Mindestlohn – arbeitsrechtliche Fragestellungen Lübeck – 3. Dezember 2014.

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Mindestlohn – arbeitsrechtliche Fragestellungen Lübeck 3. Dezember 2014

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Mindestlohn – arbeitsrechtliche Fragestellungen

Lübeck – 3. Dezember 2014

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I. Ausgangspunkt

II. Anwendungsbereich und Ausnahmen

III. Bestimmung des Mindestlohns

IV. Arbeitszeitkonten

V. Sicherung des Mindestlohns

VI. Folgen von Verstößen

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I. Ausgangspunkt

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Überblick Mindestlohnregelungen

AEntGMiArbG

MiLoGab 01.01.15

allgemein-verbindliche

TVe

Sittenwidrig-keitsrecht-sprechung

BAG

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Berührte Problembereiche über den reinen Mindestlohn hinaus

EUR 22,36

EUR 8,50

(z.T.) Arbeitszeit-erfassung

ggf. Arbeitszeit-konten

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§ 1 MiLoG

(1) Jede Arbeitnehmerin und jeder Arbeitnehmer hat Anspruch auf Zahlung eines Arbeitsentgelts mindestens in Höhe des Mindestlohns durch den Arbeitgeber.

(2) Die Höhe des Mindestlohns beträgt ab dem 1. Januar 2015 8,50 Euro brutto je Zeitstunde.

Das MiLoG ist Bestandteil des „Tarifautonomiestärkungs-gesetzes“ und löst das – in der Praxis nicht relevante – MiArbG ab.

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Grundlegendes

• MiLoG ist keine neue gesetzliche Regelungsmaterie

• teilweise bereits gefestigte Rechtsprechung des BAG zum AEntG und tarifrechtlichen Fragestellungen

• zahlreiche Einzelfragen um Umsetzungsprobleme

• Verwaltungsanweisung des Zoll ist in Arbeit präjudizielle Wirkung

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Höhe des Mindestlohns

• EUR 8,50 brutto nur vorübergehend

• Mindestlohnkommission entscheidet alle zwei Jahre neu über eine Anpassung (theoretisch richtungsoffen)

• erstmals 30.06.2016 mit Wirkung zum 01.01.2017

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II. Anwendungsbereich und Ausnahmen

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§ 1 MiLoG Jede Arbeitnehmerin und jeder Arbeitnehmer hat Anspruch …

§ 22 MiLoG Dieses Gesetz gilt für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer

• Mindestlohn im Kern in jeder Arbeitsvergütung eines jeden Arbeitnehmers enthalten

• Aufteilung des Gehalts aller vermeintlichen „Nicht-Mindestlöhner“ in einen mindestlohnrelevanten und einen nicht mindestlohnrelevanten Teil

• für den mindestlohnrelevanten Teil des Lohns gelten die Sicherungsinstrumentarien des Gesetzes einschränkungslos und zwingend

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Beispiel 1:

A erhält ein Bruttomonatsgehalt von EUR 2.000,--.Er arbeitet 40 Stunden/Woche.

Mindestlohn 40 x 4,33 Wochen = 173 Monatsstunden x EUR 8,50 = EUR 1.470,50 brutto Mindestlohn

nicht betroffen EUR 529,50 brutto

MiLoEUR 1.470,--

brutto „frei“EUR 529,50

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Beispiel 2:

B (leitender Angestellter) erhält ein Bruttojahres-entgelt von EUR 100.000,--.Er arbeitet im Schnitt 230 Stunden/Monat.

Mindestlohn 230 Monatsstunden x EUR 8,50 = EUR 1.955,-- brutto Mindestlohn

nicht betroffen EUR 6.378,-- brutto

MiLoEUR 1.955,--

brutto

„frei“EUR 6.378,00

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Ausnahmebereiche

nicht unter das MiLoG fallen:

• Praktikanten – in Grenzen!

• Einstiegsqualifikanten

• Azubis, Ehrenamtliche

• Jugendliche unter 18 Jahren

• langzeitarbeitslose Wiedereinsteiger

• Zeitungszusteller (Übergangsfrist)

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Dagegen gibt es keine Ausnahmen für:

• Werkstudenten

• Berufseinsteiger

• Praktikanten mit Arbeitnehmeraufgaben

• Rentner

• Hausfrauen / -männer

• 450 € Jobber (maximale Arbeitszeit 52,9 Stunden)

• Saisonkräfte in der Landwirtschaft

• Aushilfen in der Gastronomie (Trinkgelder dürfen nicht berücksichtigt zu werden: § 107 Abs. 3 S. 1 GewO)

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Praktikanten - § 22 Abs. 1 S. 3 MiLoG

Praktikantin oder Praktikant ist unabhängig von der Bezeichnung des Rechtsverhältnisses, wer sich nach der tatsächlichen Ausgestaltung und Durchführung des Vertragsverhältnisses für eine begrenzte Dauer zumErwerb praktischer Kenntnisse und Erfahrungen einer bestimmten betrieblichen Tätigkeit zur Vorbereitung auf eine berufliche Tätigkeit unterzieht, ohne dass es sich dabei um eine Berufsausbildung im Sinne des BBiG handelt.

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Das Gesetz privilegiert jedoch nur folgende drei Typen von Praktika (Darlegungs- und Beweislast für deren Vorliegen beim Arbeitgeber):

a) Praktika (zeitunabhängig!) die auf Grund einer schulrechtlichen Bestimmung, einer Ausbildungsordnung, einer hochschulrechtlichen Bestimmung oder im Rahmen einer Ausbildung an einer gesetzlich geregelten Berufsakademie verpflichtend sind (§ 22 I 1 Nr. 1 MiLoG)

• sämtliche schul-, studien- und prüfungsbegleitenden Praktika

• als Voraussetzung zur Aufnahme einer bestimmten Ausbildung oder eines Studiums verpflichtend vorgeschriebene Praktika

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b) Praktika von bis zu drei Monaten zur Orientierung für eine Berufsausbildung oder für die Aufnahme eines Studiums (§ 22 I Nr. 2 MiLoG)

• der Praktikant muss grundsätzlich geeignet sein um, die Ausbildung / das Studium aufzunehmen

• die Ausbildung weist einen inhaltlichen Bezug zur Ausbildung zum Studium auf

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c) Praktika von bis zu drei Monaten begleitend zu einer Berufs- oder Hochschulausbildung, wenn nicht zuvor ein solches Praktikumsverhältnis mit demselben Ausbildenden bestanden hat (§ 22 I Nr. 3 MiLoG)

• „freiwillige“ Praktika• inhaltlicher Bezug zur jeweiligen Ausbildung• kein vorheriges (freiwilliges?) Praktikumsverhältnis zum

jeweiligen Unternehmen

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Offene Fragen zu Praktika:

• Schadet ein vorheriges Pflichtpraktikum bzw. wird dies auf die Dreimonatsgrenze angerechnet? wohl nein („solches“).

• Kann die Praktikumszeit über mehrere Etappen verteilt werden (wohl ja) oder greift dann das „Anschlussverbot“?

• Was gilt bei Praktika, die von vorneherein länger als drei Monate beabsichtigt sind: mindestlohnpflichtig ab dem 1. Tag oder erst ab Beginn des 4. Monats?

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Mögliche Regelungslücke: Fertigung einer Studienarbeit in einem Unternehmen

• Ist der Studierende überhaupt AN oder werden ihm unternehmerseitig lediglich know-how oder Ressourcen (z.B. Laborplatz) zur Verfügung gestellt? Ist er persönlich weisungsgebunden und wird Mitarbeit im Unternehmen verlangt?Falls danach kein AN kein Mindestlohn

• Sieht die Studienordnung die Anfertigung im Unternehmen verpflichtend vor. Ja Ausnahmetatbestand nach § 22 I Nr. 1 MiLoG

• Dauert die Beschäftigung nicht länger als drei Monate? Soweit keine Vorbeschäftigung gegeben ist Ausnahme nach § 22 I Nr. 3 MiLoG

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§ 1a NachwG 2014 (in Kraft seit 6/2014)

(1a) Wer einen Praktikanten einstellt, hat unverzüglich nach Abschluss des Praktikumsvertrages, spätestens vor Aufnahme der Praktikantentätigkeit, die wesentlichen Vertragsbedingungen schriftlich niederzulegen, die Niederschrift zu unterzeichnen und dem Praktikanten auszuhändigen.

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Einstiegsqualifikanten - § 22 I Nr. 4 MiLoG,

• Qualifikationsmaßnahme nach § 54a SGB III oder §§ 68 bis 70 BBiG

• privilegiert, obwohl diese gerade keine Praktikanten nach §§ 22 Abs. 1 S. 2 MiLoG und 26 BBiG sind

• beachte: berufspraktische Phasen oder Maßnahmen der aktiven Arbeitsförderung nach den SGB II und III fallen bereits deshalb nicht unter das Gesetz, weil dabei die Integration in den Ausbildungs- und Arbeitsmarkt im Vordergrund steht

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Jugendliche - § 22 Abs. 2 MiLoG

• unter 18 Jahren (§ 2 JArbSchG)

• keine abgeschlossene Berufsausbildung

• Zweck: Förderung der Berufsausbildung, junge Menschen sollen von dieser nicht absehen, weil sie bei einer Alternativtätigkeit den Mindestlohn erhalten

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Azubis - § 22 Abs. 3 MiLoG

aber auch: Azubis sind keine AN

Ehrenamtliche - § 22 Abs. 3 MiLoG

einschl. Bundesfreiwilligendienst, freiwilliges soziales Jahr (§ 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2d EStG). Ehrenamtlicher ist ohne Definition im Gesetz (aber: enge Auslegung)

Zeitungszusteller - § 24 Abs. 2 MiLoG

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III. Bestimmung des Mindestlohns

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Zivilrechtliche Folgen unwirksamer Mindestlohnabreden

§ 3 S. 1 MiLoG -

Vereinbarungen, die den Anspruch auf Mindestlohn unterschreiten oder seine Geltendmachung beschränken oder ausschließen, sind insoweit unwirksam.

Konsequenz ist die Nichtigkeit mindestlohn-unterschreitender Lohnabreden (§ 134 BGB)

aber was gilt stattdessen? Mindestlohn oder ggf. (höherer ortsüblicher) Lohn?

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Konsequenzen:

• (konsensuale) Anpassung bestehender Arbeitsverträge

• Berücksichtigung bei Neuverträgen

• ggf. Änderungskündigung (da sonst ggf. Gesetzesverstoß)

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Fälligkeit (§ 2 Abs. 1 MiLoG)

a) Wie im Arbeitsvertrag bestimmt, jedoch spätestens am letzten Bankarbeitstag (FFM) des Monats, der auf den Monat folgt, in dem die Arbeitsleistung erbracht wurde (§ 2 Abs. 1 Nr. 2 MiLoG).

Beispiel: Vereinbarung: Erster Tag des 3. Monats, der auf den Leistungsmonat folgt. Leistung im Januar. Fälligkeit des Mindestlohnanteils aus dem Gehalt dessen ungeachtet am 28.02. (= letzter Bankarbeitstag des Folgemonats), restliches Gehalt = 1.5.

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Fälligkeit (§ 2 Abs. 1 MiLoG)

b) Keine Vereinbarung im Arbeitsvertrag: § 614 BGB und damit bereits am ersten Tag nach Ablauf des Leistungsmonats (§ 2 Abs. 1 S. 2 MiLoG).

Beispiel: Leistung im Februar, Fälligkeit am 1. März

Ausnahme: Einbuchung auf Arbeitszeitkonto

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Referenzzeitraum

Das Gesetz enthält keine Hinweise, wie der Mindestlohn in praxi zu berechnen ist.

Alles spricht aber für die Berechnung auf einer Monatsbasis. Formel also:

Mindestlohn = im Monat tatsächlich geleistete Arbeitsstunden x 8,50 €

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Arbeitnehmer A, monatliche Arbeitszeit von 98 Stunden, Monatslohn 850 € brutto, den A jeweils pünktlich erhält. Im September leistet A nach Absprache mit Arbeitgeber G zwei weitere Arbeitsstunden. Diese sollen (AGB-konform) mit dem Monatslohn abgegolten sein.

Mindestlohnverpflichtung: 98 + 2 Arbeitsstunden = 100 Stunden. 100 x 8,50 € = 850 €. G hat seine Mindestlohnpflicht erfüllt. Dass A nominell für die beiden Überstunden keine Mindestlohnvergütung erhält, ist m.E. unschädlich.

Beispiel 1:

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Anderer Berechnungsmodus:

Monatslohn 850 € für 98 Stunden = mindestlohnrechtlich in Ordnung+ Mindestlohnvergütung für die beiden Überstunden á 8,50 = weitere 17 € = insgesamt 867 €.

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Arbeitnehmer A, monatliche Arbeitszeit von 98 Stunden, Monatslohn 833 € brutto, den A jeweils pünktlich erhält. Im September leistet er nach Absprache mit Arbeitgeber G zwei weitere Arbeitsstunden. Diese sollen mit dem Monatslohn abgegolten sein sollen.

Mindestlohnverpflichtung: 98 + 2 Arbeitsstunden = 100 Stunden. 100 x 8,50 € = 850 €. G hat seine Mindestlohnpflicht nicht erfüllt.

Der Arbeitgeber schuldet dem A nach sämtlichen Berechnungsmodellen noch die 17 € Differenz.

Beispiel 2:

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Arbeitnehmer A, monatliche Arbeitszeit von 98 Stunden, Monatslohn 800 € brutto, den A jeweils pünktlich erhält. Im September leistet er nach Absprache mit AG G zwei weitere Arbeitsstunden. Für diese zahlt G ihm zusätzlich 50 €. A erhält insgesamt also 850 € überwiesen.

Mindestlohnverpflichtung: 98 + 2 Arbeitsstunden = 100 Stunden. 100 x 8,50 € = 850 €. G hat seine Mindestlohnpflicht erfüllt. Unschädlich bleibt m.E., dass A für die Kernarbeitszeit nominell unterhalb des Mindestlohnniveaus vergütet wird.

Beispiel 3:

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Andere Berechnungsmodi:

Mindestlohn für die Kernarbeitszeit = 98 x 8,50 € = 833 € + Entgelt für die beiden Überstunden, hier 50 €, da besser als 2 x 8,50 € Mindestlohn, insgesamt also 883 €

oder 100 Stunden x 8,50 € Mindestlohn = 850 € Mindestlohn + die Zulage von 50 € für die beiden Überstunden = 900 €.

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Stücklohn = 1 € pro gefertigtem Werkstück.

A schafft im September während 100 geleisteter Arbeitsstunden 800 Stück und erhält 800 € ausbezahlt.

Mindestlohnverpflichtung = 100 x 8,50 € = 850 € abzüglich entrichteter 800 € = Nachzahlungspflicht des AG in Höhe von 50 €.

Beispiel 4: (Stücklohn)

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Sondervergütungen

Erforderlich ist stets, dass die Zahlung einem Bezugszeitraum zuzuordnen ist und dem AN zum Fälligkeitszeitpunkt unwiderruflich und tatsächlich zur Verfügung steht.

Nicht anrechenbar sind daher:• Sonderzahlungen für Bindung an Betriebstreue• Sonderzahlungen mit Stichtags- u. Rückzahlungsklauseln• Urlaubs- und Weihnachtsgeld, auch nicht quotal• Zielprämien, Gewinnbeteiligungen usw.• Einmalzahlungen bei Tariflohnerhöhungen können

berücksichtigt werden, wenn sie zeitnah zum Leistungsmonat ausgereicht werden

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Arbeitnehmer A, monatliche Arbeitszeit von 100 Stunden, Monatslohn 800 € brutto, den A jeweils pünktlich erhält. Zum Jahresende erhält er zusätzlich ein Weihnachtsgeld, sowie eine Gewinnbeteiligung in Höhe von insgesamt 3.000 €. Beide Leistungen stehen nicht unter Rückzahlungsvorbehalt.

A kann monatlich 50 € nachfordern. Mindestlohn = 100 x 8,50 € = 850 € abzüglich der gezahlten 800 € = 50 €.

Rechtlich falsch: Sonderzahlung 3.000 € ./. 12 = 250 € pro Monat. Damit Monatslohn 800 € + 250 € = 1.050 €.

Beispiel 5: (Sonderzahlungen)

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Zulagen und Zuschläge

Äquivalenzprinzip: nicht anrechenbar sind:

• Aufwendungen für Fahrtkosten, Unterkunft• mehr Arbeit pro Zeitarbeit (Akkordprämien)• Überdurchschnittliche qualitative Arbeitsergebnisse

(Qualitätsprämien)• Zulagen für Arbeit zu besonderen Zeiten (Überstunden,

Sonn- oder Feiertagsarbeit)• Zulagen für Arbeit unter erschwerten oder gefährlichen

Bedingungen (Schmutzzulagen, Gefahrenzulagen u.a.)• Vermögenswirksame Leistungen• Sachbezüge im Bereich des nicht pfändbaren Gehalts: §§

850c Abs. 1 c ZPO, 107 Absatz 2 S. 5 GewO

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MindestlohnTV Gebäudereinigung – nach dem AEntG erstreckt. Normalleistung = Reinigung von Gebäuden einschließlich Verkehrsmitteln. (Fiktiver) Mindestlohn: 8,50 €.

Arbeitnehmerin A reinigt bei der Deutschen Bahn AG Züge. Sie erhält nach dem Arbeitsvertrag einen Grundlohn von 7 € pro Stunde, sowie eine Verkehrsmittelzulage von 2 €, insgesamt also 9 €.

Die Mindestlohnverpflichtung ist erfüllt, weil die Zulage auf die „Normalleistung“ gezahlt wird und daher – mindestlohnrechtlich gesehen – gar keine Zulage ist.

Beispiel 6: (Zulagen und Zuschläge)

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Provisionen

Provisionen werden angerechnet, wenn sie zum Fälligkeitszeitpunkt tatsächlich und unwiderruflich ausbezahlt wurden.

Beispiel: Vertreterin V, monatlich 160 Arbeitsstunden, Fixum 800 €. Provision: 1.200 €, Gesamteinkommen also: 2.000 €.

Wird die Provision zeitgerecht und vorbehaltlos bezahlt (kein Verrechnungsvorbehalt!), wird sie berücksichtigt.

Die Mindestlohnpflicht (160 x 8,50 € = 1.360 €) ist hiernach erfüllt.

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Entgeltfortzahlung, Annahmeverzug

Nicht geklärt, aber anzunehmen ist, dass der Mindestlohn auch fällig wird

- als Urlaubsentgelt, einschl. Abgeltung nach § 7 Abs. 4 BUrlG

- als Entgeltfortzahlung (Krankheit, Feiertag)

- als Entgelt bei vorübergehenden Verhinderung (§ 616 BGB)

- als Vergütung im Annahmeverzug (§ 615 BGB)

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IV. Arbeitszeitkonten

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§ 2 Abs. 2 MiLoG

(2) Abweichend von Abs. 1 S. 1 sind bei Arbeitnehmern die über die vertraglich vereinbarte Arbeitszeit hinausgehenden und auf einem schriftlich vereinbarten Arbeitszeitkonto eingestellten Arbeitsstunden spätestens innerhalb von zwölf Kalendermonaten nach ihrer monatlichen Erfassung durch bezahlte Freizeitgewährung oder Zahlung des Mindestlohns auszugleichen, soweit der Anspruch auf den Mindestlohn für die geleisteten Arbeitsstunden nach § 1 Absatz 1 nicht bereits durch Zahlung des verstetigten Arbeitsentgelts erfüllt ist. … Die auf das Arbeitszeitkonto eingestellten Arbeitsstunden dürfen monatlich jeweils 50 Prozent der vertraglich vereinbarten Arbeitszeit nicht übersteigen.

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Ausnahme:

• keine Geltung für Wertguthabenvereinbarungen nach SGB IV (Altersteilzeitvereinbarungen, Langzeitkonten-regelungen [§ 7b SGB], etwa für bezahlte Freistellungen im Rahmen einer Pflege-, Eltern- oder Teilzeit, Teilnahme an einer beruflichen Qualifizierungsmaßnahmen usw.)

• gilt nur für den mindestlohnrelevanten Teil der Vergütung

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Arbeitnehmer A - monatliche Arbeitszeit 100 Stunden. Im September leistet er 15 zusätzliche Arbeitsstunden.

Mindestlohn: 977,50 € (115 x 8,50 €).

Variante 1: Monatsgehalt = 1.000 €. Dieses liegt über dem Mindestlohn unter Einschluss auch der Überstunden. Die 15 Arbeitsstunden können also auf ein Arbeitszeitkonto gebucht werden, ohne dass dieses den Restriktionen des § 2 Abs. 2 MiLoG unterliegt.

Beispiel:

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Variante 2: Monatsgehalt = 850 €. Die Überstunden können auf ein Arbeitszeitkonto gebucht werden, unterliegen aber den Beschränkungen des MiLoG.

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• Konsequenz: u.U. doppelte Kontenführung

• gilt nur für Zeitstunden, die über die vertraglich Arbeitszeit hinausgehen, damit keine Flexibilisierung der Normalarbeitszeit möglich

• schriftliche Vereinbarung nötig

• pro Monat maximal 50 % der vertraglich vereinbarten Arbeitszeit

• Ausgleich innerhalb von 12 Kalendermonaten

• bei Beendigung Ausgleich (Bezahlung) der noch nicht ausgeglichenen Arbeitsstunden spätestens in dem auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses folgenden Kalendermonat

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V. Sicherung des Mindestlohns

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Ausschlussklauseln

§ 3 MiLoGVereinbarungen, die den Anspruch auf Mindestlohn unterschreiten oder seine Geltendmachung beschränken oder ausschließen, sind insoweit unwirksam.

Ausschlussklauseln für den Mindestlohn sind unzulässig

Folge für „pauschale“ Ausschlussklauseln, wie „ … sämtliche Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis verfallen … “ ? Gesamtunwirksamkeit?Vertragsanpassungsbedarf?oder geltungserhaltende Reduktion?

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Klauselvorschlag:

„Al le ge gen sei ti gen Ansprüche aus dem Ar beits verhält nis verfallen, wenn sie nicht in ner halb ei ner Frist von drei Mo na ten nach Fällig keit ge genüber der an de ren Ver trags par tei schrift lich gel tend ge macht wer den. Da von aus ge nom men sind Ansprüche, die auf ei ner vorsätz li chen Handlung ei ner Ver trags par tei, sowie auf einer grob fahrlässigen Pflichtverletzung des Arbeitgebers be ru hen. Weiter gilt dies nicht für Schäden aus der Verletzung des Lebens, des Körpers oder der Gesundheit des Arbeitnehmers im Fall einer fahrlässigen Pflichtverletzung. Ferner gilt die Regelung nicht für die Ansprüche des Arbeitnehmers auf einen gesetzlich vorgeschriebenen Mindestlohn bzw. auf nach dem AEntG bindende Mindestarbeitsbedingungen, sowie für Ansprüche aus einem normativ auf das Arbeitsverhältnis anwendbaren Tarifvertrag.“

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Vergleich und Verwirkung

§ 3 S. 2 und 3 MiLoG

Der Arbeitnehmer kann auf den entstandenen Anspruch … nur durch gerichtlichen Vergleich verzichten; im Übrigen ist ein Verzicht ausgeschlossen. Die Verwirkung des Anspruchs ist ausgeschlossen.

u.U. erhebliche Bedeutung für Aufhebungsverträge

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Dokumentationspflichten, § 17 MiLoG

• für Beschäftigte in den § 2a SchwarzARbG – Branchen• für alle geringfügig Beschäftigten in allen Branchen

(§ 8 SGB IV) außer Privathaushalte

- Dokumentation: Beginn, Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit

- bis spätestens zum Ablauf des siebten auf den Tag der Arbeitsleistung folgenden Kalendertags

- Aufbewahrung mindestens 2 Jahre ab dem maßgeblichen Aufzeichnungszeitpunkt

- Flexibilisierungsmöglichkeiten per Rechtsverordnung durch das BMAS

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§ 2a SchwarzARbG

• Baugewerbe• Gaststätten- und Beherbergungsgewerbe,• Personenbeförderungsgewerbe• Speditions-, Transport- Logistikgewerbe• Schaustellergewerbe• Forstwirtschaft• Gebäudereinigungsgewerbe• Auf- und Abbau von Messen und Ausstellungen• Fleischwirtschaft

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VI. Folgen von Verstößen

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Folgen aus Verstößen gegen das MiLoG

• abweichende Regelungen sind unwirksam, § 3 S. 1 MiLoG

• verschuldensunabhängige, selbstschuldnerische Bürgenhaftung des Nachunternehmers ohne Exculpationsmöglichkeit, §§ 13 MiLog, 14 AEntG (in der Praxis des AEntG aber nur Generalunternehmerhaftung bei Weitergabe eigener Verpflichtungen an Nachunternehmer)

• Ordnungswidrigkeit, § 21 MiLoG, Vorsatz oder Fahrlässigkeit (Formel der Zollverwaltung: nicht gezahlter MiLo x 2 + 30 %)

• Ausschluss von öffentlichen Vergaben, § 19 MiLog