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Michael Roth and Susanne Metz Fallstudie Entwicklung einer gemeindenahen Maismühle in Sandulot, Siaton, Negros Oriental Kontakt: [email protected] Seite 1 Vorwort: PhilGerFund, die Philippine-German-Development-Foundation ist eine basisorientierte Entwicklungs- organisation mit Sitz in Silang südlich von Manila, die auf der deutschen Seite von der Welthungerhil- fe unterstützt wird. PhilGerFund wiederum arbeitet in der Projektunterstützung vor Ort mit lokalen Entwicklungsträgern und bürgerschaftlichen Organisationen. PhilGerFund organisiert mit etwa einem halben Dutzend Stellen in seinem Büro in Silang Entwicklungsprojekte für über 40000 Menschen in marginalisierenden sozialen Situationen. Die Autoren besuchen in den Jahren 2000 und 2001 Projek- torte in Luzon, den Visayas und Mindanao. Ihre Aufgabe ist es, Daten über die Nachhaltigkeit der Projekte zu gewinnen, indem sie unter anderem ausführliche Gespräche mit Verantwortlichen, Mit- gliedern der örtlichen Organisationen und Nutznießern der Projekte führen. Eine weitere Aufgabe ist, fotografisch Projektfortschritte, Umgebung und beteiligte Menschen zu dokumentieren. Annäherung an die Örtlichkeit Sandulot ist eine Ortsgemeinde in der Verbandsgemeinde Siaton im Süden der Provinz Negros Oriental. Zum Ge- biet von Siaton gehört der Südzipfel der Insel Negros. Negros ist eine der größten Inseln in der Region Visayas, des südlichen Mittelteils der philippini- schen Inselrepublik. Sie erreichen die Verbandsgemeinde Siaton mit dem Bus von Dumaguete City aus. Das Zentrum von Siaton ist östlich des Sia- ton River gelegen, der unweit in die Mindanao See mündet. Die Ortsge- meinde Sandulot ist abgelegen: unge- fähr acht Kilometer nördlich des Stadt- zentrums auf dem Westufer des Flus- ses. Es gibt zwei Wege nach Sandulot. Ei- ner führt von Siaton-Zentrum nach Norden und quert den Fluss nahe der Gemeinde. Dieser Schotterweg wird von tricycles befahren - kleinen 110- Kubikzentimeter-Motorrädern mit gro- ßen Beiwagen, die als Taxis funktio- nieren. Allerdings gibt es keine Brü- cke, so dass Sie den Fluss zu Fuß an einer Furt durchqueren müssen. Der alternative Weg folgt der National- straße westwärts quert den Fluss be- quem auf der Straßenbrücke und biegt dann nach Norden auf einen Schot- terweg ab, dessen Schotter gröber wird je weiter Sie nach Norden kom- men. Sie kommen nach Sandulot, nachdem Sie mehrere kleine Zuflüsse des Siaton River durchquert haben. Es gibt auf dieser Route keine öffentli- chen Verkehrsmittel - einen Weg, für den die meisten Europäer sowieso bestenfalls Enduro-Motorräder als die geeigneten Verkehrsmittel in Erwä- gung ziehen würden. In der Trockenzeit ist die Alternative für den Weg nach Sandulot - nehmen wir an mit einigen Taschen und Sä- cken bepackt - also zwischen der Nut-

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Michael Roth and Susanne Metz Fallstudie Entwicklung einer gemeindenahen Maismühle in Sandulot, Siaton, Negros Oriental

Kontakt: [email protected] Seite 1

Vorwort: PhilGerFund, die Philippine-German-Development-Foundation ist eine basisorientierte Entwicklungs-organisation mit Sitz in Silang südlich von Manila, die auf der deutschen Seite von der Welthungerhil-fe unterstützt wird. PhilGerFund wiederum arbeitet in der Projektunterstützung vor Ort mit lokalen Entwicklungsträgern und bürgerschaftlichen Organisationen. PhilGerFund organisiert mit etwa einem halben Dutzend Stellen in seinem Büro in Silang Entwicklungsprojekte für über 40000 Menschen in marginalisierenden sozialen Situationen. Die Autoren besuchen in den Jahren 2000 und 2001 Projek-torte in Luzon, den Visayas und Mindanao. Ihre Aufgabe ist es, Daten über die Nachhaltigkeit der Projekte zu gewinnen, indem sie unter anderem ausführliche Gespräche mit Verantwortlichen, Mit-gliedern der örtlichen Organisationen und Nutznießern der Projekte führen. Eine weitere Aufgabe ist, fotografisch Projektfortschritte, Umgebung und beteiligte Menschen zu dokumentieren.

Annäherung an die Örtlichkeit Sandulot ist eine Ortsgemeinde in der Verbandsgemeinde Siaton im Süden der Provinz Negros Oriental. Zum Ge-biet von Siaton gehört der Südzipfel der Insel Negros. Negros ist eine der größten Inseln in der Region Visayas, des südlichen Mittelteils der philippini-schen Inselrepublik. Sie erreichen die

Verbandsgemeinde Siaton mit dem Bus von Dumaguete City aus. Das Zentrum von Siaton ist östlich des Sia-ton River gelegen, der unweit in die Mindanao See mündet. Die Ortsge-meinde Sandulot ist abgelegen: unge-fähr acht Kilometer nördlich des Stadt-zentrums auf dem Westufer des Flus-ses. Es gibt zwei Wege nach Sandulot. Ei-ner führt von Siaton-Zentrum nach Norden und quert den Fluss nahe der Gemeinde. Dieser Schotterweg wird von tricycles befahren - kleinen 110-Kubikzentimeter-Motorrädern mit gro-

ßen Beiwagen, die als Taxis funktio-nieren. Allerdings gibt es keine Brü-cke, so dass Sie den Fluss zu Fuß an einer Furt durchqueren müssen. Der alternative Weg folgt der National-straße westwärts quert den Fluss be-quem auf der Straßenbrücke und biegt dann nach Norden auf einen Schot-terweg ab, dessen Schotter gröber wird je weiter Sie nach Norden kom-men. Sie kommen nach Sandulot, nachdem Sie mehrere kleine Zuflüsse des Siaton River durchquert haben. Es gibt auf dieser Route keine öffentli-chen Verkehrsmittel - einen Weg, für den die meisten Europäer sowieso bestenfalls Enduro-Motorräder als die geeigneten Verkehrsmittel in Erwä-gung ziehen würden.

In der Trockenzeit ist die Alternative für den Weg nach Sandulot - nehmen wir an mit einigen Taschen und Sä-cken bepackt - also zwischen der Nut-

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zung der öffentlichen Verkehrsmittel und dem Durchwaten des dann relativ flachen Flusses oder dem Besitz eines

den westlichen Pfad benutzen zu kön-nen, der das Queren des Flusses ganz erspart. In der Re

angemessenen Verkehrsmittels, um

genzeit ist der Wasserstand

r Sandu-

n im

kale Institution, welche die Ent-des Siaton River entweder hoch - oder in jedem Fall unvorhersehbar. So wer-den Sie, als Leser/in dieser Zeilen, denken, das Beste sei, den Fluss gar nicht zu durchwaten, besonders wenn Sie wertvolle Dinge mit sich führen. Aber dann sind auch die kleinen Zu-flüsse nicht länger klein und Sie brau-chten ein Verkehrsmittel, um die 'west-liche Umleitung' nutzen zu können. Sie müssten einen Wasserbüffel, kalabaw genannt, ein Pferd oder ein Motorrad besitzen oder Sie müssten ein gelän-degängiges Verkehrsmittel extra für Sie anheuern, was wiederum Ihre Kos-ten drastisch erhöhen würde ... Hintergrund und Situation Die erwachsenen Einwohnelots, die meisten katholischen Glau-bens, legen den Weg in die Stadt ein-mal wöchentlich zurück, um die Sonn-tagsmesse zu besuchen. (Eine Aus-

nahme ist der zweite Sonntag des Monats, wenn der Gottesdienst in der Kapelle vor Ort gehalten wird.) Der Besuch der Messe wird mit dem Ein-kauf der Güter verbunden, die nicht selbst produziert werden. Im bibli-schen Sinne: Händler nahe des Tem-pels sind durchaus erwünscht und notwendig für die Versorgung der ab-gelegen wohnenden Menschen. Die weitaus meisten der Menscheabgelegenen Sandulot sind am Rande der Gesellschaft nicht nur im räumli-chen Sinn. Der Verkauf von Kokos-nüssen ist ihre hauptsächliche Ein-kommensquelle. Die Nüsse werden von staatlich betriebenen Agenturen zu einem Fixpreis aufgekauft. Dieser Preis ist in den letzten Jahren von acht auf unter zwei Pesos (ca. 9 Pfennig) pro Kilogramm zurückgenommen wor-den. Die lowicklungsarbeit trägt, von der hier die Rede sein soll, ist die Sandulot Siaton Negros Irrigators Association (SSNIA).

Reisfelder gemeinsam bewässern, begann im Jahre 1976 mit 27 Mitglie-dern. Im Jahr 2001 zählt sie 130 Mit-glieder. Das bewässerte Gebiet um-fasst 45 Hektar. Nach eigener Aus-

Diese Vereinigung derjenigen, die ihre

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kunft verstanden die Mitglieder zur Gründungszeit die Vereinigung nicht als ein politisches Vorhaben der Agrar-reform. Trotzdem erlebten sie Wider-stand der Landbesitzer gegen die

Selbstorganisation der Pächter (tenants) um das Projekt Bewässerung herum. SSNIA, so erinnern sich die Beteiligten wurde 1976 unter einem Baum gegründet. Das erste eigene Gebäude wurde 1980 gebaut. Das Gebäude, das heute genutzt wird, mit Versammlungsraum, Küche und Toi-lette wurde 1990 gebaut. SSNIA ist der Kern des Projektes, um das es hier geht: eine Maismühle. Die zukünftigen Nutznießer der zu er-

fasst etwa

richtenden Maismühle leben in einem Umkreis von 13 Kilometern. Sie ernten Mais zweimal jährlich. Die Saison für Mais ist April bis Juli und August bis Dezember. Dies ist in der Regenzeit, die von Juni bis Dezember reicht. Das Mahlen des Maiskorns ist eine unab-dingbare Vorraussetzung für den Ei-genverbrauch. Mühlen gibt es derzeit nur in Siaton-Zentrum. Wegen der o-ben geschilderten Verkehrsanbindung gefährdet der Transport in der Regen-zeit Menschen, Ernte und die Trans-portmittel (wie Pferde, kalabaws und

die Schlitten, die sie ziehen - und wenn es sie gäbe Motorräder, die in den Visayas habal-habal genannt werden). Derzeit besitzen nur zwei Personen in Sandulot ein habal-habal. Die Gebühr für das Mahlen in den ge-werblichen Maismühlen des Stadtzent-rums beträgt 1 Peso pro Kilogramm. Die Transportkosten hin und zurück summieren sich auf 5 Peso für einen Sack oder 15 - 20 für ein Pferd. Diese Kosten berücksichtigen noch nicht die Arbeitszeit, die in diese aufwändige Art ein Grundnahrungsmittel zu erhalten, eingeht. Denn wir reden hier nicht über 'Export'. Wir reden über die elementa-re Ernährung der 'randständigen' Menschen, die hier leben. Die Gemeinde Sandulot um200 Haushalte und das Einzugsgebiet der geplanten Mühle mit 13 Kilometer

jeder Familie leben vier bis fünf Kin-der. Obwohl das Heiratsalter steigt, rechnet der Ortsgemeinderat mit ei-nem Bevölkerungswachstum bis zu fünf Prozent. Die Gemeinde wächst also erheblich. Die Mitglieder der SSNIA halten den Verbleib in dieser abgelegenen Gemeinde trotz aller fak-tischer Marginalisierung für wün-schenswerter als die Abwanderung in

Durchmesser etwa 500 Haushalte. In

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die Städte oder gar die Mega-Städte, insbesondere Manila. Jenseits des schlechten wirtschaftli-chen Zustandes fällt das Augenmerk der Zuhörer auf ein anderes Thema: Erziehung und Bildung der Kinder. Und da gibt es eine Art von Erfolgsge-schichte für die Menschen in Sandulot: 40 Kinder besuchen die Oberschule in Siaton. Eine frühere Schülerin ist be-reits als Lehrerin in die Grundschule vor Ort zurückgekehrt. Die Oberschule in Siaton erreichen die Kinder, indem sie den Fluss durchwaten und dann ein tricycle in die Stadt besteigen. Die einfache Strecke kostet 3 Pesos (15 Pfennig). Und der Schulweg dauert etwa eine Stunde. Die öffentliche Schule ist gebührenfrei, während die private Schule der Karmeliterinnen 250 Pesos Schulgeld erhebt. Alle Schüler tragen Schuluniformen, wel-che die Eltern bezahlen müssen. Die Eltern sind naturgemäß sehr stolz

g des Projekts in San-

01 nach Sandu-

er Verantwortlichen für Führung, Finanzen und für Betrieb

auf diese Entwicklung. Die Generation derjenigen, die jetzt Verantwortung in der SSNIA übernehmen, mussten al-lerdings andere Chancen ergreifen. Sie erwarben ihre Kenntnisse im Rahmen der Erwachsenenbildung: "Du musst Buchhaltung in zwei Wochen lernen - im College brauchen sie dazu vier Jahre." BeschreibunDas vorgeschlagene Projekt liegtdulot, einer Gemeinde in der Verbands-gemeinde Siaton, Provinz Negros Orien-tal: eine mechanische Maismühle in San-dulot für die Bewohner der beieinanderlie-genden Gemeinden Sandulot, Casala-an und Caticugan. Der Zweck des Projekts ist es, mit einer Mühle vor Ort die Haushalte auch in der Regenzeit angemessen ver-sorgen zu können. Die Erwartung ist, dass die zu errichtende Maismühle die Fahrten

der SSNIA Mitglieder und Mais-Kleinbauern zu den etwa acht Kilometern entfernten Mühlen und insbesondere das Durchqueren des schwer einzuschätzen-den Flusses möglichst vollständig ent-behrlich macht. Letztendlich wird im Zeit-horizont von drei Jahren [bis 2002] das Projekt die Kosten der Bewohner für Transport und Mahlen reduzieren und somit Ersparnisse und Einkommen der Haushalte und der Vereinigung vermeh-ren." (PhilGerFund Projektzusammenfas-sung 1999)

Zwischenresultate Wenn Sie im März 20lot kommen, sehen Sie: der Rohbau für die Maismühle und das Lager - links neben der bereits seit mehreren Jahren existierenden Reismühle - ist fertig gestellt. Die mechanische Mühle ist angeliefert und kann installiert wer-den zusammen mit dem Innenausbau. Die verantwortlichen Mitglieder von SSNIA haben vier verschiedene Müh-len besucht. Den größten Unterschied sehen sie in der Ausrüstung: ihre Ma-schinerie wird neu sein. Einzig der Mo-tor wird aus zweiter Hand sein. Und im Unterschied zu den anderen Mühlen kann ihr Gebäude auch zur Lagerung benutzt werden. Die Ausbildung d

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und Wartung der Maismühle wurde von der Silliman-Universität in Duma-guete durchgeführt. (Wie in vielen Pro-jekten von PhilGerFund ist auch hier eine Außenstelle der Universität ein-gebunden.)

Programmbestandteile und deren Bedeutung für Konstruktion und Nachhaltigkeit Planung Im März 2Projekt bes

001, als die Autoren das uchen, musste die Feinpla-

fnisse der Nutznießer

merziellen Maismühlen,

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nung bereits einige Verspätungen ein-kalkulieren. Einer der Gründe ist: das Zahlbarmachen eines Schecks von PhilGerFund am Jahresanfang dauer-te einen Monat. So ist die Bau- und Ausbauphase verspätet. Das nun ins Auge gefasste Fertigstellungsdatum Juni 2001 würde zeitig genug sein für die erste Maissaison des Jahres. Mitte März müsste demnach der Innenaus-bau und bis Mitte April das Betonieren des Fundaments der Maschine begin-nen. Projektziele, wirkliche und aktuelle BedürDas Leitbild der Nutznießer konzent-riert sich auf: o Reduzierung der Transportkosten

zu den kom

o Reduzierung der Risiken der Durchquerung des schwer kalku-lierbaren Siaton River,

o Erzielen von Einnahmen für die Vereinigung selbst.

Dem letzten Ziel würden besonders die Vergrößerung des geplanten Spei-chers und die Ausdehnung des Ange-botes an Nicht-Mitglieder und Maisan-bauer außerhalb der drei oben ge-nannten Gemeinden dienen. Beteiligung der Gemeinschaften Die Rolle von Bürgerschaftlichem Gmeinsinn, Nachbarschaftshilfe uKostenumlage (bayanihan oder tagbo) schätzen die Mitglieder von SSNIA und alle Einwohner sehr hoch ein. Sie nennen folgende Beispiele: o Teile der zementierten Dorfstraße

(benutzt im Wesentlichenckenen des Reiskorns (palay)) in der Gemeinde sind durch tagbo zustande gekommen,

o gleiches gilt für die Erweiterung des Bewässerungssyst- 15 Meter jährlich.

o Der Bau der Maismühle ist von Menschen aus den Gleistet worden, nicht nur von Mit-gliedern der Vereinigung.

Anteile an der Maismühle kosten die Mitglieder 200 Pesos. Es giBegrenzung für die Anzahl der von ei-ner Person gehaltenen Anteile. Nie-mand hält die Dominanz einzelner für eine echte Gefahr, denn es gibt, so glauben die Verantwortlichen, doch eine Mitgliederversammlung und er-probte demokratische Verfahren: "wir werden der Politik nicht erlauben Ein-fluss zu nehmen". (Dieser Gebrauch des Ausdrucks 'Politik' offenbart eine unter Philippinos und Philippinas weit verbreitete Zurückweisung 'des Politi-

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schen' als 'nicht hilfreich, existentielle Probleme gewöhnlicher Menschen zu lösen'.)

Materielle Ressourcen Die Maschinerie konnte nicht wie ge-plant komplett in Dumaguete gekauft

nzeitlich

chhaltig überdau-

ren die Tatsache, in dieser Rolle so exponiert zu sein. In der dörflichen

werden. Die Ausrüstung musste in Cebu vervollständigt werden. Dies zeigt, dass die Vorstellung, alles lokal zu erwerben, in spezifischen Situatio-nen überdacht werden muss. Auch die wirtschaftliche Seite des Mühlenbetriebs ist zwischeüberdacht worden. Bei der Berech-nung der Löhne und Aufwandsent-schädigungen hat die Mitgliederver-sammlung entschieden die gleichen Quoten (aus den erhobenen Gebüh-ren) zu benutzen wie bei der seit 10 Jahren erfolgreichen Reismühle: 5 % für den Kassierer, 25 % für die Bedie-ner, 3 % für den Wachdienst, welche alle für diese Aufgaben eingestellt werden. Buchhalter und Geschäftsfüh-rer, die demgegenüber von der Mit-gliederversammlung gewählt werden, erhalten jeweils 5 %. Dies weicht vom

Projektvorschlag ab aber entspricht der guten Erfahrung vor Ort. Human resources Ein Merkmal, das naert in diesem Projekt wie in fast allen Entwicklungsprojekten des gleichen 'Graswurzelcharakters' hat mit der Be-teiligung von Frauen zu tun: mehr als 50 % der Mitglieder der Vereinigung der Bewässerer sind Frauen (und die meisten Verantwortlichen für die Buchhaltung auch). Bis jetzt gab es allerdings noch keine Präsidentin. Die Gründe, die die Verantwortlichen se-hen, sind zum einen der Mangel an Zeit ('die Abwesenheit von Familie und Haushalt für all' die Besprechungen und Verabredungen') und zum ande-

Gemeinschaft sind die Frauen immer noch diejenigen, die Reis und Mais pflanzen und auch ernten.

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Zu Führungskräften wählt die Ver-sammlung jene Personen, die "für gut" gehalten werden und die bereits ihre Managementqualifikationen unter Be-weis gestellt haben - z. B. im Ortsbei-rat. Die Führungskraft "moderiert, er-möglicht Verfahrensweisen, Belange und diskussionswürdige Themen im Verwaltungsrat. Da gibt es einen Be-darf an guter Zwei-Wege-Kommuni-kation" (Joshue E. Santiago). Füh-rungskräfte führen durch "gutes Bei-spiel". Entwicklung der Institutionen und Unterstützungsmechanismen Die Qualifikation der Führungskräfte (durch Silliman-Universität) ermöglich-te die Zwei-Wege-Kommunikation zwi-schen Rat und Versammlung, die Vor-

bereitung und Verabschiedung Vorla-gen und die Entscheidungsfindung als Ganze. Als Hauptaufgabe der Füh-rungskräfte sehen diese die Rückbin-dung der sozialen und technischen Prozesse an demokratische Ver-fahrensweisen. Wenn es um Nachhal-tigkeit mit Bezug auf die Entwicklung der örtlichen Gemeinschaft geht, ist zumindest eins klar: das entwickelte Verständnis von sozialen-und-poli-

tischen Prozessen, das die Verant-wortlichen von SSNIA heute zeigen, wird weitergetragen und wird weitere Entwicklungsschritte der Gemeinde in der Zukunft ermöglichen. Die lokalen Behörden in der Ver-bandsgemeinde (municipality) und der Ortsgemeinde (barangay) arbeiten mit der SSNIA prinzipiell gut zusammen. Darüber hinaus unterstützt der Bür-germeister von Siaton die Maismühle. Es gibt einige Verbindungspersonen zwischen der Vereinigung und der lo-kalen Verwaltung. Der Präsident von SSNIA, Carmelito L. Sugabo und zu-mindest ein Mitglied des Verwaltungs-rates, Pedro Radones sind Mitglieder des Ortsbeirates - auf verschiedenen Parteilisten aber einig in der Unterstüt-zung der Vereinigung. Da die Bürger über Jahrzehnte gute Erfahrungen mit der Bewässerung und mit der Reismühle als Projekte der SSNIA gemacht haben, sind keine Ak-zeptanzprobleme zu erwarten. Der kleine Laden, den die Vereinigung be-trieb, wurde zwar vor drei Jahren ge-schlossen - aber weil er nicht mehr gebraucht wurde: mehrere kleine Lä-den (sari-sari stores) hatten geöffnet und werden nun von Frauen aus der Gemeinde erfolgreich betrieben. Folg-lich halten die Mitglieder das Laden-projekt für eine 'Leiter', die für den Aufstieg gebraucht wurde, an dessen Ende die Mitglieder zu einkommenser-zeugenden Aktivitäten befähigt sind - und die Leiter entbehrlich ist. Für die Maismühle sehen die Mitglie-der nicht die Gefahr einer privaten kommerziellen Konkurrenz. Ihre Erklä-rung dafür sieht so aus: die Maismühle kann funktional nicht ohne weiteres ersetzt werden - so wie die sari-sari stores den Laden der Vereinigung er-

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setzen. Und die lokalen Behörden un-terstützen die Mühle als ein Mittel, die abgelegenen Gemeinden lebensfähi-ger zu machen. Die Nachhaltigkeit der Maismühle hängt für die Mitglieder von verschie-denen Aspekten ab: o Wartung von Maschinerie und Ge-

bäude, o Weiterbildung und Training der

Verantwortlichen, o Entscheidungen der Verantwortli-

chen und Mitglieder über Kapital-einsatz für Wartung, Rücklagen (für unerwartete Ereignisse, Notfälle etc.)

o Ideen der Zusammenarbeit, des Mahlens in der eigenen Mühle, der Unterstützung der Maismühle und letztlich

o Reduzierung der persönlichen Transportkosten und -zeiten der Mitglieder.

Schlussfolgerungen Der Gesamteindruck des Projektortes Sandulot: hier oben zu leben ist er-strebenswert im Gegensatz zu den Wohnsituationen, in denen die meisten sich wiederfinden, die in die urbanen Quartiere wandern. Es erscheint ver-nünftig, Mais in den Talrandlagen zu pflanzen, die für den Reisanbau nicht

geeignet sind. Aber trotz allem, hier zu leben macht Sie nicht fit für den Markt. Indem sie von Dienstleistungen wie Maismahlen abhängen, verursachen Sie Kosten für den Transport zu den kommerziellen Mühlen in der Stadt. SSNIA hat umfassende Erfahrung im Betreiben einer Mühle. Es gibt einen technischen Aspekt in der Planung, der unrealistisch zu sein scheint: die zehn Wochen, die ursprünglich für den Bau angenommen waren. Und es ist derzeit nur ein Problem erkennbar, dass in naher Zukunft die Nachhaltig-keit des Projekts in frage stellen könn-te: das Eindringen von Marktmecha-nismen in die abgelegenen Gemein-den, d. h. der Aufbau einer konkurrie-renden kommerziellen Mühle. Auf der anderen Seite gibt es eine ganze Menge positiver Merkmale einer Vereinigung von Kleinbauern: o Lösen existenzieller Probleme der-

jeniger, die nicht in die Mega-Städte fliehen,

o Ausrichtung auf demokratische Entscheidung der gemeinschaftli-chen Dinge und deren Reflexion durch die Verantwortlichen - und im günstigsten Falle durch alle Mit-glieder,

o Entwicklung der Vereinigung zu ei-nem lebensfähigen gemeinschaftli-chen 'Unternehmen'.

Das Projekt Maismühle o ist eine Investition nicht unerhebli-

chen Umfangs, o ist markt-ökonomischen Charakters

und so - realistisch betrachtet - o ist sein Bestehen am Markt in den

üblichen Grenzen offen. Im vorliegenden Fall ist die Unterstüt-zung durch die lokalen Behörden ein günstiger Umstand aber trotzdem kei-

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ne Garantie für ökonomisches Beste-hen. Erfahrungen aus anderen Projekten lehren, dass die Einbeziehung von Marketing-Überlegungen schon in ei-nem frühen Stadium einer gemein-schaftlichen Unternehmung entschei-dend für das Überleben sein kann: o das Voraussehen potentieller Kon-

kurrenzsituationen, o die Vereinigung integrativ zu ver-

markten, d. h. klar zu machen, wel-che über das Mahlen des Korns hi-nausgehenden (Dienst-) Leistun-gen die Vereinigung noch anzubie-ten hat.

Falls einer oder mehrere potenzielle Konkurrenten hereinkommen und ei-nen konkurrenzfähigen Preis für das Mahlen verlangen, schadet das nicht der Kostenstruktur der Einzelhaushalte der Mitglieder. Aber ein Verlust von Kunden für das 'gemeinschaftliche Un-ternehmen' Maismühle würde die Ver-einigung entscheidend schwächen. (Im Frühjahr 2001 besuchen die Auto-ren auch ein Mühlenprojekt auf der In-sel Bohol, das seit 1994 produziert und mit seinem Erfolg mehrere Kon-kurrenten anzog. Derzeit ist die Rück-zahlung des Kredits in frage gestellt und die Verantwortlichen dort fragen nach mehr Wissen in Sachen Marke-

ting, besonders auch im Non-Profit-Marketing ihrer Kooperative selbst.) Einer anderen Erfahrung aus ver-gleichbaren Projekten trägt SSNIA im jetzigen Vorhaben optimal Rechnung: ein Projekt wie dieses braucht starke Einbindung und Engagement der ge-schäftlich Verantwortlichen im alltägli-chen Betrieb. Sie müssen die Unter-nehmung planen und steuern und die-se Anstrengungen müssen sich für sie als professionelles Tun auszahlen. Perspektiven Die Reismühle nahe der zukünftigen Maismühle läuft seit Jahren gut. Einen Anteil hat ihre Funktion als Treffpunkt

in der Gemeinde. Die Mitglieder sehen in alldem ein Modell für den zukünfti-gen Erfolg der Maismühle.

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