlhmittelalter zu gewinnen bdquoDer Zusammenhang von Temperatur und Baumshywachstum ermoumlglicht es aus Jahrringchronologien das Klima von Jahrhunderten aus denen keine instrumenteilen Aufzeichnungen vorliegen zu rekonstruieren Mit dem Ziel eine moumlglichst lange Jahrringchronologie zum Zwecke der Klimarekonsshytruktion zu erstellen wurden in den Jahren 1998 und 1999 stehende Baumlume und subfossile Staumlmme aus einem See auf dem Dachsteinplateau in der Obersteiermark beprobt Die resultierenden Chronologien reichen bis ins 5 Jahrhundert mehrere undatierte schwimmende Chronologien wuumlrden bei einer Schlieszligung der Luumlcken eine mindestens 4000-jaumlhrige Chronologie ergeben Bis ins Jahr 750 ist die Chronoshylogie bereits so gut belegt dass Klimarekonstruktionen gerechnet werden koumlnnen Das Ergebnis der Rekonstruktion stimmt gut mit publizierten Arbeiten aus Skandinashyvien und Sibirien uumlberein und zeigt dass die Erwaumlrmung im 20 Jahrhundert gerade noch innerhalb der Variabilitaumlt waumlhrend der letzten 1250 Jahre liegt43

41 V PINGEL und A HAUPTMANN (Hg) Archaumlometrie 2003 (zitiert nach dem Auszug in http wwwbfafhdeinst442dendrohtm)

K NicoLussi Die Bauhoumllzer der Via Claudia Augusta bei Leermoos (Tirol) In Elisabeth WALDE (Hg) Neue Forschungen zur Via Claudia Augusta Innsbruck 1998 113-145

43 Michael GRABNER und Wolfgang GINDL Neue Jahrringchronologien vom Dachstein Eine 1250-jaumlhrige Rekonstruktion der Sommertemperatur In Alpen - Archaumlologie - Felsbildforschung (= Mitt d ANISA 212000 H 1-2) Haus i E 2000 20-30 (bes 20)

150

Hingewiesen sei freilich darauf dass die Dendrochronologie in Oumlsterreich44 einen gewissen Nachholbedarf aufweist wie es die diesbezuumlglichen deutschen und Schweishyzer Forschungen beweisen45

Radiokarbondatierung

Naturwissenschaftliche Datierungsmethoden haben wesentliche Fortschritte in der zeitlichen Zuordnung einzelner Befunde aber auch ganzer (archaumlologischer) Kulmren gebracht Deren wichtigste die von dem amerikanischen Chemiker Willard Frank Libby und seinen Mitarbeitern seit 1947 entwickelte Radiokarbondatierung (bdquoC 14-Datierung) wird routinemaumlszligig immer dann angewendet wenn die eigentshylichen archaumlologischen Methoden wie Typologie und Vergleich und Vergesellschafshytung von Funden keine oder nur unsichere Einordnungen erlauben Verwendbar ist jedes organische Material Holz Holzkohle Knochen usw aber auch organisch anshygereicherte Bodensedimente da mit dem Tod jedes Lebewesens der gesetzmaumlszligige

Zerfall des zu Lebzeiten aufgenommenen natuumlrlich in der Atmosphaumlre vorhanshydenen radioaktiven Kohlen-stoffisotops (l4C) beginnt

Durch Stoffwechselproshyzesse bleibt das Niveau von Kohlenstoff 14 in einem leshybenden Organismus in konshystantem Gleichgewicht mit dem Niveau der Atmosphaumlre oder des Meeres Mit dem Tod des Organismus beginnt Kohlenstoff 14 mit einer konstanten Geschwindigshykeit (Halbwertszeit) zu zershyfallen der Kohlenstoff wird dann nicht mehr durch das Kohlendioxid in der Atmosshyphaumlre ersetzt Der schnelle Zerfall von Kohlenstoff 14 begrenzt im Allgemeinen

Holzbehaumlltnis mit den Gebeinen der heiligen Beatrix Mariahof (Foto BDA)

44 Rupert WIMMER und Michael GRABNER Standardchronologien in Oumlsterreich als Basis fuumlr die dendrochronologische Datierung In Archaumlologie Oumlsterreichs 92 (1998) 79-85

45 Vgl B BECKER Jahrringkalender Mitteleuropas In B BECKERA BILLAMBOZH EGGERP GASSMANNA ORCELC ORCELU RUOFF Dendrochronologie in der Ur- und Fruumlhgeschichte Basel 1985 8-29

152

CALIBRATION OF RADIOCARBON AGE TP CALENDAR YEARS (Variables C 1 3C 12=-195lab mult=l)

Laboratory number Beta-165758

Conventional radiocarbon age 1340plusmn40 BP

2 Sigma calibrated result Cal AD 640 to 770 (Cal BP 1310 to 1180) (95 probability)

Intercept data

Intercept of radiocarbon age with calibration curve Cal AD 670 (Cal BP 1280)

1 Sigma calibrated result Cal AD 660 to 690 (Cal BP 1290 to 1260) (68 probability)

References Datsbase ased

Calibration Databass Editorial Comment

Shtlver M van der Flicht H 1998 Radiocarbon 40(3) pxit-xi INTCAL98 Radiocarbon Age Calibration

Stuiver M et al 1998 Radiocarbon 40(3) pI041-083 Mathematics A Simplifted Approach to Calibrating C14Dates

Talma 4 S Vogel J C 1993 Radiocarbon 35(2) p31 -322

Beta Ana ly t ic Inc Florida 33155 USA Tel (305) 66~ 516 - Fax (305) 663 0964 E-Mail belaQradiL

Radiokarbondaten zur Untersuchung der Gebeine der bdquo heiligen Beatrix Mariahof (Foto BDA)

den Datierungszeitraum auf ungefaumlhr 50000 Jahre in manchen Faumlllen kann er bis 70000 Jahre erweitert werden Die Unsicherheit bei der Messung erhoumlht sich mit dem Alter der Probe

Die Genauigkeit der Messung haumlngt aber u a von der zugrunde gelegten Halbshywertszeit und von Schwankungen in den Kohlenstoff-14-Niveaus der Atmosphaumlre ab Die Zeitskala mit radioaktivem Kohlenstoff enthaumllt aber auch noch andere Un-

153

Sicherheiten Das groumlszligte Problem ist die Verunreinigung nach der Ablagerung die durch einsickerndes Grundwasser durch Einlagerung von aumllterem oder juumlngerem Kohlenstoff sowie durch Kontamination bei der Probennahme oder im Labor zustanshyde kommt

In den letzten Jahren war mit Hilfe der 14 C-Methode etwa zu verifizieren dass ein bei Woumlrterberg (Burgenland) aus der Lafnitz geborgenes Holzfass46 tatsaumlchlich roumlmerzeitlich ist oder dass in der Pfarrkirche von Mariahof aufbewahrte Gebeine welche die lokale Tradition einer (nicht kanonisierten) bdquoheiligen Beatrix47 zushyschreibt uumlberraschenderweise fruumlhmittelalterlich (um 670 n Chr) sind

Radiokarbondaten koumlnnen nur mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit die in Pushyblikationen auch zitiert werden sollte einen Zeitraum angeben und sind daher nie punktgenau aber jedenfalls ernst zu nehmen Dass sie durch welche Gegebenheiten auch immer tatsaumlchlich einmal falsch sein sollten muumlsste im Einzelfall erst penibel nachgewiesen werden

Abschlieszligend sei noch darauf hingewiesen dass auch in diesem Bereich immer mehr Informationen online uumlber PC verfuumlgbar werden so existiert zum Beispiel eine frei zugaumlngliche Datenbank mitteleuropaumlischer 14 C-Daten fuumlr das Neolithikum und die fruumlhe Bronzezeit48

In sehr fruumlhen Abschnitten der Urgeschichte bzw Palaumlontologie und Geologie muss man sich anderer radioaktiver Elemente bedienen die folgend kurz vorgestellt werden

Thermolu mineszenz4lt)

Die Thermoluminiszenz dient ausschlieszliglich der Datierung von Keramikfunden Die in der Keramik eingeschlossenen radioaktiven Spuren verbinden sich mit den Kernen von Heliumatomen Erhitzt man Proben dieser Keramik werden diese Atomshykerne wieder freigesetzt wobei sie aufgluumlhen (Thermoluminiszenz) Die Intensitaumlt

Bernhard HEBERT [Fundbericht] in FOuml 422003 Wien 2004 703f Leopold SciiMim Die Volkserzaumlhlung Maumlrchen Sage Legende Schwank Berlin 1963 2541T In gekuumlrzter Form erschienen in Neue Chronik zur Geschichte und Volkskunde der inneroumlstershyreichischen Alpenlaumlnder Nr 46 Beilage zur Suumldost-Tagespost Graz 6 Juli 1957 1 sowie in J REICHFNPI-ADER 900 Jahre Pfarre Mariahof Ecclesia Grazluppa 1066-1966 Mariahof 1966 -7-29 - Walter BRUNNERBernhard HFuERTSusanne LEHNER Ein neuer Flechtwerkstein und die Gebeine der bdquoheiligen Beatrix Uumlberlegungen zum Fruumlhmittelalter in Mariahof In MStLA 5253(2004) 65-101

Gratis zugaumlnglich unter httpwwwjungsteinsitederadonradonhtm G A WAGNERS GREILICHA KADEREIT Lumineszenzdaticrung - Kaltes Leuchten erhellt die Vergangenheit In Physik in unserer Zeit 344 (2004) 160-166 - U RIESERJ HABERMANNG A WAGNER Lummescence dating a new high sensitive TLOSL emission spectrometer In Quatern Geochronol 18 (1999) 311-315 - Th SCHIUESA LANGJ HABERMANNU RIESER Improved Single aliquot dating applications using a new highly efficient modular luminescence reader In Radiation Protection Dosimetry 84 (1999) 363-366 - J HABERMANN Untersuchunshygen zur Lumineszenzdatierung von Gesteinsoberflaumlchen Heidelberg 2000 [Phil Diss ]

Aufsluumlhens gibt Aufschluss uumlber die Dauer waumlhrend der die Atomkerne auf-ornmen wurden und ermoumlglicht so die Datierung der Keramikprobe

Kalium-Argon-Methode

Mit dem Zerfall von radioaktivem Kalium 40 zu Argon 40 und Calcium 40 koumlnshynen Gesteine mit einem Alter von 200 bis 800 Millionen Jahren (mit Argon) bzw von eins bis zwei Milliarden Jahren (mit Calcium) datiert werden Kalium 40 kommt weit verbreitet in haumlufigen gesteinsbildenden Mineralien wie Glimmern Feldspaumlten und Hornblenden vor Problematisch ist das Entweichen von Argon wenn das Gestein Temperaturen uumlber 125 Grad C ausgesetzt war denn dadurch wird das Messergebnis verfaumllscht

Rubidium-Strontium-Methode

Mit dieser sehr genauen und zuverlaumlssigen Methode koumlnnen die aumlltesten Gesteine datiert werden Sie basiert auf dem Zerfall von Rubidium 87 zu Strontium 87 und wird haumlufig auch dafuumlr eingesetzt um Kali um-Argon-Datierungen zu uumlberpruumlfen da sich Strontium bei geringer Erwaumlrmung nicht verfluumlchtigt wie es bei Argon der Fall ist

Methoden mit Thorium 230 und Blei50

Thorium-Methoden eignen sich zur Datierung von Meeressedimenten Das Uran im Meerwasser zerfaumlllt in das Thoriumisotop Thorium 230 (lonium) das sich in die Sedimente auf dem Meeresgrund einlagert Thorium 230 ist ein Glied der Zerfallsshyreihe von Uran 238 es besitzt eine Halbwertszeit von 80000 Jahren Protactinium 231 das von Uran 235 abgeleitet ist hat eine Halbwertszeit von 34300 Jahren

Das Blei-Alpha-Alter wird bestimmt indem man den Gesamtbleigehalt und die Alphateilchenaktivitaumlt (Uran-Thorium-Gehalt) von Zirkon- Monazit- oder Xenotim-konzentraten spektrometrisch bestimmt Die Uran-Blei-Methode basiert auf dem rashydioaktiven Zerfall von Uran 238 in Blei 206 und von Uran 235 in Blei 207 Mit den Zerfallsgeschwindigkeiten fuumlr Thorium 232 bis Blei 208 kann man drei voneinander unabhaumlngige Altersangaben fuumlr die gleiche Probe erhalten Die ermittelten Blei-206-und Blei-207-Verhaumlltnisse koumlnnen in das so genannte Blei-Blei-Alter umgewandelt werden Die Methode wird am haumlufigsten fuumlr Proben aus dem Praumlkambrium benutzt Als Nebenprodukt der Uran-Thorium-Blei-Altersbestimmung kann zusaumltzlich ein

R MALLICK Entwicklung der Mikrobeprobung zur ThU-Datierung und Anwendung an quartauml-ren Travertinen aus dem Thuumlringer Becken Heidelberg 2000 [Phil Diss]

155

Eingang zur Repolusthoumlhle 1955 Dipl-lng Hermann Bock Dr Karl Murban Alois Pracher Karl Denk Konrad Hofer (v r n I) (Foto LMJ)

Proben-Nr

Uh 1265

Uh 1266

Uh 1267

Uh 1268

Uh1269

Inventar-Nr

77284 Knochen

76143 A Knochen

76260 Knochen

77281 Knochen

76137 Knochen

Uran-Genalt (ppm)

2667 r 0024

1000 0017

0464 plusmn0016

8475

plusmn0141

5580 plusmn0122

Thorium-Gehalt (ppm)

0163 plusmn 0024

0256 TO011

0006 1OOO6

1970 10040

1039 -0021

U-234 Th-230 Th-230

U-238 Th-232 U-234

1211 +0034

1216 plusmn0021

1754 z 0069

1182 +0014

1038 plusmn0021

23 plusmn 3

9 plusmn 0

143 i100

14 i 0

17 T 0

UTh-Alter UTh-Alter (ka) korr (ka)

unkorr f = 10 t 00

0385 plusmn0012

0589 TO010

0327 plusmn0011

0915 plusmn0013

1007 plusmn0020

519 = 21

932 i 2 7

417 i 17 2299

501 i 21

858 + 28

414 plusmn 1-7 2236

133-117 134-11

gt330 Mirdestalter

Uran-Thorium-Datierung der fossilen Houmlhlenbaumlrenknochen aus der Repolusthoumlhle

(GeraldFuchs-JoumlrgFuumlrnholzer-FlorianA Fladerer Repolusthoumlhle 1999 163)

156

Uran-Uran-Alter51 das aus dem Verhaumlltnis Uran 235 zu Uran 238 abgeleitet wird berechnet werden52

Die selten verwendete Uran-Thorium-Methode wurde im Jahre 1997 zur Datieshyrung fossiler Houmlhlenbaumlrenknochen aus der bekannten Repolusthoumlhle noumlrdlich von Peagau herangezogen53 Die Houmlhle wurde in den Jahren 1947 bis 1955 ergraben in einer Zeit als sowohl verfeinerte stratigrafische Beobachtungen als auch alle naturshywissenschaftlichen Datierungsmethoden unbekannt waren Rein typologische Zuordshynungen der atypischen Steingeraumlte schienen auch nicht auszureichen Die Uran-Tho-num-Untersuchungen fuumlhrten zum Ergebnis dass die Sedimente der Repolusthoumlhle in einem Zeitraum von mehr als 200000 Jahren abgelagert worden waren womit die Houmlhle nicht nur als aumlltester Fundplatz der Steiermark sondern auch als einer der aumlltesten Mitteleuropas bestaumltigt wurde54

Die hier nur ausschnitthaft anhand steirischer Beispiele vorgestellten vielfaumlltigen Methoden lassen erkennen wie sehr die moderne Archaumlologie als interdisziplinaumlre Teamarheit auf andere Fachgebiete auf stets sich weiter entwickelnde Techniken und deren Anwendungen angewiesen ist Dieser Prozess wird sicherlich weitergehen und eine verstaumlrkte Offenheit und Methodendiskussion55 erfordern 1999 wurde in Heishydelberg die bdquoGesellschaft der Naturwissenschaftlichen Archaumlometrie zum Zweck des Einsatzes und der Entwicklung naturwissenschaftlicher Methoden zur Loumlsung kulturwissenschaftlicher und historischer Fragestellungen - in Forschung und Lehre - gegruumlndet Dies schlieszligt die faumlcheruumlbergreifende Mitwirkung der Biowissenschafshyten Chemie Geowissenschaften und Physik von naturwissenschaftlicher Seite sowie der archaumlologischen Disziplinen Kunstgeschichte Denkmalpflege und Restaurieshyrung von kulturhistorischer Seite ein Hingewiesen sei auf eine Reihe wissenschaftshylicher Veroumlffentlichungen sowie sachbezogene Oumlffentlichkeitsarbeit dieser Gesellshyschaft56

51 R MALLICKN FRANKA MANUumlINIG A WAGNER Anwendung der Uranreihen-Mikroproben-

_ datierung an quartaumlren Travertinverfahren In Prehistoria Thuringia 4 (2000) 95-100 v Vgl http^wwwregiosurfnetgeographiephygeoaltbestihtml Die Untersuchungen wurden von Mebus A Geyh vom Niedersaumlchsischen Landesamt fuumlr Bodenshy

forschung Hannover durchgefuumlhrt Gerald FUCHS - Joumlrg FUumlRNHOLZER - Florian A FLAUERER Untersuchungen zur Fundschicht-

^ bildung in der Repolusthoumlhle Steiermark In FOuml 371998 Wien 1999 143-172 Wer sich fuumlr die Theorie- und Methodendiskussion in der Archaumlologie interessiert sei auf die Website der Theorie-AG (httpwwwtheorie-agde) verwiesen die sich mit den theoretischen ProblemenFragestellungen in der archaumlologischen Forschung beschaumlftigt Neben der Moumlglichshykeit zur Diskussion findet man Buch- Tagungs- und Ausstellungshinweise Tagungsberichte Buchrezensionen und einiges mehr Archaumlometrisches Nachrichtenblatt hg v d Gesellschaft der Naturwissenschaftlichen Archaumloshylogie Heidelberg (Homepage httpwwwarchaeometriede)

157

Vi- ^mdash^mdash^

VTWXXVI

Vt8m

^ ^ VT 364

VT3XXXm

VT 979

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1 VT 493

^m VT 118

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u VT 254 VT2XXVm

J ^ SPAT

VT 590 VT 536

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-22 SPAT

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-17

VT779

^ B

Provinzialroumlmisches Graumlberfeld Gleisdorf Typentafel der Vorratsgefaumlszlige und groszligen Toumlpfe (Wolfgang Artner Gleisdorf 1994 13)

140

den zunehmend statistische Methoden angewandt Eigene Programme20 erlauben etwa die Seriation von Funden die z B durch ihre Zugehoumlrigkeit zu verschiedenen Graumlbern eines Graumlberfeldes und die Zugehoumlrigkeit zu verschiedenen (formalen) Typen verschraumlnkt und rechnerisch oder grafisch in eine in sich stimmige chronoshylogische Abfolge gebracht werden koumlnnen

Von Menschenhand geschaffene Gegenstaumlnde lassen sich in Typen zusammenfasshysen die unterschiedliche Laufzeiten haben In archaumlologischen Befunden kommen sie dann mit verschiedenen Haumlufigkeiten vor Damit die Seriation funktioniert muumlsshysen sich die Verwendungszeiten einiger Typen uumlberschneiden

bdquoSchreibt man die Haumlufigkeiten der Vorkommen der Typen A B C D in den Befunden 1234 in die Zellen einer Tabelle mit den Befunden in den Zeilen und den Typen in den Spalten sind die Typenhaumlufigkeiten in den Zellen bei unbekannter zeitlicher Abfolge zunaumlchst unregelmaumlszligig uumlber die Tabelle verteilt Die Aufgabe bei der Seriation besteht nun nur noch darin die Zeilen und Spalten der Tabelle (Datenshymatrix) so zu sortieren dass die Haumlufigkeiten aller Typen erst zu- und dann wieder abnehmen Wie man sieht bedeutet das graphisch dass sich die Haumlufigkeiten so dicht wie moumlglich entlang der Diagonale der Tabelle konzentrieren muumlssen - anders ausgedruumlckt muss die Korrelation der Werte in den Zellen maximal werden Das ist mathematisch nicht besonders schwierig bei einer groszligen Zahl von Befunden und Typen jedoch ohne Hilfe eines Computers nicht durchfuumlhrbar21

Als steirisches Beispiel dient hier die pionierhafte Aufarbeitung des roumlmerzeitshylichen Graumlberfeldes von Gleisdorf durch Wolfgang Artnern bdquoDas Buch ist fuumlr den Provinzialarchaumlologen ein Muss aber auch dem an der fruumlheren Landesgeschichte Interessierten nachdruumlcklich zu empfehlen23

Radiographie Computertomographie und Materialuntersuchungen24

Bereits zwei Jahre nach der Entdeckung der Roumlntgenstrahlen 1895 wurden die durchdringenden Eigenschaften der Strahlen erstmals zur Untersuchung von Kunstshywerken eingesetzt Der Vorteil der Roumlntgenuntersuchung liegt auf der Hand Das Kunstwerk oder der archaumlologische Fund bleiben bei der Analyse frei von Zerstoumlrunshygen es ist nicht noumltig Materialproben zu entnehmen

An steirischem Fundmaterial werden vielfaumlltige Untersuchungen vorgenommen teilweise im Zuge der Konservierung und Restaurierung (z B Roumlntgen- oder CT-Aufnahmen) teilweise zur Feststellung der Funktionsweise Materialbeschaffenhcit

Ein universelles Software-Paket fuumlr Seriation Korrespondenzanalyse Harris-Matrix Kartieshyrungen etc findet sich unter htlpwwwuni-koelnde~al001basphtmldownload httpwwwuni-tuebingendeutglehrveranstaltungencaa_ws0001kurs004html Wolfgang ARINER Die provinzialroumlmischen Graumlber von Gleisdorf in der Oststeiermark Mit eishynem Beitrag von Reinhold Wcdenig (= Mitteilungen der Oumlsterreichischen Gesellschaft fuumlr Ur-und Fruumlhgeschichte XXXVIIIXXXIX) Wien 1994

23 Rezension von Bernhard HEBERT in ZHVSt 86 (1995) 386f 2J Andreas BECK Roumlntgenstrahlen in der Archaumlologie Konstanz 1996

141

GRIFFE QUER CT I n s t D r Staap flaquo l L oblaquon H SOIUTOH Mgt

10-FEB 1994 M WAGE i a n bull HF 2 10 gt ^ V W

r l ( bull

J i _ 1

SCAN 1 bull

L ff

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57 i

1

1 1

1

1 1

US

Computertomografische Aufnahme der Messer aus den Graumlbern F 83 und F124 vom spaumltantiken Graumlberfeld auf dem Frauen berg (Ulla Steinklauber Graumlberfeld Frauenberg 2002 76)

Soumllkpass Fragment einer Knotenfibel vom Mittellateneschema Umzeichnung vor der Konservierung Roumlntgenaufnahme und Zustand nach der Konservierung (Bernhard Hebert Soumllkpass 2003 69f)

142

Aumlquidistenz m

Betenmacherkogel Kupferzeitliche Houmlhensiedlung (Thomas Einwoumlgerer und Margit Linder Betenmacherkogel 2001 92)

(z B Metallurgie) oder Provenienz Im Zuge der Untersuchungen eines urgeschichtshylichen Brandopferplatzes auf dem Soumllkpass erleichterte eine Roumlntgenuntersuchung die fachgerechte Konservierung eines Fragmentes einer Knotenfibel vom Mittelshylateneschema25 Bei der Ausgrabung des spaumltantiken Graumlberfeldes auf dem Frauenshyberg kam die Computertomographie z B bei der Untersuchung von Grabbeigaben (Messern26) zum Einsatz

Bernhard HEBERT Archaumlologische Untersuchungen auf dem Soumllkpass Altwege ein hochalpincr urgeschichtlichcr Brandopferplatz und weitere Funde von der Steinzeit bis in die Moderne Mit Beitraumlgen von Thomas Einwoumlgerer Guumlnter Chrislandl Ursula Schachingcr und Maria Windshyholz-Konrad In Franz MANDL (Hg) Soumllkpass Ein 6000 Jahre alter Saumpfad uumlber die Alpen [] (= Mitteilungen der ANISA 2324 200203) Haus i E 2003 69f Ulla STEINKLAUBER [et al] Das spaumltantike Graumlberfeld auf dem Frauenberg bei Leibnitz Steiershymark (= FOuml Matcrialhefte Reihe A Heft 10) Wien 2002 76

143

Probenentnahme an einem Roumlmerstein im Lapidarium des Landesmuseums Joanneum (Foto BDA)

Marmore roumlmischer Bruumlche und Steindenkmaumller (Bernhard Hebert FWF-Projekt Marmore)

144

6

I

8 9

Weiters gelang der Nachweis dass Steingeshyraumlte von der kupferzeitlishychen Siedlung am Betenshymacherkogel bei Rosental (VB Voitsberg) aus Horn-stein gefertigt wurden der aus Bayern stammt womit entsprechende Handelsshyverbindungen nachgewieshysen sind bdquoDie Untershysuchung einer Auswahl von Rohmaterialien ershyfolgte durch A Binsteiner vom Bayerischen Landesshyamt fuumlr Denkmalpflege Er identifizierte - mit Ausshynahme eines alpinen Horn-steines und eines Quarzes - alle Auswahlstuumlcke als Jurahornsteine (Platten-hornsteine) aus der suumldshylichen Frankenalb Die meisten Stuumlcke waren nicht ausreichend typisch um sie einer der zahlreishychen Lokalitaumlten des Altshymuumlhltales zuzuweisen In einem Fall konnte er einen Typ Baiersdorf und in

zwei weiteren echten Baiersdorfer Plattenhornstein nachweisen Die Bestimmung der restlichen Rohmaterialen erfolgte nach makroskopischen Kriterien [] Neben den dominierenden Hornsteinen sind noch verschiedene Quarze haumlufiger vertreten seltener Quarzit und kieselreicher Kalk Bei einem weiteren Stuumlck duumlrfte es sich um einen zerschlagenen Amphibolithschiefer handeln28

In einem groszlig angelegten Forschungsprojekt29 wurden in den letzten Jahren die marmornen Roumlmersteine der Steiermark hinsichtlich ihres Materials untersucht Von

Kupferzeitliche Steingeraumlte vom Betenmacherkogel (Thomas Einwoumlgerer und Margit Linder Betenmacherkogel 2001 101)

2 Thomas EINWOOERER und Margit LINDFR Die kupferzeitliche Siedlung auf dem Betenmachershykogel in Rosental an der Kainach VB Voitsberg Steiennark In FOuml 402001 Wien 2002 91-113

s Ebd 93 Colloquium zum Abschluss des FWF-Projektes bdquoMarmore roumlmischer Bruumlche und Steindenkmaumlshy

ler in der Steiermark und in Stajerska Bundesdenkmalamt Graz 28 Februar 2004 Organisashytion Univ-Doz Dr Bernhard Hebert

145

den im neuen Lapidarium30 (Schloss Eggenberg) des Landesmuseums ausgestellten Steinen wurden ca 40 Prozent beprobt aus der ganzen Steiermark waren es etwa 200 Wir koumlnnen jetzt die einzelnen Monumente einzelnen Steinbruumlchen zuweisen wobei uumlberraschenderweise insgesamt aber besonders auch im unmittelbaren Beshyreich von Flavia Solva Material aus den offenbar sehr expansiven Bruumlchen von PohorjeBachern uumlberwiegt und weit auch uumlber den Landweg transportiert wurde31

ANTHROPOLOGIE ARCHAumlOZOOLOGIE UND ARCHAumlOBOTANIK

Archaumlologische Funde bestehen nicht nur aus Artefakten im eigentlichen Sinn sondern auch aus biologischen Uumlberresten die nicht wie mangels entsprechender Spezialisten oft geschehen beiseite gelegt werden duumlrfen Fast alle Grabungen benoumlshytigen diese Spezialisten aus den Faumlchern Anthropologie Archaumlozoologie und Archauml-obotanik bzw Pollenanalyse Die groumlszligte anthropologische Untersuchung der letzten Jahre war die der Skelette und Leichenbraumlnde des spaumltantiken Graumlberfeldes vom Frauenberg bei Leibnitz32 Neben vielen anderen die Lebensumstaumlnde und Bevoumllkeshyrungsstruktur erhellenden Daten konnten z B die aumlltesten bisher im Ostalpenraum bekannten kuumlnstlichen Schaumldeldeformationen festgestellt werden wie wir sie z B von Ostgermanen und Hunnen kennen

Mit der Archaumlozoologie bleiben wir am Frauenberg bei Leibnitz Derzeit laumluft ein archaumlologisch-archaumlozoologisches Forschungsprojekt zu einem bemerkenswerten Grabungsbefund einem mit tausenden Tier- und wenigen Menschenknochen und

Bindendeformation am Schaumldel aus Grab F 125 des spaumltantiken Graumlberfeldes am Frauenberg (Ulla Steinklauber Graumlberfeld Frauenberg 2002 579)

Erich HUDECZEK Die Roumlmersteinsammlung des Landesmuseums Joanneum Ein Fuumlhrer durch das Lapidarium Graz 2004 Bernhard HEBERT Zusammenfassung der Ergebnisse des FWF-Projektes bdquoMarmore roumlmischer Bruumlche und Steindenkmaumller in der Steiermark und in Stajerska Die Kurzfassung steht neben anderen Beitraumlgen als pdf-Datei unter bdquohttpwwwubi-erat-lupaorgsiteroemersteintreffen grazroemersteintreffenshtml als Download zur Verfuumlgung Vgl auch FOuml 432004 Wien 2005 (im Druck)

- Barbara SCHWEDER Anthropologie der Skelettrestc aus dem spaumltantiken Graumlberfeld auf dem Frauenberg bei Leibnitz Steiermark In Ulla STEINKLAUBER [et al] Das spaumltantike Graumlberfdd auf dem Frauenberg bei Leibnitz Steiermark (= FOuml Material hefte Reihe A Heft 10) Wien 2002411-581

146

Frauenberg bei Leibnitz Spaumltlatenezeitlicher Graben mit Tierknochenschicht (Georg Tiefengraber Heiligtum Frauenberg 1998 43)

Haferkoumlrner aus dem 12 Jahrhundert von der archaumlologischen Ausgrabung am Grazer Hauptplatz 2002 (Ruth Drescher-Schneider Ernaumlhrung im mittelalterlichen Graz 2003 56)

Pollenanalytische Untersuchung am Soumllkpass Prozentdiagramm der Baumlume und Straumlucher vom Spaumltneolithikum bis ins Hochmittelalter (vlnr) (Ruth Drescher-Schneider Brandopferplatz Soumllkpass 2003 100)

Opfergaben aus Keramik Metall und Glas verfuumlllten Graben eines spaumltlatenezeit-lichen Heiligtums Die Auswertung gerade der Tierknochen wird genaue Aufschluumlsse uumlber die Haustiere (v a Rinder und Pferde) aber auch uumlber das Opfergeschehen an diesem erst vor wenigen Jahren entdeckten zentralen Kultplatz ermoumlglichen33

Die Archaumlobotanik liefert wichtige Angaben uumlber Nahrungs- und Futtermittel und natuumlrlich die Kulturpflanzen selbst Solche koumlnnen wir etwa in den mittelalterlichen Haumlusern am spaumlteren Grazer Hauptplatz34 aus dem 12 Jh nachweisen aber auch einen starken Befall eines Getreidevorrats durch das giftige Mutterkorn35

Groszlige Bedeutung fuumlr die Rekonstruktion der Umwelt eines Grabungsplatzes hat die Pollenanalyse Die in den mit archaumlologischen Befunden korrelierbaren Schichshyten enthaltenen Pollen geben in ihrer Zusammensetzung Aufschluss uumlber den im Lauf der Jahrhunderte oder Jahrtausende schwankenden Pflanzenbestand am hochgelegeshynen Soumllkpass mit seinem praumlhistorischen Brandopferplatz etwa uumlber die Beweidung der Kleinregion zu verschiedenen Zeiten36 Auch das Auftreten von Pflanzen kann

33 Georg TIEFENGRABER und Christof GRILL Ein spaumltlatenezeitliches Heiligtum auf dem Frauenberg bei Leibnitz in der Steiermark () In Archaumlologisches Korrespondenzblatt 27 (1997) 601 ff -Georg TIEFENGRABER Ein spaumltlatenezeitliches Heiligtum am Frauenberg bei Leibnitz In Schild von Steier Beitraumlge zur steirischen Vor- und Fruumlhgeschichte und Muumlnzkunde Kleine Schriften 18 Graz 199843-54

34 Ulla STEINKLAUBER Die Grabungen am Grazer Hauptplatz 20012002 Abschlussbericht zum Projektende In FOuml 412002 Wien 2003 265-317

35 Ruth DRESCHER-SCHNEIDER Die pflanzliche Ernaumlhrung im mittelalterlichen Graz In Graz in Funden Archaumlologie in der Kulturhauptstadt Ausstellung im Stciermaumlrkischen Landesarchiv in Graz 9 Jaumlnner bis 14 Maumlrz 2003 (= Steiermaumlrkisches Landesarchiv Ausstellungsbegleiter Nr 2) Graz 2003 55-59

36 Ruth DRESCHER-SCHNEIDER Pollenanalytische Untersuchungen an einem Bodenprofil im Zusamshymenhang mit dem urgeschichtlichen Brandopferplatz auf dem Soumllkpass (1780 m NN Niedere Tauern Steiermark) In MANDL (Hg) Soumllkpass (wie Anm 25) 89-112

148

zur Datierung direkt beitragen Maispollen sollten nicht in mittelalterlichen oder aumllteren Schichten vorkommen Nuss und Wein nicht viel vor der Roumlmerzeit Die sehr aufwaumlndigen Untersuchungen haben naturgemaumlszlig die meist nur in feuchten Boumlden befriedigende Erhaltung der Pollen zur Voraussetzung37

Alle umweltrelevanten naturwissenschaftlichen Untersuchungen geben Informashytionen zu den auch in den letzten Jahrtausenden fuumlr Besiedlung und Bewirtschaftung entscheidenden Klimaschwankungen so wissen wir etwa dass in den Ostalpen Bronze- und Roumlmerzeit waumlrmer und trockener waren und somit gute Voraussetzunshygen fuumlr eine saisonale hochalpine Weidewirtschaft boten58

NATURWISSENSCHAFTLICHE DATIERUNGSMETHODEN39

Dendrochronologie

In anderen Regionen sehr bewaumlhrt hat sich die Dendrochronologie die Datierung von Holz anhand der Jahresringe deren klimabedingte Dickeschwankungen sich im Idealfall von heute bis zuruumlck in die Urgeschichte aneinanderreihen lassen Als Beshygruumlnder der Dendrochronologie gilt der amerikanische Astronom Andrew E Doug-lass (1867-1962) obwohl die Idee dazu uumlber mehrere heute weniger bekannte Nashyturbeobachter bis zu Leonardo da Vinci (1452-1519) zuruumlckverfolgbar ist der eine Verbindung zwischen der Witterung eines Jahres und der Breite des zugehoumlrigen Jahrringes von Baumlumen beschrieb Der Aufschwung der Dendrochronologie zu ihrer heutigen Bluumlte begann mit dem Siegeszug des Computers in den 1960er Jahren40

Aus anfangs wenigen Forschungszentren (1965 weltweit vielleicht nur fuumlnf Labore) hat sich die Dendrochronologie in drei bis vier Jahrzehnten in alle Winkel dieser Erde hinein ausgebreitet seit rund 20 Jahren sogar in die Waldregionen der Tropen und

Vgl auch Ruth DRESCHER-SCHNEIDER Ergebnisse derpollen- und groszligrestanalytischen Untersushychungen im Gebiet der Plankenalm Dachstein (Oumlsterreich) In Guumlnter CERWINKA und Franz MANDL (Hg) Dachstein Vier Jahrtausende Almen im Hochgebirge Bd 2 (= Mitt d ANISA 181997H 1-2) Haus i E 1998 46-61 - Ilse DRAXLER und Andreas LIPPFRT Pollenanalytishysche Daten und eine archaumlologische Bestandsaufnahme zur fruumlhen Siedlungsgeschichte im Geshybiet zwischen Raab und Mur (Oumlsterreich Slowenien Ungarn) [] In Geologie ohne Grenzen Festschrift 150 Jahre Geologische Bundesanstalt (= Abhandlungen der Geologischen Bundesshyanstalt Bd 561) Wien 1999 337-396 Franz MANDL Almen im Herzen Oumlsterreichs Dachsteingebirge Niedere Tauern Salzkammershygut Totes Gebirge Mit Beitraumlgen von Herta Mandl-Neumann und Gernot Patzelt Haus i E 2003 - Herta MANDL-NEUMANN und Franz MANDL Dachstein-Tauern-Region Blicke in Verganshygenheit und Gegenwart (= Mitt d ANISA 222001 H 1-2) Haus i ETemitz 2001 Eine Uumlbersicht bietet Diether KRAumlMER Vom Umgang mit der Vergangenheit In Spannungsfeld Altstadttiergarage Stadtplanung Stadtarchaumlologie (= Schild von Steier Kleine Schriften 20) Graz 2004 65-75 U SASS-KLAASSEN Dendroarchaeology success in the past and challenges for the future In Dendrochronologia 20 (2002) 87-93 (Weiterfuumlhrende Literatur siehe httpwwwbfafhde inst442dendrohtm)

149

Subtropen wo bis dahin die Auffassung vorherrschte hier sei Dendrochronologie prinzipiell unmoumlglich

Die biologische Gegebenheit der Jahr fuumlr Jahr unterschiedlichen Auspraumlgung von Jahresringen bdquoist entscheidend fuumlr die dendrochronologische Altersbestimmung eishynes Holzes Falls naumlmlich die Jahrringmuster zweier Houmllzer untereinander eine groszlige Aumlhnlichkeit aufweisen ist der Ruumlckschluss erlaubt dass die Baumlume denen sie entshystammen zur gleichen Zeit gelebt haben (relative Datierung) Ist eines der beiden Jahrringmuster bereits datiert dann ist auch die Entstehungszeit des anderen Musters bestimmbar (absolute Datierung) Fuumlr die Altersbestimmung von Holz ist daher stets eine datierte Vergleichsjahrringfolge fuumlr die in Frage stehende Baumart Region und Zeit erforderlich Eine derartige Datierungsgrundlage (Jahrringkalender oder Stanshydardchronologie) geht von den Jahrringfolgen lebender Baumlume aus denn nur die koumlnnen zunaumlchst jahrgenau fixiert werden Diese Jahrringfolgen werden mit den Jahrringfolgen verbauten Holzes uumlber die Zeitspanne gemeinsamen Lebens verzahnt und daruumlber hinaus jahrgenau in die Vergangenheit verlaumlngert Durch die Uumlberlapshypung mit den Jahresringen zunehmend aumllteren Holzes wird schrittweise ein endloser Baum konstruiert41

So konnten etwa die Faumllldaten von uumlber ein Moor verlegten Bohlen einer Roumlmershystraszlige in Tirol jahrgenau bestimmt werden42 Zwei Voraussetzungen muumlssen gegeben sein in ausreichender Dicke erhaltenes Holz und eine fuumlr die jeweilige Klimaregion bekannte und uumlberpruumlfte bdquoKurve der Dickeschwankungen in welche die jeweils erhaltene Sequenz einzupassen ist Beides trifft ftir den Suumldostalpenrand derzeit nicht wirklich zu In den steirischen Alpen im Dachsteingebiet ist es zumindest gelungen eine zusammenhaumlngende Kurve mit aus einem Gebirgssee geborgenen Houmllzern bis in das Fruumlhmittelalter zu gewinnen bdquoDer Zusammenhang von Temperatur und Baumshywachstum ermoumlglicht es aus Jahrringchronologien das Klima von Jahrhunderten aus denen keine instrumenteilen Aufzeichnungen vorliegen zu rekonstruieren Mit dem Ziel eine moumlglichst lange Jahrringchronologie zum Zwecke der Klimarekonsshytruktion zu erstellen wurden in den Jahren 1998 und 1999 stehende Baumlume und subfossile Staumlmme aus einem See auf dem Dachsteinplateau in der Obersteiermark beprobt Die resultierenden Chronologien reichen bis ins 5 Jahrhundert mehrere undatierte schwimmende Chronologien wuumlrden bei einer Schlieszligung der Luumlcken eine mindestens 4000-jaumlhrige Chronologie ergeben Bis ins Jahr 750 ist die Chronoshylogie bereits so gut belegt dass Klimarekonstruktionen gerechnet werden koumlnnen Das Ergebnis der Rekonstruktion stimmt gut mit publizierten Arbeiten aus Skandinashyvien und Sibirien uumlberein und zeigt dass die Erwaumlrmung im 20 Jahrhundert gerade noch innerhalb der Variabilitaumlt waumlhrend der letzten 1250 Jahre liegt43

41 V PINGEL und A HAUPTMANN (Hg) Archaumlometrie 2003 (zitiert nach dem Auszug in http wwwbfafhdeinst442dendrohtm)

K NicoLussi Die Bauhoumllzer der Via Claudia Augusta bei Leermoos (Tirol) In Elisabeth WALDE (Hg) Neue Forschungen zur Via Claudia Augusta Innsbruck 1998 113-145

43 Michael GRABNER und Wolfgang GINDL Neue Jahrringchronologien vom Dachstein Eine 1250-jaumlhrige Rekonstruktion der Sommertemperatur In Alpen - Archaumlologie - Felsbildforschung (= Mitt d ANISA 212000 H 1-2) Haus i E 2000 20-30 (bes 20)

150

Hingewiesen sei freilich darauf dass die Dendrochronologie in Oumlsterreich44 einen gewissen Nachholbedarf aufweist wie es die diesbezuumlglichen deutschen und Schweishyzer Forschungen beweisen45

Radiokarbondatierung

Naturwissenschaftliche Datierungsmethoden haben wesentliche Fortschritte in der zeitlichen Zuordnung einzelner Befunde aber auch ganzer (archaumlologischer) Kulmren gebracht Deren wichtigste die von dem amerikanischen Chemiker Willard Frank Libby und seinen Mitarbeitern seit 1947 entwickelte Radiokarbondatierung (bdquoC 14-Datierung) wird routinemaumlszligig immer dann angewendet wenn die eigentshylichen archaumlologischen Methoden wie Typologie und Vergleich und Vergesellschafshytung von Funden keine oder nur unsichere Einordnungen erlauben Verwendbar ist jedes organische Material Holz Holzkohle Knochen usw aber auch organisch anshygereicherte Bodensedimente da mit dem Tod jedes Lebewesens der gesetzmaumlszligige

Zerfall des zu Lebzeiten aufgenommenen natuumlrlich in der Atmosphaumlre vorhanshydenen radioaktiven Kohlen-stoffisotops (l4C) beginnt

Durch Stoffwechselproshyzesse bleibt das Niveau von Kohlenstoff 14 in einem leshybenden Organismus in konshystantem Gleichgewicht mit dem Niveau der Atmosphaumlre oder des Meeres Mit dem Tod des Organismus beginnt Kohlenstoff 14 mit einer konstanten Geschwindigshykeit (Halbwertszeit) zu zershyfallen der Kohlenstoff wird dann nicht mehr durch das Kohlendioxid in der Atmosshyphaumlre ersetzt Der schnelle Zerfall von Kohlenstoff 14 begrenzt im Allgemeinen

Holzbehaumlltnis mit den Gebeinen der heiligen Beatrix Mariahof (Foto BDA)

44 Rupert WIMMER und Michael GRABNER Standardchronologien in Oumlsterreich als Basis fuumlr die dendrochronologische Datierung In Archaumlologie Oumlsterreichs 92 (1998) 79-85

45 Vgl B BECKER Jahrringkalender Mitteleuropas In B BECKERA BILLAMBOZH EGGERP GASSMANNA ORCELC ORCELU RUOFF Dendrochronologie in der Ur- und Fruumlhgeschichte Basel 1985 8-29

152

CALIBRATION OF RADIOCARBON AGE TP CALENDAR YEARS (Variables C 1 3C 12=-195lab mult=l)

Laboratory number Beta-165758

Conventional radiocarbon age 1340plusmn40 BP

2 Sigma calibrated result Cal AD 640 to 770 (Cal BP 1310 to 1180) (95 probability)

Intercept data

Intercept of radiocarbon age with calibration curve Cal AD 670 (Cal BP 1280)

1 Sigma calibrated result Cal AD 660 to 690 (Cal BP 1290 to 1260) (68 probability)

References Datsbase ased

Calibration Databass Editorial Comment

Shtlver M van der Flicht H 1998 Radiocarbon 40(3) pxit-xi INTCAL98 Radiocarbon Age Calibration

Stuiver M et al 1998 Radiocarbon 40(3) pI041-083 Mathematics A Simplifted Approach to Calibrating C14Dates

Talma 4 S Vogel J C 1993 Radiocarbon 35(2) p31 -322

Beta Ana ly t ic Inc Florida 33155 USA Tel (305) 66~ 516 - Fax (305) 663 0964 E-Mail belaQradiL

Radiokarbondaten zur Untersuchung der Gebeine der bdquo heiligen Beatrix Mariahof (Foto BDA)

den Datierungszeitraum auf ungefaumlhr 50000 Jahre in manchen Faumlllen kann er bis 70000 Jahre erweitert werden Die Unsicherheit bei der Messung erhoumlht sich mit dem Alter der Probe

Die Genauigkeit der Messung haumlngt aber u a von der zugrunde gelegten Halbshywertszeit und von Schwankungen in den Kohlenstoff-14-Niveaus der Atmosphaumlre ab Die Zeitskala mit radioaktivem Kohlenstoff enthaumllt aber auch noch andere Un-

153

Sicherheiten Das groumlszligte Problem ist die Verunreinigung nach der Ablagerung die durch einsickerndes Grundwasser durch Einlagerung von aumllterem oder juumlngerem Kohlenstoff sowie durch Kontamination bei der Probennahme oder im Labor zustanshyde kommt

In den letzten Jahren war mit Hilfe der 14 C-Methode etwa zu verifizieren dass ein bei Woumlrterberg (Burgenland) aus der Lafnitz geborgenes Holzfass46 tatsaumlchlich roumlmerzeitlich ist oder dass in der Pfarrkirche von Mariahof aufbewahrte Gebeine welche die lokale Tradition einer (nicht kanonisierten) bdquoheiligen Beatrix47 zushyschreibt uumlberraschenderweise fruumlhmittelalterlich (um 670 n Chr) sind

Radiokarbondaten koumlnnen nur mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit die in Pushyblikationen auch zitiert werden sollte einen Zeitraum angeben und sind daher nie punktgenau aber jedenfalls ernst zu nehmen Dass sie durch welche Gegebenheiten auch immer tatsaumlchlich einmal falsch sein sollten muumlsste im Einzelfall erst penibel nachgewiesen werden

Abschlieszligend sei noch darauf hingewiesen dass auch in diesem Bereich immer mehr Informationen online uumlber PC verfuumlgbar werden so existiert zum Beispiel eine frei zugaumlngliche Datenbank mitteleuropaumlischer 14 C-Daten fuumlr das Neolithikum und die fruumlhe Bronzezeit48

In sehr fruumlhen Abschnitten der Urgeschichte bzw Palaumlontologie und Geologie muss man sich anderer radioaktiver Elemente bedienen die folgend kurz vorgestellt werden

Thermolu mineszenz4lt)

Die Thermoluminiszenz dient ausschlieszliglich der Datierung von Keramikfunden Die in der Keramik eingeschlossenen radioaktiven Spuren verbinden sich mit den Kernen von Heliumatomen Erhitzt man Proben dieser Keramik werden diese Atomshykerne wieder freigesetzt wobei sie aufgluumlhen (Thermoluminiszenz) Die Intensitaumlt

Bernhard HEBERT [Fundbericht] in FOuml 422003 Wien 2004 703f Leopold SciiMim Die Volkserzaumlhlung Maumlrchen Sage Legende Schwank Berlin 1963 2541T In gekuumlrzter Form erschienen in Neue Chronik zur Geschichte und Volkskunde der inneroumlstershyreichischen Alpenlaumlnder Nr 46 Beilage zur Suumldost-Tagespost Graz 6 Juli 1957 1 sowie in J REICHFNPI-ADER 900 Jahre Pfarre Mariahof Ecclesia Grazluppa 1066-1966 Mariahof 1966 -7-29 - Walter BRUNNERBernhard HFuERTSusanne LEHNER Ein neuer Flechtwerkstein und die Gebeine der bdquoheiligen Beatrix Uumlberlegungen zum Fruumlhmittelalter in Mariahof In MStLA 5253(2004) 65-101

Gratis zugaumlnglich unter httpwwwjungsteinsitederadonradonhtm G A WAGNERS GREILICHA KADEREIT Lumineszenzdaticrung - Kaltes Leuchten erhellt die Vergangenheit In Physik in unserer Zeit 344 (2004) 160-166 - U RIESERJ HABERMANNG A WAGNER Lummescence dating a new high sensitive TLOSL emission spectrometer In Quatern Geochronol 18 (1999) 311-315 - Th SCHIUESA LANGJ HABERMANNU RIESER Improved Single aliquot dating applications using a new highly efficient modular luminescence reader In Radiation Protection Dosimetry 84 (1999) 363-366 - J HABERMANN Untersuchunshygen zur Lumineszenzdatierung von Gesteinsoberflaumlchen Heidelberg 2000 [Phil Diss ]

Aufsluumlhens gibt Aufschluss uumlber die Dauer waumlhrend der die Atomkerne auf-ornmen wurden und ermoumlglicht so die Datierung der Keramikprobe

Kalium-Argon-Methode

Mit dem Zerfall von radioaktivem Kalium 40 zu Argon 40 und Calcium 40 koumlnshynen Gesteine mit einem Alter von 200 bis 800 Millionen Jahren (mit Argon) bzw von eins bis zwei Milliarden Jahren (mit Calcium) datiert werden Kalium 40 kommt weit verbreitet in haumlufigen gesteinsbildenden Mineralien wie Glimmern Feldspaumlten und Hornblenden vor Problematisch ist das Entweichen von Argon wenn das Gestein Temperaturen uumlber 125 Grad C ausgesetzt war denn dadurch wird das Messergebnis verfaumllscht

Rubidium-Strontium-Methode

Mit dieser sehr genauen und zuverlaumlssigen Methode koumlnnen die aumlltesten Gesteine datiert werden Sie basiert auf dem Zerfall von Rubidium 87 zu Strontium 87 und wird haumlufig auch dafuumlr eingesetzt um Kali um-Argon-Datierungen zu uumlberpruumlfen da sich Strontium bei geringer Erwaumlrmung nicht verfluumlchtigt wie es bei Argon der Fall ist

Methoden mit Thorium 230 und Blei50

Thorium-Methoden eignen sich zur Datierung von Meeressedimenten Das Uran im Meerwasser zerfaumlllt in das Thoriumisotop Thorium 230 (lonium) das sich in die Sedimente auf dem Meeresgrund einlagert Thorium 230 ist ein Glied der Zerfallsshyreihe von Uran 238 es besitzt eine Halbwertszeit von 80000 Jahren Protactinium 231 das von Uran 235 abgeleitet ist hat eine Halbwertszeit von 34300 Jahren

Das Blei-Alpha-Alter wird bestimmt indem man den Gesamtbleigehalt und die Alphateilchenaktivitaumlt (Uran-Thorium-Gehalt) von Zirkon- Monazit- oder Xenotim-konzentraten spektrometrisch bestimmt Die Uran-Blei-Methode basiert auf dem rashydioaktiven Zerfall von Uran 238 in Blei 206 und von Uran 235 in Blei 207 Mit den Zerfallsgeschwindigkeiten fuumlr Thorium 232 bis Blei 208 kann man drei voneinander unabhaumlngige Altersangaben fuumlr die gleiche Probe erhalten Die ermittelten Blei-206-und Blei-207-Verhaumlltnisse koumlnnen in das so genannte Blei-Blei-Alter umgewandelt werden Die Methode wird am haumlufigsten fuumlr Proben aus dem Praumlkambrium benutzt Als Nebenprodukt der Uran-Thorium-Blei-Altersbestimmung kann zusaumltzlich ein

R MALLICK Entwicklung der Mikrobeprobung zur ThU-Datierung und Anwendung an quartauml-ren Travertinen aus dem Thuumlringer Becken Heidelberg 2000 [Phil Diss]

155

Eingang zur Repolusthoumlhle 1955 Dipl-lng Hermann Bock Dr Karl Murban Alois Pracher Karl Denk Konrad Hofer (v r n I) (Foto LMJ)

Proben-Nr

Uh 1265

Uh 1266

Uh 1267

Uh 1268

Uh1269

Inventar-Nr

77284 Knochen

76143 A Knochen

76260 Knochen

77281 Knochen

76137 Knochen

Uran-Genalt (ppm)

2667 r 0024

1000 0017

0464 plusmn0016

8475

plusmn0141

5580 plusmn0122

Thorium-Gehalt (ppm)

0163 plusmn 0024

0256 TO011

0006 1OOO6

1970 10040

1039 -0021

U-234 Th-230 Th-230

U-238 Th-232 U-234

1211 +0034

1216 plusmn0021

1754 z 0069

1182 +0014

1038 plusmn0021

23 plusmn 3

9 plusmn 0

143 i100

14 i 0

17 T 0

UTh-Alter UTh-Alter (ka) korr (ka)

unkorr f = 10 t 00

0385 plusmn0012

0589 TO010

0327 plusmn0011

0915 plusmn0013

1007 plusmn0020

519 = 21

932 i 2 7

417 i 17 2299

501 i 21

858 + 28

414 plusmn 1-7 2236

133-117 134-11

gt330 Mirdestalter

Uran-Thorium-Datierung der fossilen Houmlhlenbaumlrenknochen aus der Repolusthoumlhle

(GeraldFuchs-JoumlrgFuumlrnholzer-FlorianA Fladerer Repolusthoumlhle 1999 163)

156

Uran-Uran-Alter51 das aus dem Verhaumlltnis Uran 235 zu Uran 238 abgeleitet wird berechnet werden52

Die selten verwendete Uran-Thorium-Methode wurde im Jahre 1997 zur Datieshyrung fossiler Houmlhlenbaumlrenknochen aus der bekannten Repolusthoumlhle noumlrdlich von Peagau herangezogen53 Die Houmlhle wurde in den Jahren 1947 bis 1955 ergraben in einer Zeit als sowohl verfeinerte stratigrafische Beobachtungen als auch alle naturshywissenschaftlichen Datierungsmethoden unbekannt waren Rein typologische Zuordshynungen der atypischen Steingeraumlte schienen auch nicht auszureichen Die Uran-Tho-num-Untersuchungen fuumlhrten zum Ergebnis dass die Sedimente der Repolusthoumlhle in einem Zeitraum von mehr als 200000 Jahren abgelagert worden waren womit die Houmlhle nicht nur als aumlltester Fundplatz der Steiermark sondern auch als einer der aumlltesten Mitteleuropas bestaumltigt wurde54

Die hier nur ausschnitthaft anhand steirischer Beispiele vorgestellten vielfaumlltigen Methoden lassen erkennen wie sehr die moderne Archaumlologie als interdisziplinaumlre Teamarheit auf andere Fachgebiete auf stets sich weiter entwickelnde Techniken und deren Anwendungen angewiesen ist Dieser Prozess wird sicherlich weitergehen und eine verstaumlrkte Offenheit und Methodendiskussion55 erfordern 1999 wurde in Heishydelberg die bdquoGesellschaft der Naturwissenschaftlichen Archaumlometrie zum Zweck des Einsatzes und der Entwicklung naturwissenschaftlicher Methoden zur Loumlsung kulturwissenschaftlicher und historischer Fragestellungen - in Forschung und Lehre - gegruumlndet Dies schlieszligt die faumlcheruumlbergreifende Mitwirkung der Biowissenschafshyten Chemie Geowissenschaften und Physik von naturwissenschaftlicher Seite sowie der archaumlologischen Disziplinen Kunstgeschichte Denkmalpflege und Restaurieshyrung von kulturhistorischer Seite ein Hingewiesen sei auf eine Reihe wissenschaftshylicher Veroumlffentlichungen sowie sachbezogene Oumlffentlichkeitsarbeit dieser Gesellshyschaft56

51 R MALLICKN FRANKA MANUumlINIG A WAGNER Anwendung der Uranreihen-Mikroproben-

_ datierung an quartaumlren Travertinverfahren In Prehistoria Thuringia 4 (2000) 95-100 v Vgl http^wwwregiosurfnetgeographiephygeoaltbestihtml Die Untersuchungen wurden von Mebus A Geyh vom Niedersaumlchsischen Landesamt fuumlr Bodenshy

forschung Hannover durchgefuumlhrt Gerald FUCHS - Joumlrg FUumlRNHOLZER - Florian A FLAUERER Untersuchungen zur Fundschicht-

^ bildung in der Repolusthoumlhle Steiermark In FOuml 371998 Wien 1999 143-172 Wer sich fuumlr die Theorie- und Methodendiskussion in der Archaumlologie interessiert sei auf die Website der Theorie-AG (httpwwwtheorie-agde) verwiesen die sich mit den theoretischen ProblemenFragestellungen in der archaumlologischen Forschung beschaumlftigt Neben der Moumlglichshykeit zur Diskussion findet man Buch- Tagungs- und Ausstellungshinweise Tagungsberichte Buchrezensionen und einiges mehr Archaumlometrisches Nachrichtenblatt hg v d Gesellschaft der Naturwissenschaftlichen Archaumloshylogie Heidelberg (Homepage httpwwwarchaeometriede)

157

GRIFFE QUER CT I n s t D r Staap flaquo l L oblaquon H SOIUTOH Mgt

10-FEB 1994 M WAGE i a n bull HF 2 10 gt ^ V W

r l ( bull

J i _ 1

SCAN 1 bull

L ff

r i

57 i

1

1 1

1

1 1

US

Computertomografische Aufnahme der Messer aus den Graumlbern F 83 und F124 vom spaumltantiken Graumlberfeld auf dem Frauen berg (Ulla Steinklauber Graumlberfeld Frauenberg 2002 76)

Soumllkpass Fragment einer Knotenfibel vom Mittellateneschema Umzeichnung vor der Konservierung Roumlntgenaufnahme und Zustand nach der Konservierung (Bernhard Hebert Soumllkpass 2003 69f)

142

Aumlquidistenz m

Betenmacherkogel Kupferzeitliche Houmlhensiedlung (Thomas Einwoumlgerer und Margit Linder Betenmacherkogel 2001 92)

(z B Metallurgie) oder Provenienz Im Zuge der Untersuchungen eines urgeschichtshylichen Brandopferplatzes auf dem Soumllkpass erleichterte eine Roumlntgenuntersuchung die fachgerechte Konservierung eines Fragmentes einer Knotenfibel vom Mittelshylateneschema25 Bei der Ausgrabung des spaumltantiken Graumlberfeldes auf dem Frauenshyberg kam die Computertomographie z B bei der Untersuchung von Grabbeigaben (Messern26) zum Einsatz

Bernhard HEBERT Archaumlologische Untersuchungen auf dem Soumllkpass Altwege ein hochalpincr urgeschichtlichcr Brandopferplatz und weitere Funde von der Steinzeit bis in die Moderne Mit Beitraumlgen von Thomas Einwoumlgerer Guumlnter Chrislandl Ursula Schachingcr und Maria Windshyholz-Konrad In Franz MANDL (Hg) Soumllkpass Ein 6000 Jahre alter Saumpfad uumlber die Alpen [] (= Mitteilungen der ANISA 2324 200203) Haus i E 2003 69f Ulla STEINKLAUBER [et al] Das spaumltantike Graumlberfeld auf dem Frauenberg bei Leibnitz Steiershymark (= FOuml Matcrialhefte Reihe A Heft 10) Wien 2002 76

143

Probenentnahme an einem Roumlmerstein im Lapidarium des Landesmuseums Joanneum (Foto BDA)

Marmore roumlmischer Bruumlche und Steindenkmaumller (Bernhard Hebert FWF-Projekt Marmore)

144

6

I

8 9

Weiters gelang der Nachweis dass Steingeshyraumlte von der kupferzeitlishychen Siedlung am Betenshymacherkogel bei Rosental (VB Voitsberg) aus Horn-stein gefertigt wurden der aus Bayern stammt womit entsprechende Handelsshyverbindungen nachgewieshysen sind bdquoDie Untershysuchung einer Auswahl von Rohmaterialien ershyfolgte durch A Binsteiner vom Bayerischen Landesshyamt fuumlr Denkmalpflege Er identifizierte - mit Ausshynahme eines alpinen Horn-steines und eines Quarzes - alle Auswahlstuumlcke als Jurahornsteine (Platten-hornsteine) aus der suumldshylichen Frankenalb Die meisten Stuumlcke waren nicht ausreichend typisch um sie einer der zahlreishychen Lokalitaumlten des Altshymuumlhltales zuzuweisen In einem Fall konnte er einen Typ Baiersdorf und in

zwei weiteren echten Baiersdorfer Plattenhornstein nachweisen Die Bestimmung der restlichen Rohmaterialen erfolgte nach makroskopischen Kriterien [] Neben den dominierenden Hornsteinen sind noch verschiedene Quarze haumlufiger vertreten seltener Quarzit und kieselreicher Kalk Bei einem weiteren Stuumlck duumlrfte es sich um einen zerschlagenen Amphibolithschiefer handeln28

In einem groszlig angelegten Forschungsprojekt29 wurden in den letzten Jahren die marmornen Roumlmersteine der Steiermark hinsichtlich ihres Materials untersucht Von

Kupferzeitliche Steingeraumlte vom Betenmacherkogel (Thomas Einwoumlgerer und Margit Linder Betenmacherkogel 2001 101)

2 Thomas EINWOOERER und Margit LINDFR Die kupferzeitliche Siedlung auf dem Betenmachershykogel in Rosental an der Kainach VB Voitsberg Steiennark In FOuml 402001 Wien 2002 91-113

s Ebd 93 Colloquium zum Abschluss des FWF-Projektes bdquoMarmore roumlmischer Bruumlche und Steindenkmaumlshy

ler in der Steiermark und in Stajerska Bundesdenkmalamt Graz 28 Februar 2004 Organisashytion Univ-Doz Dr Bernhard Hebert

145

den im neuen Lapidarium30 (Schloss Eggenberg) des Landesmuseums ausgestellten Steinen wurden ca 40 Prozent beprobt aus der ganzen Steiermark waren es etwa 200 Wir koumlnnen jetzt die einzelnen Monumente einzelnen Steinbruumlchen zuweisen wobei uumlberraschenderweise insgesamt aber besonders auch im unmittelbaren Beshyreich von Flavia Solva Material aus den offenbar sehr expansiven Bruumlchen von PohorjeBachern uumlberwiegt und weit auch uumlber den Landweg transportiert wurde31

ANTHROPOLOGIE ARCHAumlOZOOLOGIE UND ARCHAumlOBOTANIK

Archaumlologische Funde bestehen nicht nur aus Artefakten im eigentlichen Sinn sondern auch aus biologischen Uumlberresten die nicht wie mangels entsprechender Spezialisten oft geschehen beiseite gelegt werden duumlrfen Fast alle Grabungen benoumlshytigen diese Spezialisten aus den Faumlchern Anthropologie Archaumlozoologie und Archauml-obotanik bzw Pollenanalyse Die groumlszligte anthropologische Untersuchung der letzten Jahre war die der Skelette und Leichenbraumlnde des spaumltantiken Graumlberfeldes vom Frauenberg bei Leibnitz32 Neben vielen anderen die Lebensumstaumlnde und Bevoumllkeshyrungsstruktur erhellenden Daten konnten z B die aumlltesten bisher im Ostalpenraum bekannten kuumlnstlichen Schaumldeldeformationen festgestellt werden wie wir sie z B von Ostgermanen und Hunnen kennen

Mit der Archaumlozoologie bleiben wir am Frauenberg bei Leibnitz Derzeit laumluft ein archaumlologisch-archaumlozoologisches Forschungsprojekt zu einem bemerkenswerten Grabungsbefund einem mit tausenden Tier- und wenigen Menschenknochen und

Bindendeformation am Schaumldel aus Grab F 125 des spaumltantiken Graumlberfeldes am Frauenberg (Ulla Steinklauber Graumlberfeld Frauenberg 2002 579)

Erich HUDECZEK Die Roumlmersteinsammlung des Landesmuseums Joanneum Ein Fuumlhrer durch das Lapidarium Graz 2004 Bernhard HEBERT Zusammenfassung der Ergebnisse des FWF-Projektes bdquoMarmore roumlmischer Bruumlche und Steindenkmaumller in der Steiermark und in Stajerska Die Kurzfassung steht neben anderen Beitraumlgen als pdf-Datei unter bdquohttpwwwubi-erat-lupaorgsiteroemersteintreffen grazroemersteintreffenshtml als Download zur Verfuumlgung Vgl auch FOuml 432004 Wien 2005 (im Druck)

- Barbara SCHWEDER Anthropologie der Skelettrestc aus dem spaumltantiken Graumlberfeld auf dem Frauenberg bei Leibnitz Steiermark In Ulla STEINKLAUBER [et al] Das spaumltantike Graumlberfdd auf dem Frauenberg bei Leibnitz Steiermark (= FOuml Material hefte Reihe A Heft 10) Wien 2002411-581

146

Frauenberg bei Leibnitz Spaumltlatenezeitlicher Graben mit Tierknochenschicht (Georg Tiefengraber Heiligtum Frauenberg 1998 43)

Haferkoumlrner aus dem 12 Jahrhundert von der archaumlologischen Ausgrabung am Grazer Hauptplatz 2002 (Ruth Drescher-Schneider Ernaumlhrung im mittelalterlichen Graz 2003 56)

Pollenanalytische Untersuchung am Soumllkpass Prozentdiagramm der Baumlume und Straumlucher vom Spaumltneolithikum bis ins Hochmittelalter (vlnr) (Ruth Drescher-Schneider Brandopferplatz Soumllkpass 2003 100)

Opfergaben aus Keramik Metall und Glas verfuumlllten Graben eines spaumltlatenezeit-lichen Heiligtums Die Auswertung gerade der Tierknochen wird genaue Aufschluumlsse uumlber die Haustiere (v a Rinder und Pferde) aber auch uumlber das Opfergeschehen an diesem erst vor wenigen Jahren entdeckten zentralen Kultplatz ermoumlglichen33

Die Archaumlobotanik liefert wichtige Angaben uumlber Nahrungs- und Futtermittel und natuumlrlich die Kulturpflanzen selbst Solche koumlnnen wir etwa in den mittelalterlichen Haumlusern am spaumlteren Grazer Hauptplatz34 aus dem 12 Jh nachweisen aber auch einen starken Befall eines Getreidevorrats durch das giftige Mutterkorn35

Groszlige Bedeutung fuumlr die Rekonstruktion der Umwelt eines Grabungsplatzes hat die Pollenanalyse Die in den mit archaumlologischen Befunden korrelierbaren Schichshyten enthaltenen Pollen geben in ihrer Zusammensetzung Aufschluss uumlber den im Lauf der Jahrhunderte oder Jahrtausende schwankenden Pflanzenbestand am hochgelegeshynen Soumllkpass mit seinem praumlhistorischen Brandopferplatz etwa uumlber die Beweidung der Kleinregion zu verschiedenen Zeiten36 Auch das Auftreten von Pflanzen kann

33 Georg TIEFENGRABER und Christof GRILL Ein spaumltlatenezeitliches Heiligtum auf dem Frauenberg bei Leibnitz in der Steiermark () In Archaumlologisches Korrespondenzblatt 27 (1997) 601 ff -Georg TIEFENGRABER Ein spaumltlatenezeitliches Heiligtum am Frauenberg bei Leibnitz In Schild von Steier Beitraumlge zur steirischen Vor- und Fruumlhgeschichte und Muumlnzkunde Kleine Schriften 18 Graz 199843-54

34 Ulla STEINKLAUBER Die Grabungen am Grazer Hauptplatz 20012002 Abschlussbericht zum Projektende In FOuml 412002 Wien 2003 265-317

35 Ruth DRESCHER-SCHNEIDER Die pflanzliche Ernaumlhrung im mittelalterlichen Graz In Graz in Funden Archaumlologie in der Kulturhauptstadt Ausstellung im Stciermaumlrkischen Landesarchiv in Graz 9 Jaumlnner bis 14 Maumlrz 2003 (= Steiermaumlrkisches Landesarchiv Ausstellungsbegleiter Nr 2) Graz 2003 55-59

36 Ruth DRESCHER-SCHNEIDER Pollenanalytische Untersuchungen an einem Bodenprofil im Zusamshymenhang mit dem urgeschichtlichen Brandopferplatz auf dem Soumllkpass (1780 m NN Niedere Tauern Steiermark) In MANDL (Hg) Soumllkpass (wie Anm 25) 89-112

148

zur Datierung direkt beitragen Maispollen sollten nicht in mittelalterlichen oder aumllteren Schichten vorkommen Nuss und Wein nicht viel vor der Roumlmerzeit Die sehr aufwaumlndigen Untersuchungen haben naturgemaumlszlig die meist nur in feuchten Boumlden befriedigende Erhaltung der Pollen zur Voraussetzung37

Alle umweltrelevanten naturwissenschaftlichen Untersuchungen geben Informashytionen zu den auch in den letzten Jahrtausenden fuumlr Besiedlung und Bewirtschaftung entscheidenden Klimaschwankungen so wissen wir etwa dass in den Ostalpen Bronze- und Roumlmerzeit waumlrmer und trockener waren und somit gute Voraussetzunshygen fuumlr eine saisonale hochalpine Weidewirtschaft boten58

NATURWISSENSCHAFTLICHE DATIERUNGSMETHODEN39

Dendrochronologie

In anderen Regionen sehr bewaumlhrt hat sich die Dendrochronologie die Datierung von Holz anhand der Jahresringe deren klimabedingte Dickeschwankungen sich im Idealfall von heute bis zuruumlck in die Urgeschichte aneinanderreihen lassen Als Beshygruumlnder der Dendrochronologie gilt der amerikanische Astronom Andrew E Doug-lass (1867-1962) obwohl die Idee dazu uumlber mehrere heute weniger bekannte Nashyturbeobachter bis zu Leonardo da Vinci (1452-1519) zuruumlckverfolgbar ist der eine Verbindung zwischen der Witterung eines Jahres und der Breite des zugehoumlrigen Jahrringes von Baumlumen beschrieb Der Aufschwung der Dendrochronologie zu ihrer heutigen Bluumlte begann mit dem Siegeszug des Computers in den 1960er Jahren40

Aus anfangs wenigen Forschungszentren (1965 weltweit vielleicht nur fuumlnf Labore) hat sich die Dendrochronologie in drei bis vier Jahrzehnten in alle Winkel dieser Erde hinein ausgebreitet seit rund 20 Jahren sogar in die Waldregionen der Tropen und

Vgl auch Ruth DRESCHER-SCHNEIDER Ergebnisse derpollen- und groszligrestanalytischen Untersushychungen im Gebiet der Plankenalm Dachstein (Oumlsterreich) In Guumlnter CERWINKA und Franz MANDL (Hg) Dachstein Vier Jahrtausende Almen im Hochgebirge Bd 2 (= Mitt d ANISA 181997H 1-2) Haus i E 1998 46-61 - Ilse DRAXLER und Andreas LIPPFRT Pollenanalytishysche Daten und eine archaumlologische Bestandsaufnahme zur fruumlhen Siedlungsgeschichte im Geshybiet zwischen Raab und Mur (Oumlsterreich Slowenien Ungarn) [] In Geologie ohne Grenzen Festschrift 150 Jahre Geologische Bundesanstalt (= Abhandlungen der Geologischen Bundesshyanstalt Bd 561) Wien 1999 337-396 Franz MANDL Almen im Herzen Oumlsterreichs Dachsteingebirge Niedere Tauern Salzkammershygut Totes Gebirge Mit Beitraumlgen von Herta Mandl-Neumann und Gernot Patzelt Haus i E 2003 - Herta MANDL-NEUMANN und Franz MANDL Dachstein-Tauern-Region Blicke in Verganshygenheit und Gegenwart (= Mitt d ANISA 222001 H 1-2) Haus i ETemitz 2001 Eine Uumlbersicht bietet Diether KRAumlMER Vom Umgang mit der Vergangenheit In Spannungsfeld Altstadttiergarage Stadtplanung Stadtarchaumlologie (= Schild von Steier Kleine Schriften 20) Graz 2004 65-75 U SASS-KLAASSEN Dendroarchaeology success in the past and challenges for the future In Dendrochronologia 20 (2002) 87-93 (Weiterfuumlhrende Literatur siehe httpwwwbfafhde inst442dendrohtm)

149

Subtropen wo bis dahin die Auffassung vorherrschte hier sei Dendrochronologie prinzipiell unmoumlglich

Die biologische Gegebenheit der Jahr fuumlr Jahr unterschiedlichen Auspraumlgung von Jahresringen bdquoist entscheidend fuumlr die dendrochronologische Altersbestimmung eishynes Holzes Falls naumlmlich die Jahrringmuster zweier Houmllzer untereinander eine groszlige Aumlhnlichkeit aufweisen ist der Ruumlckschluss erlaubt dass die Baumlume denen sie entshystammen zur gleichen Zeit gelebt haben (relative Datierung) Ist eines der beiden Jahrringmuster bereits datiert dann ist auch die Entstehungszeit des anderen Musters bestimmbar (absolute Datierung) Fuumlr die Altersbestimmung von Holz ist daher stets eine datierte Vergleichsjahrringfolge fuumlr die in Frage stehende Baumart Region und Zeit erforderlich Eine derartige Datierungsgrundlage (Jahrringkalender oder Stanshydardchronologie) geht von den Jahrringfolgen lebender Baumlume aus denn nur die koumlnnen zunaumlchst jahrgenau fixiert werden Diese Jahrringfolgen werden mit den Jahrringfolgen verbauten Holzes uumlber die Zeitspanne gemeinsamen Lebens verzahnt und daruumlber hinaus jahrgenau in die Vergangenheit verlaumlngert Durch die Uumlberlapshypung mit den Jahresringen zunehmend aumllteren Holzes wird schrittweise ein endloser Baum konstruiert41

So konnten etwa die Faumllldaten von uumlber ein Moor verlegten Bohlen einer Roumlmershystraszlige in Tirol jahrgenau bestimmt werden42 Zwei Voraussetzungen muumlssen gegeben sein in ausreichender Dicke erhaltenes Holz und eine fuumlr die jeweilige Klimaregion bekannte und uumlberpruumlfte bdquoKurve der Dickeschwankungen in welche die jeweils erhaltene Sequenz einzupassen ist Beides trifft ftir den Suumldostalpenrand derzeit nicht wirklich zu In den steirischen Alpen im Dachsteingebiet ist es zumindest gelungen eine zusammenhaumlngende Kurve mit aus einem Gebirgssee geborgenen Houmllzern bis in das Fruumlhmittelalter zu gewinnen bdquoDer Zusammenhang von Temperatur und Baumshywachstum ermoumlglicht es aus Jahrringchronologien das Klima von Jahrhunderten aus denen keine instrumenteilen Aufzeichnungen vorliegen zu rekonstruieren Mit dem Ziel eine moumlglichst lange Jahrringchronologie zum Zwecke der Klimarekonsshytruktion zu erstellen wurden in den Jahren 1998 und 1999 stehende Baumlume und subfossile Staumlmme aus einem See auf dem Dachsteinplateau in der Obersteiermark beprobt Die resultierenden Chronologien reichen bis ins 5 Jahrhundert mehrere undatierte schwimmende Chronologien wuumlrden bei einer Schlieszligung der Luumlcken eine mindestens 4000-jaumlhrige Chronologie ergeben Bis ins Jahr 750 ist die Chronoshylogie bereits so gut belegt dass Klimarekonstruktionen gerechnet werden koumlnnen Das Ergebnis der Rekonstruktion stimmt gut mit publizierten Arbeiten aus Skandinashyvien und Sibirien uumlberein und zeigt dass die Erwaumlrmung im 20 Jahrhundert gerade noch innerhalb der Variabilitaumlt waumlhrend der letzten 1250 Jahre liegt43

41 V PINGEL und A HAUPTMANN (Hg) Archaumlometrie 2003 (zitiert nach dem Auszug in http wwwbfafhdeinst442dendrohtm)

K NicoLussi Die Bauhoumllzer der Via Claudia Augusta bei Leermoos (Tirol) In Elisabeth WALDE (Hg) Neue Forschungen zur Via Claudia Augusta Innsbruck 1998 113-145

43 Michael GRABNER und Wolfgang GINDL Neue Jahrringchronologien vom Dachstein Eine 1250-jaumlhrige Rekonstruktion der Sommertemperatur In Alpen - Archaumlologie - Felsbildforschung (= Mitt d ANISA 212000 H 1-2) Haus i E 2000 20-30 (bes 20)

150

Hingewiesen sei freilich darauf dass die Dendrochronologie in Oumlsterreich44 einen gewissen Nachholbedarf aufweist wie es die diesbezuumlglichen deutschen und Schweishyzer Forschungen beweisen45

Radiokarbondatierung

Naturwissenschaftliche Datierungsmethoden haben wesentliche Fortschritte in der zeitlichen Zuordnung einzelner Befunde aber auch ganzer (archaumlologischer) Kulmren gebracht Deren wichtigste die von dem amerikanischen Chemiker Willard Frank Libby und seinen Mitarbeitern seit 1947 entwickelte Radiokarbondatierung (bdquoC 14-Datierung) wird routinemaumlszligig immer dann angewendet wenn die eigentshylichen archaumlologischen Methoden wie Typologie und Vergleich und Vergesellschafshytung von Funden keine oder nur unsichere Einordnungen erlauben Verwendbar ist jedes organische Material Holz Holzkohle Knochen usw aber auch organisch anshygereicherte Bodensedimente da mit dem Tod jedes Lebewesens der gesetzmaumlszligige

Zerfall des zu Lebzeiten aufgenommenen natuumlrlich in der Atmosphaumlre vorhanshydenen radioaktiven Kohlen-stoffisotops (l4C) beginnt

Durch Stoffwechselproshyzesse bleibt das Niveau von Kohlenstoff 14 in einem leshybenden Organismus in konshystantem Gleichgewicht mit dem Niveau der Atmosphaumlre oder des Meeres Mit dem Tod des Organismus beginnt Kohlenstoff 14 mit einer konstanten Geschwindigshykeit (Halbwertszeit) zu zershyfallen der Kohlenstoff wird dann nicht mehr durch das Kohlendioxid in der Atmosshyphaumlre ersetzt Der schnelle Zerfall von Kohlenstoff 14 begrenzt im Allgemeinen

Holzbehaumlltnis mit den Gebeinen der heiligen Beatrix Mariahof (Foto BDA)

44 Rupert WIMMER und Michael GRABNER Standardchronologien in Oumlsterreich als Basis fuumlr die dendrochronologische Datierung In Archaumlologie Oumlsterreichs 92 (1998) 79-85

45 Vgl B BECKER Jahrringkalender Mitteleuropas In B BECKERA BILLAMBOZH EGGERP GASSMANNA ORCELC ORCELU RUOFF Dendrochronologie in der Ur- und Fruumlhgeschichte Basel 1985 8-29

152

CALIBRATION OF RADIOCARBON AGE TP CALENDAR YEARS (Variables C 1 3C 12=-195lab mult=l)

Laboratory number Beta-165758

Conventional radiocarbon age 1340plusmn40 BP

2 Sigma calibrated result Cal AD 640 to 770 (Cal BP 1310 to 1180) (95 probability)

Intercept data

Intercept of radiocarbon age with calibration curve Cal AD 670 (Cal BP 1280)

1 Sigma calibrated result Cal AD 660 to 690 (Cal BP 1290 to 1260) (68 probability)

References Datsbase ased

Calibration Databass Editorial Comment

Shtlver M van der Flicht H 1998 Radiocarbon 40(3) pxit-xi INTCAL98 Radiocarbon Age Calibration

Stuiver M et al 1998 Radiocarbon 40(3) pI041-083 Mathematics A Simplifted Approach to Calibrating C14Dates

Talma 4 S Vogel J C 1993 Radiocarbon 35(2) p31 -322

Beta Ana ly t ic Inc Florida 33155 USA Tel (305) 66~ 516 - Fax (305) 663 0964 E-Mail belaQradiL

Radiokarbondaten zur Untersuchung der Gebeine der bdquo heiligen Beatrix Mariahof (Foto BDA)

den Datierungszeitraum auf ungefaumlhr 50000 Jahre in manchen Faumlllen kann er bis 70000 Jahre erweitert werden Die Unsicherheit bei der Messung erhoumlht sich mit dem Alter der Probe

Die Genauigkeit der Messung haumlngt aber u a von der zugrunde gelegten Halbshywertszeit und von Schwankungen in den Kohlenstoff-14-Niveaus der Atmosphaumlre ab Die Zeitskala mit radioaktivem Kohlenstoff enthaumllt aber auch noch andere Un-

153

Sicherheiten Das groumlszligte Problem ist die Verunreinigung nach der Ablagerung die durch einsickerndes Grundwasser durch Einlagerung von aumllterem oder juumlngerem Kohlenstoff sowie durch Kontamination bei der Probennahme oder im Labor zustanshyde kommt

In den letzten Jahren war mit Hilfe der 14 C-Methode etwa zu verifizieren dass ein bei Woumlrterberg (Burgenland) aus der Lafnitz geborgenes Holzfass46 tatsaumlchlich roumlmerzeitlich ist oder dass in der Pfarrkirche von Mariahof aufbewahrte Gebeine welche die lokale Tradition einer (nicht kanonisierten) bdquoheiligen Beatrix47 zushyschreibt uumlberraschenderweise fruumlhmittelalterlich (um 670 n Chr) sind

Radiokarbondaten koumlnnen nur mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit die in Pushyblikationen auch zitiert werden sollte einen Zeitraum angeben und sind daher nie punktgenau aber jedenfalls ernst zu nehmen Dass sie durch welche Gegebenheiten auch immer tatsaumlchlich einmal falsch sein sollten muumlsste im Einzelfall erst penibel nachgewiesen werden

Abschlieszligend sei noch darauf hingewiesen dass auch in diesem Bereich immer mehr Informationen online uumlber PC verfuumlgbar werden so existiert zum Beispiel eine frei zugaumlngliche Datenbank mitteleuropaumlischer 14 C-Daten fuumlr das Neolithikum und die fruumlhe Bronzezeit48

In sehr fruumlhen Abschnitten der Urgeschichte bzw Palaumlontologie und Geologie muss man sich anderer radioaktiver Elemente bedienen die folgend kurz vorgestellt werden

Thermolu mineszenz4lt)

Die Thermoluminiszenz dient ausschlieszliglich der Datierung von Keramikfunden Die in der Keramik eingeschlossenen radioaktiven Spuren verbinden sich mit den Kernen von Heliumatomen Erhitzt man Proben dieser Keramik werden diese Atomshykerne wieder freigesetzt wobei sie aufgluumlhen (Thermoluminiszenz) Die Intensitaumlt

Bernhard HEBERT [Fundbericht] in FOuml 422003 Wien 2004 703f Leopold SciiMim Die Volkserzaumlhlung Maumlrchen Sage Legende Schwank Berlin 1963 2541T In gekuumlrzter Form erschienen in Neue Chronik zur Geschichte und Volkskunde der inneroumlstershyreichischen Alpenlaumlnder Nr 46 Beilage zur Suumldost-Tagespost Graz 6 Juli 1957 1 sowie in J REICHFNPI-ADER 900 Jahre Pfarre Mariahof Ecclesia Grazluppa 1066-1966 Mariahof 1966 -7-29 - Walter BRUNNERBernhard HFuERTSusanne LEHNER Ein neuer Flechtwerkstein und die Gebeine der bdquoheiligen Beatrix Uumlberlegungen zum Fruumlhmittelalter in Mariahof In MStLA 5253(2004) 65-101

Gratis zugaumlnglich unter httpwwwjungsteinsitederadonradonhtm G A WAGNERS GREILICHA KADEREIT Lumineszenzdaticrung - Kaltes Leuchten erhellt die Vergangenheit In Physik in unserer Zeit 344 (2004) 160-166 - U RIESERJ HABERMANNG A WAGNER Lummescence dating a new high sensitive TLOSL emission spectrometer In Quatern Geochronol 18 (1999) 311-315 - Th SCHIUESA LANGJ HABERMANNU RIESER Improved Single aliquot dating applications using a new highly efficient modular luminescence reader In Radiation Protection Dosimetry 84 (1999) 363-366 - J HABERMANN Untersuchunshygen zur Lumineszenzdatierung von Gesteinsoberflaumlchen Heidelberg 2000 [Phil Diss ]

Aufsluumlhens gibt Aufschluss uumlber die Dauer waumlhrend der die Atomkerne auf-ornmen wurden und ermoumlglicht so die Datierung der Keramikprobe

Kalium-Argon-Methode

Mit dem Zerfall von radioaktivem Kalium 40 zu Argon 40 und Calcium 40 koumlnshynen Gesteine mit einem Alter von 200 bis 800 Millionen Jahren (mit Argon) bzw von eins bis zwei Milliarden Jahren (mit Calcium) datiert werden Kalium 40 kommt weit verbreitet in haumlufigen gesteinsbildenden Mineralien wie Glimmern Feldspaumlten und Hornblenden vor Problematisch ist das Entweichen von Argon wenn das Gestein Temperaturen uumlber 125 Grad C ausgesetzt war denn dadurch wird das Messergebnis verfaumllscht

Rubidium-Strontium-Methode

Mit dieser sehr genauen und zuverlaumlssigen Methode koumlnnen die aumlltesten Gesteine datiert werden Sie basiert auf dem Zerfall von Rubidium 87 zu Strontium 87 und wird haumlufig auch dafuumlr eingesetzt um Kali um-Argon-Datierungen zu uumlberpruumlfen da sich Strontium bei geringer Erwaumlrmung nicht verfluumlchtigt wie es bei Argon der Fall ist

Methoden mit Thorium 230 und Blei50

Thorium-Methoden eignen sich zur Datierung von Meeressedimenten Das Uran im Meerwasser zerfaumlllt in das Thoriumisotop Thorium 230 (lonium) das sich in die Sedimente auf dem Meeresgrund einlagert Thorium 230 ist ein Glied der Zerfallsshyreihe von Uran 238 es besitzt eine Halbwertszeit von 80000 Jahren Protactinium 231 das von Uran 235 abgeleitet ist hat eine Halbwertszeit von 34300 Jahren

Das Blei-Alpha-Alter wird bestimmt indem man den Gesamtbleigehalt und die Alphateilchenaktivitaumlt (Uran-Thorium-Gehalt) von Zirkon- Monazit- oder Xenotim-konzentraten spektrometrisch bestimmt Die Uran-Blei-Methode basiert auf dem rashydioaktiven Zerfall von Uran 238 in Blei 206 und von Uran 235 in Blei 207 Mit den Zerfallsgeschwindigkeiten fuumlr Thorium 232 bis Blei 208 kann man drei voneinander unabhaumlngige Altersangaben fuumlr die gleiche Probe erhalten Die ermittelten Blei-206-und Blei-207-Verhaumlltnisse koumlnnen in das so genannte Blei-Blei-Alter umgewandelt werden Die Methode wird am haumlufigsten fuumlr Proben aus dem Praumlkambrium benutzt Als Nebenprodukt der Uran-Thorium-Blei-Altersbestimmung kann zusaumltzlich ein

R MALLICK Entwicklung der Mikrobeprobung zur ThU-Datierung und Anwendung an quartauml-ren Travertinen aus dem Thuumlringer Becken Heidelberg 2000 [Phil Diss]

155

Eingang zur Repolusthoumlhle 1955 Dipl-lng Hermann Bock Dr Karl Murban Alois Pracher Karl Denk Konrad Hofer (v r n I) (Foto LMJ)

Proben-Nr

Uh 1265

Uh 1266

Uh 1267

Uh 1268

Uh1269

Inventar-Nr

77284 Knochen

76143 A Knochen

76260 Knochen

77281 Knochen

76137 Knochen

Uran-Genalt (ppm)

2667 r 0024

1000 0017

0464 plusmn0016

8475

plusmn0141

5580 plusmn0122

Thorium-Gehalt (ppm)

0163 plusmn 0024

0256 TO011

0006 1OOO6

1970 10040

1039 -0021

U-234 Th-230 Th-230

U-238 Th-232 U-234

1211 +0034

1216 plusmn0021

1754 z 0069

1182 +0014

1038 plusmn0021

23 plusmn 3

9 plusmn 0

143 i100

14 i 0

17 T 0

UTh-Alter UTh-Alter (ka) korr (ka)

unkorr f = 10 t 00

0385 plusmn0012

0589 TO010

0327 plusmn0011

0915 plusmn0013

1007 plusmn0020

519 = 21

932 i 2 7

417 i 17 2299

501 i 21

858 + 28

414 plusmn 1-7 2236

133-117 134-11

gt330 Mirdestalter

Uran-Thorium-Datierung der fossilen Houmlhlenbaumlrenknochen aus der Repolusthoumlhle

(GeraldFuchs-JoumlrgFuumlrnholzer-FlorianA Fladerer Repolusthoumlhle 1999 163)

156

Uran-Uran-Alter51 das aus dem Verhaumlltnis Uran 235 zu Uran 238 abgeleitet wird berechnet werden52

Die selten verwendete Uran-Thorium-Methode wurde im Jahre 1997 zur Datieshyrung fossiler Houmlhlenbaumlrenknochen aus der bekannten Repolusthoumlhle noumlrdlich von Peagau herangezogen53 Die Houmlhle wurde in den Jahren 1947 bis 1955 ergraben in einer Zeit als sowohl verfeinerte stratigrafische Beobachtungen als auch alle naturshywissenschaftlichen Datierungsmethoden unbekannt waren Rein typologische Zuordshynungen der atypischen Steingeraumlte schienen auch nicht auszureichen Die Uran-Tho-num-Untersuchungen fuumlhrten zum Ergebnis dass die Sedimente der Repolusthoumlhle in einem Zeitraum von mehr als 200000 Jahren abgelagert worden waren womit die Houmlhle nicht nur als aumlltester Fundplatz der Steiermark sondern auch als einer der aumlltesten Mitteleuropas bestaumltigt wurde54

Die hier nur ausschnitthaft anhand steirischer Beispiele vorgestellten vielfaumlltigen Methoden lassen erkennen wie sehr die moderne Archaumlologie als interdisziplinaumlre Teamarheit auf andere Fachgebiete auf stets sich weiter entwickelnde Techniken und deren Anwendungen angewiesen ist Dieser Prozess wird sicherlich weitergehen und eine verstaumlrkte Offenheit und Methodendiskussion55 erfordern 1999 wurde in Heishydelberg die bdquoGesellschaft der Naturwissenschaftlichen Archaumlometrie zum Zweck des Einsatzes und der Entwicklung naturwissenschaftlicher Methoden zur Loumlsung kulturwissenschaftlicher und historischer Fragestellungen - in Forschung und Lehre - gegruumlndet Dies schlieszligt die faumlcheruumlbergreifende Mitwirkung der Biowissenschafshyten Chemie Geowissenschaften und Physik von naturwissenschaftlicher Seite sowie der archaumlologischen Disziplinen Kunstgeschichte Denkmalpflege und Restaurieshyrung von kulturhistorischer Seite ein Hingewiesen sei auf eine Reihe wissenschaftshylicher Veroumlffentlichungen sowie sachbezogene Oumlffentlichkeitsarbeit dieser Gesellshyschaft56

51 R MALLICKN FRANKA MANUumlINIG A WAGNER Anwendung der Uranreihen-Mikroproben-

_ datierung an quartaumlren Travertinverfahren In Prehistoria Thuringia 4 (2000) 95-100 v Vgl http^wwwregiosurfnetgeographiephygeoaltbestihtml Die Untersuchungen wurden von Mebus A Geyh vom Niedersaumlchsischen Landesamt fuumlr Bodenshy

forschung Hannover durchgefuumlhrt Gerald FUCHS - Joumlrg FUumlRNHOLZER - Florian A FLAUERER Untersuchungen zur Fundschicht-

^ bildung in der Repolusthoumlhle Steiermark In FOuml 371998 Wien 1999 143-172 Wer sich fuumlr die Theorie- und Methodendiskussion in der Archaumlologie interessiert sei auf die Website der Theorie-AG (httpwwwtheorie-agde) verwiesen die sich mit den theoretischen ProblemenFragestellungen in der archaumlologischen Forschung beschaumlftigt Neben der Moumlglichshykeit zur Diskussion findet man Buch- Tagungs- und Ausstellungshinweise Tagungsberichte Buchrezensionen und einiges mehr Archaumlometrisches Nachrichtenblatt hg v d Gesellschaft der Naturwissenschaftlichen Archaumloshylogie Heidelberg (Homepage httpwwwarchaeometriede)

157

Probenentnahme an einem Roumlmerstein im Lapidarium des Landesmuseums Joanneum (Foto BDA)

Marmore roumlmischer Bruumlche und Steindenkmaumller (Bernhard Hebert FWF-Projekt Marmore)

144

6

I

8 9

Weiters gelang der Nachweis dass Steingeshyraumlte von der kupferzeitlishychen Siedlung am Betenshymacherkogel bei Rosental (VB Voitsberg) aus Horn-stein gefertigt wurden der aus Bayern stammt womit entsprechende Handelsshyverbindungen nachgewieshysen sind bdquoDie Untershysuchung einer Auswahl von Rohmaterialien ershyfolgte durch A Binsteiner vom Bayerischen Landesshyamt fuumlr Denkmalpflege Er identifizierte - mit Ausshynahme eines alpinen Horn-steines und eines Quarzes - alle Auswahlstuumlcke als Jurahornsteine (Platten-hornsteine) aus der suumldshylichen Frankenalb Die meisten Stuumlcke waren nicht ausreichend typisch um sie einer der zahlreishychen Lokalitaumlten des Altshymuumlhltales zuzuweisen In einem Fall konnte er einen Typ Baiersdorf und in

zwei weiteren echten Baiersdorfer Plattenhornstein nachweisen Die Bestimmung der restlichen Rohmaterialen erfolgte nach makroskopischen Kriterien [] Neben den dominierenden Hornsteinen sind noch verschiedene Quarze haumlufiger vertreten seltener Quarzit und kieselreicher Kalk Bei einem weiteren Stuumlck duumlrfte es sich um einen zerschlagenen Amphibolithschiefer handeln28

In einem groszlig angelegten Forschungsprojekt29 wurden in den letzten Jahren die marmornen Roumlmersteine der Steiermark hinsichtlich ihres Materials untersucht Von

Kupferzeitliche Steingeraumlte vom Betenmacherkogel (Thomas Einwoumlgerer und Margit Linder Betenmacherkogel 2001 101)

2 Thomas EINWOOERER und Margit LINDFR Die kupferzeitliche Siedlung auf dem Betenmachershykogel in Rosental an der Kainach VB Voitsberg Steiennark In FOuml 402001 Wien 2002 91-113

s Ebd 93 Colloquium zum Abschluss des FWF-Projektes bdquoMarmore roumlmischer Bruumlche und Steindenkmaumlshy

ler in der Steiermark und in Stajerska Bundesdenkmalamt Graz 28 Februar 2004 Organisashytion Univ-Doz Dr Bernhard Hebert

145

den im neuen Lapidarium30 (Schloss Eggenberg) des Landesmuseums ausgestellten Steinen wurden ca 40 Prozent beprobt aus der ganzen Steiermark waren es etwa 200 Wir koumlnnen jetzt die einzelnen Monumente einzelnen Steinbruumlchen zuweisen wobei uumlberraschenderweise insgesamt aber besonders auch im unmittelbaren Beshyreich von Flavia Solva Material aus den offenbar sehr expansiven Bruumlchen von PohorjeBachern uumlberwiegt und weit auch uumlber den Landweg transportiert wurde31

ANTHROPOLOGIE ARCHAumlOZOOLOGIE UND ARCHAumlOBOTANIK

Archaumlologische Funde bestehen nicht nur aus Artefakten im eigentlichen Sinn sondern auch aus biologischen Uumlberresten die nicht wie mangels entsprechender Spezialisten oft geschehen beiseite gelegt werden duumlrfen Fast alle Grabungen benoumlshytigen diese Spezialisten aus den Faumlchern Anthropologie Archaumlozoologie und Archauml-obotanik bzw Pollenanalyse Die groumlszligte anthropologische Untersuchung der letzten Jahre war die der Skelette und Leichenbraumlnde des spaumltantiken Graumlberfeldes vom Frauenberg bei Leibnitz32 Neben vielen anderen die Lebensumstaumlnde und Bevoumllkeshyrungsstruktur erhellenden Daten konnten z B die aumlltesten bisher im Ostalpenraum bekannten kuumlnstlichen Schaumldeldeformationen festgestellt werden wie wir sie z B von Ostgermanen und Hunnen kennen

Mit der Archaumlozoologie bleiben wir am Frauenberg bei Leibnitz Derzeit laumluft ein archaumlologisch-archaumlozoologisches Forschungsprojekt zu einem bemerkenswerten Grabungsbefund einem mit tausenden Tier- und wenigen Menschenknochen und

Bindendeformation am Schaumldel aus Grab F 125 des spaumltantiken Graumlberfeldes am Frauenberg (Ulla Steinklauber Graumlberfeld Frauenberg 2002 579)

Erich HUDECZEK Die Roumlmersteinsammlung des Landesmuseums Joanneum Ein Fuumlhrer durch das Lapidarium Graz 2004 Bernhard HEBERT Zusammenfassung der Ergebnisse des FWF-Projektes bdquoMarmore roumlmischer Bruumlche und Steindenkmaumller in der Steiermark und in Stajerska Die Kurzfassung steht neben anderen Beitraumlgen als pdf-Datei unter bdquohttpwwwubi-erat-lupaorgsiteroemersteintreffen grazroemersteintreffenshtml als Download zur Verfuumlgung Vgl auch FOuml 432004 Wien 2005 (im Druck)

- Barbara SCHWEDER Anthropologie der Skelettrestc aus dem spaumltantiken Graumlberfeld auf dem Frauenberg bei Leibnitz Steiermark In Ulla STEINKLAUBER [et al] Das spaumltantike Graumlberfdd auf dem Frauenberg bei Leibnitz Steiermark (= FOuml Material hefte Reihe A Heft 10) Wien 2002411-581

146

Frauenberg bei Leibnitz Spaumltlatenezeitlicher Graben mit Tierknochenschicht (Georg Tiefengraber Heiligtum Frauenberg 1998 43)

Haferkoumlrner aus dem 12 Jahrhundert von der archaumlologischen Ausgrabung am Grazer Hauptplatz 2002 (Ruth Drescher-Schneider Ernaumlhrung im mittelalterlichen Graz 2003 56)

Pollenanalytische Untersuchung am Soumllkpass Prozentdiagramm der Baumlume und Straumlucher vom Spaumltneolithikum bis ins Hochmittelalter (vlnr) (Ruth Drescher-Schneider Brandopferplatz Soumllkpass 2003 100)

Opfergaben aus Keramik Metall und Glas verfuumlllten Graben eines spaumltlatenezeit-lichen Heiligtums Die Auswertung gerade der Tierknochen wird genaue Aufschluumlsse uumlber die Haustiere (v a Rinder und Pferde) aber auch uumlber das Opfergeschehen an diesem erst vor wenigen Jahren entdeckten zentralen Kultplatz ermoumlglichen33

Die Archaumlobotanik liefert wichtige Angaben uumlber Nahrungs- und Futtermittel und natuumlrlich die Kulturpflanzen selbst Solche koumlnnen wir etwa in den mittelalterlichen Haumlusern am spaumlteren Grazer Hauptplatz34 aus dem 12 Jh nachweisen aber auch einen starken Befall eines Getreidevorrats durch das giftige Mutterkorn35

Groszlige Bedeutung fuumlr die Rekonstruktion der Umwelt eines Grabungsplatzes hat die Pollenanalyse Die in den mit archaumlologischen Befunden korrelierbaren Schichshyten enthaltenen Pollen geben in ihrer Zusammensetzung Aufschluss uumlber den im Lauf der Jahrhunderte oder Jahrtausende schwankenden Pflanzenbestand am hochgelegeshynen Soumllkpass mit seinem praumlhistorischen Brandopferplatz etwa uumlber die Beweidung der Kleinregion zu verschiedenen Zeiten36 Auch das Auftreten von Pflanzen kann

33 Georg TIEFENGRABER und Christof GRILL Ein spaumltlatenezeitliches Heiligtum auf dem Frauenberg bei Leibnitz in der Steiermark () In Archaumlologisches Korrespondenzblatt 27 (1997) 601 ff -Georg TIEFENGRABER Ein spaumltlatenezeitliches Heiligtum am Frauenberg bei Leibnitz In Schild von Steier Beitraumlge zur steirischen Vor- und Fruumlhgeschichte und Muumlnzkunde Kleine Schriften 18 Graz 199843-54

34 Ulla STEINKLAUBER Die Grabungen am Grazer Hauptplatz 20012002 Abschlussbericht zum Projektende In FOuml 412002 Wien 2003 265-317

35 Ruth DRESCHER-SCHNEIDER Die pflanzliche Ernaumlhrung im mittelalterlichen Graz In Graz in Funden Archaumlologie in der Kulturhauptstadt Ausstellung im Stciermaumlrkischen Landesarchiv in Graz 9 Jaumlnner bis 14 Maumlrz 2003 (= Steiermaumlrkisches Landesarchiv Ausstellungsbegleiter Nr 2) Graz 2003 55-59

36 Ruth DRESCHER-SCHNEIDER Pollenanalytische Untersuchungen an einem Bodenprofil im Zusamshymenhang mit dem urgeschichtlichen Brandopferplatz auf dem Soumllkpass (1780 m NN Niedere Tauern Steiermark) In MANDL (Hg) Soumllkpass (wie Anm 25) 89-112

148

zur Datierung direkt beitragen Maispollen sollten nicht in mittelalterlichen oder aumllteren Schichten vorkommen Nuss und Wein nicht viel vor der Roumlmerzeit Die sehr aufwaumlndigen Untersuchungen haben naturgemaumlszlig die meist nur in feuchten Boumlden befriedigende Erhaltung der Pollen zur Voraussetzung37

Alle umweltrelevanten naturwissenschaftlichen Untersuchungen geben Informashytionen zu den auch in den letzten Jahrtausenden fuumlr Besiedlung und Bewirtschaftung entscheidenden Klimaschwankungen so wissen wir etwa dass in den Ostalpen Bronze- und Roumlmerzeit waumlrmer und trockener waren und somit gute Voraussetzunshygen fuumlr eine saisonale hochalpine Weidewirtschaft boten58

NATURWISSENSCHAFTLICHE DATIERUNGSMETHODEN39

Dendrochronologie

In anderen Regionen sehr bewaumlhrt hat sich die Dendrochronologie die Datierung von Holz anhand der Jahresringe deren klimabedingte Dickeschwankungen sich im Idealfall von heute bis zuruumlck in die Urgeschichte aneinanderreihen lassen Als Beshygruumlnder der Dendrochronologie gilt der amerikanische Astronom Andrew E Doug-lass (1867-1962) obwohl die Idee dazu uumlber mehrere heute weniger bekannte Nashyturbeobachter bis zu Leonardo da Vinci (1452-1519) zuruumlckverfolgbar ist der eine Verbindung zwischen der Witterung eines Jahres und der Breite des zugehoumlrigen Jahrringes von Baumlumen beschrieb Der Aufschwung der Dendrochronologie zu ihrer heutigen Bluumlte begann mit dem Siegeszug des Computers in den 1960er Jahren40

Aus anfangs wenigen Forschungszentren (1965 weltweit vielleicht nur fuumlnf Labore) hat sich die Dendrochronologie in drei bis vier Jahrzehnten in alle Winkel dieser Erde hinein ausgebreitet seit rund 20 Jahren sogar in die Waldregionen der Tropen und

Vgl auch Ruth DRESCHER-SCHNEIDER Ergebnisse derpollen- und groszligrestanalytischen Untersushychungen im Gebiet der Plankenalm Dachstein (Oumlsterreich) In Guumlnter CERWINKA und Franz MANDL (Hg) Dachstein Vier Jahrtausende Almen im Hochgebirge Bd 2 (= Mitt d ANISA 181997H 1-2) Haus i E 1998 46-61 - Ilse DRAXLER und Andreas LIPPFRT Pollenanalytishysche Daten und eine archaumlologische Bestandsaufnahme zur fruumlhen Siedlungsgeschichte im Geshybiet zwischen Raab und Mur (Oumlsterreich Slowenien Ungarn) [] In Geologie ohne Grenzen Festschrift 150 Jahre Geologische Bundesanstalt (= Abhandlungen der Geologischen Bundesshyanstalt Bd 561) Wien 1999 337-396 Franz MANDL Almen im Herzen Oumlsterreichs Dachsteingebirge Niedere Tauern Salzkammershygut Totes Gebirge Mit Beitraumlgen von Herta Mandl-Neumann und Gernot Patzelt Haus i E 2003 - Herta MANDL-NEUMANN und Franz MANDL Dachstein-Tauern-Region Blicke in Verganshygenheit und Gegenwart (= Mitt d ANISA 222001 H 1-2) Haus i ETemitz 2001 Eine Uumlbersicht bietet Diether KRAumlMER Vom Umgang mit der Vergangenheit In Spannungsfeld Altstadttiergarage Stadtplanung Stadtarchaumlologie (= Schild von Steier Kleine Schriften 20) Graz 2004 65-75 U SASS-KLAASSEN Dendroarchaeology success in the past and challenges for the future In Dendrochronologia 20 (2002) 87-93 (Weiterfuumlhrende Literatur siehe httpwwwbfafhde inst442dendrohtm)

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Subtropen wo bis dahin die Auffassung vorherrschte hier sei Dendrochronologie prinzipiell unmoumlglich

Die biologische Gegebenheit der Jahr fuumlr Jahr unterschiedlichen Auspraumlgung von Jahresringen bdquoist entscheidend fuumlr die dendrochronologische Altersbestimmung eishynes Holzes Falls naumlmlich die Jahrringmuster zweier Houmllzer untereinander eine groszlige Aumlhnlichkeit aufweisen ist der Ruumlckschluss erlaubt dass die Baumlume denen sie entshystammen zur gleichen Zeit gelebt haben (relative Datierung) Ist eines der beiden Jahrringmuster bereits datiert dann ist auch die Entstehungszeit des anderen Musters bestimmbar (absolute Datierung) Fuumlr die Altersbestimmung von Holz ist daher stets eine datierte Vergleichsjahrringfolge fuumlr die in Frage stehende Baumart Region und Zeit erforderlich Eine derartige Datierungsgrundlage (Jahrringkalender oder Stanshydardchronologie) geht von den Jahrringfolgen lebender Baumlume aus denn nur die koumlnnen zunaumlchst jahrgenau fixiert werden Diese Jahrringfolgen werden mit den Jahrringfolgen verbauten Holzes uumlber die Zeitspanne gemeinsamen Lebens verzahnt und daruumlber hinaus jahrgenau in die Vergangenheit verlaumlngert Durch die Uumlberlapshypung mit den Jahresringen zunehmend aumllteren Holzes wird schrittweise ein endloser Baum konstruiert41

So konnten etwa die Faumllldaten von uumlber ein Moor verlegten Bohlen einer Roumlmershystraszlige in Tirol jahrgenau bestimmt werden42 Zwei Voraussetzungen muumlssen gegeben sein in ausreichender Dicke erhaltenes Holz und eine fuumlr die jeweilige Klimaregion bekannte und uumlberpruumlfte bdquoKurve der Dickeschwankungen in welche die jeweils erhaltene Sequenz einzupassen ist Beides trifft ftir den Suumldostalpenrand derzeit nicht wirklich zu In den steirischen Alpen im Dachsteingebiet ist es zumindest gelungen eine zusammenhaumlngende Kurve mit aus einem Gebirgssee geborgenen Houmllzern bis in das Fruumlhmittelalter zu gewinnen bdquoDer Zusammenhang von Temperatur und Baumshywachstum ermoumlglicht es aus Jahrringchronologien das Klima von Jahrhunderten aus denen keine instrumenteilen Aufzeichnungen vorliegen zu rekonstruieren Mit dem Ziel eine moumlglichst lange Jahrringchronologie zum Zwecke der Klimarekonsshytruktion zu erstellen wurden in den Jahren 1998 und 1999 stehende Baumlume und subfossile Staumlmme aus einem See auf dem Dachsteinplateau in der Obersteiermark beprobt Die resultierenden Chronologien reichen bis ins 5 Jahrhundert mehrere undatierte schwimmende Chronologien wuumlrden bei einer Schlieszligung der Luumlcken eine mindestens 4000-jaumlhrige Chronologie ergeben Bis ins Jahr 750 ist die Chronoshylogie bereits so gut belegt dass Klimarekonstruktionen gerechnet werden koumlnnen Das Ergebnis der Rekonstruktion stimmt gut mit publizierten Arbeiten aus Skandinashyvien und Sibirien uumlberein und zeigt dass die Erwaumlrmung im 20 Jahrhundert gerade noch innerhalb der Variabilitaumlt waumlhrend der letzten 1250 Jahre liegt43

41 V PINGEL und A HAUPTMANN (Hg) Archaumlometrie 2003 (zitiert nach dem Auszug in http wwwbfafhdeinst442dendrohtm)

K NicoLussi Die Bauhoumllzer der Via Claudia Augusta bei Leermoos (Tirol) In Elisabeth WALDE (Hg) Neue Forschungen zur Via Claudia Augusta Innsbruck 1998 113-145

43 Michael GRABNER und Wolfgang GINDL Neue Jahrringchronologien vom Dachstein Eine 1250-jaumlhrige Rekonstruktion der Sommertemperatur In Alpen - Archaumlologie - Felsbildforschung (= Mitt d ANISA 212000 H 1-2) Haus i E 2000 20-30 (bes 20)

150

Hingewiesen sei freilich darauf dass die Dendrochronologie in Oumlsterreich44 einen gewissen Nachholbedarf aufweist wie es die diesbezuumlglichen deutschen und Schweishyzer Forschungen beweisen45

Radiokarbondatierung

Naturwissenschaftliche Datierungsmethoden haben wesentliche Fortschritte in der zeitlichen Zuordnung einzelner Befunde aber auch ganzer (archaumlologischer) Kulmren gebracht Deren wichtigste die von dem amerikanischen Chemiker Willard Frank Libby und seinen Mitarbeitern seit 1947 entwickelte Radiokarbondatierung (bdquoC 14-Datierung) wird routinemaumlszligig immer dann angewendet wenn die eigentshylichen archaumlologischen Methoden wie Typologie und Vergleich und Vergesellschafshytung von Funden keine oder nur unsichere Einordnungen erlauben Verwendbar ist jedes organische Material Holz Holzkohle Knochen usw aber auch organisch anshygereicherte Bodensedimente da mit dem Tod jedes Lebewesens der gesetzmaumlszligige

Zerfall des zu Lebzeiten aufgenommenen natuumlrlich in der Atmosphaumlre vorhanshydenen radioaktiven Kohlen-stoffisotops (l4C) beginnt

Durch Stoffwechselproshyzesse bleibt das Niveau von Kohlenstoff 14 in einem leshybenden Organismus in konshystantem Gleichgewicht mit dem Niveau der Atmosphaumlre oder des Meeres Mit dem Tod des Organismus beginnt Kohlenstoff 14 mit einer konstanten Geschwindigshykeit (Halbwertszeit) zu zershyfallen der Kohlenstoff wird dann nicht mehr durch das Kohlendioxid in der Atmosshyphaumlre ersetzt Der schnelle Zerfall von Kohlenstoff 14 begrenzt im Allgemeinen

Holzbehaumlltnis mit den Gebeinen der heiligen Beatrix Mariahof (Foto BDA)

44 Rupert WIMMER und Michael GRABNER Standardchronologien in Oumlsterreich als Basis fuumlr die dendrochronologische Datierung In Archaumlologie Oumlsterreichs 92 (1998) 79-85

45 Vgl B BECKER Jahrringkalender Mitteleuropas In B BECKERA BILLAMBOZH EGGERP GASSMANNA ORCELC ORCELU RUOFF Dendrochronologie in der Ur- und Fruumlhgeschichte Basel 1985 8-29

152

CALIBRATION OF RADIOCARBON AGE TP CALENDAR YEARS (Variables C 1 3C 12=-195lab mult=l)

Laboratory number Beta-165758

Conventional radiocarbon age 1340plusmn40 BP

2 Sigma calibrated result Cal AD 640 to 770 (Cal BP 1310 to 1180) (95 probability)

Intercept data

Intercept of radiocarbon age with calibration curve Cal AD 670 (Cal BP 1280)

1 Sigma calibrated result Cal AD 660 to 690 (Cal BP 1290 to 1260) (68 probability)

References Datsbase ased

Calibration Databass Editorial Comment

Shtlver M van der Flicht H 1998 Radiocarbon 40(3) pxit-xi INTCAL98 Radiocarbon Age Calibration

Stuiver M et al 1998 Radiocarbon 40(3) pI041-083 Mathematics A Simplifted Approach to Calibrating C14Dates

Talma 4 S Vogel J C 1993 Radiocarbon 35(2) p31 -322

Beta Ana ly t ic Inc Florida 33155 USA Tel (305) 66~ 516 - Fax (305) 663 0964 E-Mail belaQradiL

Radiokarbondaten zur Untersuchung der Gebeine der bdquo heiligen Beatrix Mariahof (Foto BDA)

den Datierungszeitraum auf ungefaumlhr 50000 Jahre in manchen Faumlllen kann er bis 70000 Jahre erweitert werden Die Unsicherheit bei der Messung erhoumlht sich mit dem Alter der Probe

Die Genauigkeit der Messung haumlngt aber u a von der zugrunde gelegten Halbshywertszeit und von Schwankungen in den Kohlenstoff-14-Niveaus der Atmosphaumlre ab Die Zeitskala mit radioaktivem Kohlenstoff enthaumllt aber auch noch andere Un-

153

Sicherheiten Das groumlszligte Problem ist die Verunreinigung nach der Ablagerung die durch einsickerndes Grundwasser durch Einlagerung von aumllterem oder juumlngerem Kohlenstoff sowie durch Kontamination bei der Probennahme oder im Labor zustanshyde kommt

In den letzten Jahren war mit Hilfe der 14 C-Methode etwa zu verifizieren dass ein bei Woumlrterberg (Burgenland) aus der Lafnitz geborgenes Holzfass46 tatsaumlchlich roumlmerzeitlich ist oder dass in der Pfarrkirche von Mariahof aufbewahrte Gebeine welche die lokale Tradition einer (nicht kanonisierten) bdquoheiligen Beatrix47 zushyschreibt uumlberraschenderweise fruumlhmittelalterlich (um 670 n Chr) sind

Radiokarbondaten koumlnnen nur mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit die in Pushyblikationen auch zitiert werden sollte einen Zeitraum angeben und sind daher nie punktgenau aber jedenfalls ernst zu nehmen Dass sie durch welche Gegebenheiten auch immer tatsaumlchlich einmal falsch sein sollten muumlsste im Einzelfall erst penibel nachgewiesen werden

Abschlieszligend sei noch darauf hingewiesen dass auch in diesem Bereich immer mehr Informationen online uumlber PC verfuumlgbar werden so existiert zum Beispiel eine frei zugaumlngliche Datenbank mitteleuropaumlischer 14 C-Daten fuumlr das Neolithikum und die fruumlhe Bronzezeit48

In sehr fruumlhen Abschnitten der Urgeschichte bzw Palaumlontologie und Geologie muss man sich anderer radioaktiver Elemente bedienen die folgend kurz vorgestellt werden

Thermolu mineszenz4lt)

Die Thermoluminiszenz dient ausschlieszliglich der Datierung von Keramikfunden Die in der Keramik eingeschlossenen radioaktiven Spuren verbinden sich mit den Kernen von Heliumatomen Erhitzt man Proben dieser Keramik werden diese Atomshykerne wieder freigesetzt wobei sie aufgluumlhen (Thermoluminiszenz) Die Intensitaumlt

Bernhard HEBERT [Fundbericht] in FOuml 422003 Wien 2004 703f Leopold SciiMim Die Volkserzaumlhlung Maumlrchen Sage Legende Schwank Berlin 1963 2541T In gekuumlrzter Form erschienen in Neue Chronik zur Geschichte und Volkskunde der inneroumlstershyreichischen Alpenlaumlnder Nr 46 Beilage zur Suumldost-Tagespost Graz 6 Juli 1957 1 sowie in J REICHFNPI-ADER 900 Jahre Pfarre Mariahof Ecclesia Grazluppa 1066-1966 Mariahof 1966 -7-29 - Walter BRUNNERBernhard HFuERTSusanne LEHNER Ein neuer Flechtwerkstein und die Gebeine der bdquoheiligen Beatrix Uumlberlegungen zum Fruumlhmittelalter in Mariahof In MStLA 5253(2004) 65-101

Gratis zugaumlnglich unter httpwwwjungsteinsitederadonradonhtm G A WAGNERS GREILICHA KADEREIT Lumineszenzdaticrung - Kaltes Leuchten erhellt die Vergangenheit In Physik in unserer Zeit 344 (2004) 160-166 - U RIESERJ HABERMANNG A WAGNER Lummescence dating a new high sensitive TLOSL emission spectrometer In Quatern Geochronol 18 (1999) 311-315 - Th SCHIUESA LANGJ HABERMANNU RIESER Improved Single aliquot dating applications using a new highly efficient modular luminescence reader In Radiation Protection Dosimetry 84 (1999) 363-366 - J HABERMANN Untersuchunshygen zur Lumineszenzdatierung von Gesteinsoberflaumlchen Heidelberg 2000 [Phil Diss ]

Aufsluumlhens gibt Aufschluss uumlber die Dauer waumlhrend der die Atomkerne auf-ornmen wurden und ermoumlglicht so die Datierung der Keramikprobe

Kalium-Argon-Methode

Mit dem Zerfall von radioaktivem Kalium 40 zu Argon 40 und Calcium 40 koumlnshynen Gesteine mit einem Alter von 200 bis 800 Millionen Jahren (mit Argon) bzw von eins bis zwei Milliarden Jahren (mit Calcium) datiert werden Kalium 40 kommt weit verbreitet in haumlufigen gesteinsbildenden Mineralien wie Glimmern Feldspaumlten und Hornblenden vor Problematisch ist das Entweichen von Argon wenn das Gestein Temperaturen uumlber 125 Grad C ausgesetzt war denn dadurch wird das Messergebnis verfaumllscht

Rubidium-Strontium-Methode

Mit dieser sehr genauen und zuverlaumlssigen Methode koumlnnen die aumlltesten Gesteine datiert werden Sie basiert auf dem Zerfall von Rubidium 87 zu Strontium 87 und wird haumlufig auch dafuumlr eingesetzt um Kali um-Argon-Datierungen zu uumlberpruumlfen da sich Strontium bei geringer Erwaumlrmung nicht verfluumlchtigt wie es bei Argon der Fall ist

Methoden mit Thorium 230 und Blei50

Thorium-Methoden eignen sich zur Datierung von Meeressedimenten Das Uran im Meerwasser zerfaumlllt in das Thoriumisotop Thorium 230 (lonium) das sich in die Sedimente auf dem Meeresgrund einlagert Thorium 230 ist ein Glied der Zerfallsshyreihe von Uran 238 es besitzt eine Halbwertszeit von 80000 Jahren Protactinium 231 das von Uran 235 abgeleitet ist hat eine Halbwertszeit von 34300 Jahren

Das Blei-Alpha-Alter wird bestimmt indem man den Gesamtbleigehalt und die Alphateilchenaktivitaumlt (Uran-Thorium-Gehalt) von Zirkon- Monazit- oder Xenotim-konzentraten spektrometrisch bestimmt Die Uran-Blei-Methode basiert auf dem rashydioaktiven Zerfall von Uran 238 in Blei 206 und von Uran 235 in Blei 207 Mit den Zerfallsgeschwindigkeiten fuumlr Thorium 232 bis Blei 208 kann man drei voneinander unabhaumlngige Altersangaben fuumlr die gleiche Probe erhalten Die ermittelten Blei-206-und Blei-207-Verhaumlltnisse koumlnnen in das so genannte Blei-Blei-Alter umgewandelt werden Die Methode wird am haumlufigsten fuumlr Proben aus dem Praumlkambrium benutzt Als Nebenprodukt der Uran-Thorium-Blei-Altersbestimmung kann zusaumltzlich ein

R MALLICK Entwicklung der Mikrobeprobung zur ThU-Datierung und Anwendung an quartauml-ren Travertinen aus dem Thuumlringer Becken Heidelberg 2000 [Phil Diss]

155

Eingang zur Repolusthoumlhle 1955 Dipl-lng Hermann Bock Dr Karl Murban Alois Pracher Karl Denk Konrad Hofer (v r n I) (Foto LMJ)

Proben-Nr

Uh 1265

Uh 1266

Uh 1267

Uh 1268

Uh1269

Inventar-Nr

77284 Knochen

76143 A Knochen

76260 Knochen

77281 Knochen

76137 Knochen

Uran-Genalt (ppm)

2667 r 0024

1000 0017

0464 plusmn0016

8475

plusmn0141

5580 plusmn0122

Thorium-Gehalt (ppm)

0163 plusmn 0024

0256 TO011

0006 1OOO6

1970 10040

1039 -0021

U-234 Th-230 Th-230

U-238 Th-232 U-234

1211 +0034

1216 plusmn0021

1754 z 0069

1182 +0014

1038 plusmn0021

23 plusmn 3

9 plusmn 0

143 i100

14 i 0

17 T 0

UTh-Alter UTh-Alter (ka) korr (ka)

unkorr f = 10 t 00

0385 plusmn0012

0589 TO010

0327 plusmn0011

0915 plusmn0013

1007 plusmn0020

519 = 21

932 i 2 7

417 i 17 2299

501 i 21

858 + 28

414 plusmn 1-7 2236

133-117 134-11

gt330 Mirdestalter

Uran-Thorium-Datierung der fossilen Houmlhlenbaumlrenknochen aus der Repolusthoumlhle

(GeraldFuchs-JoumlrgFuumlrnholzer-FlorianA Fladerer Repolusthoumlhle 1999 163)

156

Uran-Uran-Alter51 das aus dem Verhaumlltnis Uran 235 zu Uran 238 abgeleitet wird berechnet werden52

Die selten verwendete Uran-Thorium-Methode wurde im Jahre 1997 zur Datieshyrung fossiler Houmlhlenbaumlrenknochen aus der bekannten Repolusthoumlhle noumlrdlich von Peagau herangezogen53 Die Houmlhle wurde in den Jahren 1947 bis 1955 ergraben in einer Zeit als sowohl verfeinerte stratigrafische Beobachtungen als auch alle naturshywissenschaftlichen Datierungsmethoden unbekannt waren Rein typologische Zuordshynungen der atypischen Steingeraumlte schienen auch nicht auszureichen Die Uran-Tho-num-Untersuchungen fuumlhrten zum Ergebnis dass die Sedimente der Repolusthoumlhle in einem Zeitraum von mehr als 200000 Jahren abgelagert worden waren womit die Houmlhle nicht nur als aumlltester Fundplatz der Steiermark sondern auch als einer der aumlltesten Mitteleuropas bestaumltigt wurde54

Die hier nur ausschnitthaft anhand steirischer Beispiele vorgestellten vielfaumlltigen Methoden lassen erkennen wie sehr die moderne Archaumlologie als interdisziplinaumlre Teamarheit auf andere Fachgebiete auf stets sich weiter entwickelnde Techniken und deren Anwendungen angewiesen ist Dieser Prozess wird sicherlich weitergehen und eine verstaumlrkte Offenheit und Methodendiskussion55 erfordern 1999 wurde in Heishydelberg die bdquoGesellschaft der Naturwissenschaftlichen Archaumlometrie zum Zweck des Einsatzes und der Entwicklung naturwissenschaftlicher Methoden zur Loumlsung kulturwissenschaftlicher und historischer Fragestellungen - in Forschung und Lehre - gegruumlndet Dies schlieszligt die faumlcheruumlbergreifende Mitwirkung der Biowissenschafshyten Chemie Geowissenschaften und Physik von naturwissenschaftlicher Seite sowie der archaumlologischen Disziplinen Kunstgeschichte Denkmalpflege und Restaurieshyrung von kulturhistorischer Seite ein Hingewiesen sei auf eine Reihe wissenschaftshylicher Veroumlffentlichungen sowie sachbezogene Oumlffentlichkeitsarbeit dieser Gesellshyschaft56

51 R MALLICKN FRANKA MANUumlINIG A WAGNER Anwendung der Uranreihen-Mikroproben-

_ datierung an quartaumlren Travertinverfahren In Prehistoria Thuringia 4 (2000) 95-100 v Vgl http^wwwregiosurfnetgeographiephygeoaltbestihtml Die Untersuchungen wurden von Mebus A Geyh vom Niedersaumlchsischen Landesamt fuumlr Bodenshy

forschung Hannover durchgefuumlhrt Gerald FUCHS - Joumlrg FUumlRNHOLZER - Florian A FLAUERER Untersuchungen zur Fundschicht-

^ bildung in der Repolusthoumlhle Steiermark In FOuml 371998 Wien 1999 143-172 Wer sich fuumlr die Theorie- und Methodendiskussion in der Archaumlologie interessiert sei auf die Website der Theorie-AG (httpwwwtheorie-agde) verwiesen die sich mit den theoretischen ProblemenFragestellungen in der archaumlologischen Forschung beschaumlftigt Neben der Moumlglichshykeit zur Diskussion findet man Buch- Tagungs- und Ausstellungshinweise Tagungsberichte Buchrezensionen und einiges mehr Archaumlometrisches Nachrichtenblatt hg v d Gesellschaft der Naturwissenschaftlichen Archaumloshylogie Heidelberg (Homepage httpwwwarchaeometriede)

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den im neuen Lapidarium30 (Schloss Eggenberg) des Landesmuseums ausgestellten Steinen wurden ca 40 Prozent beprobt aus der ganzen Steiermark waren es etwa 200 Wir koumlnnen jetzt die einzelnen Monumente einzelnen Steinbruumlchen zuweisen wobei uumlberraschenderweise insgesamt aber besonders auch im unmittelbaren Beshyreich von Flavia Solva Material aus den offenbar sehr expansiven Bruumlchen von PohorjeBachern uumlberwiegt und weit auch uumlber den Landweg transportiert wurde31

ANTHROPOLOGIE ARCHAumlOZOOLOGIE UND ARCHAumlOBOTANIK

Archaumlologische Funde bestehen nicht nur aus Artefakten im eigentlichen Sinn sondern auch aus biologischen Uumlberresten die nicht wie mangels entsprechender Spezialisten oft geschehen beiseite gelegt werden duumlrfen Fast alle Grabungen benoumlshytigen diese Spezialisten aus den Faumlchern Anthropologie Archaumlozoologie und Archauml-obotanik bzw Pollenanalyse Die groumlszligte anthropologische Untersuchung der letzten Jahre war die der Skelette und Leichenbraumlnde des spaumltantiken Graumlberfeldes vom Frauenberg bei Leibnitz32 Neben vielen anderen die Lebensumstaumlnde und Bevoumllkeshyrungsstruktur erhellenden Daten konnten z B die aumlltesten bisher im Ostalpenraum bekannten kuumlnstlichen Schaumldeldeformationen festgestellt werden wie wir sie z B von Ostgermanen und Hunnen kennen

Mit der Archaumlozoologie bleiben wir am Frauenberg bei Leibnitz Derzeit laumluft ein archaumlologisch-archaumlozoologisches Forschungsprojekt zu einem bemerkenswerten Grabungsbefund einem mit tausenden Tier- und wenigen Menschenknochen und

Bindendeformation am Schaumldel aus Grab F 125 des spaumltantiken Graumlberfeldes am Frauenberg (Ulla Steinklauber Graumlberfeld Frauenberg 2002 579)

Erich HUDECZEK Die Roumlmersteinsammlung des Landesmuseums Joanneum Ein Fuumlhrer durch das Lapidarium Graz 2004 Bernhard HEBERT Zusammenfassung der Ergebnisse des FWF-Projektes bdquoMarmore roumlmischer Bruumlche und Steindenkmaumller in der Steiermark und in Stajerska Die Kurzfassung steht neben anderen Beitraumlgen als pdf-Datei unter bdquohttpwwwubi-erat-lupaorgsiteroemersteintreffen grazroemersteintreffenshtml als Download zur Verfuumlgung Vgl auch FOuml 432004 Wien 2005 (im Druck)

- Barbara SCHWEDER Anthropologie der Skelettrestc aus dem spaumltantiken Graumlberfeld auf dem Frauenberg bei Leibnitz Steiermark In Ulla STEINKLAUBER [et al] Das spaumltantike Graumlberfdd auf dem Frauenberg bei Leibnitz Steiermark (= FOuml Material hefte Reihe A Heft 10) Wien 2002411-581

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Frauenberg bei Leibnitz Spaumltlatenezeitlicher Graben mit Tierknochenschicht (Georg Tiefengraber Heiligtum Frauenberg 1998 43)

Haferkoumlrner aus dem 12 Jahrhundert von der archaumlologischen Ausgrabung am Grazer Hauptplatz 2002 (Ruth Drescher-Schneider Ernaumlhrung im mittelalterlichen Graz 2003 56)

Pollenanalytische Untersuchung am Soumllkpass Prozentdiagramm der Baumlume und Straumlucher vom Spaumltneolithikum bis ins Hochmittelalter (vlnr) (Ruth Drescher-Schneider Brandopferplatz Soumllkpass 2003 100)

Opfergaben aus Keramik Metall und Glas verfuumlllten Graben eines spaumltlatenezeit-lichen Heiligtums Die Auswertung gerade der Tierknochen wird genaue Aufschluumlsse uumlber die Haustiere (v a Rinder und Pferde) aber auch uumlber das Opfergeschehen an diesem erst vor wenigen Jahren entdeckten zentralen Kultplatz ermoumlglichen33

Die Archaumlobotanik liefert wichtige Angaben uumlber Nahrungs- und Futtermittel und natuumlrlich die Kulturpflanzen selbst Solche koumlnnen wir etwa in den mittelalterlichen Haumlusern am spaumlteren Grazer Hauptplatz34 aus dem 12 Jh nachweisen aber auch einen starken Befall eines Getreidevorrats durch das giftige Mutterkorn35

Groszlige Bedeutung fuumlr die Rekonstruktion der Umwelt eines Grabungsplatzes hat die Pollenanalyse Die in den mit archaumlologischen Befunden korrelierbaren Schichshyten enthaltenen Pollen geben in ihrer Zusammensetzung Aufschluss uumlber den im Lauf der Jahrhunderte oder Jahrtausende schwankenden Pflanzenbestand am hochgelegeshynen Soumllkpass mit seinem praumlhistorischen Brandopferplatz etwa uumlber die Beweidung der Kleinregion zu verschiedenen Zeiten36 Auch das Auftreten von Pflanzen kann

33 Georg TIEFENGRABER und Christof GRILL Ein spaumltlatenezeitliches Heiligtum auf dem Frauenberg bei Leibnitz in der Steiermark () In Archaumlologisches Korrespondenzblatt 27 (1997) 601 ff -Georg TIEFENGRABER Ein spaumltlatenezeitliches Heiligtum am Frauenberg bei Leibnitz In Schild von Steier Beitraumlge zur steirischen Vor- und Fruumlhgeschichte und Muumlnzkunde Kleine Schriften 18 Graz 199843-54

34 Ulla STEINKLAUBER Die Grabungen am Grazer Hauptplatz 20012002 Abschlussbericht zum Projektende In FOuml 412002 Wien 2003 265-317

35 Ruth DRESCHER-SCHNEIDER Die pflanzliche Ernaumlhrung im mittelalterlichen Graz In Graz in Funden Archaumlologie in der Kulturhauptstadt Ausstellung im Stciermaumlrkischen Landesarchiv in Graz 9 Jaumlnner bis 14 Maumlrz 2003 (= Steiermaumlrkisches Landesarchiv Ausstellungsbegleiter Nr 2) Graz 2003 55-59

36 Ruth DRESCHER-SCHNEIDER Pollenanalytische Untersuchungen an einem Bodenprofil im Zusamshymenhang mit dem urgeschichtlichen Brandopferplatz auf dem Soumllkpass (1780 m NN Niedere Tauern Steiermark) In MANDL (Hg) Soumllkpass (wie Anm 25) 89-112

148

zur Datierung direkt beitragen Maispollen sollten nicht in mittelalterlichen oder aumllteren Schichten vorkommen Nuss und Wein nicht viel vor der Roumlmerzeit Die sehr aufwaumlndigen Untersuchungen haben naturgemaumlszlig die meist nur in feuchten Boumlden befriedigende Erhaltung der Pollen zur Voraussetzung37

Alle umweltrelevanten naturwissenschaftlichen Untersuchungen geben Informashytionen zu den auch in den letzten Jahrtausenden fuumlr Besiedlung und Bewirtschaftung entscheidenden Klimaschwankungen so wissen wir etwa dass in den Ostalpen Bronze- und Roumlmerzeit waumlrmer und trockener waren und somit gute Voraussetzunshygen fuumlr eine saisonale hochalpine Weidewirtschaft boten58

NATURWISSENSCHAFTLICHE DATIERUNGSMETHODEN39

Dendrochronologie

In anderen Regionen sehr bewaumlhrt hat sich die Dendrochronologie die Datierung von Holz anhand der Jahresringe deren klimabedingte Dickeschwankungen sich im Idealfall von heute bis zuruumlck in die Urgeschichte aneinanderreihen lassen Als Beshygruumlnder der Dendrochronologie gilt der amerikanische Astronom Andrew E Doug-lass (1867-1962) obwohl die Idee dazu uumlber mehrere heute weniger bekannte Nashyturbeobachter bis zu Leonardo da Vinci (1452-1519) zuruumlckverfolgbar ist der eine Verbindung zwischen der Witterung eines Jahres und der Breite des zugehoumlrigen Jahrringes von Baumlumen beschrieb Der Aufschwung der Dendrochronologie zu ihrer heutigen Bluumlte begann mit dem Siegeszug des Computers in den 1960er Jahren40

Aus anfangs wenigen Forschungszentren (1965 weltweit vielleicht nur fuumlnf Labore) hat sich die Dendrochronologie in drei bis vier Jahrzehnten in alle Winkel dieser Erde hinein ausgebreitet seit rund 20 Jahren sogar in die Waldregionen der Tropen und

Vgl auch Ruth DRESCHER-SCHNEIDER Ergebnisse derpollen- und groszligrestanalytischen Untersushychungen im Gebiet der Plankenalm Dachstein (Oumlsterreich) In Guumlnter CERWINKA und Franz MANDL (Hg) Dachstein Vier Jahrtausende Almen im Hochgebirge Bd 2 (= Mitt d ANISA 181997H 1-2) Haus i E 1998 46-61 - Ilse DRAXLER und Andreas LIPPFRT Pollenanalytishysche Daten und eine archaumlologische Bestandsaufnahme zur fruumlhen Siedlungsgeschichte im Geshybiet zwischen Raab und Mur (Oumlsterreich Slowenien Ungarn) [] In Geologie ohne Grenzen Festschrift 150 Jahre Geologische Bundesanstalt (= Abhandlungen der Geologischen Bundesshyanstalt Bd 561) Wien 1999 337-396 Franz MANDL Almen im Herzen Oumlsterreichs Dachsteingebirge Niedere Tauern Salzkammershygut Totes Gebirge Mit Beitraumlgen von Herta Mandl-Neumann und Gernot Patzelt Haus i E 2003 - Herta MANDL-NEUMANN und Franz MANDL Dachstein-Tauern-Region Blicke in Verganshygenheit und Gegenwart (= Mitt d ANISA 222001 H 1-2) Haus i ETemitz 2001 Eine Uumlbersicht bietet Diether KRAumlMER Vom Umgang mit der Vergangenheit In Spannungsfeld Altstadttiergarage Stadtplanung Stadtarchaumlologie (= Schild von Steier Kleine Schriften 20) Graz 2004 65-75 U SASS-KLAASSEN Dendroarchaeology success in the past and challenges for the future In Dendrochronologia 20 (2002) 87-93 (Weiterfuumlhrende Literatur siehe httpwwwbfafhde inst442dendrohtm)

149

Subtropen wo bis dahin die Auffassung vorherrschte hier sei Dendrochronologie prinzipiell unmoumlglich

Die biologische Gegebenheit der Jahr fuumlr Jahr unterschiedlichen Auspraumlgung von Jahresringen bdquoist entscheidend fuumlr die dendrochronologische Altersbestimmung eishynes Holzes Falls naumlmlich die Jahrringmuster zweier Houmllzer untereinander eine groszlige Aumlhnlichkeit aufweisen ist der Ruumlckschluss erlaubt dass die Baumlume denen sie entshystammen zur gleichen Zeit gelebt haben (relative Datierung) Ist eines der beiden Jahrringmuster bereits datiert dann ist auch die Entstehungszeit des anderen Musters bestimmbar (absolute Datierung) Fuumlr die Altersbestimmung von Holz ist daher stets eine datierte Vergleichsjahrringfolge fuumlr die in Frage stehende Baumart Region und Zeit erforderlich Eine derartige Datierungsgrundlage (Jahrringkalender oder Stanshydardchronologie) geht von den Jahrringfolgen lebender Baumlume aus denn nur die koumlnnen zunaumlchst jahrgenau fixiert werden Diese Jahrringfolgen werden mit den Jahrringfolgen verbauten Holzes uumlber die Zeitspanne gemeinsamen Lebens verzahnt und daruumlber hinaus jahrgenau in die Vergangenheit verlaumlngert Durch die Uumlberlapshypung mit den Jahresringen zunehmend aumllteren Holzes wird schrittweise ein endloser Baum konstruiert41

So konnten etwa die Faumllldaten von uumlber ein Moor verlegten Bohlen einer Roumlmershystraszlige in Tirol jahrgenau bestimmt werden42 Zwei Voraussetzungen muumlssen gegeben sein in ausreichender Dicke erhaltenes Holz und eine fuumlr die jeweilige Klimaregion bekannte und uumlberpruumlfte bdquoKurve der Dickeschwankungen in welche die jeweils erhaltene Sequenz einzupassen ist Beides trifft ftir den Suumldostalpenrand derzeit nicht wirklich zu In den steirischen Alpen im Dachsteingebiet ist es zumindest gelungen eine zusammenhaumlngende Kurve mit aus einem Gebirgssee geborgenen Houmllzern bis in das Fruumlhmittelalter zu gewinnen bdquoDer Zusammenhang von Temperatur und Baumshywachstum ermoumlglicht es aus Jahrringchronologien das Klima von Jahrhunderten aus denen keine instrumenteilen Aufzeichnungen vorliegen zu rekonstruieren Mit dem Ziel eine moumlglichst lange Jahrringchronologie zum Zwecke der Klimarekonsshytruktion zu erstellen wurden in den Jahren 1998 und 1999 stehende Baumlume und subfossile Staumlmme aus einem See auf dem Dachsteinplateau in der Obersteiermark beprobt Die resultierenden Chronologien reichen bis ins 5 Jahrhundert mehrere undatierte schwimmende Chronologien wuumlrden bei einer Schlieszligung der Luumlcken eine mindestens 4000-jaumlhrige Chronologie ergeben Bis ins Jahr 750 ist die Chronoshylogie bereits so gut belegt dass Klimarekonstruktionen gerechnet werden koumlnnen Das Ergebnis der Rekonstruktion stimmt gut mit publizierten Arbeiten aus Skandinashyvien und Sibirien uumlberein und zeigt dass die Erwaumlrmung im 20 Jahrhundert gerade noch innerhalb der Variabilitaumlt waumlhrend der letzten 1250 Jahre liegt43

41 V PINGEL und A HAUPTMANN (Hg) Archaumlometrie 2003 (zitiert nach dem Auszug in http wwwbfafhdeinst442dendrohtm)

K NicoLussi Die Bauhoumllzer der Via Claudia Augusta bei Leermoos (Tirol) In Elisabeth WALDE (Hg) Neue Forschungen zur Via Claudia Augusta Innsbruck 1998 113-145

43 Michael GRABNER und Wolfgang GINDL Neue Jahrringchronologien vom Dachstein Eine 1250-jaumlhrige Rekonstruktion der Sommertemperatur In Alpen - Archaumlologie - Felsbildforschung (= Mitt d ANISA 212000 H 1-2) Haus i E 2000 20-30 (bes 20)

150

Hingewiesen sei freilich darauf dass die Dendrochronologie in Oumlsterreich44 einen gewissen Nachholbedarf aufweist wie es die diesbezuumlglichen deutschen und Schweishyzer Forschungen beweisen45

Radiokarbondatierung

Naturwissenschaftliche Datierungsmethoden haben wesentliche Fortschritte in der zeitlichen Zuordnung einzelner Befunde aber auch ganzer (archaumlologischer) Kulmren gebracht Deren wichtigste die von dem amerikanischen Chemiker Willard Frank Libby und seinen Mitarbeitern seit 1947 entwickelte Radiokarbondatierung (bdquoC 14-Datierung) wird routinemaumlszligig immer dann angewendet wenn die eigentshylichen archaumlologischen Methoden wie Typologie und Vergleich und Vergesellschafshytung von Funden keine oder nur unsichere Einordnungen erlauben Verwendbar ist jedes organische Material Holz Holzkohle Knochen usw aber auch organisch anshygereicherte Bodensedimente da mit dem Tod jedes Lebewesens der gesetzmaumlszligige

Zerfall des zu Lebzeiten aufgenommenen natuumlrlich in der Atmosphaumlre vorhanshydenen radioaktiven Kohlen-stoffisotops (l4C) beginnt

Durch Stoffwechselproshyzesse bleibt das Niveau von Kohlenstoff 14 in einem leshybenden Organismus in konshystantem Gleichgewicht mit dem Niveau der Atmosphaumlre oder des Meeres Mit dem Tod des Organismus beginnt Kohlenstoff 14 mit einer konstanten Geschwindigshykeit (Halbwertszeit) zu zershyfallen der Kohlenstoff wird dann nicht mehr durch das Kohlendioxid in der Atmosshyphaumlre ersetzt Der schnelle Zerfall von Kohlenstoff 14 begrenzt im Allgemeinen

Holzbehaumlltnis mit den Gebeinen der heiligen Beatrix Mariahof (Foto BDA)

44 Rupert WIMMER und Michael GRABNER Standardchronologien in Oumlsterreich als Basis fuumlr die dendrochronologische Datierung In Archaumlologie Oumlsterreichs 92 (1998) 79-85

45 Vgl B BECKER Jahrringkalender Mitteleuropas In B BECKERA BILLAMBOZH EGGERP GASSMANNA ORCELC ORCELU RUOFF Dendrochronologie in der Ur- und Fruumlhgeschichte Basel 1985 8-29

152

CALIBRATION OF RADIOCARBON AGE TP CALENDAR YEARS (Variables C 1 3C 12=-195lab mult=l)

Laboratory number Beta-165758

Conventional radiocarbon age 1340plusmn40 BP

2 Sigma calibrated result Cal AD 640 to 770 (Cal BP 1310 to 1180) (95 probability)

Intercept data

Intercept of radiocarbon age with calibration curve Cal AD 670 (Cal BP 1280)

1 Sigma calibrated result Cal AD 660 to 690 (Cal BP 1290 to 1260) (68 probability)

References Datsbase ased

Calibration Databass Editorial Comment

Shtlver M van der Flicht H 1998 Radiocarbon 40(3) pxit-xi INTCAL98 Radiocarbon Age Calibration

Stuiver M et al 1998 Radiocarbon 40(3) pI041-083 Mathematics A Simplifted Approach to Calibrating C14Dates

Talma 4 S Vogel J C 1993 Radiocarbon 35(2) p31 -322

Beta Ana ly t ic Inc Florida 33155 USA Tel (305) 66~ 516 - Fax (305) 663 0964 E-Mail belaQradiL

Radiokarbondaten zur Untersuchung der Gebeine der bdquo heiligen Beatrix Mariahof (Foto BDA)

den Datierungszeitraum auf ungefaumlhr 50000 Jahre in manchen Faumlllen kann er bis 70000 Jahre erweitert werden Die Unsicherheit bei der Messung erhoumlht sich mit dem Alter der Probe

Die Genauigkeit der Messung haumlngt aber u a von der zugrunde gelegten Halbshywertszeit und von Schwankungen in den Kohlenstoff-14-Niveaus der Atmosphaumlre ab Die Zeitskala mit radioaktivem Kohlenstoff enthaumllt aber auch noch andere Un-

153

Sicherheiten Das groumlszligte Problem ist die Verunreinigung nach der Ablagerung die durch einsickerndes Grundwasser durch Einlagerung von aumllterem oder juumlngerem Kohlenstoff sowie durch Kontamination bei der Probennahme oder im Labor zustanshyde kommt

In den letzten Jahren war mit Hilfe der 14 C-Methode etwa zu verifizieren dass ein bei Woumlrterberg (Burgenland) aus der Lafnitz geborgenes Holzfass46 tatsaumlchlich roumlmerzeitlich ist oder dass in der Pfarrkirche von Mariahof aufbewahrte Gebeine welche die lokale Tradition einer (nicht kanonisierten) bdquoheiligen Beatrix47 zushyschreibt uumlberraschenderweise fruumlhmittelalterlich (um 670 n Chr) sind

Radiokarbondaten koumlnnen nur mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit die in Pushyblikationen auch zitiert werden sollte einen Zeitraum angeben und sind daher nie punktgenau aber jedenfalls ernst zu nehmen Dass sie durch welche Gegebenheiten auch immer tatsaumlchlich einmal falsch sein sollten muumlsste im Einzelfall erst penibel nachgewiesen werden

Abschlieszligend sei noch darauf hingewiesen dass auch in diesem Bereich immer mehr Informationen online uumlber PC verfuumlgbar werden so existiert zum Beispiel eine frei zugaumlngliche Datenbank mitteleuropaumlischer 14 C-Daten fuumlr das Neolithikum und die fruumlhe Bronzezeit48

In sehr fruumlhen Abschnitten der Urgeschichte bzw Palaumlontologie und Geologie muss man sich anderer radioaktiver Elemente bedienen die folgend kurz vorgestellt werden

Thermolu mineszenz4lt)

Die Thermoluminiszenz dient ausschlieszliglich der Datierung von Keramikfunden Die in der Keramik eingeschlossenen radioaktiven Spuren verbinden sich mit den Kernen von Heliumatomen Erhitzt man Proben dieser Keramik werden diese Atomshykerne wieder freigesetzt wobei sie aufgluumlhen (Thermoluminiszenz) Die Intensitaumlt

Bernhard HEBERT [Fundbericht] in FOuml 422003 Wien 2004 703f Leopold SciiMim Die Volkserzaumlhlung Maumlrchen Sage Legende Schwank Berlin 1963 2541T In gekuumlrzter Form erschienen in Neue Chronik zur Geschichte und Volkskunde der inneroumlstershyreichischen Alpenlaumlnder Nr 46 Beilage zur Suumldost-Tagespost Graz 6 Juli 1957 1 sowie in J REICHFNPI-ADER 900 Jahre Pfarre Mariahof Ecclesia Grazluppa 1066-1966 Mariahof 1966 -7-29 - Walter BRUNNERBernhard HFuERTSusanne LEHNER Ein neuer Flechtwerkstein und die Gebeine der bdquoheiligen Beatrix Uumlberlegungen zum Fruumlhmittelalter in Mariahof In MStLA 5253(2004) 65-101

Gratis zugaumlnglich unter httpwwwjungsteinsitederadonradonhtm G A WAGNERS GREILICHA KADEREIT Lumineszenzdaticrung - Kaltes Leuchten erhellt die Vergangenheit In Physik in unserer Zeit 344 (2004) 160-166 - U RIESERJ HABERMANNG A WAGNER Lummescence dating a new high sensitive TLOSL emission spectrometer In Quatern Geochronol 18 (1999) 311-315 - Th SCHIUESA LANGJ HABERMANNU RIESER Improved Single aliquot dating applications using a new highly efficient modular luminescence reader In Radiation Protection Dosimetry 84 (1999) 363-366 - J HABERMANN Untersuchunshygen zur Lumineszenzdatierung von Gesteinsoberflaumlchen Heidelberg 2000 [Phil Diss ]

Aufsluumlhens gibt Aufschluss uumlber die Dauer waumlhrend der die Atomkerne auf-ornmen wurden und ermoumlglicht so die Datierung der Keramikprobe

Kalium-Argon-Methode

Mit dem Zerfall von radioaktivem Kalium 40 zu Argon 40 und Calcium 40 koumlnshynen Gesteine mit einem Alter von 200 bis 800 Millionen Jahren (mit Argon) bzw von eins bis zwei Milliarden Jahren (mit Calcium) datiert werden Kalium 40 kommt weit verbreitet in haumlufigen gesteinsbildenden Mineralien wie Glimmern Feldspaumlten und Hornblenden vor Problematisch ist das Entweichen von Argon wenn das Gestein Temperaturen uumlber 125 Grad C ausgesetzt war denn dadurch wird das Messergebnis verfaumllscht

Rubidium-Strontium-Methode

Mit dieser sehr genauen und zuverlaumlssigen Methode koumlnnen die aumlltesten Gesteine datiert werden Sie basiert auf dem Zerfall von Rubidium 87 zu Strontium 87 und wird haumlufig auch dafuumlr eingesetzt um Kali um-Argon-Datierungen zu uumlberpruumlfen da sich Strontium bei geringer Erwaumlrmung nicht verfluumlchtigt wie es bei Argon der Fall ist

Methoden mit Thorium 230 und Blei50

Thorium-Methoden eignen sich zur Datierung von Meeressedimenten Das Uran im Meerwasser zerfaumlllt in das Thoriumisotop Thorium 230 (lonium) das sich in die Sedimente auf dem Meeresgrund einlagert Thorium 230 ist ein Glied der Zerfallsshyreihe von Uran 238 es besitzt eine Halbwertszeit von 80000 Jahren Protactinium 231 das von Uran 235 abgeleitet ist hat eine Halbwertszeit von 34300 Jahren

Das Blei-Alpha-Alter wird bestimmt indem man den Gesamtbleigehalt und die Alphateilchenaktivitaumlt (Uran-Thorium-Gehalt) von Zirkon- Monazit- oder Xenotim-konzentraten spektrometrisch bestimmt Die Uran-Blei-Methode basiert auf dem rashydioaktiven Zerfall von Uran 238 in Blei 206 und von Uran 235 in Blei 207 Mit den Zerfallsgeschwindigkeiten fuumlr Thorium 232 bis Blei 208 kann man drei voneinander unabhaumlngige Altersangaben fuumlr die gleiche Probe erhalten Die ermittelten Blei-206-und Blei-207-Verhaumlltnisse koumlnnen in das so genannte Blei-Blei-Alter umgewandelt werden Die Methode wird am haumlufigsten fuumlr Proben aus dem Praumlkambrium benutzt Als Nebenprodukt der Uran-Thorium-Blei-Altersbestimmung kann zusaumltzlich ein

R MALLICK Entwicklung der Mikrobeprobung zur ThU-Datierung und Anwendung an quartauml-ren Travertinen aus dem Thuumlringer Becken Heidelberg 2000 [Phil Diss]

155

Eingang zur Repolusthoumlhle 1955 Dipl-lng Hermann Bock Dr Karl Murban Alois Pracher Karl Denk Konrad Hofer (v r n I) (Foto LMJ)

Proben-Nr

Uh 1265

Uh 1266

Uh 1267

Uh 1268

Uh1269

Inventar-Nr

77284 Knochen

76143 A Knochen

76260 Knochen

77281 Knochen

76137 Knochen

Uran-Genalt (ppm)

2667 r 0024

1000 0017

0464 plusmn0016

8475

plusmn0141

5580 plusmn0122

Thorium-Gehalt (ppm)

0163 plusmn 0024

0256 TO011

0006 1OOO6

1970 10040

1039 -0021

U-234 Th-230 Th-230

U-238 Th-232 U-234

1211 +0034

1216 plusmn0021

1754 z 0069

1182 +0014

1038 plusmn0021

23 plusmn 3

9 plusmn 0

143 i100

14 i 0

17 T 0

UTh-Alter UTh-Alter (ka) korr (ka)

unkorr f = 10 t 00

0385 plusmn0012

0589 TO010

0327 plusmn0011

0915 plusmn0013

1007 plusmn0020

519 = 21

932 i 2 7

417 i 17 2299

501 i 21

858 + 28

414 plusmn 1-7 2236

133-117 134-11

gt330 Mirdestalter

Uran-Thorium-Datierung der fossilen Houmlhlenbaumlrenknochen aus der Repolusthoumlhle

(GeraldFuchs-JoumlrgFuumlrnholzer-FlorianA Fladerer Repolusthoumlhle 1999 163)

156

Uran-Uran-Alter51 das aus dem Verhaumlltnis Uran 235 zu Uran 238 abgeleitet wird berechnet werden52

Die selten verwendete Uran-Thorium-Methode wurde im Jahre 1997 zur Datieshyrung fossiler Houmlhlenbaumlrenknochen aus der bekannten Repolusthoumlhle noumlrdlich von Peagau herangezogen53 Die Houmlhle wurde in den Jahren 1947 bis 1955 ergraben in einer Zeit als sowohl verfeinerte stratigrafische Beobachtungen als auch alle naturshywissenschaftlichen Datierungsmethoden unbekannt waren Rein typologische Zuordshynungen der atypischen Steingeraumlte schienen auch nicht auszureichen Die Uran-Tho-num-Untersuchungen fuumlhrten zum Ergebnis dass die Sedimente der Repolusthoumlhle in einem Zeitraum von mehr als 200000 Jahren abgelagert worden waren womit die Houmlhle nicht nur als aumlltester Fundplatz der Steiermark sondern auch als einer der aumlltesten Mitteleuropas bestaumltigt wurde54

Die hier nur ausschnitthaft anhand steirischer Beispiele vorgestellten vielfaumlltigen Methoden lassen erkennen wie sehr die moderne Archaumlologie als interdisziplinaumlre Teamarheit auf andere Fachgebiete auf stets sich weiter entwickelnde Techniken und deren Anwendungen angewiesen ist Dieser Prozess wird sicherlich weitergehen und eine verstaumlrkte Offenheit und Methodendiskussion55 erfordern 1999 wurde in Heishydelberg die bdquoGesellschaft der Naturwissenschaftlichen Archaumlometrie zum Zweck des Einsatzes und der Entwicklung naturwissenschaftlicher Methoden zur Loumlsung kulturwissenschaftlicher und historischer Fragestellungen - in Forschung und Lehre - gegruumlndet Dies schlieszligt die faumlcheruumlbergreifende Mitwirkung der Biowissenschafshyten Chemie Geowissenschaften und Physik von naturwissenschaftlicher Seite sowie der archaumlologischen Disziplinen Kunstgeschichte Denkmalpflege und Restaurieshyrung von kulturhistorischer Seite ein Hingewiesen sei auf eine Reihe wissenschaftshylicher Veroumlffentlichungen sowie sachbezogene Oumlffentlichkeitsarbeit dieser Gesellshyschaft56

51 R MALLICKN FRANKA MANUumlINIG A WAGNER Anwendung der Uranreihen-Mikroproben-

_ datierung an quartaumlren Travertinverfahren In Prehistoria Thuringia 4 (2000) 95-100 v Vgl http^wwwregiosurfnetgeographiephygeoaltbestihtml Die Untersuchungen wurden von Mebus A Geyh vom Niedersaumlchsischen Landesamt fuumlr Bodenshy

forschung Hannover durchgefuumlhrt Gerald FUCHS - Joumlrg FUumlRNHOLZER - Florian A FLAUERER Untersuchungen zur Fundschicht-

^ bildung in der Repolusthoumlhle Steiermark In FOuml 371998 Wien 1999 143-172 Wer sich fuumlr die Theorie- und Methodendiskussion in der Archaumlologie interessiert sei auf die Website der Theorie-AG (httpwwwtheorie-agde) verwiesen die sich mit den theoretischen ProblemenFragestellungen in der archaumlologischen Forschung beschaumlftigt Neben der Moumlglichshykeit zur Diskussion findet man Buch- Tagungs- und Ausstellungshinweise Tagungsberichte Buchrezensionen und einiges mehr Archaumlometrisches Nachrichtenblatt hg v d Gesellschaft der Naturwissenschaftlichen Archaumloshylogie Heidelberg (Homepage httpwwwarchaeometriede)

157

Pollenanalytische Untersuchung am Soumllkpass Prozentdiagramm der Baumlume und Straumlucher vom Spaumltneolithikum bis ins Hochmittelalter (vlnr) (Ruth Drescher-Schneider Brandopferplatz Soumllkpass 2003 100)

Opfergaben aus Keramik Metall und Glas verfuumlllten Graben eines spaumltlatenezeit-lichen Heiligtums Die Auswertung gerade der Tierknochen wird genaue Aufschluumlsse uumlber die Haustiere (v a Rinder und Pferde) aber auch uumlber das Opfergeschehen an diesem erst vor wenigen Jahren entdeckten zentralen Kultplatz ermoumlglichen33

Die Archaumlobotanik liefert wichtige Angaben uumlber Nahrungs- und Futtermittel und natuumlrlich die Kulturpflanzen selbst Solche koumlnnen wir etwa in den mittelalterlichen Haumlusern am spaumlteren Grazer Hauptplatz34 aus dem 12 Jh nachweisen aber auch einen starken Befall eines Getreidevorrats durch das giftige Mutterkorn35

Groszlige Bedeutung fuumlr die Rekonstruktion der Umwelt eines Grabungsplatzes hat die Pollenanalyse Die in den mit archaumlologischen Befunden korrelierbaren Schichshyten enthaltenen Pollen geben in ihrer Zusammensetzung Aufschluss uumlber den im Lauf der Jahrhunderte oder Jahrtausende schwankenden Pflanzenbestand am hochgelegeshynen Soumllkpass mit seinem praumlhistorischen Brandopferplatz etwa uumlber die Beweidung der Kleinregion zu verschiedenen Zeiten36 Auch das Auftreten von Pflanzen kann

33 Georg TIEFENGRABER und Christof GRILL Ein spaumltlatenezeitliches Heiligtum auf dem Frauenberg bei Leibnitz in der Steiermark () In Archaumlologisches Korrespondenzblatt 27 (1997) 601 ff -Georg TIEFENGRABER Ein spaumltlatenezeitliches Heiligtum am Frauenberg bei Leibnitz In Schild von Steier Beitraumlge zur steirischen Vor- und Fruumlhgeschichte und Muumlnzkunde Kleine Schriften 18 Graz 199843-54

34 Ulla STEINKLAUBER Die Grabungen am Grazer Hauptplatz 20012002 Abschlussbericht zum Projektende In FOuml 412002 Wien 2003 265-317

35 Ruth DRESCHER-SCHNEIDER Die pflanzliche Ernaumlhrung im mittelalterlichen Graz In Graz in Funden Archaumlologie in der Kulturhauptstadt Ausstellung im Stciermaumlrkischen Landesarchiv in Graz 9 Jaumlnner bis 14 Maumlrz 2003 (= Steiermaumlrkisches Landesarchiv Ausstellungsbegleiter Nr 2) Graz 2003 55-59

36 Ruth DRESCHER-SCHNEIDER Pollenanalytische Untersuchungen an einem Bodenprofil im Zusamshymenhang mit dem urgeschichtlichen Brandopferplatz auf dem Soumllkpass (1780 m NN Niedere Tauern Steiermark) In MANDL (Hg) Soumllkpass (wie Anm 25) 89-112

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zur Datierung direkt beitragen Maispollen sollten nicht in mittelalterlichen oder aumllteren Schichten vorkommen Nuss und Wein nicht viel vor der Roumlmerzeit Die sehr aufwaumlndigen Untersuchungen haben naturgemaumlszlig die meist nur in feuchten Boumlden befriedigende Erhaltung der Pollen zur Voraussetzung37

Alle umweltrelevanten naturwissenschaftlichen Untersuchungen geben Informashytionen zu den auch in den letzten Jahrtausenden fuumlr Besiedlung und Bewirtschaftung entscheidenden Klimaschwankungen so wissen wir etwa dass in den Ostalpen Bronze- und Roumlmerzeit waumlrmer und trockener waren und somit gute Voraussetzunshygen fuumlr eine saisonale hochalpine Weidewirtschaft boten58

NATURWISSENSCHAFTLICHE DATIERUNGSMETHODEN39

Dendrochronologie

In anderen Regionen sehr bewaumlhrt hat sich die Dendrochronologie die Datierung von Holz anhand der Jahresringe deren klimabedingte Dickeschwankungen sich im Idealfall von heute bis zuruumlck in die Urgeschichte aneinanderreihen lassen Als Beshygruumlnder der Dendrochronologie gilt der amerikanische Astronom Andrew E Doug-lass (1867-1962) obwohl die Idee dazu uumlber mehrere heute weniger bekannte Nashyturbeobachter bis zu Leonardo da Vinci (1452-1519) zuruumlckverfolgbar ist der eine Verbindung zwischen der Witterung eines Jahres und der Breite des zugehoumlrigen Jahrringes von Baumlumen beschrieb Der Aufschwung der Dendrochronologie zu ihrer heutigen Bluumlte begann mit dem Siegeszug des Computers in den 1960er Jahren40

Aus anfangs wenigen Forschungszentren (1965 weltweit vielleicht nur fuumlnf Labore) hat sich die Dendrochronologie in drei bis vier Jahrzehnten in alle Winkel dieser Erde hinein ausgebreitet seit rund 20 Jahren sogar in die Waldregionen der Tropen und

Vgl auch Ruth DRESCHER-SCHNEIDER Ergebnisse derpollen- und groszligrestanalytischen Untersushychungen im Gebiet der Plankenalm Dachstein (Oumlsterreich) In Guumlnter CERWINKA und Franz MANDL (Hg) Dachstein Vier Jahrtausende Almen im Hochgebirge Bd 2 (= Mitt d ANISA 181997H 1-2) Haus i E 1998 46-61 - Ilse DRAXLER und Andreas LIPPFRT Pollenanalytishysche Daten und eine archaumlologische Bestandsaufnahme zur fruumlhen Siedlungsgeschichte im Geshybiet zwischen Raab und Mur (Oumlsterreich Slowenien Ungarn) [] In Geologie ohne Grenzen Festschrift 150 Jahre Geologische Bundesanstalt (= Abhandlungen der Geologischen Bundesshyanstalt Bd 561) Wien 1999 337-396 Franz MANDL Almen im Herzen Oumlsterreichs Dachsteingebirge Niedere Tauern Salzkammershygut Totes Gebirge Mit Beitraumlgen von Herta Mandl-Neumann und Gernot Patzelt Haus i E 2003 - Herta MANDL-NEUMANN und Franz MANDL Dachstein-Tauern-Region Blicke in Verganshygenheit und Gegenwart (= Mitt d ANISA 222001 H 1-2) Haus i ETemitz 2001 Eine Uumlbersicht bietet Diether KRAumlMER Vom Umgang mit der Vergangenheit In Spannungsfeld Altstadttiergarage Stadtplanung Stadtarchaumlologie (= Schild von Steier Kleine Schriften 20) Graz 2004 65-75 U SASS-KLAASSEN Dendroarchaeology success in the past and challenges for the future In Dendrochronologia 20 (2002) 87-93 (Weiterfuumlhrende Literatur siehe httpwwwbfafhde inst442dendrohtm)

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Subtropen wo bis dahin die Auffassung vorherrschte hier sei Dendrochronologie prinzipiell unmoumlglich

Die biologische Gegebenheit der Jahr fuumlr Jahr unterschiedlichen Auspraumlgung von Jahresringen bdquoist entscheidend fuumlr die dendrochronologische Altersbestimmung eishynes Holzes Falls naumlmlich die Jahrringmuster zweier Houmllzer untereinander eine groszlige Aumlhnlichkeit aufweisen ist der Ruumlckschluss erlaubt dass die Baumlume denen sie entshystammen zur gleichen Zeit gelebt haben (relative Datierung) Ist eines der beiden Jahrringmuster bereits datiert dann ist auch die Entstehungszeit des anderen Musters bestimmbar (absolute Datierung) Fuumlr die Altersbestimmung von Holz ist daher stets eine datierte Vergleichsjahrringfolge fuumlr die in Frage stehende Baumart Region und Zeit erforderlich Eine derartige Datierungsgrundlage (Jahrringkalender oder Stanshydardchronologie) geht von den Jahrringfolgen lebender Baumlume aus denn nur die koumlnnen zunaumlchst jahrgenau fixiert werden Diese Jahrringfolgen werden mit den Jahrringfolgen verbauten Holzes uumlber die Zeitspanne gemeinsamen Lebens verzahnt und daruumlber hinaus jahrgenau in die Vergangenheit verlaumlngert Durch die Uumlberlapshypung mit den Jahresringen zunehmend aumllteren Holzes wird schrittweise ein endloser Baum konstruiert41

So konnten etwa die Faumllldaten von uumlber ein Moor verlegten Bohlen einer Roumlmershystraszlige in Tirol jahrgenau bestimmt werden42 Zwei Voraussetzungen muumlssen gegeben sein in ausreichender Dicke erhaltenes Holz und eine fuumlr die jeweilige Klimaregion bekannte und uumlberpruumlfte bdquoKurve der Dickeschwankungen in welche die jeweils erhaltene Sequenz einzupassen ist Beides trifft ftir den Suumldostalpenrand derzeit nicht wirklich zu In den steirischen Alpen im Dachsteingebiet ist es zumindest gelungen eine zusammenhaumlngende Kurve mit aus einem Gebirgssee geborgenen Houmllzern bis in das Fruumlhmittelalter zu gewinnen bdquoDer Zusammenhang von Temperatur und Baumshywachstum ermoumlglicht es aus Jahrringchronologien das Klima von Jahrhunderten aus denen keine instrumenteilen Aufzeichnungen vorliegen zu rekonstruieren Mit dem Ziel eine moumlglichst lange Jahrringchronologie zum Zwecke der Klimarekonsshytruktion zu erstellen wurden in den Jahren 1998 und 1999 stehende Baumlume und subfossile Staumlmme aus einem See auf dem Dachsteinplateau in der Obersteiermark beprobt Die resultierenden Chronologien reichen bis ins 5 Jahrhundert mehrere undatierte schwimmende Chronologien wuumlrden bei einer Schlieszligung der Luumlcken eine mindestens 4000-jaumlhrige Chronologie ergeben Bis ins Jahr 750 ist die Chronoshylogie bereits so gut belegt dass Klimarekonstruktionen gerechnet werden koumlnnen Das Ergebnis der Rekonstruktion stimmt gut mit publizierten Arbeiten aus Skandinashyvien und Sibirien uumlberein und zeigt dass die Erwaumlrmung im 20 Jahrhundert gerade noch innerhalb der Variabilitaumlt waumlhrend der letzten 1250 Jahre liegt43

41 V PINGEL und A HAUPTMANN (Hg) Archaumlometrie 2003 (zitiert nach dem Auszug in http wwwbfafhdeinst442dendrohtm)

K NicoLussi Die Bauhoumllzer der Via Claudia Augusta bei Leermoos (Tirol) In Elisabeth WALDE (Hg) Neue Forschungen zur Via Claudia Augusta Innsbruck 1998 113-145

43 Michael GRABNER und Wolfgang GINDL Neue Jahrringchronologien vom Dachstein Eine 1250-jaumlhrige Rekonstruktion der Sommertemperatur In Alpen - Archaumlologie - Felsbildforschung (= Mitt d ANISA 212000 H 1-2) Haus i E 2000 20-30 (bes 20)

150

Hingewiesen sei freilich darauf dass die Dendrochronologie in Oumlsterreich44 einen gewissen Nachholbedarf aufweist wie es die diesbezuumlglichen deutschen und Schweishyzer Forschungen beweisen45

Radiokarbondatierung

Naturwissenschaftliche Datierungsmethoden haben wesentliche Fortschritte in der zeitlichen Zuordnung einzelner Befunde aber auch ganzer (archaumlologischer) Kulmren gebracht Deren wichtigste die von dem amerikanischen Chemiker Willard Frank Libby und seinen Mitarbeitern seit 1947 entwickelte Radiokarbondatierung (bdquoC 14-Datierung) wird routinemaumlszligig immer dann angewendet wenn die eigentshylichen archaumlologischen Methoden wie Typologie und Vergleich und Vergesellschafshytung von Funden keine oder nur unsichere Einordnungen erlauben Verwendbar ist jedes organische Material Holz Holzkohle Knochen usw aber auch organisch anshygereicherte Bodensedimente da mit dem Tod jedes Lebewesens der gesetzmaumlszligige

Zerfall des zu Lebzeiten aufgenommenen natuumlrlich in der Atmosphaumlre vorhanshydenen radioaktiven Kohlen-stoffisotops (l4C) beginnt

Durch Stoffwechselproshyzesse bleibt das Niveau von Kohlenstoff 14 in einem leshybenden Organismus in konshystantem Gleichgewicht mit dem Niveau der Atmosphaumlre oder des Meeres Mit dem Tod des Organismus beginnt Kohlenstoff 14 mit einer konstanten Geschwindigshykeit (Halbwertszeit) zu zershyfallen der Kohlenstoff wird dann nicht mehr durch das Kohlendioxid in der Atmosshyphaumlre ersetzt Der schnelle Zerfall von Kohlenstoff 14 begrenzt im Allgemeinen

Holzbehaumlltnis mit den Gebeinen der heiligen Beatrix Mariahof (Foto BDA)

44 Rupert WIMMER und Michael GRABNER Standardchronologien in Oumlsterreich als Basis fuumlr die dendrochronologische Datierung In Archaumlologie Oumlsterreichs 92 (1998) 79-85

45 Vgl B BECKER Jahrringkalender Mitteleuropas In B BECKERA BILLAMBOZH EGGERP GASSMANNA ORCELC ORCELU RUOFF Dendrochronologie in der Ur- und Fruumlhgeschichte Basel 1985 8-29

152

CALIBRATION OF RADIOCARBON AGE TP CALENDAR YEARS (Variables C 1 3C 12=-195lab mult=l)

Laboratory number Beta-165758

Conventional radiocarbon age 1340plusmn40 BP

2 Sigma calibrated result Cal AD 640 to 770 (Cal BP 1310 to 1180) (95 probability)

Intercept data

Intercept of radiocarbon age with calibration curve Cal AD 670 (Cal BP 1280)

1 Sigma calibrated result Cal AD 660 to 690 (Cal BP 1290 to 1260) (68 probability)

References Datsbase ased

Calibration Databass Editorial Comment

Shtlver M van der Flicht H 1998 Radiocarbon 40(3) pxit-xi INTCAL98 Radiocarbon Age Calibration

Stuiver M et al 1998 Radiocarbon 40(3) pI041-083 Mathematics A Simplifted Approach to Calibrating C14Dates

Talma 4 S Vogel J C 1993 Radiocarbon 35(2) p31 -322

Beta Ana ly t ic Inc Florida 33155 USA Tel (305) 66~ 516 - Fax (305) 663 0964 E-Mail belaQradiL

Radiokarbondaten zur Untersuchung der Gebeine der bdquo heiligen Beatrix Mariahof (Foto BDA)

den Datierungszeitraum auf ungefaumlhr 50000 Jahre in manchen Faumlllen kann er bis 70000 Jahre erweitert werden Die Unsicherheit bei der Messung erhoumlht sich mit dem Alter der Probe

Die Genauigkeit der Messung haumlngt aber u a von der zugrunde gelegten Halbshywertszeit und von Schwankungen in den Kohlenstoff-14-Niveaus der Atmosphaumlre ab Die Zeitskala mit radioaktivem Kohlenstoff enthaumllt aber auch noch andere Un-

153

Sicherheiten Das groumlszligte Problem ist die Verunreinigung nach der Ablagerung die durch einsickerndes Grundwasser durch Einlagerung von aumllterem oder juumlngerem Kohlenstoff sowie durch Kontamination bei der Probennahme oder im Labor zustanshyde kommt

In den letzten Jahren war mit Hilfe der 14 C-Methode etwa zu verifizieren dass ein bei Woumlrterberg (Burgenland) aus der Lafnitz geborgenes Holzfass46 tatsaumlchlich roumlmerzeitlich ist oder dass in der Pfarrkirche von Mariahof aufbewahrte Gebeine welche die lokale Tradition einer (nicht kanonisierten) bdquoheiligen Beatrix47 zushyschreibt uumlberraschenderweise fruumlhmittelalterlich (um 670 n Chr) sind

Radiokarbondaten koumlnnen nur mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit die in Pushyblikationen auch zitiert werden sollte einen Zeitraum angeben und sind daher nie punktgenau aber jedenfalls ernst zu nehmen Dass sie durch welche Gegebenheiten auch immer tatsaumlchlich einmal falsch sein sollten muumlsste im Einzelfall erst penibel nachgewiesen werden

Abschlieszligend sei noch darauf hingewiesen dass auch in diesem Bereich immer mehr Informationen online uumlber PC verfuumlgbar werden so existiert zum Beispiel eine frei zugaumlngliche Datenbank mitteleuropaumlischer 14 C-Daten fuumlr das Neolithikum und die fruumlhe Bronzezeit48

In sehr fruumlhen Abschnitten der Urgeschichte bzw Palaumlontologie und Geologie muss man sich anderer radioaktiver Elemente bedienen die folgend kurz vorgestellt werden

Thermolu mineszenz4lt)

Die Thermoluminiszenz dient ausschlieszliglich der Datierung von Keramikfunden Die in der Keramik eingeschlossenen radioaktiven Spuren verbinden sich mit den Kernen von Heliumatomen Erhitzt man Proben dieser Keramik werden diese Atomshykerne wieder freigesetzt wobei sie aufgluumlhen (Thermoluminiszenz) Die Intensitaumlt

Bernhard HEBERT [Fundbericht] in FOuml 422003 Wien 2004 703f Leopold SciiMim Die Volkserzaumlhlung Maumlrchen Sage Legende Schwank Berlin 1963 2541T In gekuumlrzter Form erschienen in Neue Chronik zur Geschichte und Volkskunde der inneroumlstershyreichischen Alpenlaumlnder Nr 46 Beilage zur Suumldost-Tagespost Graz 6 Juli 1957 1 sowie in J REICHFNPI-ADER 900 Jahre Pfarre Mariahof Ecclesia Grazluppa 1066-1966 Mariahof 1966 -7-29 - Walter BRUNNERBernhard HFuERTSusanne LEHNER Ein neuer Flechtwerkstein und die Gebeine der bdquoheiligen Beatrix Uumlberlegungen zum Fruumlhmittelalter in Mariahof In MStLA 5253(2004) 65-101

Gratis zugaumlnglich unter httpwwwjungsteinsitederadonradonhtm G A WAGNERS GREILICHA KADEREIT Lumineszenzdaticrung - Kaltes Leuchten erhellt die Vergangenheit In Physik in unserer Zeit 344 (2004) 160-166 - U RIESERJ HABERMANNG A WAGNER Lummescence dating a new high sensitive TLOSL emission spectrometer In Quatern Geochronol 18 (1999) 311-315 - Th SCHIUESA LANGJ HABERMANNU RIESER Improved Single aliquot dating applications using a new highly efficient modular luminescence reader In Radiation Protection Dosimetry 84 (1999) 363-366 - J HABERMANN Untersuchunshygen zur Lumineszenzdatierung von Gesteinsoberflaumlchen Heidelberg 2000 [Phil Diss ]

Aufsluumlhens gibt Aufschluss uumlber die Dauer waumlhrend der die Atomkerne auf-ornmen wurden und ermoumlglicht so die Datierung der Keramikprobe

Kalium-Argon-Methode

Mit dem Zerfall von radioaktivem Kalium 40 zu Argon 40 und Calcium 40 koumlnshynen Gesteine mit einem Alter von 200 bis 800 Millionen Jahren (mit Argon) bzw von eins bis zwei Milliarden Jahren (mit Calcium) datiert werden Kalium 40 kommt weit verbreitet in haumlufigen gesteinsbildenden Mineralien wie Glimmern Feldspaumlten und Hornblenden vor Problematisch ist das Entweichen von Argon wenn das Gestein Temperaturen uumlber 125 Grad C ausgesetzt war denn dadurch wird das Messergebnis verfaumllscht

Rubidium-Strontium-Methode

Mit dieser sehr genauen und zuverlaumlssigen Methode koumlnnen die aumlltesten Gesteine datiert werden Sie basiert auf dem Zerfall von Rubidium 87 zu Strontium 87 und wird haumlufig auch dafuumlr eingesetzt um Kali um-Argon-Datierungen zu uumlberpruumlfen da sich Strontium bei geringer Erwaumlrmung nicht verfluumlchtigt wie es bei Argon der Fall ist

Methoden mit Thorium 230 und Blei50

Thorium-Methoden eignen sich zur Datierung von Meeressedimenten Das Uran im Meerwasser zerfaumlllt in das Thoriumisotop Thorium 230 (lonium) das sich in die Sedimente auf dem Meeresgrund einlagert Thorium 230 ist ein Glied der Zerfallsshyreihe von Uran 238 es besitzt eine Halbwertszeit von 80000 Jahren Protactinium 231 das von Uran 235 abgeleitet ist hat eine Halbwertszeit von 34300 Jahren

Das Blei-Alpha-Alter wird bestimmt indem man den Gesamtbleigehalt und die Alphateilchenaktivitaumlt (Uran-Thorium-Gehalt) von Zirkon- Monazit- oder Xenotim-konzentraten spektrometrisch bestimmt Die Uran-Blei-Methode basiert auf dem rashydioaktiven Zerfall von Uran 238 in Blei 206 und von Uran 235 in Blei 207 Mit den Zerfallsgeschwindigkeiten fuumlr Thorium 232 bis Blei 208 kann man drei voneinander unabhaumlngige Altersangaben fuumlr die gleiche Probe erhalten Die ermittelten Blei-206-und Blei-207-Verhaumlltnisse koumlnnen in das so genannte Blei-Blei-Alter umgewandelt werden Die Methode wird am haumlufigsten fuumlr Proben aus dem Praumlkambrium benutzt Als Nebenprodukt der Uran-Thorium-Blei-Altersbestimmung kann zusaumltzlich ein

R MALLICK Entwicklung der Mikrobeprobung zur ThU-Datierung und Anwendung an quartauml-ren Travertinen aus dem Thuumlringer Becken Heidelberg 2000 [Phil Diss]

155

Eingang zur Repolusthoumlhle 1955 Dipl-lng Hermann Bock Dr Karl Murban Alois Pracher Karl Denk Konrad Hofer (v r n I) (Foto LMJ)

Proben-Nr

Uh 1265

Uh 1266

Uh 1267

Uh 1268

Uh1269

Inventar-Nr

77284 Knochen

76143 A Knochen

76260 Knochen

77281 Knochen

76137 Knochen

Uran-Genalt (ppm)

2667 r 0024

1000 0017

0464 plusmn0016

8475

plusmn0141

5580 plusmn0122

Thorium-Gehalt (ppm)

0163 plusmn 0024

0256 TO011

0006 1OOO6

1970 10040

1039 -0021

U-234 Th-230 Th-230

U-238 Th-232 U-234

1211 +0034

1216 plusmn0021

1754 z 0069

1182 +0014

1038 plusmn0021

23 plusmn 3

9 plusmn 0

143 i100

14 i 0

17 T 0

UTh-Alter UTh-Alter (ka) korr (ka)

unkorr f = 10 t 00

0385 plusmn0012

0589 TO010

0327 plusmn0011

0915 plusmn0013

1007 plusmn0020

519 = 21

932 i 2 7

417 i 17 2299

501 i 21

858 + 28

414 plusmn 1-7 2236

133-117 134-11

gt330 Mirdestalter

Uran-Thorium-Datierung der fossilen Houmlhlenbaumlrenknochen aus der Repolusthoumlhle

(GeraldFuchs-JoumlrgFuumlrnholzer-FlorianA Fladerer Repolusthoumlhle 1999 163)

156

Uran-Uran-Alter51 das aus dem Verhaumlltnis Uran 235 zu Uran 238 abgeleitet wird berechnet werden52

Die selten verwendete Uran-Thorium-Methode wurde im Jahre 1997 zur Datieshyrung fossiler Houmlhlenbaumlrenknochen aus der bekannten Repolusthoumlhle noumlrdlich von Peagau herangezogen53 Die Houmlhle wurde in den Jahren 1947 bis 1955 ergraben in einer Zeit als sowohl verfeinerte stratigrafische Beobachtungen als auch alle naturshywissenschaftlichen Datierungsmethoden unbekannt waren Rein typologische Zuordshynungen der atypischen Steingeraumlte schienen auch nicht auszureichen Die Uran-Tho-num-Untersuchungen fuumlhrten zum Ergebnis dass die Sedimente der Repolusthoumlhle in einem Zeitraum von mehr als 200000 Jahren abgelagert worden waren womit die Houmlhle nicht nur als aumlltester Fundplatz der Steiermark sondern auch als einer der aumlltesten Mitteleuropas bestaumltigt wurde54

Die hier nur ausschnitthaft anhand steirischer Beispiele vorgestellten vielfaumlltigen Methoden lassen erkennen wie sehr die moderne Archaumlologie als interdisziplinaumlre Teamarheit auf andere Fachgebiete auf stets sich weiter entwickelnde Techniken und deren Anwendungen angewiesen ist Dieser Prozess wird sicherlich weitergehen und eine verstaumlrkte Offenheit und Methodendiskussion55 erfordern 1999 wurde in Heishydelberg die bdquoGesellschaft der Naturwissenschaftlichen Archaumlometrie zum Zweck des Einsatzes und der Entwicklung naturwissenschaftlicher Methoden zur Loumlsung kulturwissenschaftlicher und historischer Fragestellungen - in Forschung und Lehre - gegruumlndet Dies schlieszligt die faumlcheruumlbergreifende Mitwirkung der Biowissenschafshyten Chemie Geowissenschaften und Physik von naturwissenschaftlicher Seite sowie der archaumlologischen Disziplinen Kunstgeschichte Denkmalpflege und Restaurieshyrung von kulturhistorischer Seite ein Hingewiesen sei auf eine Reihe wissenschaftshylicher Veroumlffentlichungen sowie sachbezogene Oumlffentlichkeitsarbeit dieser Gesellshyschaft56

51 R MALLICKN FRANKA MANUumlINIG A WAGNER Anwendung der Uranreihen-Mikroproben-

_ datierung an quartaumlren Travertinverfahren In Prehistoria Thuringia 4 (2000) 95-100 v Vgl http^wwwregiosurfnetgeographiephygeoaltbestihtml Die Untersuchungen wurden von Mebus A Geyh vom Niedersaumlchsischen Landesamt fuumlr Bodenshy

forschung Hannover durchgefuumlhrt Gerald FUCHS - Joumlrg FUumlRNHOLZER - Florian A FLAUERER Untersuchungen zur Fundschicht-

^ bildung in der Repolusthoumlhle Steiermark In FOuml 371998 Wien 1999 143-172 Wer sich fuumlr die Theorie- und Methodendiskussion in der Archaumlologie interessiert sei auf die Website der Theorie-AG (httpwwwtheorie-agde) verwiesen die sich mit den theoretischen ProblemenFragestellungen in der archaumlologischen Forschung beschaumlftigt Neben der Moumlglichshykeit zur Diskussion findet man Buch- Tagungs- und Ausstellungshinweise Tagungsberichte Buchrezensionen und einiges mehr Archaumlometrisches Nachrichtenblatt hg v d Gesellschaft der Naturwissenschaftlichen Archaumloshylogie Heidelberg (Homepage httpwwwarchaeometriede)

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Subtropen wo bis dahin die Auffassung vorherrschte hier sei Dendrochronologie prinzipiell unmoumlglich

Die biologische Gegebenheit der Jahr fuumlr Jahr unterschiedlichen Auspraumlgung von Jahresringen bdquoist entscheidend fuumlr die dendrochronologische Altersbestimmung eishynes Holzes Falls naumlmlich die Jahrringmuster zweier Houmllzer untereinander eine groszlige Aumlhnlichkeit aufweisen ist der Ruumlckschluss erlaubt dass die Baumlume denen sie entshystammen zur gleichen Zeit gelebt haben (relative Datierung) Ist eines der beiden Jahrringmuster bereits datiert dann ist auch die Entstehungszeit des anderen Musters bestimmbar (absolute Datierung) Fuumlr die Altersbestimmung von Holz ist daher stets eine datierte Vergleichsjahrringfolge fuumlr die in Frage stehende Baumart Region und Zeit erforderlich Eine derartige Datierungsgrundlage (Jahrringkalender oder Stanshydardchronologie) geht von den Jahrringfolgen lebender Baumlume aus denn nur die koumlnnen zunaumlchst jahrgenau fixiert werden Diese Jahrringfolgen werden mit den Jahrringfolgen verbauten Holzes uumlber die Zeitspanne gemeinsamen Lebens verzahnt und daruumlber hinaus jahrgenau in die Vergangenheit verlaumlngert Durch die Uumlberlapshypung mit den Jahresringen zunehmend aumllteren Holzes wird schrittweise ein endloser Baum konstruiert41

So konnten etwa die Faumllldaten von uumlber ein Moor verlegten Bohlen einer Roumlmershystraszlige in Tirol jahrgenau bestimmt werden42 Zwei Voraussetzungen muumlssen gegeben sein in ausreichender Dicke erhaltenes Holz und eine fuumlr die jeweilige Klimaregion bekannte und uumlberpruumlfte bdquoKurve der Dickeschwankungen in welche die jeweils erhaltene Sequenz einzupassen ist Beides trifft ftir den Suumldostalpenrand derzeit nicht wirklich zu In den steirischen Alpen im Dachsteingebiet ist es zumindest gelungen eine zusammenhaumlngende Kurve mit aus einem Gebirgssee geborgenen Houmllzern bis in das Fruumlhmittelalter zu gewinnen bdquoDer Zusammenhang von Temperatur und Baumshywachstum ermoumlglicht es aus Jahrringchronologien das Klima von Jahrhunderten aus denen keine instrumenteilen Aufzeichnungen vorliegen zu rekonstruieren Mit dem Ziel eine moumlglichst lange Jahrringchronologie zum Zwecke der Klimarekonsshytruktion zu erstellen wurden in den Jahren 1998 und 1999 stehende Baumlume und subfossile Staumlmme aus einem See auf dem Dachsteinplateau in der Obersteiermark beprobt Die resultierenden Chronologien reichen bis ins 5 Jahrhundert mehrere undatierte schwimmende Chronologien wuumlrden bei einer Schlieszligung der Luumlcken eine mindestens 4000-jaumlhrige Chronologie ergeben Bis ins Jahr 750 ist die Chronoshylogie bereits so gut belegt dass Klimarekonstruktionen gerechnet werden koumlnnen Das Ergebnis der Rekonstruktion stimmt gut mit publizierten Arbeiten aus Skandinashyvien und Sibirien uumlberein und zeigt dass die Erwaumlrmung im 20 Jahrhundert gerade noch innerhalb der Variabilitaumlt waumlhrend der letzten 1250 Jahre liegt43

41 V PINGEL und A HAUPTMANN (Hg) Archaumlometrie 2003 (zitiert nach dem Auszug in http wwwbfafhdeinst442dendrohtm)

K NicoLussi Die Bauhoumllzer der Via Claudia Augusta bei Leermoos (Tirol) In Elisabeth WALDE (Hg) Neue Forschungen zur Via Claudia Augusta Innsbruck 1998 113-145

43 Michael GRABNER und Wolfgang GINDL Neue Jahrringchronologien vom Dachstein Eine 1250-jaumlhrige Rekonstruktion der Sommertemperatur In Alpen - Archaumlologie - Felsbildforschung (= Mitt d ANISA 212000 H 1-2) Haus i E 2000 20-30 (bes 20)

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Hingewiesen sei freilich darauf dass die Dendrochronologie in Oumlsterreich44 einen gewissen Nachholbedarf aufweist wie es die diesbezuumlglichen deutschen und Schweishyzer Forschungen beweisen45

Radiokarbondatierung

Naturwissenschaftliche Datierungsmethoden haben wesentliche Fortschritte in der zeitlichen Zuordnung einzelner Befunde aber auch ganzer (archaumlologischer) Kulmren gebracht Deren wichtigste die von dem amerikanischen Chemiker Willard Frank Libby und seinen Mitarbeitern seit 1947 entwickelte Radiokarbondatierung (bdquoC 14-Datierung) wird routinemaumlszligig immer dann angewendet wenn die eigentshylichen archaumlologischen Methoden wie Typologie und Vergleich und Vergesellschafshytung von Funden keine oder nur unsichere Einordnungen erlauben Verwendbar ist jedes organische Material Holz Holzkohle Knochen usw aber auch organisch anshygereicherte Bodensedimente da mit dem Tod jedes Lebewesens der gesetzmaumlszligige

Zerfall des zu Lebzeiten aufgenommenen natuumlrlich in der Atmosphaumlre vorhanshydenen radioaktiven Kohlen-stoffisotops (l4C) beginnt

Durch Stoffwechselproshyzesse bleibt das Niveau von Kohlenstoff 14 in einem leshybenden Organismus in konshystantem Gleichgewicht mit dem Niveau der Atmosphaumlre oder des Meeres Mit dem Tod des Organismus beginnt Kohlenstoff 14 mit einer konstanten Geschwindigshykeit (Halbwertszeit) zu zershyfallen der Kohlenstoff wird dann nicht mehr durch das Kohlendioxid in der Atmosshyphaumlre ersetzt Der schnelle Zerfall von Kohlenstoff 14 begrenzt im Allgemeinen

Holzbehaumlltnis mit den Gebeinen der heiligen Beatrix Mariahof (Foto BDA)

44 Rupert WIMMER und Michael GRABNER Standardchronologien in Oumlsterreich als Basis fuumlr die dendrochronologische Datierung In Archaumlologie Oumlsterreichs 92 (1998) 79-85

45 Vgl B BECKER Jahrringkalender Mitteleuropas In B BECKERA BILLAMBOZH EGGERP GASSMANNA ORCELC ORCELU RUOFF Dendrochronologie in der Ur- und Fruumlhgeschichte Basel 1985 8-29

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CALIBRATION OF RADIOCARBON AGE TP CALENDAR YEARS (Variables C 1 3C 12=-195lab mult=l)

Laboratory number Beta-165758

Conventional radiocarbon age 1340plusmn40 BP

2 Sigma calibrated result Cal AD 640 to 770 (Cal BP 1310 to 1180) (95 probability)

Intercept data

Intercept of radiocarbon age with calibration curve Cal AD 670 (Cal BP 1280)

1 Sigma calibrated result Cal AD 660 to 690 (Cal BP 1290 to 1260) (68 probability)

References Datsbase ased

Calibration Databass Editorial Comment

Shtlver M van der Flicht H 1998 Radiocarbon 40(3) pxit-xi INTCAL98 Radiocarbon Age Calibration

Stuiver M et al 1998 Radiocarbon 40(3) pI041-083 Mathematics A Simplifted Approach to Calibrating C14Dates

Talma 4 S Vogel J C 1993 Radiocarbon 35(2) p31 -322

Beta Ana ly t ic Inc Florida 33155 USA Tel (305) 66~ 516 - Fax (305) 663 0964 E-Mail belaQradiL

Radiokarbondaten zur Untersuchung der Gebeine der bdquo heiligen Beatrix Mariahof (Foto BDA)

den Datierungszeitraum auf ungefaumlhr 50000 Jahre in manchen Faumlllen kann er bis 70000 Jahre erweitert werden Die Unsicherheit bei der Messung erhoumlht sich mit dem Alter der Probe

Die Genauigkeit der Messung haumlngt aber u a von der zugrunde gelegten Halbshywertszeit und von Schwankungen in den Kohlenstoff-14-Niveaus der Atmosphaumlre ab Die Zeitskala mit radioaktivem Kohlenstoff enthaumllt aber auch noch andere Un-

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Sicherheiten Das groumlszligte Problem ist die Verunreinigung nach der Ablagerung die durch einsickerndes Grundwasser durch Einlagerung von aumllterem oder juumlngerem Kohlenstoff sowie durch Kontamination bei der Probennahme oder im Labor zustanshyde kommt

In den letzten Jahren war mit Hilfe der 14 C-Methode etwa zu verifizieren dass ein bei Woumlrterberg (Burgenland) aus der Lafnitz geborgenes Holzfass46 tatsaumlchlich roumlmerzeitlich ist oder dass in der Pfarrkirche von Mariahof aufbewahrte Gebeine welche die lokale Tradition einer (nicht kanonisierten) bdquoheiligen Beatrix47 zushyschreibt uumlberraschenderweise fruumlhmittelalterlich (um 670 n Chr) sind

Radiokarbondaten koumlnnen nur mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit die in Pushyblikationen auch zitiert werden sollte einen Zeitraum angeben und sind daher nie punktgenau aber jedenfalls ernst zu nehmen Dass sie durch welche Gegebenheiten auch immer tatsaumlchlich einmal falsch sein sollten muumlsste im Einzelfall erst penibel nachgewiesen werden

Abschlieszligend sei noch darauf hingewiesen dass auch in diesem Bereich immer mehr Informationen online uumlber PC verfuumlgbar werden so existiert zum Beispiel eine frei zugaumlngliche Datenbank mitteleuropaumlischer 14 C-Daten fuumlr das Neolithikum und die fruumlhe Bronzezeit48

In sehr fruumlhen Abschnitten der Urgeschichte bzw Palaumlontologie und Geologie muss man sich anderer radioaktiver Elemente bedienen die folgend kurz vorgestellt werden

Thermolu mineszenz4lt)

Die Thermoluminiszenz dient ausschlieszliglich der Datierung von Keramikfunden Die in der Keramik eingeschlossenen radioaktiven Spuren verbinden sich mit den Kernen von Heliumatomen Erhitzt man Proben dieser Keramik werden diese Atomshykerne wieder freigesetzt wobei sie aufgluumlhen (Thermoluminiszenz) Die Intensitaumlt

Bernhard HEBERT [Fundbericht] in FOuml 422003 Wien 2004 703f Leopold SciiMim Die Volkserzaumlhlung Maumlrchen Sage Legende Schwank Berlin 1963 2541T In gekuumlrzter Form erschienen in Neue Chronik zur Geschichte und Volkskunde der inneroumlstershyreichischen Alpenlaumlnder Nr 46 Beilage zur Suumldost-Tagespost Graz 6 Juli 1957 1 sowie in J REICHFNPI-ADER 900 Jahre Pfarre Mariahof Ecclesia Grazluppa 1066-1966 Mariahof 1966 -7-29 - Walter BRUNNERBernhard HFuERTSusanne LEHNER Ein neuer Flechtwerkstein und die Gebeine der bdquoheiligen Beatrix Uumlberlegungen zum Fruumlhmittelalter in Mariahof In MStLA 5253(2004) 65-101

Gratis zugaumlnglich unter httpwwwjungsteinsitederadonradonhtm G A WAGNERS GREILICHA KADEREIT Lumineszenzdaticrung - Kaltes Leuchten erhellt die Vergangenheit In Physik in unserer Zeit 344 (2004) 160-166 - U RIESERJ HABERMANNG A WAGNER Lummescence dating a new high sensitive TLOSL emission spectrometer In Quatern Geochronol 18 (1999) 311-315 - Th SCHIUESA LANGJ HABERMANNU RIESER Improved Single aliquot dating applications using a new highly efficient modular luminescence reader In Radiation Protection Dosimetry 84 (1999) 363-366 - J HABERMANN Untersuchunshygen zur Lumineszenzdatierung von Gesteinsoberflaumlchen Heidelberg 2000 [Phil Diss ]

Aufsluumlhens gibt Aufschluss uumlber die Dauer waumlhrend der die Atomkerne auf-ornmen wurden und ermoumlglicht so die Datierung der Keramikprobe

Kalium-Argon-Methode

Mit dem Zerfall von radioaktivem Kalium 40 zu Argon 40 und Calcium 40 koumlnshynen Gesteine mit einem Alter von 200 bis 800 Millionen Jahren (mit Argon) bzw von eins bis zwei Milliarden Jahren (mit Calcium) datiert werden Kalium 40 kommt weit verbreitet in haumlufigen gesteinsbildenden Mineralien wie Glimmern Feldspaumlten und Hornblenden vor Problematisch ist das Entweichen von Argon wenn das Gestein Temperaturen uumlber 125 Grad C ausgesetzt war denn dadurch wird das Messergebnis verfaumllscht

Rubidium-Strontium-Methode

Mit dieser sehr genauen und zuverlaumlssigen Methode koumlnnen die aumlltesten Gesteine datiert werden Sie basiert auf dem Zerfall von Rubidium 87 zu Strontium 87 und wird haumlufig auch dafuumlr eingesetzt um Kali um-Argon-Datierungen zu uumlberpruumlfen da sich Strontium bei geringer Erwaumlrmung nicht verfluumlchtigt wie es bei Argon der Fall ist

Methoden mit Thorium 230 und Blei50

Thorium-Methoden eignen sich zur Datierung von Meeressedimenten Das Uran im Meerwasser zerfaumlllt in das Thoriumisotop Thorium 230 (lonium) das sich in die Sedimente auf dem Meeresgrund einlagert Thorium 230 ist ein Glied der Zerfallsshyreihe von Uran 238 es besitzt eine Halbwertszeit von 80000 Jahren Protactinium 231 das von Uran 235 abgeleitet ist hat eine Halbwertszeit von 34300 Jahren

Das Blei-Alpha-Alter wird bestimmt indem man den Gesamtbleigehalt und die Alphateilchenaktivitaumlt (Uran-Thorium-Gehalt) von Zirkon- Monazit- oder Xenotim-konzentraten spektrometrisch bestimmt Die Uran-Blei-Methode basiert auf dem rashydioaktiven Zerfall von Uran 238 in Blei 206 und von Uran 235 in Blei 207 Mit den Zerfallsgeschwindigkeiten fuumlr Thorium 232 bis Blei 208 kann man drei voneinander unabhaumlngige Altersangaben fuumlr die gleiche Probe erhalten Die ermittelten Blei-206-und Blei-207-Verhaumlltnisse koumlnnen in das so genannte Blei-Blei-Alter umgewandelt werden Die Methode wird am haumlufigsten fuumlr Proben aus dem Praumlkambrium benutzt Als Nebenprodukt der Uran-Thorium-Blei-Altersbestimmung kann zusaumltzlich ein

R MALLICK Entwicklung der Mikrobeprobung zur ThU-Datierung und Anwendung an quartauml-ren Travertinen aus dem Thuumlringer Becken Heidelberg 2000 [Phil Diss]

155

Eingang zur Repolusthoumlhle 1955 Dipl-lng Hermann Bock Dr Karl Murban Alois Pracher Karl Denk Konrad Hofer (v r n I) (Foto LMJ)

Proben-Nr

Uh 1265

Uh 1266

Uh 1267

Uh 1268

Uh1269

Inventar-Nr

77284 Knochen

76143 A Knochen

76260 Knochen

77281 Knochen

76137 Knochen

Uran-Genalt (ppm)

2667 r 0024

1000 0017

0464 plusmn0016

8475

plusmn0141

5580 plusmn0122

Thorium-Gehalt (ppm)

0163 plusmn 0024

0256 TO011

0006 1OOO6

1970 10040

1039 -0021

U-234 Th-230 Th-230

U-238 Th-232 U-234

1211 +0034

1216 plusmn0021

1754 z 0069

1182 +0014

1038 plusmn0021

23 plusmn 3

9 plusmn 0

143 i100

14 i 0

17 T 0

UTh-Alter UTh-Alter (ka) korr (ka)

unkorr f = 10 t 00

0385 plusmn0012

0589 TO010

0327 plusmn0011

0915 plusmn0013

1007 plusmn0020

519 = 21

932 i 2 7

417 i 17 2299

501 i 21

858 + 28

414 plusmn 1-7 2236

133-117 134-11

gt330 Mirdestalter

Uran-Thorium-Datierung der fossilen Houmlhlenbaumlrenknochen aus der Repolusthoumlhle

(GeraldFuchs-JoumlrgFuumlrnholzer-FlorianA Fladerer Repolusthoumlhle 1999 163)

156

Uran-Uran-Alter51 das aus dem Verhaumlltnis Uran 235 zu Uran 238 abgeleitet wird berechnet werden52

Die selten verwendete Uran-Thorium-Methode wurde im Jahre 1997 zur Datieshyrung fossiler Houmlhlenbaumlrenknochen aus der bekannten Repolusthoumlhle noumlrdlich von Peagau herangezogen53 Die Houmlhle wurde in den Jahren 1947 bis 1955 ergraben in einer Zeit als sowohl verfeinerte stratigrafische Beobachtungen als auch alle naturshywissenschaftlichen Datierungsmethoden unbekannt waren Rein typologische Zuordshynungen der atypischen Steingeraumlte schienen auch nicht auszureichen Die Uran-Tho-num-Untersuchungen fuumlhrten zum Ergebnis dass die Sedimente der Repolusthoumlhle in einem Zeitraum von mehr als 200000 Jahren abgelagert worden waren womit die Houmlhle nicht nur als aumlltester Fundplatz der Steiermark sondern auch als einer der aumlltesten Mitteleuropas bestaumltigt wurde54

Die hier nur ausschnitthaft anhand steirischer Beispiele vorgestellten vielfaumlltigen Methoden lassen erkennen wie sehr die moderne Archaumlologie als interdisziplinaumlre Teamarheit auf andere Fachgebiete auf stets sich weiter entwickelnde Techniken und deren Anwendungen angewiesen ist Dieser Prozess wird sicherlich weitergehen und eine verstaumlrkte Offenheit und Methodendiskussion55 erfordern 1999 wurde in Heishydelberg die bdquoGesellschaft der Naturwissenschaftlichen Archaumlometrie zum Zweck des Einsatzes und der Entwicklung naturwissenschaftlicher Methoden zur Loumlsung kulturwissenschaftlicher und historischer Fragestellungen - in Forschung und Lehre - gegruumlndet Dies schlieszligt die faumlcheruumlbergreifende Mitwirkung der Biowissenschafshyten Chemie Geowissenschaften und Physik von naturwissenschaftlicher Seite sowie der archaumlologischen Disziplinen Kunstgeschichte Denkmalpflege und Restaurieshyrung von kulturhistorischer Seite ein Hingewiesen sei auf eine Reihe wissenschaftshylicher Veroumlffentlichungen sowie sachbezogene Oumlffentlichkeitsarbeit dieser Gesellshyschaft56

51 R MALLICKN FRANKA MANUumlINIG A WAGNER Anwendung der Uranreihen-Mikroproben-

_ datierung an quartaumlren Travertinverfahren In Prehistoria Thuringia 4 (2000) 95-100 v Vgl http^wwwregiosurfnetgeographiephygeoaltbestihtml Die Untersuchungen wurden von Mebus A Geyh vom Niedersaumlchsischen Landesamt fuumlr Bodenshy

forschung Hannover durchgefuumlhrt Gerald FUCHS - Joumlrg FUumlRNHOLZER - Florian A FLAUERER Untersuchungen zur Fundschicht-

^ bildung in der Repolusthoumlhle Steiermark In FOuml 371998 Wien 1999 143-172 Wer sich fuumlr die Theorie- und Methodendiskussion in der Archaumlologie interessiert sei auf die Website der Theorie-AG (httpwwwtheorie-agde) verwiesen die sich mit den theoretischen ProblemenFragestellungen in der archaumlologischen Forschung beschaumlftigt Neben der Moumlglichshykeit zur Diskussion findet man Buch- Tagungs- und Ausstellungshinweise Tagungsberichte Buchrezensionen und einiges mehr Archaumlometrisches Nachrichtenblatt hg v d Gesellschaft der Naturwissenschaftlichen Archaumloshylogie Heidelberg (Homepage httpwwwarchaeometriede)

157

Hingewiesen sei freilich darauf dass die Dendrochronologie in Oumlsterreich44 einen gewissen Nachholbedarf aufweist wie es die diesbezuumlglichen deutschen und Schweishyzer Forschungen beweisen45

Radiokarbondatierung

Naturwissenschaftliche Datierungsmethoden haben wesentliche Fortschritte in der zeitlichen Zuordnung einzelner Befunde aber auch ganzer (archaumlologischer) Kulmren gebracht Deren wichtigste die von dem amerikanischen Chemiker Willard Frank Libby und seinen Mitarbeitern seit 1947 entwickelte Radiokarbondatierung (bdquoC 14-Datierung) wird routinemaumlszligig immer dann angewendet wenn die eigentshylichen archaumlologischen Methoden wie Typologie und Vergleich und Vergesellschafshytung von Funden keine oder nur unsichere Einordnungen erlauben Verwendbar ist jedes organische Material Holz Holzkohle Knochen usw aber auch organisch anshygereicherte Bodensedimente da mit dem Tod jedes Lebewesens der gesetzmaumlszligige

Zerfall des zu Lebzeiten aufgenommenen natuumlrlich in der Atmosphaumlre vorhanshydenen radioaktiven Kohlen-stoffisotops (l4C) beginnt

Durch Stoffwechselproshyzesse bleibt das Niveau von Kohlenstoff 14 in einem leshybenden Organismus in konshystantem Gleichgewicht mit dem Niveau der Atmosphaumlre oder des Meeres Mit dem Tod des Organismus beginnt Kohlenstoff 14 mit einer konstanten Geschwindigshykeit (Halbwertszeit) zu zershyfallen der Kohlenstoff wird dann nicht mehr durch das Kohlendioxid in der Atmosshyphaumlre ersetzt Der schnelle Zerfall von Kohlenstoff 14 begrenzt im Allgemeinen

Holzbehaumlltnis mit den Gebeinen der heiligen Beatrix Mariahof (Foto BDA)

44 Rupert WIMMER und Michael GRABNER Standardchronologien in Oumlsterreich als Basis fuumlr die dendrochronologische Datierung In Archaumlologie Oumlsterreichs 92 (1998) 79-85

45 Vgl B BECKER Jahrringkalender Mitteleuropas In B BECKERA BILLAMBOZH EGGERP GASSMANNA ORCELC ORCELU RUOFF Dendrochronologie in der Ur- und Fruumlhgeschichte Basel 1985 8-29

152

CALIBRATION OF RADIOCARBON AGE TP CALENDAR YEARS (Variables C 1 3C 12=-195lab mult=l)

Laboratory number Beta-165758

Conventional radiocarbon age 1340plusmn40 BP

2 Sigma calibrated result Cal AD 640 to 770 (Cal BP 1310 to 1180) (95 probability)

Intercept data

Intercept of radiocarbon age with calibration curve Cal AD 670 (Cal BP 1280)

1 Sigma calibrated result Cal AD 660 to 690 (Cal BP 1290 to 1260) (68 probability)

References Datsbase ased

Calibration Databass Editorial Comment

Shtlver M van der Flicht H 1998 Radiocarbon 40(3) pxit-xi INTCAL98 Radiocarbon Age Calibration

Stuiver M et al 1998 Radiocarbon 40(3) pI041-083 Mathematics A Simplifted Approach to Calibrating C14Dates

Talma 4 S Vogel J C 1993 Radiocarbon 35(2) p31 -322

Beta Ana ly t ic Inc Florida 33155 USA Tel (305) 66~ 516 - Fax (305) 663 0964 E-Mail belaQradiL

Radiokarbondaten zur Untersuchung der Gebeine der bdquo heiligen Beatrix Mariahof (Foto BDA)

den Datierungszeitraum auf ungefaumlhr 50000 Jahre in manchen Faumlllen kann er bis 70000 Jahre erweitert werden Die Unsicherheit bei der Messung erhoumlht sich mit dem Alter der Probe

Die Genauigkeit der Messung haumlngt aber u a von der zugrunde gelegten Halbshywertszeit und von Schwankungen in den Kohlenstoff-14-Niveaus der Atmosphaumlre ab Die Zeitskala mit radioaktivem Kohlenstoff enthaumllt aber auch noch andere Un-

153

Sicherheiten Das groumlszligte Problem ist die Verunreinigung nach der Ablagerung die durch einsickerndes Grundwasser durch Einlagerung von aumllterem oder juumlngerem Kohlenstoff sowie durch Kontamination bei der Probennahme oder im Labor zustanshyde kommt

In den letzten Jahren war mit Hilfe der 14 C-Methode etwa zu verifizieren dass ein bei Woumlrterberg (Burgenland) aus der Lafnitz geborgenes Holzfass46 tatsaumlchlich roumlmerzeitlich ist oder dass in der Pfarrkirche von Mariahof aufbewahrte Gebeine welche die lokale Tradition einer (nicht kanonisierten) bdquoheiligen Beatrix47 zushyschreibt uumlberraschenderweise fruumlhmittelalterlich (um 670 n Chr) sind

Radiokarbondaten koumlnnen nur mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit die in Pushyblikationen auch zitiert werden sollte einen Zeitraum angeben und sind daher nie punktgenau aber jedenfalls ernst zu nehmen Dass sie durch welche Gegebenheiten auch immer tatsaumlchlich einmal falsch sein sollten muumlsste im Einzelfall erst penibel nachgewiesen werden

Abschlieszligend sei noch darauf hingewiesen dass auch in diesem Bereich immer mehr Informationen online uumlber PC verfuumlgbar werden so existiert zum Beispiel eine frei zugaumlngliche Datenbank mitteleuropaumlischer 14 C-Daten fuumlr das Neolithikum und die fruumlhe Bronzezeit48

In sehr fruumlhen Abschnitten der Urgeschichte bzw Palaumlontologie und Geologie muss man sich anderer radioaktiver Elemente bedienen die folgend kurz vorgestellt werden

Thermolu mineszenz4lt)

Die Thermoluminiszenz dient ausschlieszliglich der Datierung von Keramikfunden Die in der Keramik eingeschlossenen radioaktiven Spuren verbinden sich mit den Kernen von Heliumatomen Erhitzt man Proben dieser Keramik werden diese Atomshykerne wieder freigesetzt wobei sie aufgluumlhen (Thermoluminiszenz) Die Intensitaumlt

Bernhard HEBERT [Fundbericht] in FOuml 422003 Wien 2004 703f Leopold SciiMim Die Volkserzaumlhlung Maumlrchen Sage Legende Schwank Berlin 1963 2541T In gekuumlrzter Form erschienen in Neue Chronik zur Geschichte und Volkskunde der inneroumlstershyreichischen Alpenlaumlnder Nr 46 Beilage zur Suumldost-Tagespost Graz 6 Juli 1957 1 sowie in J REICHFNPI-ADER 900 Jahre Pfarre Mariahof Ecclesia Grazluppa 1066-1966 Mariahof 1966 -7-29 - Walter BRUNNERBernhard HFuERTSusanne LEHNER Ein neuer Flechtwerkstein und die Gebeine der bdquoheiligen Beatrix Uumlberlegungen zum Fruumlhmittelalter in Mariahof In MStLA 5253(2004) 65-101

Gratis zugaumlnglich unter httpwwwjungsteinsitederadonradonhtm G A WAGNERS GREILICHA KADEREIT Lumineszenzdaticrung - Kaltes Leuchten erhellt die Vergangenheit In Physik in unserer Zeit 344 (2004) 160-166 - U RIESERJ HABERMANNG A WAGNER Lummescence dating a new high sensitive TLOSL emission spectrometer In Quatern Geochronol 18 (1999) 311-315 - Th SCHIUESA LANGJ HABERMANNU RIESER Improved Single aliquot dating applications using a new highly efficient modular luminescence reader In Radiation Protection Dosimetry 84 (1999) 363-366 - J HABERMANN Untersuchunshygen zur Lumineszenzdatierung von Gesteinsoberflaumlchen Heidelberg 2000 [Phil Diss ]

Aufsluumlhens gibt Aufschluss uumlber die Dauer waumlhrend der die Atomkerne auf-ornmen wurden und ermoumlglicht so die Datierung der Keramikprobe

Kalium-Argon-Methode

Mit dem Zerfall von radioaktivem Kalium 40 zu Argon 40 und Calcium 40 koumlnshynen Gesteine mit einem Alter von 200 bis 800 Millionen Jahren (mit Argon) bzw von eins bis zwei Milliarden Jahren (mit Calcium) datiert werden Kalium 40 kommt weit verbreitet in haumlufigen gesteinsbildenden Mineralien wie Glimmern Feldspaumlten und Hornblenden vor Problematisch ist das Entweichen von Argon wenn das Gestein Temperaturen uumlber 125 Grad C ausgesetzt war denn dadurch wird das Messergebnis verfaumllscht

Rubidium-Strontium-Methode

Mit dieser sehr genauen und zuverlaumlssigen Methode koumlnnen die aumlltesten Gesteine datiert werden Sie basiert auf dem Zerfall von Rubidium 87 zu Strontium 87 und wird haumlufig auch dafuumlr eingesetzt um Kali um-Argon-Datierungen zu uumlberpruumlfen da sich Strontium bei geringer Erwaumlrmung nicht verfluumlchtigt wie es bei Argon der Fall ist

Methoden mit Thorium 230 und Blei50

Thorium-Methoden eignen sich zur Datierung von Meeressedimenten Das Uran im Meerwasser zerfaumlllt in das Thoriumisotop Thorium 230 (lonium) das sich in die Sedimente auf dem Meeresgrund einlagert Thorium 230 ist ein Glied der Zerfallsshyreihe von Uran 238 es besitzt eine Halbwertszeit von 80000 Jahren Protactinium 231 das von Uran 235 abgeleitet ist hat eine Halbwertszeit von 34300 Jahren

Das Blei-Alpha-Alter wird bestimmt indem man den Gesamtbleigehalt und die Alphateilchenaktivitaumlt (Uran-Thorium-Gehalt) von Zirkon- Monazit- oder Xenotim-konzentraten spektrometrisch bestimmt Die Uran-Blei-Methode basiert auf dem rashydioaktiven Zerfall von Uran 238 in Blei 206 und von Uran 235 in Blei 207 Mit den Zerfallsgeschwindigkeiten fuumlr Thorium 232 bis Blei 208 kann man drei voneinander unabhaumlngige Altersangaben fuumlr die gleiche Probe erhalten Die ermittelten Blei-206-und Blei-207-Verhaumlltnisse koumlnnen in das so genannte Blei-Blei-Alter umgewandelt werden Die Methode wird am haumlufigsten fuumlr Proben aus dem Praumlkambrium benutzt Als Nebenprodukt der Uran-Thorium-Blei-Altersbestimmung kann zusaumltzlich ein

R MALLICK Entwicklung der Mikrobeprobung zur ThU-Datierung und Anwendung an quartauml-ren Travertinen aus dem Thuumlringer Becken Heidelberg 2000 [Phil Diss]

155

Eingang zur Repolusthoumlhle 1955 Dipl-lng Hermann Bock Dr Karl Murban Alois Pracher Karl Denk Konrad Hofer (v r n I) (Foto LMJ)

Proben-Nr

Uh 1265

Uh 1266

Uh 1267

Uh 1268

Uh1269

Inventar-Nr

77284 Knochen

76143 A Knochen

76260 Knochen

77281 Knochen

76137 Knochen

Uran-Genalt (ppm)

2667 r 0024

1000 0017

0464 plusmn0016

8475

plusmn0141

5580 plusmn0122

Thorium-Gehalt (ppm)

0163 plusmn 0024

0256 TO011

0006 1OOO6

1970 10040

1039 -0021

U-234 Th-230 Th-230

U-238 Th-232 U-234

1211 +0034

1216 plusmn0021

1754 z 0069

1182 +0014

1038 plusmn0021

23 plusmn 3

9 plusmn 0

143 i100

14 i 0

17 T 0

UTh-Alter UTh-Alter (ka) korr (ka)

unkorr f = 10 t 00

0385 plusmn0012

0589 TO010

0327 plusmn0011

0915 plusmn0013

1007 plusmn0020

519 = 21

932 i 2 7

417 i 17 2299

501 i 21

858 + 28

414 plusmn 1-7 2236

133-117 134-11

gt330 Mirdestalter

Uran-Thorium-Datierung der fossilen Houmlhlenbaumlrenknochen aus der Repolusthoumlhle

(GeraldFuchs-JoumlrgFuumlrnholzer-FlorianA Fladerer Repolusthoumlhle 1999 163)

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Uran-Uran-Alter51 das aus dem Verhaumlltnis Uran 235 zu Uran 238 abgeleitet wird berechnet werden52

Die selten verwendete Uran-Thorium-Methode wurde im Jahre 1997 zur Datieshyrung fossiler Houmlhlenbaumlrenknochen aus der bekannten Repolusthoumlhle noumlrdlich von Peagau herangezogen53 Die Houmlhle wurde in den Jahren 1947 bis 1955 ergraben in einer Zeit als sowohl verfeinerte stratigrafische Beobachtungen als auch alle naturshywissenschaftlichen Datierungsmethoden unbekannt waren Rein typologische Zuordshynungen der atypischen Steingeraumlte schienen auch nicht auszureichen Die Uran-Tho-num-Untersuchungen fuumlhrten zum Ergebnis dass die Sedimente der Repolusthoumlhle in einem Zeitraum von mehr als 200000 Jahren abgelagert worden waren womit die Houmlhle nicht nur als aumlltester Fundplatz der Steiermark sondern auch als einer der aumlltesten Mitteleuropas bestaumltigt wurde54

Die hier nur ausschnitthaft anhand steirischer Beispiele vorgestellten vielfaumlltigen Methoden lassen erkennen wie sehr die moderne Archaumlologie als interdisziplinaumlre Teamarheit auf andere Fachgebiete auf stets sich weiter entwickelnde Techniken und deren Anwendungen angewiesen ist Dieser Prozess wird sicherlich weitergehen und eine verstaumlrkte Offenheit und Methodendiskussion55 erfordern 1999 wurde in Heishydelberg die bdquoGesellschaft der Naturwissenschaftlichen Archaumlometrie zum Zweck des Einsatzes und der Entwicklung naturwissenschaftlicher Methoden zur Loumlsung kulturwissenschaftlicher und historischer Fragestellungen - in Forschung und Lehre - gegruumlndet Dies schlieszligt die faumlcheruumlbergreifende Mitwirkung der Biowissenschafshyten Chemie Geowissenschaften und Physik von naturwissenschaftlicher Seite sowie der archaumlologischen Disziplinen Kunstgeschichte Denkmalpflege und Restaurieshyrung von kulturhistorischer Seite ein Hingewiesen sei auf eine Reihe wissenschaftshylicher Veroumlffentlichungen sowie sachbezogene Oumlffentlichkeitsarbeit dieser Gesellshyschaft56

51 R MALLICKN FRANKA MANUumlINIG A WAGNER Anwendung der Uranreihen-Mikroproben-

_ datierung an quartaumlren Travertinverfahren In Prehistoria Thuringia 4 (2000) 95-100 v Vgl http^wwwregiosurfnetgeographiephygeoaltbestihtml Die Untersuchungen wurden von Mebus A Geyh vom Niedersaumlchsischen Landesamt fuumlr Bodenshy

forschung Hannover durchgefuumlhrt Gerald FUCHS - Joumlrg FUumlRNHOLZER - Florian A FLAUERER Untersuchungen zur Fundschicht-

^ bildung in der Repolusthoumlhle Steiermark In FOuml 371998 Wien 1999 143-172 Wer sich fuumlr die Theorie- und Methodendiskussion in der Archaumlologie interessiert sei auf die Website der Theorie-AG (httpwwwtheorie-agde) verwiesen die sich mit den theoretischen ProblemenFragestellungen in der archaumlologischen Forschung beschaumlftigt Neben der Moumlglichshykeit zur Diskussion findet man Buch- Tagungs- und Ausstellungshinweise Tagungsberichte Buchrezensionen und einiges mehr Archaumlometrisches Nachrichtenblatt hg v d Gesellschaft der Naturwissenschaftlichen Archaumloshylogie Heidelberg (Homepage httpwwwarchaeometriede)

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Sicherheiten Das groumlszligte Problem ist die Verunreinigung nach der Ablagerung die durch einsickerndes Grundwasser durch Einlagerung von aumllterem oder juumlngerem Kohlenstoff sowie durch Kontamination bei der Probennahme oder im Labor zustanshyde kommt

In den letzten Jahren war mit Hilfe der 14 C-Methode etwa zu verifizieren dass ein bei Woumlrterberg (Burgenland) aus der Lafnitz geborgenes Holzfass46 tatsaumlchlich roumlmerzeitlich ist oder dass in der Pfarrkirche von Mariahof aufbewahrte Gebeine welche die lokale Tradition einer (nicht kanonisierten) bdquoheiligen Beatrix47 zushyschreibt uumlberraschenderweise fruumlhmittelalterlich (um 670 n Chr) sind

Radiokarbondaten koumlnnen nur mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit die in Pushyblikationen auch zitiert werden sollte einen Zeitraum angeben und sind daher nie punktgenau aber jedenfalls ernst zu nehmen Dass sie durch welche Gegebenheiten auch immer tatsaumlchlich einmal falsch sein sollten muumlsste im Einzelfall erst penibel nachgewiesen werden

Abschlieszligend sei noch darauf hingewiesen dass auch in diesem Bereich immer mehr Informationen online uumlber PC verfuumlgbar werden so existiert zum Beispiel eine frei zugaumlngliche Datenbank mitteleuropaumlischer 14 C-Daten fuumlr das Neolithikum und die fruumlhe Bronzezeit48

In sehr fruumlhen Abschnitten der Urgeschichte bzw Palaumlontologie und Geologie muss man sich anderer radioaktiver Elemente bedienen die folgend kurz vorgestellt werden

Thermolu mineszenz4lt)

Die Thermoluminiszenz dient ausschlieszliglich der Datierung von Keramikfunden Die in der Keramik eingeschlossenen radioaktiven Spuren verbinden sich mit den Kernen von Heliumatomen Erhitzt man Proben dieser Keramik werden diese Atomshykerne wieder freigesetzt wobei sie aufgluumlhen (Thermoluminiszenz) Die Intensitaumlt

Bernhard HEBERT [Fundbericht] in FOuml 422003 Wien 2004 703f Leopold SciiMim Die Volkserzaumlhlung Maumlrchen Sage Legende Schwank Berlin 1963 2541T In gekuumlrzter Form erschienen in Neue Chronik zur Geschichte und Volkskunde der inneroumlstershyreichischen Alpenlaumlnder Nr 46 Beilage zur Suumldost-Tagespost Graz 6 Juli 1957 1 sowie in J REICHFNPI-ADER 900 Jahre Pfarre Mariahof Ecclesia Grazluppa 1066-1966 Mariahof 1966 -7-29 - Walter BRUNNERBernhard HFuERTSusanne LEHNER Ein neuer Flechtwerkstein und die Gebeine der bdquoheiligen Beatrix Uumlberlegungen zum Fruumlhmittelalter in Mariahof In MStLA 5253(2004) 65-101

Gratis zugaumlnglich unter httpwwwjungsteinsitederadonradonhtm G A WAGNERS GREILICHA KADEREIT Lumineszenzdaticrung - Kaltes Leuchten erhellt die Vergangenheit In Physik in unserer Zeit 344 (2004) 160-166 - U RIESERJ HABERMANNG A WAGNER Lummescence dating a new high sensitive TLOSL emission spectrometer In Quatern Geochronol 18 (1999) 311-315 - Th SCHIUESA LANGJ HABERMANNU RIESER Improved Single aliquot dating applications using a new highly efficient modular luminescence reader In Radiation Protection Dosimetry 84 (1999) 363-366 - J HABERMANN Untersuchunshygen zur Lumineszenzdatierung von Gesteinsoberflaumlchen Heidelberg 2000 [Phil Diss ]

Aufsluumlhens gibt Aufschluss uumlber die Dauer waumlhrend der die Atomkerne auf-ornmen wurden und ermoumlglicht so die Datierung der Keramikprobe

Kalium-Argon-Methode

Mit dem Zerfall von radioaktivem Kalium 40 zu Argon 40 und Calcium 40 koumlnshynen Gesteine mit einem Alter von 200 bis 800 Millionen Jahren (mit Argon) bzw von eins bis zwei Milliarden Jahren (mit Calcium) datiert werden Kalium 40 kommt weit verbreitet in haumlufigen gesteinsbildenden Mineralien wie Glimmern Feldspaumlten und Hornblenden vor Problematisch ist das Entweichen von Argon wenn das Gestein Temperaturen uumlber 125 Grad C ausgesetzt war denn dadurch wird das Messergebnis verfaumllscht

Rubidium-Strontium-Methode

Mit dieser sehr genauen und zuverlaumlssigen Methode koumlnnen die aumlltesten Gesteine datiert werden Sie basiert auf dem Zerfall von Rubidium 87 zu Strontium 87 und wird haumlufig auch dafuumlr eingesetzt um Kali um-Argon-Datierungen zu uumlberpruumlfen da sich Strontium bei geringer Erwaumlrmung nicht verfluumlchtigt wie es bei Argon der Fall ist

Methoden mit Thorium 230 und Blei50

Thorium-Methoden eignen sich zur Datierung von Meeressedimenten Das Uran im Meerwasser zerfaumlllt in das Thoriumisotop Thorium 230 (lonium) das sich in die Sedimente auf dem Meeresgrund einlagert Thorium 230 ist ein Glied der Zerfallsshyreihe von Uran 238 es besitzt eine Halbwertszeit von 80000 Jahren Protactinium 231 das von Uran 235 abgeleitet ist hat eine Halbwertszeit von 34300 Jahren

Das Blei-Alpha-Alter wird bestimmt indem man den Gesamtbleigehalt und die Alphateilchenaktivitaumlt (Uran-Thorium-Gehalt) von Zirkon- Monazit- oder Xenotim-konzentraten spektrometrisch bestimmt Die Uran-Blei-Methode basiert auf dem rashydioaktiven Zerfall von Uran 238 in Blei 206 und von Uran 235 in Blei 207 Mit den Zerfallsgeschwindigkeiten fuumlr Thorium 232 bis Blei 208 kann man drei voneinander unabhaumlngige Altersangaben fuumlr die gleiche Probe erhalten Die ermittelten Blei-206-und Blei-207-Verhaumlltnisse koumlnnen in das so genannte Blei-Blei-Alter umgewandelt werden Die Methode wird am haumlufigsten fuumlr Proben aus dem Praumlkambrium benutzt Als Nebenprodukt der Uran-Thorium-Blei-Altersbestimmung kann zusaumltzlich ein

R MALLICK Entwicklung der Mikrobeprobung zur ThU-Datierung und Anwendung an quartauml-ren Travertinen aus dem Thuumlringer Becken Heidelberg 2000 [Phil Diss]

155

Eingang zur Repolusthoumlhle 1955 Dipl-lng Hermann Bock Dr Karl Murban Alois Pracher Karl Denk Konrad Hofer (v r n I) (Foto LMJ)

Proben-Nr

Uh 1265

Uh 1266

Uh 1267

Uh 1268

Uh1269

Inventar-Nr

77284 Knochen

76143 A Knochen

76260 Knochen

77281 Knochen

76137 Knochen

Uran-Genalt (ppm)

2667 r 0024

1000 0017

0464 plusmn0016

8475

plusmn0141

5580 plusmn0122

Thorium-Gehalt (ppm)

0163 plusmn 0024

0256 TO011

0006 1OOO6

1970 10040

1039 -0021

U-234 Th-230 Th-230

U-238 Th-232 U-234

1211 +0034

1216 plusmn0021

1754 z 0069

1182 +0014

1038 plusmn0021

23 plusmn 3

9 plusmn 0

143 i100

14 i 0

17 T 0

UTh-Alter UTh-Alter (ka) korr (ka)

unkorr f = 10 t 00

0385 plusmn0012

0589 TO010

0327 plusmn0011

0915 plusmn0013

1007 plusmn0020

519 = 21

932 i 2 7

417 i 17 2299

501 i 21

858 + 28

414 plusmn 1-7 2236

133-117 134-11

gt330 Mirdestalter

Uran-Thorium-Datierung der fossilen Houmlhlenbaumlrenknochen aus der Repolusthoumlhle

(GeraldFuchs-JoumlrgFuumlrnholzer-FlorianA Fladerer Repolusthoumlhle 1999 163)

156

Uran-Uran-Alter51 das aus dem Verhaumlltnis Uran 235 zu Uran 238 abgeleitet wird berechnet werden52

Die selten verwendete Uran-Thorium-Methode wurde im Jahre 1997 zur Datieshyrung fossiler Houmlhlenbaumlrenknochen aus der bekannten Repolusthoumlhle noumlrdlich von Peagau herangezogen53 Die Houmlhle wurde in den Jahren 1947 bis 1955 ergraben in einer Zeit als sowohl verfeinerte stratigrafische Beobachtungen als auch alle naturshywissenschaftlichen Datierungsmethoden unbekannt waren Rein typologische Zuordshynungen der atypischen Steingeraumlte schienen auch nicht auszureichen Die Uran-Tho-num-Untersuchungen fuumlhrten zum Ergebnis dass die Sedimente der Repolusthoumlhle in einem Zeitraum von mehr als 200000 Jahren abgelagert worden waren womit die Houmlhle nicht nur als aumlltester Fundplatz der Steiermark sondern auch als einer der aumlltesten Mitteleuropas bestaumltigt wurde54

Die hier nur ausschnitthaft anhand steirischer Beispiele vorgestellten vielfaumlltigen Methoden lassen erkennen wie sehr die moderne Archaumlologie als interdisziplinaumlre Teamarheit auf andere Fachgebiete auf stets sich weiter entwickelnde Techniken und deren Anwendungen angewiesen ist Dieser Prozess wird sicherlich weitergehen und eine verstaumlrkte Offenheit und Methodendiskussion55 erfordern 1999 wurde in Heishydelberg die bdquoGesellschaft der Naturwissenschaftlichen Archaumlometrie zum Zweck des Einsatzes und der Entwicklung naturwissenschaftlicher Methoden zur Loumlsung kulturwissenschaftlicher und historischer Fragestellungen - in Forschung und Lehre - gegruumlndet Dies schlieszligt die faumlcheruumlbergreifende Mitwirkung der Biowissenschafshyten Chemie Geowissenschaften und Physik von naturwissenschaftlicher Seite sowie der archaumlologischen Disziplinen Kunstgeschichte Denkmalpflege und Restaurieshyrung von kulturhistorischer Seite ein Hingewiesen sei auf eine Reihe wissenschaftshylicher Veroumlffentlichungen sowie sachbezogene Oumlffentlichkeitsarbeit dieser Gesellshyschaft56

51 R MALLICKN FRANKA MANUumlINIG A WAGNER Anwendung der Uranreihen-Mikroproben-

_ datierung an quartaumlren Travertinverfahren In Prehistoria Thuringia 4 (2000) 95-100 v Vgl http^wwwregiosurfnetgeographiephygeoaltbestihtml Die Untersuchungen wurden von Mebus A Geyh vom Niedersaumlchsischen Landesamt fuumlr Bodenshy

forschung Hannover durchgefuumlhrt Gerald FUCHS - Joumlrg FUumlRNHOLZER - Florian A FLAUERER Untersuchungen zur Fundschicht-

^ bildung in der Repolusthoumlhle Steiermark In FOuml 371998 Wien 1999 143-172 Wer sich fuumlr die Theorie- und Methodendiskussion in der Archaumlologie interessiert sei auf die Website der Theorie-AG (httpwwwtheorie-agde) verwiesen die sich mit den theoretischen ProblemenFragestellungen in der archaumlologischen Forschung beschaumlftigt Neben der Moumlglichshykeit zur Diskussion findet man Buch- Tagungs- und Ausstellungshinweise Tagungsberichte Buchrezensionen und einiges mehr Archaumlometrisches Nachrichtenblatt hg v d Gesellschaft der Naturwissenschaftlichen Archaumloshylogie Heidelberg (Homepage httpwwwarchaeometriede)

157

Eingang zur Repolusthoumlhle 1955 Dipl-lng Hermann Bock Dr Karl Murban Alois Pracher Karl Denk Konrad Hofer (v r n I) (Foto LMJ)

Proben-Nr

Uh 1265

Uh 1266

Uh 1267

Uh 1268

Uh1269

Inventar-Nr

77284 Knochen

76143 A Knochen

76260 Knochen

77281 Knochen

76137 Knochen

Uran-Genalt (ppm)

2667 r 0024

1000 0017

0464 plusmn0016

8475

plusmn0141

5580 plusmn0122

Thorium-Gehalt (ppm)

0163 plusmn 0024

0256 TO011

0006 1OOO6

1970 10040

1039 -0021

U-234 Th-230 Th-230

U-238 Th-232 U-234

1211 +0034

1216 plusmn0021

1754 z 0069

1182 +0014

1038 plusmn0021

23 plusmn 3

9 plusmn 0

143 i100

14 i 0

17 T 0

UTh-Alter UTh-Alter (ka) korr (ka)

unkorr f = 10 t 00

0385 plusmn0012

0589 TO010

0327 plusmn0011

0915 plusmn0013

1007 plusmn0020

519 = 21

932 i 2 7

417 i 17 2299

501 i 21

858 + 28

414 plusmn 1-7 2236

133-117 134-11

gt330 Mirdestalter

Uran-Thorium-Datierung der fossilen Houmlhlenbaumlrenknochen aus der Repolusthoumlhle

(GeraldFuchs-JoumlrgFuumlrnholzer-FlorianA Fladerer Repolusthoumlhle 1999 163)

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Uran-Uran-Alter51 das aus dem Verhaumlltnis Uran 235 zu Uran 238 abgeleitet wird berechnet werden52

Die selten verwendete Uran-Thorium-Methode wurde im Jahre 1997 zur Datieshyrung fossiler Houmlhlenbaumlrenknochen aus der bekannten Repolusthoumlhle noumlrdlich von Peagau herangezogen53 Die Houmlhle wurde in den Jahren 1947 bis 1955 ergraben in einer Zeit als sowohl verfeinerte stratigrafische Beobachtungen als auch alle naturshywissenschaftlichen Datierungsmethoden unbekannt waren Rein typologische Zuordshynungen der atypischen Steingeraumlte schienen auch nicht auszureichen Die Uran-Tho-num-Untersuchungen fuumlhrten zum Ergebnis dass die Sedimente der Repolusthoumlhle in einem Zeitraum von mehr als 200000 Jahren abgelagert worden waren womit die Houmlhle nicht nur als aumlltester Fundplatz der Steiermark sondern auch als einer der aumlltesten Mitteleuropas bestaumltigt wurde54

Die hier nur ausschnitthaft anhand steirischer Beispiele vorgestellten vielfaumlltigen Methoden lassen erkennen wie sehr die moderne Archaumlologie als interdisziplinaumlre Teamarheit auf andere Fachgebiete auf stets sich weiter entwickelnde Techniken und deren Anwendungen angewiesen ist Dieser Prozess wird sicherlich weitergehen und eine verstaumlrkte Offenheit und Methodendiskussion55 erfordern 1999 wurde in Heishydelberg die bdquoGesellschaft der Naturwissenschaftlichen Archaumlometrie zum Zweck des Einsatzes und der Entwicklung naturwissenschaftlicher Methoden zur Loumlsung kulturwissenschaftlicher und historischer Fragestellungen - in Forschung und Lehre - gegruumlndet Dies schlieszligt die faumlcheruumlbergreifende Mitwirkung der Biowissenschafshyten Chemie Geowissenschaften und Physik von naturwissenschaftlicher Seite sowie der archaumlologischen Disziplinen Kunstgeschichte Denkmalpflege und Restaurieshyrung von kulturhistorischer Seite ein Hingewiesen sei auf eine Reihe wissenschaftshylicher Veroumlffentlichungen sowie sachbezogene Oumlffentlichkeitsarbeit dieser Gesellshyschaft56

51 R MALLICKN FRANKA MANUumlINIG A WAGNER Anwendung der Uranreihen-Mikroproben-

_ datierung an quartaumlren Travertinverfahren In Prehistoria Thuringia 4 (2000) 95-100 v Vgl http^wwwregiosurfnetgeographiephygeoaltbestihtml Die Untersuchungen wurden von Mebus A Geyh vom Niedersaumlchsischen Landesamt fuumlr Bodenshy

forschung Hannover durchgefuumlhrt Gerald FUCHS - Joumlrg FUumlRNHOLZER - Florian A FLAUERER Untersuchungen zur Fundschicht-

^ bildung in der Repolusthoumlhle Steiermark In FOuml 371998 Wien 1999 143-172 Wer sich fuumlr die Theorie- und Methodendiskussion in der Archaumlologie interessiert sei auf die Website der Theorie-AG (httpwwwtheorie-agde) verwiesen die sich mit den theoretischen ProblemenFragestellungen in der archaumlologischen Forschung beschaumlftigt Neben der Moumlglichshykeit zur Diskussion findet man Buch- Tagungs- und Ausstellungshinweise Tagungsberichte Buchrezensionen und einiges mehr Archaumlometrisches Nachrichtenblatt hg v d Gesellschaft der Naturwissenschaftlichen Archaumloshylogie Heidelberg (Homepage httpwwwarchaeometriede)

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