Methodik zur vergleichenden Risikobeurteilung€¦ · Sicherheit des Verkehrssystems Strasse und...

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Eidgenössisches Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation UVEK Département fédéral de l'environnement, des transports, de l'énergie et de la communication DETEC Dipartimento federale dell'ambiente, dei trasporti, dell'energia e delle comunicazioni DATEC Bundesamt für Strassen Office fédéral des routes Ufficio federale delle Strade Sicherheit des Verkehrssystems Strasse und dessen Kunstbauten Methodik zur vergleichenden Risikobeurteilung Bases d'une méthode pour une appréciation comparative des risques Methodological basis for comparative risk assessment ETH Zürich, Institut für Baustatik und Konstruktion Ernst Basler + Partner AG Risk&Safety AG Forschungsauftrag AGB 2005/102 auf Antrag der Arbeitsgruppe Brückenforschung (AGB) Dezember 2009 618

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Eidgenössisches Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation UVEK Département fédéral de l'environnement, des transports, de l'énergie et de la communication DETECDipartimento federale dell'ambiente, dei trasporti, dell'energia e delle comunicazioni DATEC

Bundesamt für Strassen Office fédéral des routes Ufficio federale delle Strade

Sicherheit des Verkehrssystems Strasse und dessen Kunstbauten

Methodik zur vergleichenden Risikobeurteilung Bases d'une méthode pour une appréciation comparative des risques

Methodological basis for comparative risk assessment

ETH Zürich, Institut für Baustatik und Konstruktion

Ernst Basler + Partner AG

Risk&Safety AG

Forschungsauftrag AGB 2005/102 auf Antrag der Arbeitsgruppe Brückenforschung (AGB)

Dezember 2009 618

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Der Inhalt dieses Berichtes verpflichtet nur den (die) vom Bundesamt für Strassen beauftragten Autor(en).

Bezug: Schweizerischer Verband der Strassen- und Verkehrsfachleute (VSS)

Le contenu de ce rapport n’engage que l’ (les) auteur(s) mandaté(s) par l’Office fédéral des routes.

Diffusion : Association suisse des professionnels de la route et des transports (VSS)

Il contenuto di questo rapporto impegna solamente l’ (gli) autore(i) designato(i) dall’Ufficio federale delle strade.

Ordinazione: Associazione svizzera dei professionisti della strada e dei transporti (VSS)

The content of this report engages only the author(s) appointed by the Swiss federal roads authority.

Supply: Swiss Association of Road and Transportation Experts (VSS)

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Eidgenössisches Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation UVEK Département fédéral de l'environnement, des transports, de l'énergie et de la communication DETEC Dipartimento federale dell'ambiente, dei trasporti, dell'energia e delle comunicazioni DATEC

Bundesamt für Strassen Office fédéral des routes Ufficio federale delle Strade

Sicherheit des Verkehrssystems Strasse und dessen Kunstbauten

Methodik zur vergleichenden Risikobeurteilung Bases d'une méthode pour une appréciation comparative des risques

Methodological basis for comparative risk assessment

ETH Zürich, Institut für Baustatik und Konstruktion

Ernst Basler + Partner AG

Risk&Safety AG

Forschungsauftrag AGB 2005/102 auf Antrag der ArbeitsgruppeBrückenforschung (AGB)

Dezember 2009 618

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Impressum

Forschungsauftrag Forschungspaket AGB1: Sicherheit des Verkehrssystems Strasse u. dessen Kunstbauten Teilprojekt AGB 2005/102: Methodik zur vergleichenden Risikobeurteilung Antragsteller: Arbeitsgruppe Brückenforschung (AGB)

Auftraggeber Bundesamt für Strassen, ASTRA

Gesamtprojektleitung Emch+Berger AG Bern Gartenstrasse 1, 3001 Bern Beat Schneeberger Mathias Kost (Stv.)

Auftragnehmer ETH Zürich, Institut für Baustatik und Konstruktion Wolfgang-Pauli-Strasse 15, 8093 Zürich Michael H. Faber (Projektleitung) Jochen Köhler Matthias Schubert Eva Sabiote Ernst Basler + Partner AG Zollikerstrasse 65, 8702 Zollikon Charles Fermaud Risk&Safety AG Hofstrasse 17, 5073 Gipf-Oberfrick Alex Scheiwiller

Begleitkommission Präsident Michel Donzel Mitglieder Walter Ammann, Reto Baumann, Jachen Cajos, Heinrich Figi, Armand Fürst, Joseph Jacquemoud, Alain Jeanneret, Marc Florian Laube, Hans Peter Lindenmann, Thierry Pucci, Jean-Christophe Putallaz, Willi Schuler, Dario Somaini, Jörg Thoma

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Vorwort Das Forschungsprojekt „Methodik zur vergleichenden Risikobeurteilung“ ist ein Teilpro-jekt des Forschungspakets AGB1 ‚Sicherheit des Verkehrssystems Strasse und dessen Kunstbauten’, das im Rahmen der Forschung im Strassenwesen von der Arbeitsgruppe Brückenforschung (AGB) initiiert und vom ASTRA finanziert wurde. Es liefert einen rele-vanten Beitrag zum Forschungsschwerpunkt Strassen- und Verkehrssicherheit der For-schungsstrategie im Strassenwesen 2004 - 2007. Zu dieser Strategie gehört, nebst den Schwerpunkten, die Absicht den Programmcharakter der Forschung zu verstärken, unter anderen durch die Bildung von Forschungspaketen, um ein Thema mit abgestimmten Projekten umfassend zu behandeln. Das Ziel des Forschungspakets AGB1 ist es, zuhanden der Strassenverwaltungen Ent-scheidungsgrundlagen und Methoden bereitzustellen, die es ihnen ermöglichen, begrenz-te, finanzielle Mittel zielgerichtet und zweckmässig einzusetzen, um den erforderlichen Sicherheitsstandard über das gesamte Verkehrssystem Strasse zu erreichen und zu er-halten. Dies erfordert Methoden, um Risiken der unterschiedlichen Sicherheitsbereiche, wie Verkehrsgeschehen, Naturgefahren, Störfälle usw. zu beurteilen und untereinander vergleichbar zu machen und ausgewogene und effiziente Massnahmen zur Risikobe-grenzung zu bestimmen. Das Verkehrssystem Strasse besteht aus der Strasseninfrastruktur und dem darauf statt-findenden Verkehrsgeschehen. Zum Gesamtsystem gehören zudem der Betreiber der Infrastruktur, die Verkehrsteilnehmer, das unmittelbare Umfeld, sowie die Prozesse zum Bau, Unterhalt und Betrieb des Systems. Das Thema des Forschungspaket AGB1 entspricht dem allgemein bestehenden Trend zur vermehrten Anwendung eines risikobasierten Ansatzes bei der Planung und im Ma-nagement von Infrastrukturen. Dieser Ansatz ist in verschiedenen Sicherheitsbereichen, wie Störfälle, Naturgefahren usw. bereits Usanz. In anderen Bereichen, wie Kunstbauten, Verkehrssicherheit usw. besteht er nicht oder nur ansatzweise. Dies behindert die aus-gewogene Gesamtbetrachtung und den Vergleich unter den Bereichen. Ein Wechsel des Ansatzes ist jedoch nicht nur ein technisches und methodisches Thema, sondern ist auch aus der Sicht der Rechtsetzung, Normung und Rechtsprechung zu betrachten. Das Forschungspaket AGB1 besteht aus 9 Teilprojekten, welche in zwei Gruppen zu-sammengefasst sind. Die Teilprojekte der ersten Gruppe befassen sich mit dem Gesamt-system Strasse. Die zweite Gruppe bildet die Vertiefung und Konkretisierung im Teilsys-tem Kunstbauten. AGB1 besteht aus den folgenden Teilprojekten: Gesamtsystem Strasse

AGB 2005/102 Methodik zur vergleichenden Risikobeurteilung Bericht Nr. 618 AGB 2005/103 Ermittlung des Netzrisikos Bericht Nr. 619 AGB 2005/104 Effektivität und Effizienz von Massnahmen Bericht Nr. 620 AGB 2005/105 Szenarien der Gefahrenentwicklung Bericht Nr. 621 AGB 2005/106 Rechtliche Aspekte eines risiko- und effizienzbasierten Sicherheitskonzepts Bericht Nr. 622 Teilsystem Kunstbauten

AGB 2005/107 Tragsicherheit der bestehenden Kunstbauten Bericht Nr. 623 AGB 2005/108 Risikobeurteilung für Kunstbauten Bericht Nr. 624 AGB 2005/109 Effektivität und Effizienz von Massnahmen bei Kunstbauten Bericht Nr. 625 AGB 2005/110 Baustellensicherheit bei Kunstbauten Bericht Nr. 626 Die frühere Forschungsarbeit „Beurteilung von Risiken und Kriterien zur Festlegung ak-zeptierter Risiken in Folge aussergewöhnlicher Einwirkungen bei Kunstbauten“ [6] bildet die Grundlage der entwickelten Methodik für die Risikobeurteilung. Die in AGB1 erarbeiteten Methoden bilden Instrumente und Werkzeuge, welche die

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Strassenverwaltungen in ihrem Risikomanagement einsetzen können. Die Art des Ein-satzes und die Ausgestaltung der entsprechenden Prozesse und Richtlinien liegen in de-ren eigenem Zuständigkeitsbereich. Die Ergebnisse des Forschungspaketes AGB1 sollen insbesondere als Grundlage für den Aufbau eines Risikomanagementsystems beim ASTRA dienen. Zur Sicherstellung der Anwendbarkeit der entwickelten Methoden wurde im Rahmen von AGB1 in einem separaten Projekt ‚Testregion’ [7] ein Praxistest durchgeführt. Aufgrund der Erkenntnisse aus diesem Methodiktest wurden die Methoden teilweise noch ange-passt. Zu jedem Teilprojekt und zum Projekt Testregion besteht je ein Forschungsbericht, der in sich abgeschlossen ist. Er ist jedoch im oben beschriebenen Gesamtrahmen des For-schungspakets zu betrachten. Zum gesamten Forschungspaket AGB1 besteht ein Syn-thesebericht [9]. Dieser stellt die Gesamtsicht des Forschungsergebnisses von AGB1 und seinen Teilprojekten dar. Für die direkte Anwendung von Ergebnissen dieses Forschungsberichts in der Praxis haften allein die Anwendenden. BS / Dl

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Inhaltsverzeichnis

Impressum ......................................................................................................................................... 4

Zusammenfassung ......................................................................................................................... 10

Résumé .......................................................................................................................................... 16

Summary ......................................................................................................................................... 21

1  Einleitung ......................................................................................................................... 26 1.1  Gegenstand und Adressat ................................................................................................ 26 1.2  Projekthintergrund und Projektanforderungen .................................................................. 26 1.3  Charakteristiken des Strassennetzes in der Schweiz ....................................................... 27 1.4  Aktuelle Situation des Risikomanagements für das Strassennetz in der Schweiz ........... 27 1.5  Entscheidungsebenen eines Risikomanagements auf dem Strassennetz der Schweiz .. 28 1.6  Anforderungen an eine generelle Methodik zur vergleichenden Risikobeurteilung .......... 29 1.7  Gliederung des Berichts .................................................................................................... 30

2  Methodik zur vergleichenden Risikobeurteilung ......................................................... 32 2.1  Einleitung: Risiko und Entscheidungsfindung ................................................................... 32 2.2  Methodik zur vergleichenden Risikobeurteilung ............................................................... 33 2.2.1  Nahtstellen der Methodik zu den Sicherheitsbereichen .................................................... 33 2.2.2  Voraussetzungen für eine vergleichende Risikobeurteilung ............................................. 34 2.2.3  Methodische Basis ............................................................................................................ 34 2.2.4  Generelles Vorgehen ........................................................................................................ 43 2.2.5  Randbedingungen einer Umsetzung der Methodik .......................................................... 49

3  Erläuterungen zu einzelnen Teilen der Methodik ........................................................ 52 3.1  Systemdefinition ................................................................................................................ 52 3.1.1  Einleitung ........................................................................................................................... 52 3.1.2  Leitsätze zur Systemdefinition .......................................................................................... 52 3.1.3  Anwendung der Leitsätze .................................................................................................. 52 3.2  Modellierung der Konsequenzen ...................................................................................... 63 3.2.1  Einleitung ........................................................................................................................... 63 3.2.2  Leitsätze zur Modellierung der Konsequenzen ................................................................. 63 3.2.3  Anwendung der Leitsätze .................................................................................................. 64 3.3  Die Berücksichtigung von Unsicherheiten in der Risikoermittlung .................................... 72 3.3.1  Einleitung ........................................................................................................................... 72 3.3.2  Leitsätze zur Berücksichtigung von Unsicherheiten in der Risikoermittlung .................... 72 3.3.3  Anwendung der Leitsätze .................................................................................................. 73 3.4  Aggregation von Risiken ................................................................................................... 85 3.4.1  Einleitung ........................................................................................................................... 85 3.4.2  Leitsätze zur Aggregation von Risiken .............................................................................. 85 3.4.3  Anwendung der Leitsätze .................................................................................................. 85 3.5  Effizienz von Massnahmen ............................................................................................... 89 3.5.1  Einleitung ........................................................................................................................... 89 3.5.2  Leitsätze zur Effizienz von Massnahmen .......................................................................... 89 3.5.3  Anwendung der Leitsätze .................................................................................................. 89 3.6  Die Bewertung von Risiken ............................................................................................... 92 3.6.1  Einleitung ........................................................................................................................... 92 3.6.2  Leitsätze zur Bewertung von Risiken ................................................................................ 92 3.6.3  Anwendung der Leitsätze .................................................................................................. 92 3.7  Darstellung von Risiken .................................................................................................. 100 3.7.1  Einleitung ......................................................................................................................... 100 3.7.2  Leitsätze zur Darstellung von Risiken ............................................................................. 100 3.7.3  Anwendung der Leitsätze ................................................................................................ 100

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4  Diskussion und Schlussfolgerungen ......................................................................... 105 4.1  Zielerreichung ................................................................................................................. 105 4.2  Fazit und Ausblick ........................................................................................................... 108

Anhänge ........................................................................................................................................ 110

Glossar ........................................................................................................................................ 140

Literaturverzeichnis ..................................................................................................................... 142

Projektabschluss .......................................................................................................................... 146 

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10 Dezember 2009

Zusammenfassung

Methodik zur vergleichenden Risikobeurteilung

Problemstellung und Ziele des Projekts Durch die Bereitstellung von nationalen und internationalen Verkehrsverbindungen für den privaten wie auch für den öffentlichen Verkehr trägt das Schweizer Strassennetz in grossem Masse zum wirtschaftlichen Erfolg der Schweiz bei. Gleichzeitig beinhaltet es auch einen Nutzen für ausländische Ökonomien, welche von den Verkehrsverbindungen, vor allem von der Nord-Süd-Verbindung durch die Schweiz profitieren können. Der Nut-zen des Strassennetzes kann anhand seiner Funktionalität ausgedrückt werden, messbar als Konnektivität, Verfügbarkeit, Zuverlässigkeit und Sicherheit. Für die zukünftige Ent-wicklung und dem Unterhalt des Schweizer Strassennetzes ist die Maximierung der Funktionalität ein zentrales Anliegen.

Das Schweizer Strassennetz birgt jedoch auch Risiken für die Gesellschaft, welche grundsätzlich aus drei Arten von voneinander abhängigen Risiken bestehen:

Risiken für die Benutzer der Strasse

Risiken für Dritte, z.B. für die Gesellschaft aufgrund grösserer Unfälle

Indirekte Risiken für die Gesellschaft aufgrund des Einsatzes von ökonomischen Res-sourcen, welche für andere risikoreduzierende Massnahmen in anderen Bereichen hätten eingesetzt werden können.

2004 wurden vom Eidgenössischen Finanzdepartement Grundlagen für das Risikomana-gement beim Bund erarbeitet. Ziel der neuen Risikopolitik des Bundes ist insbesondere die Erhöhung der Kosteneffizienz in der Aufgabenerfüllung der Departemente und Ver-waltungseinheiten. Das ASTRA und die Strassenverwaltungen haben in ihrem Verant-wortungsbereich die unterschiedlichsten Risiken zu verwalten.

Risiken mit ähnlichen Ursachen lassen sich in sogenannte Sicherheitsbereiche untertei-len, beispielsweise Risiken aus Verkehrsunfällen, aus der Strasseninfrastruktur, aus Na-turgefahren, etc. Zwischen den einzelnen Sicherheitsbereichen, und teilweise auch in-nerhalb der Sicherheitsbereiche, werden unterschiedliche Methoden zur Beurteilung von Risiken verwendet. Die Methoden unterscheiden sich einerseits in der Ermittlung der Ri-siken, andererseits aber auch in deren Bewertung und der Strategie, wie mit den Risiken umzugehen ist. Durch diese Unterschiede in den Sicherheitsbereichen lassen sich die Risiken auf einer übergeordneten Ebene nicht ohne weiteres zusammenfassen und ver-gleichend darstellen. Innerhalb des ASTRA und der Strassenverwaltungen besteht folg-lich das dringende Anliegen, übergreifende Ansätze und Methoden für eine ganzheitliche, vergleichbare Risikobeurteilung zu entwickeln. Dies stellt die grundlegende Motivation für die Initiierung des Projekts AGB2005/102 „Methodik zur vergleichenden Risikobeurtei-lung“ dar.

Um das Projekt sowohl hinsichtlich methodologischer wie auch praktischer Aspekte er-folgreich durchführen zu können, wurden folgende Anforderungen an die zu entwickelnde Risikomethodik identifiziert:

Anwendbar in allen Sicherheitsbereichen

Konform mit Normen und Praxis

Konsistent in der Repräsentation von Wissen (Erfahrung und Daten)

Umsetzbar für die Unterstützung von Entscheidungen auf strategischer und operativer Ebene

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Fokussierung und Vorgehen Das Ziel der Entwicklung der generellen Methodik zur vergleichenden Risikobeurteilung ist eine Unterstützung für Entscheidungen zur Verbesserung des Sicherheitsniveaus im Schweizer Strassennetz bereitzustellen. Es ist offensichtlich, dass es sich hierbei um ein komplexes Problem handelt, welches eine detaillierte Betrachtung des Einzelfalls erfor-derlich macht. Trotzdem können grob einige charakteristische Fragestellungen sowohl für die strategische, wie die operative Ebene umschrieben werden. Im Folgenden werden diese charakteristischen Fragestellungen kurz vorgestellt.

Auf strategischer Ebene ergeben sich folgende Fragestellungen:

Was ist ein ausreichendes Sicherheitsniveau für das Schweizer Strassennetz, und auf welcher Basis soll entschieden werden, wo und wann dieses Niveau verbessert wer-den muss?

Welches Budget sollte für die Deckung der Verluste aufgrund von Unfällen oder Na-turgefahren eingesetzt werden?

In welche Aktivitäten sollte für eine Verbesserung von Verkehrsleitsystemen, Schutz-bauten, Sicherheit von Tunnels und Brücken investiert werden?

Wie sollten die Ressourcen geographisch verteilt werden, um eine maximale Effizienz des gesamten Budgets, und ein gerechtes und einheitliches Sicherheitsniveau über das gesamte Strassennetz zu erhalten?

Wie sehen die zeitlichen Schwankungen des Risikos aus, wovon hängen sie ab und wie können sie kontrolliert werden?

Wie kann Risikomanagement kommuniziert werden, um die Effizienz im strategischen Entscheidungsfindungsprozess zu gewährleisten?

Auf der Stufe des operativen Risikomanagements ergeben sich folgende Fragestellun-gen:

Welche Risiken sind mit existierenden Objekten des Strassenwesens verbunden, und wie können diese Risiken effizient reduziert werden?

Welche Risiken sind mit geplanten Aktivitäten des Strassenwesens verbunden, und wie können diese Risiken effizient reduziert werden?

Wie beeinflussen einzelne Unfälle und Naturgefahrenereignisse die Leistungsfähigkeit des Strassennetzes als solches, und wie können diese Risiken effizient reduziert wer-den?

Welches sind die effizienten Mittel und Verfahren, um die Konsequenzen im Falle ei-nes Unfalls oder Naturgefahrenereignisses zu reduzieren?

Ergebnisse Für dieses Projekt sind unterschiedliche Verantwortungsbereiche des ASTRA in fünf Si-cherheitsbereiche zusammengefasst worden. Dies sind die Sicherheitsbereiche

Verkehrsunfälle

Naturgefahren

Tragwerksicherheit

Arbeitssicherheit

Störfälle

Das Teilprojekt konzentriert sich auf diese fünf Sicherheitsbereiche. Weitere Sicherheits-bereiche wie politische, juristische oder wirtschaftliche Risiken sind nicht direkt Gegens-tand des Forschungsprojektes. Die gewonnenen Erkenntnisse sind aber auf weitere Be-reiche innerhalb des ASTRA und der Strassenverwaltungen übertragbar und anwendbar.

In einer Voranalyse wurden die in den Sicherheitsbereichen gängigsten Methoden und Instrumente zum Umgang mit Risiken untersucht und ihre Gemeinsamkeiten zusammen-gefasst. Die Analyse umfasst die Art der beurteilten Gefahren, die Verfahrensschritte der

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jeweiligen Methodik, die dazu benutzte Information, sowie die Ansätze zur Bewertung und Auswahl von Massnahmen. Als Synthese aus dieser Voranalyse konnte ein Ablauf zur Risikobeurteilung erstellt werden, welcher über alle Sicherheitsbereiche eingesetzt werden kann, siehe Abbildung 0.1.

Abb. 0.1: Darstellung des Ablaufs der Risikobeurteilung.

Diese Basis ist als Standard für eine vollständige Risikobeurteilung zu sehen. Dies muss für einige in der Praxis angewendete Methoden als Erweiterung bezeichnet werden, ist aber aus Gründen der Konsistenz und Vollständigkeit auf jeden Fall erforderlich. Dieser Ablauf ist die Basis für die Formulierung weiterer Vorgaben, welche in jedem einzelnen

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Schritt zu formulieren sind, um die Vergleichbarkeit und Aggregierbarkeit der Resultate zu gewährleisten.

Für eine vergleichende Methodik wurden die Vorgaben definiert, welche notwendig sind, damit Risikobeurteilungen mit unterschiedlichem Detailierungsgrad und unterschiedlicher Datenlage verglichen und aggregiert werden können. Dazu wurden die aktuellen Er-kenntnisse bezüglich der internationalen besten Praxis in Risikobeurteilungen so weit möglich auf die Schweizerischen Verhältnisse übertragen und angepasst. Im Hintergrund stand dabei immer der Gedanke, mit einer solchen vergleichender Methodik vor allem die Aggregation von Ergebnissen aus unterschiedlichen Sicherheitsbereichen zu ermögli-chen, um damit eine realistische Budgetierung notwendiger Ressourcen durchführen zu können.

Der Bericht stellt in seiner Einleitung die Ausgangslage und die Problemstellung dar. Die Methodik ist immer im Zusammenhang mit den dort erläuterten Rahmenbedingungen und Anforderungen zu sehen.

Das Kapitel 2 erläutert die wesentlichen Grundlagen und die Zusammenhänge einer risi-kobasierten Entscheidungsfindung. Die Voraussetzungen und die Grundzüge der Metho-dik werden im zweiten Teil des Kapitels 2 dargestellt.

Wesentliche Teile, welche für eine vergleichende Risikobeurteilung weiter präzisiert wer-den müssen, werden in Kapitel 3 erläutert. Dort werden die Anforderungen, welche für eine Vergleichbarkeit und Aggregierbarkeit an Risikobeurteilungen gestellt werden, in so-genannten Leitsätzen zusammengefasst. Sie werden in den Kapiteln zu ihrer Anwendung ausführlich erläutert. Weiterführende Angaben in Form von Hintergrundinformation oder Beispiele zur Anwendung werden im Anhang geliefert. Damit stehen dem Anwender ver-schiedene Vertiefungsstufen zur Verfügung, die je nach Wissensstand genutzt werden können.

Das vertiefende Kapitel 3 beginnt mit der Beschreibung von Anforderungen bezüglich der Systemdefinition (Unterkapitel 3.1). Die Systemdefinition ist die Grundlage für die gesam-te Risikobeurteilung; in ihr wird die Fragestellung definiert und analysiert und es wird sich auf einen der Fragestellung angemessenen Detailierungsgrad der Analyse festgelegt. Auf Grundlage der Systemdefinition werden die Konsequenzen, die in der Risikobetrachtung berücksichtigt werden definiert. Angaben hierzu finden sich im Unterkapitel 3.2 (Abb.0.2).

Abb. 0.2: Ermittlung der totalen Konsequenzen

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Die Berücksichtigung von Unsicherheiten (Unterkapitel 3.3) betrifft v.a. den Teil "Risiko-ermittlung", in dem die Ereignisraten und die Konsequenzen aufgrund des vorhandenen, und in der Systemdefinition gesammelten Wissens quantifiziert werden. Es wird aufge-zeigt, wie unterschiedlichstes Wissen in eine Risikobeurteilung einfliessen und ihre Aus-sagekraft damit verbessern kann, z.B. durch die Integration von Expertenwissen. Die Kenntnis der Unsicherheiten ist auch wichtiger Bestandteil einer Aggregation von Risiken, siehe Unterkapitel 3.4.

Was unter effizienten Massnahmen zu verstehen ist, wird in Unterkapitel 3.5 beschrie-ben. Das Thema "Effizienz" ist Bestandteil eines Folgeprojekts, AGB 2005/104 (Bericht Nr. 620) [8], und wird hier deshalb so ausführlich wie gerade notwendig beschrieben, um es in den Kontext einer ganzheitlichen Risikobeurteilung stellen zu können. Welche Massnahmen schlussendlich als zulässig betrachtet werden dürfen, sei es auf Objekt-ebene oder auf Netzebene, wird im Kapitel "Bewertung von Risiken" (Unterkapitel 3.6) er-läutert. Die Darstellung von Risiken (Unterkapitel 3.7) soll am Ende die Entscheidungs-findung unterstützen.

Gemäss den in der Einleitung identifizierten Anforderungen an das Projekt wird in der Schlussdiskussion die Zielerreichung erläutert. Der eventuelle Bedarf an weiteren Ent-wicklungen, sowie der Bedarf an einer Änderung bestehender, oder Erstellen neuer Nor-men und Richtlinien für die Gewährleistung einer gewissen Qualität der Risikobeurteilun-gen wird anhand der entwickelten Methodik diskutiert.

Ausblick und Umsetzung Die vorgestellte Methodik repräsentiert eine gemeinsame methodische Basis über die be-trachteten Sicherheitsbereiche, und ergänzt diese Basis mit notwendigen Vorgaben für eine Vergleichbarkeit. Die bis anhin verwendeten Methoden können auch weiterhin für die vergleichende Risikobeurteilung verwendet werden, wenn die in diesem Dokument zusammengefassten notwendigen Vorgaben erfüllt werden.

Mit der hier dargestellten methodischen Vorgehensweise soll die Entscheidungsfindung unterstützt und verbessert werden, damit eine effiziente und gesellschaftlich akzeptierba-re Verteilung der Ressourcen ermöglicht wird.

Mit den vorgeschlagenen Ansätzen können Risikobeurteilungen über die relevanten Si-cherheitsbereiche erstellt werden, so dass deren Resultate verglichen werden können. Die Anforderungen an bereits erhobene Daten und vorgestellte Resultate ergibt sich aus den Anforderungen, wie sie in den Leitsätzen festgehalten sind.

Die in diesem Dokument vorgestellte Methodik hat ein grosses Potential, das Risikoma-nagement sowohl in der operativen als auch in der strategischen Führung des ASTRA zu verbessern. Es gibt einige Themen, die in Zukunft beachtet werden sollten.

Ein Beispiel ist die Garantie, dass die bestmöglichen Instrumente und Techniken für die Risikobeurteilung von ASTRA und von den Beratern des ASTRA angewandt werden soll-ten. Dies setzt die Ausbildung und auch die Motivation der Ingenieure sowohl ausser- als auch innerhalb des ASTRA voraus. Des Weiteren wäre es hilfreich, wenn innerhalb des ASTRA Risikomodelle entwickelt würden, die später als Vorschriften für die Berater des ASTRA gelten. So könnten einige potentielle Probleme bezüglich der Homogenität bei der Analyse und den Resultaten gelöst werden. Entscheidend für die Umsetzung in der Praxis ist die sorgfältige Auseinandersetzung mit der Problematik einer einheitlichen Risi-kobewertung und den Ergebnissen dieses Projektes.

Die Beschreibung der entwickelten Methode hat durchwegs aufgezeigt, dass der Einsatz von Risikokommunikation ein entscheidendes Mittel ist, um Risiken, welche durch die Gestalt von Verkehrsunfällen oder Naturereignissen im Strassennetz auftreten, zu hand-haben. Bis jetzt fehlen die Details, wie die Risikokommunikation in der Praxis durchge-

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führt werden könnte. Dieses Thema ist sicherlich ein Problem, das für sich selbst analy-siert werden sollte und welches weit über das Ziel der hier präsentierten Arbeit hinaus geht.

Zuletzt gehen wir noch auf den Aspekt der organisatorischen Risiken ein. Diese Thematik wird in unseren Beschreibungen erwähnt, doch generelle Empfehlungen, wie diese Risi-ken modelliert werden sollen, fehlen. Wird die hier vorgestellte Methodik in das Risiko-management des ASTRA Einzug halten, so muss diese Thematik sicher eingehender be-trachtet werden. Wie auch immer diese Herausforderung angesprochen werden wird, wird deren Lösung durch die vorgestellte, entwickelte Methode gute Unterstützung fin-den.

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16 Dezember 2009

Résumé

Bases d'une méthode pour une appréciation comparative des risques

Définition du problème et objectifs du projet À travers les voies de communication nationales et internationales disponibles pour le transport public et privé, le réseau routier suisse contribue grandement à l’essor écono-mique suisse. Simultanément, il comporte aussi une utilité pour les économies étran-gères qui peuvent profiter de ces voies de communication, principalement de l’axe Nord-Sud qui traverse la Suisse. L’utilisation du réseau routier peut être évaluée par sa fonc-tionnalité. On mesure celle-ci avec sa connectivité, sa disponibilité, sa fiabilité et sa sécu-rité. La maximalisation de la fonctionnalité est de première importance pour le dévelop-pement et l’entretien futurs du réseau routier suisse.

Le réseau routier comporte cependant des risques pour la société. On peut distinguer trois types de risques, qui peuvent s’influencer réciproquement.

Risques pour l’usager des routes.

Risques pour les tiers, par exemple pour la société, dans le cas d’accidents consé-quents.

Risques indirects pour la société, dus à l’investissement de ressources économiques qui auraient pu servir à réduire les risques dans un autre domaine.

En 2004, le Département fédéral des finances a élaboré les bases d’une nouvelle poli-tique de gestion des risques par la Confédération. L'objectif de cette nouvelle politique est essentiellement d’augmenter l'efficacité des départements et des autorités administra-tives dans l'accomplissement de leurs tâches respectives. L'OFROU et les administra-tions routières doivent gérer différents risques dans leurs secteurs de responsabilité.

Les risques qui ont des causes similaires peuvent être regroupés dans des domaines de sécurité, notamment les risques dus aux accidents de la circulation, à l'infrastructure rou-tière, aux dangers naturels, etc. Ces domaines de sécurité peuvent utiliser des méthodes d’appréciation des risques différentes. Ces méthodes varient non seulement dans l’estimation, mais aussi dans l’évaluation et la gestion des risques. Les domaines de sé-curité ayant chacun leurs propres caractéristiques, les risques ne peuvent pas être faci-lement agrégés et comparés. Ce manque, qui a été ressenti aussi bien à l’OFROU que dans les autres administrations des routes, est à l’origine du projet de recherche AGB 2005/102 « Bases d'une méthode pour une appréciation comparative des risques ».

Pour pouvoir mener le projet à bien en tenant compte à la foi les aspects méthodolo-giques et pratiques, les exigences suivantes concernant la méthode à développer ont été identifiées :

Utilisable pour tous les domaines de sécurité

Conforme aux normes et à la pratique

Consistante dans la représentation des connaissances, par rapport à l’expérience et aux données

Utilisable pour assister la prise de décision sur les plans stratégique et opérationnel

But et procédé L’objectif de la méthode pour une appréciation comparative des risques et de proposer une assistance consistante à la prise de décision, pour garantir l’amélioration du niveau de sécurité dans le réseau routier suisse. Il est évident qu’il existe un large spectre de questions tout à fait différentes, rendant un examen détaillé au cas par cas nécessaire. Il

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est tout de même possible de poser quelques questions typiques sur les plans straté-gique et opérationnel. Ces questions sont brièvement présentées ci-dessous.

Voici les questions que l’on peut se poser sur le plan stratégique:

Quel est le niveau de sécurité suffisant pour le réseau routier suisse et sur quelle base doit-on décider où et quand ce niveau doit être amélioré ?

Quel budget doit être mis en place pour couvrir les pertes dues à des accidents ou à des catastrophes naturelles ?

Dans quelles activités doit-on investir pour améliorer les systèmes de guidage du tra-fic, les ouvrages de protection, la sécurité des tunnels et des ponts ?

Comment répartir les ressources, afin d’obtenir une efficacité maximale du budget et un niveau de sécurité justifié et homogène sur tout le réseau routier ?

Quelles sont les variations des risques en fonction du temps, de quoi dépendent-elles et comment peut-on les gérer ?

Comment doit-on communiquer en matière de gestion des risques, afin de garantir des prises de décision efficaces ?

Voici les questions que l’on peut se poser, pour une gestion des risques sur le plan opé-rationnel:

Quels sont les risques liés à des objets existants du réseau routier et comment peu-vent-ils être réduits efficacement ?

Quels sont les risques liés à des activités planifiées sur le réseau routier et comment peuvent-ils être réduits efficacement ?

Comment des accidents isolés et des catastrophes naturelles influencent-ils la capaci-té du réseau routier et comment ces risques peuvent-ils être réduits efficacement ?

Quels sont les moyens et procédés efficaces permettant de réduire les conséquences en cas d’un accident ou de catastrophes naturelles ?

Résultats Dans le cadre de ce projet, les responsabilités d’une administration routière vis-à-vis des risques ont été regroupées en cinq domaines de sécurité. Ils sont les suivants:

accidents de la route

dangers naturels

sécurité des structurale des ouvrages d’art

sécurité au travail

accidents majeurs.

Le projet se concentre sur ces cinq domaines. D’autres domaines, politique, juridique ou économique ne font pas directement l’objet de cette étude. Les connaissances dévelop-pées dans le cadre de ce projet sont cependant applicables.

Dans le cadre d’une première analyse, les domaines de sécurité ainsi que leurs mé-thodes et instruments ayant une influence sur les risques dans le domaine routier ont été examinés et agrégés en fonction de leurs points communs. Cette analyse comprend la manière d’apprécier les dangers, les procédés de chaque méthode, les informations utili-sées ainsi que les approches pour le choix et l’évaluation des mesures possibles. En syn-thétisant cette première analyse, il a été possible de mettre sur pied une procédure d’appréciation des risques qui peut être étendue et utilisée pour tous les domaines de sécurité (figure 0.1).

Ce procédé est à prendre en compte comme une base pour une appréciation complète des risques. Pour certaines méthodes déjà utilisées dans la pratique, il constitue un com-plément. Pour des raisons de consistance et d’intégralité, il est nécessaire que cette mé-thode soit appliquée systématiquement. Cette procédure définit des étapes qui permet-tent de garantir des résultats comparables et agrégables.

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Sicherheit des Verkehrssystems Strasse und dessen Kunstbauten Bericht Nr. 618 | Methodik zur vergleichenden Risikobeurteilung

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Fig. 0.1: Représentation du déroulement d’une appréciation des risques

Pour cette méthode, des directives ont été définies pour que les analyses de risques avec différents degrés de précision et différentes sources d’information puissent être comparées et agrégées de manière adéquate. L’état des connaissances au niveau inter-national a été autant que possible adapté aux conditions suisses. Le but de cette métho-dique est d’agréger et de comparer les résultats de différents domaines de sécurité pour établir un budget réaliste des ressources nécessaires.

Le rapport présente la situation initiale et les différents problèmes dans son introduction. La méthode doit toujours être considérée en relation avec les conditions cadre et exi-

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gences qui y sont présentées.

Le chapitre 2 présente les composantes essentielles et les corrélations des prises de dé-cisions basées sur les risques. Les prérequis et les caractéristiques de la méthode sont présentés dans la deuxième partie du chapitre 2.

Les parties nécessaires à une appréciation comparative des risques et devant être ap-profondies se situent dans le chapitre 3. Les exigences essentielles à une comparabilité et une agrégation des risques y sont résumées par des principes directifs. Ils sont expli-qués de manière plus détaillée dans les chapitres traitant de leur utilisation. D’autres données comme des informations complémentaires ou des exemples d’utilisation sont disponibles en annexe. Différents niveaux d’approfondissement sont ainsi disponibles pour l’utilisateur et peuvent être utilisés en fonction des connaissances de celui-ci.

Le chapitre 3 commence par la description des exigences concernant la définition du sys-tème (sous-chapitre 3.1). La définition du système est le fondement de toute l’appréciation comparative des risques. C’est dans cette définition que les différentes questions sont définies et analysées. Le niveau d’approfondissement de l’analyse est fixé en fonction des questions posées. Sur la base de la définition du système, les consé-quences à prendre en compte dans l’appréciation des risques sont définies. Des direc-tives en rapport avec ce sujet se trouvent dans le sous-chapitre 3.2 (figure 0.2)

Fig. 0.2: Estimation de toutes les conséquences

La prise en compte des incertitudes (sous-chapitre 3.3) traite de la partie de l’estimation des risques, dans laquelle la probabilité d’occurrence des événements et leurs consé-quences sont quantifiées à partir des données disponibles et rassemblées dans la défini-tion du système. Il est montré que la mise en commun de connaissances provenant de différents secteurs peut améliorer l’appréciation des risques et sa pertinence, notamment en intégrant des experts compétents. La connaissance des incertitudes est aussi une partie importante de l’agrégation des risques (sous-chapitre 3.4).

Ce que l’on doit comprendre par mesures efficaces est décrit dans le sous-chapitre 3.5. Le thème « efficacité » est traité dans un autre projet, AGB 2005/104 (Rapport No. 620) [8], et est ainsi présenté ici aussi succinctement que possible afin de pouvoir quand même avoir une vue d’ensemble de l’appréciation des risques. La présentation des me-sures finalement considérées comme acceptables, sur le plan des objets ou des réseaux, est effectuée dans le sous-chapitre 3.6. La présentation des risques (sous-chapitre 3.7)

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doit finalement pouvoir aider la prise de décision.

L’atteinte des objectifs est discutée dans la discussion finale, conformément aux exi-gences du projet identifiées dans l’introduction. Le besoin éventuel d’un développement plus approfondi, de révision ou d’élaboration de normes et directives pour garantir une certaine qualité dans l’appréciation comparative des risques est discuté dans le cadre de la méthode proposée.

Perspectives et mise en pratique La méthode proposée présente une base commune aux différents domaines de sécurité et complète cette base avec des conditions permettant la comparabilité des apprécia-tions. Les méthodes utilisées jusqu’à présent peuvent être utilisées pour une appréciation comparative des risques, si les conditions présentées dans ce document sont remplies.

Cette méthode doit faciliter et améliorer la prise de décision, afin de rendre possible une allocation efficace et socialement responsable de la répartition des ressources.

Les approches proposées permettent d’effectuer des appréciations de risques pour les différents domaines de telle sorte que les résultats soient comparables. Les directives fixent des exigences selon lesquelles les données déjà relevées et les résultats dispo-nibles peuvent être utilisées dans la méthodique.

La méthodique présentée dans ce document a un gros potentiel de pouvoir améliorer la gestion du risque de l’OFROU aussi bien au niveau opérationnel que stratégique. Il y a des thèmes qui devront être attentivement examinés dans le futur. Par exemple, la ga-rantie que les meilleurs techniques et instruments possibles puissent être adaptés à l’appréciation des risques et utilisés par les mandataires de l’OFROU. Cela présuppose la formation et la motivation des ingénieurs aussi bien à l’intérieur qu’à l’extérieur de l’OFROU. Dans ce sens là, il serait utile de développer des modèles de risque internes à l’OFROU pouvant plus tard être validés comme directives de l’OFROU pour les manda-taires. Certains problèmes potentiels en rapport avec l’homogénéité des analyses et des résultats pourraient ainsi être résolus. Un examen minutieux de la problématique de l’appréciation des risques et des résultats du projet est primordial pour une bonne utilisa-tion dans la pratique.

La description de la méthode développée a mis en évidence que l’utilisation d’une com-munication adéquate en matière de risques est un moyen décisif pour gérer les risques causés par les accidents de la circulation ou les dangers naturels. Les détails concernant cette communication en matière de risque manquent actuellement. Cette thématique est assurément un problème qui doit être analysé individuellement. Le cadre de cette ana-lyse dépasserait de loin le but du travail présenté ici.

Quant à l’aspect des risques organisationnels, cette thématique est mentionnée dans ce travail, mais des recommandations générales en matière de modélisation de ces risques manquent. Si la méthode présentée dans le cadre de ce travail devait être utilisée pour la gestion des risques à l’OFROU, cette thématique devrait être examinée de manière plus détaillée. Cela pourrait se faire sur la base du présent travail.

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Summary

Methodological basis for comparative risk assessment

Problem and objectives of the project The Swiss roadway system, facilitating private and public traffic within and across the borders of Switzerland plays a key role for the success of the Swiss society and moreover contributes importantly to the interconnectivity, mainly the north-south interconnectivity, in Europe.

The benefit achieved from the Swiss roadway system may be related to the functionality it provides for society; e.g. measured in terms of connectivity, availability, reliability and safety. As responsible for the further development and maintenance of the Swiss road-way system it is a key focus to maximize this functionality.

However, it is important to recognize that the roadway network also poses risks to the Swiss society in basically three different and interrelated ways, namely

risks to the users of the network

risks to third parties, i.e. the general population through e.g. major accidents on the roadway network

indirect risks to the general population through occupation of economical resources which could have been used for other risk reducing activities in other societal sectors

In 2004, the Federal Department of Finance developed the foundations for a risk man-agement within the federal government. The aim of the new risk policy of the federal gov-ernment in particular is to increase the efficiency in the performance of the departments and administrative units. The Federal Roads Office (FEDRO) and the cantonal as well as the local road administrations have to manage very diverse risks in their domain of re-sponsibility.

In practice these risks are generally managed in so-called safety areas, in accordance with their cause: i.e. risks from traffic accidents, from the road infrastructure components, from natural hazards, etc. Between the various safety areas and sometimes even within, different and diverging methods for the assessment of risk are practiced. The methods not only differ in the approaches for risk analysis, but also in their assessment and the strategies on how to deal with them. Due to these differences, between and within the safety areas, the risks cannot easily be aggregated at a higher level, and thus cannot be integrally compared. Within FEDRO and the underlying road administrations there is thus a great need to establish a methodology and practice for integral and comparative risk assessment and this forms the basic motivation for the initiation of the project AGB2005/102 "Methodological basis for comparative risk assessment", the results of which are presented in this report.

In order to ensure the maximum benefit of the project, with a view to both methodical and practical aspects, the following requirements for the methodology were identified:

Applicability of risk methodology to the different safety areas

Conformity with codes and practice

Consistency in the representation of knowledge (experience and data)

Applicability for the support of decisions on strategic and operational levels.

Procedure The aim of the development of a general methodology for risk based decision making is to support decision making for the improvement of the safety level on the Swiss roadway

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network. It is clear that this problem complex contains many specific aspects and neces-sitates detailed considerations on a case by case basis. However, there are also some quite general characteristics which are worth noticing because they constitute a main part of the daily business in the safety management of the Swiss roadway network. In the fol-lowing we outline these characteristic decision problems in short:

At the level of strategic management decision support is required in regard to:

What is a sufficient level of safety for the Swiss roadway network and which are the principles for deciding on where and when to improve this level?

How large budgets should be allocated to cover losses due to accidents and events of natural hazards?

To what activities should investments be allocated differentiated in regard to e.g. im-provement of roadway surfaces, traffic regulation, construction of protection struc-tures, and improvement of the safety of existing infrastructural facilities?

To which geographical regions should financial resources be allocated in order to achieve the highest efficiency of overall investments and in order to maintain a just and uniform level of safety throughout the entire roadway network?

What are the temporal changes which can be expected in regard to the development of risks, what do they depend on and how may they be monitored?

How can and should risk management be communicated to ensure efficiency in the strategic political decision making process?

At the level of operational management decision support is required in regard to:

Which are the risks associated with existing objects and segments on the roadway network and how may the risks effectively be reduced?

Which are the risks associated with planned activities on the roadway network and how may the risks effectively be reduced?

How do individual accidents and events of natural hazards affect the performance of the roadway network as a system and how can the associated risks effectively be re-duced?

Which are the effective means and procedures to take in reducing consequences in the case of an accident or the event of a natural hazard?

Project results For this project, the different areas of responsibility of FEDRO have been merged into five safety areas, namely:

traffic accidents

natural hazards

structural safety

occupational safety

incidents involving hazardous materials.

The project focuses on the before mentioned five safety areas. Other safety areas such as political, legal and economic risks are not directly the subject of the research project. However, the knowledge gained and the developed methodology is transferable and ap-plicable to other areas within the FEDRO and the underlying road administrations.

In a preliminary analysis, the safety areas were examined in regard to their most common methods and instruments for dealing with risks, and their similarities were pointed out. The analysis includes the nature of the assessed risks, the procedural steps of the me-thodology, the type of required information, as well as the approaches to the evaluation and selection of risk reducing measures. As a synthesis of this preliminary analysis, a general process of risk assessment (a methodological basis) was drawn up, being appli-cable to all the safety areas (Figure 0.1).

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Fig. 0.1: General process of risk assessment.

This methodological basis has to be seen as the standard for a complete risk assess-ment. For some of the methods used in practice, this standard should be seen as an ex-tension, but a necessary extension for reasons of consistency and completeness. The general process of risk assessment is the basis for the formulation of additional require-ments, which in each procedural step are formulated to ensure comparability of results and to guarantee that they can be aggregated.

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For the development of a comparative and integral methodology for risk assessment, ne-cessary requirements were defined which ensure that risk assessments with varying de-grees of detail and data can be compared and aggregated. For this purpose, the latest in-ternational findings on best practices in risk assessment were adapted as far as possible to the Swiss conditions. The main idea is to facilitate the aggregation of risks assessed within different safety areas with this comparative methodology and so to enable a realis-tic and optimal budgeting of necessary resources.

The introductory part of the present report provides an overview of the basic characteris-tics of the considered problem complex. It is emphasized that the practical implementa-tion of risk assessments shall always be undertaken with due consideration of the re-quirements and boundary conditions described there.

Chapter 2 first outlines the basis for risk informed decision making and points to the inter-relations affecting the decision making. The underlying assumptions and the core of the methodology are described in the second part of Chapter 2.

The methodological aspects which are essential for ensuring that risk assessments are comparable and consistent are detailed in Chapter 3. Here the necessary requirements for comparability and aggregation of risks are first formulated through principles. Subse-quently the principles are described in the context of risk management of roadway sys-tems. Background information, methodology and examples are provided in an Annex. By providing the core results of the project at three levels of detail it is aimed to enhance the readability of the report depending on the background and needs of the reader.

Chapter 3 starts out with a description of the necessary requirements to the definition of the system considered in the risk assessment (Section 3.1). The system definition forms the basis for the risk assessment as a whole. This encompasses the definition of the problem and the choice of an appropriate level of detailing in the system representation. Based on the system definition the consequences that must be considered in the risk as-sessment are defined (Section 3.2; see Figure 0.2).

Fig. 0.2: Evaluation of the total consequences.

The representation of uncertainties (Section 3.3) concerns the representation of natural variability, lack of knowledge in general and more specifically how to treat this uncertainty in the assessment of risks. It is shown how different types of knowledge, such as obser-vations of accident rates and the condition of a bridge can be utilized in the risk assess-ment and thereby improves the basis for decision making. The representation and treat-

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ment of uncertainties as outlined in this section furthermore forms the basis for the con-sistent aggregation of risks which is most usually required to support strategic risk man-agement decisions (Section 3.4).

In Section 3.5 the requirements relating to the assessment of the efficiency of risk reduc-ing measures are provided. This particular issue is also treated in more detail in a sepa-rate project as reported in AGB 2005/104 (Report No. 620) [8]. The basis for assessing the societal conformity of life safety risk management and thus on how to decide in what activities and how much should be invested is treated in Section 3.6. Finally in Chapter 3, Section 3.7 provides directions on the adequate and relevant representation of risk as-sessment results to support risk informed decision making at both operational and stra-tegic level.

The report is rounded off by addressing the fulfilment of the project objectives, i.e. to what degree the results of the project fulfil the project aims. It is finally discussed if and how improvements of present best practices and knowledge are needed.

Outlook and implementation The methodology which has been developed represents a common methodological basis over the considered safety areas, and specifies the necessary requirements for compati-bility and comparability. The methods used previously within the different safety areas may, however, be still be applied provided that the necessary requirements given in this document are met.

The methodological approach presented is designed to support and improve decision making so that an efficient and socially acceptable allocation of limited resources is facili-tated.

With the proposed approaches, risk assessments over the relevant safety areas can be conducted integrally in a manner facilitating for their consistent comparison and aggrega-tion. The requirements for already collected data and results arise from the requirements set out in the guiding principles.

The methodology has a great potential for improving the risk management in both the op-erational as well as in the strategic management of FEDRO. Some issues should, how-ever, be considered in the future.

One issue which should be mentioned in this context concerns the necessity that the best possible tools and techniques for risk assessment should be employed by FEDRO and the consultants supporting FEDRO in their daily risk management. This will require con-tinued efforts on education and knowledge transfer for and between engineers, both out-side and within FEDRO. In addition, it would be helpful if risk models could be developed within FEDRO, which later then would apply as templates for the consultants working for FEDRO. Thereby, potential problems relating to the homogeneity in the analysis and the results could be circumvented.

Furthermore, the developed methodical framework underlines the significance of risk communication as a means for the management of risks on the roadway system. Until now, however, details are missing how risk communication in practice could and should be carried out. This topic is certainly an interesting problem, but it is far beyond the scope of the work presented here and should be analyzed separately.

A final issue concerns organizational risk. Whereas organizational risks are mentioned and in principle also accommodated for in the described methodical framework, general recommendations on how these risks can be modeled are still missing. During the imple-mentation of the described risk assessment methodology in the organization of FEDRO, this issue will surely have to be considered in more detail.

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1 Einleitung

1.1 Gegenstand und Adressat Der vorliegende Bericht ist das Ergebnis des Schlüsselprojektes des Forschungspaketes „Sicherheit des Verkehrssystems Strasse und dessen Kunstbauten“. Das betrachtete Verkehrssystem besteht einerseits aus den nationalen, kantonalen und kommunalen Strassennetzen und andererseits aus baulichen Komponenten wie Kunstbauten, Tunnels und Trasses. Adressat des Berichtes sind die Strassenverwaltungen des Bundes, der Kantone und der Gemeinden. Auf den folgenden Seiten wird der Begriff ASTRA als Synonym für Stras-senverwaltungen verwendet.

1.2 Projekthintergrund und Projektanforderungen Im Dezember 2004 wurden vom Eidgenössischen Finanzdepartement Grundlagen für das Risikomanagement beim Bund erarbeitet und veröffentlicht. Ziel der neuen Risikopo-litik des Bundes ist insbesondere die Erhöhung der Effizienz in der Aufgabenerfüllung der Departemente und Verwaltungseinheiten. Dabei steht der kosteneffiziente, antizipative und transparente Umgang mit Risiken in der Entscheidungsfindung im Vordergrund.

Das Bundesamt für Strassen (ASTRA) und die kantonalen Strassenverwaltungen sind für die Strasseninfrastruktur und die Sicherstellung der Verfügbarkeit des Strassennetzes verantwortlich. Dazu gehören der Ausbau, der Unterhalt und der Betrieb des Strassen-netzes in der Schweizes.

Die Sicherheit des Strassennetzes hängt ab von vielen unterschiedlichen Risiken: Risi-ken aus Verkehrsunfällen, Risiken aus der Strasseninfrastruktur, Risiken aus Naturgefah-ren, etc. Sie lassen sich in Sicherheitsbereiche gliedern, die ähnliche Risiken enthalten und bei denen in der Praxis ähnliche Methoden zur Risikobeurteilung verwendet werden.

In einzelnen Sicherheitsbereichen sind Methoden zum Umgang mit Risiken bereits entwi-ckelt worden, und werden angewendet. Diese Methoden unterscheiden sich einerseits in der Ermittlung der Risiken, andererseits aber auch in deren Bewertung und der Strategie, wie mit den Risiken umzugehen ist. Durch diese Unterschiede in den Sicherheitsberei-chen lassen sich die Risiken auf einer übergeordneten Ebene nicht ohne weiteres zu-sammenfassen und vergleichend darstellen. Übergreifende Ansätze und Methoden sind beim ASTRA nicht vorhanden.

Das vorliegende Dokument zum Projekt "Methodik zur vergleichenden Risikobeurteilung" (AGB2005/102) baut auf den Ergebnissen des Grobkonzepts auf, welches im Mai 2007 genehmigt wurde. Das Projekt hat zum Ziel, eine vergleichbare Basis für Risikobeurtei-lungen über die verschiedenen Sicherheitsbereiche des ASTRA zu entwickeln und damit eine Entscheidungsgrundlage für Sicherheitsfragen im Zusammenhang mit dem Stras-sennetz in der Schweiz zur Verfügung zu stellen. Es wird eine Methodik vorgestellt, wel-che eine vergleichende Risikobeurteilung über alle Risiken des Strassennetzes in der Schweiz ermöglicht.

Die Methodik für eine vergleichende Risikobeurteilung wurde unter Berücksichtigung der spezifischen Erfordernisse des betrachteten Systems erarbeitet. Leitgedanke war dabei immer, die Basis für eine – gerade in Sicherheitsfragen oft schwierige – Entscheidungs-findung zu verbessern.

Im vorliegenden Kapitel wird die aktuelle Situation des Risikomanagements auf dem Strassennetz in der Schweiz dargestellt. Dazu werden zuerst die spezifischen Eigenhei-ten des „Systems Strasse" und die aktuelle Behandlung der Sicherheitsfragen dieses Systems aufgezeigt. Die wichtigsten Entscheidungssituationen des ASTRA, welche mit

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der vorgeschlagenen Methodik unterstützt werden sollen, werden zusammengefasst.

Darauf aufbauend werden die spezifischen Anforderungen und Voraussetzungen einer solchen Methodik erläutert. Dies beinhaltet unter anderem praktische Aspekte der Um-setzung, welche bei der Formulierung der Methodik berücksichtigt werden müssen. Schliesslich werden im Überblick der Aufbau der Methodik, und ihre wichtigsten Bestand-teile aufgezeigt.

1.3 Charakteristiken des Strassennetzes in der Schweiz Der Nutzen des Strassennetzes in der Schweiz besteht in der Bereitstellung von Ver-kehrsverbindungen, welche für die wirtschaftliche Entwicklung der Schweiz unabdinglich sind. Gleichzeitig beinhaltet es auch einen Nutzen für ausländische Volkswirtschaften, welche von den Verkehrsverbindungen durch die Schweiz profitieren können. Die Funkti-onalität des Strassennetzes kann ausgedrückt werden anhand der Konnektivität, der Ver-fügbarkeit und der Zuverlässigkeit, messbar in Transportkapazität, sowie dem Zeitauf-wand der Strassenbenutzer.

Das Strassennetz in der Schweiz birgt jedoch auch Risiken für die Gesellschaft:

Risiken für die Benutzer der Strasse.

Risiken für die Gesellschaft, z.B. aufgrund grösserer Unfälle, aber auch aufgrund nicht-effizienter Ressourcenzuteilungen: Finanzielle Mittel werden in das Strassennetz investiert, hätten aber für effizientere risikoreduzierende Massnahmen in anderen Be-reichen eingesetzt werden können.

Das „System Strasse" an sich ist aufgebaut als komplexer Verbund aus einer Vielzahl von Objekten wie Streckenabschnitten, Knoten, Brücken, Tunnels, Verkehrsleitsystemen, etc. Das Verhalten und die Sicherheit des Systems sind abhängig von den einzelnen Ob-jekten und deren Interaktionen. Das Verhalten dieser Objekte wird wiederum beeinflusst von einer Vielzahl verschiedener Faktoren wie z.B. ihrer Verletzlichkeit gegenüber Ver-kehrsunfällen, technischen Defekten und Naturgefahren. Sind die Interaktionen zwischen den Objekten bekannt, kann das Verhalten des Systems prinzipiell aufgrund des Verhal-tens der Objekte beurteilt werden. Zu beachten ist hier, dass die einzelnen Objekte des Strassennetzes teilweise von den gleichen Einflussfaktoren abhängen. Dies können bei-spielsweise Naturgefahren wie Hochwasser oder Erdbeben sein. Das Systemverhalten kann stark durch solche Abhängigkeiten beeinflusst werden. Das Versagen einzelner Ob-jekte kann dabei für das Funktionieren des Systems gravierend sein; wir sprechen in die-sem Zusammenhang von sogenannten „Hot Spots". Ihr Versagen kann zu einer schwe-ren Störung der Funktionalität des Systems führen. Bei einer übergeordneten Beurteilung können die gesamten Konsequenzen für das System um ein Vielfaches höher sein. Die richtige Berücksichtigung der Systemeigenschaften ist somit von ausserordentlicher Wichtigkeit.

1.4 Aktuelle Situation des Risikomanagements für das Strassen-netz in der Schweiz

Für die Planung, den Betrieb und den Unterhalt der bereits erläuterten Komponenten exi-siteren unterschiedliche Normen und Richtlinien. Dabei ist zu unterscheiden zwischen Regelungen bezüglich Anforderungen an die Sicherheit und Regelungen betreffend der Beurteilung von Risiken. Es ist zu erwarten, dass jede der Komponenten des Strassen-netzes die jeweiligen Normen einhält, aber es kann nicht direkt beurteilt werden, wie sich das System als Ganzes verhält. Die Risiken auf dem Strassennetz als Ganzes können Konsequenzen beinhalten, welche über die Konsequenzen der einzeln betrachteten Komponenten des Strassennetzes hinausgehen. Zurzeit existieren keine Normen oder Richtlinien im Sinne einer Standardisierung der Planung, des Betriebs und des Unterhalts des Strassennetzes als Ganzes.

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Die Sicherheit der Strassenverkehrsanlagen, der Strassenbenutzer und der Umwelt wer-den durch SIA Normen, VSS Normen, ASTRA Richtlinien und diversen Umweltschutz-normen und -richtlinien geregelt. Risiken im Zusammenhang mit dem Gefahrguttransport auf Strassen werden gemäss der Störfallverordnung beurteilt. Ansonsten finden sich kei-ne expliziten Risikobetrachtungen in den Normen oder Richtlinien in der Schweiz. Inter-national existiert eine Vielzahl von Normen für die Beurteilung von Risiken z.B. der "Ca-nadian Code" und der "Australian/New Zealand Code on Risk Assessment" so wie ver-schiedene ISO Normen.

Des Weiteren wurden vom Joint Committee on Structural Safety (JCSS) sowie im Rah-men des europäischen Forschungsprojekts SAFERELNET eine sogenannte "beste Pra-xis" (best practice) für Risikobeurteilungen und eine risikobasierte Entscheidungsfindung vorgeschlagen.

Für die Schweiz wurden in letzter Zeit ebenfalls beste Praktiken entwickelt. Eine solche beste Praxis wurde im Projekt AGB2002/020 (Bericht Nr. 616) [6] vorgestellt, welches vertraglich die Basis für dieses Projekt darstellt. Eine weitere beste Praxis, entwickelt für die spezifische Beurteilung von Risiken im Zusammenhang mit Naturgefahren, wurde von PLANAT herausgegeben. Was allerdings noch nicht existiert, ist eine übereinstimmende Basis für die Beurteilung von Risiken über die vielen Sicherheitsbereiche, welche im Strassennetz der Schweiz repräsentiert sind. Praktisch heisst dies, dass die Ergebnisse von Risikobeurteilungen, welche von verschiedenen Ingenieurbüros oder Fachrichtungen erstellt wurden, eine grosse Diversität aufweisen können. Im Verlauf dieses Projekts wur-de es als notwendig erachtet, die Ergebnisse des AGB2002/020 mit dem PLANAT-Ansatz [64] zu verbinden.

Bezüglich der aktuellen Situation bei der Beurteilung der vielfältigen Risiken für die Ob-jekte, und das Strassennetz der Schweiz als Ganzes, müssen folgende wichtigen Punkte festgehalten werden:

Es existiert keine standardisierte Basis für die Beurteilung von Risiken auf dem Stras-sennetz der Schweiz.

Es existieren keine Richtlinien, wie das Strassennetz (als Ganzes betrachtet) bezüg-lich Risiken beurteilt werden soll.

Es ist notwendig, dass Risikobeurteilungen aus den verschiedenen Fachgebieten in-tegriert betrachtet werden können, um das Risiko auf dem Strassennetz der Schweiz beurteilen zu können.

Es existieren keine vorgeschriebenen Methoden für die Beurteilung von Risiken sind (abgesehen weniger Ausnahmen z.B. Störfälle). Somit gibt es eine grosse methodi-sche Vielfalt in der praktischen Beurteilung von Risiken.

1.5 Entscheidungsebenen eines Risikomanagements auf dem Strassennetz der Schweiz

Das Ziel der Entwicklung einer generellen Methodik liegt in einer besseren Unterstützung der Entscheidungsfindung. Es ist offensichtlich, dass eine Vielzahl unterschiedlicher Fra-gestellungen auf allen Ebenen möglich ist, und so eine detailierte Betrachtung des Ein-zelfalls erforderlich machen. Trotzdem können grob einige charakteristische Problemstel-lungen sowohl für die strategische, wie die operative Ebene umschrieben werden. Ge-wisse Bestandteile müssen insofern offen gelassen werden, als der Entscheidungsträger aufgrund seiner ganz eigenen Fragestellung unterschiedliche Anforderungen an die Er-gebnisse stellt.

Auf strategischer Ebene ergeben sich für die Entscheidungsfindung im Risikomanage-ment des ASTRA insbesondere folgende Fragen:

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Sicherheitsniveau Wie können Sicherheitsziele für das Strassennetz der Schweiz als Ganzes definiert

werden?

Was ist ein ausreichendes Sicherheitsniveau für das Strassennetz der Schweiz?

Auf welcher Basis soll entschieden werden, wo und wann das Sicherheitsniveau erhöht werden muss?

Verbesserung der Sicherheit des Strassennetzes Wie kann die Sicherheit von Objekten des Strassennetzes (Verkehrsleitsystemen,

Schutzbauten, Tunnels, Brücken etc.) verbessert werden?

Budgetierung Welches Budget soll für risikoreduzierende Massnahmen und für die Deckung der

Restrisiken eingesetzt werden?

Verteilung des Budgets Wie sollten die Ressourcen geographisch verteilt werden, um eine maximale Effi-

zienz des gesamten Budgets, und ein gerechtes und einheitliches Sicherheitsni-veau über das gesamte Strassennetz zu erhalten?

Transparenz Wie können Risiken und die Behandlung von Risiken kommuniziert werden, um

den Entscheidungsfindungsprozess zu unterstützen?

Auf der Stufe des operativen Risikomanagements wird Unterstützung in der Entschei-dungsfindung erfordert bezüglich:

Verbesserung der Sicherheit des Objekts/der Aktivität Welche Risiken sind mit existierenden oder geplanten Objekten/Aktivitäten des

Strassenwesens verbunden, und wie können diese Risiken effizient reduziert wer-den?

Einflüsse von Objekten/Aktivitäten auf das Strassennetz als Ganzes Wie beeinflussen einzelne Unfälle und Naturgefahrenereignisse das Verhalten des

Strassennetzes als solches, und wie können diese Risiken effizient reduziert wer-den?

Effizienz und Optimierung Welches sind die effizienten Mittel und Verfahren vor, während und nach einem po-

tentiellen Ereignis, um dessen Risiko zu reduzieren?

1.6 Anforderungen an eine generelle Methodik zur vergleichen-den Risikobeurteilung

Basierend auf der Übersicht über die aktuelle Praxis bezüglich der Beurteilung und Ver-waltung von Risiken im Strassennetz der Schweiz, sowie der Ziele für eine Entschei-dungsfindung, werden die Anforderungen an eine generelle Methodik wie folgt identifi-ziert:

Anwendungsmöglichkeiten der Methodik in allen Sicherheitsbereichen Die Methodik muss in allen Fachbereichen anwendbar sein, welche für den täglichen Be-trieb und die Weiterentwicklung des Strassennetzes relevant sind. Zusätzlich sollte sie die Integration von Expertenwissen und von Ingenieurmodellen aus verschiedenen An-wendungsbereichen ermöglichen.

Konformität mit Normen und Praxis Die Methodik muss mit den existierenden Normen vereinbar sein. Hier sind vor allem die VSS Normen, die Richtlinien des ASTRA und die Vorgaben und Anforderungen der Stör-

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Sicherheit des Verkehrssystems Strasse und dessen Kunstbauten Bericht Nr. 618 | Methodik zur vergleichenden Risikobeurteilung

30 Dezember 2009

fallverordnung zu beachten. Abgesehen von allgemeinen Ansätzen im Sinne einer besten Praxis für Risikobeurteilungen, wie sie in internationalen Normen zu finden sind, müssen auch Normen und Richtlinien berücksichtigt werden, welche in der Schweizer Praxis etabliert sind. Vor diesem Hintergrund muss die generell zu verfolgende Richtung in die-sem Projekt gesehen werden. Die in den „Prinzipien der Sicherheitsbewertung" [12], ei-nem Resultat des Projekts ABG2002/020 (Bericht Nr. 616) [6], enthaltenen Konzepte bil-den die Basis für die Methodik. Spezielle Beachtung ist der Integration des von der PLA-NAT entwickelten Konzepts der Grenzkosten zu schenken.

Umsetzbarkeit der Methodik auf strategischer und operationeller Ebene Die Ergebnisse einer Risikobeurteilung müssen sowohl die Entscheidungsfindung auf strategischer, wie auch operativer Ebene ermöglichen.

Um die Entscheidungsfindung auf strategischer Ebene zu ermöglichen, ist die Aggregier-barkeit der Risiken zu gewährleisten. Die Einschätzung von Unsicherheiten ist hierbei wichtig, um verschiedene Ebenen mit ihren unterschiedlichen Informationsniveaus und Detailierungsgraden miteinander aggregieren zu können.

Um die Entscheidungsfindung auf operativer Ebene zu unterstützen, müssen die Risiko-modelle die speziellen Charakteristiken eines Objekts, eines Subsystems oder des Stras-sennetzes als solches die vorhandene Information wiedergeben können. Die Resultate einer Risikobeurteilung sollten die Evaluation der Akzeptanz des ermittelten Risikos, und eine Rangierung von Massnahmen aufgrund ihrer Effizienz ermöglichen.

Repräsentation von vorhandenem Wissen Die Methodik muss sowohl statistische Information, wie auch Expertisen von eher subjek-tivem Charakter integrieren können. Sie sollte die Möglichkeit bieten, alles relevante Wis-sen zu berücksichtigen und es auch aktualisieren zu können, sobald neue Information zur Verfügung steht. Die Unsicherheit, welche mit der Information verbunden ist, muss in die Methodik einfliessen können und aus den Ergebnissen ersichtlich sein. Mit Hilfe der Kenntnis der Unsicherheiten kann eine Angabe über die Aussagekraft von Daten und Er-gebnissen gemacht werden.

Aufbauend auf diesen Voraussetzungen soll im vorliegenden Dokument eine Methodik für die Bewertung von Risiken im Zusammenhang mit dem Bau, dem Betrieb und dem Unterhalt des Schweizer Strassenverkehrsnetzes ausformuliert werden. Die Methodik soll einerseits die Anforderungen der unterschiedlichen Sicherheitsbereiche berücksichtigen, andererseits doch so generell formuliert werden, dass sie über alle diese Sicherheitsbe-reiche angewendet werden kann. Somit wird im folgenden Dokument eine beste Praxis ausgearbeitet, wie Risiken ermittelt und bewertet werden können, so dass sie auf einer vergleichbaren Basis beurteilt werden können. Es werden die wichtigsten Elemente erör-tert, welche für Risikobeurteilungen im und für das Strassenverkehrssystem notwendig sind, um eine vollständige und konsistente Identifizierung von Lösungen zu ermöglichen.

1.7 Gliederung des Berichts Der Bericht stellt in seiner Einleitung die Ausgangslage und die Problemstellung vor. Die Methodik ist immer im Zusammenhang mit den dort erläuterten Rahmenbedingungen und Anforderungen zu sehen.

Das Kapitel 2 erläutert die wesentlichen Grundlagen und die Zusammenhänge einer risi-kobasierten Entscheidungsfindung. Die Voraussetzungen und de Grundzüge der Metho-dik werden im zweiten Teil des Kapitels 2 dargestellt. Wesentliche Teile, welche für eine vergleichende Risikobeurteilung weiter präzisiert werden müssen, werden in Kapitel 3 er-läutert. Dort werden die Anforderungen, welche für eine Vergleichbarkeit und Aggregier-barkeit an Risikobeurteilungen gestellt werden, in sogenannten Leitsätzen zusammenge-fasst. Sie werden in den Kapiteln zu ihrer Anwendung ausführlich erläutert. Weiterführen-de Angaben in Form von Hintergrundinformation oder Beispiele zur Anwendung werden

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im Anhang geliefert. Damit stehen dem Anwender verschiedene Vertiefungsstufen zur Verfügung, die je nach Wissensstand genutzt werden können.

Die vertiefenden Kapitel beginnen mit der Umschreibung des Systems, welches als Grundlage für die ganze Risikobeurteilung mit einer der Fragestellung und dem System angemessenen Umfang durchzuführen ist. Es ist unter anderem die Basis für das zweite Kapitel "Modellierung von Konsequenzen".

Die Berücksichtigung von Unsicherheiten (Kapitel 3.3) betrifft v.a. den Teil "Risikoermitt-lung", in dem die Ereignisraten und die Konsequenzen aufgrund des vorhandenen, und in der Systemdefinition gesammelten Wissens quantifiziert werden. Es wird auch aufge-zeigt, wie unterschiedlichstes Wissen in eine Risikobeurteilung einfliessen und ihre Aus-sagekraft damit verbessern kann, z.B. durch die Integration von Expertenwissen. Die Kenntnis der Unsicherheiten ist auch wichtiger Bestandteil einer Aggregation von Risiken, siehe Kapitel 3.4.

Was unter effizienten Massnahmen zu verstehen ist, wird in Kapitel 3.5 beschrieben. Das Thema "Effizienz" ist Bestandteil eines Folgeprojekts, und wird hier deshalb so ausführ-lich wie gerade notwendig beschrieben, um es in den Kontext einer ganzheitlichen Risi-kobeurteilung stellen zu können. Welche Massnahmen schlussendlich als zulässig be-trachtet werden dürfen, sei es auf Objektebene oder auf Netzebene, wird im Kapitel "Be-wertung von Risiken" erläutert. Die Darstellung von Risiken (Kapitel 3.7) soll am Ende die Entscheidungsfindung unterstützen.

Gemäss den in der Einleitung identifizierten Anforderungen an das Projekt wird in der Schlussdiskussion die Zielerreichung erläutert. Der eventuelle Bedarf an weiteren Ent-wicklungen, sowie der Bedarf an einer Änderung bestehender, oder Erstellen neuer Nor-men und Richtlinien für die Gewährleistung einer gewissen Qualität der Risikobeurteilun-gen wird anhand der entwickelten Methodik diskutiert.

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2 Methodik zur vergleichenden Risikobeurteilung

2.1 Einleitung: Risiko und Entscheidungsfindung Unser Alltag ist geprägt von einer grossen Anzahl an bewusst zu treffenden, oder unbe-wusst getroffenen Entscheidungen. Wir haben die Fähigkeit zu entscheiden, welche Akti-vitäten unserem Leben nützen und es erleichtern. In vielen Bereichen haben wir uns Fachwissen und Erfahrung angeeignet, vor allem durch „Versuch und Irrtum", aber natür-lich auch durch Deduktion und Analyse. Für die meisten Aktivitäten kennen wir einen "richtigen" und einen "falschen Weg", und darin sind wir uns in der Regel einig. Der richti-ge Weg in einem bestimmten Kontext einzuschlagen ist das, was wir unter "bester Pra-xis" (best practice) verstehen. Es ist aber offensichtlich, dass die Existenz einer besten Praxis für eine bestimmte Aktivität erfordert, dass wir über eine ausreichende Expertise und relevante Erfahrung in dieser Aktivität verfügen, dass wir alle Aspekte der Aktivität verstehen und wissen, wie sie kontrolliert ausgeübt werden kann. Schlussendlich basiert unsere technologische als auch soziale Entwicklung auf der anhaltenden und kontinuier-lichen Verbesserung der besten Praxis.

Im Bereich der Technik ist es aufgrund der erheblichen Komplexität und Vielfalt der Akti-vitäten für ein einzelnes Individuum nicht möglich, Fachwissen und Erfahrung zu erwer-ben bis zu einem Mass, welches vergleichbar wäre mit dem kollektiv vorhandenen Wis-sen aller anderen Individuen. Die beste Praxis wurde somit synthetisiert und erhalten durch Forschung, Bildung und Ausbildung, zusätzlich zu einer herausfordernden Menge an Gesetzen, Verordnungen, Vorschriften und Normen. Die beste Praxis ist als die Quintessenz all dieser Komponenten zu verstehen, kombiniert mit einem zusätzlichen Faktor, dem persönlichen Verhalten.

Wenn ein technisches Problem klar definiert ist, dann können wir auf der Grundlage der besten Praxis standardisierte Lösungen für ein breites Spektrum von Problemen bereit-stellen und umsetzen. Es gibt jedoch wichtige Bereiche der Technik, die noch nicht auf einer Entwicklungsstufe sind, auf welcher der Anspruch erhoben werden kann, über eine beste Praxis zu verfügen. Dies betrifft in der Regel Probleme, in denen die wesentlichen Charakteristiken von Fall zu Fall stark variieren und deshalb nur schwer zu regulieren sind. Ein Beispiel für solche Probleme sind Tragwerke, die ortsspezifischen außerge-wöhnlichen Einwirkungen ausgesetzt sind. Ein weiteres Beispiel sind Entscheidungsprob-leme im Zusammenhang mit der Planung, dem Bau und dem Betrieb von Strassenver-kehrsnetzen, bei denen die Rahmenbedingungen stark variieren und sich Teilstrecken gegenseitig beeinflussen. Hier ist es schwer möglich, ein Set von vordefinierten optima-len Lösungen vorzugeben. Die Variabilität von Systemmerkmalen ist in diesen Fällen so groß, dass es kaum möglich ist, eine Palette an Lösungen zu entwickeln, welche als bes-te Praxis gelten könnten.

Was jedoch entwickelt werden kann, sind bewährte Praktiken, um Lösungen zu identifi-zieren. Die Frage ist wie zu verfahren ist, so dass daraus Lösungen ableitbar sind, wel-che im Hinblick auf ihre Effizienz rangiert, und im Hinblick auf ihre Übereinstimmung mit den gesellschaftlichen Präferenzen bewertet werden können.

Um die Effizienz von Massnahmen einstufen zu können, muss ihr Nutzen, aber auch ihre Kosten gemessen werden können. Das Strassenverkehrssystem bietet der Gesellschaft einen Nutzen in Form von Transportleistung, Mobilität, etc. Nebst dem Nutzen birgt das Strassennetz jedoch auch gewisse Risiken. Der Ingenieur muss diese gesellschaftlichen Risiken, die aus dem Strassennetz resultieren, kennen und beurteilen, um Ressourcen effizient einsetzen zu können und ein ausreichendes Sicherheitsniveau zu gewährleisten. Das Risiko ist hier definiert als das Produkt aus den Eintretensraten einer Gefahr und den durch die Gefahr verursachten Schäden (Konsequenzen). Damit kann das Risiko als ein Entscheidungskriterium dienen, da so Gefahren und ihre Vermeidung direkt über das Ri-siko gemessen werden können, und damit optimale Lösungen gefunden werden.

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In den letzten Jahrzehnten hat die effiziente Verteilung und Nutzung von gesellschaftli-chen Ressourcen zum Zwecke der Erhaltung und Verbesserung des allgemeinen Le-bensstandards für die Individuen der Gesellschaft an Bedeutung gewonnen. Als gutes Verhalten, oder gute Handlungsweise in der gesellschaftlichen Entscheidungsfindung, wird nun eine Entscheidungsfindung verstanden, welche auf einer transparenten Bewer-tung der besten verfügbaren Lösungen beruht, und im Einklang mit gesellschaftlichen Präferenzen erfolgt. Präferenzen können beispielsweise hinsichtlich der Investitionen zur Rettung von Menschenleben, zur Vermeidung von Umweltschäden, etc. bestimmt wer-den. In diesem Projekt wird Akzeptanz als ein gesellschaftliches Kriterium verstanden, mit dem die gesellschaftliche Präferenz zur Verringerung eines bestimmten Risikos in Geld-währung ausgedrückt werden kann. Betrachtet werden also nicht absolute Risikogrenz-werte, welche dazu führen könnten, teure Massnahmen für nur wenig noch mögliche Ri-sikoreduzierung einzusetzen.

Wie bereits erläutert, ist die Variabilität der Systemmerkmale von Strassenverkehrsnet-zen gross. Viele Aspekte beinhalten aber auch Unsicherheiten betreffend der ablaufen-den Prozesse und ihrer Ursachen – sei es weil wir die Prozesse noch nicht eindeutig kennen, die Datenbasis begrenzt ist, etc. Optimale Entscheidungen über die Behandlung des Risikos können aber nur getroffen werden, wenn wir das Problem und seine Charak-teristiken kennen. Dann können wir auch effiziente Massnahmen bestimmen - effizient in dem Sinne, dass jedes verfügbare Wissen genutzt wird, um das Problem zu lösen. Wis-sen bezieht sich im vorliegenden Kontext auf jede Information, welche für die Beurteilung von Risiken relevant ist. Auch Konsequenzen und Eintretenswahrscheinlichkeiten werden basierend auf Wissen abgeschätzt. Die Basis für eine Entscheidungsfindung muss dem-nach jede relevante statistische Information, und möglichst jede Art von Wissen über Ur-sachen und Konsequenzen (Expertenwissen, Modelergebnisse) berücksichtigen können. Zudem ist dieses Wissen mit vielen Annahmen und Unsicherheiten verbunden, welche in einer Beurteilung nicht unberücksichtigt und unerwähnt bleiben dürfen.

Im vorliegenden Dokument wird eine beste Praxis ausformuliert für die Bewertung von Risiken im Zusammenhang mit dem Bau, dem Betrieb und dem Unterhalt des Schweizer Strassenverkehrsnetzes mit dem Ziel, vergleichbare Risikobeurteilungen durchführen zu können. Es werden die wichtigsten Elemente erörtert, welche für Risikobeurteilungen im und für das Strassenverkehrssystem notwendig sind, um eine vollständige und konsisten-te Identifizierung von Lösungen zu ermöglichen. Die Elemente der Risikobeurteilung wer-den im Kapitel 2 als methodische Basis dargestellt. Die Elemente der Risikobeurteilung sind anschliessend in Kapitel 3 ausführlich behandelt.

2.2 Methodik zur vergleichenden Risikobeurteilung 2.2.1 Nahtstellen der Methodik zu den Sicherheitsbereichen

Die Nahtstellen stellen die Grundlage dar, um bestehende Methoden auf ihre Vollstän-digkeit und Konsistenz überprüfen zu können, und diesbezüglich notwendige Vorgaben, z.B. bezüglich Datenbasis oder zu betrachtender Konsequenzen, zu erstellen. Eine erste Ebene von Nahtstellen bezüglich der Vollständigkeit einer Risikobeurteilung ergibt sich durch die Unterteilung in einzelne Vorgehensschritte. Es müssen alle Schritte vollzogen worden sein, welche auch für eine einheitliche Methodik verwendet werden. Eine voll-ständige Risikobeurteilung beinhaltet alle in Abbildung Abb. 2.1 aufgeführten und in den Folgekapiteln spezifizierten Kernelemente.

Die weiteren Nahtstellen entsprechen den sogenannten „Leitsätzen“ welche in Kapitel 3 in diesem Dokument zu finden sind. Sollen Ergebnisse aus bestehenden Methoden in ei-ne Methodik zu deren Vergleich einfliessen, dann müssen an diesen Nahtstellen die Vor-gaben der übergeordneten Methodik eingehalten werden. Teilergebnisse werden dem-nach anhand dieser „Leitsätze“ oder „Nahtstellen“ überprüft, und falls sie die genannten Anforderungen nicht erfüllen, entsprechend angepasst.

Die Leitsätze sind somit das Instrument, mit dem eine vergleichende Risikobeurteilung

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über alle Sicherheitsbereiche hinweg sichergestellt wird. Die Leitsätze verbinden die Si-cherheitsbereiche nicht nur oberflächlich, sie geben Hilfestellungen und Wegleitungen zu den meisten Fragestellungen, die in den Sicherheitsbreichen auftreten können.

2.2.2 Voraussetzungen für eine vergleichende Risikobeurteilung Eine vergleichende Risikobeurteilung ist nur dann möglich, wenn die Risiken einheitlich und aggregierbar ermittelt werden. Damit dies gewährleistet ist, müssen folgende funda-mentale Schritte - die Kernelemente der Risikobewertung - standardisiert werden:

Systemdefinition und Abgrenzung.

Risikobeurteilung. - Risikoermittlung. - Risikobewertung.

Zu diesem Zweck wird im Folgenden eine methodische Basis definiert, die im Wesentli-chen den Aufbau und die Grundsätze einer vergleichenden Risikobeurteilung festlegt.

In den einzelnen Sicherheitsbereichen vorhandene quantitative Grundlagen wie Wahr-scheinlichkeiten oder Schadenausmasse respektive Methoden zu deren Bestimmung können weiterhin verwendet werden. Generell gilt, dass die bestehenden Standards und Normen der verschiedenen Sicherheitsbereiche einzuhalten sind. Diese sind jedoch nicht unbedingt hinreichend, um die Entscheidungsfindung des ASTRA zu unterstützen. Präzi-sierungen, weiterführende Analysen und/oder Ergänzungen zu den Verfahren sind oft notwendig, um Entscheidungen zu treffen und die Vergleichbarkeit und die Aggregation von Risiken über verschiedene Sicherheitsbereiche hinweg zu gewährleisten.

Eine Grundvoraussetzung für eine vergleichende Risikobeurteilung ist generell die Erstel-lung einer transparenten und nachvollziehbaren Dokumentation. Dabei ist das betrachte-te System mit all seinen Bestandteilen und Beziehungen, die einen Einfluss auf das Risi-ko und mögliche Handlungsalternativen zur Risikoreduktion haben zu dokumentieren. Ein wichtiger Teil der Systemdefinition ist die Definition der Fragestellung. Im Besonderen ist die Herkunft der verwendeten Informationen zu dokumentieren.

Im folgenden Kapitel 2.2.3 wird die methodische Basis vorgestellt. In Kapitel 2.2.4 wird die Umsetzung der Methodik in der Praxis beschrieben. In Kapitel 3 sind die einzelnen Bestandteile im Detail erklärt. Besonderes Gewicht wird dabei auf die Anwendung gelegt. In den Anhängen finden sich die Grundlagen zu Kapitel 3 und weiterführende Erläuterun-gen.

2.2.3 Methodische Basis Die Analyse der Sicherheitsbereiche hat gezeigt, dass die Ansätze zum Umgang mit Ri-siken sehr heterogen sind. Sie reichen von expliziten Risikobewertungen und Massnah-menplanungen bis hin zur Anwendung von massnahmenorientierten Vorschriften und Normen, bei denen auf Risikoüberlegungen vollständig verzichtet werden kann. In allen Sicherheitsbereichen finden sich grundsätzlich Ansätze zur Quantifizierung der Risiken. Diese sind entweder direkt anwendbar oder müssen noch in Hinblick auf eine Quantifizie-rung des Risikos aufgearbeitet werden.

In Tab. 2.1 wird eine Übersicht geliefert, inwiefern die verschiedenen Sicherheitsbereiche auf einer höheren, netzweiten oder einer auf einer objektbezogenen Ebene über Metho-den zur Risikobeurteilung verfügen.

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Tab. 2.1: Übersicht über die Verwendung der Methoden zur Risikobeurteilung in den einzelnen Sicherheitsbereichen.

Sicherheitsbereich Netzweite Betrachtung Objektbetrachtung

Verkehrssicherheit Netzweite Verkehrsunfallstatistik, Aus-wertbar für netzweite Betrachtungen

Analytische Ansätze zur Quantifizie-rung

Naturgefahren Für grössere Abschnitte ist der Daten- und Modellierungsaufwand gross.

Die Möglichkeit zur netzweiten Beurtei-lung besteht, indem für sämtliche Ob-jekte Analysen erstellt und zusammen-gefügt werden.

Ansatz mit hohem Detailierungsgrades der Risikoanalyse

Ansatz geeignet für objektspezifische Analyse und Beurteilung (bis einige km).

Störfallsicherheit Netzweite Daten und Betrachtung auf Basis der Kurzberichte weitgehend vorhanden

Methodik der Risikoermittlung, um sich auf Objekte oder Abschnitte mit hohen Risiken zu konzentrieren.

Entsprechende Risikoermittlungen sind bisher nur wenige vorhanden.

Tragwerksicherheit Nicht netzbezogen. Ansätze und quantitative Informatio-nen zum Risiko eines Objektes vor-handen

Arbeitssicherheit Netzweite Arbeitsunfallstatistik, aus-wertbar für netzweite Betrachtung

Arbeitssicherheit ist nur beschränkt objektspezifisch. Allenfalls Arbeitssi-cherheit generell auf Brücken oder in Tunnels.

Aus der Fülle unterschiedlicher Methoden in den Sicherheitsbereichen wurde ein generel-ler Aufbau einer Risikobeurteilung synthetisiert, welcher im Folgenden gemeinsame me-thodische Basis genannt wird. Die methodische Basis bietet einen Konsens über die Si-cherheitsbereiche. Sie entspricht einer Minimalausführung einer umfassenden Methodik und enthält alle wesentlichen Elemente einer Risikobeurteilung. Die in den jeweiligen Ab-laufschritten durchzuführenden Beurteilungen können jedoch nicht überall wie bis anhin gehandhabt werden; in solchen Fällen sind spezielle Vorgaben notwendig, wenn eine vergleichende Methodik gefragt ist. So muss beispielsweise für die Beurteilung eines ak-zeptierbaren Risikos eine neue Lösung gefunden werden, welche auf verschiedene Si-cherheitsbereiche anwendbar ist.

Für Sicherheitsbereiche, bei denen in der bisherigen Praxis noch keine risikobasierten Methoden etabliert sind, entspricht diese Basis einem neuen oder erweiterten Ansatz. Aus der Sicht der Sicherheitsbereiche, die bereits detailierte risikobasierte Ansätze ver-wenden, kann die Basis als vereinfachter Ansatz erscheinen.

Die methodische Basis bildet demnach ein Gerüst, welches die Schritte einer vollständi-gen Risikobeurteilung aufzeigt in der Reihenfolge, wie sie für eine Gewährung der inter-nen Konsistenz der Beurteilung zu erfolgen haben. Ausgehend von der einheitlichen me-thodischen Basis werden die Vorgaben formuliert, welche notwendig sind, damit Risiko-beurteilungen unterschiedlicher Bearbeitungstiefe vergleichbar sind.

Im Zentrum der methodischen Basis steht der quantitative Risikobegriff als Funktion der Handlungsalternativen a , Eintretenswahrscheinlichkeiten von Ereignissen p und deren Konsequenzen C in der Form ( , , )R f a p C . Die methodische Basis definiert einen Rahmen, in dem p und C einheitlich ermittelt werden. Des Weiteren erlaubt diese For-mulierung die Handlungsalternativen a konsistent mit den Präferenzen des ASTRA aus-zuwählen.

Die Kernelemente der methodischen Basis sind die Systemdefinition, die Risikoermittlung und die Risikobewertung (vgl. Abb. 2.1). Die Risikoermittlung und die Risikobewertung bilden zusammen die Risikobeurteilung. Die Kernelemente sind aufeinander abgestimmt und bilden eine Gesamtheit.

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Risikobeurteilung

Risikoermi�lung

Risikobewertung

Systemdefini�on und Systemabgrenzung

Abb. 2.1: Kernelemente.

2.2.3.1 Systemdefinition und Systemabgrenzung Mit der Systemdefinition wird die Fragestellung mit allen Abgrenzungen und relevanten Rahmenbedingungen präzisiert. Mit diesem Schritt werden wesentliche Leitplanken der Risikobeurteilung, wie beispielsweise die Betrachtungsebene (Objektebene, strategische Ebene) und die Betrachtungstiefe definiert. Dieser Schritt muss daher in Abstimmung mit dem Entscheidungsträger erfolgen.

Sollen Ergebnisse verschiedener Risikoermittlungen miteinander verglichen oder deren Ergebnisse zusammengefasst werden, ist es entscheidend, dass die Systemdefinitionen, welche die Basis der verschiedenen Risikoermittlungen bilden, in den wesentlichen Punk-ten übereinstimmen bzw. kompatibel sind.

Die Systemdefinition lässt sich im Wesentlichen in folgende Elemente gliedern (vgl. auch Abb. 2.2):

Festlegung des Entscheidungsträgers und Definition der Fragestellung.

Systemabgrenzung.

Repräsentation der Systemstruktur und -funktionsweise.

Ermittlung von Gefahren und Szenarienidentifikation.

Abb. 2.2: Elemente der Systemdefinition.

Entscheidungsträger und Fragestellung Die Systemdefinition ist auf den Entscheidungsträger, d.h. auf den Verantwortungs- und Einflussbereich des ASTRA anzupassen. Die Überlegungen gelten jedoch auch für die Strassenverwaltungen der Kantone und der Gemeinden oder für die Betriebsgesellschaf-ten der Nationalstrassen. Im Folgenden wird aufgrund der Lesbarkeit lediglich auf das

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ASTRA Bezug genommen.

Die Klärung und Festlegung der Fragestellung erfolgt gemeinsam mit dem Entschei-dungsträger und umfasst folgende Elemente:

Abgrenzung des Verantwortungs- und Entscheidungsbereichs.

Präzise Formulierung der zu beantwortenden Fragen.

Festlegen der geltenden Rahmenbedingungen aus dem Aufgaben- und Verantwor-tungsbereich des Entscheidungsträgers sowie auch übergeordneten rechtlichen oder fachlichen Bedingungen.

Weitere Präzisierungen, die sich aus den Rahmenbedingungen des Entscheidungsträ-gers und der Aufgabenstellung ergeben, beeinflussen die Systemabgrenzung.

Systemabgrenzung In der Systemabgrenzung sind folgende Elemente für die Risikobeurteilung zu klären und festzulegen:

Räumliche Abgrenzung: Sie umfasst die zu betrachtenden Objekte, Streckenabschnit-te oder Teilnetze, an denen oder auf denen Ereignisse stattfinden sowie den geografi-schen Raum, in dem Konsequenzen berücksichtigt werden.

Zeitliche Abgrenzung: Sie umfasst die zu betrachtenden Zeiträume für die Risikobeur-teilung.

Zu berücksichtigende Gefahren: Es handelt sich um eine generelle Abgrenzung der in der weiteren Analyse zu behandelnden Gefahren. Das Risiko für die zu berücksichti-gende Gefahren ist somit eine Teilmenge des totalen Risikos im zeitlichen und räum-lich definierten System.

Zu berücksichtigende Konsequenzen: Damit wird festgelegt, welche Konsequenzen – Personenschäden, wirtschaftliche und ökologische Konsequenzen – berücksichtigt werden. Ebenso muss festgehalten werden, welche Konsequenzen als direkt respek-tive indirekt betrachtet werden, und welche Konsequenzen in einer betriebswirtschaft-lichen Betrachtung bzw. in einer gesellschaftlichen Beurteilung des Risikos zu berück-sichtigen sind (interne bzw. externe Kosten).

Massnahmenspektrum: Gemeinsam mit dem Entscheidungsträger ist das generelle Spektrum möglicher Massnahmen festzulegen. Es muss zwischen zwei generellen Typen von Massnahmen unterschieden werden: 1) Massnahmen, die zur Änderung des Zustandes eines Systems führen. 2) Massnahmen, die die Kenntnis des Systems vergrössern und einen Wissenszu-

wachs über das System darstellen.

Repräsentation der Systemstruktur und Funktionsweise des Systems Die Kenntnis der Systemstruktur und der Funktionsweise des Systems bildet eine Basis für die Analyse und Bewertung der Risiken sowie für die Bewertung der Effizienz der Massnahmen. Die Wechselwirkungen zwischen den Systemelementen Teilnetz, Stras-senabschnitt, Objekt und Objektkomponenten einerseits und zwischen den Gefahren, Systemelementen und Konsequenzen andererseits müssen möglichst vollständig abge-bildet werden. Dies ist notwendig, um Abhängigkeiten in den Ausfallszenarien, wie ver-stärkende oder verminderte Wirkungen von gemeinsamen Einflussfaktoren, beurteilen zu können.

Der Detailierungsgrad, mit dem das System abzubilden ist, ergibt sich aus der Fragestel-lung bzw. aus den Anforderungen an die Risikobeurteilung. Als Grundsatz gilt: der Detai-lierungsgrad muss die Rangordnung der Effizienz oder/und der Optimalität der zu Verfü-gung stehenden Massnahmen ermöglichen. Im Rahmen der Risikobeurteilung soll das Systemverständnis bedarfsgerecht vertieft werden.

Ermittlung von Gefahren und Szenariendefinition Während der Systemdefinition werden Szenarien in einer ersten Übersicht besprochen. Informationen von Fachleuten, aus Katastern, Karten, etc. können bereits erste Hinweise zur Quantifizierung der Szenarien geben, ohne dass die explizite Modellierung der Ereig-

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nisse und ihrer Konsequenzen in diesem Schritt im Vordergrund steht. Die massgeben-den Gefahren und Szenarien, d.h. die Abfolge von Ereignissen, die von der Gefahr initi-iert werden, werden identifiziert, indem abgeschätzt wird, ob die Risiken, die aus der Ge-fahr bzw. den Szenarien resultieren, die Entscheidungsfindung beeinflussen können. Ge-fahren bzw. Szenarien, deren Einfluss auf die Entscheidungsfindung nicht in der Gefah-renidentifikation abgeschätzt werden können, sind im weiteren Ablauf zu berücksichtigen. Die Identifikation der relevanten Gefahren und der relevanten Szenarien muss gemein-sam während der Gefahrenidentifikation erfolgen.

Bei der Gefahrenidentifikation sind all diejenigen Gefahren, Objekte, Prozesse und Kon-sequenzen zu berücksichtigen, die im vorangehenden Schritt der Systemabgrenzung in die Betrachtung miteinbezogen wurden. Für die Identifikation der relevanten Gefahren und Szenarien ist immer zu belegen, ob es erforderlich ist, weitere Expertisen aus ande-ren Fachrichtungen für eine umfassende und interdisziplinäre Beurteilung beizuziehen.

Gefahren und entsprechende Szenarien werden in diesem Schritt ein erstes Mal bezüg-lich ihres Risikos eingestuft, indem eine Aussage über nicht relevante Szenarien, und ei-ne erste, grobe Aussage über das relative Risiko von relevanten Szenarien getroffen wird. Dies sind die Ergebnisse, welche nach einer umfassenden Systemdefinition rappor-tiert werden können, so dass ein Entscheid über die weiteren Schritte der Risikobeurtei-lung erfolgen kann. In der darauffolgenden Risikoermittlung werden die Szenarien dann explizit quantitativ beurteilt.

2.2.3.2 Risikoermittlung Die Risikoermittlung umfasst die Arbeitsschritte gemäss der Abb. 2.3.

Abb. 2.3: Elemente der Risikoermittlung.

Die Ermittlung von Risiken entspricht der Quantifizierung der Erwartungswerte der Kon-sequenzen. Die Quantifizierung des Erwartungswertes kann auf verschiedene Weise modelliert werden, je nachdem welche Informationen zu Verfügung stehen und in wel-chem Kontext die Risiken zu bewerten sind. Werden Risiken zum Beispiel im Kontext ei-ner Budgetierung bewertet, so kann es notwendig sein, auch die statistische Verteilung der Risiken zu bestimmen. Als Beispiel für Modelle, wie Risiken über Szenarien mit ihren jeweiligen Ereignisraten, Unsicherheiten und Konsequenzen ermittelt werden können, sind die Modelle im Naturgefahrenbereich für Lawinen oder Steinschlag zu sehen. Mit diesen Modellen wird beispielsweise der räumliche Bereich abgegrenzt, wo eine Naturge-fahr zu erwarten ist, ihre Intensität, etc. Grundsätzlich sind Szenarien als kontinuierliche Grösse zu betrachten, d.h. es sind nicht nur beispielsweise das 10- und das 100-jährige Ereignis zu betrachten, sondern es sind alle relevanten Szenarien zu berücksichtigen. Das sind alle Szenarien, welche zum Risiko beitragen. Abhängigkeiten zwischen den einzelnen Gefahren, Eintretensraten und Konsequenzen, wie sie beim gleichzeitigen Ein-treten von zwei Ereignissen, aber auch aus weiteren Gründen entstehen können, sind entsprechend der Fragestellung zu berücksichtigen.

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Grundsätzlich müssen möglichst alle vorhandenen Informationen in eine Risikobeurtei-lung einfliessen. Dazu gehören auch Informationen über Unsicherheiten, und deren räumliche und zeitliche Variation. Als theoretisches Fundament der Bewertung von Risi-ken dient die Bayes'sche Statistik, die es ermöglicht, Erfahrungen, Beobachtungen und Modellaussagen konsistent in die Analyse zu integrieren. Als Messgrössen für Konse-quenzen werden in einem ersten Schritt entweder natürliche Einheiten wie z.B. Anzahl Todesopfer, Sachschadenkosten oder konstruierte Einheiten wie z.B. Staustunden re-spektive Staukosten verwendet. In einem zweiten Schritt werden die Messgrössen ge-mäss den vorgegebenen Funktionen oder Wertungseinheiten monetarisiert, d.h. den Ein-heiten der Messgrössen werden spezifische Geldwerte zugeordnet.

Das Risiko jR des betrachteten Systems bezüglich einer Messgrösse j für Konsequen-zen jC (z.B. Todesopfer) errechnet sich aus:

j j jR C (2.1)

wobei j die jährliche Ereignisrate ist, die zu den Konsequenzen der Messgrösse j d.h.

jC führen.

Alternativ kann das Risiko auch berechnet werden als:

0j i j

i

R ip C

(2.2)

wobei ip die jährliche Eintretenswahrscheinlichkeit von i unabhängigen und exklusiven Ereignissen, die zu Konsequenzen jC führen können, ist. Das so definierte Risiko wird auch als Erwartungwert der Konsequenzen bezeichnet, entspricht also der Summe aller Szenarien mit ihren jeweiligen Wahrscheinlichkeiten und Konsequenzen.

Die Konsequenzen sind in direkte und in indirekte Konsequenzen zu gliedern.

, ,

,

,

direkte Konsequenzen der Messgrösse

indirekte Konsequenzen der Messgrösse

j D j ID j

D j

ID j

j

j

C C C

C

C

Diese Unterteilung dient der expliziten Modellierung der Folgekonsequenzen von Ereig-nissen und stellt somit die Berücksichtigung aller relevanten Konsequenzen sicher. Zu-dem können mit Hilfe dieser Unterteilung auch Aussagen zur Robustheit von Systemen gemacht werden.

Bei jR handelt es sich um ein kollektives Risiko, das heisst, es stellt die Summe der Ri-siken über alle Szenarien und alle betroffenen Personen und Objekte im System dar. Das Risiko wird ausgedrückt entweder einzeln pro Messgrösse der Konsequenz als Todesop-fer pro Jahr, Verletzte pro Jahr, finanzieller Schaden pro Jahr etc. oder gesamthaft als fi-nanzieller Schaden pro Jahr bei erfolgter Monetarisierung aller Konsequenzen.

Je nach Ansatz der Risikoermittlung und Fragestellung sind weitere Darstellungsformen des Risikos ausgehend vom beschriebenen Vorgehen für die Risikoermittlung denkbar. Die Darstellungsform kann auch durch die Anforderungen innerhalb einzelner Sicher-heitsbereiche definiert sein. Beispiele für Darstellungsformen sind:

Risikomatrizen.

Säulen- oder Kuchendiagramme. Damit lassen sich die Risikoanteile verschiedener Konsequenzen, oder die Anteile der direkten und indirekten Risiken übersichtlich dar-stellen.

Kumulative Verteilungsfunktionen von Konsequenzen.

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2.2.3.3 Risikobewertung Die Risikobewertung ermöglicht die Entscheidungsfindung bezüglich des optimalen Mit-teleinsatzes bei Sicherheitsmassnahmen sowie die Bestimmung der Akzeptanz von Risi-ken. Das Kriterium des optimalen Mitteleinsatzes, welches hier formuliert wird, erfüllt das Kriterium der Verhältnismässigkeit von Sicherheitsmassnahmen ("Sicherheitsvorkehrun-gen sind zu treffen, sofern sie verhältnismässig sind"). Das Verhältnismässigkeitskriteri-um ist deutlich schwächer, da es alle Massnahmen zulässt, die verhältnismässig sind. Die Verhältnismässigkeit von Massnahmen lässt sich messen über die Effizienz, d.h. das Verhältnis von Kosten und Nutzen. Das Optimalitätskriterium hingegen identifiziert die Massnahmen, die den optimalen Einsatz der Ressourcen garantieren. Zudem bietet das Optimalitätskriterium bei diskreten Handlungsalternativen die Möglichkeit zu beurteilen, in welchen Fällen der Nutzen für den Entscheidungsträger grösser ist - auch wenn alle Massnahmen "effizient" sind. Der Grundsatz der Verhältnismässigkeit von Sicherheits-massnahmen ist in verschiedenen gesetzlichen Grundlagen enthalten. Zahlreiche Ent-scheidungen enthalten implizite Abwägungen von Wirksamkeit und Kosten von Sicher-heitsmassnahmen. Die methodische Basis postuliert mit dem Optimalitätskriterium, dass diese Anforderung erfüllt ist. Entsprechend werden zur Risikobewertung die drei Elemen-te gemäss Abb. 2.4 eingeführt.

Abb. 2.4: Elemente der Risikobewertung.

Ob ein Risiko zulässig ist, hängt vom Handlungsspielraum, d.h. von den möglichen Hand-lungsalternativen, und von der durch die Handlungsalternativen erzielbaren Risikoreduk-tion ab. Für die vollständige Risikobewertung ist somit die Prüfung von Handlungsalterna-tiven erforderlich.

Es ist generell zwischen betriebswirtschaftlicher und gesellschaftlicher Entscheidungsfin-dung zu unterschieden.

Betriebswirtschaftliche Entscheidungsfindung In der betriebswirtschaftlichen Entscheidungsfindung werden nur die internen Konse-quenzen berücksichtigt. Die internen Konsequenzen werden vom ASTRA selbst getra-gen. Sie beinhalten z.B. alle verzinsten, administrativen Kosten und die Wiederherstel-lungskosten nach einem Ereignis. Sind Schäden versichert, so ist die Versicherungsprä-mie bzw. die Veränderung der Versicherungsprämie zu berücksichtigen. Etwaige Kom-pensationskosten nach Todesfällen oder Umweltschäden müssen ebenso mit berück-sichtigt werden. Diese entsprechen jedoch nicht der Zahlungsbereitschaft der Gesell-schaft, um Schäden zu vermeiden.

Die betriebswirtschaftliche Entscheidungsfindung und Optimierung zeigt auf, wie die Mit-tel ASTRA-intern optimal einzusetzen sind.

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Gesellschaftliche Entscheidungsfindung Die gesellschaftliche Entscheidungsfindung gibt einen Hinweis darauf, welche Konse-quenzen der Gesellschaft entstehen. Die Formulierung der Zielfunktion enthält alle, inter-nen sowie externen Konsequenzen. Dies sind z.B. monetarisierte Umweltschäden, der gesellschaftliche Wert für das statistische Leben, Benutzerkosten und Zeitkosten.

Die gesellschaftliche Entscheidungsfindung und Optimierung dient dazu, politisch beding-te Präferenzen berücksichtigen zu können, da in diese Entscheidungsfindung auch ex-terne Kosten mit einbezogen werden, d.h. Kosten, welche nicht direkt bezahlbar sind. Die gesellschaftliche Optimierung stellt somit ein Werkzeug dar, um Entscheidungen zu steu-ern. Die gesellschaftliche Entscheidungsfindung kann nicht dazu verwendet werden die faktischen Risiken des ASTRA zu managen.

Aufgrund der unterschiedlichen Betrachtungswinkel der betriebswirtschaftlichen und der gesellschaftlichen Entscheidungsfindung werden sich unterschiedliche Optima bei der Zielfunktion einstellen. Die gemeinsame Betrachtung der beiden Optima kann Hinweise geben, welche Strategien zur Erreichung eines sicheren Betriebs der Nationalstrassen einzusetzen sind. Grundsätzlich muss immer die betriebswirtschaftliche Entscheidungs-findung durchgeführt werden. Die Handhabung gesellschaftlicher und politischer Werte-zuteilung kann in Absprache mit dem Entscheidungsträger berücksichtigt werden. Die Notwendigkeit einer solchen Analyse ist in Abhängigkeit von der Fragestellung festzule-gen.

Optimierung des Mitteleinsatzes für das Risikomanagement Das grundlegende Prinzip für die Identifikation der optimalen Handlungsalternativen für das Management von Risiken ist die Formulierung und Maximierung einer Zielfunktion. Wie bereits erläutert, kommen zwei verschiedene Grundsätze für die Formulierung der Zielfunktion in Frage; es wird unterschieden zwischen dem betriebswirtschaftlichen und dem gesellschaftlichen Betrachtungswinkel.

Die Abwägung der Wirksamkeit und der Kosten einer Handlungsalternative erfolgt an-hand der Optimierung der gewählten Zielfunktion Z a . Die Zielfunktion Z a enthält den Erwartungswert der positiven Wirkung oder des Nutzens ( )B a der betrachteten Handlungsalternative a , den Erwartungswert der Kosten der Handlungsalternative ( )yC a und das Risiko in Form des Erwartungswerts der Schadenkosten ( )R a (Gleichung (2.3) und Abb. 2.5).

Zielfunktion:

( ) ( ) ( ) ( )yZ a B a C a R a (2.3)

Ziel der Optimierung ist es, diejenige Handlungsalternative a zu finden, die die Zielfunk-tion maximiert.

Optimierung:

* max( ( ))a

a Z a (2.4)

Eine zentrale Bedingung der Optimierung ist, dass alle sinnvoll möglichen Handlungsal-ternativen sowie auch Kombinationen von Handlungsalternativen in die Beurteilung mit einbezogen werden.

Entsteht selbst für die optimale Handlungsalternative *a kein positiver Nutzen, so ist auf den Bau und Betrieb des betrachteten Systems zu verzichten.

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Abb. 2.5: Zielfunktion mit Handlungsalternative a in Form einer kontinuierlichen Funktion und Identifikation der optimalen Handlungsalternativen.

Wenn der Nutzen für alle Handlungsalternativen konstant ist und es ausschliesslich dar-um geht, den Mitteleinsatz zur Reduktion der Risiken zu optimieren, kann auf die Ermitt-lung des Erwartungswerts des Nutzens ( )B a der Handlungsalternativen verzichtet wer-den. In diesem Fall hat der Nutzen ( )B a keinen Einfluss auf die Optimierung der Ziel-funktion und somit auf die optimale Entscheidung.

Optimierung Mitteleinsatz - Effizienz von Handlungsalternativen Die Effizienz von Handlungsalternativen wird als das Verhältnis zwischen der Risikore-duktion durch die Handlungsalternative und den Kosten der Handlungsalternative defi-niert. Die Risikoreduktion wird analog zur Bestimmung der Risiken ermittelt.

Neben der Effizienz können weitere Entscheidungskriterien für die Wahl einer Hand-lungsalternativen herangezogen werden. Dies sind z.B.:

Robustheit als Verhältnis der Risiken, die mit den direkten zu den totalen Konsequen-zen verbunden sind. Grundsätzlich sind robuste Handlungsalternativen, d.h. Hand-lungsalternativen mit geringen Risikobeiträgen von indirekten Konsequenzen zu be-vorzugen.

Wirkungsbereich, Zeitpunkt der Wirkung und Typ der Handlungsalternative: Der Ent-scheidungsträger kann im Einzelnen festlegen, welche Art von Handlungsalternativen (bauliche, technische, organisatorische und oder wissenserhöhende Massnahmen), welche Wirkungsbereiche (Reduktion der Eintretenswahrscheinlichkeit, Reduktion der direkten und/oder indirekten Konsequenzen) oder zu welchem Zeitpunkt die Hand-lungsalternative eingesetzt werden soll (bevor, während und/oder nach Ereignissen).

Einhalten von Rahmenbedingungen Mit der Optimierung der Zielfunktion wird diejenige Handlungsalternative bestimmt, die für den Entscheidungsträger unter Berücksichtigung seiner Präferenzen optimal ist. In der Zielfunktion wird aber nicht explizit berücksichtigt, ob die Handlungsalternativen auch die in den Verordnungen, den Gesetzen, den Normen oder den Richtlinien definierten Schutzziele oder Grenzwerte sowie weitere amtsinterne oder betriebswirtschaftliche Rahmenbedingungen erfüllen. Beispiele für solche Rahmenbedingungen sind:

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Grenzwerte für individuelle Todesfallrisiken (Anwendung z.B. im Sicherheitsbereich Naturgefahren und teilweise auch im Sicherheitsbereich Arbeitssicherheit): Sie kön-nen für die Konsequenz Personenschäden, ausgedrückt als Todesfallwahrscheinlich-keit pro Jahr angewendet werden ("individuelles Personenrisiko").

Grenzwerte für das kollektive Todesfallrisiko, z.B. in Form von Akzeptanzlinien in ei-nem Wahrscheinlichkeits-Ausmass-Diagramm (Anwendung z.B. im Sicherheitsbereich Störfallsicherheit): Sie können für alle im Rahmen der Störfallverordnung definierten Messgrössen der Konsequenzen, also neben Personenschäden auch Umweltschä-den, angewendet werden.

Sozio-ökonomische Akzeptanz: Die sozio-ökonomische Akzeptanz wird über das Grenzkostenkriterium geprüft. So muss die Effizienz der Handlungsalternativen kleiner als die Grenzkosten sein, damit die Handlungsalternative auch sozio-ökonomisch ak-zeptierbar ist.

Jede Handlungsalternative ist auf die Konformität zu allen im Sicherheitsbereich gülti-gen Rahmenbedingungen zu prüfen. Ist die optimale Handlungsalternative in dem Sinne nicht zulässig, so ist diejenige Handlungsalternative zu wählen, die den gröss-ten Nutzen im zulässigen Bereich hat (vgl. Abb. 2.6).

Liegen diskrete Handlungsalternativen vor, so kann die Prüfung der Zulässigkeit der Handlungsalternative vor der Optimierung der Zielfunktion erfolgen.

Abb. 2.6: Zielfunktion mit optimaler Handlungsalternative *a , die nicht im akzeptierten Bereich liegt. Die bestmögliche wählbare Handlungsalternative ist **a .

2.2.4 Generelles Vorgehen Bei der Durchführung einer Risikobeurteilung in der Praxis ist es von grösster Wichtigkeit, dass das Vorgehen angemessen ist, d.h. der damit verbundene Aufwand soll in Verhält-nis zur spezifischen Fragestellung stehen. Die Risiken und der vorabsehbare Nutzen der Resultate sind zu berücksichtigen. Nach der Systemdefinition sind die Erkenntnisse aus-zuwerten, und die weiteren Schritte zu planen. Im Folgenden wird formuliert, wie eine Ri-sikobeurteilung durchzuführen ist je nachdem, auf welche Fragestellung eingegangen werden soll.

2.2.4.1 Methodischer Ablauf der Einheitlichen Risikobeurteilung Die Durchführung einer vergleichenden Risikobeurteilung erfolgt generell gemäss dem in Abb. 2.7 gezeigten, und in den vorangehenden Kapiteln erläuterten Ablauf. In Abb. 2.7 wird auf die entsprechenden Sektionen von Kapitel 3 verwiesen, in dem detailierte Anga-ben zu den einzelnen Schritten gegeben werden. Die Ausarbeitung der einzelnen Kern-elemente, d.h. die Tiefe der Bearbeitung variiert hingegen je nach gewähltem Ansatz.

2.2.4.2 Angemessener Ansatz zur Risikoermittlung Durch eine Risikobeurteilung soll grundsätzlich eine der folgenden Fragestellungen be-handelt werden:

Ermittlung und Bewertung von Risiken für Objekte, Segmente und Netze.

Detailierte Aggregation von Risiken.

Budgetierung.

Mittelallokation für Sicherheitsbereiche.

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Entwicklung und Anpassung von Normen.

Optimierung des Ressourceneinsatzes.

Strategische Planung des Einsatzes von Instrumenten um politische Ziele zu errei-chen.

Dokumentation der Konformität von Maßnahmen mit gesellschaftlichen Präferenzen.

Abb. 2.7: Methodischer Aufbau einer risikobasierten Entscheidungsfindung.

Die Fragestellung ist die erste Stufe zur Bestimmung des Ansatzes. Von ihr ausgehend wird das System mit seinen Elementen (Gefahren, Objekte, etc.) und den Wechselwir-

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kungen im System definiert (Abb. 2.8), wobei eine erste grobe Ermittlung von Szenarien stattfinden muss. Die qualitative Risikobeurteilung kann bereits zur Beantwortung der Fragestellung führen. Sie dient aber auch der Reflektion und Präzisierung der Fragestel-lung, und einer weiteren Verfeinerung der Systemdefinition. Eine Feststellung der qualita-tiven Risikoermittlung kann sein, dass die Risiken im Geltungsbereich bestehender Nor-men und Regeln oder mit anderen bewährten Verfahren zu bewältigen sind. Dies kann z.B. bei Tragwerksnormen der Fall sein: ist das Tragwerk genormt und ist die Problem-stellung vollumfänglich durch die Normen abgedeckt, so dann das Tragwerk als sicher angesehen werden. Dies beinhaltet, dass das Risiko akzeptiert ist und somit keine weite-ren Untersuchungen notwendig sind.

Sind die identifizierten Risiken nicht mit existierenden Verfahren zu bewältigen, dann ist eine quantitative Risikoermittlung durchzuführen. Hier ist zu hinterfragen, ob die Berück-sichtigung der Unsicherheiten für die Beantwortung der Fragestellung notwendig sind. Ist eine Aggregation von Risiken beispielsweise für das Erstellen eines Budgets gefragt, so ist es prinzipiell notwendig Unsicherheiten und Abhängigkeiten zu berücksichtigen. Pri-mär ist also die Fragestellung für die Wahl eines angemessenen Ansatzes zur quantitati-ven Risikoermittlung entscheidend. Sekundär aber kann die innerhalb der vorerst gewähl-ten Quantitativen Risikoermittlung unter Vernachlässigung der Unsicherheiten durchzu-führende Sensitivitätsanalyse ergeben, dass Unsicherheiten berücksichtigt werden müs-sen, da die Fehler der Analyse sonst zu gross werden.

Mit dem geeigneten quantitativen Ansatz wird die Risikoermittlung und – aggregation durchgeführt, geeignete Massnahmen identifiziert und die optimale, zulässige Hand-lungsalternative festgestellt.

Die Entscheidung für einen geeigneten Ansatz ist in der Systemdefinition zu fällen.Die Fragestellungen und ihr Einfluss auf den zu wählenden Ansatz werden in Kapitel 3.1 noch ausführlich diskutiert.

Die Qualitative Risikoermittlung stellt ein sehr effizientes Mittel zur Erstellung einer Über-sicht über die generelle Risikolandschaft dar und dient zur Fokussierung des Einsatzes quantitativer Bewertungen (Tab. 2.2). Aus diesem Grund ist der qualitative Ansatz vor-wiegend in der Projektphase "Vorstudien" anzuwenden. Quantitative Risikoermittlungen werden meist in den Projektphasen "Strategische Planung", "Projektierung und Planung" und "Überwachung und Aktualisierung" angewendet. In diesen Projektphasen stehen die Optimierung des Mitteleinsatzes d.h. der Effizienz der Handlungsalternativen und die Be-urteilung der Akzeptanz von Risiken einzelner Objekte im Vordergrund. Es ist besonders zu berücksichtigen, dass ein quantitativer Ansatz unter Vernachlässigung der Unsicher-heiten bei bestimmten Fragestellungen nur über eine bedingte Aussagekraft verfügt.

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Tab. 2.2: Ansätze zur Risikobeurteilung, deren Anwendung und Möglichkeiten.

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Abb. 2.8: Entscheidungsablauf zur Bestimmung des anzuwendenden Ansatzes der Risi-koermittlung.

2.2.4.3 Projektablauf und Koordination Der korrekte Ablauf eines Projekts, welches mit Hilfe einer Risikobeurteilung Entschei-dungen im Strassenwesen unterstützen soll, ist von massgebender Bedeutung für die Qualität der Resultate. Es geht auch hier um das Etablieren einer besten Praxis welche sicherstellt, dass die Bedürfnisse des ASTRA (oder anderer Auftraggeber) nachhaltig er-füllt werden. Dies benötigt einen Projektablauf, der auf die Fragestellung und auf die pro-jektspezifischen Gegebenheiten anpassbar ist. Vor allem der Sicherstellung der Kommu-nikation zur Abgleichung der Erwartungen zwischen ASTRA und Auftragnehmer ist be-sondere Beachtung zu schenken. Um dies zu gewährleisten ist der Projektablauf wie in Abb. 2.9 dargestellt zu strukturieren. Der Projektablauf ist in Phasen unterteilt, wobei es im Allgemeinen von Vorteil ist, wenn der gleiche Auftragnehmer für die Bearbeitung der

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Phasen 1 und 2 beauftragt wird. Dieses Zurverfügungstellen von benötigten Informatio-nen und Daten liegt im Normalfall in der Verantwortung des ASTRA, kann aber auch im Auftrag als zusätzliche Aktivität definiert sein.

Abb. 2.9: Projektablauf und Koordination zwischen ASTRA und Auftragnehmer.

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Das Ziel einer Aufteilung in zwei Phasen 1 und 2 ist die korrekte Anpassung des Um-fangs der benötigten Leistungen auf den Umfang der betrachteten Problematik. Dies kann erst nach dem Abschluss der qualitativen Risikoermittlung in Phase 1 festgelegt werden. Deswegen müssen nach dem Abschluss von Phase 1 die Resultate dokumen-tiert und von Seiten des ASTRA genehmigt werden. Die Resultate der Phase 1 können direkt zur Empfehlung von Massnahmen führen, aber auch Empfehlungen für eine detai-lierte Risikobeurteilung beinhalten. In diesem Fall muss die Dokumentation der Phase 1 auch einen Vorschlag zu den Zielen und eine Einschätzung des benötigten Bearbei-tungsaufwands für die Phase 2 beinhalten.

In Phase 3 sind die Empfehlungen, die sich aus Phase 1 und/oder Phase 2 ergeben um-zusetzen. Diese Phase kann als eigenes Projekt neu ausgeschrieben werden, falls rele-vant mit Hilfe der Auftragsnehmer von Phase 1 und/oder Phase 2.

2.2.5 Randbedingungen einer Umsetzung der Methodik Auf der Basis dieses Teilprojekts 102 wurde das Projekt „Testregion Risikomethoden“ [7] innerhalb des AGB1-Forschungspakets lanciert. Das Ziel des Projekts „Testregion Risi-komethoden“ war es, die verschiedenen Methoden der Risikobeurteilung und ihr Zusam-menwirken in der praktischen Anwendung zu testen. Insbesondere sollte eine verglei-chende Beurteilung der Risiken aus verschiedenen Sicherheitsbereichen praktisch durchgeführt werden. In diesem Projekt konnten Erfahrungen mit der Umsetzung der Me-thodik gesammelt werden, welche erkennen lassen, wie wichtig das Einhalten der in den Leitsätzen formulierten Vorgaben ist, aber auch wie wichtig die organisatorischen Rand-bedingungen bei einer Umsetzung der Methodik sind. Sowohl für die Methodik an sich, wie auch für das Vorgehen, sind im Folgenden die Erkenntnisse aus diesem Projekt in konzentrierter Form widergegeben. Die Erkenntnisse sollen als wichtige Hinweise zur Umsetzung dienen.

2.2.5.1 Festlegung von Randbedingungen in Bezug auf das Vorgehen Die hier vorgestellte Methodik kann generell in jedem einzelnen Sicherheitsbereich ein-gesetzt werden. Mit der Einhaltung von Kriterien für die Gewährleistung der Vergleich-barkeit soll es ermöglicht werden, Risikobeurteilungen aus unterschiedlichen Sicherheits-bereichen vergleichend beurteilen und aggregieren zu können. Die Aggregation ist kein von der übrigen Methodik losgelöster und der übergeordneten Ebene überlassener Schritt, sondern muss als integraler Bestandteil des ganzen Ablaufs einer Risikoanalyse betrachtet werden. Demzufolge müssen bereits die vorangehenden Schritte in Überein-stimmung mit einer Aggregation erfolgen.

Die vergleichende Risikobeurteilung über verschiedene Sicherheitsbereiche ist eine multidisziplinäre Aufgabe, bei welcher auch die organisatorischen Randbedingungen, das Projektmanagement und das Vorgehen gut überdacht und geregelt werden müssen. Zur Identifikation der notwendigen Bestandteile der Risikobeurteilung und zur Klärung der Fragestellung kann die Durchführung eines Riscscreenings zusammen mit den beteilig-ten Vertretern der Sicherheitsbereiche im Vorfeld nützlich sein. Zudem müssen die Naht-stellen für die Bearbeitung von Szenarien und Massnahmen, sowie die Nahtstelle für die Übermittlung von Ergebnissen klar definiert werden.

2.2.5.2 Randbedingungen in Bezug auf die Methodik

Systemdefinition Die Vergleichbarkeit von Risiken hängt wesentlich von einer eindeutigen Systemdefinition ab. Die Fragestellung und die Ziele sind die wesentlichen Ausgangspunkte für die Defini-tion der Systemelemente und geben die Vorgaben für die räumlich-zeitliche Abgrenzung, für die berücksichtigten Gefahren, Objekte und Konsequenzen und für die Rahmenbe-dingungen.

Hierbei müssen Nahtstellen präzisiert werden. Räumlich gesehen bedeutet dies bei-spielsweise, dass die Segmentierung einer Strasse für die Beurteilung des Verkehrsge-

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schehens kompatibel sein muss mit der Definition von Steinschlag- oder Lawinenaus-laufgebieten auf derselben Strecke. Für die Konsequenzenmodellierung bedeutet dies, dass:

der Einfluss des Eintretens einer Gefahr auf die Eintretenswahrscheinlichkeit einer anderen Gefahr beurteilt werden muss.

bekannt sein muss, in welchem Format Konsequenzen an einen anderen Verantwor-tungsbereich kommuniziert werden sollen.

Zeitlich gesehen bedeutet die Berücksichtigung von Nahtstellen, dass von vornherein festgelegt sein muss, ob der Lebenszyklus von Systemelementen betrachtet wird, oder ob eine Zeitspanne von 50 oder 100 Jahren betrachtet wird, etc., und ob die jährlichen Risiken betrachtet werden.

Szenarienbildung und Vereinfachungen Die Bildung von Szenarien ist ein entscheidender Schritt der Modellbildung und ist eng mit der Systemdefinition verknüpft. Die Szenarien entsprechen dabei den Expositionen, die in der Risikoanalyse berücksichtigt werden müssen. Bei der Szenarienbildung sind demnach alle Szenarien zu berücksichtigen, die relevant sind, d.h. zum Risiko beitragen und die Entscheidungsfindung beeinflussen könnten. Jede Art der Diskretisierung der Wirklichkeit in Szenarien entspricht einer Vereinfachung. Eine Einengung der möglichen Szenarien durch die selektive Vorgabe von wenigen Klassen kann unter Umständen die Gefahr nicht entsprechend widergeben, da relevante Szenarien vernachlässigt werden. Der Einfluss der Szenarienbildung auf das berechnete Risiko ist zu prüfen, um den Feh-ler in Modellbildung zu kennen und zu minimieren.

Gleiches gilt auch für die Wahl der Indikatoren zur Beschreibung des Systems. Jeder Verantwortungsbereich definiert die für seine Risikobeurteilung nötigen Indikatoren sel-ber. Vereinfachungen bei der Systembeschreibung mit Indikatoren müssen begründbar sein. Grundsätzlich soll die Modellierung von Eintretenswahrscheinlichkeiten (oder Versagenswahrscheinlichkeiten) möglichst vollständig die verfügbare Information berück-sichtigen. Nicht für alle Systembestandteile ist die gleiche Datenlage vorhanden. Dem-entsprechend kann ein Modell, in dem mehr Indikatoren zur Modellierung von Eintre-tenswahrscheinlichkeiten herbeigezogen werden können, die Wirklichkeit besser reprä-sentieren. In diesen Fällen ist die Modellunsicherheit geringer. Die Modellunsicherheit dient dazu, diese Information quantitativ zu berücksichtigen.

Aggregation von Risiken Für die aggregierte Betrachtung von Risiken ist, wie in diesem Schlussbericht ausführlich beschrieben, die Behandlung von Unsicherheiten und Abhängigkeiten von entscheiden-der Wichtigkeit. Deren konsistente Berücksichtigung ist, schwerpunktmässig in der erst-maligen Erstellung von Modellen, mit Aufwand verbunden. Dies ist bei Vertragsvereinba-rungen zu berücksichtigen, wie unter „Randbedingungen in Bezug auf das Vorgehen“ be-reits erläutert. Zur Berücksichtigung von Abhängigkeiten ist es von Vorteil, in einem Risk Screening zusammen mit allen Beteiligten ein Systemmodell zu skizzieren, in dem die gemeinsamen und/oder gegenseitigen Einflüsse von Ereignissen dargestellt sind. Ist die Unsicherheit in den Ergebnissen nicht bekannt, und wurden keine Sensitivitätsanalysen durchgeführt, dann sind die Teilergebnisse nur bedingt aggregierbar.

Risikobewertung Es müssen einheitliche Bewertungsansätze für die Konsequenzenmodellierung festgelegt und kommuniziert werden. Dies betrifft nicht nur negative Konsequenzen, sondern auch den Nutzen. Falls der erwartete Nutzen einen massgeblichen Einfluss auf die Entschei-dungsfindung hat, dann muss er berücksichtigt werden. Dementsprechend sind Vorga-ben bezüglich der zu berücksichtigenden positiven Konsequenzen und Bewertungsgrös-sen für ihre Monetarisierung zu liefern.

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Prüfung von Massnahmen Bei der Beurteilung von Massnahmenstrategien, welche für verschiedene Objekte oder Bereiche durchgeführt werden soll, muss man sicherstellen, dass die Objekte oder Berei-che unabhängig voneinander sind. Andernfalls muss man die Massnahmenstrategien in einer kombinierten Massnahmenstrategie zusammenfassen und ihre Konsequenzen an-hand eines erweiterten Systemmodells untersuchen.

Die in knapper Form erläuterten Hinweise im vorangehenden Kapitel decken sich mit dem in diesem Projekt festgelegten Leitsätzen, die den Nahtstellen zwischen den Sicher-heitsbereichen entsprechen. Sie sind entscheidend für eine einheitliche Risikobeurtei-lung.

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3 Erläuterungen zu einzelnen Teilen der Methodik

3.1 Systemdefinition 3.1.1 Einleitung

Die Gesamtheit aller Objekte, Ereignisse, Konsequenzen, Annahmen, Vereinbarungen und Rahmenbedingungen, welche für eine bestimmte Risikobeurteilung notwendig sind, bildet das zu betrachtende System. In der Systemdefinition wird das System abgegrenzt und beschrieben, indem sämtliche relevante Fakten zusammengetragen werden (Infor-mationen, Daten, Expertenwissen, Modelle, etc.). Die Abgrenzung des Systems hängt ab vom Entscheidungsträger und seiner Fragestellung. Die zu betrachtenden Objekte (Tun-nel, Strecke, etc.), Gefahren (Naturgefahren, Verkehrsunfälle, etc.), Konsequenzen und die geographische Region können daraus abgeleitet werden.

Sollen die Ergebnisse unterschiedlicher Risikoermittlungen miteinander verglichen oder zusammengefasst werden, ist es entscheidend, dass die Systemdefinitionen in den we-sentlichen Punkten übereinstimmen bzw. kompatibel sind. Die Systemdefinition bildet die Basis für die transparente Dokumentation der Vereinbarungen, verwendeten Daten, ge-troffenen Abgrenzungen und Annahmen.

3.1.2 Leitsätze zur Systemdefinition

Leitsatz 1.1 Die Fragestellung sowie der Aufgaben- und Verantwortungsbereich des Entscheidungs-trägers ist gemeinsam mit diesem zu klären.

Leitsatz 1.2 Der zu wählende Ansatz zur Risikoermittlung (qualitativ, quantitativ mit Berücksichtigung oder unter Vernachlässigung von Unsicherheiten) ist abhängig von der Fragestellung festzulegen.

Leitsatz 1.3 Die Art der Erhebung von Information über das System ist der Fragestellung anzupassen.

Leitsatz 1.4 Die Elemente des Systems, die für die Risikobeurteilung benötigt werden, sind abzugren-zen und zu beschreiben.

3.1.3 Anwendung der Leitsätze

3.1.3.1 Anwendung von Leitsatz 1.1 Die Fragestellung sowie der Aufgaben- und Verantwortungsbereich des Entscheidungs-trägers ist gemeinsam mit diesem zu klären.

Mögliche Beispiele für Fragestellungen sind (siehe auch Tab. 2.2, und „Anwendung der Ansätze“ unter Leitsatz 1.2):

Erstellen eines Überblicks über die Risiken unterschiedlicher Objekte, Gefahren oder räumlichen Gebiete zur Identifikation der Probleme, Hauptgefährdungen und Mass-nahmen.

Ermittlung und Bewertung von Risiken auf Objekt- oder Netzstufe.

Planung von Massnahmen zur politischen Zielerreichung.

Aggregation von Risiken.

Budgetierung.

Fragen der Mittelzuteilung an die Sicherheitsbereiche oder Regionen.

Optimierung des Ressourceneinsatzes.

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Dokumentation der Eignung des Ressourceneinsatzes zur Erfüllung gesellschaftlicher Präferenzen.

Mit der Klärung der Fragestellung wird erreicht, dass die weitere Systemdefinition konsi-stent mit dem Verantwortungs- und Einflussbereich des Entscheidungsträgers und mit seinen Anforderungen an die Risikobeurteilung erfolgt. Ebenso wird über die Definition der Fragestellung der Umfang und Detailierungsrad sowie der zu wählende methodische Ansatz mit gesteuert. Die abschliessende Ausgestaltung der Fragestellung und des dafür erforderlichen Ansatzes erfolgt erst nach der qualitativen Risikoermittlung, wenn die Sze-narien ausgearbeitet und diskutiert worden sind, das Verständnis des betrachteten Sys-tems also in qualitativer Hinsicht vervollständigt worden ist (gemäss Abb. 2.9: Abschluss von Phase 1).

Die Klärung und das gleiche gemeinsame Verständnis der Fragestellung unter allen Be-teiligten sind von zentraler Bedeutung für die Risikobeurteilung. Konkret ist zu klären und festzuhalten, für wen die Risikobeurteilung durchgeführt wird (Adressat: kantonales Amt, Gemeinde, Betreiber eines Tunnels, etc.). Die Fragestellung für die Risikobeurteilung ist im Allgemeinen eng gekoppelt mit einer Entscheidungssituation. In vielen Fällen ist es so, dass derjenige der die Entscheidung zu treffen hat, die Entscheidungen für seinen Ar-beitgeber oder für die Organisation, die ihm die Entscheidungsgewalt übertragen hat trifft. Daraus können sich Probleme ergeben, da der tatsächliche Entscheidungsträger und derjenige, der unmittelbar in einem Projekt zu entscheiden hat oft nicht die gleichen Per-sonen sind. Sie können somit unterschiedliche Präferenzen haben. Es ist daher wichtig, diese Sachverhalte zu Beginn eines Projektes in der Systemdefinition zu klären und schriftlich festzuhalten.

In diesem Kontext sind insbesondere folgende Punkte zu klären:

Wer ist der Entscheidungsträger?

Was ist sein Verantwortungsbereich?

Welchen Bezug oder welche Abhängigkeiten zu weiteren Entscheidungsträgern gibt es?

Was sind die finanziellen und zeitlichen Rahmenbedingungen?

Finanzielle und zeitliche Rahmenbedingungen beziehen sich sowohl auf mögliche Mass-nahmen und Strategien, als auch auf die Risikobeurteilung selbst. Konkret: Wie viel Zeit und Budget für die risikobasierte Entscheidungsfindung zur Verfügung steht.

3.1.3.2 Anwendung von Leitsatz 1.2 Der zu wählende Ansatz zur Risikoermittlung (qualitativ, quantitativ mit Berücksichtigung oder unter Vernachlässigung von Unsicherheiten) ist abhängig von der Fragestellung festzulegen.

Der zu wählende Ansatz für eine Risikoermittlung ist in erster Linie von der Fragestellung des Entscheidungsträgers abhängig. In zweiter Linie ist die Systemstruktur und ihre Mo-dellierung entscheidend für die Wahl eines geeigneten quantitativen Ansatzes. Hier kann mit Hilfe von Sensitivitätsstudien ein geeigneter quantitativer Ansatz identifiziert werden; siehe dazu die Erläuterungen im Leitsatz 3.2 im Kapitel „Unsicherheiten“.

Es werden folgende grundlegenden Ansätze vorgestellt:

Qualitative Einschätzung von Risiken.

Quantitative Ermittlung von Risiken unter Vernachlässigung der Unsicherheiten.

Quantitative Ermittlung von Risiken mit Berücksichtigung von Unsicherheiten.

Die Ansätze unterscheiden sich vor allem in Bezug auf die Verwendung von Information bei der Ermittlung des Risikos. Die Eignung der erwähnten Ansätze richtet sich streng nach dem Zweck der Risikobeurteilung (Stichwort: Problemstellung). Prinzipiell sind alle Methoden unter gegebenen Umständen geeignet, Risiken zu ermitteln.

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Die drei Ansätze finden zurzeit in verschiedenen Sicherheitsbereichen des Verkehrssys-tems Strasse Anwendung (nicht abschliessende Aufzählung):

Qualitative Einschätzung von Risiken: Arbeitssicherheit.

Quantitative Ermittlung von Risiken unter Vernachlässigung der Unsicherheiten: Stör-fallverordnung, Naturgefahren, Strassenverkehr.

Quantitative Ermittlung von Risiken mit Berücksichtigung von Unsicherheiten: Trag-werksicherheit.

Im Folgenden werden die drei Ansätze ausführlicher dargestellt.

Qualitative Risikoermittlung Die einfachste Art der Risikoermittlung besteht aus einer Einschätzung von Konsequen-zen und Ereignisraten von Ereignissen/Ereignisszenarien. Auf dieser Grundlage kann ei-ne Rangliste der Risiken erstellt werden und es kann entschieden werden, welche Ereig-nisszenarien weiterführend analysiert werden sollten. Hierbei handelt es sich um eine Einschätzung der Risiken relativ zueinander, der absolute Wert des Risikos wird nicht abgeschätzt.

Diese qualitative Methode sollte immer fester Bestandteil jeder Risikobeurteilung sein. Da es sich um eine relative Betrachtung ausgewählter Risiken handelt, können Ergebnisse aus einer qualitativen Einschätzung nicht auf übergeordneter Ebene aggregiert werden.

Das Ergebnis einer qualitativen Einstufung wird im Allgemeinen in einer Risikomatrix dar-gestellt (Abb. 3.1). Die Risikomatrix bildet einzelne Szenarien, Objekte oder Gefahren ab und ermöglicht auf einfache Weise eine relative Beurteilung der Risiken zueinander.

Abb. 3.1: Beispiel einer Risikomatrix zur Darstellung einzelner Gefahren oder Ereignisse (gemäss [58]).

Die Zahl der Häufigkeits- und Konsequenzklassen richtet sich nach der Bandbreite der Ereignisraten und Konsequenzen sowie der Exaktheit, mit der eine Schätzung vorge-nommen werden kann. Die Festlegung der Klassengrenzen bezieht sich jeweils explizit auf das betrachtete System und kann nicht allgemeingültig verwendet werden. Die Ver-gleichbarkeit unterschiedlicher Systeme ist daher nicht ohne weiteres möglich. Dazu wä-re es notwendig, die Klassengrenzen für alle betrachteten Systeme gleichermassen fest-zulegen. Dies führt bei unterschiedlichen Systemen zu nicht aussagekräftigen Klassen-

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grenzen. Eine quantitative Festlegung von Klassengrenzen ist für den konkreten Fall aber notwendig. Somit wird sichergestellt, dass alle an der Einstufung beteiligten Fachleute das Gleiche unter "gering", "mittel", "schwer", etc. verstehen. Bei der Einteilung in Klas-sen ist darauf zu achten, dass eine konsistente Einteilung erfolgt.

Werden unterschiedliche Konsequenzen beurteilt – beispielsweise Personenschäden, Sachschäden oder Zeitkosten – ist festzulegen, wie die Konsequenzen untereinander zu bewerten sind: Beispielsweise, was bedeutet die Einstufung "unbedeutend" bezüglich Personenschäden, Sachschäden oder Zeitkosten für den Strassenverkehr.

Tab. 3.1: Beispiel für die Definition von Ausmassklassen.

Konsequenzen gering mittel schwer katastrophal

Personenschäden Eine leicht ver-letzte Person

Eine schwer ver-letzte Person

Mehrere schwer verletzte Perso-nen oder ein Todesopfer

Mehrere Todesopfer

Sachschaden Rund 50’000 CHF Rund 500’000 CHF Rund 5 Mio. CHF Rund 50 Mio. CHF

Zeitkosten Eine Stunde gesperrt

Ein Tag gesperrt Eine Woche gesperrt

Einige Wochen gesperrt

Die Einstufung der Ereignisse erfolgt im Allgemeinen als Expertenschätzung. Die Qualität der Einstufung hängt daher vom Expertenwissen und der Systematik des durchgeführten Schätzprozesses ab.

Quantitative Risikoermittlungen Die Schätzung basiert auf Informationen in Form von Daten, Expertenwissen und Model-len. Beispiele solcher Instrumente und Modelle zur Quantifizierung sind:

Ereignisraten: Fehler- und Ereignisbäume, Häufigkeitsmodelle, die auf spezifische Er-eignisabläufe zugeschnitten sind, etc.

Konsequenzen: Modellierung von Schäden, Ausbreitungs- und Letalitätsmodelle, etc.

Fehler- und Ereignisbäume sind typische Instrumente der quantitativen Risikoermittlung. Sie modellieren mögliche Ereignisabläufe (Szenarien), für welche Ereignisraten und Kon-sequenzen ermittelt werden.

Abb. 3.2: Beispiel eines Ereignisbaums als Instrument zur Bildung und Quantifizierung von Szenarien (J = ja, N = nein).

Je nachdem, ob Unsicherheiten berücksichtigt werden oder nicht, kann die quantitative Risikoermittlung aufgeteilt werden in die zwei folgenden Typen.

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Quantitative Risikoermittlung unter Vernachlässigung der Unsicherheiten Bei der quantitativen Risikoermittlung unter Vernachlässigung der Unsicherheiten werden Ereignisraten und Konsequenzen als Zahlen geschätzt (deterministisch, als Punktschät-zung). Der mögliche Effekt von Unsicherheiten in den Einflussgrössen und von statisti-schen und kausalen Abhängigkeiten muss durch Sensitivitätsanalysen geschätzt werden.

Häufig werden „ausreichend konservative“ Werte geschätzt, um einen „ausreichend kon-servativen" Wert des Risikos („auf der sicheren Seite") zu erhalten. Dies ist unbedingt zu vermeiden, da meist nicht eingeschätzt werden kann, wie gross diese Verzerrung tat-sächlich ist. Um diese Unsicherheiten in die Beurteilung mit einzubeziehen, ist eine Quantitative Risikoermittlung mit Berücksichtigung von Unsicherheiten zu empfehlen.

Quantitative Risikoermittlung mit Berücksichtigung von Unsicherheiten Die Quantitative Risikoermittlung mit Berücksichtigung von Unsicherheiten berücksichtigt die Unsicherheiten der Einflussgrössen auf das Risiko und beinhaltet daher die umfas-sendere Aussagekraft bezüglich der Ergebnisse. Die gesamte vorhandene Information wird in die Risikoermittlung integriert. Konsequenzen und Ereignisraten sind Zufallsgrös-sen, die basierend auf den vorhandenen Informationen (Daten, Expertenschätzungen, Modelle) quantifiziert werden.

Quantitativ, unter Berücksichtigung von Unsicherheiten, können Risiken durch erweitere Formen der Fehler- oder Ereignisbaumanalyse, durch Bayes'sche Probabilistische Netze (BNP, siehe Abb. 3.3) oder (beispielsweise zur Analyse von Grenzzuständen) die Metho-den der Tragwerkszuverlässigkeit, ermittelt werden.

Abb. 3.3: Beispiel eines Bayes'sches Netzes zur quantitativen Ermittlung des Risikos un-ter Berücksichtigung von Unsicherheiten [12].

Ergebnis einer Quantitativen Risikoermittlung mit Berücksichtigung von Unsicherheiten ist das Risiko als Zufallsgrösse. Unsicherheiten in Folge unvollständiger Information sowie statistische und kausale Abhängigkeiten fliessen dabei ein.

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Anwendung der Ansätze Eine Qualitative Risikoermittlung ist grundsätzlich die Basis für jede Risikobeurteilung. Sie dient im Sinne einer Vorstudie mit zugehöriger Dokumentenanalyse, Begehungen und Workshops dazu, Informationen über das System zu sammeln und sowohl das Wis-sen wie auch das Verständnis über die Fragestellung zu verbessern. Nebst der Identifi-zierung potentieller Gefährdungen und Konsequenzen in Szenarien werden auch bereits vorhandene und mögliche geeignete Kontroll- und Bewältigungsmassnahmen diskutiert.

Die Qualitative Risikoermittlung kann auch als eigenständiger Ansatz funktionieren. Da-mit kann beispielsweise eine erste Übersicht über die Risiken, zumeist graphisch darge-stellt mit Ereignisraten und Konsequenzen, erstellt werden. Des weiteren können die wichtigsten Gefährdungen identifiziert, oder geeignete Massnahmen zur Verringerung ei-ner Gefährdung (oder ihrer Konsequenzen) vorgeschlagen werden. Ob dieser Ansatz zur Beantwortung der Fragestellung genügt, ist zusammen mit dem Entscheidungsträger festzulegen.

Die Quantitative Risikoermittlung unter Vernachlässigung der Unsicherheiten und die Quantitative Risikoermittlung mit Berücksichtigung von Unsicherheiten unterscheiden sich grundsätzlich in einem Punkt. Wenn über eine Sensitivitätsanalyse festgestellt wur-de, dass Unsicherheiten und Abhängigkeiten keinen wesentlichen Einfluss auf die Ent-scheidungsfindung für die betreffende Fragestellung haben, dann kann der Quantitative Ansatz unter Vernachlässigung der Unsicherheiten eingesetzt werden. Die Ergebnisse werden dann als Punktschätzungen gehandhabt. Dies könnte beispielsweise der Fall sein, wenn das Ziel in einer strategischen Planung von politischen Zielen liegt, also der Einfluss von Massnahmen auf den 2CO -Ausstoss, auf die Bodenversiegelung oder auf das Landschaftsbild abgeschätzt werden sollen. Mit den Ergebnissen können geeignete Instrumente für das Erreichen dieser politischen Ziele geprüft werden. Ein Einsatz ist auch denkbar bei der Projektierung auf Objektebene, wobei die Unsicherheiten sich in ei-nem so kleinen Rahmen bewegen können, dass die Abgrenzung von unterschiedlichen Handlungsalternativen auch ohne Berücksichtigung der Unsicherheiten noch klar möglich ist. Dies ist aufgrund der Grösse des Systems auf Objektebene eher möglich als auf Netzebene. Die Aggregation von Risiken ist möglich, wenn zwischen den einzelnen Risi-ken nur lineare Abhängigkeiten vorhanden sind (siehe dazu Kap. 3.4). Die Bewertung von Massnahmen bezüglich Effizienz und Zulässigkeit, und die Optimierung von Mass-nahmen ist ohne weiteres möglich, bedingt darauf, dass die Sensitivitätsanalysen die Eindeutigkeit der Ergebnisse belegen.

Die Quantitative Risikoermittlung mit Berücksichtigung von Unsicherheiten ist aufgrund ihres Einbezugs der Abhängigkeiten und Unsicherheiten zumeist dann einzusetzen, wenn Risiken auf einer höheren Ebene aggregiert werden sollen - sei es für ihre Bewer-tung auf Netzebene, die Planung des Budgets für Massnahmen vor, während und nach dem Ereignis, oder die Zuteilung von Ressourcen an Sicherheitsbereiche oder Teilräume. Dieser Ansatz zur Risikoermittlung kommt dann zum Einsatz, wenn von vornherein klar ist, dass die Unsicherheiten berücksichtigt werden müssen (bei Budgetierungen zumeist der Fall), oder wenn aufgrund Sensitivitätsanalysen deutlich wird, dass diese nicht ver-nachlässigt werden können. In solchen Fällen ist die Verbesserung der Datenlage, oder die Verbesserung der Modellierung der Zufallsgrössen zur Verringerung der Unsicherhei-ten eine mögliche Handlungsalternative, um die Risiken besser einschätzen zu können.

In welcher Form Risiken ermittelt werden sollten, ist wie erwähnt primär von der Problem-stellung und nur bedingt von der vorhandenen Informationen abhängig. In den meisten Fällen der praktischen Anwendung werden Risiken qualitativ und/oder deterministisch quantitativ bestimmt. Auslöser für dieses Vorgehen ist oft nicht eine differenzierte Analy-se der zugrundeliegenden Problemstellung, sondern die Überlegung der Vereinfachung des methodischen Vorgehens, nicht zuletzt aus Gründen der unvollständig vorliegenden Information. Hauptargument ist meist, dass die vorhandene Information die Berücksichti-gung von Unsicherheiten nicht zulässt. Die Berücksichtigung von Unsicherheiten ist aber um so wichtiger, je weniger Information vorliegt. Nur die konsistente Berücksichtigung

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dieser Unsicherheiten, oder ihre durch Sensitivitätsanalysen gerechtfertige Vernachlässi-gung ermöglicht es, dass die Ergebnisse von Risikoabschätzungen, die in den Sicher-heitsbereichen innerhalb des ASTRA und der Strassenverwaltungen durchgeführt wer-den, integriert und aggregiert betrachtet werden können.

3.1.3.3 Anwendung von Leitsatz 1.3 Die Art der Erhebung von Information über das System ist der Fragestellung anzupassen.

Die eingehende Kenntnis des Systems ist eine Voraussetzung für die Durchführung der Risikoermittlung. Dies beinhaltet vorerst grundlegende Informationen zu unterschiedli-chen Themenfeldern:

Gefahrenkarten und Ereignisstatistiken, Kataster und Inventare, Chroniken, Untersu-chungsberichte, etc.

Risikobeurteilungen: Vorhandene Risikobeurteilungen zum betrachteten System oder zu vergleichbaren Systemen können eine wesentliche Grundlage bilden, sowie im Zu-sammenhang mit Risikobeurteilungen erstellte Modelle.

Technische Berichte: Pläne, Prozessbeschreibungen, Inventare, etc.

Expertenwissen.

Rahmenbedingungen (Grundlagen): Gesetzliche Rahmenbedingungen und fachliche Grundlagen wie Normen.

Die Beschaffung der Information stützt sich auf Recherchen (schriftliche Dokumente), Gespräche und Begehungen. Oft sind die betrachteten Systeme – Systembestandteile, Zusammenhänge, Prozesse – so komplex, dass ausführlichere Ansätze notwendig sind, um sie zu beschreiben und möglichst vollständige Informationen zu erlangen. Für solche Situationen bestehen zahlreiche Hilfsmittel, die in der Fachliteratur beschrieben sind. Als Beispiele sind nachfolgende Ansätze aufgeführt, für die gewisse Regeln vorgegeben sind:

Hazard-Identification/Risk Screening Sessions (HAZID)

Hazard-and-Operability-Study (HAZOP)

Failure-Mode-and-Effect-Analysis (FMEA)

Allen Ansätzen ist gemeinsam, dass sie das System nach gewissen Kriterien systema-tisch durchgehen und Abläufe prüfen. Auch diese systematischeren Ansätze basieren darauf, dass sie in einem qualifizierten Team durchgeführt werden. Dieser Vorgehens-schritt ist als erster Schritt der Risikoermittlung zu sehen, welcher zugleich die Systemde-finition beeinflusst und abschliesst. Die wichtigsten Schritte in einer Gefahrenidentifikation sind in Tab. 3.2 dargestellt.

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Tab. 3.2: Erläuterungen zur Gefahrenidentifikation als interdisziplinärer Prozess.

Ziele Identifizierung der Ziele und Präferenzen des Entscheidungsträgers.

Identifizierung von Gefahren, Szenarien, Objekten, Prozessen und Handlungsalternativen, welche relevant sind für die Entscheidungsfindung.

Basis Jegliche projektrelevante Information, einschliesslich Inventare von Objekten und Gefahren, historische Quellen über Ereignisse, Bauten und Strukturen, Zeichnungen und vorgängig durchgeführten Beurteilungen und Beobachtungen.

Methode Brainstorming, Treffen zwischen Experten aus möglichst allen für das Problem relevanten Fachgebieten.

Vorteile Interdisziplinäres Vorgehen - Koordination von Ideen und Projekten und Gewährleistung eines optimalen Ressourceneinsatzes personell, organisatorisch, sowie finanziell.

Dient der Kommunikation von Entscheidungsträger und übrigen Akteuren; ein gemeinsames Verständnis der Inhalte kann erarbeitet, Ziele und Rahmenbedingungen festgelegt werden.

Effizienter Ausschluss von Szenarien, welche nicht weiter zu verfolgen sind, Setzen von Schwerpunkten bezüglich des weiteren Vorgehens.

Vorteile bei der Koordination und der Planung von weitergehenden Schritten.

Vorgehen Vorbereitungsphase:

Das System wird abgegrenzt, seine Subsysteme/Komponenten identifiziert und in Bezug auf ihre Funktion im System dargestellt.

Die zu berücksichtigenden Konsequenzen werden aufgelistet.

Informationen über vergangene Gefahrenereignisse des Systems und seiner Objekte werden zusammengestellt.

Informationen werden den Teilnehmern im Vorfeld zugestellt.

Durchführungsphase:

Jedes Objekt wird bezüglich seiner möglichen Gefahren, ihrer Eintretenswahrscheinlichkeiten und der unterschiedlichen Konsequenzen beurteilt und dokumentiert.

Nicht relevante Szenarien (vernachlässigbare Wahrscheinlichkeiten oder Konsequenzen) wer-den bestimmt und dokumentiert.

In einzelnen Fällen ist es denkbar, dass der gesamte Prozess der Risikobeurteilung be-reits mit einem solchen Vorgehen beendet werden kann, da die identifizierten Gefahren als nicht relevant eingestuft werden. Ein solches Vorgehen kann als einfache Risikoer-mittlung bezeichnet werden.

Unabhängig davon, ob es sich um eine einfache Liste von Gefahren handelt oder um um-fangreiche Tabellen aus einem formalen Identifikationsprozess, sind die Ergebnisse als Bestandteil der Risikoermittlung zu dokumentieren. Bei nicht weiter verfolgten Gefahren ist eine Begründung erforderlich.

3.1.3.4 Anwendung von Leitsatz 1.4 Die Elemente des Systems, die für die Risikobeurteilung benötigt werden, sind abzugren-zen und zu beschreiben.

Die im Folgenden aufgelisteten Punkte sind im Rahmen der Systemdefinition zu klären und festzulegen.

Räumliche Abgrenzung Die räumliche Abgrenzung definiert den geographischen Bereich, in dem die Gefahren, die betrachteten Objekte und die Konsequenzen berücksichtigt werden.

Gefahren und betrachtete Objekte lassen sich meist scharf lokalisieren. Doch können auch hier die Ursachen eines Ereignisses und das geschädigte Objekt weit auseinander liegen (beispielsweise Hochwasserereignisse).

Konsequenzen können räumlich weit über das betroffene Objekt hinausgehen (indirekte Konsequenzen). Sie können auch ausserhalb des unmittelbaren Verantwortungs- und Einflussbereiches eines Entscheidungsträgers liegen.

Für Risikobeurteilungen in der Schweiz bilden die Landesgrenzen die räumliche Abgren-

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zung (Konvention). Konsequenzen auf europäischer oder globaler Ebene sind dann zu berücksichtigen, wenn sie Konsequenzen in der Schweiz haben können (z.B. entgange-ne Schwerverkehrsabgaben, Ausfall von Lieferungen der Zulieferbetriebe, international negative Reaktionen mit Auswirkungen auf die Schweizer Wirtschaft, etc.).

Die räumliche Abgrenzung ist daher in jeder Fragestellung explizit anzusprechen und festzulegen.

Gefahren, die berücksichtigt werden Die zu berücksichtigenden Gefahren hängen von der Fragestellung ab. Im Rahmen der Systemdefinition geht es um eine generelle Bezeichnung und Abgrenzung der in der wei-teren Analyse zu berücksichtigenden Gefahren. Es entspricht einer Vereinbarung mit dem Entscheidungsträger, bei der das generelle Spektrum festgelegt wird. Beispiele sind:

Naturgefahren: Steinschlag, Lawine, Murgang, Hochwasser, Erdbeben.

Verkehrsunfälle, ausgelöst durch Strassenbenutzer selbst oder durch Dritte.

Störfälle aufgrund freigesetzter gefährlicher Güter.

Versagen von Tragwerken und Schutzbauten aufgrund chemischer Einwirkungen, Ermüdung, Alterung, etc.

Gefahren in Arbeitsabläufen, die zu einer Gefährdung der Beteiligten selbst, von Bau-werken oder Verkehrsteilnehmern führen.

Finanzielle Gefahren für den Betreiber.

Werden einzelne Gefahren oder ganze Bereiche ausgeschlossen, so ist dies explizit auf-zuführen, zu begründen und zu dokumentieren. Die weitere Vertiefung der Gefahren und allenfalls zusätzliche Abgrenzungen erfolgen bei der Gefahrenidentifikation im Rahmen der Risikoermittlung.

Konsequenzen, die berücksichtigt werden In Übereinstimmung mit dem Entscheidungsträger und der Fragestellung ist zu entschei-den, welche Konsequenzen berücksichtigt werden sollen.

Art der Konsequenzen:

Gefährdung oder Verlust von Menschenleben.

Wirtschaftliche Konsequenzen.

Ökologische Konsequenzen. Differenzierung nach Träger der Konsequenzen, soweit dies erforderlich ist:

Konsequenzen, welche vom Betreiber der Infrastruktur getragen werden (interne Kon-sequenzen).

Konsequenzen, welche von der Gesellschaft/Dritten (auch von den Benutzern der Inf-rastruktur oder von Benutzern im Sinne von verkehrsabhängigen Ökonomien) zu tra-gen sind (gesellschaftliche Konsequenzen).

Bei allen drei Trägern kann es sich um materielle oder immaterielle Konsequenzen han-deln. Welche Konsequenzen den drei Kategorien zugeordnet werden können, ist im Kapi-tel 3.2 „Modellierung von Konsequenzen" aufgeführt. In der Systemdefinition ist festzule-gen, welche Konsequenzen für die Beantwortung der Fragestellung, und in Übereinstim-mung mit der Verantwortung des Entscheidungsträgers zu berücksichtigen sind.

Entscheidend ist, dass alle Konsequenzen, die massgebend zum Risiko beitragen kön-nen, in der Risikoermittlung berücksichtigt werden. Geeignete Hilfestellung dazu bietet die Einteilung in direkte und indirekte Konsequenzen. Nebst Konsequenzen, welche di-rekt durch ein Ereignis entstehen, sind auch diejenigen Konsequenzen zu berücksichti-gen, welche nicht direkt durch das Ereignis, und auch nicht unbedingt am Ort des Ereig-nisse entstehen. Dazu gehören auch Konsequenzen aufgrund gesellschaftlicher Reaktio-nen auf ein Ereignis, beispielsweise Forderungen nach mehr Sicherheit in bestimmten

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Bereichen, Vermeidung von gewissen Regionen, etc.

Nicht zu verwechseln sind die direkten/indirekten Konsequenzen mit den inter-nen/externen (gesellschaftlichen) Konsequenzen. Bei den direkten/indirekten Konse-quenzen geht es um ein Konzept, um möglichst alle Konsequenzen in der Analyse zu be-rücksichtigen. Bei den internen/externen Konsequenzen geht es um die Frage der Ver-rechnung der Kosten, also um die Frage ob es sich um betriebsinterne, tatsächlich anfal-lende Konsequenzen handelt, oder um Konsequenzen welche der Gesellschaft anfallen, sei es in materieller oder immaterieller Form.

Zu betrachtende Objekte bzw. Systembestandteile Hier wird festgelegt, welche einzelnen Objekte, Streckenabschnitte oder Teilnetze, an denen, oder auf denen Ereignisse stattfinden können, zu betrachten sind, und in wel-chem Detailierungsgrad. Mit der Festlegung der Objekte erfolgt auch ein Teil der geogra-phischen Abgrenzung.

Das System ist soweit zu strukturieren und zu beschreiben, wie es für die Ermittlung der Risiken erforderlich erscheint. Im Rahmen der Risikobeurteilung kann das Systemver-ständnis bedarfsgerecht vertieft werden.

Ausgehend von den Gefahren erfolgt die Identifikation der Gefährdung von Systembe-standteilen. Umgekehrt ist auch ausgehend von den Bestandteilen des Systems (physi-sche Elemente, Prozesselemente) zu prüfen, welche Gefahren bestehen. Aufgrund der Gefährdung und den Eigenheiten des betrachteten Systems (Verletzbarkeit, Robustheit, siehe dazu Kapitel 3.2) entstehen spezifische Ereignisabläufe (Szenarien), welche zu di-rekten und indirekten Konsequenzen führen. In Abhängigkeit des gewählten Ansatzes zur Risikobeurteilung werden die Szenarien anhand einfacher Mittel (Brainstorming) oder systematischer Ansätze (Ereignisbäume, Bayes'sche Netze) identifiziert und beschrie-ben. In Abb. 3.4 sind die Zusammenhänge zwischen Systembestandteilen generisch auf-gezeigt. Die logische Verbindung der Systembestandteile entspricht einem Szenario. Szenarien sind grundsätzlich als kontinuierlich zu betrachten. Es werden also nicht nur repräsentative Szenarien (z.B. 30jähriges Ereignis) betrachtet, sondern grundsätzlich alle realistisch denkbaren Szenarien berücksichtigt. Die Szenarien werden vorerst identifiziert und gemäss ihrer Relevanz eingestuft. Dazu gehört demnach auch eine erste grobe quantitative Schätzung. Die Szenarien werden in der Risikoermittlung dann über die Mo-dellierung der Konsequenzen quantifiziert.

Abb. 3.4: Darstellung der Systemzusammenhänge von Gefährdungen und direkten und indirekten Konsequenzen (Szenario).

Handlungsalternativen (Massnahmen) Mögliche Massnahmen sind bereits im Schritt der Systembeschreibung zu diskutieren. Einerseits kann diese Diskussion nützlich sein, um die Fragestellung und Zielsetzung

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weiter zu konkretisieren. Anderseits wird auch die Wahl des methodischen Ansatzes über die zur Diskussion stehenden Massnahmen beeinflusst.

Im Rahmen der Systembeschreibung soll das Massnahmenspektrum möglichst breit ge-fasst werden. Eine Eingrenzung soll nicht zu früh erfolgen. Grundsätzlich sind alle Mög-lichkeiten eines Risikomanagements in Betracht zu ziehen. Dies beinhaltet die vier grundsätzlichen Möglichkeiten Risikoreduktion, -vermeidung, -transfer und -akzeptanz.

Mögliche Massnahmen sollen nicht nur auf der Ebene einer direkten Vermeidung der Ge-fahr selbst, sondern auch auf der Ebene der Reduktion von indirekten Konsequenzen be-rücksichtigt werden. Zudem ist zu beachten, dass ganze Massnahmenpakete oder auch mehrere, aufeinanderfolgende Massnahmen zur Zielerreichung notwendig sein können.

Indikatoren Für die Ermittlung des Risikos muss eine Idee darüber bestehen, wie das Risiko berech-net, und mit welchem Detailierungsgrad es ermittelt werden kann. Als Indikatoren (Abb. 3.3, Seite 56) bezeichnen wir die Messgrössen, welche eine Information über das Risiko liefern können. Beispiele für Indikatoren sind:

Niederschlag.

Durchschnittlicher Täglicher Verkehr (DTV ).

Wind.

Fahrgeschwindigkeit.

SIA-Norm (Indikator über den Sicherheitsbeiwert).

Anzahl Strassenspuren.

etc. Das sind alle messbare Grössen, welche einen Einfluss haben auf:

die Gefahr selbst (z.B. erhöhte Unfallgefahr durch Niederschlag).

die direkten Konsequenzen (z.B. strengere Bemessung einer Galerie, wenn sie mit ei-ner bestimmten SIA-Norm/entsprechendem Sicherheitsbeiwert erstellt wurde).

die indirekten Konsequenzen (z.B. erhöhte Systemstabilität/Robustheit aufgrund einer höheren Anzahl Fahrspuren).

Rahmenbedingungen Rahmenbedingungen ergeben sich aus dem Aufgaben- und Verantwortungsbereich des Entscheidungsträgers sowie aus übergeordneten rechtlichen oder fachlichen Bedingun-gen:

Rahmenbedingungen des Entscheidungsträgers: Abgrenzung des Verantwortungsbe-reiches, organisationsinterne Leitlinien und Programme, Termin- und Budgetvorga-ben, etc.

Rechtliche und fachliche Rahmenbedingungen: Gesetze, Verordnungen, Weisungen und Richtlinien, Normen, etc.

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3.2 Modellierung der Konsequenzen 3.2.1 Einleitung

Unter Konsequenzen sind alle Auswirkungen, die durch Ereignisse ausgelöst werden zu verstehen. Abb. 3.5 zeigt die unterschiedlichen Ebenen von Konsequenzen, die aus ei-nem Ereignis entstehen können. Ein Ereignis führt durch Änderungen des Systems zu Konsequenzen. Direkte Konsequenzen treten als direkte Folge eines Ereignisses auf. Sie entstehen aus der Verletzbarkeit des Systems gegenüber einem Ereignis. Indirekte Kon-sequenzen sind Konsequenzen, die als Folge eines Ereignisses auftreten und über die direkten Konsequenzen hinausgehen. Dazu gehören auch Konsequenzen, welche auf-grund gesellschaftlicher Reaktionen auf das Ereignis entstehen. Die Unterscheidung zwi-schen direkten und indirekten Konsequenzen ermöglicht zusätzlich die Beurteilung der Robustheit eines Systems.

Die Ermittlung der totalen Konsequenzen wird durch die Einteilung in direkte und indirek-te Konsequenzen vereinfacht und transparenter gestaltet. Beurteilt werden grundsätzlich die totalen Konsequenzen.

Abb. 3.5: Ermittlung der totalen Konsequenzen.

3.2.2 Leitsätze zur Modellierung der Konsequenzen

Leitsatz 2.1 In der Risikobeurteilung sind alle Konsequenzen zu berücksichtigen, die in der System-definition festgelegt wurden.

Leitsatz 2.2 Konsequenzen gliedern sich in direkte und indirekte Konsequenzen. Soweit möglich und zweckmässig für die Fragestellung sollen sie getrennt ausgewiesen werden.

Leitsatz 2.3 Konsequenzen sind getrennt nach ihrer Art, nach Gefahren und Objekten sowie nach dem Träger zu ermitteln.

Leitsatz 2.4 Konsequenzen sind entweder in ihren natürlichen Einheiten oder mittels Kenngrössen, welche die Konsequenzen repräsentieren zu messen.

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3.2.3 Anwendung der Leitsätze

3.2.3.1 Anwendung von Leitsatz 2.1 In der Risikobeurteilung sind alle Konsequenzen zu berücksichtigen, die in der System-definition festgelegt wurden.

In der Systemdefinition wird festgelegt, welche Konsequenzen zu berücksichtigen sind. Grundsätzlich müssen alle Konsequenzen berücksichtigt werden, welche für die Risiko-beurteilung relevant sind, das heisst massgeblich zum Risiko beitragen. Dies kann je nach Fragestellung unterschiedlich sein, weshalb es keine abschliessende Aufzählung von massgebenden Konsequenzen geben kann.

Konsequenzen können auch als Folge von Massnahmen zur Risikoreduktion entstehen. Die folgende Auflistung zeigt auf, welche Konsequenzen grundsätzlich denkbar sind und auf ihre Relevanz für die Beantwortung der Fragestellung überprüft werden müssen.

Personenschäden Im Allgemeinen liegt der Fokus auf Personenschäden wie Todesopfer oder Verletzte.

Tab. 3.3: Berücksichtigung von Personenschäden.

Gliederung Elemente

Todesfälle und Verletzte

Todesopfer als unmittelbare oder mittelbare Folge eines Ereignisses.

Physisch verletzte Personen.

Gesundheitliche Konsequenzen

Konsequenzen als Folge von Lärm oder Luftbelastung. Diese sind bei den ökolo-gischen Konsequenzen aufgeführt.

Psychische Konsequenzen.

Evakuierte Personen Personen, die vorübergehend oder dauerhaft ihr Heim verlassen müssen.

Wirtschaftliche Konsequenzen Die wirtschaftlichen Konsequenzen sind sehr vielfältig und unterscheiden sich im We-sentlichen dadurch, dass einerseits echte Kosten für einen Träger anfallen. Anderseits handelt es sich um Konsequenzen wie entgangene Einnahmen oder Aufwendungen, bei denen keine eigentlichen Kosten anfallen.

Tab. 3.4: Wirtschaftliche Konsequenzen.

Gliederung Elemente

Unfallkosten Administrativer Aufwand.

Räumungsaufwand.

Sachschäden und Instandstellungsaufwand (Planung, Bau/Reparatur, Beschaf-fung).

Wiederherstellungskosten (Boden, Gewässer, Landschaft).

Verminderte

Funktionalität

Zeit- und Betriebsaufwand der Strassenbenutzer.

Reduzierte Einnahmen aus Steuern und Abgaben.

Ausfälle in Wirtschaft und Tourismus.

Zusätzlicher Versorgungsaufwand (für eine Region).

Zuverlässigkeit.

Veränderte

Rahmenbedingungen

Politisch-Gesetzgeberische Folgekosten: verschärfte Rahmenbedingungen, die zu Mehraufwand in Bau, Unterhalt und Betrieb führen.

Kreditaufnahme und Finanzierungskosten.

Ökologische Konsequenzen Im Rahmen der Störfallverordnung sind für die Messung der Konsequenzen ursprünglich insgesamt 10 Schadensindikatoren festgelegt worden. Die Anwendungspraxis hat ge-zeigt, dass letztlich nur wenige Schadensindikatoren von Bedeutung sind (Grundwasser, Oberflächengewässer, eventuell Boden).

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Tab. 3.5: Ökologische Konsequenzen.

Gliederung Elemente

Umweltschaden Schädigung des Grundwassers.

Schädigung von Oberflächengewässern.

Verunreinigung des Bodens.

Umweltbelastung Lärmbelastung von Anwohnern.

Klimabelastung durch CO2.

Luftverschmutzung, Belastung von Anwohnern (Staub, Partikel).

Konsequenzen durch Massnahmen

Bodenversiegelung durch Massnahmen.

Verbrauch von Land durch Massnahmen.

Landschaft- und Ortsbildbeeinträchtigung durch Massnahmen.

Habitatszerschneidung durch Massnahmen.

Verlust an Biodiversität.

Konsequenzen können sowohl die Kosten wie auch Nutzen beinhalten. Massgebend für eine Risikobeurteilung sind die zusätzlichen Kosten und Nutzen, welche mit den jeweili-gen Massnahmen verbunden sind. Die Verbesserung der Sicherheit der Infrastruktur kann folgenden Nutzen beinhalten:

Für die Betreiber: Zusätzliche Erträge aus Einnahmen/Strassenabgaben (interner Nutzen).

Für die Benutzer: Zeit – und Kostenersparnis (gesellschaftlicher Nutzen). Weder der Freizeit- noch der Berufsverkehr hat einen Marktpreis.

Für die Allgemeinheit: beispielsweise Anreize für Investitionen aufgrund der Sicherheit in der Erschliessung (gesellschaftlicher Nutzen).

Der grösste Nutzen des Verkehrs fällt bei den Verkehrsbenutzern selber an. Ausgehend von der Veränderung der Reisezeiten aufgrund der sichereren Erschliessung (oft berech-net durch Verkehrsmodelle) können weitere Effekte entstehen: Erhöhung von Bodenprei-sen, der Attraktivität als Tourismusregion, günstigere Warenpreise etc. Volkswirtschaftlich betrachtet kann der Nutzen des Verkehrs mitsamt diesen weiteren Effekten mit Wert-schöpfungsanalysen, mit denen der Einfluss auf vor- und nachgelagerte Produktion er-mittelt werden kann, erhoben werden. Die Wertschöpfung betrifft dabei den aus dem Verkehr stammenden Beitrag an das Bruttosozialprodukt. Volkswirtschaftlich spielen auch politische Ziele eine Rolle. Massnahmen an einer Hauptstrasse können zur Siche-rung von Mensch, Tier und Sachwerten dienen, sie können aber auch als regionalpoliti-sche Massnahme zur Sicherung der Bewohnbarkeit der Region betrachtet werden. Die Verteilung des positiven Effekts einer sichereren Erschliessung auf einzelne Regionen ist nicht einheitlich, sondern hängt von räumlichen Gegebenheiten und der bisherigen Situa-tion ab; die Wirkung nimmt mit steigender Dichte der Erschliessung ab.

Die Berücksichtigung des Nutzens kann zu einer Verschiebung des Optimums gegen-über einer Betrachtung ohne Nutzen führen. Für die betriebswirtschaftliche Bewertung kann es aufgrund der Berücksichtigung der Einnahmen relevant sein, den Nutzen abhän-gig von der Massnahme zu berücksichtigen. Der grösste Teil des Nutzens allerdings fällt aufgrund veränderter Reisezeiten bei der gesellschaftlichen Optimierung von Massnah-men an.

Handlungsalternativen als Ergebnis aus Risikobeurteilungen haben meistens eine Auf-rechterhaltung des Betriebs als Fokus. Interner Nutzen fällt dabei kaum an. Kann von ei-nem konstanten Nutzen über verschiedene Handlungsalternativen ausgegangen werden, dann darf der Nutzen vernachlässigt werden. Interner Nutzen, welcher auch die gesell-schaftlich eingesetzten Ressourcen beeinflusst, fällt aufgrund Strassenabgaben an, wenn die getroffenen Sicherheitsmassnahmen auch zu einem Mehrverkehr führen. Es ist mög-lich, dies über Verkehrsmodelle zu rechnen. Die zu berücksichtigenden Systemelemente sind klar in der Systemdefinition festzuhalten. Spätere, oder vergleichende Beurteilungen können mit dieser Definition die Vergleichbarkeit der Analysen beurteilen.

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3.2.3.2 Anwendung von Leitsatz 2.2 Konsequenzen gliedern sich in direkte und indirekte Konsequenzen. Soweit möglich und zweckmässig für die Fragestellung sollen sie getrennt ausgewiesen werden.

Die Anforderung, direkte und indirekte Konsequenzen zu erfassen, hat zwei Gründe:

Ein möglichst vollständiges und umfassendes Bild der Konsequenzen soll eine trans-parente Beurteilung ermöglichen.

Die Unterteilung in direkt/indirekt ergibt Ansatzpunkte für Massnahmen. Sie zwingt vermehrt, den Blickwinkel für Massnahmen zu öffnen und nicht zu eng am betroffenen Objekt Lösungen zu suchen.

Um alle relevanten Konsequenzen zu erfassen, welche gemäss Systemdefinition zu be-rücksichtigen sind, ist die explizite Unterscheidung in direkt/indirekt hilfreich. Der Zusam-menhang von direkten und indirekten Konsequenzen ist aus Abb. 3.6 ersichtlich.

Abb. 3.6: Zusammenhang von Gefährdung, direkten und indirekten Konsequenzen.

Die direkten Konsequenzen entstehen aufgrund der Gefährdung eines Objektes bzw. Systems ( Ereignis mit Konsequenzen für das System). Die Höhe der direkten Konse-quenzen ist von der Verletzbarkeit des Systems abhängig.

Führt das Ereignis zu weiteren Konsequenzen, die über das betrachtete Objekt und die entstandenen direkten Konsequenzen hinausgehen, so werden diese als indirekt be-zeichnet. Die Höhe der indirekten Konsequenzen ist von der Robustheit des betrachteten Objekts (bzw. Systems) abhängig. Als robust können Systeme bezeichnet werden, wenn sich Konsequenzen weitestgehend auf direkte Konsequenzen beschränken, und nicht noch in grossem Masse indirekte Konsequenzen anfallen.

Die Bezeichnung von Konsequenzen als direkt oder indirekt ist abhängig von der Frage-stellung, wie sie in der Systemdefinition vorgenommen wird ("was soll beurteilt werden?"). Dies kann anhand der nachfolgenden Abb. 3.7 erläutert werden. Angenommen, es geht um die Beurteilung einer Steinschlaggalerie aufgrund der Gefährdung durch Steinschlag. Sämtliche Konsequenzen des Ereignisses bis und mit der Beschädigung der Stein-schlaggalerie sind direkte Konsequenzen. Alle möglicherweise darüber hinaus gehenden Konsequenzen, wie Konsequenzen für Verkehrsteilnehmer, für die Funktion der Strasse oder für die Wirtschaft, sind indirekte Konsequenzen. Die grau hinterlegten Kästen sind dabei keine Anzeige für das Ausmass der Konsequenzen sondern soll aufzeigen, wie sich die Aufteilung der Konsequenzen in direkte und indirekte Konsequenzen sich je nach Fragestellung, und somit Betrachtungswinkel der jeweiligen Konsequenzen verschieben kann. Dabei kann bei der Beurteilung eines Steinschlagnetzes tatsächlich nur die Ge-fährdung durch Steinschlag von Interesse sein. Bei den anderen aufgeführten Beurtei-lungen ist aber zu berücksichtigen, dass im Normalfall noch weitere Gefährdungen in die Beurteilung mit einbezogen werden. Bei einer Beurteilung einer Steinschlaggalerie wür-den beispielsweise noch die Gefährdungen durch Verkehrsunfälle und durch den Zu-stand des Bauwerks mit einbezogen.

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Gefährdung Steinschlag

Konsequenzen am Steinschlagnetz

Konsequenzen an Steinschlaggalerie

Konsequenzen für Verkehrsteilnehmer

Konsequenzen für die Funktion der Strasse

Beurteiltes Objekt: Steinschlagnetz

Beurteiltes Objekt:Steinschlaggalerie

Beurteiltes Objekt:Verkehrsteilnehmer

Beurteiltes Objekt:Funktion Strasse

direkte Konsequenzen

indirekte Konsequenzen

direkte Konsequenzen

Konsequenzen für die Wirtschaft

indirekte Konsequenzen

direkte Konsequenzen

indirekte Konsequenzen

indirekte Konsequenzen

direkte Konsequenzen

Abb. 3.7: Direkte und indirekte Konsequenzen in Abhängigkeit der Fragestellung.

Eine noch weiter gehende Definition von indirekten Konsequenzen umfasst auch gesell-schaftlich induzierte Konsequenzen. Es handelt sich um Konsequenzen, die eine Folge von gesellschaftlichen Reaktionen auf ein Ereignis sind. Typischerweise sind es Ereig-nisse mit besonders grossen Konsequenzen, Ereignisse, die als besonders schrecklich und tragisch empfunden werden.

Kurzfristig haben die Ereignisse eine starke mediale Beachtung. Sie können das Verhal-ten der Bevölkerung beeinflussen und beispielsweise dazu führen, dass gewisse Aktivitä-ten unterbleiben. Dies ist eine indirekte wirtschaftliche Konsequenz.

Längerfristig führen die Ereignisse zu erhöhten Anforderungen an die Sicherheit entspre-chender Systeme, die nicht mit den effektiv beobachteten Risiken erklär- und begründbar sind. Dies führt langfristig zu einer Erhöhung des Aufwandes für die Gewährleistung der Sicherheit.

Wird für ein bestimmes Risiko festgestellt, dass es mit einer grossen Wahrscheinlichkeit zu indirekten gesellschaftlichen Konsequenzen führen wird, sind Strategien zu überlegen, wie diese Konsequenzen vermindert oder verhindert werden können, beispielsweise mit Hilfe von kommunikativen Verfahren. Ein Beispiel für eine solche Risikokommunikation ist der stärkere Einbezug der Bevölkerung in der Beurteilung von Risiken und in der Pla-nung von möglichen (und nicht möglichen) Massnahmen.

3.2.3.3 Anwendung von Leitsatz 2.3 Konsequenzen sind getrennt nach ihrer Art, nach Gefahren und Objekten sowie nach dem Träger zu ermitteln.

Die getrennte Ermittlung der Konsequenzen nach deren Art, nach Gefahren, betroffenen Objekten und nach den Trägern der Konsequenzen dient dazu, das Risiko zu gliedern und für den Entscheidungsträger transparent zu halten. Damit wird klar, wie sich das Ri-siko zusammensetzt und es wird nachvollziehbarer, an welchen Risikoanteilen einzelne Massnahmen ansetzen können.

Art der Konsequenz Es werden drei Arten von Konsequenzen unterschieden: Konsequenzen für Personen,

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wirtschaftliche Konsequenzen, ökologische Konsequenzen.

Gefahrenarten Die Gliederung der Konsequenzen nach Gefahren ist ein wesentliches Hilfsmittel, um zielgerichtete Massnahmen zu identifizieren und zu prüfen. Die Gliederung in die unter-schiedlichen Gefahren soll auch bei der Aggregation von Risiken über Teilsysteme und Systeme hinweg bis hin zu einem umfassenden Portfolio beibehalten werden. Dies er-möglicht es, auf einer übergeordneten Ebene die Mittel in die entsprechenden Sicher-heitsbereiche zu lenken.

Objekttypen Eine weitere Gliederungsebene entsteht auf der Ebene der berücksichtigten Objekte bzw. Objekttypen. Das Ziel der Gliederung ist gleich wie bei den Gefahrenarten.

Träger der Konsequenzen Die Gliederung der Risiken nach dem Träger ist für die spätere Optimierung und Bewer-tung bedeutsam. Grundsätzlich können zwei Träger unterschieden werden:

Das ASTRA als Strassenverwaltung.

Die Gesellschaft, darin eingeschlossen die Verkehrsteilnehmer.

Die Sichtweise des ASTRA ist einerseits eine betriebswirtschaftliche. Andererseits nimmt das ASTRA auch eine stellvertretende Funktion für die Gesellschaft ein. Deshalb müssen in einer Risikobeurteilung beide Aspekte enthalten sein. Das ASTRA soll betriebswirt-schaftlich optimal entscheiden. Gleichzeitig sind aber auch die Erwartungen und Anforde-rungen der Gesellschaft zu erfüllen.

Die entstehenden Konsequenzen sind den beiden Trägern zuzuordnen. Verschiedene Konsequenzen können beiden Trägern zugeordnet werden, sind aber je nach Träger un-terschiedlich zu bewerten. Dieser Umstand erfordert eine differenzierte Betrachtung.

Beispiele für Konsequenzen, die dem ASTRA zuzuordnen sind: Administrativer Auf-wand, Räumungsaufwand, Instandstellung, etc. Es handelt sich um effektive Kosten.

Beispiele für Konsequenzen, die der Gesellschaft zuzuordnen sind: Zeit- und Be-triebsaufwand der Strassenbenutzer, Schädigung der Umwelt, wirtschaftliche Ausfälle etc. (gesellschaftliche Kosten).

Bei den internen/externen Konsequenzen geht es um die Frage der Verrechnung der Kosten, also um die Frage ob es sich um betriebsinterne, tatsächlich anfallende Konse-quenzen handelt, oder um Konsequenzen welche der Gesellschaft anfallen, sei es in ma-terieller oder immaterieller Form. Nicht zu verwechseln sind die internen/externen (gesell-schaftlichen) Konsequenzen mit den direkten/indirekten Konsequenzen. Es sind zwei voneinander unabhängige Konzepte, Konsequenzen einzuteilen (Abb. 3.8).

Abb. 3.8: Konsequenzen können eingeteilt werden nach dem Träger der Konsequenzen, aber auch nach deren Entstehung im System.

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3.2.3.4 Anwendung von Leitsatz 2.4 Konsequenzen sind entweder in ihren natürlichen Einheiten oder mittels Kenngrössen, welche die Konsequenzen repräsentieren zu messen.

Ein Teil der Konsequenzen besteht aus frei handelbaren Gütern und Dienstleistungen, deren Wert direkt am Markt bestimmt und in monetären Einheiten ermittelt werden kann. Der andere Teil beinhaltet nicht frei handelbare Güter und Dienstleistungen – in der Re-gel immaterielle Güter. Ein immaterielles Gut ist beispielsweise das Leben, das in die Entscheidungsfindung über die Personensicherheit einfliesst. Bei der Bewertung eines statistischen Lebens stellt sich nicht die Frage, wie viel ein Leben Wert ist, sondern wie viel die Gesellschaft in Massnahmen investieren will, um einen Todesfall zu verhindern. Solche Konsequenzen werden in der Risikoermittlung anhand ihrer natürlichen Mess-grössen erfasst (beispielsweise als Anzahl Todesopfer). Erst in einem späteren Schritt, im Rahmen der Optimierung, erfolgt eine Bewertung in monetären Einheiten.

Für die Bestimmung des Wertes von nicht handelbaren Gütern stehen verschiedene Me-thoden zur Verfügung. Vorzuziehen ist die Philosophie der beobachtbaren Präferenzen (revealed preferences). Das generelle Konzept dieser Methode ist, die Präferenzen einer Gemeinschaft zur bestimmen, indem ihr Verhalten (v.a. Konsumverhalten) untersucht wird. Aus diesen Präferenzen lässt sich indirekt der Wert von nicht handelbaren Gütern ableiten. Die in Tab. 3.6 und Tab. 3.7 vorgeschlagenen Einheiten zur Messung der Kon-sequenzen orientieren sich – teils vereinfacht – an bestehende Empfehlungen gemäss den Nachhaltigkeitsindikatoren für Strasseninfrastrukturprojekte (NISTRA, [60]), VSS-Normen [49-57] und die Störfallverordnung (StFV) [87,89] an. Für immaterielle Konse-quenzen ist eine objektive Bewertung oft nur schwer möglich (z.B. Landschaftsbild). Aber auch materielle Konsequenzen lassen sich nicht immer eindeutig messen (z.B. Ausfälle im Tourismus).

Tab. 3.6: Konsequenzen, welche beim ASTRA anfallen.

Konsequenz Bewertungs-einheiten

Bemerkungen

Todesfälle

Verletzte

CHF pro Todes-fall/pro Verletz-ter

Es handelt sich um Kompensationsleistungen. Diese ent-spricht dem Kostenansatz pro Todesfall oder pro verletzte Person (VSS SN 640 009)

Administrative Kosten, Räumungskosten, Instandstellungsaufwand

CHF Potentielle Kosten für die Wiederherstellung des Funkti-onszustands des geschädigten Objektes (Strasseninfra-struktur, Boden, etc.).

Reduzierte Einnahmen aus Steuern und Abgaben

CHF Die veränderte Summe der Fahrleistung (Fz-Km) kann als Indikator für die Veränderung der Einnahmen dienen. Veränderungen sind nicht relevant, wenn sie sich innerhalb der Schweiz abspielen (VSS SN 641820 sowie NISTRA Indikator W127).

Finanzierungskosten CHF Über das bereitgestellte Budget hinausgehende Aufwen-dungen erzeugen Finanzierungskosten. Dabei ist der no-minale Zinssatz des Kredites um die erwartete Inflation zu reduzieren (VSS SN 641820, NISTRA Indikator W116).

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Tab. 3.7: Konsequenzen, die von der Gesellschaft getragen werden (natürliche Einhei-ten und stellvertretende Kenngrössen); Bewertung.

Konsequenz Bewertungs-

einheiten

Bemerkungen

Todesfälle CHF Kosten welche aufgrund eines Todesfalles entstehen.

Für Geldmittel, welche die Gesellschaft bereit ist, in die Rettung eines Menschenlebens zu investieren, siehe Kapitel 3.6.

Unfallkosten CHF Sachschäden, Räumungs- und Wiederherstellungs-kosten von Boden, Landschaften oder Gewässern, die insgesamt anfallen.

Zeitaufwand der Strassen-benutzer in Personen- oder Fahrzeugstunden

CHF pro Std.

Zusätzlicher Zeitaufwand der Benutzer, bewertet in CHF pro Std. Ermittelt beispielsweise anhand von Verkehrsmodellen (SN 641822, SN 641823).

Betriebsaufwand für Fahr-zeuge der Strassenbenut-zer

CHF pro Fz-Km Aufwand in CHF pro Fz-Km, Treibstoffkosten, aber auch Reifenkosten, Service und Reparaturen, und Wertminderung des Fahrzeugs beinhaltend (ARE 2005; sobald vorliegend SN 641 827).

Ausfälle im Tourismus: Einnahmenausfall

CHF Es sind keine allgemeingültigen Angaben möglich. Im konkreten Einzelfall ist eine Schätzung unter Berück-sichtigung der betroffenen Region, der Art und der Dauer eines Ausfalls erforderlich.

Kurzfristige Sperrungen sind nicht zu berücksichtigen, da sie Teil des üblichen Risikos eine Betriebs sind (analog Wetterrisiko).

Politische Konsequenzen infolge verminderter Funkti-onalität des Schweizer Strassennetzes bzw. von Transitachsen

Veränderung der Kapazität von Tran-sitachsen (DTV) über eine bestimmte Zeitdauer

Sind Transitachsen nicht mit voller Kapazität nutzbar, kann dies politischen Druck von aussen auf die Schweiz bewirken kann. Dieser kann vielfältige wirt-schaftliche Konsequenzen haben.

Interne Konsequenzen aufgrund einer verminderten Funktionalität sind durch verschiedene Indikatoren ausreichend abgedeckt (reduzierte Einnahmen aus Steuern und Abgaben, Zeit- und Betriebsaufwand, etc.).

Gesellschaftlich induzierte Konsequenzen

Anzahl Todesfälle pro Ereignis

Es sind Konsequenzen, die eine Folge von gesell-schaftlichen Reaktionen auf ein Ereignis sind. Die als gesellschaftlich induziert bezeichneten indirekten Konsequenzen sind ein Teil der mit der Risikoaversion abgedeckten Effekte. Diese können unvollständig und vereinfacht als überproportionale Reaktion auf eine bestimmte Anzahl Todesopfer pro Ereignis bezeichnet werden (exponentieller Anstieg).

Verunreinigte oberirdische Gewässer

Wasserfläche oder Volumen (m2, m3)

Schadensindikator gemäss Störfallverordnung.

Verunreinigtes Grundwas-ser

Personenmonate (P Mte)

Schadensindikator gemäss Störfallverordnung. Entspricht der Anzahl Monate multipliziert mit der Anzahl betroffener Personen für die Zeit, während der eine Grundwasserfassung nicht mehr benutzbar ist.

Verunreinigung des Bodens

Beeinträchtigung der Bo-denfruchtbarkeit

Flächenjahre (m2 Jahre)

Schadensindikator gemäss Störfallverordnung. Produkt der Fläche verunreinigten Bodens und der voraussichtlichen Dauer der Unfruchtbarkeit.

Bodenversiegelung m2 Bei Massnahmen wie Neubau von Umfahrungsstras-sen (NISTRA, Indikator U131).

Schädigung von Gewässern Fz-Km von Gefahr-gutfahrzeugen

Der Indikator entspricht einem vereinfachten Sammel-indikator für die vorangehenden Indikatoren der Stör-fallverordnung. Dieser ist untauglich für Risikoermitt-lungen gemäss Störfallverordnung, kann aber zum Erfassen indirekter Konsequenzen dienen (NISTRA, Indikator U151).

Verbrauch von Land m2 Bei Massnahmen wie Neubau von Umfahrungsstras-sen. Land, das nicht mehr für andere Nutzungen zur Verfügung steht (NISTRA, Indikator U131).

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Tab. 3.7: Konsequenzen, die von der Gesellschaft getragen werden (natürliche Einhei-ten und stellvertretende Kenngrössen); Bewertung.

Konsequenz Bewertungs-

einheiten

Bemerkungen

Lärmbelastung durch Fahr-zeuge

Fz-Km Als Folge von Umfahrungsverkehr (ereignisbedingte Streckensperrung) oder durch Neu- oder Umbau-massnahmen. Je nach Bedarf können die Fz-Km je nach Besiedlungsdichte (Wohn- und Erholungsgebie-te) getrennt erhoben werden.

Klimaeffekt durch 2CO -

Ausstoss

Fz-Km CO2-Emissionen des Verkehrs. Wenn möglich sind die Fz-Km je Fahrzeugtyp zu erheben (NISTRA, Indikator U211).

Landschaftsbild (inkl. Ort-sbild)

Qualitative Aussage Je nach bereits vorhandenem Verbauungsgrad, Ur-sprünglichkeit, kulturhistorischem Wert etc. ist eine qualitative Einschätzung erforderlich, welche die Quali-tät des Landschafts- und Ortsbildes an sich, und die Veränderung an sich berücksichtigen muss. In NIST-RA wird eine 10-stufige Skala vorgeschlagen (Indika-tor U142).

Habitatszerschneidung (Wildtierkorridore, etc.)

Länge in [m] Vor allem beim Neu- oder Ausbau einer Strasse (mög-liche Massnahme, z.B. Umfahrung einer risikoreichen Strecke) wird Lebensraum getrennt. Für die Ermittlung der Länge dieser Zerschneidung ist die Differenz von bestehendem und geplantem Zustand massgebend (NISTRA-Indikator U141).

Verlust an Biodiversität

Qualitative Aussage Was geht verloren und wie viel - Stellenwert gemäss Gesetzgebung/Inventaren/etc.

Die Kosten und Erträge sind auf den Zeitpunkt der Inbetriebnahme der Massnahme mit einem Abzinsungsfaktor aus Abzinsungstabellen zu diskontieren (dynamische Methode). Der Abzinsungsfaktor nv wird erhalten aus 1 / (1 / 100)n

nv , wobei der Zinsatz ist und n das jeweilige Jahr. Die Differenz zwischen den abdiskontierten Kosten und Erträge bildet den Nettobarwert. Der Nettobarwert wird in durchschnittliche jährliche Beträge um-gerechnet (Annuitäten), womit ein über die Lebensdauer konstanter jährlicher Betrag er-halten wird.

Im öffentlichen Sektor sollte die Zinsrate so nah wie möglich an der realen ökonomischen Wachstumsrate (pro Kopf) liegen, da der Staat keine unternehmerische Rendite anstrebt. Empfohlen wird eine Verzinsungsrate von 2%. Ausgehend von der Idee, dass die Gene-ration, welche eine Entscheidung getroffen hat, diese auch zu tragen hat, wird eine Peri-ode von 100 Jahren vorgeschlagen. Es werden nicht kaufkraftbereinigte Marktpreise ein-gesetzt.

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72 Dezember 2009

3.3 Die Berücksichtigung von Unsicherheiten in der Risiko-ermittlung

3.3.1 Einleitung Das Risiko eines Ereignisses, bezogen auf eine bestimmten Referenzperiode, wird be-rechnet als das Produkt der Konsequenzen des Ereignisses und dessen Anzahl über die Referenzperiode (Ereignisrate (vgl. Kapitel 2.2.3.2)). Konsequenzen und Ereignisraten werden auf Grundlage von Wissen bewertet, welche in Form von Daten, Modellen und Erfahrung vorliegt. In der Regel ist dieses Wissen nicht vollständig. Gründe hierfür kön-nen begrenzte Datenmengen, unzureichende Modelle und unvollständige oder nicht be-stehende Erfahrung sein. Darüberhinaus weisen zukünftige Ereignisse eine natürliche Variabilität auf und deren Auftreten und Verlauf kann nicht mit Sicherheit im Voraus be-stimmt werden. Beides – unvollständiges Wissen und natürliche Variabilität zukünftiger Ereignisse – tragen dazu bei, dass Aussagen über das Risiko mit Unsicherheiten ver-bunden sind. Hierbei wird unterschieden zwischen:

Natürlicher Variabilität

Modellunsicherheiten

Statistischen Unsicherheiten

Modellunsicherheiten und statistische Unsicherheiten resultieren aus unvollständigem Wissen; die Reduzierung dieser Unsicherheiten durch zusätzliche Daten, erweiterter Mo-delle und Erfahrung ist möglich, in der Regel aber mit Kosten verbunden.

Die Behandlung von Unsicherheiten infolge unvollständigem Wissen spielt eine entschei-dende Rolle in diesem Projekt. Bestimmte Fragestellung des ASTRA lassen sich nur un-ter Berücksichtigung von Unsicherheiten lösen, vgl. Kapitel 2.2.4 und Tab. 2.2. wo be-reits verschiedene Ansätze zur Risikoermittlung eingeführt werden. Diese Ansätze unter-scheiden sich hauptsächlich in der unterschiedlichen Art und Weise wie mit unvollständi-gem Wissen bzw. Unsicherheiten umgegangen wird.

3.3.2 Leitsätze zur Berücksichtigung von Unsicherheiten in der Risiko-ermittlung

Leitsatz 3.1 Bei einer Risikobeurteilung müssen Unsicherheiten im Zusammenhang mit Konsequen-zen und Ereignisraten berücksichtigt werden, wenn die Problemstellung dies erfordert.

Leitsatz 3.2 Der Einfluss von Unsicherheiten auf das Ergebnis der Risikoanalyse sollte, wenn er nicht schon bekannt oder eingrenzbar ist, mittels Sensitivitätsanalysen untersucht werden.

Leitsatz 3.3 Werden Unsicherheiten explizit berücksichtigt, sollte dies basierend auf den Methoden der Wahrscheinlichkeitstheorie geschehen.

Je nach Problemstellung kann dies folgende Aspekte beinhalten:

Differenzierte Betrachtung von Unsicherheiten infolge unvollständigem Wissen und natürlicher Variabilität.

Berücksichtigung statistischer, kausaler und funktionaler Abhängigkeiten.

Darstellung von Unsicherheiten in Abhängigkeit von vorhandenem Wissen.

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3.3.3 Anwendung der Leitsätze

3.3.3.1 Anwendung von Leitsatz 3.1 Bei einer Risikobeurteilung müssen Unsicherheiten im Zusammenhang mit Konsequen-zen und Ereignisraten berücksichtigt werden, wenn die Problemstellung dies erfordert.

Die optimale Massnahme wird über die Maximierung der Zielfunktion Z a bestimmt. Die Zielfunktion kann angegeben werden zu:

yZ a B a C a R a (3.1)

Die Eingangsgrössen in der Zielfunktion sind in der Regel unsichere Grössen. Die Unsi-cherheiten der einzelnen Eingangsgrössen führen dazu, dass auch die Zielfunktion eine unsichere Grösse ist. Dadurch, dass die Zielfunktion eine Summation von Zufallsvariab-len ist, kann die optimale Handlungsalternative ermittelt werden, indem mit den Mittelwer-ten der Zufallsvariablen gerechnet wird. In Abb. 3.9 ist dies durch den Erwartungswert ei-ner möglichen Zielfunktion sowie das 95% und das 5% Quantil der Zielfunktion darge-stellt.

Aus der Abb. 3.9 werden zwei Aspekte deutlich, die die Unsicherheiten in der Risikoana-lyse betreffen. Ein Aspekt hat dabei einen globalen, übergeordneten Charakter und be-zieht sich auf die Fragestellung die durch die Risikobewertung beantwortet werden soll. Für Fragestellungen in denen die Verteilung der Zielfunktion, respektive die Verteilung des Risikos von Interesse ist, müssen die Unsicherheiten berücksichtigt werden. Die Ver-teilungsfunktion des Risikos für eine Zielfunktion ist in Abb. 3.9 grau dargestellt. Werden die Unsicherheiten in der Analyse berücksichtigt, so erhält man nach der Maximierung der Zielfunktion nicht nur die optimale Handlungsalterantive sondern auch die zugehörige Verteilung des Nutzens.

Abb. 3.9: Zielfunktion unter Berücksichtigung der Unsicherheiten in den Eingangsgrös-sen.

Der zweite Aspekt der Berücksichtigung der Unsicherheiten bezieht sich auf die Qualität des Ergebnisses. Dies betrifft die einzelnen Komponenten in der Zielfunktion. Ist für die Beantwortung der Fragestellung die Berücksichtigung der Unsicherheiten nicht notwen-dig, so muss sichergestellt werden, dass die ermittelten Erwartungswerte, die in die Ziel-funktion eingehen und Funktionen von anderen unsicheren Grössen darstellen, nicht zu grossen Fehlern unterlegen ist. Diese Fehler ergeben sich durch die funktionalen Zu-sammenhänge in den Modellen. In der Regel gilt:

E g X g E X (3.2)

Gleichung (3.2) besagt, dass der Erwartungswert E einer Funktion g X von Zu-fallsvariablen X nicht gleich der Funktion der Erwartungswerte ist. Dies gilt für alle Er-wartungswerte, die in die Zielfunktion eingehen, namentlich der Nutzen B a , die Kosten

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( )yC a und das Risiko R a . Fehler in der Berechnung der Erwartungswerte führen dazu, dass nicht die optimale Handlungsoption ermittelt wird und evt. auch vorgegebene Rah-menbedingung nicht eingehalten werden.

Nur im Fall der reinen Addition von Zufallsvariablen, wie es in Gleichung (3.1) der Fall ist, gilt E g X g E X . Daher ist es in diesem Fall möglich, die Maximierung der Zielfunktion über die Erwartungswerte der Funktion zu bestimmen.

Die folgenden Ausführungen beziehen sich auf das Risiko R a , welches mit einer Hand-lungsalternative a verbunden ist. Sie gelten jedoch analog auch für die anderen Kompo-nenten der Zielfunktion.

Um in der Zielfunktion das Risiko berücksichtigen zu können muss dieses die gleiche Einheit haben, d.h. mit der gleichen Messgrösse bewertet werden, wie die Kosten der Handlungsalternative und der Nutzen. Haben die einzelnen Bestandteile, die zum totalen Risiko beitragen unterschiedliche Messgrössen, so müssen diese Messgrössen in eine gemeinsame Messgrösse transferiert werden.

Das jährliche Risiko R a des betrachteten Systems bezüglich einer Messgrösse j für Konsequenzen jC a (z. B. Todesopfer, Geldeinheiten) errechnet sich aus:

j j jR a a C a (3.3)

j a ist die jährliche Rate von Ereignissen die zur Konsequenzen der Messgrösse j

d.h. jC a führen.

Konsequenzen C und Ereignisraten werden basierend auf Wissen abgeschätzt. Me-thoden der Risikoermittlung unterscheiden sich hauptsächlich in Bezug auf die Vollstän-digkeit der Anwendung von vorhandenem Wissen bei der Repräsentation von C und . Es werden folgende Methoden unterschieden (siehe auch Kapitel 2.2.4 und 3.1.3.2):

Qualitative Einschätzung von Risiken; Konsequenzen und Ereignisraten und somit auch Risiken werden nicht quantifiziert sondern relativ zueinander qualifiziert. Aussa-gen zu Unsicherheiten können in diesen Fällen auch lediglich relativ angegeben wer-den. Eine Abschätzung oder Bestimmung von Handlungsoptionen kann qualitativ nicht erfolgen.

Quantitative Ermittlung von Risiken unter Vernachlässigung der Unsicherheiten; bei der quantitativen Risikoermittlung unter Vernachlässigung der Unsicherheiten werden Konsequenzen und Ereignisraten mit einfachen Zahlen (deterministisch) geschätzt. Ergebnis der quantitativen Risikoermittlung unter Vernachlässigung der Unsicherhei-ten sind Punktschätzungen von Risiken. Der mögliche Effekt von Unsicherheiten so-wie von statistischen oder kausalen Abhängigkeiten kann durch Sensitivitätsanalysen eingeschätzt werden.

Quantitative Ermittlung von Risiken mit Berücksichtigung von Unsicherheiten; bei die-sem Ansatz wird versucht die Unvollständigkeit des Wissens, die natürliche Variabilität der Eingangsgrössen und deren kausalen und statistischen Abhängigkeiten in der Ri-sikoermittlung zu berücksichtigen. Ergebnis einer quantitativen Ermittlung von Risiken mit Berücksichtigung von Unsicherheiten ist demzufolge das Risiko als Zufallsgrösse.

Mit welchem Ansatz Risiken ermittelt werden sollten ist primär von der Fragestellung der Risikobeurteilung abhängig. Dies ist bereits in Kapitel 2.2.4 und 3.1.3.2 diskutiert und es werden dort Angaben gemacht, welche Fragestellungen mit welchen Ansätzen zu lösen sind.

Neben der Fragestellung, sind auch die inhärente Systemstruktur und dessen Modellie-rung entscheidend für die Wahl eines geeigneten quantitativen Ansatzes. Hier kann mit Hilfe von Sensitivitätsstudien ein geeigneter quantitativer Ansatz identifiziert werden, sie-he Abb. 2.8 und der folgende Leitsatz 3.2.

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Dezember 2009 75

3.3.3.2 Anwendung von Leitsatz 3.2 Der Einfluss von Unsicherheiten auf das Ergebnis der Risikoanalyse sollte, wenn er nicht schon bekannt oder eingrenzbar ist, mittels Sensitivitätsanalysen untersucht werden.

Für bestimmte einfache Fragestellungen ist es ausreichend Risiken ohne die Berücksich-tigung von Unsicherheiten zu ermitteln. Bei einer quantitativen Risikoermittlung unter Vernachlässigung der Unsicherheiten wird das Risiko anhand von Punktschätzungen für Konsequenzen und Ereignisraten geschätzt; das Ergebnis ist eine Punktschätzung des Risikos. Häufig basieren die Schätzungen für Konsequenzen und Ereignisraten auf mehr oder weniger komplexen Modellen mit dazugehörigen Eingangsgrössen. Unsicherheiten bezogen auf die Eingangsgrössen und auf die verwendeten Modelle werden nicht be-rücksichtigt. Mögliche Abhängigkeiten zwischen den Eingangsgrössen werden ebenfalls nicht berücksichtigt.

Mit einer Sensitivitätsanalyse muss der Einfluss der Variation von Eingangsgrössen

1 2, ,..., nX X X auf die Variation des Ergebnisses 1 2( , ,..., )nY f X X X (hier i.d.R. des Ri-sikos), wenn nicht schon bekannt untersucht werden. Hierbei soll wie folgt vorgegangen werden:

Sensitivitätsanalyse an einzelnen Eingangsgrössen; d.h. Eingangsgrössen werden einzeln variiert, der Einfluss auf die Variation des Ergebnisses wird untersucht.

Sensitivitätsanalyse mit Gruppen von Eingangsgrössen; d.h. Eingangsgrössen werden in Gruppen gemeinsam variiert. Der mögliche Einfluss von korrelierten Eingangsgrös-sen kann so untersucht werden.

Ist kein Wissen über die mögliche Streuung einer Eingangsgrösse vorhanden, kann die Auswirkung der Variation näherungsweise untersucht werden mit:

1 0.15 Erwartungswert der Eingangsgrösse [ ], [1, ]kE X k n (3.4)

Ist der Variationskoeffizient CoV durch Daten oder Erfahrung bekannt wird dieser bei der Untersuchung der Auswirkung der Variation verwendet, d.h. (1 ± CoV) Erwartungswert der Eingangsgrösse [ ], [1, ]kE X k n .

Die Auswirkung von möglicher positiver oder negativer Korrelation kann durch das ge-meinsame Variieren von Paaren von Eingangsgrössen untersucht werden:

Untersuchung der Auswirkung positiver Korrelation bei Paaren von Eingangsgrössen: Die Eingangsgrössen iX und kX werden gemeinsam in die gleiche Richtung variiert

( 1ii XE X CoV , 1

kk XE X CoV oder 1ii XE X CoV ,

1 , , [1, ], [1, ]kk XE X CoV k i k n i n ).

Untersuchung der Auswirkung möglicher negativer Korrelation: Die Eingangsgrössen

iX und kX werden in unterschiedliche Richtungen variiert

( 1ii XE X CoV , 1

kk XE X CoV oder

1ii XE X CoV , 1 , , [1, ], [1, ]

kk XE X CoV k i k n i n ).

Die Sensitivitätsanalyse gibt einen Hinweis auf die Auswirkung streuender Eingangsgrös-sen auf das Ergebnis. Daneben wird sichtbar, welche Eingangsgrössen das Ergebnis am stärksten beeinflussen. Bei diesen Eingangsgrössen kann es zweckmässig sein, die Schätzung des Wertes durch Einbezug von verbessertem Wissen zu schärfen, d.h. ge-gebenenfalls als Zufallsvariable zu berücksichtigen.

Die Grössenordnung der Variation des Ergebnisses bei gegebener Variation der Ein-gangsgrössen kann wie folgt abgeschätzt werden.

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76 Dezember 2009

Bei Modellen bei welchen die additive Kombination von n nicht korrelierten Eingangs-grössen 1 2, ,..., nX X X dominiert:

1

1[ ]

n

ii

CoV Y Var XE Y

(3.5)

Bei Modellen bei denen die multiplikative Kombination von n nicht korrelierten Eingangs-grössen 1 2, ,..., nX X X dominiert:

2

1

1n

iz

i i

Var XCoV Y e mit z

E X

(3.6)

wobei Y der Modellausgabe (dem Ergebnis, hier als Zufallsvariable) entspricht. CoV Y ist der Variationskoeffizient von Y , E Y ist der Erwartungswert der Modellausgabe.

iVar X und iE X sind Varianz und Erwartungswert der Eingangsgrössen iX .

Ein weiteres Ergebnis einer Sensitivitätsanalyse ist die Identifikation von Eingangsgrös-sen, die für das Ergebnis wichtig sind. Es sollte untersucht werden, ob die Schätzung dieser Parameter verbessert werden kann.

Die Ergebnisse und die Erkenntnisse der Sensitivitätsanalyse sind zu dokumentieren und mit dem Entscheidungsträger zu diskutieren. Die Suffizienz der quantitativen Risikoermitt-lung unter Vernachlässigung der Unsicherheiten ist zu diskutieren.

Werden quantitative Risikoermittlungen mit Berücksichtigung von Unsicherheiten durch-geführt, müssen, wenn nicht schon bekannt, mittels einer Sensitivitätsanalyse die bedeu-tendsten Eingangsgrössen identifiziert werden. Mögliche Modellverbesserungen sollten vor allem auf diese Eingangsgrössen ausgerichtet sein.

3.3.3.3 Anwendung von Leitsatz 3.3 Werden Unsicherheiten explizit berücksichtigt, sollte dies basierend auf den Methoden der Wahrscheinlichkeitstheorie geschehen.

Je nach Problemstellung kann dies folgenden Aspekte beinhalten:

Differenzierte Betrachtung von Unsicherheiten infolge unvollständigem Wissen und natürlicher Variabilität.

Berücksichtigung statistischer, kausaler und funktionaler Abhängigkeiten.

Darstellung von Unsicherheiten in Abhängigkeit von vorhandenem Wissen.

Vorbemerkungen Unsicherheiten sollten basierend auf den Methoden der Wahrscheinlichkeitstheorie quan-tifiziert werden. Es sind folgende Arten von Unsicherheiten zu unterscheiden.

Natürliche Variabilität

Modellunsicherheiten

Statistische Unsicherheiten

Modellunsicherheiten und statistische Unsicherheiten entstehen durch unvollständige In-formation; die Reduzierung dieser Unsicherheiten durch zusätzliche Daten, erweiterter Modelle und Erfahrung ist möglich in der Regel aber mit Kosten verbunden.

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Grundsätze zur Modellierung von Unsicherheiten Allgemeines

Unsicherheiten sollten durch Mittelwert und Standardabweichung oder durch Zufallsvari-ablen repräsentiert werden. Zufallsvariablen sind durch Verteilungstyp und Parameter de-finiert. Je nach zu modellierender Grösse werden folgende Verteilungstypen vorgeschla-gen:

Tab. 3.8: Vorgeschlagene Verteilungstypen je Charakteristik der Zufallsgrösse. Grösse Verteilungstyp

Ereignisrate Poisson Verteilung

Überschreitungsrate eines Schwellenwertes Lognormal

Zeit zwischen zwei unabhängigen Ereignissen Exponential

Zeit bis zum k-ten Ereignis Gamma

Extremwert einer zeitvariablen Grösse pro Zeiteinheit Gumbel max/min

Festigkeits- und Steifigkeitseigenschaften Lognormal

Die Unsicherheiten von beobachtbaren Zufallsgrössen, können auf Basis von Wissen (hierunter Daten) abgeschätzt werden. Wenn Daten verwendet werden, sollten diese ei-ner für die betrachtete Zufallsgrösse repräsentativen Stichprobe entsprechen. Die Wahl des Verteilungstyps richtet sich nach der physikalischer Charakteristik der Zufallsgrösse (z.B. Festigkeits eines Materials) und der Charakteristik der Ereignisse welche von Inte-resse sind (z.B. Extremwerte),Tab. 3.8. Die Parameter der Verteilungen können mit Hilfe geeigneter statistischer Methoden abgeschätzt werden. Hierfür wird die Maximum Likeli-hood Methode empfohlen (siehe Anhang I.2.2.2).

Sind keine Daten zur Abschätzung von Unsicherheiten einer Zufallsgrösse vorhanden, kann diese Abschätzung subjektiv erfolgen. Die Abschätzung sollte nach Möglichkeit von einer unabhängigen Expertengruppe getragen werden können, sodass Fehleinschätzun-gen Einzelner vermieden werden. Der transparenten Darstellung der Grundlagen einer subjektiven Einschätzung von Unsicherheiten ist besondere Beachtung zu schenken.

Die subjektive Abschätzung von Unsicherheiten basiert in der Regel auf mehr oder weni-ger quantifizierbarer Vorinformation. Die Wahl eines geeigneten Verteilungstyps wird in der Regel von der Art der betrachteten Zufallsgrösse bestimmt (Tab. 3.8).

Bei subjektiver Abschätzung ist es zweckmässig, den möglichen Bereich der Ereignisse der Zufallsgrösse zu bestimmen, d.h. einen Maximal- und einen Minimalwert der Zufalls-grösse zu schätzen (Abb. 3.10) und daraus Mittelwert und Standardabweichung abzulei-ten.

Bereich

Häu

figke

it

x

minx maxx

x

ss

Abb. 3.10: Quantifizierung von Zufallsgrössen mit Hilfe eines geschätzten möglichen Bereichs.

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Mittelwert x und Standardabweichung s lassen sich abschätzen mit:

max minmin

max min

2

x xx x

x xs

w

(3.7)

Hierbei repräsentiert der Faktor w die Qualität der zugrundeliegenden Schätzung des Bereiches. 3.3w entspricht einer guten Schätzung von minx und maxx ; weitere Werte zu w in Abhängigkeit von der Güte der Schätzung finden sich inTab. 3.9.

Modellierung von Unsicherheiten bezogen auf die Angabe von Ereignisraten Die jährliche Ereignisrate Ev ist der Erwartungswert der Anzahl der Ereignisse innerhalb eines Jahres. Ein Ereignis kann diskret sein, z.B. das Versagen eines Bauteiles, oder als die Überschreitung eines Schwellenwertes definiert sein, z.B. ein Hochwasserereignis. In diesen Fällen wird die Rate in Abhängigkeit des Schwellenwertes x dargestellt; ( )Xv x : die Überschreitungsrate von x . Weiterhin können Ereignisraten eine Abhängigkeit von Zeit aufweisen. Dies ist z.B. der Fall wenn Versagensereignisse von Bauteilen die Kon-sequenz von Schädigungsprozessen sind.

Ereignisraten und Überschreitungsraten werden anhand von Daten oder mittels subjekti-ver Beurteilung direkt eingeschätzt oder mithilfe von Modellen als Funktion mehrerer Grössen indirekt bestimmt.

Einschätzung von Ereignisraten auf der Grundlage von Daten

Handelt es sich um eine Überschreitungsrate ( )Xv x , wird empfohlen, diese durch ein pa-rametrisches Modell zu beschreiben. Es wird allgemein ein Potenzgesetz der folgenden Form vorgeschlagen:

( , ) bXv x a b ax (3.8)

mit den Parametern a und b .

Das Potenzgesetz ist eine empirische Annahme. Sind bessere Modelle vorhanden, soll-ten diese verwendet werden.

Durch einfaches Logarithmieren lässt sich Gleichung (3.8) in linearer Form darstellen:

ln( ) ln( )Xv A B x (3.9)

wobei lnA a und lnB b . Die Parameter A und B werden mittels Regressions-analyse bestimmt.

Handelt es sich um eine Ereignisrate E , kann diese als Poisson verteilte Zufallsvariable aus Daten geschätzt werden wenn die Ereignisse gewisse Bedingungen erfüllen, hierun-ter statistische Unabhängigkeit. Es wird empfohlen den Parameter der Verteilung mit Hil-fe der Maximum Likelihood Methode zu schätzen (siehe Anhang I.2.2.2).

Einschätzung von Ereignisraten auf Grundlage von Expertenmeinung

Sind keine Daten verfügbar, wird vorgeschlagen, Ereignisraten von einem Experten oder Expertengremium einschätzen zu lassen.

Handelt es sich um eine Überschreitungsrate X x , so wird die zu beschreibende Grösse in Intervalle ,min ,max,i ix x eingeteilt (Abb. 3.11). Für jedes Intervall gibt der Exper-te eine Schätzung über die (jährliche) Überschreitungsrate des Ereignisses ab. Diese Schätzung entspricht dem Erwartungswert der jährlichen Überschreitungsrate ( )Xv x des

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Wertes ,max ,min 2i i ix x x . Die Ergebnisse der Schätzungen werden in ein Diagramm eingetragen; die logarithmierte Überschreitungsrate ln( )Xv über x (siehe Abb. 3.11). Ei-ne Regressionsgerade wird von Hand angepasst. Die Parameter A und B (vergleiche Gleichung (3.9)) können herausgelesen werden. Die Überschreitungsrate wird dann ebenfalls mit einem Potenzgesetz repräsentiert, (siehe Gleichung (3.8)).

Abb. 3.11: Schematische Darstellung der Schätzungen der Erwartungswerte der Überschreitungsraten durch Experten.

Handelt es sich um die Schätzung einer Ereignisrate E , so kann diese als Parameter der Poissonverteilung geschätzt werden. Die Qualität der Schätzung wird als statistische Unsicherheit berücksichtigt, siehe Unterkapitel "Statistische Unsicherheiten".

Einschätzung von Ereignisraten auf Grundlage von Modellen und erweiterten Verfahren

Ereignisraten können oft nicht direkt geschätzt werden, da nur sehr wenig Wissen über das Ereignis vorhanden ist. Dann wird versucht, die kausalen und physikalischen Zu-sammenhänge, die zu dem Ereignis führen, in Form von Modellen abzubilden.

Ein Beispiel hierfür ist die jährliche Versagensrate eines Biegeträgers. Das Versagen hängt vom Widerstand des Trägers und von seiner Belastung ab. Es ist kaum möglich und zweckmässig, die Versagensrate direkt zu ermitteln, sind doch Widerstand und Be-lastung von Träger zu Träger verschieden. Die Modellparameter, aus denen sich die Versagensrate ergibt, werden im Folgenden als Indikatoren bezeichnet.

Ein weiteres Beispiel sind komplexe Systeme mit einer Vielzahl von teilweise interagie-renden Einflussgrössen. Hierzu existieren Methoden die Einflussgrössen und deren Zu-sammenhänge auf übersichtliche Art und Weise darzustellen und zu untersuchen. Etab-lierte Methoden sind zum Beispiel Ereignisbäume, Fehlerbäume oder Entscheidungs-bäume. Neuere, intuitive und leistungsfähigere Werkzeuge sind vorhanden wie z.B. Bay-es’sche Probabilistische Netze.

Modellierung von Unsicherheiten bezogen auf Konsequenzen

Die Abschätzung von Konsequenzen ist mit grossen Unsicherheiten verbunden und ba-siert in der Regel zum grossen Teil auf subjektive Einschätzungen. Bei der Quantifizie-rung der Unsicherheiten sollte wie im Abschnitt „Grundsätze zur Modellierung von Unsi-cherheiten“ beschrieben vorgegangen werden.

Differenzierte Berücksichtigung von Unsicherheiten Unsicherheiten infolge unvollständigen Wissens und infolge natürlicher Variabilität sollten differenziert berücksichtigt werden.

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80 Dezember 2009

Statistische Unsicherheiten

Statistische Unsicherheit, d.h. Unsicherheit infolge von begrenzter Anzahl von Beobach-tungen bei der Schätzung der Parameter einer Zufallsgrösse kann anhand von Daten oder basierend auf subjektiver Information abgeschätzt werden.

Häufig wird der unsichere Charakter von zufälligen Grössen anhand von Daten quantifi-ziert. Statistische Unsicherheit sollte berücksichtigt werden, indem die Zufallsgrösse mit ihrer Prädiktivverteilung dargestellt wird. Weitere Angaben zur Ermittlung der Prädiktiv-verteilung finden sich im Anhang (Seite 123) .

Lässt sich die darzustellende Zufallsgrösse annährungsweise durch eine Normalvertei-lung oder durch eine der Normalverteilung ähnelnde Verteilung darstellen, kann die Prä-diktivverteilung vereinfacht dargestellt werden.

Die Informationen aus der Stichprobe lassen sich zusammenfassen mit m , dem Mittel-wert der Stichprobe, s , der Standardabweichung der Stichprobe, n , der Anzahl von Be-obachtungen und 1v n , des Freiheitsgrades. Die Prädiktivverteilung ist t-verteilt mit Mittelwert pred und Standardabweichung pred :

1

2

pred

pred

m

n vs

n v

(3.10)

Vereinfacht kann die Prädiktivverteilung mit einer Normalverteilung ,pred predND an-genähert werden.

Werden Zufallsgrößen aufgrund von subjektiver Information eingeschätzt, kann die statis-tische Unsicherheit in Abhängigkeit zur Qualität der Schätzung quantifiziert werden. Hier-für wird der Faktor w in Gleichung (3.7) nach Tab. 3.9 bestimmt.

Tab. 3.9: Qualität der Schätzung

Qualität Äquivalenter Datensatz w

Schätzung basiert auf fundierter Erfahrung 20 3.0

Schätzung basiert auf mässiger Erfahrung 10 2.2

vage Schätzung 3 0.5

Als Hilfestellung sind in Tab. 3.9 auch die Grösse der äquivalenten Datensätze, die der Erfahrung auf die die Schätzung basiert entsprechen, angegeben.

Modellunsicherheiten

Modellunsicherheiten, d.h. Unsicherheiten infolge von Modellannahmen, werden von ei-ner lognormalverteilten Zufallsvariablen Z repräsentiert und wie folgt angewandt:

1 2 , ,...Y Z f X X (3.11)

f ist die Modellfunktion in Abhängigkeit von den Modellindikatoren 1 2, ,...X X . Y ist die

zu modellierende Grösse. Ist der Mittelwert von Z gleich 1, bildet das Modell die Grösse unverzerrt ab. Ist der Mittelwert ungleich 1, spricht man von einer verzerrten Abbildung.

Sind gemeinsame Messungen der Modellparameter 1, 2,, ,...i i ix xx und der zu model-lierenden Größe iy vorhanden, kann die Modellunsicherheit geschätzt werden mit:

i

ii

yz

f

x (3.12)

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Die Parameter von Z können auf Basis mehrerer Beobachtungen von z ermittelt wer-den. Hierbei soll nach Leitsatz 3.2 vorgegangen werden. Statistische Unsicherheiten sind entsprechend zu berücksichtigen.

Sind keine Daten zur Bestimmung der Parameter vorhanden, kann der Variationskoeffi-zient der Modellunsicherheit subjektiv geschätzt werden, Tab. 3.10.

Tab. 3.10: Subjektive Einschätzung des Variationskoeffizienten der Modellunsicherheit.

Modell Unsicherheit CoV

klein 0.05

mittel 0.1

gross 0.2

sehr gross 0.3

Abhängigkeiten In der Risikobeurteilung sollten mögliche statistische, funktionale und kausale Abhängig-keiten, welche für die Einschätzung der Unsicherheiten relevant sind, berücksichtigt und dokumentiert werden.

Statistische Abhängigkeiten

Die statistische Abhängigkeit zwischen zwei Zufallsgrössen sollte mit dem Korrelations-koeffizienten erfasst werden. Der Koeffizient kann durch paarweise Beobachtungen von Realisationen zweier Grössen direkt ermittelt werden. Liegen keine Daten vor, kann der Korrelationskoeffizient auch geschätzt werden. Hierfür werden Werte nach Tab. 3.11 vor-geschlagen.

Tab. 3.11: Subjektive Einschätzung von statistischen Abhängigkeiten.

Statistische Abhängigkeit Korrelationskoeffizient

keine 0

sehr klein 0.2

klein 0.4

mittel 0.6

gross 0.8

Statistische Abhängigkeiten deuten auf einen entsprechenden kausalen Zusammenhang von Zufallsgrössen hin. Der kausale Zusammenhang kann von direkter oder indirekter Natur sein. Ein indirekter kausaler Zusammenhang liegt vor, wenn die Grössen beide von einer dritten Grösse kausal abhängen, direkt aber nicht kausal zusammenhängen.

Es ist zu beachten, dass die Korrelation nur lineare Zusammenhänge abbildet. Mögliche funktionale Zusammenhänge von Zufallsgrössen sind zusätzlich zu beachten.

Kausale Zusammenhänge in der Systemmodellierung

Kausale Zusammenhänge sind bei der Risikobewertung besonders zu berücksichtigen. Kausale Zusammenhänge werden einerseits als statistische Abhängigkeiten berücksich-tigt (siehe oben). Bei der Aggregierung von Risiken können kausale Zusammenhänge in Form einer hierarchischen Systemmodellierung berücksichtigt werden. Weitere Ausfüh-rungen hierzu finden sich im entsprechenden Teil ‚ Aggregierung von Risiken‘.

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82 Dezember 2009

Unsicherheiten in Abhängigkeit von Information Unsicherheiten sollten in Abhängigkeit von vorhandener Information dargestellt werden. Dies ermöglicht die Aktualisierung des Risikos in Abhängigkeit von neuer Information.

Die Bayes’sche Statistik bildet den Rahmen für die Aktualisierung von Wahrscheinlichkei-ten bei Neuinformation. Ein wichtiges Element ist hierbei der Begriff der bedingten Wahr-scheinlichkeit. Wird ein Ereignis E und Information über dieses Ereignis A betrachtend ergibt sich die Eintretenswahrscheinlichkeit von E bei gegebener Information A , P E A zu

P E AP E A

P A

(3.13)

E A ist das Ereignis, dass E und A gemeinsam auftreten.

Das Bayes’sche Theorem bildet die wichtigste Grundlage der Bayes’schen Statistik. Es erlaubt die Berücksichtigung von neuer Information und eröffnet die Möglichkeit, auch Expertenmeinungen in der Statistik zu berücksichtigen. Damit besteht eine konsistente Basis, um Informationen jeder Art bestmöglich zu nutzen. Das Bayes’sche Theorem er-gibt sich aus der Definition der bedingten Wahrscheinlichkeit ((3.13)) und dem Satz der totalen Wahrscheinlichkeit zu

1

( | ) ( ) ( | ) ( )|

|

i i i ii n

i ii

P A E P E P A E P EP E A

P AP E P A E

(3.14)

Hierbei ist ( )iP E die ‚a priori‘ Eintretenswahrscheinlichkeit des Ereignisses iE (aus einer Menge von n möglichen Ereignissen). ( | )iP A E ist die Wahrscheinlichkeit des Ereignis-ses A gegeben das Ereignis iE ist eingetreten. ( | )iP A E wird als Likelihood bezeichnet. Die Multiplikation von ‚a priori‘ Wahrscheinlichkeit mit der Likelihood wird durch eine nor-malisierende Konstante P A dividiert. Das Ergebnis dieser Division |iP E A , die Wahrscheinlichkeit des Ereignisses iE gegeben A , wird als ‚a posteriori‘ Wahrschein-lichkeit. Weitere Ausführungen und ein Anwendungsbeispiel zum Bayes’schen Theorem finden sich im Anhang.

Kontinuierliche Zufallsvariablen lassen sich ebenfalls relativ zu neuer Information aktuali-sieren, wenn die Parameter der Zufallsvariablen θ selbst als Zufallsvariablen dargestellt werden.

Für kontinuierlich verteilte Parameter θ lässt sich das Bayes’sche Theorem wie folgt schreiben:

f kL f Θ Θθ θ θ (3.15)

mit

1

k L f d

θ θ θ

Hierbei ist f Θ θ die ‚a posteriori‘ Wahrscheinlichkeitsdichtefunktion von θ bei gege-bener Neu-Information , f Θ θ ist die ‚a priori‘ Wahrscheinlichkeitsdichtefunktion von , L θ ist die sogenannte Likelihoodfunktion und k ist eine Normalisierungskonstan-te.

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Dezember 2009 83

Der Erwartungswert des Parameters ergibt sich zu:

ˆ E f d

Θθ Θ θ θ θ (3.16)

Die prädiktive Verteilung Die sogenannte prädiktive Verteilung der Zufallsvariablen X unter Berücksichtigung der Verteilung der Parameter θ ergibt sich zu:

,X pred Xf x f x f d

Θθ θ θ (3.17)

Hierbei kann fΘ θ der ‚a priori‘ Verteilung der Parameter entsprechen (wenn keine neue Information vorliegt) oder der ‚a posteriori‘ Verteilung (wenn neue Information vor-liegt).

Lässt sich die darzustellende Zufallsgrösse annährungsweise durch eine Normalvertei-lung oder durch eine der Normalverteilung ähnelnde Verteilung darstellen, kann wie im Folgenden beschrieben vorgegangen werden:

Darstellung der Vorinformation

Die Vorinformation wird quantifiziert durch die Parameter m , n , s und v .

m ist der Mittelwert basierend auf n Beobachtungen; s ist die Standardabweichung, entsprechend dem Freiheitsgrad v . In der Regel gilt 1v n .

Die Prädiktivverteilung der Vorinformation entspricht einer t-Verteilung, vergleiche Glei-chung (3.10).

1

2

pred

pred

m

n vs

n v

(3.18)

Vereinfacht kann die Prädiktivverteilung mit einer Normalverteilung ,pred predND an-genähert werden.

Darstellung von Neuinformation

Die Neu-Information wird quantifiziert durch die Parameter m , n , s und v . m ist der Mittelwert basierend auf n Beobachtungen; s ist die Standardabweichung entsprechend dem Freiheitsgrad v . In der Regel gilt 1v n .

Kombination von Information - Aktualisierung

Vorinformation und Neuinformation kann wie folgt kombiniert werden:

n m nmm

n n

(3.19)

n n n (3.20)

2 2 2 2 2

2v s n m vs nm n m

sv n v n n

(3.21)

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84 Dezember 2009

v v n v n n (3.22)

Mit:

0 for 0

1 for 0

xx

x

Die Prädiktivverteilung unter Berücksichtigung von Neuinformation entspricht einer t-Verteilung, vergleiche Gleichung (3.18).

1

2

pred

pred

" m"

n" v"" s"

n" v"

(3.23)

Vereinfacht kann die Prädiktivverteilung mit einer Normalverteilung ,pred predND an-genähert werden.

Darstellung von subjektiver Information

Das vorgestellte Format eignet sich zur Berücksichtigung subjektiver Information. Hierbei sind m und s die Schätzungen von Mittelwert und Standardabweichung einer Grösse. Der gewählte Wert von n drückt das Vertrauen in die Schätzung des Mittelwertes aus, der Wert von v das Vertrauen in die Schätzung der Standardabweichung. n und v ent-sprechen der Grösse des sogenannten äquivalenten Datensatzes.

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Dezember 2009 85

3.4 Aggregation von Risiken 3.4.1 Einleitung

Mit der Aggregation von Risiken wird es möglich, einen Gesamtüberblick über die Risiken eines Systems herzustellen, um diese gesamthaft behandeln zu können. Dazu ist es er-forderlich, dass die unterschiedlichen Risiken in den verschiedenen Sicherheitsbereichen und für unterschiedliche Objekte auf eine vergleichbare Art und Weise ermittelt und in geeigneter Weise zu einem totalen Risiko aggregiert werden. Das reine Aufsummieren der Risiken aus unterschiedlichen Elementen des Verkehrssystems Strasse ist nicht im-mer ausreichend. Bestehen gemeinsame Einflussfaktoren oder Beziehungen und Ab-hängigkeiten zwischen den zu aggregierenden Risiken, so ist dies in geeigneter Weise bei der Aggregation zu berücksichtigen.

3.4.2 Leitsätze zur Aggregation von Risiken

Leitsatz 4.1 Sofern keine nichtlinearen Effekte in den Konsequenzen durch das gleichzeitige Eintreten von Ereignissen auftreten, entspricht der Erwartungswert der totalen Konsequenzen der Summe der Erwartungswerte der Konsequenzen der einzelnen Ereignisse.

Leitsatz 4.2 Nichtlineare Effekte in den Konsequenzen, die durch das gleichzeitige Eintreten von Er-eignissen entstehen können, sind zu berücksichtigen, wenn sie einen massgebenden Einfluss auf das aggregierte Risiko aufweisen, d.h. die Entscheidung beeinflussen könn-ten.

Leitsatz 4.3 Bestehen Abhängigkeiten zwischen mehreren Ereignissen, müssen diese berücksichtigt werden, wenn die Fragestellung dies erfordert.

Leitsatz 4.4 Wird das Risiko auf einer höheren Ebene aggregiert, so müssen die einzelnen Beiträge zum Gesamtrisiko transparent dargestellt werden. Beiträge zum Gesamtrisiko können dabei potentielle wirtschaftliche Verluste, der Verlust oder die Schädigung von menschli-chem Leben und Schädigungen der Umwelt sein.

3.4.3 Anwendung der Leitsätze

3.4.3.1 Anwendung von Leitsatz 4.1 Sofern keine nichtlinearen Effekte in den Konsequenzen durch das gleichzeitige Eintreten von Ereignissen auftreten, entspricht der Erwartungswert der totalen Konsequenzen der Summe der Erwartungswerte der Konsequenzen der einzelnen Ereignisse.

Die zu aggregierenden Risiken müssen in der Systemdefinition abgegrenzt und einheit-lich festgelegt werden. Das totale Risiko als Erwartungswert der Konsequenzen ermittelt sich aus der Summe der Erwartungswerte der einzelnen Konsequenzen iE C unab-hängig von:

möglichen Abhängigkeiten zwischen den Ereignissen.

den inhärenten Unsicherheiten.

Die Risiken sind nur aggregierbar, wenn die Konsequenzen die gleiche Einheit haben. In diesem Fall gilt analog zu Kapitel 2:

1 1

n n

Tot i i ii i

R i p C E C

(3.24)

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Hierin bezeichnet ip die jährliche Eintretenswahrscheinlichkeit von i unabhängigen und exklusiven Ereignissen, die zu Konsequenzen iC führen können. Mit n ist die Anzahl an Ereignissen bezeichnet, für die das Risiko aggregiert werden soll. Es ist von der Frage-stellung abhängig, ob eine reine Summation der Einzelrisiken ausreicht (siehe Leitsatz 4.3). Treten nichtlineare Effekte in den Konsequenzen auf, so gilt Gleichung (3.24) nicht (siehe Leitsatz 4.2).

3.4.3.2 Anwendung von Leitsatz 4.2 Nichtlineare Effekte in den Konsequenzen, die durch das gleichzeitige Eintreten von Er-eignissen entstehen können, sind zu berücksichtigen, wenn sie einen massgebenden Einfluss auf das aggregierte Risiko aufweisen, d.h. die Entscheidung beeinflussen könn-ten.

Das gleichzeitige Eintreten mehrere Ereignisse kann zu anderen Konsequenzen führen, als wenn die Ereignisse einzeln eintreten würden. Die Konsequenzen iC i sind damit eine Funktion der Ereignisse i . Damit ist das totale Risiko TotR nicht gleich der Summe der Einzelrisiken:

1 1

n n

Tot i i ii i

R i p C i E C i

(3.25)

In Abb. 3.12 ist dieser Effekt für die drei prinzipielle Fälle dargestellt, in denen die Konse-quenzen von mehreren gleichzeitig oder quasi gleichzeitig eintretenden Ereignissen zu grösseren, zu geringeren und zu den gleichen Konsequenzen führen als das Eintreten der einzelnen Ereignisse.

Der gleiche Effekt kann sich ergeben aufgrund von Wechselwirkungen von Ereignissen; das Eintreten eines Ereignisses kann zu einer Veränderung der Eintretenswahrschein-lichkeit von anderen Ereignissen führen. In diesem Fall kann das totale Risiko nur ermit-telt werden, wenn diese nichtlinearen Effekte in der Eintretenswahrscheinlichkeiten, (ana-log zu den Nichtlinearitäten im Konsequenz-Modell) berücksichtigt werden.

Abb. 3.12: Darstellung eines linearen Konsequenzmodells und Beispiele für nichtlineare Konsequenzmodelle.

Die durchgezogene Linie in Abb. 3.12 zeigt beispielhaft ein lineares Konsequenz-Modell in Abhängigkeit der gleichzeitig eintretenden Ereignisse. Dieses Konsequenz-Modell hat die Form C i mi b . Darin bezeichnet i die Anzahl an gleichzeitig oder quasi-gleichzeitig eintretenden Ereignissen. Die Faktoren m und b sind Konstanten zur Be-schreibung des linearen Modells. Für dieses Modell gilt die Gleichung (3.24).

Die gestrichelten Linien beschreiben den nichtlinearen Fall, in dem die Konsequenzen durch das gleichzeitige Eintreten mehrerer Ereignisse grösser (oder kleiner) werden. In

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diesem Fall ist das totale Risiko grösser (oder kleiner) als die Summe der einzelnen Risi-ken.

3.4.3.3 Anwendung von Leitsatz 4.3 Bestehen Abhängigkeiten zwischen mehreren Ereignissen, müssen diese berücksichtigt werden, wenn die Fragestellung dies erfordert.

Bei Fragestellungen, für welche auf einer übergeordneten Ebene Risiken aggregiert wer-den sollen, kann es nützlich oder notwendig sein, sämtliche Unsicherheiten und die mög-lichen Abhängigkeiten explizit zu kennen und zu modellieren. Damit kann die Verteilung des totalen Risikos ermittelt werden und nachstehende Fragestellungen, die für das Ma-nagement von Portfolios relevant sind, beantwortet werden:

Mit welcher Wahrscheinlichkeit wird ein gewisses Budget, das für ein Portfolio zur Ver-fügung steht, überschritten?

Wie wahrscheinlich ist ein Totalverlust des gesamten Portfolios?

Gibt es Abhängigkeiten im Portfolio, die zu einer Erhöhung des totalen Risikos füh-ren?

Soll die Beantwortung zahlenmässig anhand der Verteilung des totalen Risikos exakt er-folgen, so ist eine entsprechende Modellierung des Systems notwendig. Dabei sind die Unsicherheiten und Abhängigkeiten der zu aggregierenden Risiken (bzw. Elemente) zu modellieren und auf die übergeordnete Ebene des totalen Risikos zu übertragen.

Ein geeignetes Instrument dazu bilden Bayes'sche Netze, mit denen das System, die Ab-hängigkeiten und Unsicherheiten über sämtliche Hierarchieebenen des Systems abgebil-det werden. Eine solche hierarchische Modellierung ist im Anhang zu diesem Kapitel vor-gestellt.

Offensichtliche Abhängigkeiten ergeben sich zum Beispiel aus Belastungen an Tragwer-ken, die sich am gleichen Ort befinden wie z.B. Lasten aus Schnee, die Belastung aus Wasserdruck oder die Verkehrsbelastung auf einer Strasse, Überschwemmungen aber auch Erdbeben. Andere Abhängigkeiten sind weniger offensichtlich. Wird die Risikoer-mittlung für zwei Tragwerke mit den gleichen Modellen berechnet, so ist ein Teil der Mo-dellunsicherheit für die beiden Modelle abhängig. Solche Abhängigkeiten haben einen grossen Effekt auf die Verteilung des Risikos im Portfolio. Bei der hierarchischen Model-lierung sind alle Anforderungen an die Risikoermittlung zu beachten, die in diesem Do-kument zusammengestellt sind.

3.4.3.4 Anwendung von Leitsatz 4.4 Wird das Risiko auf einer höheren Ebene aggregiert, so müssen die einzelnen Beiträge zum Gesamtrisiko transparent dargestellt werden. Beiträge zum Gesamtrisiko können dabei potentielle wirtschaftliche Verluste, der Verlust oder die Schädigung von menschli-chem Leben und Schädigungen der Umwelt sein.

Sind alle Bedingungen erfüllt, um das Risiko gemäss Gleichung (3.24) zu aggregieren, so ist es sinnvoll, die Risiken in Abhängigkeit der Fragestellung nach unterschiedlichen Blickwinkeln zu gliedern bzw. zu aggregieren (vgl. Abb. 3.13):

Zusammenfassen auf Objektebene, über Objektkategorien, nach geographischen Regio-nen, nach Gefahrenarten, etc.

Differenzieren, z.B. in Todesfälle und Verletzte bei Personenschäden; Benutzerkosten und Sachschäden bei den monetären Komponenten; 2CO Emissionen, Energie-

verbrauch, etc.

Unterscheiden nach dem Träger der Konsequenzen (ASTRA, Gesellschaft).

Unterscheiden nach Arten von Konsequenzen: wirtschaftliche Schäden, ökologische Schäden und Personenschäden.

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88 Dezember 2009

Abb. 3.13: Gliederung von aggregierten Risiken.

Die Strukturierung und Gliederung dient einerseits der Transparenz des Ergebnisses. Anderseits ist sie notwendig, um Ansatzpunkte für Massnahmen zu erkennen. Damit die-se Transparenz möglich ist, sollte eine Monetarisierung der Konsequenzen möglichst erst am Schluss des Prozesses erfolgt, so dass erkennbar und kommunizierbar ist, welche Typen von Konsequenzen zum totalen Risiko beitragen.

Die Berechnung des totalen Risikos kann auf verschiedenen Risikoermittlungen basieren, deren Ergebnisse aggregiert werden (unterschiedliche Sicherheitsbereiche, Objekte, Ge-fahren, etc.). Das aggregierte Risiko hängt in seiner Aussagekraft und Qualität sowie in der Art der Risikodarstellung stark von diesen Risikoermittlungen ab. Stehen die Resulta-te als Punktschätzungen zur Verfügung, dann hat auch das aggregierte Risiko das For-mat einer Punktschätzung. Handelt es sich um quantitative Ansätze mit Berücksichtigung von Unsicherheiten, so ist auch auf der Stufe des totalen Risikos eine entsprechende Aussage zur Unsicherheit möglich.

Grundsätzlich gilt, dass unabhängig der zugrundeliegenden Risikoermittlungen auch nach der Aggregation der Risiken eine Aussage zu den Unsicherheiten auf der Stufe des totalen Risikos zu machen ist. Dabei muss transparent dargestellt und dokumentiert wer-den, worauf die Schätzung der Unsicherheiten basiert.

Abb. 3.13 stellt eine Aggregation der Risiken schematisch dar. Als Aggregationsebene ist hier ein Objekt dargestellt. Die Aggregation der Risiken ist abhängig vom Detailie-rungsgrad und der Fragestellung. Häufig ist das aggregierte Risiko auf der Netzebene von Interesse. In diesem Fall leisten die Segmente und die Objekte einen Beitrag zum to-talen Risiko.

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Dezember 2009 89

3.5 Effizienz von Massnahmen 3.5.1 Einleitung

Die Identifikation möglicher Massnahmen zur Risikoreduktion und deren Beurteilung be-züglich der Effizienz ist ein inhärenter Bestandteil der Methodik der vergleichenden Risi-kobeurteilung. Dieser Zusammenhang ist aus dem Vorgehen in der Risikobewertung er-sichtlich (siehe Kapitel 2).

Das vorliegende Kapitel geht auf die Grundzüge der Massnahmenbeurteilung ein, soweit dies für das Verständnis und die Anwendbarkeit der Methodik der vergleichenden Risiko-beurteilung notwendig ist. Vertiefte Abklärungen zur Effizienz von Massnahmen erfolgen im Forschungsprojekt AGB2005/104 [9].

3.5.2 Leitsätze zur Effizienz von Massnahmen

Leitsatz 5.1 Die Identifikation geeigneter Massnahmen zur Risikoreduktion muss im Sinne der besten Praxis unter Berücksichtigung aller bekannten Lösungsansätze erfolgen. Dabei sind Lö-sungsansätze über das Verkehrs- und Infrastrukturwesen hinaus auch aus anderen tech-nischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Bereichen in Erwägung zu ziehen.

Leitsatz 5.2 Bei der Identifikation der Massnahmen sind alle in der Systemdefinition bezeichneten Ri-siken zu beachten. Ebenso sind Massnahmen auf allen Ebenen von der Prävention bis zur Instandstellung und von der Reduktion der Eintretensrate bis zur Reduktion der Kon-sequenzen zu prüfen.

Leitsatz 5.3 Aus den identifizierten Massnahmen sind zweckmässige Massnahmenpakete zu bilden.

Leitsatz 5.4 Risikoreduzierende Massnahmen und Massnahmenpaketen sind bezüglich ihrer Effizienz zu beurteilen.

3.5.3 Anwendung der Leitsätze

3.5.3.1 Anwendung von Leitsatz 5.1 Die Identifikation geeigneter Massnahmen zur Risikoreduktion muss im Sinne der besten Praxis unter Berücksichtigung aller bekannten Lösungsansätze erfolgen. Dabei sind Lö-sungsansätze über das Verkehrs- und Infrastrukturwesen hinaus auch aus anderen tech-nischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Bereichen in Erwägung zu ziehen.

Risikoreduzierende Massnahmen sollen die anerkannte Praxis repräsentieren. Dabei ist es wichtig, nicht nur auf den engen Bereich des Verkehrs- und Infrastrukturwesens und dessen Normen und Richtlinien zu fokussieren. Innovationen sowie Normen und Stan-dards aus anderen Ingenieurbereichen können möglicherweise Ansätze zu effizienteren Lösungen im Bereich Infrastruktur und Verkehr liefern. Es ist daher Aufgabe der beteilig-ten Experten, bei der Identifikation möglicher Massnahmen auch Lösungsansätze ge-mäss den neuesten Erkenntnissen aus verschiedenen Ingenieurbereichen beizuziehen.

3.5.3.2 Anwendung von Leitsatz 5.2 Bei der Identifikation der Massnahmen sind alle in der Systemdefinition bezeichneten Ri-siken zu beachten. Ebenso sind Massnahmen auf allen Ebenen von der Prävention bis zur Instandstellung und von der Reduktion der Eintretensrate bis zur Reduktion der Kon-sequenzen zu prüfen.

Ansatzpunkte für Massnahmen sind vielfältig und sollen daher systematisch geprüft wer-

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90 Dezember 2009

den. Mögliche Maßnahmen können technischer oder organisatorischer Natur sein und entweder durch die physikalische Änderung eines Zustands, oder durch Information, Wissen und Verhaltensregulierung dazu beitragen, Risiken zu reduzieren.

In einem ersten Schritt ist zu klären, welche der im System auftretenden Risiken durch die Massnahmen reduziert werden sollen.

In einem zweiten Schritt sind Ansatzpunkte auf unterschiedlichen Ebenen des Risikoma-nagements zu prüfen. Im Wesentlichen beinhaltet dies folgende Ebenen:

Präventive Massnahmen (vor dem Gefahrenereignis).

Konsequenzen reduzierende Massnahmen (während des Gefahrenereignisses).

Rehabilitierungsmassnahmen (nach dem Gefahrenereignis).

Schliesslich können in einem weiteren Schritt Massnahmen aus der Sicht des Ereignisab-laufs geprüft werden:

Reduktion der Eintrittsrate von Gefahrenereignissen, d.h. die Gefährdung reduzieren.

Reduktion der direkten Konsequenzen, d.h. die Verletzbarkeit reduzieren.

Reduktion der indirekten Konsequenzen, d.h. die Robustheit erhöhen.

Dieser schrittweise, differenzierte Ansatz zur Identifizierung von risikoreduzierenden Massnahmen ermöglicht es, das Potential zur Risikoreduktion vollständig zu erfassen.

Bei der Identifikation der Massnahmen ist zu berücksichtigen, dass sich Massnahmen gegenseitig beeinflussen und sowohl eine Verstärkung als auch ein gegenseitiges Auf-heben der Wirkung möglich ist. Ebenso ist es möglich, dass eine Massnahme eine Wir-kung auf mehrere unterschiedliche Ereignisszenarien hat, sodass sich je nach Situation die Gesamtwirkung der Massnahme erhöht oder im ungünstigen Fall reduziert. Ein Bei-spiel hierfür sind Leiteinrichtungen zwischen Fahrbahnen, welche einerseits verhindern, dass Fahrzeuge auf die Gegenfahrbahn geraten und andererseits die Energie des Unfall-fahrzeuges absorbieren und so übermässigen Schaden am Fahrzeug und dessen Insas-sen verhindern. Solche Einflüsse müssen korrekt in die Beurteilung der Effizienz einflies-sen (siehe auch Leitsatz 5.3).

Ein hoher Kenntnisstand über Risiken und Massnahmen ist eine wesentliche Vorausset-zung für eine gezielte Entscheidungsfindung. Das Verbessern des Kenntnisstands ist da-her im Allgemeinen eine effiziente organisatorische Massnahme und sollte zusammen mit andern organisatorischen und technischen Massnahmen geprüft werden.

3.5.3.3 Anwendung von Leitsatz 5.3 Aus den identifizierten Massnahmen sind zweckmässige Massnahmenpakete zu bilden.

Die identifizierten Massnahmen sind zu geeigneten Massnahmenpaketen zusammenzu-stellen, die als ganze Pakete zu beurteilen sind (siehe Leitsatz 5.4). Dieser Schritt ist notwendig, um optimale Lösungen zu finden.

Bei der Ermittlung der Effizienz ist zu beachten, dass unterschiedliche Massnahmen an gleichen Risiken ansetzen können oder die Massnahmen innerhalb eines Pakets sich gegenseitig beeinflussen, beispielsweise durch verstärkende oder gegenläufige Wirkun-gen oder Synergien bei den Kosten.

Für die Optimierung der Massnahmenpakete kann ein iteratives Vorgehen notwendig sein, bei dem jeweils Massnahmenpakete neu zusammengestellt und beurteilt werden.

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3.5.3.4 Anwendung von Leitsatz 5.4 Risikoreduzierende Massnahmen und Massnahmenpaketen sind bezüglich ihrer Effizienz zu beurteilen.

Die Effizienz ( REDE ) von risikoreduzierenden Massnahmen bzw. Massnahmenpaketen ist bestimmt durch:

REDRED

RE

C

(3.26)

Hierbei entspricht R der Reduktion des jährlichen Risikos durch die betrachtete(n) Massnahme(n) und REDC entspricht den jährlichen Kosten der Massnahme(n). Gemäss Kapitel 3.6 ist die Optimierung einer Massnahme das ausschlaggebende Prinzip zur Be-urteilung einer Massnahme. Die Effizienz ist v.a. bei der Beurteilung von gesellschaftli-chen Konsequenzen, also Umweltschäden, Einbussen in der Lebensqualität, etc. von Bedeutung. Effizienz an sich sagt aber nichts darüber aus, welche Massnahme optimal ist.

Die Risikoreduktion R wird nach den gleichen Regeln und Instrumenten ermittelt wie die Risiken (Risikoermittlung ohne/mit Massnahmen).

Bei der Beurteilung der Effizienz einer Massnahme bzw. eines Massnahmenpakets, sind drei Fälle zu unterscheiden:

Beurteilung der betriebswirtschaflichen Effizienz der Massnahme: Die Risikoreduktion entspricht einer Kostenreduktion, ausgedrückt in CHF/Jahr (betriebswirtschaftliche Be-trachtungsweise, siehe Kapitel 3.6). Die Massnahme ist effizient, wenn REDE 1 gilt.

Beurteilung der gesellschaftlichen Effizienz der Massnahme: Die Risikoreduktion ent-spricht einer in Geldeinheiten ausgedrückten Bewertung (Zeitaufwand, Betriebsauf-wand, Lärm, etc.). Dies entspricht der gesellschaftlichen Betrachtungsweise gemäss Kapitel 3.6. Die Massnahme ist effizient, wenn REDE 1 gilt.

Beurteilung der Effizienz der Massnahme für die Risikoakzeptanz: Die Risikoreduktion wird ausgedrückt als Reduktion einer bestimmten Messgrösse, beispielsweise Anzahl Todesopfer pro Jahr, Anzahl Tonnen 2CO pro Jahr, etc.

Einzig für die Beurteilung bezüglich der Personensicherheit sind übergeordnete, vorge-schriebene Akzeptanzkriterien formuliert (Grenzkostenansatz). Bei den übrigen Mess-grössen sind keine entsprechenden quantitativen Kriterien für die Effizienz formuliert.

Eine Massnahmen zur Erhöhung der Personensicherheit ist effizient, wenn REDE < GK ist. Die Grenzkosten GK entsprechen dem Betrag, den die Gesellschaft bereit ist aufzu-wenden, um in Lebensrettung zu investieren (siehe Kapitel 3.6).

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3.6 Die Bewertung von Risiken 3.6.1 Einleitung

Optimale Entscheidungen werden über die Maximierung des Nutzens und die Minimie-rung der Kosten identifiziert. Der Erwartungswert des Nutzens und der Erwartungswert der Konsequenzen werden quantifiziert. Die so identifizierte, optimale Entscheidungsop-tion muss anschliessend auf ihre Konformität mit gesellschaftlichen Präferenzen geprüft werden. Im Vordergrund steht dabei die Personensicherheit.

Das ASTRA z.B. hat als Behörde die Verantwortung, dass eine ausreichende Sicherheit für alle Personen im öffentlichen Raum Strasse gewährleistet ist. Die Bewertung der Zu-lässigkeit von Handlungsalternativen legt für den Einzelfall fest, was gesellschaftlich als ausreichende Sicherheit angesehen werden kann.

3.6.2 Leitsätze zur Bewertung von Risiken

Leitsatz 6.1 Die optimalen Handlungsalternativen sind durch Maximierung von geeigneten Zielfunkti-onen zu identifizieren. Die Zielfunktion kann sowohl für die betriebswirtschaftliche als auch für die gesellschaftliche Entscheidungsfindung formuliert werden.

Leitsatz 6.2 Es ist zu prüfen, ob die optimale Entscheidung zulässig ist oder Rahmenbedingungen den Entscheidungsraum einschränken. Vorhandene Rahmenbedingungen sind einzuhal-ten und zu dokumentieren.

Leitsatz 6.3 Das nach der Ausführung der optimalen Handlungsalternativen verbleibende Risiko - das Restrisiko - muss bewertet werden und mögliche Defizite in der besten Praxis müssen diskutiert werden.

3.6.3 Anwendung der Leitsätze

3.6.3.1 Anwendung von Leitsatz 6.1 Die optimalen Handlungsalternativen sind durch Maximierung von geeigneten Zielfunkti-onen zu identifizieren. Die Zielfunktion kann sowohl für die betriebswirtschaftliche als auch für die gesellschaftliche Entscheidungsfindung formuliert werden.

Um die optimale Entscheidung zu identifizieren und deren Zulässigkeit zu beurteilen, wird in einem ersten Schritt die Zielfunktion definiert, die zu optimieren ist. Allgemein hat die Zielfunktion die Form:

yZ a B a C a R a (3.27)

B a bezeichnet generell den Erwartungswert des Nutzens einer Handlungsalternative

a , yC a den Erwartungswert der Kosten der Handlungsalternative und R a den Er-wartungswert der Schadenskosten (Konsequenzen). Der Parameter a kann entweder diskrete Werte annehmen, also für einzelne diskrete Entscheidungsoptionen stehen oder aber kontinuierlich sein. Der kontinuierliche Fall ist in Abb. 3.14 dargestellt.

Der Nutzen B a und die Schadenskosten R a werden gemäss Kapitel 3.2 diskontiert. Die Schadenskosten R a sind abhängig von der Versagenswahrscheinlichkeit, welche als konstant oder zeitlich variabel modelliert werden kann.

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Abb. 3.14: Identifizierung der optimalen Handlungsalternative *a .

Für einen Entscheidungsträger ist diejenige Entscheidung optimal, mit welcher der Nut-zen mit der Zielfunktion maximiert wird:

* maxa

a Z a (3.28)

Der Erwartungswert des Nutzens B a von Handlungsalternativen ist nicht immer direkt zu ermitteln. In Fällen, in denen der Nutzen für alle Handlungsalternativen gleich ist, kann in der Optimierung der Nutzen vernachlässigt werden. Die Vernachlässigung des Nut-zens ist im Entscheidungsprozess transparent zu begründen. Ist der Nutzen von Parame-ter a unabhängig, so hat er keinen Einfluss auf die optimale Entscheidung.

Werden verschiedene diskrete Handlungsalternativen ia miteinander verglichen, ent-spricht die Zielfunktion einem Vektor mit diskreten Werten der Zielfunktion iZ a für jede der Handlungsalternativen. Die optimale Handlungsalternative wird über Gleichung (3.28) identifiziert.

Die Zielfunktion kann nur maximiert werden, wenn alle Kosten und Nutzen die gleiche Einheit haben. Gemäss dem Kapitel 3.2 „Modellierung von Konsequenzen“ wird vorge-schlagen, monetäre Einheiten für die Zielfunktion zu verwenden.

Die Zielfunktion kann in Abhängigkeit von der Fragestellung für zwei prinzipielle Fälle, in denen unterschiedliche Konsequenzen berücksichtigt werden, formuliert werden:

betriebswirtschaftliche Entscheidungsfindung.

gesellschaftliche Entscheidungsfindung.

In der betriebswirtschaftlichen Entscheidungsfindung werden nur die internen Kosten be-rücksichtigt. Diese Kosten sind Kosten, die tatsächlich zu bezahlen sind, und entgangene Einnahmen. Sie beinhalten die Kosten für Massnahmen, alle Schäden die an Sachen und/oder Personen entstanden sind, Wiederherstellungskosten sowie administrative Kos-ten. Sind Schäden versichert, so ist die Versicherungsprämie bzw. der Anteil der Prämie, der dieser Entscheidungssituation zuzurechnen ist, in der Zielfunktion zu berücksichtigen. Etwaige Kompensationskosten nach Todesfällen oder Umweltschäden gehen ebenso in die Zielfunktion ein. Diese entsprechen jedoch nicht einer Zahlungsbereitschaft der Ge-

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sellschaft, um Schäden zu vermeiden. Der Wert, der für die Kompensationskosten anzu-setzen ist, ist dem Kapitel 3.2 „Modellierung von Konsequenzen“ zu entnehmen. Die Zah-lungsbereitschaft der Gesellschaft kann als Grenzkosten interpretiert werden.

In der Zielfunktion sind auch Kosten aus möglichen Budgetüberschreitungen zu berück-sichtigen, wie z.B. Kosten durch die Sicherstellung von Kapital. Die Kosten aus Budget-überschreitungen kann in die Zielfunktion einfliessen, indem die Überschreitungswahr-scheinlichkeit von Konsequenzen und die damit verbundenen zusätzlichen Kosten in den Erwartungswert der Schadenskosten R a berücksichtigt werden.

Die betriebswirtschaftliche Entscheidungsfindung und Optimierung ist in jedem Falle durchzuführen, da es für die Planung und Budgetierung unerlässlich ist, diese Kosten zu kennen. Die gesellschaftliche Entscheidungsfindung gibt einen Hinweis darauf, welche Konsequenzen der Gesellschaft entstehen. Die Formulierung der Zielfunktion enthält in diesem Fall daher alle Kosten, die der Gesellschaft entstehen, d.h. alle internen und ex-ternen Kosten. Dies sind z.B. monetarisierte Umweltschäden, den gesellschaftlichen Wert für das statistische Leben, Benutzerkosten und Zeitkosten (siehe auch Kapitel Kon-sequenzen). Die Zielfunktion hat damit einen anderen Fokus und liefert nicht dasselbe Optimum wie die betriebswirtschaftliche Optimierung. Die Optimierung dieser Zielfunktion hat eher informativen Charakter für den Entscheidungsträger. Es kann beurteilt werden, inwieweit das betriebswirtschaftliche und das gesellschaftliche Optimum auseinanderlie-gen. Es ist mit dem Entscheidungsträger festzulegen, ob diese Art der Optimierung durchgeführt werden soll.

3.6.3.2 Anwendung von Leitsatz 6.2 Es ist zu prüfen, ob die optimale Entscheidung zulässig ist oder Rahmenbedingungen den Entscheidungsraum einschränken. Vorhandene Rahmenbedingungen sind einzuhal-ten und zu dokumentieren.

Abb. 3.15: Identifizierung von zulässigen Handlungsalternativen **a .

Das unter Verwendung der Zielfunktion ermittelte Optimum liefert die Handlungsalternati-ve, die für den Entscheidungsträger unter Berücksichtigung seiner Präferenzen optimal ist. In der Zielfunktion wird nicht berücksichtigt, ob die Handlungsalternativen auch zuläs-sig sind. Zulässig bedeutet in diesem Zusammenhang, dass die rechtsstaatlichen und gesellschaftlichen Anforderungen erfüllt sind. Die Mindestanforderung ist, dass die ge-wählte Handlungsalternative diese Rahmenbedingungen einhält. Andere Rahmenbedin-gungen können sich aus ausserstaatlichen und/oder unternehmensinternen Regelungen ergeben. Jede Handlungsalternative wird auf die Konformität zu allen bestehenden Re-geln geprüft. Ist die optimale Handlungsalternative nicht zulässig, so ist die Handlungsal-ternative zu wählen, die den grössten Nutzen im zulässigen Bereich hat.

In Abb. 3.15 ist ein Fall dargestellt, indem die optimale Handlungsalternative *a nicht im zulässigen Bereich liegt. Die bestmögliche wählbare Option stellt die Handlungsalternati-ve **a dar.

Insbesondere dann, wenn diskrete Handlungsalternativen vorliegen, kann die Festlegung

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des zulässigen Bereichs vor der Auswertung der Zielfunktion erfolgen. Dann werden nur die Handlungsalternativen betrachtet, die die Rahmenbedingungen einhalten. Ob die Vereinfachung möglich ist, hängt von der Fragestellung und vom Anwendungsgebiet ab und ist vor der Analyse zu prüfen.

Die wesentlichen Rahmenbedingungen sind in den folgenden Dokumenten festgehalten:

SIA-Normen: Einhaltung der Vorgaben für Tragwerke (Kriterien bzgl. Tragfähigkeit).

VSS-Normen.

Erdbebensicherheit: Erfüllungsfaktor gemäss „Beurteilung der Erdbebensicherheit be-stehender Strassenbrücken", ASTRA.

Störfallverordnung: Kriterium der Häufigkeit einer schweren Schädigung.

Normen der Arbeitssicherheit.

ASTRA-Richtlinien.

Etc.

Die Personensicherheit ist im öffentlichen Raum der Hauptaspekt, der die Handlungsal-ternativen einschränkt. Um sie zu gewährleisten, müssen die Handlungsalternativen auf diesen Aspekt überprüft werden. Die Personensicherheit, die durch Normen und Gesetze geregelt wird, sowie die Einhaltung einer besten Praxis, stellt eine Minimalanforderung dar.

Für die Beurteilung der Personensicherheit können zwei grundsätzlich verschiedene Standpunkte eingenommen werden: derjenige eines Individuums und derjenige der Ge-sellschaft als Ganzes.

Als Mass für die Gefährdung einer einzelnen Person dient das sogenannte individuelle Risiko. Bezogen auf den Indikator Todesopfer bezeichnet es die Wahrscheinlichkeit, dass eine bestimmte Person innerhalb eines Jahres durch eine spezifische Aktivität oder an einem spezifischen Ort ums Leben kommt.

Anderseits ist aus Sicht der Gesellschaft der gesamte Schaden, also die Summe der in-dividuellen Risiken von Interesse, ausgedrückt als kollektives Todesfallrisiko. Dieses Ri-siko kann beträchtlich sein, auch wenn die einzelnen individuellen Risiken klein sind, so-fern eine grosse Zahl von Personen betroffen ist.

Die Zulässigkeit von Handlungsalternativen ist grundsätzlich aus beiden Blickwinkeln zu beurteilen.

Beim individuellen Risiko geht es um den Schutz des einzelnen Lebens, der in jedem Fal-le gewährleistet sein muss. Es gilt sicherzustellen, dass keine Person durch das betrach-tete System übermässig gefährdet wird bzw. das Risiko nicht tragbar ist. Dies kann mit-tels Grenzwerten erreicht werden, die ungeachtet der Kostenfolgen durch risikoreduzie-rende Massnahmen einzuhalten sind.

Der Schutz des Individuums liegt in der Verantwortung des Risikoerzeugers bzw. der All-gemeinheit. Individuelle Risiken sind beim Verkehrssystem Strasse jedoch im Allgemei-nen von untergeordneter Bedeutung. Massgebend für die Beurteilung der Zulässigkeit von Handlungsalternativen sind daher die kollektiven Risiken. Sicherheitsbereiche, in de-nen Personen durch ihre exponierte Tätigkeit ein hohes individuelles Risiko aufweisen, sind stark reguliert und den Rahmenbedingungen des entsprechenden Sicherheitsberei-ches unterworfen. Aus diesem Grund wird im Rahmen der Risikobewertung verzichtet, zusätzliche explizite Kriterien für individuelle Risiken zu formulieren, die sich auf Einzelfäl-le beziehen und bestehende Rahmenbedingungen überlagern. Die nachstehend erläuter-ten Kriterien zur Bewertung der Zulässigkeit von Handlungsalternativen beziehen sich daher ausschliesslich auf kollektive Todesfallrisiken.

Für die Festlegung der Grenzkosten für kollektive Personenrisiken existiert eine etablierte

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Basis. Für andere immaterielle Risiken wie Einbussen im Landschaftsbild, Bodenver-schmutzung, Luftverschmutzung, etc., besteht keine vergleichbare Basis. Soweit sie für die Risikobewertung von Bedeutung sind, fliessen die entsprechenden Schäden ohnehin in die Optimierung aus gesellschaftlicher Sicht ein. Die Festlegung der Werte muss dann durch den Entscheidungsträger erfolgen.

Bei der gesellschaftlichen Sicht wird beurteilt, ob das kollektive Risiko zulässig ist. Dabei werden die gesellschaftlichen Präferenzen zur Reduktion des Todesfallrisikos berück-sichtigt und in Form von Grenzkosten ausgedrückt. Das Grenzkostenkriterium kann wie folgt formuliert werden:

y GdC a C dm a (3.29)

Das Grenzkostenkriterium besagt, dass in risikoreduzierende Massnahmen investiert werden muss, bis die Rettungskosten ydC gleich oder grösser als die Grenzkosten

GC dm a sind. Die Rettungskosten yC entsprechen dem Teil der Gesamtkosten der Massnahme, die für die Personensicherheit ausgegeben werden. GC m a ist die Kos-tenfunktion, die abhängig von der Todesfallrate m a und den Grenzkosten GC ist. Das Grenzkostenkriterium zur Bewertung der Zulässigkeit ist an die Möglichkeit gekoppelt, das Todesfallrisiko mit effizienten Massnahmen reduzieren zu können.

Die Akzeptanz des Risikos ist also nicht nur vom Risikoniveau abhängig, sondern auch von den Kosten die anfallen, um das Risiko zu reduzieren.

Analog zur Ungleichung (3.29) ergibt sich für die Bewertung von diskreten risikoreduzie-renden Handlungsalternativen die folgende Gleichung:

0 1( )

( ) ( )

y i G

y i G i

C a C m a m a

C a C m a

(3.30)

( )y iC a bezeichnet den Erwartungswert der Kosten für die Handlungsalternative ia und ( )im a bezeichnet die Änderung der Rate von Todesfällen. Diese Änderung der Rate

bezieht sich auf den Ausgangszustand des Systems 0a , mit der zugehörigen Todesfall-rate 0( )m a . Wenn in der gewählten Zeiteinheit (in der Regel ein Jahr) mehr als ein To-desfall eintreten kann, ist es notwendig die Todesfallwahrscheinlichkeiten in Todesfallra-ten zu überführen. Dies stellt den Regelfall dar.

Aus den Gleichungen (3.29) und (3.30) ist ersichtlich, dass die Zulässigkeit für eine Aus-gangsituation nicht bewertet werden kann, ohne die Kosten möglicher Handlungsalterna-tiven und ihre Effizienz im Hinblick auf die Risikoreduktion mit zu berücksichtigen.

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Abb. 3.16: Unterschiedliche diskrete Handlungsalternativen, ihre Eintretensrate und die jeweilige Eintretensrate die zulässigen Handlungsalternativen entspricht.

In der Praxis wird die Zulässigkeit von Handlungsalternativen oft durch sogenannt "ak-zeptable Risiken" bewertet.

Abb. 3.16 illustriert diese Zusammenhänge anhand fünf verschiedener diskreter Hand-lungsalternativen, die zur Verfügung stehen, um eine Ereignisrate 0m a zu reduzieren. Jede dieser Handlungsalternativen ia ist mit Kosten ( )y iC a verbunden und führt zu einer Reduktion im a der Ereignisrate. Die Ereignisrate im a , die zulässigen Hand-lungsalternativen entspricht, kann unter Anwendung der Gleichung (3.30) berechnet wer-den. So ergibt sich für die Handlungsalternative 2a ein anderer Wert für das akzeptierba-re Risiko als für Handlungsalternative 4a . Obwohl die Handlungsalternative 2a als auch die Handlungsalternative 4a zur selben Reduktion der Ereignisrate führen, ist lediglich die Handlungsalternative 2a akzeptierbar. Dies hängt mit den wesentlich höheren Kosten zusammen, die mit Handlungsalternative 4a verbunden sind.

Für die Beurteilung der Zulässigkeit von Entscheidungen, welche die Möglichkeit von Personenschäden beinhalten, sind als Grenzkosten GC 5 Millionen CHF einzusetzen (Stand 2007). Dieser Wert ist zeitvariant und sollte daher periodisch überprüft und ange-passt werden. Es wird vorgeschlagen, eine Periode für die Überprüfung der Werte von nicht länger als fünf Jahren zu wählen. Die Herleitung dieses Wertes basiert auf dem Konzept des LQI (Life Quality Index). Der LQI beschreibt die beobachtbaren Präferenzen einer Gesellschaft in lebensrettende Massnahmen zu investieren. Dazu wird ein Sozialin-dikator benutzt, welcher das Bruttoinlandsprodukt, die Lebenserwartung und die für den Verdienst des Lebensunterhaltes eingesetzte Zeit beinhaltet. Da der LQI in Beziehung zu den ökonomischen Möglichkeiten einer Gesellschaft unter Berücksichtigung der durch-schnittlichen Lebenserwartung steht, ist es möglich, durch den LQI abzuleiten, wie viel eine Gesellschaft in Lebensrettung investieren sollte. Er ermöglicht es im Sinne der Me-thode der beobachtbaren Präferenzen die Zahlungsbereitschaft der Gesellschaft für eine inkrementelle Verlängerung des Lebens abzuschätzen und damit Akzeptanzkriterien ab-zuleiten.

Für die Anwendung der Prüfung der Zulässigkeit kann die Ungleichung (3.29) vereinfacht werden, indem die Todesfallrate m a durch die Ereignisrate a ausgedrückt wird. Dies ist dann zulässig, wenn die Anzahl an gefährdeten Personen und die Sterbewahr-scheinlichkeit k nicht von der Option a abhängig sind. Die Ungleichung (3.29) kann dann im kontinuierlichen Fall umgeschrieben werden zu:

( ) ( )y G PdC a C kN d a (3.31)

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Im diskreten Fall ergibt sich Gleichung (3.30) zu:

0 1( )

( ) ( )

y i G P

y i P i

C a C kN a a

C a kN a

(3.32)

( )a bezeichnet die Ereignisrate, PN die Anzahl gefährdeter Personen und k die be-

dingte Sterbewahrscheinlichkeit bei einem Ereignis.

Für andere immaterielle Konsequenzen, wie z.B Schäden an der Umwelt oder den 2CO Ausstoss, gibt es zurzeit keine generell festgelegten Grenzkosten. Als Methoden zur Er-mittlung solcher Grenzkosten wird empfohlen, die Methode der beobachtbaren Präferen-zen zu verwenden. Die Grenzkosten sollten auf strategischer Ebene allgemeingültig für alle Sicherheitsbereiche festgelegt werden.

Dem Entscheidungsträger steht es frei, weitere Kriterien zur Bewertung der Zulässigkeit von Handlungsalternativen zu wählen. Sie dürfen jedoch nicht die gesetzlichen Regelun-gen verletzen. Andere Kriterien können z.B. die Dauerhaftigkeit von Bauwerken betreffen. Kriterien, die diese Aspekte betreffen, sind vom Entscheidungsträger zu definieren und festzulegen. Als Entscheidungsgrundlage kann es notwendig sein, die Auswirkungen der Wahl verschiedener Kriterien zu ermitteln und dem Entscheidungsträger darzulegen. Je-de Wahl von Kriterien sollte allgemeingültig für alle Sicherheitsbereiche festgelegt wer-den, um die Vergleichbarkeit zu gewährleisten.

Dies sollte auch bei der Wahl von sogenannten Schutzzielen berücksichtigt werden. Un-ter Schutzzielen können unterschiedlichste Werte verstanden werden, welche geschützt werden sollen. Dabei kann es sich um eine Siedlung handeln, um eine absolute Anzahl zu verringernder Todesopfer pro Jahr, um ein maximales individuelles Risiko. Im Rahmen dieser Methodik sind Schutzziele, falls sie vorgegeben sind, als Randbedingung zu be-trachten, welche zum Ausschluss von gewissen Handlungsoptionen führen können. Auf-grund des Anspruches, absolut erfüllt werden zu müssen, können absolut formulierte Schutzziele zu grossen finanziellen Investitionen für die Verhinderung z.B. nur eines To-desopfers führen. An unterschiedlichen Orten können somit für die Erreichung des glei-chen Schutzzieles unterschiedlich viele Mittel notwendig sein, und die Ressourcen wer-den gesellschaftlich nicht gleichmässig eingeteilt. Um den Einsatz der gesellschaftlichen Ressourcen in dieser Hinsicht zu steuern und mit den gegebnen Ressourcen möglichst viele Todesopfer zu verhindern, werden in dieser Methodik nicht absolute Schutzziele, sondern das Grenzkostenkriterium verwendet.

3.6.3.3 Anwendung von Leitsatz 6.3 Das nach der Ausführung der optimalen Handlungsalternativen verbleibende Risiko - das Restrisiko - muss bewertet werden und mögliche Defizite in der besten Praxis müssen diskutiert werden.

Die Definition der Zulässigkeit von Handlungsalternativen, wie sie im Leitsatz 6.2 darge-legt ist, ermöglicht den effizienten Einsatz der zur Verfügung stehenden Mittel. Eine Ak-zeptanz dieses Risikos ist nicht nur abhängig vom absoluten Risikoniveau, sondern von den Mitteln, die eingesetzt werden müssen, um das Risiko zu reduzieren, und der zur Verfügung stehenden Massnahmen. Der Fokus liegt demnach nicht auf der Entwicklung eines absoluten Grenzwertes für ein zulässiges Risikoniveau, sondern auf den Risiken, welche mit geeigneten Massnahmen effizient reduziert werden können.

Dies impliziert, dass es Sicherheitsbereiche gibt, die auch nach der Durchführung aller möglichen und vernünftigen Massnahmen ein höheres Risiko aufweisen als andere. Die-ser Effekt ist natürlich und kann verschiedene Ursachen haben.

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Erstens: Es besteht eine Abhängigkeit zwischen der Anzahl an Objekten und Aktivitäten im Portfolio und dem totalen Risiko in jedem Sicherheitsbereich. So weisen Sicherheits-bereiche mit einem grossen Portfolio naturgemäss ein höheres Risiko auf als andere. Der Vergleich des totalen Risikos stellt daher kein Mass für Beurteilung der Sicherheitsberei-che und die Allokation von Ressourcen dar.

Zweitens: Es gibt Sicherheitsbereiche, in denen effizientere Massnahmen zur Reduktion des Risikos vorhanden sind. In diesen Bereichen kann das Risiko mit geringem Aufwand reduziert werden. Sie weisen daher ebenfalls ein geringeres totales Risiko auf als andere Bereiche. Werden Massnahmen untersucht und lässt sich das Risiko durch die Mass-nahmen nicht stark reduzieren, so ergibt sich daraus ein Hinweis darauf, dass effiziente Methoden zur Risikoreduktion (noch) nicht bestehen. Es besteht Bedarf an der Entwick-lung von Methoden in diesen Bereichen und eine besten Praxis sollte in diesen Berei-chen etabliert werden.

Drittens: Das Risiko ist für alle Objekte und Personen zeitvariant. Die Veränderung des Risikos mit der Zeit verursacht eine Variation im Portfolio des Sicherheitsbereichs, die abhängig ist von der Struktur, der Art und der Charakteristik des Portfolios.

Jede Handlungsalternative, einschliesslich der Option keine Massnahmen durchzuführen, birgt Risiken. Diese Risiken werden häufig als Restrisiko bezeichnet. Es kann direkt unter Verwendung der Zielfunktion ermittelt werden und entspricht dem Erwartungswert der Konsequenzen für die optimale Handlungsalternative *a . Unter Verwendung der Notati-on von Gleichung (3.24) ergibt sich das Restrisiko resR zu:

*resR R a (3.33)

Ein gleiches Risiko für alle Sicherheitsbereiche ist nicht anzustreben, nicht vertretbar und nicht erreichbar. Gleiches Risiko für alle bedeutet, dass die Ressourcen ungleich verteilt werden, was ethisch nicht zu vertreten ist.

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3.7 Darstellung von Risiken 3.7.1 Einleitung

Die Ergebnisse einer Risikobeurteilung liegen je nach gewähltem Ansatz der Risikoer-mittlung in unterschiedlicher Form vor. Ziel der Risikodarstellung ist es, die Ergebnisse so zusammenzufassen und darzustellen, dass eine differenzierte Antwort auf die Frage-stellungen des Entscheidungsträgers möglich ist.

3.7.2 Leitsätze zur Darstellung von Risiken

Leitsatz 7.1 Die Ergebnisse von qualitativen Risikoermittlungen werden in Risikomatrizen, die auf die jeweilige Fragestellung abzustimmen sind, dargestellt.

Leitsatz 7.2 Werden die Risiken aus quantitativen Risikoermittlungen monetarisiert d.h. in Geldeinhei-ten ausgedrückt, so sind die Ergebnisse auch in ihren natürlichen Einheiten vor der Mo-netarisierung darzustellen.

Leitsatz 7.3 Die Ergebnisse von quantitativen Risikoermittlungen sind je nach Bedarf für die Beant-wortung der Fragestellung differenziert zu gliedern nach unterschiedlichen Gefahren, Ar-ten von Konsequenzen, oder einzelnen Objekten, sowie aggregiert zu gesamten Syste-men. Ist der geographische Bezug der Ergebnisse bedeutsam, so sind die Risiken lokali-siert darzustellen.

Leitsatz 7.4 Die Wahl einer zulässigen, optimalen Handlungsalternative soll direkt aus der Darstellung der Ergebnisse abgeleitet werden können.

3.7.3 Anwendung der Leitsätze

3.7.3.1 Anwendung von Leitsatz 7.1 Die Ergebnisse von qualitativen Risikoermittlungen werden in Risikomatrizen, die auf die jeweilige Fragestellung abzustimmen sind, dargestellt.

Sollen unterschiedliche Konsequenzen erfasst werden, so müssen die entsprechenden Ausmassklassen (Tab. 3.1) in der Risikomatrix definiert sein.

Für die Beurteilung der Risiken wird die Matrix in Risikoklassen unterteilt. Im Allgemeinen sind es drei Klassen: kleine, mittlere, hohe Risiken (Tab. 3.12 und Tab. 3.13).

Tab. 3.12: Risikoklassen

Legende Bezeichnung

Kleine Risiken (Szenarien mit zulässig kleinen Risiken): kein Handlungsbedarf

Mittlere Risiken (Szenarien mit tolerierbaren Risiken): Massnahmen prüfen

Hohe Risiken: Handlungsbedarf, Massnahmen ergreifen, Risiken vertieft untersuchen

Die Szenarien werden als einzelne Punkte in der Risikomatrix (Tab. 3.13) eingetragen (Beispiel: S1, S2, S3, S4). Die dargestellten Szenarien lassen sich nach Höhe des Risi-kos ordnen: S1 (hoch), S2 und S4 (mittel), S3 (klein). S2 und S4 weisen ungefähr das gleiche Risiko auf.

Würden Personenschäden auf einem Strassenabschnitt mit dieser Risikomatrix beurteilt, könnten wir es hier mit folgenden Szenarien zu tun haben: S1 Verkehrsunfälle durch er-höhte Geschwindigkeit, S2 Arbeitsunfälle auf einer akutellen Strassenbaustelle, S3 Ver-

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Sicherheit des Verkehrssystems Strasse und dessen Kunstbauten Bericht Nr. 618 | Methodik zur vergleichenden Risikobeurteilung

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kehrsunfälle durch Wildtiere auf der Strasse, S4 = Personenschäden durch unerwartetet Lawinenniedergänge.

Eine Untersuchung der Risiken, gegliedert nach direkten und indirekten Risiken, ermög-licht eine transparentere Analyse der Risiken. Je nach Fragestellung sind die Risiken wei-ter aufzugliedern; zu empfehlen ist die getrennte Ermittlung von Personenrisiken, ökolo-gischen und wirtschaftlichen Risiken. Weitergehende, detailiertere Risikodiagramme für jede einzelne Konsequenz können dazu beitragen, um sich über die Beurteilungsgrund-lagen mehr Transparenz zu verschaffen. Mit Risikomatrizen werden Risiken bezogen auf eine konkrete Fragestellung relativ zueinander beurteilt. Risiken können mit Risikomatri-zen nicht aggregiert werden.

Tab. 3.13: Vereinfachte Risikomatrix (siehe auch Kapitel 3.1 Systemdefinition).

Ereignisraten Risikoklassen

häufig S1 hohe Risiken

gelegentlich S2 mittlere Risiken

selten S3

sehr selten kleine Risiken S4

3.7.3.2 Anwendung von Leitsatz 7.2 Werden die Risiken aus quantitativen Risikoermittlungen monetarisiert d.h. in Geldeinhei-ten ausgedrückt, so sind die Ergebnisse auch in ihren natürlichen Einheiten vor der Mo-netarisierung darzustellen.

Die Monetarisierung bzw. Bewertung in Geldeinheiten dient dazu, unterschiedliche Kon-sequenzen vergleichbar zu machen und eine Optimierung mit Hilfe einer Zielfunktion durchführen zu können. Durch die Monetarisierung geht jedoch ein Teil der Information in einem Ergebnis verloren. Soweit dies im Rahmen der Systemdefinition bestimmt wurde (Fragestellung und Entscheidungsträger) sind die Ergebnisse getrennt nach natürlichen Einheiten und monetarisiert (evtl. getrennt nach Konsequenz) darzustellen. Auf diese Weise wird volle Transparenz bei der Bewertung in Geldeinheiten erzielt. Dies wird in der folgenden Graphik (Abb. 3.17) erläutert. So kann beispielsweise für die Konsequenz „Klimaeffekt“ in der Systemdefinition festgelegt werden, dass sie als relevante Konse-quenz berücksichtigt werden muss. Die Festlegung der Messung in natürlichen Einheiten könnte gemäss NISTRA Indikator U211 abgeleitet aus den Fahrzeugkilometern erfolgen. Eine Bewertung dieser Konsequenz würde im Idealfall mit Werten nach der Methode der beobachtbaren Präferenzen erfolgen, wird aber in der Systemdefinition mit dem Wert x CHF pro Fahrzeugkilometer festgelegt. Als Resultat wird das monetarisierte Risiko dieser Konsequenz erhalten, welches isoliert von anderen Konsequenzen betrachtet über meh-rere Risikobeurteilungen verglichen werden kann. Schwieriger zu beurteilen ist der Ver-gleich, wenn zum monetarisierten Wertes dieser Konsequenz auch die Unfallkosten auf-summiert werden. Informationen, welche der transparenten Beurteilung dienen, sind dann nicht mehr ersichtlich. Werden Ergebnisse nicht explizit getrennt dargestellt, so muss die Methodik und Dokumentation dies jederzeit nachträglich erlauben.

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Abb. 3.17: Differenzierung nach Risiken in ihren natürlichen Einheiten und monetarisierten Risiken.

3.7.3.3 Anwendung von Leitsatz 7.3 Die Ergebnisse von quantitativen Risikoermittlungen sind je nach Bedarf für die Beant-wortung der Fragestellung differenziert zu gliedern nach unterschiedlichen Gefahren, Ar-ten von Konsequenzen, oder einzelnen Objekten, sowie aggregiert zu gesamten Syste-men. Ist der geographische Bezug der Ergebnisse bedeutsam, so sind die Risiken lokali-siert darzustellen.

Die Möglichkeiten, das Ergebnis der Risikoermittlung nach unterschiedlichen Gesichts-punkten zu gliedern und darzustellen, sind sehr vielfältig. Entscheidend ist, dass die für die Fragestellung wesentlichen Aspekte herausgearbeitet werden. Welche das sind, wird aus dem Kontext heraus bestimmt.

Darstellungen, welche zu einer transparenten, möglichst alle relevanten Informationen berücksichtigenden Beurteilung führen sollen, enthalten alle oder (je nach Fragestellung) Teile der folgenden Information:

Risiko je Objekt oder System, mit/ohne Trennung nach Personen-, Umweltschäden und wirtschaftlichen Schäden.

Unsicherheit je Szenario.

Verteilung des direkten und indirekten Risikos (evtl. zusätzliche Trennung der Unsi-cherheit bei den direkten und den indirekten Risiken).

Robustheitsindex ORI (gemäss Projekt AGB2002/20, Bericht Nr. 616 [6]).

Die mit den Konsequenzen verbundenen Unsicherheiten sind gemäss Kapitel „Unsicher-heiten" darzustellen, sei es als Zahlenwert, Balken oder Dichtefunktion, als:

Variationskoeffizienten [ ]CoV R .

Standardabweichung .

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0

500

1000

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2000

2500

3000

3500

4000

4500

B1 B2 B3

Erw

artu

ngsw

ert

e, C

HF/

Jahr

10^

3

Teilstrecke

Monetarisiertes Risiko der Teilstrecken B1 bis B3,

Vergleich der Konsequenzen

Konsequenz C

Konsequenz B

Konsequenz A

Abb. 3.18: Fiktives Beispiel der Darstellung der monetarisierten Konsequenzen; Erwar-tungswerte.

Vor allem (aber nicht nur) bei der Zusammenfassung der Ergebnisse für das Manage-ment des Portfolios müssen die mit den Risiken verbundenen Unsicherheiten zur Ab-schätzung des Portfoliorisikos entsprechend dargestellt werden.

Mögliche Darstellungsformen für diese Informationen sind:

Tabellarische Darstellung der Risiken: Exakte Zahlenwerte.

Säulendiagramm: Visualisierung von Unterschieden in den Risiken, Darstellung von Unsicherheiten als zusätzliche Balken.

Kuchendiagramme: Visualisierung von Risikoanteilen (beispielsweise direkte zu indi-rekte Risiken).

Wahrscheinlichkeits-Ausmassdiagramme: Charakteristik des Risikos, erforderlich bei Risikoermittlungen gemäss Störfallverordnung.

Dichtefunktionen.

0

10'000

20'000

30'000

40'000

50'000

60'000

CH

F/Ja

hr

A1 A2 A3Teilstrecke

Monetarisiertes Risiko der Teilstrecken A1 bis A3Erwartungswerte und Quantilwerte

E[C]

Abb. 3.19: Beispiel der Darstellung der Unsicherheit von Risiken unter Angabe des Erwar-tungswertes der Konsequenzen E[C] und des 10%- respektive 90%-Quantils.

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Abb. 3.20: Beispiel zur Darstellung des Risikos in einem Häufigkeits-Konsequenzen-Diagramm.

Für den darstellenden Vergleich von Risiken über geographische Regionen oder Teilnet-ze, ist die Information geographisch zu visualisieren (z.B. geographisch lokalisierte Bal-kendiagramme).

3.7.3.4 Anwendung von Leitsatz 7.4 Die Wahl einer zulässigen, optimalen Handlungsalternative soll direkt aus der Darstellung der Ergebnisse abgeleitet werden können.

Neben der Darstellung und Visualisierung der Risiken ist auch eine allfällige Beurteilung von Massnahmen und Handlungsalternativen sowie die Zulässigkeit der Risiken für den Entscheidungsträger tabellarisch und graphisch aufzuarbeiten und darzustellen:

Werte der Zielfunktion für die geprüften Alternativen.

Bedingungen der Risikoakzeptanz für unterschiedliche Risiken und Kriterien (Risiko-wert < Akzeptanzkriterium).

Nebst den in Leitsatz 3 genannten Empfehlungen bezüglich der möglichen darzustellen-den Information (Trennung nach Personen-, Wirtschaftlichen und Umweltschäden, direk-ten und indirekten Risiken, Angabe der Unsicherheiten, Angabe des Robustheitsindexes) sind zusätzlich folgende Angaben notwendig:

Effizienz.

Bewertungskriterien für die unterschiedlichen Konsequenzen (Personen-, wirtschaftli-che Schäden und Umweltschäden).

Die gewählte Strategie bezüglich Risikobehandlung entscheidet darüber, welche Informa-tion explizit dargestellt wird. Gilt die Reduzierung des 2CO -Ausstosses als eine Priorität nebst der Verringerung der Personenschäden und der Kosten, so ist die explizite Darstel-lung dieser Konsequenz und der Effizienz einer Massnahme in Bezug zu dieser Konse-quenz zu wählen.

Auch für aggregierte Risiken ist zu prüfen, ob das Grenzkostenkriterium bezüglich Perso-nensicherheit erfüllt wird, die Handlungsalternativen also akzeptierbar sind (siehe Kapitel 3.6 „Bewertung von Risiken“).

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4 Diskussion und Schlussfolgerungen

4.1 Zielerreichung In den bisherigen Kapiteln haben wir eine generelle Methodik der Risikobeurteilung und der risikobasierten Entscheidungsfindung für das Portfolio an Risiken präsentiert, welche ASTRA zu berücksichtigen hat. Im Folgenden werden die wesentlichen Bestandteile da-von ausgeführt und erläutert, inwieweit die Ausführungen den im Vorfeld identifizierten, und in der Einleitung aufgeführten Zielsetzungen gerecht werden.

Eignung der Methodik für ihren Einsatz über die Sicherheitsbereiche der Strassenverwaltungen Die Sicherheitsbereiche des ASTRA wurden in der Voranalyse zu diesem Projekt einge-hend analysiert [5]. Die vorgeschlagene methodische Basis stellt gleichzeitig eine ge-meinsame methodische Basis dar, welche über alle Sicherheitsbereiche anwendbar ist.

Die entwickelte Methodik umfasst alle Sicherheitsbereiche des ASTRA und der Strassen-verwaltungen, welche beim Management des Strassennetzes zu berücksichtigen sind. Die vorgeschlagenen Verfahren sind unabhängig davon, ob eine Naturgefahr, ein Objekt, ein Teilnetz oder das gesamte Netz betrachtet wird. Abhängig von der Ebene der Risiko-beurteilung - also ob ein einzelnes Objekt, oder mehrere Objekte aggregiert beurteilt werden - werden Merkmale erhoben, welche analysiert werden können und so zum Ver-ständnis des Systems und seinem effizienten Management beitragen. Dies betrifft bei-spielsweise die Abschätzung der Robustheit für ein Objekt oder ein Strassensegment. Die Robustheit dient als wichtiger Indikator für die Bedeutung des Objekts in Bezug auf die gesamte Funktionalität des Strassennetzes.

Konformität zu bestehenden Normen und Richtlinien Eine weitere Anforderung an die Methodik betrifft die Konformität zu existierenden, be-züglich Risikobeurteilungen relevanten Normen, Richtlinien und Codes. Um diese zu ge-währleisten, liefert die Methodik klare Anweisungen, wie bestehende Vorgaben in einer vergleichenden Methodik integriert werden können, siehe Leitsatz 2 in Kapitel 3.6 Risiko-bewertung.

Die Methodik folgt eng den Vorgaben der aktuellen, international anerkannten beste Pra-xis im Bereich der Risikobeurteilungen (Kap. 2.2 Methodische Basis). Die einzelnen Stu-fen einer solchen besten Praxis werden im vorliegenden Dokument gemäss den Zielset-zungen des Projekts ausgebaut (Kap. 3 Erläuterungen zu einzelnen Teilen der Methodik). Jede einzelne Stufe soll das Verständnis für die Problemstellung erhöhen. Damit soll si-cher gestellt werden, dass Risikobeurteilungen nicht zu einer rein akademischen Übung ohne Praxisbezug verkommen. Die entwickelten Ansätze führen nicht zu respektive bein-halten keine Empfehlungen, bestehende Normen und Richtlinien zu umgehen. Die Risi-kobeurteilung und die daraus abgeleitete Entscheidungsgrundlage sollten immer als komplementär zu solchen bereits bestehenden Vorschriften angesehen werden. Tatsäch-lich müssen die existierenden Normen und Richtlinien als ein Teil dieser besten Praxis verstanden werden, welche nicht durch diese neuen Ansätze verdrängt werden sollte. Trotzdem muss aufgrund der gemachten Erfahrungen bei der Anwendung dieser Vor-schriften die Empfehlung gemacht werden, die bestehenden Normen und Richtlinien schrittweise zu modifizieren. Eine sukzessive Verbesserung der besten Praxis und des Risikomanagements gemäss neuen Erkenntnissen muss kontinuierlich erfolgen.

Umsetzbarkeit der Methodik auf strategischer und operationeller Ebene Für die Entscheidungsfindung im Risikomanagement des ASTRA und der Strassenver-

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waltungen werden auf strategischer und/oder operationeller Ebene folgende Fragenstel-lungen behandelt (siehe Kapitel 1), welche mit der vorgestellten Methodik mit unter-schiedlichem Detailierungsgrad untersucht werden können.

Sicherheitsniveau Die Methodik liefert für die Festlegung von Sicherheitszielen ein Konzept, welches die er-reichbare Risikoreduktion, und die gesellschaftliche Zahlungsbereitschaft für die Vermei-dung von Risiken mit einbezieht. Knappe Ressourcen werden demnach erstens gemäss den Präferenzen der Gesellschaft, und zweitens nur dort eingesetzt, wo sie am effizien-testen Risiken (also Todesfälle, Sachschäden, Umweltschäden, etc.) reduzieren können (Kap. 3.6, akzeptable und optimale Handlungsalternativen).

Für top-down-Analysen, welche für die Beurteilung des Sicherheitsniveaus auf dem gan-zen Strassennetz benötigt werden, werden in der Methodik die notwendigen Vorgaben und Bedingungen formuliert (Kap. 3.3 und Kap. 3.4: Notwendigkeit der Berücksichtigung von Unsicherheiten und Abhängigkeiten). Sie stellen in einer erstmaligen Risikobeurtei-lung über einen grösseren Teilraum einen grösseren Aufwand dar, sind aber wichtige Elemente, um die auch in der Risikopolitik des Bundes erwähnte Berücksichtigung der Wechselwirkungen der Risiken in die Beurteilung mit einbeziehen zu können. Bei der Wahl von entsprechenden Modellen ist die in den „Grundlagen für das Risikomanage-ment beim Bund“ ebenfalls erwähnte (jährliche) Aktualisierung von solchen Risikobeurtei-lungen, also die Integration von neuer Information, mit einem sehr kleinen Aufwand ver-bunden. Die Frage nach dem „wann? und wo?" kann somit fortlaufend, und konsistent mit vorhergehenden Beurteilungen beantwortet werden.

Verbesserung der Sicherheit des Strassennetzes Um die Sicherheit erhöhen zu können, müssen die entsprechenden Systeme mit all ihren Einflussgrössen ausreichend bekannt sein, und alle potentiellen Ereignisse mit ihren Konsequenzen erhoben werden. Die Methodik formuliert entsprechende Vorgaben an Systemdefinition und Konsequenzen. Mit der Kenntnis des betrachteten Systems, seiner Einflüsse, seiner Risiken und möglichen Massnahmen, sollen auch zukünftige Chancen erkannt werden (Kap. 3.1, Kap 3.2).

Budgetierung Wichtig für das Budget ist es, die Unsicherheit der Ergebnisse zu kennen. So kann Über-raschungen in Form von „unerwarteten" Ereignissen mit einer entsprechenden Risiko- und Budgetpolitik vorgebeugt werden. Dazu müssen die Unsicherheiten und die Abhän-gigkeiten der Risiken in der Risikobeurteilung berücksichtigt und in den Ergebnissen dar-gestellt werden (Kap. 3.3 und Kap. 3.4).

Verteilung des Budgets In diesem Projekt wird nicht das absolute Risiko betrachtet, sondern die erreichbare Risi-koreduktion. Damit wird das Budget dort eingesetzt, wo am effizientesten Risiken redu-ziert werden können (Kap. 3.6 Bewertung von Risiken). Pro eingesetzte Einheit (an Res-sourcen) wird ein Maximum an Risikoreduktion, also Reduktion von Todesfällen, von Sachschäden etc. erreicht. Ein einheitliches Sicherheitsniveau ist nicht das Ziel. Eine vorgegebene Verteilung von Ressourcen, beispielsweise für eine bestimmte Region oder Filiale, ist als zusätzliche Rahmenbedingung zu sehen.

Die getrennte Ermittlung von Konsequenzen gemäss vorgegebenen Kriterien garantiert, dass ein Risikoportfolio für die jeweils interessierenden Bereiche erfolgen kann (Kap. 3.2 Konsequenzen).

Transparenz Die Methodik liefert die notwendigen Grundlagen, um Risiken transparent, d.h. mit mög-lichst vollständiger Information beurteilen zu können. Jegliche existierende Konzepte, welche aus Gründen der vermeintlichen Vereinfachung dazu führen, dass uninterpretier-bare, also intransparente Ergebnisse entstehen, wurden in dieser Arbeit nicht berücksich-tigt. Die externe Kommunikation von Risiken, die Kommunikation der Gesellschaft und

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Vertretern der Gesellschaft gegenüber, basiert sicherlich auf dieser Transparenz. Weitere Anleitungen hierzu sind aber nicht Bestandteil dieses Projekts.

Verbesserung der Sicherheit des Objekts/der Aktivität Voraussetzung für die Verbesserung der Sicherheit ist sicher eine umfassende Kenntnis des betrachteten Systems (Kap. 3.1 Systemdefinition), aber auch die Berücksichtigung aller Möglichkeiten, welche sich für eine effiziente Reduktion des Risikos bieten (Kap. 3.5 Effizienz von Massnahmen).

Einflüsse von Objekten/Aktivitäten auf das Strassennetz als Ganzes Der Einfluss von Ereignissen auf das Netz wird über die Kenntnis des Systems, und die Erhebung aller Konsequenzen festgestellt. Als Hilfestellung wurde das Konzept der direk-ten und indirekten Risiken eingeführt, welches eine möglichst vollständige Betrachtung der Konsequenzen als Ziel hat. Dies ist auch Bedingung für die Ermittlung von Mass-nahmen im Netz mitsamt ihrer Effizienz.

Effizienz und Optimierung Um effiziente Mittel und Verfahren vorschlagen zu können, ist die Kenntnis des betrach-teten Systems eine Grundvoraussetzung. Der Detailierungsgrad der Betrachtung muss den Massnahmen entsprechend angepasst werden. Wichtig ist auch die Kenntnis der breiten Palette an Möglichkeiten zur Reduzierung der Konsequenzen, von der Prävention und Kontrolle bis hin zur Notfallplanung, und ihrer Wirkung (Kap. 3.6 Bewertung von Risi-ken, Kap. 3.5 Effizienz von Massnahmen).

Berücksichtigung aller vorhandenen Information Deutlich hervorgehoben wird in diesem Bericht die Tatsache, dass Wissen und dessen Darstellung eine entscheidende Rolle bei der Risikobeurteilung und der Entscheidungs-findung spielen respektive spielen müssen. Grundlage dafür ist die Überzeugung, dass die verschiedenen Möglichkeiten das Risiko zu reduzieren nur effizient gehandhabt wer-den können, wenn Wissen über das Risiko vorhanden ist. Sonst kann es dazu führen, dass versucht wird, Probleme mit falschen Instrumenten zu lösen. Wissen und Verste-hen, wie Unsicherheiten die Risiken beeinflussen, fördert die Reduktion dieses Einflusses durch geeignete Mittel - und das ist bereits ein wichtiger Aspekt des Risikomanagements. Schliesslich erfordert jede Beurteilung des Risiko-Portfolios des ASTRA und der Stras-senverwaltungen die Berichterstattung aller abgeschätzten Risiken mit ihren Unsicherhei-ten. Dazu muss einerseits die Systemdefinition bereits mit einem der Fragestellung an-gepassten Aufwand durchgeführt werden (Kap. 3.1). Auf der anderen Seite ist den Unsi-cherheiten Rechnung zu tragen, wenn diese die Entscheidungsfindung beeinflussen kön-nen (Kap. 3.3).

Zusätzlich birgt die vorgeschlagene Methodik die Möglichkeit, Schätzungen zu den ein-zelnen Risiken im Laufe der Zeit kontinuierlich anzupassen und zu erneuern, wenn zu-sätzliche Informationen zur Verfügung stehen (Unsicherheiten in Abhängigkeit von Infor-mation, Kap. 3.3 „Unsicherheiten“). Ein solches Herangehen ist für die Strassenverwal-tungen von grossem Nutzen: Nicht nur werden die Risiken mit der Zeit immer präziser zu bestimmen sein, auch wird das Wissen über sämtliche Parameter im System zunehmen. So wird die Risikobeurteilung weniger kostenaufwendig. Die Aktualisierung der Daten ist sehr einfach auszuführen, wenn das geeignete Modell sich einmal etabliert hat.

Format der Ergebnisse einer Risikobeurteilung Der letzte Punkt, welcher als Anforderung an die Risikobeurteilung hervorgehoben wur-de, betrifft die Form und Darstellung der Resultate. Der Hauptaspekt hierbei ist, dass die Form der Resultate die Entscheidungsfindung in allen Belangen der operativen und stra-tegischen Führung innerhalb des ASTRA effektiv vereinfachen sollen. Die vorgeschlage-ne Methodik soll nicht nur bezüglich der individuellen Probleme oder Objekte die Risiken abschätzen und die Entscheidungen optimieren. Ebenso wichtig ist es, dass Risiken ag-

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gregiert werden können. Solche Aggregationen werden zum Thema, wenn beispielswei-se die Resultate der Analysen verschiedener Spezialisten zu einer einheitlichen Ent-scheidung vereinigt werden sollen. Ein weiteres, wichtiges Beispiel dafür ist die Aggrega-tion aller Risiken auf dem Strassennetz der Schweiz, welche für das strategische Mana-gement des ASTRA und der Strassenverwaltungen von äusserster Wichtigkeit ist. In der Tat ist die Entwicklung der Empfehlungen für die Aggregation von Risiken einer der Hauptpunkte bei der Formulierung der hier vorgestellten Methodik. Die Methodik ermög-licht die Aggregation von Risiken mit konsistenter Berücksichtigung vorherrschender Ab-hängigkeiten zwischen den einzelnen individuellen Beiträgen. Wird den Abhängigkeiten nicht konsistent Rechnung getragen, können nur sehr generelle und weit abgegrenzte Resultate ein aggregiertes Portfolio-Risiko liefern (Kap. 3.4).

Nahtstellen zu bestehenden Sicherheitsbereichen Ein Aspekt, welcher zu Beginn als potentielle Schwierigkeit und als zentraler Punkt in der Entwicklung einer generellen Methode zur Risikoabschätzung über die unterschiedlichen Ingenieurbereiche genannt wurde, war die Zusicherung, dass Nahtstellen zwischen den individuellen Disziplinen und Anwendungsgebieten kompatibel sind. Es wurde schnell deutlich, dass der einzige Weg dies zu erreichen darin besteht, dass Risiken mittels der besten Ingenieurpraxis und in Übereinstimmung mit möglichst allen verfügbaren Informa-tionen beurteilt werden. Als Nahtstellen sind somit die Leitsätze zu betrachten. Wenn nach den Leitsätzen vorgegangen wird, können Risikobeurteilungen erstellt werden, wel-che vergleichbar und aggregierbar sind. Einige Leitsätze stimmen sicherlich mit bereits bekannten Prinzipien der aktuellen schweizerischen Praxis der Risikobeurteilung überein. Andere Leitsätze sind als Präzisierung, oder sogar als Erweiterung der Vorgehen in den einzelnen Sicherheitsbereichen zu sehen. Sollen die Risiken aber in einer Gesamtüber-sicht über alle Sicherheitsbereiche beurteilt werden, dann sind solche Erweiterungen notwendig.

4.2 Fazit und Ausblick Mit den vorgeschlagenen Ansätzen können Risikobeurteilungen über die relevanten Si-cherheitsbereiche erstellt werden, so dass deren Resultate verglichen werden können. Die Anforderungen an bereits erhobene Daten und vorgestellte Resultate ergibt sich aus den Anforderungen, wie sie in den Leitsätzen festgehalten sind.

Die in diesem Dokument vorgestellte Methodik hat ein grosses Potential, das Risikoma-nagement sowohl in der operativen als auch in der strategischen Führung des ASTRA zu verbessern. Es gibt einige Themen, die in Zukunft beachtet werden sollten. Ein Beispiel ist die Garantie, dass die bestmöglichen Instrumente und Techniken für die Risikobeurtei-lung angepasst und von den Beratern des ASTRA angewandt werden sollten. Dies setzt die Ausbildung und auch die Motivation der Ingenieure sowohl ausser- als auch innerhalb des ASTRA voraus. Des Weiteren wäre es hilfreich, wenn innerhalb des ASTRA Risiko-modelle entwickelt würden, die später als Vorschriften für die Berater des ASTRA gelten. So könnten einige potentielle Probleme bezüglich der Homogenität bei der Analyse und den Resultaten gelöst werden. Der dritte Punkt, welcher hier erwähnt werden soll,ist der Praxisbezug. Die Beschreibung der entwickelten Methode hat durchwegs aufgezeigt, dass der Einsatz von Risikokommunikation ein entscheidendes Mittel ist, um Risiken, welche durch die Gestalt von Verspätungen, Unfällen oder Katastrophen im Strassennetz auftreten, zu handhaben. Bis jetzt fehlen die Details, wie die Risikokommunikation in der Praxis durchgeführt werden könnte. Dieses Thema ist sicherlich ein Problem, das aber für sich selber analysiert werden sollte und welches weit über das Ziel der hier präsentier-ten Arbeit hinaus geht.

Zuletzt gehen wir noch auf den Aspekt der organisatorischen Risiken ein. Diese Thematik wird in unseren Beschreibungen erwähnt, doch generelle Empfehlungen, wie diese Risi-ken modelliert werden sollen, fehlen. Wird die hier vorgestellte Methodik in das Risiko-management des ASTRA Einzug halten, so muss diese Thematik sicher eingehender be-

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trachtet werden. Wie auch immer diese Herausforderung angesprochen werden wird, wird deren Lösung durch die vorgestellte, entwickelte Methode gute Unterstützung fin-den.

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Anhänge

I Die Berücksichtigung von Unsicherheiten in der Risikoermittlung ........................ 111

I.1 Modellierung von Unsicherheiten ................................................................................... 111

I.2 Zufallsvariablen und Verteilungsfunktionen .................................................................... 111 I.2.1 Wahl der Verteilungsfamilie ............................................................................................ 112 I.2.2 Schätzen der Parameter ................................................................................................. 117 I.2.3 Güte der Anpassung der Verteilung ............................................................................... 120 I.2.4 Kovarianz und Regressionsanalyse von Datenpaaren ................................................... 120

I.3 Grundlagen der Bayes‘schen Statistik ............................................................................ 121 I.3.1 Das Bayes’sche Theorem ............................................................................................... 121 I.3.2 Schätzung von Parametern nach der Bayes’schen Methode ......................................... 122 I.3.3 Bayes’scher Ansatz zur Regressionsanalyse ................................................................. 126

I.4 Implikationen für die Anwendung der Leitsätze .............................................................. 127 I.4.1 Quantifizierung von Unsicherheiten ................................................................................ 127 I.4.2 Statistische Unsicherheiten ............................................................................................. 128

II Aggregation von Risiken .............................................................................................. 130

III Bewertung von Risiken ................................................................................................ 133

III.1 Strategische Planung und Management von kollektiven/gesellschaftlichen Risiken ..... 133

III.2 Anwendungsbeispiel ....................................................................................................... 135

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I Die Berücksichtigung von Unsicherheiten in der Risikoermittlung

Die folgenden Ausführungen stellen wichtige Zusammenhänge der probabilistischen Mo-dellierung dar. Es handelt sich dennoch um eine Zusammenstellung von Methoden ohne jeglichen Anspruch auf Vollständigkeit. Der vorliegende Anhang ist als Gedankenstütze und Erläuterung der Methoden, die in den Leitsätzen vorgeschlagen werden gedacht und richtet sich an Leser mit einer fundierten Wissensbasis in der Wahrscheinlichkeitstheorie. Leser ohne oder mit wenigen Vorkenntnissen sollten auf die hier angegebene Standardli-teratur zurückgreifen.

Es ist zu bemerken, dass mit den vorhanden Publikationen des Joint Committee on Structural Safety, JCSS (2006) Dokumente vorliegen, welche an Ingenieure gerichtete ausführliche Angaben zur Behandlung von Unsicherheiten im Bereich der Tragwerkszu-verlässigkeit beinhalten. Die dort vorgestellten Methoden sind auf andere Gebiete des In-genieurwesens übertragbar. Eine Lektüre dieser Dokumente wird empfohlen.

Im Folgenden wird ein kurzer Einblick in die Grundsätze der probabilistischen Modellie-rung gegeben. Weitere Ausführungen findet der interessierte Leser z.B. in Benjamin J.R. and Cornell C.A. (1970).

I.1 Modellierung von Unsicherheiten Es werden zwei verschiedene Typen von Unsicherheiten unterschieden, die so genann-ten aleatorischen Unsicherheiten und die epistemischen Unsicherheiten, vgl. Faber (2003).

Die aleatorischen Unsicherheiten (lat. alea = Würfelspiel) sind Unsicherheiten verbunden mit inhärenter Zufälligkeit von Grössen. Aleatorischen Unsicherheiten können vom Men-schen nicht beeinflusst werden. Windgeschwindigkeiten oder Erdbeschleunigungen durch Erdbeben variieren genauso zufällig wie Festigkeiten von Werkstoffen, Ver-kehrsaufkommen und Verkehrslasten auf Strassen und Brücken.

Die epistemischen Unsicherheiten (griechisch episteme = Wissenschaft) sind Unsicher-heiten, die aus fehlendem Wissen über Grössen resultieren. Wird die Variabilität einer Grösse auf Basis von Beobachtungen der Grösse modelliert, ist die Anzahl der Beobach-tungen immer begrenzt, das Wissen also unvollständig. Das nennt man statistische Unsi-cherheiten. Im Ingenieurwesen werden oft Grössen auf Basis von mathematischen Mo-dellen dargestellt. Diese Modelle sind Idealisierungen der Wirklichkeit und können diese nie genau widergeben. Der damit verbundene Typ von Unsicherheit wird Modellunsicher-heit genannt.

Im Gegensatz zu aleatorischen Unsicherheiten, können epistemische Unsicherheiten re-duziert werden.

I.2 Zufallsvariablen und Verteilungsfunktionen Eine Zufallsvariable ist eine Grösse die mehrere zufällige Zustände annehmen kann. Die Wahrscheinlichkeit der Zustände kann mit Verteilungsfunktionen dargestellt werden.

Ist X eine Zufallsvariable, dann beschreiben X x , X x oder X x verschiedene Zustände von X , wobei a x b die mögliche Bandbreite von X beschreibt. Im Fol-genden werden für Zufallsvariablen Grossbuchstaben, für deterministische Grössen wie Realisationen von Zufallsvariablen, kleine Buchstaben verwendet.

Es wird unterschieden zwischen kumulativer Verteilungsfunktion und Dichtefunktion. Die

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112 Dezember 2009

kumulative Verteilungsfunktion ist definiert als

( ) ( )XF x P X x (I.1)

für kontinuierliche Zufallsvariablen und

i i

X i X ialle x x alle x x

F x P X x p x

(I.2)

für diskrete Zufallsvariablen.

Für kontinuierliche Zufallsvariablen ist die Dichtefunktion gegeben durch:

XX

F xf x

x

(I.3)

und für diskrete Variablen durch:

X i i X if x P X x p x (I.4)

Es existieren eine Vielzahl von Verteilungsfunktionen, welche durch einen oder mehrere Parameter beschrieben werden. Bei der quantifizierten Beschreibung von Zufallsvariab-len wird in der Regel wie folgt vorgegangen:

Wahl einer geeigneten Familie der Verteilungsfunktionen.

Schätzen der Parameter der Verteilungsfunktion unter Verwendung von Daten und Wissen.

Testen der Güte der Anpassung der Verteilung.

I.2.1 Wahl der Verteilungsfamilie Verschiedene Verteilungsfunktionen stehen zur Modellierung von Zufallsvariablen zur Verfügung. Welche Verteilungsfunktion zur Modellierung geeignet ist, ist sehr fallspezi-fisch. Mit Hilfe der Eigenschaften der verschiedenen Verteilungsfunktionen können je-doch generelle Hinweise gegeben werden, in welchen Fällen welche Verteilungsfunktio-nen geeignet sind.

Die bekannteste Verteilungsfunktion ist die Normalverteilung ( ND ). Sie ist symmetrisch und auf dem gesamten Bereich der reellen Zahlen definiert. Eine wesentliche Eigenschaft der ND ist, dass die Summe aus beliebig verteilten unabhängigen Zufallsvariablen ge-gen die Normalverteilung konvergiert, wenn die Anzahl der Zufallsvariablen gross genug ist. Die Normalverteilung eignet sich daher besonders zur Modellierung von Phänome-nen, die aus der Summe mehrerer Zufallsvariablen resultieren, deren Verteilungen unbe-kannt sind. Sie ist auch geeignet, um andere Verteilungen zu approximieren. Bei solchen Approximationen ist jedoch auf die Problemstellung zu achten. Wird eine Verteilungsfunk-tion an ihren Mittelwert approximiert, so kann diese Approximation recht gut sein. Aussa-gen über die Wahrscheinlichkeiten in den Flankenbereichen der Verteilungen sollten dann jedoch nicht getroffen werden.

Ein Spezialfall der Normalverteilung ist die Standardnormalverteilung. Sie hat einen Mit-telwert von 0 und eine Standardabweichung von 1. Jede normalverteilte Zufallsvariable X kann in eine standardnormalverteilte Zufallsvariable Y durch eine einfache Transfor-

mation überführt werden:

X

X

XY

(I.5)

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Dezember 2009 113

Die Verteilungsfunktion der Standardnormalverteilung wird mit . bezeichnet.

( )x

F xX

(I.6)

Die Dichtefunktion der Standardnormalverteilung wird analog mit . bezeichnet.

Die Log-Normalverteilung ( LND ) ist nur im positiven Bereich definiert. Sie eignet sich besonders zur Modellierung von Phänomenen, die aus dem Produkt mehrerer Zufallsva-riablen resultieren, da das Produkt beliebig verteilter Zufallsvariablen gegen die LND konvergiert. Anwendung findet die LND im Ingenieurwesen insbesondere dort, wo Zu-fallsvariablen modelliert werden, die keine negativen Werte annehmen können. Oft ist es von Vorteil, die Log-Normalverteilung durch Transformation in eine Normalverteilung zu überführen.

Die Exponentialverteilung ( ED ) beschreibt den Abstand zwischen zwei aufeinanderfol-genden Ereignissen in einem Poissonprozess. Sie wird häufig als Verteilungsgesetz der Länge zufälliger Intervalle eingesetzt, z.B. zur Modellierung von Lebensdauern von Mate-rialien und technischer Geräte. Eine Eigenschaft dieser Verteilung ist, dass die Wahr-scheinlichkeit des Eintretens eines Ereignisses nicht davon abhängt, wie gross der Zeit-abstand vom zuletzt eingetretenen Ereignis ist.

Die Gammaverteilung ( GD ) beschreibt den Abstand bis zum k -ten Ereignis eines Pois-sonprozesses. Sie ergibt sich daher aus der Summe des Abstandes zwischen zwei Er-eignissen, die exponentialverteilt sind. Für k gleich eins ist die GD gleich der ED . Die Gammaverteilung ist nur für positive Werte definiert und rechtsschief. Die Gammavertei-lung wird auch häufig eingesetzt, um Beobachtungen zu beschreiben.

Die Beta-Verteilung ( BD ) ist durch ihre vier Parameter sehr flexibel und wird häufig zur Anpassung an Beobachtungen verwendet. Sie ist innerhalb bestimmter Grenzen definiert und somit nach oben und nach unten beschränkt.

Die Gleichverteilung (UD ) ist ebenfalls nach oben und nach unten beschränkt. Die Wahrscheinlichkeit, dass eine Zufallsvariable einen Wert aus dem definierten Intervall annimmt, ist für jeden Wert gleich. Diese Verteilung wird gewählt, wenn die Eintretens-wahrscheinlichkeit aller Ereignisse gleich wahrscheinlich ist.

Die beschriebenen Verteilungen sind in Tabelle I.1 zusammengestellt.

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114 Dezember 2009

Tabelle I.1: Wahrscheinlichkeitsverteilungen.

Gleichverteilung,

,UD Parameter Momente

1( )f x

X b a

( )x a

F xX b a

,

a x b

a b

2

12

a b

b a

Normalverteilung, ,ND Parameter Momente

21 1( ) exp

22

xf xX

21 1( ) exp

22

x tF x dt

X

,

0

x

Log-Normalverteilung, ,LND Parameter Momente

2ln1 1

( ) exp22

xf xX x

ln( )

xF x

X

0

,

0

x

2

2

exp2

exp 1

Exponentialverteilung, ED Parameter Momente

( ) exp( ( ))f x xX

( ) 1 expF x xX

0

0

x

1

1

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Dezember 2009 115

Gammaverteilung, GD Parameter Momente

1( ) exp

kxf x xX k

, 1( ) ; , exp

0

tk x kF x k t u u duX k

0

0

0

x

k

k

k

Betaverteilung, BD Parameter Momente

1 1( ) ( ) ( )( )

1( ) ( ) ( )

r tr t x a b xf xX r tr t b a

1 1( ) ( ) ( )

( )1( ) ( ) ( )

r tur t x a b xF x du

X r tr t b aa

, 0

, 0

a x b

a b

r t

1

ra b a

r t

b a r t

r t r t

Extremwertverteilungen werden verwendet, um extreme Ereignisse in einem bestimmten Zeitraum zu modellieren. Bei Extremereignissen kann es sich z.B. um die Verteilung des höchsten oder niedrigsten Wasserstandes in einem Jahr handeln. Die Verwendung die-ser Verteilungstypen ermöglicht es, zeitvariante Betrachtungen in zeitinvariante Betrach-tungen zu überführen. Die häufigsten verwendeten Extremwertverteilungen sind die Gumbelverteilungen GUD , die Weibullverteilung WD und die Frechet Verteilung FD . In Tab. I.2 sind die hier erwähnten Extremwertverteilungen zusammengestellt. Weitere Verteilungsfunktionen sind in Benjamin J.R. and Cornell C.A. (1970) zu finden.

Die Wiederkehrperiode RT eines Extremereignisses x kann berechnet werden zu:

max,1 ( )R

X T

TT

F x

(I.7)

Hierin bezeichnet T die Referenzperiode (z.B. ein Jahr) für die Verteilungsfunktion der Extremereignisse max

, ( )X TF x .

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116 Dezember 2009

Tabelle I.2: Extremwertverteilungen.

Gumbel min, minGUD Parameter Momente

( ) exp exp(

( ) 1 exp exp

f x x u x uX

F x x uX

0

x

u

,

0.5772

6

u

Gumbel max, maxGUD Parameter Momente

( ) exp exp(

( ) exp exp

f x x u x uX

F x x uX

x

0

u

a

,

0.5772

6

u

Frechet max, FD Parameter Momente

1

( ) exp

( ) exp

k k

k

k u uf xX u x x

uF x

X x

, 0

x

u k

2

11 , 1

21 , 2

u

u

kk

kk

Weibull min, WD Parameter Momente

1

( ) exp

( ) 1 exp

k k

k

k u uf xX u x x

uF x

X x

, 0

x

u k

2

11

21

u

u

k

k

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Dezember 2009 117

I.2.2 Schätzen der Parameter Ist die Familie der Zufallsvariable bestimmt und liegen Beobachtungen vor, so können die Parameter der Verteilungsfunktion geschätzt werden. Für die Schätzung von Parametern können verschiedene Verfahren verwendet werden. Hier werden zwei dieser Verfahren zur Parameterschätzung vorgestellt: die Methode der Momente und die Maximum-Likelihood-Methode (MLM).

I.2.2.1 Maximum Likelihood Methode

Die Maximum Likelihood Methode (MLM) wurde von R.A. Fisher entwickelt Fisher (1930) und stellt eine der wichtigsten Schätzverfahren dar.

Es sei eine Stichprobe 1 2, ,.., nx x xx mit n Beobachtungen der Zufallsvariable X ge-

geben. Es wird angenommen, dass die Dichte der Zufallsvariable durch die von den Pa-rametern 1 2, ,...

T

j θ bestimmte Funktion |Xf x θ beschrieben sei. Die Likeli-hood-Funktion kann als Funktion der Parameter θ angegeben werden zu:

1 21

| , ,... |n

n X ii

L x x x f x

θ θ (I.8)

Die Idee der Maximum Likelihood Schätzung ist es, die unbekannten Parameter θ so zu schätzen, dass die Wahrscheinlichkeit, dass genau diese Beobachtungen gemacht wer-den, maximal wird. Dafür wird das absolute Maximum der Likelihood-Funktion gesucht:

1 2 3max | , , ,.., nL x x x xθ

θ θ (I.9)

Um numerische Probleme zu vermeiden, kann es sinnvoll sein, die Likelihood-Funktion (Gleichung (I.9)) zu logarithmieren. Die Log-Likelihood-Funktion ergibt sich zu:

1 2 1 21

| , ,..., ln | , ,..., ln |n

n n X ii

l x x x L x x x f x

θ θ θ (I.10)

Ist die Likelihood-Funktion bzw. die Log-Likelihood-Funktion stetig differenzierbar, so kann die Maximierung der Funktion analytisch durchgeführt werden. Durch die partiellen Ableitungen der Likelihood-Funktion nach den Parametern 1 2, ,..., ,...,

T

i j θ erhält man ein Gleichungssystem mit j -Unbekannten, dass direkt gelöst werden kann:

0i i

L l

(I.11)

Beispiel Normalverteilung Beispielhaft sollen die Parameter der Normalverteilung unter Verwendung der MLM für ein gegebene Stichprobe

1 2, ,.., nx x xx geschätzt werden. Die Normalverteilung mit ih-ren Parametern X und X ist in Tabelle I.1 gegeben. Die Likelihood-Funktion und die Log-Likelihood-Funktion kann damit angegeben werden zu:

2

21

ˆ1 1, | exp

22

n ni X

X Xi X

xL

x (I.12)

2

21

1 1ˆ, | ln

22

n

X X i XiXX

l n x

x (I.13)

Das Maximum kann unter Verwendung von Gleichung (I.13) durch die partielle Differen-zierung nach den beiden Parametern X und X berechnet werden:

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118 Dezember 2009

21

1ˆ 0

n

i XiX X

lx

(I.14)

2

31

1ˆ 0

n

i XiX X X

l nx

(I.15)

Die Schätzwerte der Parameter ˆ ˆ,X X können direkt, durch Auflösen der Gleichungen (I.14) und (I.15) bestimmt werden zu:

1

22

1

1ˆ ˆ

1ˆ ˆ ˆ

n

X ii

n

X i Xi

xn

xn

(I.16)

Ende des Beispiels

In vielen Fällen ist die Likelihood-Funktion nicht stetig differenzierbar. Dann können Op-timierungsalgorithmen verwendet werden, um das Maximum nach Gleichung (I.13) zu finden. Ein robuster und vielfach verwendeter Algorithmus ist der Simplex Algorithmus zur Optimierung nichtlinearer Funktionen mit mehreren Parametern Nelder and Mead (1965). Implementiert sind solche Optimierungsalgorithmen auch in gängiger Software wie z.B. Microsoft® Office Excel 2003 oder Matlab© The MathWorks (2006).

Bei der Maximum Likelihood Methode wird der wahrscheinlichste Wert der Parameter für die gegebenen Beobachtungen ermittelt. Die geschätzten Parameter θ sind demnach auch unsicher und können als Zufallsvariablen betrachtet werden. Durch die Summation der Zufallsvariablen in Gleichung (I.10) konvergiert die Verteilung der Parameter gegen die Normalverteilung (Lindley (1980)).

Die Unsicherheiten der Parameter können unter Verwendung der Fisher-Matrix bestimmt werden Fisher (1930). Die Fisher-Matrix H hat die Dimension j j , wobei j die Anzahl der Parameter der Verteilungsfunktion ist. Die einzelnen Einträge der Fisher-Matrix kön-nen über die folgende Gleichung berechnet werden:

2 |ij

i j

lH

θ θ

θ x (I.17)

Durch die Inverse der Fisher-Matrix erhält man die Kovarianzmatrix der Schätzwerte:

-1θθC H (I.18)

Fortsetzung Beispiel Normalverteilung Für die Normalverteilung hat die H Matrix die Dimension 2 2 (die Anzahl der Parame-ter ist 2). Die einzelnen Einträge können direkt nach Gleichung (I.17) ermittelt werden. Für den ersten Eintrag kann Gleichung (I.14) nach ˆ X abgeleitet und mit minus eins mul-tipliziert werden:

11 2ˆ X

nH

(I.19)

Analog erhält man alle anderen Einträge. Die Fisher-Matrix für die Normalverteilung er-gibt sich zu:

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Dezember 2009 119

12 3

2

1 13 2 4

ˆ2

ˆ ˆ

ˆ ˆ2 3

ˆ ˆ ˆ

n

i Xi

X X

n n

i X i Xi i

X X X

xn

x xn

H (I.20)

Durch die Invertierung dieser Fisher-Matrix erhält man die Kovarianzmatrix der Vertei-lungsparameter. Die Unsicherheiten der Verteilungsparameter können in der Analyse be-rücksichtigt werden.

Ende des Beispiels

Die Vorteile der Maximum-Likelihood-Methode sind, dass:

für grosse Stichproben die Parameter θ normalverteilte Zufallsvariablen sind.

die MLM Schätzer konsistent sind. Bei grossen Stichproben konvergieren die Schät-zer gegen ihren tatsächlichen Wert.

die Lösung der MLM eindeutig ist.

die MLM Schätzer im Vergleich zu anderen asymptotisch normalverteilten Schätzun-gen die kleinsten Streuungen haben. Sie nutzen die in der Stichprobe enthaltene In-formation am effizientesten.

I.2.2.2 Methode der Momente

Die Idee der Methode der Momente ist, die empirisch aus Daten ermittelten Momente den theoretischen Momenten der Verteilungen gleichzusetzen. Ist die Dichteverteilung einer Zufallsvariable X mit Xf x bezeichnet, dann ist das q -te Moment m der Vertei-lungsfunktion definiert durch:

; , 0,1, 2,...q qX Xm x f x dx q

θ (I.21)

Mit θ sind die Parameter der Verteilungsfunktion bezeichnet. Die zentralen Momente be-schreiben die Abweichung vom Mittelwert und sind definiert durch:

1, ( ) ; , 2,3,...q q

X z X Xm x m f x dx q

θ (I.22)

Die Momente einer Verteilungsfunktion haben eine besondere Bedeutung. Sie dienen der vollständigen Beschreibung der Verteilungsfunktion. Der Mittelwert einer Verteilungsfunk-tion X ist gleich dem ersten Moment der Verteilungsfunktion 1

X Xm und die Varianz 2X einer Verteilungsfunktion ist das zweite zentrale Moment der Verteilungsfunktion 2 2

,X z Xm .

Liegt eine Stichprobe mit n Beobachtungen der Zufallsvariable X vor, so können Mit-telwert und Standardabweichung geschätzt werden zu:

1

22

1

1ˆ ˆ

1ˆ ˆ ˆ

n

X ii

n

X i Xi

xn

xn

(I.23)

Die Momente, die nach Gleichung (I.23) berechnet werden, entsprechen den Maximum

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120 Dezember 2009

Likelihood Schätzern für die Parameter der Normalverteilung, sind hier aber unabhängig von einem Verteilungstyp. Werden die Momente, die aus den Daten nach den Gleichung (I.23) berechnet werden, mit den Momenten der Verteilungsfunktion (Gleichungen (I.21)und (I.22)) gleichgesetzt, können die Parameter der Verteilungsfunktion geschätzt wer-den.

Aus unterschiedlichen Stichproben aus der gleichen Menge können unterschiedliche em-pirisch ermittelte Momente resultieren. Die tatsächlichen Momente der Zufallsvariable X sind unbekannt und können auch als Zufallsvariablen betrachtet werden. Ein grösserer Stichprobenumfang reduziert die Unsicherheit der geschätzten Momente.

I.2.3 Güte der Anpassung der Verteilung Die Parameter können für jede beliebige Verteilung unter Verwendung einer der beiden zuvor beschriebenen Verfahren bestimmt werden. Einen ersten Anhaltspunkt erhält man, wenn die Daten in einem Wahrscheinlichkeitspapier aufgetragen werden.

Um die Güte der Anpassung zu testen, stehen verschiedene Verfahren zur Verfügung, wie zum Beispiel der 2 -Test und der Kolmogorow-Smirnow Test. Der 2 -Test ist für diskrete Verteilungen entwickelt worden. Werden kontinuierliche Verteilungen diskreti-siert, so kann der 2 -Test auch für diese Verteilungen angewendet werden. Der Kolmo-gorow-Smirnow Test kann nur bei kontinuierlichen Verteilungen angewendet werden. Die zu berechnende Statistik ist etwas einfacher und eine Diskretisierung, die ein Verlust an Informationen bedeutet, entfällt. Eine wesentliche Einschränkung des Kolmogorow-Smirnow-Tests ist, dass die Parameter der Verteilung a priori bekannt sein müssen. Sie dürfen nicht aus den Daten bestimmt worden sein, für die der Test durchgeführt wird. Damit ist der Kolmogorow-Smirnow-Test in vielen praktischen Anwendungen ungeeignet. Eine detaillierte Beschreibung dieser und anderer Tests sowie Beispiele finden sich in Benjamin J.R. and Cornell C.A. (1970) oder in Faber (2006).

I.2.4 Kovarianz und Regressionsanalyse von Datenpaaren Die lineare Beziehung zwischen zwei Zufallsvariablen kann durch die Kovarianz be-schrieben werden. Steht eine Stichprobe von n gemeinsam entnommenen Realisationen der beiden Zufallsvariablen ,X Y zur Verfügung, lässt sich die Stichprobenkovarianz

,X Ys aus den jeweiligen Stichprobenmittelwert ,x y ermitteln:

,1

1 n

X Y i ii

s x x y yn

(I.24)

Der dimensionslose Korrelationskoeffizient errechnet sich aus den Stichprobenstandard-abweichungen Xs , Ys und ,X Ys zu:

,,

X YX Y

X Y

sr

s s (I.25)

Die Korrelationskoeffizient nimmt Werte zwischen -1 und 1 an und quantifiziert den linea-ren Zusammenhang zweier Zufallsvariablen.

Soll eine Zufallsgrösse in Abhängigkeit einer oder mehrerer anderer Größe dargestellt werden, findet die Regressionsanalyse ihre Anwendung. Im Folgenden werden anhand der einfachen linearen Regressionsanalyse die Grundprinzipen erläutert. Die Zufallsvari-able Y soll mithilfe der Variablen X geschätzt werden. Es wird angenommen, dass eine linearer Zusammenhang zwischen Y und X besteht. Der Erwartungswert von Y gege-ben X x ergibt sich zu:

E Y X x x (I.26)

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Dezember 2009 121

Hierbei sind und die sog. Regressionsparameter.

Die Regressionsparameter errechnen sich auf Basis einer Stichprobe von n gemeinsam entnommenen Realisationen der beiden Zufallsvariablen ,X Y zu:

ˆˆ y x (I.27)

1

2 2

1

ˆ

n

i ii

n

ii

x y nxy

x nx

(I.28)

Die Varianz der Vorhersage Y x , 2

Y xs errechnet sich zu:

2 22 2

1 1

1 ˆ2

n n

i iY xi i

s y y x xn

(I.29)

I.3 Grundlagen der Bayes‘schen Statistik Risikobasierte Entscheidungsfindung verlangt die Integration aller verfügbaren Informati-on. Diese Information kann in Form von Daten vorliegen, Information kann von theoreti-schen Modellen abgeleitet werden und Information kann als Expertenmeinung und Erfah-rung zur Verfügung stehen.

Die Verarbeitung dieser Information und die Quantifizierung von Unsicherheiten verbun-den mit dieser Information erfordert eine Methodik, welche alle Typen von Information gemeinsam berücksichtigen kann. Darüber hinaus ist es von grosser Bedeutung, Neu-Information, d.h. Information, welche im Laufe der Zeit zu vorhandener Information hinzu-kommt, zu berücksichtigen.

Die sogenannte Bayes’sche Statistik bildet solch ein Rahmenwerk und im Folgenden wird auf die wesentlichen Elemente eingegangen. Der interessierte Leser findet vollständigere Einführungen, weitergehendere Ausführungen und Anwendungen im Ingenieurwesen in der entsprechenden Standardliteratur; Ang and Tang (1975; Box and Tiao (1992; Lindley (1980).

Weiteren Ausführungen ist die Bayes’sche Definition von Wahrscheinlichkeit vorauszu-stellen, welche von der klassischen oder frequentistischen Definition deutlich abweicht.

Nach frequentistischer Aufassung wird Wahrscheinlichkeit als beobachtbare Rate d.h. A totalP A n n definiert; wobei die Gesamtzahl der Beobachtungen gegen Unendlich

geht totaln . Nach Bayes’schem Verständnis ist die Wahrscheinlichkeit des Ereignis-ses A , P A definiert als der Grad des Glaubens, dass das Ereignis A eintritt. Nach dieser Definition ist es prinzipiell möglich, jede Art von Information in die Einschätzung von Wahrscheinlichkeiten zu integrieren.

I.3.1 Das Bayes’sche Theorem Das Bayes’sche Theorem bildet die wichtigste Grundlage der Bayes’schen Statistik. Es erlaubt die Berücksichtigung von neuer Information und eröffnet die Möglichkeit, auch Expertenmeinungen in der Statistik zu berücksichtigen. Damit besteht eine konsistente Basis, um Informationen jeder Art bestmöglich zu nutzen.

Die Berücksichtigung von neuer Information wird auch als Aktualisierung oder als ‚Upda-ting‘ bezeichnet. Dazu wird der Ereignisraum , der in Abbildung dargestellt ist, betrach-tet. Im Ereignisraum befinden sich , 1,2,..,iE i n gegenseitig ausschliessende unab-

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122 Dezember 2009

hängige Ereignisse. Im Beispiel in Abbildung I.1 ist die Anzahl an Ereignissen 4n . Die Wahrscheinlichkeit, dass das Ereignis A eintritt, kann ermittelt werden mit:

1

n

ii

P A P A E

(I.30)

Abbildung I.1: Ereignisraum mit sich gegenseitig ausschliessenden Ereignissen iE

und dem Ereignis A .

Unter Verwendung der Definition der bedingten Wahrscheinlichkeiten folgt aus Gleichung (I.30) die Formel der totalen Wahrscheinlichkeit:

1

|n

i ii

P A P E P A E

(I.31)

Wird das Ereignis A beobachtet und es soll bestimmt werden, wie gross die Wahrschein-lichkeit ist, dass iE eingetreten ist, kann dies angegeben werden mit:

( | ) ( )

| i ii

P A E P EP E A

P A (I.32)

Substituiert man den Divisor aus Gleichung (I.32) mit der Formulierung in Gleichung (I.31) so erhält man:

1

( | ) ( )|

|

i ii n

i ii

P A E P EP E A

P E P A E

(I.33)

Gleichung (I.33) wird auch als Satz von Bayes bezeichnet. Die einzelnen Terme der Glei-chung (I.33) können explizit benannt werden. ( )iP E wird mit ‚a priori‘ Wahrscheinlichkeit bezeichnet und meist mit einem Apostroph .P dargestellt. Der Term ( | )iP A E wird als Likelihood bezeichnet. Die Multiplikation von a priori Wahrscheinlichkeit mit der Likeli-hood wird durch eine normalisierende Konstante P A dividiert. Das Ergebnis dieser Di-vision |iP E A wird als ‚a posteriori‘ Wahrscheinlichkeit bezeichnet und zur Unterschei-dung häufig mit zwei Apostrophen gekennzeichnet .P .

I.3.2 Schätzung von Parametern nach der Bayes’schen Methode Wie im Teil I.2.2 schon beschrieben, kann eine zufällige Grösse X mit einer Vertei-lungsdichtefunktion Xf und den Parametern der Verteilungsfunktion modelliert wer-den. Eines der Grundprinzipien der Bayes’schen Statistik ist, dass die Parameter von Verteilungen nicht mehr als (zwar Unbekannte) feste Grössen betrachtet werden, son-dern selbst als Zufallsvariablen. Die Parameter bilden somit indirekt den Wert der Infor-mation ab, auf dessen Basis sie geschätzt wurden.

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Dezember 2009 123

I.3.2.1 Bayes’scher Satz für diskret verteilte Parameter

Zur Vereinfachung sei zuerst ein Fall betrachtet, bei dem der Parameter diskrete Zu-stände annehmen kann i , 1,2,...,i k . Die ‚a priori‘ Wahrscheinlichkeiten für jeden dieser Zustände sei i ip P . ist nun eine Zufallsvarible welche die verschie-den Realisationen von repräsentiert.

Wenn nun zusätzliche Information verfügbar wird, z.B. in Form von Beobachtungen, kann die Verteilung des Parameters unter Anwendung der Bayes’schen Formel aktualisiert werden.

1

( | ) ( )|

|

i ii k

i ii

P PP

P P

(I.34)

Hierbei repräsentiert die neue Information.

Der ‚a posteriori‘ Erwartungswert ̂ von ergibt sich zu:

1

ˆk

i ii

E P

(I.35)

I.3.2.2 Bayes’sche Formel für kontinuierlich verteilte Parameter

Für kontinuierlich verteilte Parameter θ lässt dich die Bayes’sche Formel wie folgt schreiben:

f kL f Θ Θθ θ θ (I.36)

mit

1

k L f d

θ θ θ

Hierbei ist f Θ θ die ‚a posteriori‘ Wahrscheinlichkeitsdichtefunktion von θ bei gege-bener Neu-Information , f Θ θ ist die ‚a priori‘ Wahrscheinlichkeitsdichtefunktion von θ , L θ ist die sogenannte Likelihoodfunktion und k ist eine Normalisierungskonstan-te.

Der Erwartungswert des Parameters ergibt sich zu:

ˆ E f d

Θθ Θ θ θ θ (I.37)

I.3.2.3 Die prädiktive Verteilung

Die sogenannte prädiktive Verteilung der Zufallsvariablen X unter Berücksichtigung der Verteilung der Parameter θ ergibt sich zu:

,X pred Xf x f x f d

Θθ θ θ (I.38)

Hierbei kann fΘ θ der ‚a priori‘ Verteilung der Parameter entsprechen (wenn keine neue Information vorliegt) oder der ‚a posteriori‘ Verteilung (wenn neue Information vor-liegt).

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124 Dezember 2009

I.3.2.4 Analyse von Stichproben

Oft liegt die Information in Form von Werten 1 2ˆ ˆ ˆ ˆ, ,..., nx x xx einer zufällig entnomme-nen Stichprobe der Zufallsvariablen X mit Verteilungsfunktion Xf x und Parametern θ vor. Die Likelihood L θ errechnet sich dann zu

1

ˆ ˆn

X ii

L P f x

θ x θ θ (I.39)

Setzt man die Likelihood in Gleichung (I.39) ein, erhält man die ‚a posteriori‘ Verteilung der Parameter θ . Es ist bemerkenswert, dass Gleichung (I.39) exakt der Gleichung (I.8) entspricht, welche in Verbindung mit der Maximum Likelihood Schätzmethode eingeführt wurde. Die Maximum Likelihood Schätzmethode entspricht der Bayes’schen Schätzme-thode mit diffuser ‚a priori‘ Information.

I.3.2.5 Natürlich konjungierte Verteilungen

Die Ermittlung der ‚a posteriori‘ Verteilungen der Parameter wird stark vereinfacht, wenn die Verteilung der Parameter entsprechend der zu modellierenden Grösse gewählt wird. Für bestimmte Kombinationen von Verteilungen für die zu modellierende Grösse X und für die Parameter θ existieren analytische Lösungen. Darüber hinaus bleibt der Vertei-lungstyp der Parameter erhalten; ‚a priori‘ - und ‚a posteriori‘ Verteilungen sind also im-mer vom gleichen Verteilungstyp. Solche Kombinationen von Verteilungen werden natür-lich konjugierte Verteilungen genannt.

Beispiel: Normalverteilung, mit unbekanntem Mittelwert und bekannter Standard-abweichung Eine normalverteilte Zufallsvariable X , mit den Parametern ,

T

X XM θ wird betrach-tet. Die Standardabweichung X wird als bekannt, der Mittelwert XM als Zufallsvariable angenommen. Die natürlich konjungierte Verteilung für XM ist die Normalverteilung, d.h.

XM ~ ,ND ist die ‚a priori‘ Verteilung. Sind n neue Beobachtungen

1 2ˆ , ,..., nx x xx von X mit Stichprobenmittelwert x und Standardabweichung s verfüg-bar, kann die ‘a posterior’ Verteilung des Mittelwertes angegeben werden mit:

2

1 1ˆ exp

22X

Xf

x (I.40)

mit:

2

2 2 2 ; ;

1 1

X

X

xn n n n n

n n n n

(I.41)

Die Prädiktivverteilung kann angegeben werden mit:

2

1 1ˆ exp

22X

Xf x

x (I.42)

mit

2 2X (I.43)

Es ist zu bemerken, dass die ‚a posteriori‘ Verteilung des Mittelwertes und die Prädiktiv-verteilung von X normalverteilt sind.

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Dezember 2009 125

Beispiel: Normalverteilung mit unbekanntem Mittelwert und bekannter Standard-abweichung Eine normalverteilte Zufallsvariable X mit den Parametern ,

T

X XM θ wird betrach-tet. Die Standardabweichung X und der Mittelwert XM werden als Zufallsvariablen an-genommen. Die natürlich konjugierte Verteilung für θ ist die Normal-Inverse-Gamma-2 Verteilung:

,

12 12

2 2 2

, , , , , ,

1 1 1 1exp exp

2 2 2 2 22 1

; 0; , , 0

M M

v

f h m s n v f m hn f h s v

hn mv s h v s h v s

vhn

h s v n

(I.44)

Hierbei ist m der ‚a priori‘ Mittelwert und s die ‚a priori‘ Standardabweichung, ermittelt auf Grundlage von n , bzw. 1v Beobachtungen. Die unbekannte Variabilität der Grös-se wird ausgedrückt durch die Präzision 21h . Gleichung I.44 ist die natürlich konju-gierte ‚a priori‘ Verteilung der Parameter ,X XM θ .

Sind n neue Beobachtungen 1 2ˆ , ,..., nx x xx von X mit Stichprobenmittelwert x m und Standardabweichung s verfügbar, kann die ‘a posterior’ Verteilung des Mittelwertes angegeben werden, indem die ‚a priori‘ Information , , ,m s n v mit der ‚a posteriori‘ In-formation , , ,m s n v ausgetauscht wird.

Die ‚a posteriori‘ Verteilung der Parameter ergibt sich nun direkt mit Gleichung (I.44) wo-bei

0 for 0

1 for 0

xx

x

(I.45)

n n n (I.46)

2 2 2 2 2

2v s n m vs nm n m

sv n v n n

(I.47)

v v n v n n (I.48)

mit

0 for 0

1 for 0

xx

x

Die Prädiktivverteilung lässt sich angeben als

ˆ , , ,1vX

x m nF x m n s v T

s n

x (I.49)

wobei .T der t-Verteilung mit Freiheitsgraden entspricht. Die Standardabweichung der t-Verteilung ist ( 2)v v .

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126 Dezember 2009

I.3.2.6 Quantifizieren von Information

Parameter werden aktualisiert, indem vorhandene Information mit neuer Information kombiniert wird. Hierbei wird die Information nach ihrem Gehalt gewichtet. Basiert die vorhandene Information und die neue Information auf Daten, wird der Gehalt der Informa-tion direkt mit der jeweiligen Anzahl der Beobachtungen gleichgesetzt. Ist zum Beispiel a priori ein Mittelwert m und einer Standardabweichung s bekannt, wobei diese Informa-tion aus einer Stichprobe mit n Beobachtungen abgeleitet wurde, entspricht das Ge-wicht dieser Information n für den Mittelwert und 1v n für die Standardabwei-chung. Entsprechend wird die Neu-Information gewichtet.

Basiert die Information nicht auf Daten, sondern auf subjektive Einschätzungen, muss die Qualität der jeweiligen Einschätzung ebenfalls gewichtet werden. Hierzu wird die Qualität der Einschätzung mit einem äquivalenten Datensatz in Verbindung gebracht, welcher die gleiche Qualität der Schätzung ergeben würde.

Beispiel – Subjektive Quantifizierung von a priori Information Die Biegefestigkeit von Holz der Klasse C24 soll untersucht werden. Hierzu stehen n Versuchskörper zur Verfügung, welche geprüft werden sollen. Nun geht es darum eine a priori Verteilung der Parameter festzulegen. Die Festigkeitsklasse des Holzes (C24) ist bekannt. Ein einzuhaltendes Kriterium für Holz dieser Klasse ist, dass der 5%-Fraktilwert mindestens 24 MPa sein sollte. Darüber hinaus ist bekannt, dass der Variationskoeffi-zient der Biegefestigkeit von Holz etwa 30% beträgt. Aus diesen Informationen lässt sich eine Schätzung von Mittelwert und Standardabweichung ableiten; in diesem Fall unter Annahme einer Normalverteilung für die Biegefestigkeit von Holz der Klasse C24: m 47.4 MPa, s 14.2 MPa. Diese Information wird nun gewichtet. Hierbei kann die Information über den Mittelwert und über die Standardabweichung auch unterschiedlich gewichtet werden, von der Beziehung 1v n kann also abgewichen werden. Ist zum Beispiel das Vertrauen in die Schätzung der Standardabweichung grösser als das Ver-trauen in die Schätzung des Mittelwertes, kann mit n 5 und v 10 gewichtet werden. Ist die Anzahl der Versuchskörper nun sehr klein, z.B. n 4, dominiert die Vorinformati-on. Ist die Anzahl der Versuchskörper sehr gross, z.B. n 200, ist die Vorinformation praktisch Irrelevant. Die Ergebnisse entsprechen dann annähernd denen eines klassi-schen Ansatzes.

I.3.3 Bayes’scher Ansatz zur Regressionsanalyse Der Bayes’sche Ansatz zur linearen einfachen Regression ist identisch mit dem klassi-schen Ansatz aus Gleichung (I.26):

E Y X x x (I.50)

Die Parameter und können anhand von Daten nach Gleichungen (I.27) und (I.28) geschätzt werden. Die konstante Varianz 2 wird auf Basis von Gleichung (I.29) ge-schätzt.

Der fundamentale Unterschied des Bayes’schen Ansatzes ist, dass die Parameter und die Varianz 2, ,

T θ nicht mehr als (zwar unbekannte) feste Grössen angesehen

werden, sondern als Zufallsvariablen. Analog zu Abschnitt I.2.2 kann die Likelihood der Parameter angegeben werden mit:

2

1

ˆ ˆ1 1ˆ ˆ, exp

22

ni i

i

y xL

θ x y (I.51)

Die a posteriori Verteilungsdichte der Parameter kann nun angegeben werden mit:

ˆ ˆ ˆ ˆ, ,f kL f θ x y θ x y θ (I.52)

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Dezember 2009 127

Die Prädiktivverteilung von Y x ergibt sich zu:

, ,Y x predf y x ND x f d θ θ (I.53)

Der Teil ,ND x entspricht der klassischen Lösung. Gleichung (I.53) kann in der Regel nur numerisch gelöst werden.

Bei diffuser Vorinformation kann die Prädiktivverteilung vereinfacht als Normalverteilung mit Mittelwert

Y x und Standardabweichung Y x angenähert werden, Tang (1980):

Y X x (I.54)

2 211

3Y x

n

n

(I.55)

Mit:

2

2 2

11

1 X

x xn

n sn

wobei , und 2 nach Gleichungen (I.27) – (I.29) berechnet werden und n , x und

Xs der zugrundeliegenden Stichprobe entnommen werden.

I.4 Implikationen für die Anwendung der Leitsätze I.4.1 Quantifizierung von Unsicherheiten

Auf Basis von Daten Unsicherheiten werden am besten mit Zufallsvariablen repräsentiert. Es bestehen mehre-re Verfahren, die Parameter von Zufallsvariablen auf Basis von Daten zu quantifizieren. Es wird die Maximum Likelihood Methode (MLM) empfohlen. Die MLM ist kohärent mit der Bayes’schen Statistik. Die Bayes’sche Statistik ermöglicht die Integration von Infor-mation verschiedenster Art.

Auf Basis von subjektiver Einschätzung Die Quantifizierung von Unsicherheiten auf Basis von subjektiver Einschätzung kann auf verschiedenste Art erfolgen. Ein klassischer Ansatz ist der der Wettfrage; ein guter Über-blick hierüber ist z.B. enthalten in Jordaan (2005).

Hier wird ein anderer Ansatz gewählt. Es wird davon ausgegangen, dass subjektiven Einschätzungen ein gewisser Erfahrungsschatz über die einzuschätzende Grösse zugrunde liegt. Dieser drückt sich in der Angabe eines Maximal- und eines Minimalwertes aus. Die Erfahrung über die Grösse liegt in Form von diffusen Beobachtungen von Reali-sationen der Grösse vor. Diffus deshalb, weil keine genaue Aufzeichnungen über die Be-obachtungen bestehen, sondern nur noch Extremereignisse rekognosziert werden kön-nen.

Ein Fall, bei dem das Beobachtungsvolumen der Grösse auf etwa 20 geschätzt wird und Angaben über einen Maximal- und Minimalwert gemacht werden können, ist in Abbildung I.2 dargestellt.

Der Maximal- und Minimalwert ist auf einem Strahl aufgetragen und es wird angenom-men, dass die Verteilungsdichte zwischen den beiden Extremwerten einer normalverteil-ten Dichte ähnelt. Daher wird der Mittelwert x als zentraler Wert zwischen minx und maxx angenommen. Die Standardabweichung der zu quantifizierenden Zufallsgrösse ergibt sich aus folgender Überlegung:

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128 Dezember 2009

Unter der Annahme, die durch die Extremwerte ausgedrückte Erfahrung basiert auf n Beobachtungen, dann kann die Wahrscheinlichkeit, dass 1n ‘te Beobachtung kleiner ist als minx bzw. grösser ist als maxx , angegeben werden mit:

1 min

1

1np x xn

(I.56)

Gleichung (I.56) kann als %p Fraktilwert der Verteilung unserer Grössen angesehen werden. Unter Annahme einer Normalverteilung ergeben sich Mittelwert x und Stan-dardabweichung s also zu:

max minmin 2

x xx x

(I.57)

max min

1 12

1

x xs

n

(I.58)

Hierbei ist 1 . die Inverse der Standard Normalverteilung. n drückt das Vertrauen in die Schätzung aus.

Falls begründet werden kann, dass die Verteilung der betrachteten Grösse von einer Normalverteilung verschieden ist, können x und s auch als Momente der Verteilung an-gesehen werden. Die Parameter der Verteilung ergeben sich entsprechend.

Bereich

Häu

figke

it

x

minx maxx

x

ss

Bereich

x

minx maxx

Abbildung I.2: Schätzen von Zufallsgrössen anhand von Maximal- und Minimalwert.

I.4.2 Statistische Unsicherheiten Statistische Unsicherheiten werden direkt durch die unsicheren Parameter ausgedrückt. Durch die Prädiktivverteilung (Gleichung (I.38)) werden statistische Unsicherheiten und natürliche Variabilität integriert betrachtet.

Vereinfachung für den Fall, dass die Grösse als Normalverteilt angenommen wer-den kann Unter der Annahme einer normalverteilten Grösse und einer weiteren Approximierung kann die Prädiktivverteilung ebenfalls als normalverteilte Grösse dargestellt werden. Der Mittelwert der Prädiktivverteilung entspricht dem Mittelwert der Stichprobe oder der Schätzung, die Standardabweichung ist in Gleichung (I.11) und (I.16) angegeben. Hierbei entspricht

11

2

n v

n v

dem Anteil der statistischen Unsicherheit. ( 1)n n ist der Anteil der statistischen Unsi-

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Dezember 2009 129

cherheit in der Schätzung des Mittelwertes und ( 2)v v ist der Anteil der Schätzung der Standardabweichung. Korrekt wäre die Darstellung der Prädiktivverteilung als t-verteilte Grösse, gemäss Gleichung (I.49).

Aus Abbildung I.3 ist zu erkennen, dass sie approximierte Normalverteilung für grösser werdende n immer besser geeignet erscheint.

0

0.1

0.2

0.3

0.4

0.5

0.6

0.7

0.8

0.9

1

0

0.1

0.2

0.3

0.4

0.5

0.6

0.7

0.8

0.9

1

n = 20 n = 8

Stichproben Normalt- Verteilungapprox. Normal

Stichproben Normalt- Verteilungapprox. Normal

Wahrscheinlichkeitsverteilung Wahrscheinlichkeitsverteilung

Abb. I.3: Wahrscheinlichkeitsverteilungen, normalverteilte Stichprobe, t-verteilte Prädik-tivverteilung, Normalverteilte Approximierung. (n = 20, n = 8)

Für subjektiv quantifizierte Zufallsvariablen sollte die statistische Unsicherheit ebenfalls berücksichtigt werden. Basis hierfür bildet die Grösse des äquivalenten Datensatzes. Die statistische Unsicherheit kann vereinfacht gemäss Gleichung (I.11) und (I.16) errechnet werden. Hierbei repräsentiert der Wert von n das Vertrauen in die Schätzung des Mittel-wertes und v das Vertrauen in die Schätzung der Standardabweichung. Angaben und Anhaltspunkte sind in den entsprechenden Tabellen des Haupttextes zu finden.

Literatur Ang A.H.-S., and Tang W.H. (1975). "Probability Concepts in Engineering Planning and Design, Vol. 1, Basic Principles." John Wiley.

Benjamin J.R., and Cornell C.A. (1970). "Probability, Statistics and Decision for Civil Engineers." McGraw-Hill, New York.

Box G.E.P., and Tiao G.C. (1992). "Bayesian inference in statistical analysis." John Wiley, New York.

Ecoplan (Bern / Altdorf). (2005). "Kosten-Nutzen-Analysen im Strassenverkehr." Eidgenössisches Departement für Umwelt Verkehr Energie und Kommunikation Bundesamt für Strassen, Bern.

Faber M.H. (2006). "Risk and Safety in Civil, Surveying and Environmental Engineering." Lecture Notes, ETH Zürich, 395.

Fisher R.A. (1930). "Statistical methods for research workers." Oliver and Boyd, Edinburgh.

Jordaan I. (2005). "Decisions under Uncertainty - Probabilistic Analysis for Engineering Decisions." St. John's, Newfoundland, Canada.

JCSS. (2006). "Joint Committee on Structural Safety - Probabilistic Model Code."

Lindley D.V. (1980). "Introduction to Probability & Statistics - from a bayesian viewpoint, Part.1-Probability." Cambridge University Press, Cambridge.

Nelder J.A., and Mead R. (1965). "A Simplex-Method for Function Minimization." Computer Journal, 7(4), 308-313.

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130 Dezember 2009

II Aggregation von Risiken

Die Modellierung von Abhängigkeiten und deren Einfluss auf Risiken im Portfolio ist für die Aussagekraft der aggregierten Risiken von Bedeutung. Dies bezieht sich insbesonde-re auf den Leitsatz 3 und wird im Folgenden anhand eines Beispiels erläutert. Als Bei-spiel soll ein Fluss dienen, unter dem eine Unterführung hindurchführt, die als Revisions-stollen dienen. Die Decken der Unterführungen werden durch ihr Eigengewicht und den Fluss belastet. Allgemein kann die Grenzzustandsgleichung für eine Unterführung ange-geben werden zu:

( ) R R S Sg X M X M X (II.1)

Hierin bezeichnet RM das Widerstandsmoment der Decke, RX ist die Modellunsicherheit im Widerstandsmodell.

Abb. II.1: Darstellung des Modells zur Ermittlung der Versagenswahrscheinlichkeit unter Verwendung eines Bayes’schen Netzes.

Die Einwirkung setzt sich zusammen aus dem normalverteilten Eigengewicht und einer weibullverteilten Last aus dem Wasserdruck (Knoten S in Abbildung Abb. II.1). Die Mo-dellunsicherheiten sind lognormalverteilt mit einem Mittelwert von 1. Der Variationskoeffi-zient der Modellunsicherheit auf der Einwirkungsseite wurde zu 0.4 angenommen. Der Variationskoeffizient auf der Widerstandseite beträgt 0.2 . Die Versagenswahrscheinlich-keit einer Unterführung beträgt 3 13.11 10 [ ]fp a . Konsequenzen bei einem Versagen sind nur die Neubaukosten eines Stollens. Diese sollen Beispielhaft 610 CHF betragen. Es ergibt sich somit ein Einzelrisiko von 3 6 13.11 10 10 3110R CHF a .

An diesem Flussabschnitt gibt es mehrere dieser Revisionsstollen mit gleicher Bauart. Das totale Risiko für n Stollen ergibt sich aus der Summe der Einzelrisiken (siehe Kapitel 3.4 Aggregation von Risiken) zu

1

n

Tot ii

R R

(II.2)

Da damit die Abhängigkeiten zwischen den einzelnen Zufallsvariablen nicht berücksich-tigt sind, kann nicht beurteilt werden, wie sich das Risiko auf mögliche Ereignisse, die al-lenfalls gleichzeitig eintreten, verteilt.

Eine Modellierung des Risikos, bei der alle Stollen mit den möglichen Abhängigkeiten enthalten sind, kann Abhilfe schaffen. Eine solche Modellierung wird im Folgenden als hierarchische Modellierung bezeichnet. In Abbildung II.2 ist die Modellierung beispielhaft dargestellt.

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Dezember 2009 131

Sowohl die Einwirkungen aus dem Fluss auf jeden Stollen, als auch die Modelle sind (teilweise) abhängig. Hier wird eine vollständige Abhängigkeit angenommen. Dies ist in Abbildung II.1 durch die graue Korona in den Knoten XR, XS und S dargestellt. Die in Abbildung II.2 mit Subnetz bezeichneten Knoten beinhalten die Modellierung der Versagenswahrscheinlichkeit der einzelnen Stollen. Diese Subnetze entsprechen den Netzen in Abbildung II.1. Die einzelnen Subnetze sind durch die gemeinsamen Indikato-ren gekoppelt, die für alle Netzte gleich sind. In diesem Fall sind das die Modellunsicher-heiten und die Einwirkungen aus dem Fluss. Unabhängig bleibt das Eigengewicht des Tragwerkes und beispielsweise die Festigkeit des Materials der Tragwerke.

Abb. II.2: Hierarchische Modellierung von Ereignissen, die ein Portfolio-Management er-möglicht.

In den Subnetzen wird die Versagenswahrscheinlichkeit der einzelnen Komponenten er-mittelt. Dies ist gleichzeitig der Output jedes dieser Subnetze. Die Verteilung der Versagenswahrscheinlichkeit und die Verteilung des Risikos werden abschliessend im Knoten Portfolio ermittelt.

Befinden sich im Portfolio beispielsweise 12 Stollen, so ermittelt sich der Erwartungswert des Risikos zu 112 3110 37320TotR CHF a . Für die Ermittlung des totalen Risikos wird die Modellierung der Abhängigkeiten nicht benötigt.Werden die Abhängigkeiten und Unsicherheiten modelliert, kann die Verteilung des Risikos für die 12 Objekte dargestellt werden (Abb. II.3, links). Nimmt man die Unabhängigkeit der Einwirkungen und der Mo-dellunsicherheiten an, und wird die Verteilung mittels einer Binomialverteilung ermittelt, so ergibt sich eine Verteilung nach Abbildung II.3 rechts. Deutlich erkennbar ist, dass der Beitrag der einzelnen Ereignisse am Gesamtrisiko stark unterschiedlich ist. Dominiert bei der Berechnung ohne Berücksichtigung der Abhängigkeiten das Versagen eines einzel-nen Stollens (bzw. einer Komponente in einem System) das totale Risiko, so ist das Risi-ko im anderen Fall auf alle möglichen Ereignisse verteilt. Mit Ereignissen ist hier das gleichzeitige Versagen von n Stollen bezeichnet.

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132 Dezember 2009

Abb. II.3: Verteilung des Risikos unter Berücksichtigung der Abhängigkeiten (links) und unter Vernachlässigung aller Abhängigkeiten (rechts).

Die Verteilung des Risikos unter Berücksichtigung aller Abhängigkeiten ist nahezu gleichverteilt. Die Schwankungen im Risiko ergeben sich durch die unterschiedlichen Bei-träge zum Gesamtrisiko. Der Unterschied in den Verteilungen ergibt sich allein durch die Berücksichtigung der Abhängigkeiten im Modell. Der Erwartungswert des Risikos wird von der Verteilung des Risikos nicht beeinflusst. Er kann nach der Gleichung in Leitsatz 4.1 des Kapitels 3.4 „Aggregation von Risiken“ berechnet werden und ist für beide Fälle gleich.

Die Berechnung der Verteilung des Risikos erlaubt es, Fragestellungen zu beantworten, die für das Portfoliomanagement von Bedeutung sind. So kann aus der Verteilung des Risikos direkt die Überschreitungswahrscheinlichkeit von einem bestimmten Budget be-rechnet werden.

Abb. II.4: Überschreitungswahrscheinlichkeit der Konsequenzen.

Abb. II.4 zeigt die Überschreitungswahrscheinlichkeit der Konsequenzen. Wird die Ab-hängigkeit vernachlässigt, so wird die Wahrscheinlichkeit eines Verlustes des gesamten Portfolios unterschätzt. So berechnet sich die Wahrscheinlichkeit, dass die Konsequen-zen grösser sind als 65 10 CHF unter Berücksichtigung der Abhängigkeiten in diesem Beispiel zu 3 12.7 10 a . Wird die Abhängigkeit vernachlässigt, so liegt die Wahrschein-lichkeit, dass die Konsequenzen grösser sind als 65 10 CHF bei 6 12.4 10 a . Damit liegt die Überschreitungswahrscheinlichkeit etwa einen Faktor 1000 über der Wahrscheinlich-keit die sich ergibt, wenn die Abhängigkeit vernachlässigt wird. Für den Verlust des ge-samten Portfolios ist dieser Effekt noch grösser. Die Wahrscheinlichkeit eines Verlustes des gesamten Portfolios liegt bei Vernachlässigung der Abhängigkeit geht gegen Null.

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Dezember 2009 133

III Bewertung von Risiken

Im Folgenden soll die Thematik der Zulässigkeit von Handlungsalternativen im Kontext der gesellschaftlichen Entscheidungsfindung kurz vorgestellt werden. In Schubert and Faber (2007) wird eine Diskussion über die Modellierung der gesellschaftlichen Präferen-zen und von Kriterien zur Bewertung der kollektiven Personensicherheit geführt. Das Grenzkostenkriterium, das von der PLANAT (siehe auch PLANAT (2004)) und vom LQI-Prinzip verfolgt wird (welches vom Joint Comitee on Structural Safety (JCSS) unterstützt und vorgeschlagen wird, siehe Nathwani et al. (1996), Rackwitz (2002) and Ditlevsen (2004)), wird kurz vorgestellt. Beide Ansätze, der der PLANAT und der des JCSS, ent-sprechen sich für die praktische Anwendung und unterscheiden sich lediglich in der Er-mittlung der für die Berechnung notwendigen Konstanten. Es sind jedoch gerade diese Konstanten, die den Willen und die Bedürfnisse der Gesellschaft repräsentieren. Daher sollten diese Konstanten nicht nur als willkürliche Grössen in der Berechnung angenom-men werden, sie sollten mit grosser Sorgfalt bestimmt und verwendet werden. Dazu ge-hört auch die periodische Aktualisierung dieser Werte, da sich die Ökonomien und die Gesellschaft ständig weiterentwickeln und verändern.

Zwei Aspekte sind entscheidend für die Festlegung von Kriterien zur Risikobewertung, die die Personensicherheit betreffen; der erste ist die Strategie und der politische Wille im Umgang mit Risiko und im Risikomanagement, der zweite ist der Umgang mit individuel-len Risiken. Dieser Aspekt wird im Rahmen dieses Projektes nicht weiter ausgeführt.

Als eine Grundvoraussetzung der folgenden Ausführungen wird darauf hingewiesen, dass es von entscheidender Bedeutung ist, dass wahrgenommene Risiken und berech-nete Risiken unterschieden werden. Wahrgenommene Risiken reflektieren die Verhal-tensmuster von Individuen oder Gruppen von Individuen in der Gesellschaft. Berechnete Risiken dienen zur strategischen Planung, als Entscheidungsgrundlage und zur Maximie-rung des Nutzens. Sie stellen eine rationale Basis dar und sind Grundlage der normati-ven Entscheidungsfindung.

III.1 Strategische Planung und Management von kollekti-ven/gesellschaftlichen Risiken Die optimale Handlungsalternative sollte entweder durch die Maximierung des Nutzens oder alternativ durch die Minimierung der Kosten identifiziert werden. In der Formulierung des Optimierungsproblems, d.h. der Zielfunktion, sollten auch Aspekte der Nachhaltigkeit enthalten sein, z.B. durch die Berücksichtigung der Verzinsung (siehe Rackwitz (2006)). Die ökonomische Optimierung kann als erstes und oberstes Prinzip des strategischen Managements von Risiko bezeichnet werden (normative Entscheidungsfindung, von Neumann and Morgenstern (1944)).

Als zweites Prinzip des strategischen Managements von Risiko kann die Bewertung der Zulässigkeit von Handlungsalternativen bezogen auf der Personenrisiken bezeichnet werden. Mit kollektiven oder gesellschaftlichen Personenrisiken wird der Erwartungswert der Anzahl Todesfälle für eine Gruppe von Personen pro Zeiteinheit dargestellt.

Die Grundlage für diese Bewertung bildet das Grenzkostenprinzip (und das LQI-Prinzip) das besagt: Risiken sollten so verwaltet werden, dass die Massnahmen, die zur Risikore-duktion eingesetzt werden, effizient und konsistent mit der Zahlungsbereitschaft der Ge-sellschaft sind. Wird dieses Prinzip verfolgt, welches den effizienten und optimalen Ein-satz der Ressourcen zur Risikoreduktion ermöglicht, so führt dies nicht zu einer gleichen Verteilung des Risikos in den verschiedenen Sicherheitsbereichen des ASTRA. Dies kann durch kein Prinzip und durch kein Verfahren gewährleistet werden (siehe auch die Anwendung zum Leitsatz 6.2).

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134 Dezember 2009

In Abb. III.1 ist eine hypothetische ungleiche Verteilung des Risikos für unterschiedliche Sicherheitsbereiche/Verantwortungsbereiche innerhalb des ASTRA, vor und nach der Durchführung der optimalen risikoreduzierenden Massnahmen dargestellt. Auch nach der Durchführung aller Massnahmen verbleibt das Risiko ungleich verteilt. Es kann sogar Si-cherheitsbereiche geben, in denen das Risiko signifikant reduziert wird, obwohl diese schon das geringste Risiko vor der Durchführung der Massnahmen hatten.

Die Beobachtung, die gemacht werden kann ist, dass das Risikoniveau von den zur Ver-fügung stehenden Massnahmen abhängig ist. In Bereichen in denen das Risiko nicht stark reduziert werden kann, stehen keine effizienten Methoden zur Verfügung, oder es sind schon alle möglichen Massnahmen durchgeführt worden. Auf die Beschreibung des Grenzkostenprinzips wird hier verzichtet. Ein Beispiel zur Anwendung findet sich im fol-genden Anhang.

Abb. III.1: Illustration der Verteilung der kollektiven Risiken vor und nach der Durchfüh-rung der optimalen risikoreduzierenden Massnahmen.

Unter dem Deckmantel einer „catastrophe avoidance policy“ (Politik der Vermeidung von katastrophalen Ereignissen) findet man teilweise den Einsatz von Aversionsfaktoren in Methoden zur Entscheidungsfindung. Sie werden mittels einer monoton ansteigenden Funktion der Konsequenzen (z.B. die Anzahl an Todesfällen für ein gegebenes Ereignis) ermittelt. Die Aversionsfaktoren werden dann mit den tatsächlichen Konsequenzen mul-tipliziert, die dadurch verstärkt werden. Der Einsatz solcher Funktionen führt zu signifikan-ten konzeptionellen und praktischen Problemen. Auf eine detaillierte Diskussion wird hier mit Referenz zu Schubert et al. (2007) verzichtet.

Führen grosse Ereignisse zu zusätzlichen Konsequenzen, so sollten diese in die Ziel-funktion einfliessen. Damit wird gewährleistet, dass Risiken gleich behandelt werden.

Literatur Ditlevsen, O. (2004). "Life quality index revisited." Structural Safety 26(4): 443-451.

PLANAT (2004). Strategie Naturgefahren Schweiz - Synthesebericht, Nationale Plattform Naurgefahren: 88.

Rackwitz, R. (2002). "Optimization and risk acceptability based on the Life Quality Index." Structural Safety 24(2-4): 297-331.

Rackwitz, R. (2006). "The effect of discounting, different mortality reduction schemes and predictive cohort life tables on risk acceptability criteria." Reliability Engineering & System Safety 91(4): 469-484.

Schubert, M., M. H. Faber and J. W. Baker (2007). Decision making subject to aversion of low frequency high consequences events. Special Workshop on Risk Acceptance and Risk Communication Stanford, California, USA.

von Neumann, J. and O. Morgenstern (1944). Theory of games and economic behavior. Princeton, Princeton university press.

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Dezember 2009 135

III.2 Anwendungsbeispiel In diesem Abschnitt soll an einem Beispiel das Vorgehen bei der Bestimmung der opti-malen und zulässigen Handlungsalternative erläutert und illustriert werden. Das Beispiel ist Schubert und Faber (2007) entnommen. Die Eingangswerte sind den hier verwende-ten Grenzkosten angepasst.

Es wird eine Entscheidungssituation vorgestellt, die als repräsentativ für die in der Praxis auftretenden Fälle angesehen werden kann. Das Beispiel illustriert die Entscheidungsfin-dung bei kontinuierlichen Handlungsalternativen.

Für die Bewertung von risikoreduzierenden Massnahmen kann das Grenzkostenkriterium als differenzierbare Funktion der Handlungsoptionen a geschrieben werden:

( ) ( )y GdC a C dm a (III.1)

wobei mit GC die Grenzkosten bezeichnet sind und mit ( )dm a das Inkrement der Versagensrate (Todesfallraten) der betrachteten Konsequenzen. Das Vorgehen nach Gleichung (III.1) kann wie in Abbildung III.2 illustriert werden.

Abb. III.2: Ermittlung des Akzeptanzkriteriums.

Beispiel - Optimale Bemessung einer Tragwerkskomponente Um die Anwendung der Methodik für kontinuierliche Handlungsoptionen zu zeigen, sollen im ersten Beispiel der akzeptable und der optimale Querschnitt eines Stahlstabes in einer technischen Anlage bestimmt werden. Der Bemessungsparameter a ist die Quer-schnittsfläche des Stahlstabes, welche mit 2[ ]A mm bezeichnet ist. Dazu wird angenom-men, dass das Versagen des Stahlstabes eintritt, wenn die Fliessgrenze des Stabes in-folge der Einwirkung erreicht ist. Die Einwirkung soll vereinfachend als gumbelverteilt mit einem Mittelwert von 9.50S kN und einer Standardabweichung von 1.50S kN an-genommen werden. Sie entspricht dem jährlichen Maximum der Einwirkung. Der Wider-stand ergibt sich aus der Querschnittsfläche des Stahlstabes A und der Fliessgrenze des Stahles yf . Die Fliessgrenze des Stahlstabes kann als lognormalverteilt angenom-men werden mit einem Mittelwert von 260R A A N und einer Standardabwei-chung von 18.2 [ ]R A A N . Das Überschreiten der Fliessgrenze des Stahlstabes wird als Versagensereignis definiert. Die jährliche Versagenswahrscheinlichkeit des Stahlstabes kann berechnet werden zu:

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136 Dezember 2009

2

0

ln

1

2

0

( )

1

2

R

Rx uS S

S S

f R S

x A

Ay x u e

S

P A F x f x dx

e e dy dx

(III.2)

Die Parameter der Gumbelverteilung S und Su sowie die Parameter der Lognormalver-teilung R A und R A sind in Tabelle II.1 und II.2 gegeben. Das Grenzkostenkriteri-um ergibt sich unter Berücksichtigung eines konstanten jährlichen Zinssatzes zu

( ) ( , , )10f y

G

dP A dC A t

dA C dA

(III.3)

Um das Akzeptanzkriterium auszuwerten, ist die Kenntnis weiterer Parameter notwendig. Es wird angenommen, dass die Todesfallwahrscheinlichkeit k bei einem Versagen gleich 1 ist und 12 Personen von einem Versagen betroffen sind. Die Kosten *

yC A pro 2mm Stahlfläche sollen 5000 CHF betragen. Diese Kosten enthalten alle Kosten, die bei

der Erstellung anfallen. Die jährlichen Kosten bezogen auf den Zeitpunkt der Entschei-dung können berechnet werden nach:

* 1* * * 1,1 ,2( , , ) ( ) ( ) 1 t

y y y fC A t C A C A e P A t (III.4)

Die Kostenterme *

,1yC und *,2yC entsprechen den Konstruktionskosten, respektive den Er-

neuerungskosten des Stahlstabes. Hier wird angenommen, dass die Kosten *,1yC und

*,2yC gleich sind und den Kosten für das Bauteil entsprechen. Es kann jedoch auch Fälle

geben, in denen bei einem Ereignis nicht das gesamte Objekt ausgetauscht werden muss, sondern nur lokal zerstört wurde. So ein Fall könnte bei einer Steinschlagschutz-galerie auftreten, die durch ein Steinschlagereignis nur teilweise beschädigt wurde.

Für einen konstanten jährlichen Zinssatz können die jährlichen Kosten ermittelt wer-den zu:

1* * 1,1 ,2( , , ) ( ) ( ) 1 1 ln 1y y y fC A t C A C A P A t

(III.5)

Ebenso können Kosten für die Räumung und Wiederherstellung des Ausgangszustandes in Gleichung (III.5) berücksichtigt werden. Die Ermittlung dieser Kostenterme sollte in der Analyse daher besonders sorgfältig durchgeführt werden. Für dieses Beispiel sind die zur Berechnung notwendigen Eingangswerte in Tabelle III.1 zusammengestellt.

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Dezember 2009 137

Tab. III.1: Eingangsparameter für die Beispielrechnung.

GC

Grenzkosten 4.0 .Mio CHF

k Todesfallwahrscheinlichkeit 1

PEN

Anzahl gefährdeter Personen 12

* *,1 ,2y yC A C A

Kosten des Bauteils 5000 A CHF

b Nutzen des Bauteils 41.2 10 /CHF a

OC

Kompensationskosten 1.8 .Mio CHF

UC

Räumungskosten 42 10 CHF

Zinssatz 2%

t Zeitperiode 100 Jahre

Abb. III.3: Zusammenstellung der Ergebnisse.

Die Ergebnisse der Berechnung sind in Abbildung III.3 zusammengestellt. Das Grenzkri-terium schränkt die zur Verfügung stehenden Handlungsalternativen ein. In der unteren Abbildung ist die Zielfunktion ( )Z A nach Gleichung (3.27) dargestellt Ein Querschnitt, der kleiner als 293 mm ist, kann für dieses Bauteil nicht gewählt werden. Die korrespondie-rende Versagenswahrscheinlichkeit beträgt 65.15 10 [1 / ]fP a , und die Kosten für das Bauteil betragen 3 14.65 10 CHF a .

Welche Wahl maximiert aber den Nutzen des Eigentümers? Zur Beantwortung dieser Frage muss die Zielfunktion definiert werden:

, ,

1 1 1 1

ln 1 ln 1

t t

y f y PE O U

Z A t

b C A P A C A k N C C

(III.6)

Es wird angenommen, dass der Nutzen b A des Bauteils konstant ist. Die Kosten des Bauteils yC A sind in Abhängigkeit des Bemessungsparameters in Tabelle III.1 gege-ben. Die Schadenskosten enthalten die Kosten des Bauteils yC A , Räumungskosten und administrative Kosten UC sowie Kompensationsleistungen OC , die infolge von To-

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desfällen zu zahlen sind. Die Kompensationsleistungen sind die Kosten, die der Ent-scheidungsträger im Falle eines Todesfalles zu zahlen hat. Für den Strassenverkehr sind die Kompensationskosten in VSS SN 640 007 festgelegt. Der jährliche Zinssatz ist zu 2% angenommen und es wurde ein Zeithorizont von 100 Jahren gewählt. Diese Zielfunk-tion ist unter Verwendung der Eingangsparameter aus Tabelle III.1 in Abbildung III.3 dargestellt. Die Funktion erreicht ihr Maximum bei einem Querschnitt von 285.1 mm . Da die Funktion ihr Maximum nicht im akzeptierbaren Bereich hat, ist die optimale Hand-lungsoption vom gesellschaftlichen Standpunkt nicht akzeptierbar. Die Präferenz der Ge-sellschaft erfordert mehr in die Sicherheit zu investieren.

Das Grenzkriterium schränkt die zur Verfügung stehenden Handlungsalternativen ein. Dabei ist es wesentlich, welches Kriterium verwendet wird. Bei einem Grenzkostenansatz von 4 Mio. CHF ergibt sich eine akzeptable Versagenswahrscheinlichkeit von

6 1, 5.15 10f optimalP a .

Es ist erkennbar, dass die Grenzkosten relativ klein gewählt werden müssten, um eine Einschränkung zu erhalten, die kleiner als das Optimum ist. In diesem Fall müssten die Grenzkosten dann die folgende Bedingung erfüllen:

61.76 10PE o y opt U

GPE

k N C C A CC CHF

k N

(III.7)

Ausgewertet bedeutet dies einen Grenzkostenwert von 61.76 10GC CHF . Das Opti-mum der Zielfunktion des Entscheidungsträgers wird in diesem Beispiel nicht massge-bend.

Abschliessend muss überprüft werden, ob es andere Richtlinien gibt, die die Handlungs-optionen einschränken. Die SIA 263:2003 und die SIA 260:2003 machen Vorgaben für die Bemessung. Dafür werden zuerst die charakteristischen Werte der Einwirkung und des Widerstandes bestimmt. Für die Einwirkung entspricht der charakteristische Wert dem 95% Quantil der Einwirkung und kann in diesem Beispiel zu 12.30kS kN angege-ben werden. Der charakteristische Wert des Widerstandes (5% Quantil) beträgt

2231 /kR N mm . Damit ergibt sich der Bemessungswert des Widerstandes zu 2 2/ 231 / / 1.05 220 /d k MR R N mm N mm . Die Einwirkung soll zunächst als stän-

dige Last betrachtet werden. Damit ergibt sich der Bemessungswert zu 12.30 1.35 16.6d k FS S kN . Die Stahlfläche, die sich dadurch ergibt beträgt

275.5A mm und die zugehörige Versagenswahrscheinlichkeit beträgt 4 11.84 10 [ ]fP a .Damit stellt diese Randbedingung keine Einschränkung dar und ist

das schwächste Kriterium. Die so ermittelte Stahlfläche liegt in der Grössenordnung des Optimums. Ist die Last veränderlich, so ergibt sich der Bemessungswert der Einwirkung zu 12.30 1.50 18.45d k FS S kN und die minimale Stahlfläche berechnet sich zu

283.9A mm . Die zugehörige Versagenswahrscheinlichkeit beträgt 5 13.29 10 [ ]fP a . Auch wenn die Last veränderlich ist, so wird die Randbedingung der SIA 260:2003 nicht massgebend.

Ein weiterer Punkt ist die Höhe der Grenzkosten, die von der PLANAT (2004) gewählt werden. In Abbildung III.4 sind die Werte des statistischen Lebens aus verschiedenen Studien in entwickelten Ländern zusammengestellt. In den Studien wurden unterschiedli-che Methoden verwendet - die stated preference method (SP) und die revealed preferen-ce method (RP). Es ist erkennbar, dass die Ergebnisse der stated preference methods sehr stark streuen. Bei den revealed preference methods ist die Streuung geringer. Der Mittelwert aller Studien zusammengefasst liegt bei 64.55 10 CHF . Er ist allerdings auf-grund der grossen Streuung und aufgrund der Verschiedenartigkeit der Konzepte, die für

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die Ermittlung der Werte verwendet wurden, wenig aussagekräftig. Der LQI bietet eine konsistente Grundlage um die Grenzkosten festzulegen. Unter Verwendung der zurzeit aktuellen Daten für die Schweiz liefert der LQI einen Wert für die Grenzkosten von ca.

64.0 10 CHF . Dieser Wert wurde für dieses Beispiel gewählt.

In diesem Beispiel wurde gezeigt, wie bei kontinuierlichen Handlungsoptionen die Ziel-funktion aufgestellt werden kann, das Optimum ermittelt wird und wie die gesellschaftli-chen Akzeptanzkriterien den Handlungsspielraum des Entscheidungsträgers einschrän-ken.

Abb. III.4: Werte für das statistische Leben aus verschiedenen Studien und unter Ver-wendung unterschiedlicher Methoden aus den Jahren zwischen 1973 und 1997 zu Prei-sen von 1996; x = Mittelwert der Studien, je nach verwendeter Methode.

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Glossar

Begriff Definition

Abhängigkeit Statistische, funktionale und/oder kausale Wechselwirkungen zwischen verschiedenen Parametern und Prozessen.

Aggregation Berechnung der Summe aller Risiken in einem definierten System unter Berücksichtigung aller Abhängigkeiten und aller Systemeffekte.

Akzeptanzkriterium Kriterium zur Klassifizierung der Zulässigkeit von Massnahmen und Massnahmenpaketen oder von Risiken.

Akzeptierbares Risiko Risiko, das nach definierten Kriterien und gegebenen Rahmenbedingungen akzeptiert werde kann.

Akzeptiertes Risiko In seiner Grösse bekanntes, durch den Entscheidungsträger bewusst hingenommenes Risiko.

Beste Praxis Verfahren zur Lösung eines Problems, welches in einem bestimmten Fachbereich gene-rell als das geeignetste und realisierbare betrachtet wird und sich als solches bewährt hat.

Betrieb Alle Massnahmen, die der Sicherheit und Betriebsbereitschaft der Strassen und ihrer technischen Infrastruktureinrichtungen dienen.

Betrieblicher Unterhalt Der betriebliche Unterhalt umfasst die Arbeiten zur Gewährleistung des sicheren Funktio-nierens aller Teile einer Strassenanlage, wie die Kontrolle der technischen Einrichtungen, die Strassenreinigung, den Winterdienst, die Grünpflege und kleinere Reparaturen.

Effizienz Verhältnis zwischen Nutzen einer Massnahme und den Kosten dieser Massnahme.

Eintretens-

wahrscheinlichkeit

Auf eine bestimmte Zeitdauer bezogene Wahrscheinlichkeit, dass sich ein in seinem Ausmass festgelegtes Ereignis einstellt.

Einwirkung Eine Einwirkung wirkt auf ein Objekt, auf Menschen oder auf die Umwelt und erzeugt dort eine feststellbare Auswirkung. Einwirkungen sind z.B. Lasten, Kräfte, Steinschlag, Brand, usw.

Ereignis Begebenheit, welche eine Veränderung des Zustandes eines Systems verursachen kann. Ein Ereignis kann plötzlich auftreten oder sich langsam und allmählich einstellen.

Exposition Prozesse, Zustände und Rahmenbedingungen, die das Potential haben, Ereignisse auszulösen (Synonym: Gefährdung).

Gefahr Zustand, Umstand oder Vorgang aus dem ein Schaden für Mensch, Umwelt und/oder Sachgüter entstehen kann.

Gefährdung Prozesse Zustände und Rahmenbedingungen, die das Potential haben, Ereignisse aus-zulösen (Synonym: Exposition).

Grenzkosten (für die Perso-nensicherheit)

Von der Gesellschaft akzeptierter finanzieller Aufwand für einen zusätzlich verhinderten Todesfall.

Handlungsalternative Mögliches technisches oder organisatorisches Massnahmenpaket zur Reduzierung, Vermeidung, Akzeptanz oder Transfer des Risikos (Synonym: Massnahmenstrategie).

Konsequenzen Durch ein Ereignis beziehungsweise eine Einwirkung verursachter Nutzen (positive Kon-sequenz) oder Schaden (negative Konsequenz).

Konsequenzen direkt Konsequenzen, welche ausschliesslich durch Änderungen von einzelnen Systemkompo-nenten verursacht werden.

Konsequenzen indirekt Konsequenzen, welche ausschliesslich durch Änderungen von Systemkomponenten verursacht werden, über die direkten Konsequenzen hinausgehen, oder / und aus diesen resultierende Konsequenzen.

Massnahmen Technische (betriebstechnische, bauliche), organisatorische oder personelle Vorkehrun-gen, um ein System zu verändern und die Sicherheit zu beeinflussen.

Massnahmenstrategie Mögliches technisches oder organisatorisches Massnahmenpaket zur Reduzierung, Vermeidung, Akzeptanz oder Transfer des Risikos (Synonym: Handlungsalternative).

Naturgefahren Sämtliche Vorgänge und Einflüsse der Natur, welche für den Menschen und / oder seine Güter schädlich sein können.

Nutzen Vorteilhafte Folge verbunden mit der Durchführung einer Massnahmenstrategie, als Verminderung des Risikos oder als Erhöhung des Nutzens für die Verkehrsteilnehmer.

Prozess Endogen oder exogen verursachte Veränderung des Zustands des Systems mit der Zeit.

Rahmenbedingung Eingrenzung des Bewertungsbereichs durch einzuhaltende Normenvorschriften, vorge-gebene Risikogrenzen bzw. Schutzziele oder andere Vorgaben.

Risiko Produkt aus negativer Konsequenz und deren Eintretenswahrscheinlichkeit innerhalb eines festgelegten Zeitraumes.

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Begriff Definition

Im weiteren Sinne: Charakterisierung eines Schadens (negative Konsequenz) hinsichtlich der Wahrscheinlichkeit des Eintretens und hinsichtlich des Ausmasses des Schadens.

Risikoanalyse Systematische Nutzung von Informationen zur Identifikation der Quelle und zur Ermittlung des Risikos.

Risikoaversion Stärkere Gewichtung von Risiken mit zunehmenden negativen Konsequenzen und zu-nehmender Schadenswahrnehmung durch die Gesellschaft.1

Risikobeurteilung Verfahren, das die Risikoermittlung und die Risikobewertung umfasst.

Risikobewertung Bestimmen der optimalen Handlungsalternativen und prüfen ihrer Akzeptierbarkeit.

Risikoermittlung Identifikation möglicher und relevanter Gefahren, Berechnen der Einzelrisiken durch die Modellierung der Wahrscheinlichkeiten, Konsequenzen und Abhängigkeiten für das betreffende System.

Risikomanagement Koordinierte Tätigkeiten, die ausgeführt werden, um eine Organisation bezüglich Risiken zu steuern und zu kontrollieren.

Robustheit Fähigkeit eines betrachteten Systems, einen durch ein Gefährdungsbild hervorgerufenen Schadenszustand zu ertragen und die Auswirkungen auf direkte Konsequenzen zu be-grenzen. Aus dem Verhältnis der direkten zu den indirekten Konsequenzen erhält man den Robustheitsindex.

Schaden Negative Konsequenz. Man unterscheidet Personenschäden (Tote, Verletzte), Sach-schäden und Umweltschäden (Gewässer-, Boden-, Luftverschmutzungen).

Schutzziel Zu erreichende Sicherheitsanforderung, nicht zu überschreitendes Risikomass.

Sicherheitsbereich Nach eigenen gesetzlichen und normativen Grundlagen gebildete Gefahrengruppe, in der sich eine eigene Risikobeurteilungsmethodik gebildet hat. (s. Voranalyse, AGB 2005/101).

Störfall Als Störfall auf einem Verkehrsweg gilt ein ausserordentliches Ereignis im Zusammen-hang mit dem Transport gefährlicher Güter, bei dem erhebliche Einwirkungen für Mensch und Umwelt auf oder ausserhalb des Verkehrsweges auftreten.

Strassennetz Das Strassennetz umfasst die Gesamtheit der dem motorisierten und nicht motorisierten Verkehr zur Verfügung gestellten Strassenverkehrsanlagen in einem bestimmten geogra-fischen Raum.

System Gesamtheit von Elementen, die eine zusammenwirkende Einheit bilden.

Systemkomponente Technische Komponenten, Subsysteme und Operationen mit definierten Funktionen und Zuverlässigkeiten, welche durch ihre Wechselwirkungen Funktionalität für das System beinhalten.

Szenario (Ereignis-) Ereignisablauf von Gefährdungen über Schadens-, Versagens- und Unfallereignissen bis hin zu den Konsequenzen.

Unterhalt Als Unterhalt gelten der bauliche Unterhalt und die Erneuerung, d.h. alle Massnahmen, die der Erhaltung (Bewahren oder Wiederherstellen ohne wesentliche Änderung der Anforderungen) der Strasse und ihrer technischen Einrichtungen als Bauwerk dienen.

Verkehrssystem Strasse Das Verkehrssystem Strasse besteht aus der Strassinfrastruktur und dem darauf stattfin-denden Verkehr. Zum Gesamtsystem gehören zudem der Betreiber der Infrastruktur, die Verkehrsteilnehmer, das unmittelbare Umfeld, sowie die Prozesse zum Bau, Unterhalt und Betrieb des Systems.

Verletzbarkeit Der Erwartungswert der direkten Konsequenzen in einem System.

Versagen Veränderung des Systemzustandes durch ein Ereignis, die zu einem inadäquaten Leis-tungsniveau / Angebot führt.

Zielfunktion Eine von den Handlungsalternativen abhängige Funktion, welche den Nutzen, die Mass-nahmenkosten und die Schadenskosten beinhaltet.

1 s. Schubert M., Faber M.H., Baker J.W., Decision making subject to aversion of low frequency high conse-quences events, 2007

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Literaturverzeichnis

Spezifische Referenzen zu einzelnen Unterkapiteln von Kapitel 3 befinden sich jeweils in den Erläuterungen in den Anhängen.

Grundlagen Risiko

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Sicherheit des Verkehrssystems Strasse und dessen Kunstbauten Bericht Nr. 618 | Methodik zur vergleichenden Risikobeurteilung

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146 Dezember 2009

Projektabschluss

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