Micrófonos Schoeps

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6 Als Erstausgabe erschien dieser Aufsatz unter dem Titel “Aufnahmetechnik für den anspruchsvollen Amateur” in Stereoplay, Hefte 8/9 1988. Er richtete sich ursprünglich an Musikliebhaber, die außer physikalischen Grundkenntnissen der Akustik nur wenig Wissen über Mikrofone und Aufnahmetechnik haben. Dieser Personenkreis überschätzt manchmal den notwendigen apparativen Aufwand, um selber Stereo- Aufnahmen machen zu können. Im Folgenden werden fundamentale Grundlagen der Aufnahme- und Mikrofontechnik erklärt. Dazu gehört die Kenntnis der stereofonen Mikrofonsysteme und ihrer Be- sonderheiten. Außerdem wird die elementare Funktion von Druck- und Druckgradienten-Empfänger beschrieben sowie die mit diesen Arbeitsprinzipien verbundenen be- sonderen Eigenschaften. Anwendungsbereiche einfacher Aufnahmetechniken Ein gutes Mikrofon wandelt Schall in ein äquivalentes elektrisches Signal. Eine Aufnahme ist dann lohnend, wenn der Schall am Ort des Mikrofons hörenswerte Qualität besitzt. Das mögliche Aufnahmerepertoire ist daher sehr groß. Die mit einfachen Mitteln hergestellten Aufnahmen weisen oft erhebliche Unterschiede zu professionellen Produktionen auf. Da ist zunächst einmal der Unterschied zwischen einem Live-Mitschnitt und einer Musikproduktion, die mit viel Technik und dem Können der Tonmeister per- fekte Aufnahmen zum Ziel hat. Selbst die schönste Auf- führung ist nicht frei von Störungen und Schwächen. Wer glaubt, dies wäre kein Problem, sollte sich nur einmal an eine Schallplatte mit einem Kratzer erinnern. Nach einiger Zeit erwartet man die Störung geradezu an der gewohnten Stelle. Mit Schnitzern einer Darbie- tung kann es einem dann genauso gehen, obwohl man sie beim ersten Hinhören eventuell gar nicht festgestellt hat. Dieses Problem hat schon manchen erfahrenen Künstler kritisch gegenüber Mitschnitten gemacht. Ein weiterer Unterschied bei Aufnahmen, die mit nur zwei hochwertigen Mikrofonen beziehungsweise einem Stereomikrofon hergestellt wurden, ergibt sich aus den fehlenden Stützmikrofonen. Hier wird die Dis- kussion aber bereits schwierig. Fehlen die Stützen wirklich? Zwischen der ausgiebig begründbaren Befür- wortung durch die Mehrzahl der Tonmeister und der Meinung vieler Audiophiler besteht keine Einigkeit. Geschmackliche Komponenten und Schulung spielen eine Rolle. Benötigt der Verbraucher eine Hörschulung oder führen die Hörgewohnheiten und Klangvorstellun- gen einiger Tonmeister zu einer Distanz zum realen Klanggeschehen? Tatsächlich gibt es viele CDs, die ohne Stützmikro- fone aufgenommen wurden und die sehr erfolgreich sind. Damit darf aber kein übertriebener Optimismus ausgelöst werden. Ein wohlschmeckendes Gericht er- fordert außer guten Zutaten immer noch einen guten Koch. Ebenso gehören zu einer guten Tonaufzeichnung einige Kenntnisse und Erfahrungen. Einige wesentliche Grundlagen sollen hier vermittelt werden. Man sollte aber nicht vergessen, dass “Tonmeister” ein Beruf ist und eine Ausbildung erfordert. Einflussgrößen bei der Tonaufnahme Fangen wir mit der Schallquelle an. Die Künstler sind bei einer einfachen Aufnahmetechnik ganz auf sich gestellt. Wenn die Hilfsmittel der modernen Aufnahme- technik nicht zur Verfügung stehen, ist es beispiels- weise erforderlich, dass die Balance zwischen den einzelnen Instrumenten von den Musikern hergestellt wird. Allgemein gesehen kann dies auch durchaus der Musikaufnahme zum Vorteil gereichen. Die eigentlichen Kriterien für die Aufnahme sind: 1. die Raumeinflüsse 2. der Aufstellungsort 3. das Stereo-Aufnahmeverfahren und 4. die Mikrofonwahl. 1. Raumeinflüsse Von Konzerten weiß man, wie wichtig die Akustik des Raumes ist. Ihre Eignung hängt von der Art der Musik, vielen Details und ganz besonders von den Raumab- messungen ab. Mit kleinerem Volumen nimmt die Qua- lität in der Regel deutlich ab und endet beim Badezim- merklang. Hier wirken oft kleiner Raum, ungünstige Seitenabmessungen und geringe Bedämpfung zusam- men. Ausgeprägte Resonanzen sind aber besonders bei tiefen Frequenzen auch in größeren Räumen feststell- bar. Sie sind ortsabhängig, was bei der Aufstellung von Mikrofonen bedeutsam ist. Bei Aufnahmen spielt die Raumakustik eine noch größere Rolle als für das unmittelbare Live-Hören. Dies hängt unter anderem damit zusammen, dass stereo- fone Wiedergabe nur eine Illusion des natürlichen Geschehens sein kann und einige Informationen feh- len, wie alles Visuelle und das Ambiente. In der Nähe eines Instruments hört man auch in einem Raum den direkten Schall dominierend und empfindet den Raumeinfluss weniger. Weiter entfernt ist aber der reflektierte Schall und damit der Raum- einfluss stärker. 2. Mikrofon-Aufstellungsort Das Verhältnis von direktem zu reflektiertem Schall nennt man die Hallbalance. Bei Aufnahmen realisiert 1. Grundlagen von Mikrofonen und Stereoaufnahmen

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Un capítulo de un manual de Schoeps.

Transcript of Micrófonos Schoeps

  • 6Als Erstausgabe erschien dieser Aufsatz unter demTitel Aufnahmetechnik fr den anspruchsvollen Amateurin Stereoplay, Hefte 8/9 1988.

    Er richtete sich ursprnglich an Musikliebhaber, dieauer physikalischen Grundkenntnissen der Akustik nurwenig Wissen ber Mikrofone und Aufnahmetechnikhaben. Dieser Personenkreis berschtzt manchmal dennotwendigen apparativen Aufwand, um selber Stereo-Aufnahmen machen zu knnen.

    Im Folgenden werden fundamentale Grundlagen derAufnahme- und Mikrofontechnik erklrt. Dazu gehrt dieKenntnis der stereofonen Mikrofonsysteme und ihrer Be-sonderheiten. Auerdem wird die elementare Funktionvon Druck- und Druckgradienten-Empfnger beschriebensowie die mit diesen Arbeitsprinzipien verbundenen be-sonderen Eigenschaften.

    Anwendungsbereiche einfacherAufnahmetechniken

    Ein gutes Mikrofon wandelt Schall in ein quivalenteselektrisches Signal. Eine Aufnahme ist dann lohnend,wenn der Schall am Ort des Mikrofons hrenswerteQualitt besitzt. Das mgliche Aufnahmerepertoire istdaher sehr gro.

    Die mit einfachen Mitteln hergestellten Aufnahmenweisen oft erhebliche Unterschiede zu professionellenProduktionen auf.

    Da ist zunchst einmal der Unterschied zwischeneinem Live-Mitschnitt und einer Musikproduktion, diemit viel Technik und dem Knnen der Tonmeister per-fekte Aufnahmen zum Ziel hat. Selbst die schnste Auf-fhrung ist nicht frei von Strungen und Schwchen.Wer glaubt, dies wre kein Problem, sollte sich nureinmal an eine Schallplatte mit einem Kratzer erinnern.Nach einiger Zeit erwartet man die Strung geradezuan der gewohnten Stelle. Mit Schnitzern einer Darbie-tung kann es einem dann genauso gehen, obwohl mansie beim ersten Hinhren eventuell gar nicht festgestellthat. Dieses Problem hat schon manchen erfahrenenKnstler kritisch gegenber Mitschnitten gemacht.

    Ein weiterer Unterschied bei Aufnahmen, die mitnur zwei hochwertigen Mikrofonen beziehungsweiseeinem Stereomikrofon hergestellt wurden, ergibt sichaus den fehlenden Sttzmikrofonen. Hier wird die Dis-kussion aber bereits schwierig. Fehlen die Sttzenwirklich? Zwischen der ausgiebig begrndbaren Befr-wortung durch die Mehrzahl der Tonmeister und derMeinung vieler Audiophiler besteht keine Einigkeit.Geschmackliche Komponenten und Schulung spieleneine Rolle. Bentigt der Verbraucher eine Hrschulungoder fhren die Hrgewohnheiten und Klangvorstellun-gen einiger Tonmeister zu einer Distanz zum realenKlanggeschehen?

    Tatschlich gibt es viele CDs, die ohne Sttzmikro-fone aufgenommen wurden und die sehr erfolgreich

    sind. Damit darf aber kein bertriebener Optimismusausgelst werden. Ein wohlschmeckendes Gericht er-fordert auer guten Zutaten immer noch einen gutenKoch. Ebenso gehren zu einer guten Tonaufzeichnungeinige Kenntnisse und Erfahrungen. Einige wesentlicheGrundlagen sollen hier vermittelt werden. Man sollteaber nicht vergessen, dass Tonmeister ein Beruf istund eine Ausbildung erfordert.

    Einflussgren bei der Tonaufnahme

    Fangen wir mit der Schallquelle an. Die Knstler sindbei einer einfachen Aufnahmetechnik ganz auf sichgestellt. Wenn die Hilfsmittel der modernen Aufnahme-technik nicht zur Verfgung stehen, ist es beispiels-weise erforderlich, dass die Balance zwischen deneinzelnen Instrumenten von den Musikern hergestelltwird. Allgemein gesehen kann dies auch durchaus derMusikaufnahme zum Vorteil gereichen.Die eigentlichen Kriterien fr die Aufnahme sind:

    1. die Raumeinflsse2. der Aufstellungsort3. das Stereo-Aufnahmeverfahren und4. die Mikrofonwahl.

    1. Raumeinflsse

    Von Konzerten wei man, wie wichtig die Akustik desRaumes ist. Ihre Eignung hngt von der Art der Musik,vielen Details und ganz besonders von den Raumab-messungen ab. Mit kleinerem Volumen nimmt die Qua-litt in der Regel deutlich ab und endet beim Badezim-merklang. Hier wirken oft kleiner Raum, ungnstigeSeitenabmessungen und geringe Bedmpfung zusam-men.

    Ausgeprgte Resonanzen sind aber besonders beitiefen Frequenzen auch in greren Rumen feststell-bar. Sie sind ortsabhngig, was bei der Aufstellung vonMikrofonen bedeutsam ist.

    Bei Aufnahmen spielt die Raumakustik eine nochgrere Rolle als fr das unmittelbare Live-Hren. Dieshngt unter anderem damit zusammen, dass stereo-fone Wiedergabe nur eine Illusion des natrlichenGeschehens sein kann und einige Informationen feh-len, wie alles Visuelle und das Ambiente.

    In der Nhe eines Instruments hrt man auch ineinem Raum den direkten Schall dominierend undempfindet den Raumeinfluss weniger. Weiter entferntist aber der reflektierte Schall und damit der Raum-einfluss strker.

    2. Mikrofon-Aufstellungsort

    Das Verhltnis von direktem zu reflektiertem Schallnennt man die Hallbalance. Bei Aufnahmen realisiert

    1. Grundlagen von Mikrofonen und Stereoaufnahmen

  • man die Hallbalance durch die Wahl der Richtcharak-teristik und den Abstand der Mikrofone zur Schallquelle.

    Wie spter noch verstndlich wird, drfen Mikrofonemit ausgeprgter Richtcharakteristik, wie zum BeispielNieren, weiter von der Schallquelle entfernt aufgestelltwerden als Kugeln, wenn die gleiche Hallbalanceerwnscht ist.

    Die richtige Hallbalance ist eine Frage der Musikart,des Geschmacks und eventuell von Notwendigkeiten.Wenn die Raumakustik weniger gut ist, kann es not-wendig sein, den Abstand etwas kleiner zu whlen, umden reflektierten Schall etwas schwcher ins Gewichtfallen zu lassen. Die Hallbalance wird damit zu einemtrockeneren (weniger halligen) Klangbild verschoben.

    3. Stereo-Aufnahmeverfahren

    Stereofone GrundprinzipienEs ist bekannt, dass das stereofone, beziehungs-

    weise das Richtungshren auf zwei Effekten beruht.Erstens erreicht Schall, der zum Beispiel von linkskommt, zuerst das linke Ohr und dann das rechte,wir haben also einen Laufzeitunterschied. Zweitensbildet der Kopf fr Frequenzen, gegenber derenSchallwellenlnge er gro ist, einen akustischen Schat-ten, so dass es fr Frequenzen oberhalb ca. 1,5kHzzu einem Intensittsunterschied zwischen den Ohrenkommt.

    Will man diese Effekte naturgetreu bertragen, sokommt man zur Konstruktion des Kunstkopfs. Mit ihmerreicht man bei Wiedergabe ber Kopfhrer auch wirk-lich berzeugend naturgetreue Reproduktionen.

    Bei Lautsprecherwiedergabe werden die Verhltnisseleider viel komplexer. Zunchst kommt dabei immer derreflektierte Schall des Wiedergaberaums hinzu. Diesist aber mehr ein allgemeines Problem. Grundlegenderist, dass der links und rechts bertragene Schall nichtnur das jeweilige Ohr erreicht, sondern auch das jeweilsgegenberliegende.

    Stereofone MikrofonsystemeBesonders wenn man sich vergegenwrtigt, dass

    der Hrer kaum stndig den exakt gleichen Abstandzu beiden Lautsprechern einhalten kann, wird anschau-lich, dass die natrlichen Laufzeitverhltnisse nicht berLautsprecher bertragen werden knnen.

    Genauer betrachtet, lassen sich Laufzeitdifferenzenin frequenzabhngige Phasenunterschiede zwischenden Kanlen umrechnen. So kommt es bei ungerad-zahligen Vielfachen einer bestimmten Frequenz zuGegenphasigkeit, die bei Zusammenschaltung zu Monozu Auslschungen fhrt und insgesamt einen verfrb-ten Klang bewirkt. Die Aufnahme ist mono-inkompatibel.Tonaufzeichnungen mit Laufzeitunterschieden knnenalso bereits auf dem bertragungsweg Schwierigkei-ten machen. In besonderer Weise kann dies auch beimSchnitt einer analogen Vinylplatte Probleme auslsen.

    Derartige Betrachtungen haben zu KOINZIDEN-TEN STEREO-MIKROFONSYSTEMEN gefhrt. Dabeiwerden zwei Mikrofone derartig bereinander ange-ordnet, dass aller Schall aus der horizontalen Ebene(Musiker-Ebene) gleichzeitig beide Kapseln erreicht.Da Laufzeitunterschiede also nicht existent sind, mussdie Stereofonie auf Intensittsunterschieden bzw.Pegelunterschieden basieren. Man spricht daher auchvon INTENSITTS-STEREOFONIE.

    Technisch wird der Intensittsunterschied durchMikrofone mit ausgeprgter Richtcharakteristik erzielt.Hierdurch wird der Schall aus der jeweiligen Richtung,in die das Mikrofon weist, bevorzugt aufgenommen.

    Die XY-TECHNIK ist die am hufigsten angewand-te Intensittsstereofonie. Als Variable bleiben dabei dieWahl der Kapselrichtcharakteristik und der Winkel zwi-schen den Hauptachsen der Kapseln. Die richtige Ein-stellung wird spter besprochen. Abb. 1 zeigt einederartige Mikrofonanordnung. Abb. 2 zeigt einen hufiggemachten Fehler. Der kleine Versatz der nicht ber-einander angeordneten Systeme kann praktisch be-deutungslos sein, aber die nach links bzw. rechtsgerichteten Mikrofone werden von Schall aus diesenRichtungen jeweils spter erreicht als das des Nach-barmikrofons. Intensitts- und Laufzeitdifferenz wider-sprechen also einander.

    Als Richtcharakteristiken kommen in Frage: Nieren,Super- und Hypernieren und Achten. Bei Verwendungletzterer und einem Winkel von 90 zwischen den Mikro-fonen spricht man auch von BLUMLEIN-TECHNIK,zu Ehren des Stereo-Pioniers Alan Blumlein. Ein ande-rer Name fr diese Technik lautet Stereosonic.

    Die MS-TECHNIK gehrt auch zu den koinziden-ten Verfahren. M und S bedeutet Mitte und Seite undbezieht sich auf die Anwendung jeweils eines Mikrofons,das auf die Mitte des Orchesters gerichtet wird, undeines, das seitlich die Rauminformation aufnimmt. DasMikrofon fr den S-Kanal muss Acht-Charakteristikhaben, whrend fr M beliebige Richtcharakteristiken

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    Abb. 1XY-Stereofonie mit zwei Mikrofonen und Universal-schiene UMS 20

  • 8inklusive Kugel eingesetzt werden knnen.Die beiden Kanle stellen zunchst noch keinen lin-

    ken und rechten Kanal dar und lassen sich deshalbnicht gleich stereofon abhren. Lediglich der M-Kanalist eine saubere Monoaufnahme und kann alleine ge-nutzt werden.

    Erst durch eine Matrizierung gewinnt man ein rechtesund ein linkes Signal. Wie man dies einfach erklren

    kann, zeigt Abb. 3. Das M-Mikrofon nimmt links undrechts auf, also kann man schreiben: M=links+rechts.

    Das S-Mikrofon hat eine nach links und rechts orien-tierte Acht-Charakteristik und kann, dem Polardia-gramm entsprechend, aus der Mitte kommenden Schallnicht aufnehmen. Dies erklrt sich auch aus der Naturder Acht, die zwei gleiche Empfindlichkeitsbereichehat, die aber gegenphasig aufnehmen. Daher ist S=links-rechts.

    Die Matrizierung ist im einfachsten Fall eine Sum-men- und Differenzbildung von M und S. So ergibt sichlinks und rechts. Die 2 vor diesen Ergebnissen bedeu-tet lediglich mehr Pegel.

    Bevor das M- und das S-Signal addiert bzw. sub-trahiert werden, kann man natrlich das Pegelverhlt-nis verndern. Der Fall, dass S=0 ist und nur M brigbleibt, wurde schon als Mono-Signal beschrieben.Wenn man S verstrkt, ergeben sich aber Richtdia-gramme, die nach links und rechts weisen und derenHauptachsen einen mit dem S-Signal grer werden-den Winkel einschlieen.

    Man regelt so die Basisbreite (width) und kanndies, wenn M und S einzeln vorliegen, auch noch nachder Aufnahme machen. Bei Filmnachbearbeitungenspielt das eine groe Rolle.

    Wie sich die Polardiagramme ergeben und welchesProblem es gibt (MS-Aufnahmewinkel), ist in Aufsatz 4genauer beschrieben.

    Koinzidente Mikrofone gibt es auch in einem gemein-samen Gehuse fr beide Mikrofone, aber dann istman natrlich auf die Intensitts-Aufnahmeart festge-legt.

    Aufnahmen mittels der beschriebenen koinzidentenAufnahmemethoden knnen durch eine ausgezeichneteLokalisation der Schallquellen in der Mitte gekennzeich-net sein. Bei Aufnahme eines einzelnen Instruments istdas eventuell besonders interessant, aber bei Schall-quellen mit einer greren Ausdehnung wnschen sichviele Hrer doch mehr Breite der Wiedergabe. Es isteinfach so, dass es diesbezglich verschiedene Ge-schmacksrichtungen gibt.

    Eine Erklrung fr die gute, aber berbetonte Lokali-sation in der Mitte zwischen den Lautsprechern ergibtsich aus den Merkmalen der oft verwendeten Nieren-Mikrofone. Wie spter noch ausgefhrt wird, darf mansich Nieren immer als Kombination einer Acht undeiner Kugel vorstellen. Wie sie tatschlich realisiertsind, ist von untergeordneter Bedeutung. Also bedeu-tet XY-Technik mit zwei Nieren, dass 50% desSchallereignisses so aufgenommen werden, als obman zwei ganz dicht beieinander aufgestelle Kugelnfr eine Stereo-Aufnahme verwenden wrde. Das Er-gebnis ist Mono.

    Laufzeitunterschiede tragen zum Eindruck rumlicherTiefe bei. Genau betrachtet, gibt es dabei Unter-schiede je nach Richtcharakteristik der Mikrofone.

    Abb. 3Einfache Funktionsbeschreibung der MS-Technik

    Orchester

    links rechts

    M=Mitte=links+rechts

    S=Seite=links-rechts

    M+S = 2x linksM-S = 2x rechts

    Abb. 2Fehlerhafte XY-Anordnung. Intensitts- undLaufzeitunterschiede sind gegenlufig.

    rechts links

  • 9Wie schon gesagt, sind Laufzeiten zwischen denMikrofonsignalen in der Grenordnung, wie sie zwi-schen den beiden menschlichen Ohren auftreten, be-sonders interessant (siehe Kapitel 2, Theile). Wennaber kein Intensittsunterschied hinzukommt, gengtder Ohrabstand bei Verwendung von Kugeln nicht,um damit basisfllende Stereofonie zu produzieren.

    Dies ist ein Grund fr ein Prinzip, das der Autormit TRENNKRPER-STEREOFONIE berschreibt.Dabei wird zwischen zwei Kugeln eine Art akusti-sches Hindernis aufgebaut. Den Kunstkopf knnteman als erstes Modell und Sonderfall ansehen. Dannkam Charlin (Paris) mit einer pelzbeklebten Kugel, indie er die Mikrofone derart einbaute, dass die Mem-branebenen mit der Oberflche abschlossen. SeinMitarbeiter Kisselhoff erprobte weitere Formen.Jecklin wurde besonders bekannt mit seiner nachihm benannten Scheibe, die eine einfache Realisationdarstellt (auch als OSS-Technik bekannt). Die Woywod-Kugel wre hier auch zu nennen (stereoplay 12/86).Auerdem gibt es Vorschlge, Grenzflchenmikrofoneauf keilfrmige Trennkrper aufzubringen. Defossezund Professor Peters mit Clara (stereoplay 4/86)tun derartiges.

    Alle diese Aufbauten sind interessant und finden ihreLiebhaber. Sie profitieren alle von der bereits genanntenguten Tiefenwiedergabe der Kugeln (Druckempfnger).Nachteile gibt es aber auch hier. Der durch den Trenn-krper hervorgerufene Intensittsunterschied ist fre-quenzabhngig und besteht nicht bei tiefen Frequen-zen. Nach D. Griesinger (Lexicon) ergeben sich dadurchNachteile bei der Ortung. Ferner hat der Trennkrperstets einen Einfluss auf die Eigenschaften der Mikro-fone. Einige Hrer wollen sich mit den dadurch her-vorgerufenen Klangvernderungen nicht abfinden.

    So kam es zum Kugelflchenmikrofon, bei demzwei Druckempfnger in eine Kugel eingebaut sind.Dr. Theile (Institut fr Rundfunktechnik) begrndete dieMerkmale dieses Mikrofons wissenschaftlich. S. Gey-ersberger erforschte die Mglichkeiten der praktischenRealisierung mit Untersttzung der Firma SCHOEPS,bei der das Kugelflchenmikrofon inzwischen ein be-whrtes Produkt ist. (Siehe auch Aufsatz 5)

    Wenn man den Abstand zwischen den Mikrofonenvergrert, bentigt man keinen Trennkrper mehr.So kommt man zu dem als LAUFZEITSTEREOFONIEoder AB-AUFNAHME bekannten Prinzip. Der Mikro-fonabstand betrgt bei Klein-AB 40 - 80cm und beiGro-AB bis zu einigen Metern. 50cm ist ein hufigpassender Abstand. (Weitere Ausfhrungen hierzufinden sich in Aufsatz 3.)

    Knner wissen die Vorteile von Kugelmikrofonen mitAB-Technik zu nutzen. Der bekannte Nachteil, dass dieLokalisation einzelner Schallquellen oft unprzise ist,wird in Kauf genommen oder durch zustzlichen Auf-wand (drittes Mikrofon) reduziert. Dabei spielt wiede-rum die persnliche Einstellung beziehungsweise der

    Dennoch scheint eine Aufnahmetechnik mit kleinenLaufzeitunterschieden in einer Grenordnung, wiesie am menschlichen Kopf vorliegt, von der Mehrheitvon Hrern bevorzugt zu werden.

    Ein entsprechendes, recht hochgeschtztes Aufnah-mesystem wurde in langen Versuchen vom Franzsi-schen Rundfunk, der frheren ORTF, herausgefunden.Abb. 4 zeigt ein derartiges Mikrofon als kompakte Ein-heit. Die beiden Nieren-Kapseln sind in einem Winkelvon 110 und einem Abstand von 17cm montiert. Na-trlich lsst sich dies auch mit einzelnen Mikrofonenrealisieren, wie in Abb. 1 fr XY gezeigt.

    Das ORTF-System ist recht unkritisch in der Platzie-rung und wird von vielen Anwendern als besondersuniverselle Lsung angesehen. So hat zum Beispiel diehollndische Rundfunkgesellschaft NOS das eigeneSystem (90/30cm) nicht weitergefhrt, sondern ver-wendet eher ORTF.

    Alle bisher genannten Prinzipien basieren auf derVerwendung von Mikrofonen mit ausgeprgter Richt-charakteristik.

    Mit Kugelmikrofonen ergeben sich auf Grund ihrertheoretisch gleichen Empfindlichkeit fr Schall aus allenRichtungen nicht die notwendigen Intensittsunter-schiede.

    Kondensatormikrofone mit Kugelcharakteristik sindaber die einzigen, die selbst die tiefsten von Musik-instrumenten produzierbaren Frequenzen ohne jedeAbschwchung aufnehmen knnen. Warum dies so ist,wird spter erklrt. Im Zeitalter der digitalen Aufnahme-gerte und guter Subwoofer ist dies je nach Musikartein beachtlicher Vorteil.

    Abb. 4ORTF-Mikrofon MSTC 64 Ug mit elastischer, krper-schallisolierender Aufhngung A 20 S

  • 10

    Geschmack eine wichtige Rolle. Auch von der Musikhngt die Bewertung der Przision der Ortung ab. Oderwollen Sie die einzelnen Pfeifen einer Orgel orten?

    Extreme AB-Stereofonie kann leicht zu lcherlichenErgebnissen fhren, wenn die Mikrofone zu dicht anden Schallquellen stehen. Sie artet dann in Pingpong-Stereofonie mit getrennter linker und rechter Seite aus.Vorsicht ist auch geboten bei bewegten Schallquellenwie zum Beispiel einer Sngerin, die sich heftig nachlinks und rechts bewegt.

    AB-Aufnahmen vermitteln meist den Eindruck einergroen rumlichen Tiefe. Es ist bekannt, dass diesdurch die wenig korrelierten Raumsignale an den von-einander entfernten Mikrofon-Aufstellungsorten bewirktwird. Andererseits klingt die Monowiedergabe vonAB-Aufnahmen deutlich schlechter als die koinziden-ter Aufnahmen. AB-Aufnahmen sind nicht mono-kompatibel.

    AufnahmegeometrieOb die Ergebnisse einer XY-Konfiguration, ORTF, Jeck-lin-Scheibe oder AB besser gefllt, ist auch eine Ge-schmacksfrage. Koinzidente Techniken und AB-Aufnah-men mit Kugeln sind dabei die Extreme.

    Auerdem muss festgestellt werden, dass keinfixes Aufnahmeverfahren allen Gegebenheiten gerechtwerden kann, wie eine wissenschaftliche Darstellungvon Williams zeigt. (Weitere Angaben in Aufsatz 2)

    Bei der klassischen Wiedergabe im gleichseitigenDreieck von Lautsprechern und Hrer (Abb. 5) knnenSchallquellen zwischen maximal -30 (links) bis +30(rechts) lokalisiert werden. Aus diesen Richtungen ms-sen bei der Wiedergabe die extremen Links/Rechts-Positionen der Aufnahme geortet werden.

    Die Ortung ergibt sich durch Intensittsunterschied(z.B. bei XY) oder Laufzeitunterschied (z.B. bei AB)oder durch Kombination von beiden (z.B. ORTF). Dieerforderliche Gre der Unterschiede fr die Ortungbzw. die Lokalisation aus verschiedenen Richtungensind aus Hrversuchen bekannt.

    Andererseits lassen sich die Laufzeitdifferenzen zwi-schen zwei Mikrofonen in Abhngigkeit von der Schall-einfallsrichtung exakt berechnen. Fr Schall von vorneist die Laufzeit z.B. Null, fr Schall von der Seite ent-spricht sie der Zeit, die Schall zum Durchlaufen desMikrofonabstands bentigt. Auch der Pegel bzw. Inten-sittsunterschied ist fr Schall aus allen Richtungenberechenbar, wenn die Richtcharakteristik und der Win-kel zwischen den beiden Mikrofonen bekannt ist. Aller-dings mssen die Polardiagramme dazu exakt undmglichst frequenzunabhngig sein. Gromembran-mikrofone kommen deshalb weniger in Frage.

    Die Williams-DiagrammeDie Kombination der hrphysiologischen Daten fr

    die Richtungsabbildung und die errechneten Unterschie-de in Pegel und Laufzeit fhren zu den Diagrammenvon Williams. Ihre Anwendung bewirkt eine gleich-mige Verteilung der einzelnen Schallquellen einesOrchesters zwischen den beiden Lautsprechern.Grere oder kleinere Intensitts- oder Laufzeitunter-schiede durch das Stereomikrofon in seiner gegebenenAufstellung wrden eine Anhufung der Schallquellenlinks und rechts oder eine zu schmale Stereobasis ver-ursachen.

    Abb. 6 zeigt eines dieser Diagramme fr die Anwen-dung bei Nieren. In der Praxis whlt man als erstesden geeigneten Mikrofonaufstellungsort. Wie gesagt,hngt er von der Raumakustik, der Richtcharakteristikder Mikrofone und der erwnschten Hallbalance ab.

    Abb. 5Klassische Abhranordnung

    Abb. 6Aufnahmewinkel 6a fr Nieren nach Williams(vereinfacht)

    HrerAbstand zwischen den Mikrofonen in cm

    ///// nicht nutzbarer Bereich

    Winkel zwischenden Mikrofonen

  • Manchmal entscheiden hierber aber auch praktischeGesichtspunkte.

    Vom Ort der Mikrofone aus wird dann der Winkelzwischen der uersten linken und rechten Schallquel-le bestimmt. Von der Mitte aus gemessen betrgt derWinkel +a nach rechts und -a nach links. Man siehtz.B. das Orchester folglich unter dem Winkel 2a. Nach-dem man in Abb. 5 der Kurve fr a folgt, lassen sichdie Kombinationsmglichkeiten vom Abstand zwi-schen den Mikrofonen und dem Winkel zwischenihren Hauptachsen an den Achsen des Diagrammsablesen.

    Aus der jeweiligen Kurve ergibt sich fr das ORTF-Prinzip (Kapselabstand 17cm, Winkel 110) zum Bei-spiel, dass alle Schallquellen innerhalb eines Winkelsvon ca. 50, also 100, liegen sollten (nicht zu ver-wechseln mit dem mechanischen Winkel zwischen denbeiden Kapseln, der 110 betrgt).Andere Erfordernis-se ergeben sich zum Beispiel bei einem sehr breitenKlangkrper oder einer sehr nahen Aufstellung, sodass der Aufnahmebereich 70 betrgt. Wenn manden Mikrofonabstand mit 20cm vorgibt, kann manablesen, dass der Winkel zwischen den Mikrofonen nur50 betragen soll.

    Entlang der senkrechten Achse (Ordinate) des Dia-gramms lassen sich die Winkel fr Intensittsstereo-fonie ablesen (Mikrofonabstand 0cm).

    Da Kugelmikrofone theoretisch keine Intensitts-unterschiede bei verschiedenen Schalleinfallswinkelnproduzieren, entfllt fr diese Richtcharakteristik dieBetrachtung des Winkels zwischen den Mikrofonhaupt-achsen. Der Winkel, unter dem man vom Ort des Mikro-fonpaars aus das gesamte Schallgeschehen aufnimmt,und der daraus resultierende Mikrofonabstand sindtabellarisch darstellbar:

    Die Werte fr a = 50 und a = 70 lassen sichauch in Abb. 6 an der horizontalen Achse (Abszisse)ablesen. (Winkel zwischen den Mikrofonen a = 0, folg-lich kein Intensittsunterschied und gleiche Verhltnissewie bei Kugeln.)

    4. Die Mikrofonwahl

    Mikrofone sind elektroakustische Wandler, die nichtso problematisch sind wie Lautsprecher, aber es istdoch angebracht, nur Mikrofone hchster Qualitt ein-zusetzen. Besonders gilt dies, wenn es sich wie beieinfachen Aufnahmeverfahren um nur zwei Mikrofonehandelt.

    Kondensatormikrofone sind zweifellos die besteWahl. Sie sind zwar teuer, knnen aber fast als An-schaffung frs Leben betrachtet werden. Anders alssonst bei technischen Produkten, unterliegen sie nursehr langfristig gravierenden Vernderungen. Es gibtModelle, die runde 20 Jahre gebaut werden. Der kaumerforderliche Service ist oft noch wesentlich lnger ge-whrleistet.

    MikrofonartenObwohl sehr gute Mikrofone den Schall fast unver-

    ndert bertragen, gibt es doch Unterschiede in derArt und Weise, wie sie das tun.

    Ein wichtiges Merkmal von Mikrofonen ist ihre Richt-charakteristik. Wenn das Mikrofon Schall aus allenRichtungen gleich stark aufnimmt, spricht man vonder Kugelcharakteristik. Das rhrt daher, dass mandie Empfindlichkeit fr verschiedeneSchalleinfallsrichtungen als Radius in ein Diagrammeintrgt (Polardiagramm). Bei der Kugel, wie manMikrofone mit Kugelcharakteristik meist kurz nennt,ergibt sich im Polardiagramm ein Kreis. Mit der drittenDimension wird daraus eine Kugel.

    Im Gegensatz zur Kugel haben andere Mikrofoneeine Richtwirkung. Die bekanntesten sind Niere undSuperniere. Sie nehmen Schall in ihrer so genann-ten Hauptachse bevorzugt auf.

    Im Kapitel Raumeinflsse und Mikrofon-Aufstel-lungsort wurde schon vom direkten und vom reflek-tierten (diffusen) Schall gesprochen. Abb. 7 stellt dieVerhltnisse grafisch dar. (Vertiefung mit Erklrung desHallradius in Aufsatz 11)

    Die beiden Schallarten werden von Mikrofonen ver-schiedener akustischer Arbeitsweise unterschiedlichbertragen. Das Verstndnis dieser Zusammenhngeerleichtert den Umgang mit der Technik. Hier sollen

    11

    Abb. 7Direktes und diffuses Schallfeld

    a: 630 640 650 660 670Mikrofon- 76cm 60cm 50cm 44cm 40cmabstand:

    Tabelle 1

    ,

  • 12

    die beiden wichtigsten Arbeitsprinzipien von Mikrofonenund die daraus erwachsenden Konsequenzen erklrtwerden.

    Druck-EmpfngerDruck-Empfnger haben Kugelcharakteristik. Sie

    sind prinzipiell so aufgebaut, wie Abb. 8c am Beispieleines Kondensatormikrofons zeigt. Ein Volumen wirddurch die Membran abgeschlossen, so dass sie beiDrucknderungen ausgelenkt wird. Um nur den Schall-druck wirken zu lassen und eine Vorspannung durchLuftdruckschwankungen auszuschlieen, sorgt einefeine Undichtigkeit fr Druckausgleich. Sie kann in Formeiner Kapillaren ausgebildet sein und wirkt wie dieEustachische Rhre des menschlichen Ohrs, derenwir uns immer dann bewusst werden, wenn sie zumBeispiel durch Erkltung verstopft ist und Luftdruck-schwankungen relativ schnell erfolgen.

    Gegenber den Druckschwankungen einer Schall-welle ist das Volumen aber dicht abgeschlossen, sodass der Schalldruck die Membran bewegt. Wenndie Wellenlnge des Schalls gegenber dem Mikrofongro ist (Abb. 8a), funktioniert es wie ein Barometer.

    Es befindet sich in einem Druck, der rundherum prak-tisch gleich ist, und es spielt keine Rolle, woher derSchall kommt. Das Mikrofon hat Kugelcharakteristik(Abb. 8d fr Frequenzen bis 3kHz).

    Um eine ideale Kugelcharakteristik zu besitzen,muss ein Mikrofon sehr klein sein (etwa 5mm Durch-messer), hat hierdurch aber einen schlechten Str-spannungsabstand. bliche Kugel-Mikrofone (mitgutem Strspannungsabstand) sind bei hohen Fre-quenzen nicht gengend klein gegenber der Wellen-lnge (Abb. 8b). Daher wird die Membran bei seitli-chem Schalleinfall teils gedrckt und teils gezogen.Die Empfindlichkeit wird dadurch kleiner als fr axialeinfallenden Schall. Wir bekommen eine Richtwirkung(Abb. 8d fr Frequenzen von 5kHz und 10kHz). AuchKugelmikrofone richtet man daher auf die Schallquel-le aus. Fr den reflektierten Schall, der ja aus allenRichtungen kommt, also auch von der Seite und vonhinten, ergibt sich ein Frequenzgang, der bei hohenFrequenzen schwcher ist als im Datenblatt ausge-wiesen (Abb. 8e). Die Messung des Frequenzgangsfr das Datenblatt erfolgt grundstzlich unter Aus-schluss aller Reflexionen und frontal auf der Achse

    Abb. 8a-eArbeitsweise und Merkmale eines elektrostatischen Druck-Empfngers

  • wirkung nicht mit mehreren Membranen realisiert ist.Bei der Acht ist dann der Kugel-Anteil Null. Bei derNiere ist die Kugel und die Acht zu gleichen Anteilenenthalten (Abb. 9). Die Breite Niere liegt zwischenKugel und Niere, und Super- und Hyperniere liegen

    zwischen Niere und Acht.Um die Eigenschaften von Richtmikrofonen zu ver-

    stehen, ist es daher sinnvoll, auer den Merkmalen derKugel auch noch die Funktion der Acht zu kennen.

    Abb. 10c zeigt das Prinzip der Acht. Die Membrankann von beiden Seiten in gleicher Weise vom Schallerreicht werden. Bei Schalleinfall von links oder rechtsergibt sich daher eine gleichartige Membranbewegung,jedoch in entgegengesetzter Richtung, also mit umge-kehrter Polaritt (Phasenlage) des Ausgangssignals.Wenn der Schall aber parallel zur Membranebene ein-fllt, erreicht er sie von beiden Seiten gleichzeitig, undes findet keine Reaktion statt. Das Mikrofon ist also frSchall aus 90 und 270 unempfindlich (Abb. 10d). Da-rauf beruht die Richtwirkung. Anders als die kugelfr-mige Richtcharakteristik kann die Acht bis zu hohenFrequenzen erhalten bleiben.

    Dagegen verhalten sich Druckgradienten-Empfngerim Vergleich zu Kugeln weniger perfekt bei tiefenTnen. Aus Abb. 10a und 10b erkennt man, dass dermaximale Schalldruckunterschied zwischen den bei-den ffnungen der Mikrofonkapsel fr tieffrequente(lngere) Wellen kleiner ist als fr hhere Frequenzen.

    Der Druckgradient nimmt mit der Frequenz ab undverschwindet schlielich bei dem Grenzfall, wo die Fre-quenz Null ist, also nur noch ein Gleichdruck vorliegt.Es gibt dann berhaupt keinen Druckunterschied zwi-schen den beiden Membranseiten und folglich auchkeine Membranbewegung und keine Ausgangsspan-nung.

    Weil die Membranantriebskraft also mit sinkenderFrequenz abnimmt, muss konstruktiv dafr gesorgtwerden, dass die Membran bei tiefen Frequenzen sehr

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    des Mikrofons. (Weitere Ausfhrungen hierzu auch inAufsatz 11)

    Der Hhenverlust im reflektierten Schallfeld darfnicht berbewertet werden, aber der Anwender musswissen, dass er mit steigendem Abstand von derSchallquelle, beziehungsweise hherem Anteil desreflektierten Schallfelds gegenber dem direkten, eindunkleres Klangbild erhalten wird. Eine so genannteDiffusfeld-Kugel kann Abhilfe schaffen. Sie ist miteinem Hhenanstieg im Datenblatt angegeben, deraber bei bestimmungsgemer Anwendung im diffu-sen Schallfeld nicht auftritt.

    Bei Kugeln spricht auch kaum etwas dagegen,eine notwendige Diffusfeld-Korrektur mit einem gutenEqualizer vorzunehmen. (Siehe auch Aufsatz 6)

    Wie beschrieben, gehrt zu den Besonderheitenvon Druck-Empfngern (Kugeln) eine Abhngigkeitdes Hhenfrequenzgangs von der Art des Schallfelds.Man kann darin einen Nachteil sehen.

    Demgegenber ist das Verhalten bei tiefen Frequen-zen gut. Speziell Kondensatormikrofone, die als Druck-Empfnger ausgelegt sind, knnen bei tiefen Frequen-zen als ideal betrachtet werden. Wenn es um die Auf-nahme tiefster Frequenzen geht (50Hz und weit da-runter), kommt praktisch nichts anderes in Frage. Dasliegt daran, dass prinzipiell die Ausgangsspannungeines Kondensatormikrofons, anders als bei dynami-schen Systemen, proportional zur Membranauslenkungist, egal wie langsam diese erfolgt, also auch bei ex-trem tiefen Frequenzen. Ein dynamisches Mikrofon hin-gegen gibt nur bei Bewegung seiner Membran ein Sig-nal ab, jedoch hat deren Auslenkbarkeit Grenzen.

    Die gute Tiefenwiedergabe von Kugeln erlaubt be-sonders eindrucksvolle Aufnahmen. Andererseits sinddamit auch bestimmte Risiken verbunden, denn Ru-me mit unausgewogener Akustik zeigen ihre Unartenvor allem bei den Tiefen. Die Folge kann ein mul-miger Klang der Aufnahme sein. Ein anderer Aufstel-lungsort kann viel ndern. Insgesamt erfordert der Ein-satz von Kugel-Mikrofonen mehr Erfahrung als dervon Mikrofonen mit ausgeprgter Richtcharakteristik,wie vor allem Nieren. Auerdem engen Kugeln diemglichen stereofonen Aufnahmeverfahren ein. Koinzi-dente Aufnahmen sind mit ihnen nicht mglich.

    Druckgradienten-EmpfngerDruckgradienten-Empfnger sind Mikrofone mit

    ausgeprgter Richtwirkung. Der Druckgradient ist dieSchalldruckdifferenz zwischen zwei nahe beieinanderliegenden Schalleintrittsffnungen eines Mikrofons, dervorderen und der hinteren. Hierdurch wird die Richt-wirkung mglich. Die Differenz der Ankunftszeiten desSchalls an den beiden ffnungen ist das Kriterium frdie Einfallsrichtung.

    Fast alle Mikrofone mit Richtcharakteristik knnenals Kombination des reinen Druckgradienten-Empfn-gers mit Acht-Charakteristik und einer Kugel be-trachtet werden. Dies gilt auch dann, wenn die Richt-

    Schallrichtung Signale von Kugel und Acht Summe(in Schallrichtung)

    0 (axial) 1 + 1 290 oder 270 1 + 0 1*180 1 - 1 0

    * Dies entspricht-6dB bezogen auf axialen Schalleinfall

    Abb. 9 Darstellung einer Niere aus Kugel und Acht

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    leicht beweglich ist. Darauf ist es zurckzufhren, dassandere Anregungen der Membran als Schall zu groenBewegungen fhren knnen. Druckgradienten-Emp-fnger sind daher viel empfindlicher gegen Luftbewe-gungen (Wind) und Krperschall (Vibrationen) alsDruck-Empfnger.

    Bei extrem tiefen Frequenzen offenbart sich die ab-nehmende Druckdifferenz an den Schalleintrittsffnun-gen auch im Frequenzgang.

    Der Nahheits-EffektObwohl Druckgradienten-Empfnger sehr tiefe Tne

    generell geschwcht bertragen, knnen sie in speziel-len Fllen auch zu einer berbetonung dieser Frequen-zen fhren, nmlich dann, wenn das Mikrofon dichtan der Schallquelle eingesetzt wird (z.B. beim Gebrauchals Sprechermikrofon). Man nennt dieses Geschehenden Nahheits- oder auch Nahbesprechungs-Effekt.

    Bei gleicher Schallausbreitung in alle Richtungen(Kugelschallwelle) und einem Mikrofon mit Nieren-Cha-rakteristik bewirkt der Nahheitseffekt in 0,5 m Abstandbei 50Hz zum Beispiel 3dB Pegelanhebung. Sie kann

    bei noch krzeren Abstnden ohne weiteres 10dBund mehr betragen.

    Der Effekt kann anschaulich damit erklrt werden,dass die Druckdifferenz an den Schalleinlassffnun-gen nicht nur von der Frequenz abhngt, sondernauch noch von der Art der Wellenausbreitung. Im Ver-gleich mit dem sehr kleinen Druckgradienten bei nie-drigen Frequenzen kann die Abnahme des Schall-drucks durch die Schallausbreitung zwischen denbeiden Schalleinlassffnungen des Mikrofons so grosein, dass dadurch der Pegel angehoben wird.

    Im Zusammenhang mit den hier beschriebenen Auf-nahmetechniken muss uns der Fall kurzer Abstndeaber nicht weiter interessieren.

    ber das Thema der optimalen Tiefenwiedergabemit Druckgradienten-Empfngern liee sich ein eige-ner Aufsatz schreiben. Wer diese Details nicht kennt,kann durch Frequenzgangschriebe irregefhrt werden.Es gibt daher serise Mikrofonhersteller, die trotz guterMessergebnisse nur ungerne Original-Frequenzkurvenausgeben, obwohl diese im Verlauf der Produktion er-

    Abb. 10a-eArbeitsweise und Merkmale eines elektrostatischen Druckgradienten-Empfngers

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    Stereo-Art Intensittsstereofonie kleine Laufzeit + Trennkrper- LaufzeitstereofonieIntensittsdifferenz stereofonie

    Name XY MS z.B. ORTF z.B. Jecklin-Scheibe AB

    Geometrie

    Kapselabstand 0cm 5cm - 30cm abhngig vom 40cm - 80cmd meist bereinander Trennkrper oder mehr

    voneinander Winkel abhngigzwischen denHauptachsen 45 - 180 90 0-180 typisch 20 0 - 90der Kapseln

    Akustisches Druckgradienten-Empfnger meist Druck-Empfnger (Kugeln)*Arbeitsprinzip z.B. Niere (SCHOEPS MK 4) (z.B. SCHOEPS MK 2 S)des Mikrofons

    Klangbild abhngig von den verwendeten Mikrofonensauber, oft hell oder brillant volumins, besonders gute Tiefenwieder-

    gabe bei Verwendung von Kondensator-Kugelmikrofonen

    Rumlichkeit rumliche Tiefe oft ausgewogen gut sehr gutwenig ausgeprgt

    Lokalisation bei richtiger Winkel- gut ausreichend verwaschen(Ortung) einstellung sehr gut,

    aber meist betonteMittenortung

    Bemerkungen Grundstzlich sollte die Anordnung der Mikrofone zueinander die Gesetzmigkeiten der richtigen Aufnahmegeometrie erfllen (siehe Kapitel Aufnahmegeometrie, Williams-Diagramme). Bei Trennkrperstereofonie ist die Williams-Theorie aber nicht anwendbar.

    *Trennkrper- und Laufzeitstereofonieist auch mit Druckgradienten-Empfngernmglich.

    Tabelle 2 gibt eine bersicht ber wesentliche Aussagen dieses Aufsatzes bezglich stereofoner Aufnahmetechnik.

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    mittelt und archiviert werden. Andererseits gibt es Fir-men, die fest mit der Unwissenheit der Kufer rechnenund konkurrenzlos schne, aber praxisferne Kurvenliefern. Bei Druckgradienten-Empfngern ist eine Dar-stellung des Tiefenfrequenzgangs ohne Angabe desMessabstands wertlos.

    Da das Richtdiagramm von Druckgradienten-Emp-fngern bei hohen Frequenzen besser konstant gehal-ten werden kann als bei Kugeln, ist es mglich,dass der Frequenzgang im diffusen Schallfeld demim direkten Schallfeld recht hnlich sieht (Abb. 10e).Die Empfindlichkeit gegenber dem reflektierten Schallist aber um das so genannte Bndelungsma kleiner.Das liegt daran, dass es fr Druckgradienten-Emp-fnger immer Schalleinfallsrichtungen gibt, in denensie deutlich unempfindlicher sind als auf der Achse,und dass der diffuse Schall natrlich auch aus die-sen Richtungen kommt.

    Die Acht ist zum Beispiel theoretisch um 4,8dBunempfindlicher gegenber Schall, der aus dem Raumzurckkommt. Bei Beschallungsanlagen ist dies wich-tig, um die Gefahr der akustischen Rckkopplung zuverringern. In der Aufnahmetechnik bedeutet dies,dass das Mikrofon weiter entfernt aufgestellt werdenmuss, beziehungsweise darf, wenn man die gleicheHallbalance erhalten will wie mit einer Kugel.