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1 Methodologie Methodologie: Lehre von wissenschaftlichen Methoden Methoden: planmäßiges und folgerichtiges Verfahren; Vorgehensweise; I. Planung und Ablauf von Forschung Aufbau eines Forschungsantrages: 1. Allgemeine Angaben 2. Stand der Forschung; eigene Vorarbeiten; 3. Ziele und Arbeitsprogramm 3.1. Ziele 3.2. Arbeitsprogramm ( Hälfte des gesamten Antrages; Eingehende Darstellung der Methoden) 4. beantragte Mittel Die 3 Hauptstufen des Forschungsprozesses: Die Lösung Das Material Das Problem 5 Einzelschritte der Problemstufe: Projektdesign Analyseebenen Fragestellungen Forschungsstand Forschungsanstoß Ad. Forschungsanstoß: Themensuche; Problem soll politisch-praktisch interessant und theoretisch-relevant sein; Ad. Forschungsstand: früher schon wissenschaftlich untersucht worden? Lässt sich Problem überhaupt in einen wissenschaftlichen Bezugsrahmen übersetzen? Kann die Frage mit den vorhandenen Methoden beantwortet werden? Literaturanalyse; Ad Formulierung von Fragestellung: Konzeptionalisierung; Konzentration auf das Wesentliche; Arbeitshypothesen erstellen; Ab- und Eingrenzung des Themas;

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Methodologie Methodologie: Lehre von wissenschaftlichen Methoden Methoden: planmäßiges und folgerichtiges Verfahren;

Vorgehensweise;

I. Planung und Ablauf von Forschung

Aufbau eines Forschungsantrages:

1. Allgemeine Angaben 2. Stand der Forschung; eigene Vorarbeiten; 3. Ziele und Arbeitsprogramm 3.1. Ziele 3.2. Arbeitsprogramm ( Hälfte des gesamten Antrages; Eingehende

Darstellung der Methoden) 4. beantragte Mittel

Die 3 Hauptstufen des Forschungsprozesses: Die Lösung Das Material Das Problem 5 Einzelschritte der Problemstufe: Projektdesign Analyseebenen Fragestellungen Forschungsstand Forschungsanstoß

Ad. Forschungsanstoß: Themensuche; Problem soll politisch-praktisch interessant und theoretisch-relevant sein; Ad. Forschungsstand: früher schon wissenschaftlich untersucht worden? Lässt sich Problem überhaupt in einen wissenschaftlichen Bezugsrahmen übersetzen? Kann die Frage mit den vorhandenen Methoden beantwortet werden? Literaturanalyse; Ad Formulierung von Fragestellung: Konzeptionalisierung; Konzentration auf das Wesentliche; Arbeitshypothesen erstellen; Ab- und Eingrenzung des Themas;

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Ad Die Auswahl der Analyseebenen: „Methoden sind die konkreten Verfahren der Informationsgewinnung (Datenerhebung) durch Dokumentenanalyse, Befragung, Beobachtung, Experiment und Simulation oder der Informationsauswertung (Datenanalyse) durch die Nutzung der hermeneutischen Methode, der historischen Methode, der juristischen Methode oder der statistischen Methode.“ = spezifische wissenschaftliche Herangehensweisen an den Forschungsgegenstand

1. Ebene der Originalität: - Primärerhebung - Sekundärerhebung (Daten liegen schon vor,

Glaubhaftigkeit?)

2. Ebene der Reichweite: - Vergleichende Analyse (befasst sich mit gr. Zahl von Fällen) - Fallstudie (befasst sich mit dem Einzelfall/singulären Ereignis)

3. Zeitebene:

- Diachrone Analyse (Langzeitebene; zu verschiedenen Zeitpunkten werden an denselben oder verschiedenen Untersuchungsobjekten Beobachtungen vorgenommen)

- Synchrone Analyse (Querschnittsanalyse)

4. Auswahlebene: - Vollerhebung (Summe aller Analyseeinheiten entsprechen

der Grundgesamtheit; Ausfälle können Ergebnis verzehren) - Auswahl (repräsentative Stichproben)

5. Aggregationsebene: „ökologischer Fehlschluss“ möglich

- Individualdaten - Aggregatdaten (Zusammenfassung von Individualdaten über

Merkmale von individuellen Objekten (Personen, Ereignisse) auf lokaler, regionaler oder internationaler Ebene)

(Ökologischer Fehlschluss: Stellt man einen Zusammenhang zwischen Merkmalen auf der Aggregatebene fest, kann man nicht ohne weiteres schließen, dass der Zusammenhang zwischen diesen Merkmalen auch auf der Individualebene besteht. Das gilt auch umgekehrt: Hat man einen Zusammenhang zwischen zwei Variablen auf der Individualebene festgesellt, dann muss auf der Aggregatebene der Zusammenhang nicht auch beobachtbar sein. Bsp.: wenn in Wahlkreisen mit hohem Arbeiteranteil die Republikaner hohe Stimmanteile bekommen, darf man daraus noch lange nicht schließen, dass es die Arbeiter sind, die Republikaner wählen. Bsp.: wenn man aus Individualdaten weiß, dass sozial Schwache eher Republikaner wählen, dass bedeutet dies nicht, dass in Wahlkreisen mit einem hohen Anteil an sozial Schwachen ein hoher Stimmanteil für Republikaner zu erwarten ist. )

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6. Akteur/System-Ebene: - Akteur (Einzelpersönlichkeiten, kollektive

Einzelpersönlichkeiten wie Regierungen, Beratergremien, supranationale Organisationen, multinationale Konzerne,…)

- System (geht davon aus, dass die Struktur des Systems das Handeln determiniert und nicht die einzelnen Akteure)

7. Realitätsebene:

- Feldstudie (es wird nur beobachtet und registriert) - experimentelle Studie (alle Faktoren und Variablen werden streng kontrolliert)

ad. Projektdesign: gebündelter und gestraffter Inhalt zu Planung und Ablauf von Forschung; übersichtlich;

4 Einzelschritte der Materialstufe:

Die 2.Hauptstufe zum Material umfasst die eigentliche Durchführung der Forschung. = Feldphase (1. + 3. Hauptstufe bestehen im wesentlichen aus Berichtsformulierung)

Datenauswertung

Datenerhebung Operationalisierung Methodenauswahl Ad. Methodenauswahl: siehe nächste Einheit Ad. Operationalisierung: messbar, objektivierbar machen;

Ad. Datenerhebung: eigentliche Kern der empirischen Forschung; siehe spätere Einheit; Ad. Datenauswertung: siehe spätere Einheit;

3 Einzelschritte der Lösungsstufe: Rezeption Publikation Formulierung des Berichts

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II. Methoden der Datenerhebung – Überblick Theorien sind Gefüge von Aussagen, die

- eine bestimmte Perspektive festlegen, in der ein Gegenstandsbereich betrachtet wird.

- eine Grundmenge an Begriffen zur Beschreibung dieses Gegenstands bereitstellen;

- eine Reihe von überprüften und anschließend als zutreffend angesehenen Aussagen über dessen Beschaffenheit beinhalten.

Forschungsansätze sind Verbindungen von Theorie und Methoden. Es gibt eine „natürliche“ Verbindung zwischen Theorie und Methode: Die Theorie legt fest, was im einzelnen untersucht werden muss, und die ausgewählten Untersuchungs-gegenstände bestimmen dann ihrerseits die konkret anzuwendenden Methoden. Methoden sind die konkreten Verfahren der Informationsgewinnung (Datenerhebung) durch Dokumentenanalyse, Befragung, Beobachtung, Experiment und Simulation oder der Informationsauswertung (Datenanalyse) durch die Nutzung der hermeneutischen Methode, der historischen Methode, der juristischen Methode oder der statistischen Methode. Methoden der Datenerhebung: Daten und Methoden: Daten erzeugt man, indem man die –angeleitet von der forschungsleitend benutzten Theorie – getätigten Beobachtungen aufzeichnet. Daten sind somit nichts „Gegebenes“ sondern etwas „Erzeugtes“. Methoden der empirischen Forschung: Folie 3

- Dokumenten- und Inhaltsanalyse: Man untersucht Produkte menschlicher Tätigkeit, wie Bauten, Werkzeuge, Kleidung, Waffen, Texte, Ton- und Bildaufzeichnungen u.a.m. Da Dokumente durch den analytischen Zugriff des Forschers nicht verändert werden (auf ihn nicht „reagieren“) werden die Methoden der Dokumentenanalyse auch „nicht-reaktive Methoden“ genannt. Die Analyse von Texten wird „Inhaltsanalyse“ genannt. Das zentrale Arbeitsinstrument ist der „Analyseleitfaden“ (Liste von Fragen) bzw. das „inhaltsanalytische Kategorienschema“ (Reihe von Begriffen/Kategorien). Codierung = Zuordnung von Textpassagen zu inhaltsanalytischen Kategorien; Aufgrund der Codierung erkennt man bereits, ob bestimmte Kategorien in den analysierten Texten besonders häufig oder besonders selten vorkommen.

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- Befragung: Man untersucht aktuelles menschliches Verhalten in natürlichen Situationen („Feld“) indem man Gespräche führt. .Wesentliches Instrument der Informationsgewinnung ist dabei ein Fragebogen bzw. Interviewleitfaden, der die zu beantwortenden Fragen enthält. Die tatsächlich gestellten Fragen sind nichts anderes als ein „Mittel zum Zweck“: Sie sollen den Befragten dazu anhalten, genau jene Informationen preiszugeben, die man von ihm erlangen will. Bei der Ausarbeitung des Fragebogens muss neben der Formulierung auch die Reihenfolge der Fragen bedacht werden. Man unterscheidet zwischen Expertenbefragung (Menschen wissen über befragten Gegenstandsbereich besonders gut Bescheid) und Umfrage (persönliche Meinungen, Wertungen, Wissensbestände oder Erinnerungen stellen die gesuchte Information dar). Befragungstechniken:

- Vollstrukturiertes Interview - Halbstrukturiertes Interview (Leitfaden) - Realkontaktbefragung (Interviews werden verdeckt

durchgeführt) - Gruppeninterview (strukturelle Zusammenhänge zwischen

Wissensbeständen, Wertvorstellungen, Gefühlen, etc… sind deutlicher)

- Gruppendiskussion (thematisch gelenkte Diskussion) - Schriftliche Befragung

- Beobachtung: Man untersucht aktuelles menschliches Verhalten in natürlichen Situationen („Feld“) indem man offenes Verhalten beobachtet. Man unterscheidet zwischen alltäglicher Beobachtung (spontan, und ohne Reflexion der Vorannahmen und Vorurteile) und wissenschaftlicher Beobachtung (reflektierte und methodische Einbeziehung und Kontrolle des Wissens und Vorgehens).

1. Beobachten als Methode des kontrollierten Verstehens der Bedeutung von sozialen Verhaltensweisen.

2. Beobachten als Methode der Beschreibung von sozialen Verhaltensweisen zum Zweck des Theorie- und Hypothesentests.

Beobachtung steht am Anfang der Sozialforschung; Überschneidungen mit Sozialreportagen; Zentrales Arbeitsinstrument bei der Benutzung von Beobachtungsmethoden ist der Beobachtungsleitfaden (lenkt durch konkrete Anweisungen die Aufmerksamkeit auf relevante Sachverhalte) bzw. das Beobachtungsschema (bietet die Möglichkeit durch Ankreuzen vorgegebener Kategorien die getätigten Beobachtungen festzuhalten). Beobachtungsmethoden:

- Offene vs. verdeckte Beobachtung (offen = das Bewusstsein das man beobachtet kann zur Veränderung des Verhaltens führen ; verdeckte = wie bei Realkontaktbefragung)

- teilnehmende vs. nicht-teilnehmende Beobachtung - strukturierte vs. unstrukturierte Beobachtung - Feld vs. Labor - (Fremd- vs. Selbstbeobachtung)

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Contra: - Ethische Bedenken (verdeckte Beobachtung, insbesondere bei Experimenten)

- Grundgesamtheit, Stichprobe und Stichprobenziehung häufig unklar

- Reaktive Effekte - Zugang zum sozialen Feld - Selektive Wahrnehmung - Interpretation des Beobachteten - „going native“

Pro: - Probleme können bei strukturierter Beobachtung und intensiver Schulung der Beobachter abgemildert werden

- Beobachtung ist nicht auf Selbstauskünfte der Untersuchungsobjekte angewiesen, sondern erfasst soziales Verhalten direkt

- Experiment: Man untersucht aktuelles menschliches Verhalten in bestimmten Situationen („Labor“). Durch Experimente lassen sich Vermutungen über Zusammenhänge zwischen Ursachen uns Wirkungen („kausale Hypothesen“) auf ihre Übereinstimmung mit den Tatsachen prüfen. Arbeitsinstrument: Versuchsplan bzw. Versuchsanordnung Experimentelle Methoden:

- Ex-post-facto Experiment (auch Quasi-Experiment) (Man betrachtet inhaltsanalytische Inhalte vergangener politischer Wirklichkeit und prüft, ob sich im verfügbaren zeitgeschichtlichen Dokumentenmaterial solche Bereiche politischer Wirklichkeit finden lassen, die einander bis auf die vermuteten Ursachen bzw. Folgen ähnlich sind)

- Laborexperiment (Forscher führt bewusst Situationen herbei, in denen er durch kontrolliertes Bewirken bestimme Sachverhalte und Beobachtung der Folgen solcher Eingriffe kausale Hypothesen prüfen will)

- Feldexperiment (Hier führt nicht der Forscher selbst jene Situationen herbei, in denen er kausale Hypothesen prüfen will, sondern er nutzt solche Situationen aus, die sich von selbst ergeben)

- Simulation: Durch die Simulationsmethode werden politische Prozesse und Strukturen auf verschiedenste Weise „nachgebildet“. Sie dienen dazu, die Prozesse und Strukturen besser zu verstehen und mit ihnen zu experimentieren. Die wesentlichen Varianten der Simulationsmethode sind Planspiele und Computersimulation.

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III. Befragung 2

Frageformulierung und Fragebogenkonstruktion Fragen zur Messung von Merkmalen: Skalen: - nominal

- ordinal - Intervallskalenniveau - Ratioskalenniveau

Erfassung von Merkmalen 1:

- manifest (direkt oder indirekt beobachtbar) Geschlecht - latent (weder direkt noch indirekt beobachtbar) Ideologie

Manifeste Merkmale sind mit Fragen direkt messbar, latente Merkmale sind ihrer Natur nach nicht direkt messbar. Man versucht mit Fragen, solche manifeste Merkmale zu messen, aus denen auf die Ausprägung des zu messenden latenten Merkmals geschlossen werden kann.

Erfassung von Merkmalen 2:

- Eigenschaften (Alter, Schulbildung, Familienstand;) - Überzeugungen (was man für „wahr“ oder „falsch“ hält;

Wissensfragen, Einschätzungen;) - Verhalten (Bericht einer befragten Person über ihr Verhalten;

„Haben sie gestern Ferngesehen?“) - Einstellungen oder Merkmale (wertend, was man für gut oder

schlecht hält) Erfassung von Merkmalen 3:

- Rückerinnerungsfragen (Erfassung von Verhalten das schon einige Zeit zurückliegt; „Welche Partei haben sie bei der Wahl X gewählt?“; Erinnerungsverzerrungen möglich;)

- Hypothetische Fragen (Sonntagsfragen „Wen würden Sie wählen?“; direkter Schluss auf ein entsprechendes Verhalten problematisch)

- Frage nach dem Grund („Und warum haben Sie Partei X gewählt?“)

Filterfragen: Zur Herausfilterung bestimmter Gruppen (z.B.: berufstätig/ nicht

berufstätig, Wähler/Nichtwähler) Fragen aus „taktischen“ Gründen: Zur Vermeidung von Irritation, Frustration

(z.B.: Wohlstandsindikatoren) Kontrollfragen für „willkürliches Ankreuzen“:

- „unsinnige Fragen“ (z.B.: Sympathiewerte nicht existenter Politiker)

- Antwortkombinationen

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- Fragewiederholungen an anderer Stelle Kontrollfragen für „Zustimmungstendenz“:

- Tendenz zu „Ja-Sager“ - Tendenz zu Extremkategorie - Tendenz zu Mittelkategorie

Kontrollfragen für „sozial erwünschte“ Antworten:

- kulturelle soziale Erwünschtheit (normgerechtes Verhalten) - situationale soziale Erwünschtheit (etwa gegenüber dem

Interviewer) Frageformulierung:

- offene vs. geschlossene Frage > offen formuliert (Antwortkategorien nicht vorgegeben) > geschlossen formuliert (Antwortkategorien vorgegeben) > halboffene Fragen (geschlossene Frage gefolgt von offener)

Geschlossene Fragen setze voraus, dass die möglichen Antworten bekannt sind; offene Fragen sind der aufwendig (Kategorienschema), bieten sich aber an, wenn die möglichen Antworten prinzipiell bekannt sind, jedoch extrem zahlreich;

- eindimensional (in der Frage muss genau ein Sachverhalt angesprochen werden)

- keine mehrdeutigen Formulierungen - einfach - keine möglichst unbekannten Ausdrücke - keine doppelten Negationen - kurze Fragen stellen - möglichst konkrete Frageformulierungen (was ist mit „sehr

oft“ gemeint?, etc…) - „Härte“ der Fragen berücksichtigen - keine suggestiven Formulierungen - stereotype Formulierungen vermeiden (Ausdrücke, die stark

positiv oder negativ besetzt sind) - bei „heiklen“ Fragen auf Formulierung achten (möglichst

allgemein gehaltene Antworten vorgeben) Antwortvorgaben;

- „offene“ oder „ungleich breite“ Klassen vermeiden - einseitig oder zweiseitig ? (Vorteil zweiseitig:

Antwortverzerrung durch Zustimmungstendenzen ausgeschlossen)

- „weiß nicht“, „keine Meinung“? (wegen zu geringer Entscheidungsfreudigkeit vs. Aussuchen einer Antwort ohne entsprechende Meinung)

- Mittelkategorie vorgeben?

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- Problem der „Interpretation“ durch Befragte (Bsp.: -5 bis +5 vs. 0 bis 10)

- Ranking (genannten „Dinge“ bekommen Rangordnung; relative Wichtigkeit) vs. Rating (jedes „Ding“ wird anhand einer Skala eingeschätzt, absolute Wichtigkeit)

- Mehrfachantworten zulassen? (Problem der Ungewissheit der Gegenkategorie, individuell bestimmt)

- Anzahl der Antwortvorgaben (Faustregel: max. 7) - Primacy- und Recencyeffekte vermeiden (die ersten und

letzten Antwortmöglichkeiten werden –unabhängig vom Inhalt – vermehrt ausgewählt)

Fragebogenkonstruktion:

- Einleitungsfragen - Versuchen Gesprächssituation herzustellen - „Trichterung“ (von allgemeineren Fragen zu immer

spezielleren Fragen kommen bzw. umgekehrt) - demografische Angaben am Ende des Interviews - Abschlussfragen (Infos zur Befragungssituation) - Pretest - Halo-Effekte vermeiden (dass Fragen auf die jeweils hinter

ihnen platzierten Fragen „ausstrahlen“ können

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IV. Forschungsartefakte Forschungsartefakte entstehen wenn durch Mängel an dem Forschungsprozess die letztlich erhaltenen Ergebnisaussagen keine adäquate Beantwortung der ursprünglichen Forschungsfrage zulassen. Es handelt sich dabei also um methodisch induzierte „Kunstprodukte“, wobei der Untersuchungsgegenstand so erfasst und dargestellt wird, dass zutreffende Prognosen und erfolgreiches soziales Handeln nicht möglich sind. Erhebungsartefakte: Halo-Effekt: Auswirkung einzelner Teile von vorgelegtem Material auf die

Interpretation (und damit die Beantwortung) anderer Teile. Response sets: Antwortmuster, die relativ unabhängig vom spezifischen Inhalt

bevorzugt werden; Ja-Sager-Tendenz, Mittelkategorie, Extremkategorien;

Social desirability: soziale Erwünschtheit; die Wahl fällt auf sozial wünschenswerter

Eigenschaften, Einstellungen und Verhaltensweisen; Versuchsleiter-Effekt: meist unbewusste Beeinflussungen der Untersuchten

durch den Untersucher; Protokollfehler: bei der Protokollierung der Erhebungssituation und Registrierung

bestimmter Ergebnisse treten Fehler häufig auf Sozial-demographische Effekte: Alter, Geschlecht, soziale Herkunft, Sprache,

Hautfarbe etc. spielen in der Erhebungssituation eine nicht zu unterschätzende Rolle.

Auch ist die Erreichbarkeit (und damit die Berücksichtigung in der Stichprobe) von Personen in ländlichen Gegenden, nicht-berufstätigen Frauen, Verheirateten und älteren Menschen größer als von anderen.

Bspw. sind die Interviewverweigerer, Ja-Sager,… je nach ethnischer Gruppe und sozialer Schicht verschieden verteilt

Self-destroying bzw. self-fulfilling prophecy (sich selbst zerstörende bzw. erfüllende

Vorhersage): Prognosen haben unabhängig von ihrer Richtigkeit zu dem Zeitpunkt, an dem sie aufgestellt werden, soziale Konsequenzen, die ggf. mit dem Prognosebereich interferieren.

Auswertungsartefakte: Unvollständige Information: nur gewisser Teil von erhobenen Datenmaterial zur

Auswertung herangezogen; aus der Wirkung der Forscher-Erwartung ergibt sich, dass eher solche Strukturen aufgenommen werden, die ins Konzept passen.

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Korrelations-Interpretation: statistischer Zusammenhang zweier oder mehrere Variablen werden kausal interpretiert.

(Signifnikanztest): Ebenen: Konkrete empirische Forschungsarbeiten: selbst gravierende inhaltliche

Widersprüche werden kaum bemerkt; wenn die Ergebnisse mit scheinbar objektiven Methoden erbracht werden.

Methodischen Ebene: der Stellenwert des methodischen Instrumentariums im

Forschungsprozess wird falsch eingeschätzt; woraus sich sinnvolle Konzepte (Signifikanz, Korrelation,..) ergeben

Methologische Ebene: methodische Konzepte haben darin die Aufgabe,

bestimmte Handlungen und Erfahrungen interindividuelle nacherfahrbar zu machen, sowie bestimmte Aspekte zu optimieren.

Der Forschungsprozess, von der Fragestellung über Datenerhebung und Datenauswertung bis hin zur Ergebnisaussage stellt eine Sequenz von Entscheidungen dar.

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V. Auswertung von Daten

Skalierungsverfahren sind Verfahren, die verschiedene Dimensionen qualitativ erfassen und anhand von Skalen quantitativ messen und darstellen sollen. Das empirisch gewonnene Material wird so aufbereitet, dass es mathematisch und rechentechnisch verarbeitete werden kann.

Dimensionen sind qualitative Bereiche bzw. Verursachungsaspekte eines sozialen Phänomens. Skalen sind Messinstrumente mit denen die (relative) Größe zahlenmäßig bestimmt werden kann. Gemessen werde nicht die konkreten Phänomene an sich, sondern deren wissenschaftlich begriffliche Eigenschaft. Messen soll heißen, dass einer Dimension – entsprechend dem ausgewählten Verfahren – Zahlen zugeordnet werden. Der Index ist eine Maßzahl in der Sozialstatistik, die das relative Verhältnis mehrer Zahlen zueinander angibt. Indikatoren sind Anzeiger, durch die wir Informationen über Attitüden, Verhaltenserwartungen oder tatsächliches Verhalten der zu untersuchenden Personen oder Gruppen erhalten wollen. Subjektive Indikatoren = Attitüden, Verhaltenserwartungen,… Objektive Indikatoren = beobachtetes Verhalten Gültigkeit ist das Maß für die Brauchbarkeit von Forschungsmethoden, d.h. erheben diese auch tatsächlich das, was mit ihnen festgestellt werden soll? Expert validity, known groups, predictive validity, construct validity; Verlässlichkeit dient zur Beurteilung der Brauchbarkeit des wissenschaftlichen Instrumentes, das bei wiederholtem Messen immer gleiche Resultate bringen soll. Verlässlichkeit bedeutet die Stabilität der Messwerte. Retest, split-half-Verfahren; Skalen können entweder durch die Untersuchungsperson selbst skalenmäßig eingestuft werden oder bei der Analyse der Daten durch den Forscher eingestuft. Skalentypen: Nominal-Skalen: Die Zahlenwerte machen keine quantitative Aussage, sondern dienen der Bezeichnung sich gegenseitig ausschließender Kategorien.

- Bestimmung von Gleichheit und Ungleichheit

Ordinal-Skalen: Es werden numerische Aussagen gemacht über die Abfolge von Tatbeständen bzw. über die Abfolge der Stärke der gemessenen Eigenschaften. Die zahlenmäßigen Abstände entsprechen jedoch nicht den Abständen der Stärke der gemessenen Eigenschaft.

- zusätzlich Bestimmung einer Rangfolge

Intervall-Skalen: Die numerischen Werte der einzelnen Abstände werden in der Rangfolge angegeben, d.h. die Abstände zwischen den Zahlenwerten sind gleich

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den Abständen der Stärke der Eigenschaft. Die Verhältnisse der Werte sind jedoch nicht gleich den Verhältnissen der Stärke der Eigenschaften.

- zusätzlich Intervalle gleich, allerdings willkürlich festgelegter Nullpunkt

Relations- bzw. Ratio-Skalen (mit absolutem Nullpunkt) bieten die Möglichkeit, Abstandswerte quantitativ in Beziehung zu setzen, d.h. die Relationen zwischen den Zahlen entsprechen den Relationen in der Stärke der Eigenschaften.

- zusätzlich: Bestimmung gleicher Verhältnisse und absoluter Nullpunkt

Rangordnungsskalen werden insbesondere verwendet zur Messung subjektiver Einschätzungen, Bewertungen von Objekten durch Versuchspersonen oder auch durch Experten. Mit zunehmender Menge der zu vergleichenden Gegenstände wird die Zuordnung schwieriger, dann verwendet man den Paarvergleich. Dieser basiert auf dem „Gesetz der vergleichenden Urteile“. Hier wird der Versuchsperson jedes Mal nur ein Paar zum Vergleich, d.h. jeweils nur zwei Objekte gleichzeitig zur Beurteilung vorgelegt. Die Methode des Polaritätsprofils ist ein Assoziationsverfahren und als eine „Bedeutungsanalyse von Begriffen und Vorstellungen“ verstehen werden. Mit Hilfe des Polaritätsprofils lassen sich Einstellungen und Stereotypen erforschen. Verfahren der gleich erscheinenden Abstände nach Thurstone: es werden verschiedenen Statements zu einem Untersuchungsgegenstand gemacht und Experten zum bewerten vorgelegt. Der Mittelwert der Einordnung bildet den Skalenwert eines Statements. Verfahren der summierten Einschätzungen nach Likert Skalogrammm-Analyse nach Guttmann: es soll eine homogene Skala erschafft werden, die ermöglichen sollte, dass Personen mit gleichen Attitüden bzw. Verhaltensweisen auch ein gleiches Antwortmodell haben. Häufigkeitsauszählung

- einfachste Form der Datenauswertung - Fragestellung: Wie häufig kommen die Ausprägungen einer

einzigen kategorialen Variablen in der Stichprobe oder in der Population vor?

- Vorgehensweise: Die Rohdatenmatrix wird nach den Kategorien der betreffenden Variablen sortiert

- Anschließend werden die Häufigkeiten ausgezählt Prozente versus Prozentpunkte

- Relative Häufigkeit: Häufigkeit bezogen auf Basis (16/28) - Prozente: relative Häufigkeit x 100

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- Prozentpunkte: Differenz zwischen zwei Prozentsätzen Bsp: ÖVP-Anteil: NRW 1999 27 %, NRW 2002 43 % der gültigen Stimmen; = Verbesserung um 16 Prozentpunkte

= Entspricht einer Zunahme um (16/27)*100 = 59 Prozent

Graphische Darstellungen

- dienen in erster Linie dazu, das Ergebnis von Tabellenanalysen zu veranschaulichen

- beziehen sich in ihrer gebräuchlichsten Form auf die Ausprägungen (Kategorien) einer einzigen Variablen

- können sich auf absolute oder relative (Prozentwerte) Häufigkeiten beziehen

- relative Häufigkeiten sind meist aussagekräftiger - unter praktisch allen Umständen dreidimensionale Darstellungen

vermeiden Balken- und Säulendiagramme

- sind äquivalent (Unterschied nur in der Leserichtung des Diagramms)

- können für nominal- und ordinalskalierte Daten verwendet werden - bei ordinalen Variablen muss die Reihenfolge der Kategorien in der

Grafik erhalten bleiben

Missbrauch grafischer Darstellungen - Grafiken sollen der Veranschaulichung, nicht der

Manipulation dienen - Keine Histogramme/Polygonzüge für nominal- und

ordinalskalierte Daten - Maßstab so wählen, dass Unterschiede erkennbar sind, aber

nicht übertrieben werden - Unterbrechungen in Zeitreihen kennzeichnen - bei vergleichbaren Grafiken identischen Maßstab wählen - y-Achse muss bei Null beginnen. Ansonsten Unterbrechung

der Achse markieren.

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VI. Hermeneutik und interpretative Verfahren

1. Vorverständnis: In jeder Fragstellung drückt sich ein bestimmtes Vorverständnis des zu untersuchenden Zusammenhanges aus. Die Fragestellung und das darin eingeschlossene Vorverständnis sind die Voraussetzung dafür, dass überhaupt interpretiert werden kann. Entscheidend ist freilich, sich sein eigenes Vorwissen (seine eigenen Vor-Urteile) bewusst zu machen.

2. Überprüfung der Fragestellung: Die ursprüngliche Fragestellung und das darin

sich ausdrückende Vorverständnis müssen am Text (und am Kontext) immer wieder überprüft werden.

3. Text- und Quellenkritik: Eine der wichtigsten Voraussetzungen für die Analyse

(nicht nur) historischer Texte ist die Text- und Quellenkritik. 4. Semantik (Lehre von Bedeutungen): Notwendige Momente der interpretativen

Erschließung sind die semantische Analyse einzelner Begriffe oder Textpassagen und die Berücksichtigung etymologischer Aspekte.

5. Kontext: Politische (auch politikwissenschaftliche) Texte sind nicht nur

textimmanent zu interpretieren, sondern stets auch in einem breiteren Kontext zu sehen.

6. Wechselseitige Erklärung: Umgekehrt können auch textimmanente

Informationen zur Klärung textübergreifender Zusammenhänge beitragen; daher kann man prinzipiell von einem Verhältnis wechselseitiger Erklärungen textimmanenter und textübergreifender Zusammenhänge sprechen.

7. Syntax: Für die Ermittlung eines Argumentationszusammenhanges eines Textes

haben die syntaktischen Mittel, die Sätze oder Satzteile miteinander verbinden, große Bedeutungen.

8. Gliederungsschema: Die gedankliche Gliederung muss übersichtlich

herausgearbeitet werden: Hauptthesen, Begründungen, Erläuterungen, Beispiel, Nebengedanken, Exkurse usf. sind durch Interpretation voneinander abzuheben und nach Möglichkeit in einem differenzierten Gliederungsschema zusammenfassen.

9. Widerspruchsfreiheit: Soweit es sich um einen Argumentationszusammenhang

handelt, ist der Gesichtspunkt der inneren Widerspruchsfreiheit ein entscheidender Auslegungsaspekt. Der Interpret muss die Begründungen, Folgerungen, Herleitungen des Autors nicht nur mitvollziehen, sondern kritisch überprüfen.

10. Hermeneutischer Zirkel: Interpretation bewegt sich ständig im hermeneutischen

Zirkel: Die einzelne Aussage und ihre sprachlichen Elemente werden im Gang der Interpretation immer wieder im Zusammenhang größerer Aussagenzusammenhänge ausgelegt. Zugleich gilt aber auch: der jeweils umfassendere Zusammenhang kann nicht ohne seine einzelnen

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Elemente verstanden werden. – wir drehen uns im Kreis, gewinnen in dieser Kreisbewegung aber stetig an Wissen.

11. Ideologiekritik: Eine konsequente Textinterpretation muss immer auch die

ideologiekritische Frage stellen. Einzubeziehen ist dabei auch Wirkung eines Textes – Aufnahme, Umdeutung oder Ablehnung durch bestimmte Rezipienten – oder auch Nachfolge- oder Gegenschriften. Positive oder negative Reaktionen können wiederum selbst ideologisch sein.

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VII. Begriffe – Aussage – Erklärungen Wissen lässt sich einteilen in 3 Kategorien:

- Tatsachenwissen besteht aus empirisch wahren Existenz- und Allaussagen mit geeigneter raum-zeitlicher Abgrenzung

- Zusammenhangswissen besteht aus empirisch wahren korrelativen Aussagen („Wenn/Dann-Aussagen“, „Zusammenhangsaussagen“)

- Erklärungswissen besteht aus sehr komplexen Aussagengefügen, die ihrerseits aus Tatsachen- und korrelativen bzw. kausalen Zusammenhangsaussagen aufgebaut sind.

Deduktiv-Normologische (DN) Erklärungen Ein zu erklärender Sachverhalt (Explanandum) wird danach durch eine erklärende Prämissenmenge (Explanas) logisch begründet, wobei bestimmte Adäquatheitsbedingungen erfüllt sein müssen. Eine Erklärungsaussage ist genau dann wahr, wenn sowohl Explanandum-Aussage als auch alle Explanans-Aussagen mit den Tatsachen übereinstimmen und das gesamte Gefüge der Erklärungsaussage logisch konsistent ist. Praktische benutzte Erklärungen müssen nur so gut formuliert werden, dass sie in einer konkreten Kommunikationssituation ihren Zweck erfüllen. Sofern bestimmte Bestandteile der Erklärung – etwa: Begriffe in ihrer genauen Bedeutung, Wenn/Dann-Aussagen, Annahmen über Randbedingungen – als jedem Kommunikationspartner bekannt vorausgesetzt werden können, entlastet es die Kommunikation ungemein und ist sehr vorteilhaft, diese Bestandteile einer Erklärung nicht ausdrücklich zu formulieren, sondern sie nur anzudeuten und auf sie zu verweisen. Praktisch benutzte Erklärungen sind darum so gut wie immer „unvollkommene“ Erklärungen, bei denen die Explanandum- und Explananas-Aussagen weder präzis noch vollständig formuliert werden. „Unvollkommene“ Erklärungen � Folie 49 genetische Erklärungen sind Erklärungen des Zustandekommens von Tatsachen und Zusammenhängen historische Erklärungen sind Erklärungen geschichtlicher Sachverhalte � Erklärungen durch Erzählen Erklären durch Erzählen muss sich natürlich so vollziehen, dass der

Kommunikationspartner gute Chancen hat, zielsicher die zur Vervollständigung der unvollkommenen „Erklärungsatome“ nötigen Kontexte aufzufinden.

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Prognosen Anfangsbedingungen � Wenn/Dann-Aussagn � Explanandum * umgeben von Randbedingungen, unter denen die Wenn/Dann-Aussagen wahr sind Wenn man nun das „Explanandum“ nicht länger als einen zur Erklärung anstehenden Sachverhalt auffasst, sondern einfach einen Sachverhalt, den man mit anderen Sachverhalten in Beziehung setzen will, lässt sich in dieser Struktur eine Erklärung der logischen Struktur einer Prognose erkennen. Prognosen sind gewissermaßen „in die Zukunft gerichtete genetische Erklärungen“, können allerdings „self-fulfiling prophecy“ bzw. „self-destroying prophecy“ wirken. Folien 34-49

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VIII. Theorie und Methode in der Politikwissenschaft Grundlagen der Politikwissenschaft setzen sich aus verschiedenen Bausteinen zusammen: - Metatheorien

- Theorieansätze

- Methodenorientierungen - Untersuchungsanordnungen - Forschungstechniken

Mit diesen Kernelementen thematisieren wir den Begründungs- und Zielhorizont von Theorien und Methoden. Methoden dienen als Instrument um empirische Informationen zu gewinnen und auf deren Grundlage wissenschaftliche Erkenntnisse zu erzeugen. Theorien fungieren als verallgemeinernde Aussagenform in der wissenschaftliche Erkenntnisse ausgedrückt werden. Bezugsgrundlage von Theorien sind einzelne Erfahrungen. Metatheorien werden auch als Wissenschaftstheorien bezeichnet. Im Unterschied zu Erfahrungstheorien stellen Metatheorien kein Ergebnis, sondern das Fundament der Wissenschaft dar, indem sie deren Erkenntnisprämissen und Leitbilder begründen. Metatheorien liegen als Grundannahmen dem Forschungsprozess zugrunde. 3-Schulen Gliederung: „Freiburger Schule“: normativ-ontologisch (Wesensmerkmale des Seins) (überzeitlichen ethischen Grundlagen

gesellschaftlichen Seins) � verstehend „Frankfurter Schule“: historisch – dialektische (eher linke Seite, gegen

Klassengesellschaft) (materialistische Entwicklungsprinzipien

gesellschaftlichen Seins) � verstehend „Mannheimer Schule“: empirisch – analytisch (neutrale politische Mitte) � erklärend

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„Verstehende“ und „Erklärende“ Positionen unterscheiden sich in drei zentralen Gesichtspunkten, nämlich erstens ihrem theoretischen Erkenntnisinteresse, dem Werturteilsproblem und dem Erkenntnisanspruch. „Verstehende“ Positionen Die verstehenden Ansätze sind darauf angelegt, gesellschaftliche Abläufe und Zustände zu interpretieren. � sinnverstehende Erkenntnisanliegen Aus empirischen Informationen auf den inneren Sinngehalt eines gesellschaftlichen Phänomens zu schließen, der sich hinter den äußerlich erkennbaren Merkmalen dieses Phänomens verbirgt. Allgemeine Leitbegriffe: Herrschaft, Legitimität, Demokratie; Gemeinsam ist verstehenden Theoriebildungen das praktische Erkenntnisinteresse, aus der Sinndeutung politischer Wirklichkeit Werte zu formulieren, die für die Gestaltung eines in seiner Gesamtheit idealen Gemeinwesens handlungsleitend sind. Trennung zwischen Werturteilen und Tatsachenaussagen wird abgelehnt und nicht möglich, weil auch in der gesellschaftlichen Wirklichkeit Sollen und Sein untrennbar ineinander verwoben seien. Zum anderen sei die Trennung gar nicht wünschenswert, da eine der wissenschaftlichen Hauptaufgaben in dem Aufzeigen gesellschaftlicher Werte bestehe. Die „verstehenden“ Positionen teilen eine gemeinsame Auffassung über das Verhältnis zwischen Wirklichkeit und Erkenntnis. Dahinter steht die Frage, in welcher Weise unser Wissen über die gesellschaftliche Wirklichkeit als wahr bezeichnet werden kann. � die Art unseres Wissens hängt von der Beschaffenheit der Wirklichkeit ab; Deshalb müssen wir uns über die Beschaffenheit im Klaren sein, um beurteilen zu können, welches Wissen überhaupt möglich ist. Zweck- und Sinnbezüge bilden daher den objektiven Wesenskern gesellschaftlicher Erfahrungsbereiche. Sinnerkenntnis durch Hermeneutik möglich! Hermeneutik rationalisiert die unbewussten Verfahren, mit denen Alltagserfahrungen gewonnen werden, und bewahrt somit den erforderlichen lebenspraktischen Bezug. Ziel hermeneutisch-verstehender Wahrheitsfindung ist es, die Übereinstimmung der subjektiven Erkenntnis mit dem objektiven Sinngehalt sozialer Realität zu erreichen. „Erklärende“ Positionen Wissenschaftliche Erklärungen zielen darauf ab, gesellschaftliche Abläufe und Zustände anhand ihrer äußerlich erkennbaren Merkmale zu Gesetzes- oder Regelaussagen zu verallgemeinern. Die theoretische Leistung besteht also weniger in einem Abstrahieren hintergründiger Sinnzusammenhänge, sondern in einer Generalisierung beobachtbarer Merkmalskombinationen. Die geschieht in Form von Wenn-Dann oder Je-Desto-Hypothesen. Das Erkenntnisinteresse derartiger Regelaussagen ist an Prognosen und praktischer Problemlösung orientiert.

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„Erklärende“ Positionen gehen von dem Gebot der Trennung zwischen Werturteilen und Tatsachenaussagen aus. Werte sind kein Ergebnis wissenschaftlicher Analyse. „Erklärende“ Positionen gehen von einem heuristischen Standpunkt aus. Demnach ist alles, was wir über die Wirklichkeit wissen, von unseren subjektiven Wahrnehmungsvoraussetzungen und nicht von den Objekten unserer Erkenntnis abhängig. Insofern gibt es kein Wissen, das wie bei der Hermeneutik unabhängig vom Standpunkt des Betrachters besteht. Eindeutige Entscheidungen darüber, ob unser Wissen die Wirklichkeit so abbildet, wie sie unabhängig vom Betrachter tatsächlich ist, seien damit logisch unmöglich. Zur Feststellung der Gültigkeit wissenschaftlicher Aussagen ist allein die Prüfung anhand allgemein nachvollziehbarer Verfahren maßgeblich (Inter-Subjektivitäts-Bedingung). Wissenschaftlich wahrheitsfähig sind folglich nur die beobachtbaren und messbaren Merkmale sozialer Realität. „Erklärende Positionen“ fragen nicht nach dem Sinn des Phänomens, sondern danach, durch welche Merkmale (bspw. logische Schlussfolgerung, empirische Prüfbarkeit wissenschaftlicher Aussagen,…) eine Sache hinreichend beschrieben werden kann. ZUSAMMENFASSEND kann man sagen, dass „verstehende“ Positionen davon ausgehen, dass die Beschaffenheit gesellschaftlicher Phänomene durch spezifische Sinngehalte charakterisiert ist, die nur durch Interpretation zu verstehen sind. Es resultieren in der Regel normative Positionen. Zudem werden die Gesellschaftswissenschaften als praktische Gestaltungswissenschaft, die stets in ein konkretes soziales Umfeld eingebunden ist, betrachtet. Der Anspruch, gesellschaftliche Sollenspostulate wissenschaftlich zu begründen, ist mit „erklärenden“ Positionen unvereinbar. Sie trennen strikt zwischen wissenschaftlicher Erkenntnis und deren gesellschaftlichen Verwertungsmöglichkeiten. Das Ideal der Objektivität von Erkenntnisinhalten wird deshalb durch die Forderung nach Inter-Subjektivität von Prüfungsverfahren ersetzt. Wissenschaft kann nicht mehr als vorfindbare Realitäten mit wissenschaftlichen Begriffen zu „erklären“. Ob man mit diesen Erklärungen den Sinnbezug realer Phänomene „versteht“, ist eine philosophische und damit metawissenschaftliche Frage.

Siehe Seite 344 Bürklin/Welzel

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IX. Politikwissenschaftliche Forschungsansätze/Theorieansätze

Theorieansätze sind auf den Untersuchungsgegenstand bezogene Betrachtungsperspektiven, durch die Methodik und Theoriebildung in eine bestimmte Richtung gelenkt werden. Theorieansätze liegen also vermittelnd zwischen den ihnen vorgeordneten und den ihnen nachgeordneten Methoden.

- historische genetische Ansätze - institutionelle Ansätze - (neoinstitutionelle Ansätze: Institution wird intermediär) - behavioralistischer Ansatz - polit-ökonomischer Ansatz - struktur-funktionaler Ansatz (Ausbalancierung von

Systemfunktion) ad. historische genetische Ansätze: verstehender Ansatz; Fortwirkung historische Entwicklung in der Gegenwart; Historische genetische Ansätze gehen von der Prämisse aus, dass gegenwärtige politische Phänomene erst aus ihrer Entstehung und Entwicklung zu verstehen sind. Sie sind daher geeignet, die geschichtlichen Grundlagen aktueller Politik herauszuarbeiten. Von politikwissenschaftlichem Nutzen sind historisch-genetische Ansätze vor allem, wenn sie die Wirkung historischer Entwicklungen in der politischen Gegenwart aufzeigen. Bspw. sozialgeschichtliche Studien, die politische Veränderungen in den Kontext grundlegender gesellschaftlicher Entwicklungslinien stellen,… Darüber hinaus ist auf die Bedeutung der Ideengeschichte zu verweisen. Sie ist ein unverzichtbares Instrument, um die ideellen Wurzeln heutiger Parteiideologien oder anderer Ausprägungen politischer Kultur aufzuzeigen. Schließlich nimmt die Geschichte als Reservoir von Vergleichsfällen einen zentralen Stellenwert für die Politikwissenschaft. Sie leistet einen wesentlichen Beitrag zum Verständnis der Entstehungsgründe heutiger politischer Ordnung. Ad. institutionelle Ansätze: verstehender Ansatz; verhaltensstabilisierende Wirkung institutioneller Regelungen; Selbstverständnis = zeitkritische Ordnungswissenschaft; meist Überschneidungen mit staatsrechtlichen Fragestellungen zu verzeichne; Als zentrale Prämisse setzen institutionelle Ansätze voraus, dass öffentliche Entscheidungsprozesse im modernen Staat grundsätzlich im Rahmen institutioneller Regelungen erfolgen. Diese von gesellschaftlichen Konfliktlagen isolierte Betrachtungsweise geriet unter dem Einfluss des Behavioralismus in Kritik. Daraus folgt eine Erweiterung institutioneller Ansätze in der Weise, dass nunmehr die Rolle politischer Institutionen bei der Vermittlung zwischen gesellschaftlichern Konfliktlagen und staatlichen Handlungen untersucht wurde. � neoinstitutionelle Ansätze: Institution wird intermediär; vor allem in der Politikfeldforschung und der Korporatismusforschung als fruchtbar erwiesen; Beim Neoinstitutionalismus werden Institutionen als vermittelndes Element zwischen gesellschaftlichen Bedingungen und politischen Handlungen begriffen.

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Ad. behavioralistischer Ansatz: methologischer Ansatz; Folie 50; Abkehr vom institutionellen Ansatz und seinem normativen Wissenschaftsverständnis. Vertreten die metatheoretische Prämisse des „erklärenden“. Eine dominierende Stellung nimmt der Behavioralismus in der Wählerverhaltens- und der politischen Kulturforschung ein. Der behavioralistischer Ansatz untersucht die sozialpsychologischen Voraussetzungen der Politik. Indem Zusammenhang haben sie die gesellschaftliche Verteilung individueller Wert- und Einstellungsmerkmale als Funktionsgrundlage politischer Systeme erkannt. Zur Erklärung politischer Prozesse ziehen sie weniger institutionelle Mechanismen als vielmehr individuelle Einstellungsmerkmale von Machteliten heran. Der Behavioralismus hat die Politikwissenschaft um eine empirisch quantifizierende Methodologie bereichert. Ad. Ökonomische Theorie der Politik: erklärender Ansatz; rationale Auswahl zw. Handlungsalternativen; Polit-ökonomische Ansätze sind u.a. aus der Einsicht entstanden, dass ökonomische Prozesse angesichts der Verflechtung zwischen privaten Wirtschaftsunternehmen, gesellschaftlichen Interessenorganisationen und staatlichen Institutionen nicht mehr ohne Berücksichtigung politischer Entscheidungen erklärt werden können. Aus der Sicht dieses Ansatzes ist es erforderlich, die Logik politischen Handelns mittels ökonomischer Verhaltensmodelle zu rekonstruieren. Ähnlich den behavioralistischen Ansätzen ist auch hier der methodologische Individualismus die bestimmende Perspektive, allerdings gilt als zentrales Prinzip die rationale Auswahl zwischen Handlungsalternativen. Rational-choice Ansätze setzen voraus, dass Individuen in ihren Handlungen einer interessenbedingten Präferenzordnung von Sollzuständen folgen; Präferenzen sind beeinflusst von Anreize (Gratifikationen) und Kosten (Restriktionen); Zielpräferenz = günstigste Verhältnis aus zu erwartenden Kosten und Nutzen; Rational-Choice Ansätze haben sich zur Erklärung politischer Entscheidungsprozesse bewährt, sofern diese sich als Standardsituationen darstellen lassen. Ad. struktur-funktionaler Ansatz: erklärender Ansatz; Ausbalancierung von Systemfunktion; steht in enger Verbindung zur Systemtheorie; Grundsätzlich geht der Strukturfunktionalismus von Erkenntnisprämissen aus, die im Widerspruch zum methodologischen Individualismus stehen. So impliziert der Strukturfunktionalismus, dass gesellschaftliche Phänomene angesichts ihrer organisierten Komplexität grundsätzlich Systemcharakter tragen. Systemcharakter heißt, dass sich gesellschaftliche Einheiten a.) aus interdependenten Teilsystemen zusammensetzen, die b.) von ihrer Umwelt abgegrenzt sind, mit ihr aber c.) dennoch in Wechselwirkung stehen. Systeme zwingen individuelles Handeln durch Rollenzuweisungen in eine systemeigene Funktionslogik. Strukturen gelten in diesem Verständnis als normierte Handlungsmuster. Das politische System wird dabei als Regelkreis gedacht, in welchem gesellschaftliche Inputs (Funktionen: Interessenartikulierung, Interessenaggregierung und Kommunikation) in Form von Unterstützungen und Forderungen in das politische System einfließen, um dort in staatliche Outputs (Funktionen: Regelfindung, Regeldurchsetzung und Regelkontrolle) an die Gesellschaft umgewandelt zu werden. Die Stabilisierungsleistung besteht hier in der Ausbalancierung der verschiedenen Systemfunktionen. Strukturfunktionale Ansätze haben sich einerseits als Orientierungsrahmen für politische Systemvergleiche bewährt und das Verständnis für Mechanismen verbessert.

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Generell besteht aber das Problem struktur-funktionaler Ansätze in dem hohen Abstraktionsniveau ihrer Begriffe. Dadurch ist es schwierig, systemtheoretische Hypothesen empirisch zu prüfen. Neuere Ansätze: Mehr-Ebenen Modelle: Integration von individueller und struktureller Theorie; vor allem zieht das Modell darauf ab, beim Mikro-Makro Problem eine Lösung zu finden. Methodologische Grundlagen: Die unterschiedlichen Grundauffassungen zwischen „verstehenden“ und „erklärenden“ Positionen setzen sich bin in den Bereich der Methodenorientierung fort. Während „verstehende“ Positionen die Überlegenheit qualitativer Methoden postulieren, gehen „erklärende“ Positionen von der Überlegenheit quantitativer Methoden aus. Als quantitativ sind alle Verfahren zu kennzeichnen, die mit statistischen Messmodellen arbeiten; alle nicht-quantitativen Verfahren sind qualitative zu kennzeichnen. Die Neigung von Forschern, entweder qualitative oder quantitative Methoden zu verwenden, bezeichnen wir als Methodenorientierung. Hinsichtlich der qualitativen Begriffstypen unterscheiden wir „nominale“ und „ordinale“ Begriffe. (Nominal sind Begriffe, wenn sie Ausprägungen eines empirischen Merkmals angeben, die sich wechselseitig ausschließen und dabei nicht mehr als die Existenz von Gleichheit oder Ungleichheit ausdrücken; Ordinale Begriffe bilden Merkmalsausprägungen ab, deren Beziehungen eine Rangordnung darstellt;) Qualitativ orientierte Politikwissenschaftler untersuchen vorwiegend nicht-metrisch strukturierte Wirklichkeitsmerkmale. Das dazu erforderliche empirische Informationsmaterial wird in der Regel aus Textdokumenten gewonnen. Quantitativ orientierte Politikwissenschaftler untersuchen dagegen metrisch abbildbare Wirklichkeitsmerkmale. Das empirische Informationsmaterial liegt zumeist in Form von Datensätzen vor. Qualitative Verfahren sind weniger standardisiert und haben damit die nötige Flexibilität zur Bearbeitung neuer Forschungsprobleme. Demgegenüber weisen quantitative Verfahren einen Grad an Standardisierung auf, der sie besonders zur strengen Prüfung präziser Hypothesen befähigt. Um die unterschiedlichen Vorzüge miteinander verbinden zu können, sind kombinierte Verfahren, wie z.B.: die Ethnomethodologie oder die hermeneutisch-klassifikatorische Inhaltsanalyse entwickelt worden. Induktion und Deduktion Induktion und Deduktion bezeichnen verschiedene logische Schlussformen. Induktion bedeutet, einzelne Beobachtungen zu theoretischen Hypothesen oder Theorien zu verallgemeinern. Deduktion heißt hingegen, aus Theorien oder theoretischen Hypothesen konkrete Sachverhalte oder Aussagen anzuleiten.

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Induktion besitzt explorativen (suchenden) Zugang, der durch Beantwortung von Forschungsfragen zur Theoriebildung gelangt. Bei einer Deduktion handelt es sich um einen konfirmatorischen (prüfenden) Zugang, der durch Test alternativer Hypothesen zur Theoriefortbildung beiträgt. Es ist naheliegend eine induktive Untersuchungsanordnung zu wählen, wenn zu dem interessierenden Forschungsproblem keine geeigneten Theorien vorliegen. Eine deduktive Untersuchungsanordnung ist vorzuziehen, wenn entsprechende Theorien vorhanden sind. Forschungstechniken Jede Methode gliedert sich in mind. 2 Arbeitsschritte: die Erhebung und die Analyse von empirischen Informationen; In Erhebungstechniken werden empirische Informationen durch die Auswertung untersuchungsrelevanter Textdokumente und amtlicher Statistiken, sowie durch Befragung, Beobachtung oder Experiment gewonnen. Generell sind an Erhebungstechniken zumindest zwei zentrale Anforderungen zu stellen, nämlich Reliabilität (Verlässlichkeit) und Validität (Gültigkeit) der erhobenen Informationen. Innerhalb der empirischen Analysetechniken ist grundsätzlich zwischen inhaltsanalytischen Interpretationsverfahren (qualitativ) und statistischen Rechenverfahren (quantitativ) zu unterscheiden. Durch hermeneutische Interpretationsverfahren wird dabei versucht, den Sinn des Textinhaltes in bezug zur historisch-politischen Situation zu entschlüsseln. Vergleich als allgemeine Methode Der Vergleich gilt als eine Ersatzmethode, da es in der Politikwissenschaft kaum praktizierte Möglichkeiten gibt, kontrollierende Experimente durchzuführen. Man kennzeichnet den Vergleich deshalb auch als Quasi-Experiment. Vergleiche entsprechen einem experimentellen Design insofern, als möglichst viele Fälle unter möglichst ähnlichen Randbedingungen verglichen werden, um allgemeine Merkmalszusammenhänge zu ermitteln. Siehe Seite 344 Bürklin/Welzel