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Michael Kaplan [email protected] 49 Education Michael Kaplan, Edinburgh Die römische Krankheit The Story Behind® Hepatitis Im Jahr 751 – in einer der finstereren Perioden des „finsteren Mittelalters” – schrieb der Papst Zacharias einen Brief an Bonifaz, den Bischof von Mainz. Es ging um mehrere Fragen, die der fromme Bischof im Jahr zuvor brieflich gestellt hatte. Dies waren meist Fragen des Glaubens, aber eine war ganz praktisch: Was sollte mit Menschen geschehen, die plötzlich eine Gelb- sucht entwickelt hatten? Die Antwort des Papstes war eindeutig: Man müsse solche Patienten von anderen Menschen isolieren, damit diese nicht auch erkranken. In der Medizingeschichte gilt dieser Brief als die erste Beschreibung der infektiösen Hepatitis – lange vor Virchows „katarrhalischer Gelbsucht“ oder Blumbergs „Australia-Antigen“. Die Geschichte der infektiösen Hepatitis lässt sich dank dieses einen Briefs bis in die Antike zurückverfolgen. Aber stimmt das überhaupt? Es gibt eine ganz andere Krankheit, die sich mit Gelbsucht manifestieren kann und die eng ver- knüpft ist mit dem Römischen Reich – mit seiner geographischen Lage und mit seiner Kultur. Der Papst in Rom kannte diese ganz sicher und bekam sie oft zu sehen. Allerdings handelt es sich nicht um eine ansteckende Krankheit, mög- licherweise bot diese medizinische Besonderheit damals sogar bestimmte praktische Vorteile. F ans der Medizinhistorie erfreuen sich immer ganz besonders an den Geschichten und Geschichtchen, die medizinische Entdeckungen illustrieren – ob wahr oder nicht. Den- ken wir an den zuckenden Froschschenkel, der für Luigi Galvani den Beweis lieferte, dass Nervenimpulse etwas mit Elektrizität zu tun haben müssen, oder an Alexander Flemings ver- schimmelte Bakterienkulturen, die uns das Penicillin beschert haben. Manchmal verschleiert die hübsche Anekdote die harte Arbeit, die zu einer wichtigen Entdeckung geführt hat. In anderen Fällen beleuchtet die Geschichte tatsächlich diesen seltenen Moment der Inspiration, den alle For- scher so gern erleben würden, der sich aber leider nicht erzwingen lässt. Und in wieder anderen Fällen – wer weiß? Worum handelt es sich? 1. die Folge bestimmter religiöser Zeremonien? 2. eine Infektion mit Parasiten? 3. einen angeborenen Enzym-Mangel? Die Lösung finden Sie auf Seite 53.

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Michael Kaplan, EdinburghDie römische Krankheit

The Story Behind® Hepatitis

Im Jahr 751 – in einer der finstereren Perioden des „finsteren Mittelalters” – schrieb der Papst Zacharias einen Brief an Bonifaz, den Bischof von Mainz. Es ging um mehrere Fragen, die der fromme Bischof im Jahr zuvor brieflich gestellt hatte. Dies waren meist Fragen des Glaubens, aber eine war ganz praktisch: Was sollte mit Menschen geschehen, die plötzlich eine Gelb-sucht entwickelt hatten?Die Antwort des Papstes war eindeutig: Man müsse solche Patienten von anderen Menschen isolieren, damit diese nicht auch erkranken. In der Medizingeschichte gilt dieser Brief als die erste Beschreibung der infektiösen Hepatitis – lange vor Virchows „katarrhalischer Gelbsucht“ oder Blumbergs „Australia-Antigen“. Die Geschichte der infektiösen Hepatitis lässt sich dank dieses einen Briefs bis in die Antike zurückverfolgen.Aber stimmt das überhaupt? Es gibt eine ganz andere Krankheit, die sich mit Gelbsucht manifestieren kann und die eng ver-knüpft ist mit dem Römischen Reich – mit seiner

geographischen Lage und mit seiner Kultur. Der Papst in Rom kannte diese ganz sicher und bekam sie oft zu sehen. Allerdings handelt es sich nicht um eine ansteckende Krankheit, mög-licherweise bot diese medizinische Besonderheit damals sogar bestimmte praktische Vorteile.

Fans der Medizinhistorie erfreuen sich immer ganz besonders an den Geschichten und Geschichtchen, die medizinische Entdeckungen illustrieren – ob wahr oder nicht. Den-ken wir an den zuckenden Froschschenkel, der für Luigi Galvani den Beweis lieferte, dass

Nervenimpulse etwas mit Elektrizität zu tun haben müssen, oder an Alexander Flemings ver-schimmelte Bakterienkulturen, die uns das Penicillin beschert haben. Manchmal verschleiert die hübsche Anekdote die harte Arbeit, die zu einer wichtigen Entdeckung geführt hat. In anderen Fällen beleuchtet die Geschichte tatsächlich diesen seltenen Moment der Inspiration, den alle For-scher so gern erleben würden, der sich aber leider nicht erzwingen lässt. Und in wieder anderen Fällen – wer weiß?

Worum handelt es sich?

1. die Folge bestimmter religiöser Zeremonien?2. eine Infektion mit Parasiten?3. einen angeborenen Enzym-Mangel?

Die Lösung finden Sie auf Seite 53.

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Fortbildung

Datum Kongress Ort Website

06. - 07.09.2013 23. dagnä-Workshop Köln www.dagnae.de

11. - 14.09.2013 43. Jahrestagung der DGfI Mainz www.immunology-conference.de/

20. - 21.09.2013 HIV IM DIALOG 2013 Berlin www.hiv-im-dialog.de/

22. - 25.09.2013 65. Jahrestagung der DGHM e.V. Rostock www.dghm-kongress.de

24. - 29.09.2013 46. Jahrestagung der DGTI e.V. Münster www.dgti-kongress.de

16. - 19.10.2013 14. Europäische AIDS-Konferenz Brüssel, Belgien www.eacs-conference2013.com

01. - 05.11.2013 The Liver Meeting 2013 Washington, USA www.aasld.org

01.12.2013 Welt-AIDS-Tag www.welt-aids-tag.de/

14.12.2013 Rheinisches HIV-Symposium Bonn

21. - 23.03.2014 15. Münchner AIDS- und Hepatitis-Tage München

Auswahl für den Zeitraum 2013-2014

Cogitatio-LösungenSeite 21: Antwort 4Seite 25: Antwort 3Seite 31: Antwort 1Seite 37: Antwort 2Seite 43: Antwort 4Seite 45: Antwort 2Seite 49: Antwort 3. ein angeborener Enzym-Mangel – genauer gesagt ein Mangel an Glucose-6-Phosphat-Dehydrogenase. Diese Enzym-störung ist nicht so selten, wie man vermuten möchte: Immerhin leiden heute etwa 400 Millionen Menschen weltweit daran. Menschen mit dieser genetischen Besonderheit sind besonders anfällig für oxidativen Stress nach dem Genuss von Nahrungsmitteln mit größeren Mengen an Oxidantien, wie etwa dicke Bohnen (auch Fava-Bohnen oder Saubohnen genannt). Die Krankheit ist auch als „Favismus“ bekannt. Bohnen waren und sind ein wichtiger Bestandteil der römischen Küche – man denke nur an Spezialitäten wie fave alla romana.Zu den Symptomen des Glucose-6-Phosphat-Dehydrogenase-Mangels gehören Gelbsucht und Blut im Urin; man kann sogar daran sterben. Allerdings hat die Krankheit noch einen anderen Aspekt, der in einer tief gelegenen, sumpfigen Gegend wie dem alten Rom durchaus seine Vorteile haben konnte: Personen mit dieser genetischen Besonderheit besitzen eine relative Resistenz gegen den Erreger der Malaria.