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Mit allen Generationen

Bundesweite Aktionen vom21. bis 28. April 2012

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Vorwort

Grundsatzbeiträge

Zur Situation der Familien in Deutschland:Auszüge aus dem Familienreport 2010

Die Alten von morgenProf. Dr. Ursula Lehr

„Mit dem eigenen Geld auch etwas für die anderen tun“Interview mit Prof. Dr. Andreas Kruse

Der demografische Wandel und die Konsequenzen für Familie und SozialraumOKRin Cornelia Coenen-Marx

Handlungsfelder

Aktiv im Ruhestand – Leben mit BehinderungBischof em. Dr. Franz Kamphaus

I. Projektbeispiel: Kampagne „ganz jung. ganz alt. ganz ohr“

Schaukelpferd und SchaukelstuhlSusanne Kaiser

II. Projektbeispiel: Patenschaften – Pro Eltern VG Wörrstadt

Singen im KindergartenUwe Maibaum

III. Projektbeispiel: Generationenverbindendes Projekt, Katholischer Kindergarten St. Gallus

Aktivpatenschaften

IV. Projektbeispiel: Leihgroßeltern – ein Generationenprojekt in Kassel

Praxis

Anregungen für die GottesdienstgestaltungImpressumDreijahresübersicht

3

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32

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2011

2012

2013

„Engagiert für das Leben: Einsatz mit Gewinn“

Im ersten Jahr des Dreijahreszyklus ging es unter dem Motto „Engagiertfür das Leben: Einsatz mit Gewinn“ um den uneigennützigen, unent-geltlichen Einsatz für andere, um soziales Engagement von Bürgerinnenund Bürgern. Immerhin jede und jeder Dritte in Deutschland engagiertsich ehrenamtlich – viele davon in den Kirchen, in Diakonie und Caritas.Ihr Einsatz in Krankenhäusern und Hospizen, in Schulen und an Mit-tagstischen für Kinder trägt entscheidend dazu bei, dass die sozialeStabilität unserer Gesellschaft erhalten bleibt und dass soziale Problemeüberhaupt wahrgenommen und thematisiert werden. Mit der Woche fürdas Leben 2011 lenken wir den Blick auf den persönlichen Einsatz vonChristen und verknüpfen uns zugleich mit dem Europäischen Jahr derFreiwilligentätigkeit.

„Engagiert für das Leben: mit allen Generationen“

In diesem Jahr sollen das Miteinander und die Solidarität der Generatio-nen hervorgehoben werden. Wir erleben zurzeit einen rasanten demogra-fischen Wandel in unserer Gesellschaft: Auf der einen Seite haben wires mit einer ansteigenden durchschnittlichen Lebenserwartung zu tun –wir leben länger und gesünder –, auf der anderen Seite mit einer „Un-terjüngung“ – die Zahl der Kinder ist, wie in allen westlichen Gesellschaf-ten, in den letzten Jahrzehnten gesunken. Wie erhalten wir in dieser Si-tuation das gute Miteinander zwischen Alten und Jungen – in den Fa-milien, die zum Teil schon aus vier Generationen bestehen, aber auchin der Gesellschaft – zum Beispiel in den sozialen Sicherungssys-temen? Was lernen wir von guten Initiativen – von Mehrgenerationen-häusern, Familienzentren und Tageseinrichtungen, die mit Altenzentrenzusammenarbeiten? Das Jahresmotto für 2012 heißt: „Engagiert für dasLeben: mit allen Generationen“.

„Engagiert für das Leben: Zusammenhalt gestalten“

Im abschließenden Jahr des Dreijahreszyklus soll dann in den Blick ge-nommen werden, wie das Miteinander vor Ort gelingen kann: in denKommunen, auf die vielfältige Herausforderungen zukommen, in Verei-nen und Verbänden, aber auch und nicht zuletzt in den Kirchen mitihren Gemeinden und Diensten. Aus vielen Untersuchungen wissen wir,dass gesellschaftliche Institutionen nötig sind, damit wir gemeinsam inder Lage sind, die Werte zu realisieren, für die wir einstehen wollen.2013 geht es also um Fragen der Subsidiarität, um „Kirche in der Ge-sellschaft“ und „Gemeinde im Gemeinwesen“. Was kann geschehen,wenn finanziell schwache Kommunen Schwimmbäder und Bibliothekenschließen? Wie können Gemeinden gemeinsam mit anderen das Ge-meinwesen gestalten? Welche Infrastruktur brauchen Familien undÄltere für ein gelingendes Leben an ihrem Wohnort? Dafür wurde dasMotto gewählt: „Engagiert für das Leben: Zusammenhalt gestalten“.

2011 2012 2013

2 Inhalt 39Die drei Jahresthemen im Überblick 3

Vor mehr als 20 Jahren wurde die Woche für das Leben eingerichtet, um ein Zeichen zu setzenfür den Schutz und die Würde des menschlichen Lebens. Denn unsere fortschrittliche, hoch ent-wickelte Gesellschaft birgt auch neue Risiken für das menschliche Leben: Manche davon entste-hen erst auf dem Hintergrund der medizinisch-technischen Entwicklungen. Die Möglichkeit zurvorgeburtlichen Bestimmung von genetischen Defekten zum Beispiel kann zu einer Selektion vonEmbryonen führen, zur Auswahl von „lebenswertem Leben“ nach stets begrenztem menschli-chem Ermessen. Auch manches Angebot, sich „ewige Jugend“ zu erwerben, führt dazu, dass wirnicht ernst nehmen, wie zerbrechlich und begrenzt unser menschliches Leben ist. Darunter leidetdie Akzeptanz von nicht „perfektem“, krankem und behindertem Leben in unserer Gesellschaft.Dabei erfahren die meisten von uns – trotz mancher Krankheiten und Beschränkungen – dasGlück eines längeren Lebens. Und gerade die Älteren in unserer Gesellschaft können den Jüngerenin den Familien beistehen und tun das auch.

In der laufenden Dreijahreskampagne der Woche für das Leben wollen die Kirchen darauf aufmerk-sam machen, dass der Einsatz für das Leben des Einzelnen und für ein menschenwürdiges Mitein-ander uns alle angeht. Im Jahr 2011 haben wir in den Mittelpunkt gestellt, dass ein solcher Einsatzeinen Gewinn bringt – Gewinn, der nicht in Heller und Pfennig gemessen werden kann.

In diesem Jahr stellen wir das Miteinander der Generationen in den Mittelpunkt. Die demografischeEntwicklung ist eine der großen Herausforderungen unserer Gesellschaft in naher Zukunft. Vielhängt davon ab, wie wir damit umgehen, dass die Zahl der Älteren steigt – Familien bestehen inzwi-schen aus vier Generationen –, während die Zahl der Kinder zurückgeht. Nicht nur unsere sozialenSicherungssysteme beruhen auf einem Generationenvertrag, auch die privaten Netze sind auf dasMiteinander aller angewiesen.

Viele Studien zeigen, dass die meisten jungen Menschen in unserem Land sich nach einer stabilenFamilie sehnen und sich Kinder wünschen. Die gesellschaftliche Situation und die beruflichen undwirtschaftlichen Lebensumstände spielen eine wichtige Rolle, wenn Paare gleichwohl auf ein Kindoder auf ein zweites verzichten. Berufliche Sicherheit und das Vorbild von gelingendem Miteinanderin sozialen Nahräumen sind dabei bedeutsam. Es ist eine Herausforderung für die ganze Gesell-schaft, jungen Menschen Mut für die Zukunft und zu Kindern zu machen. Es ist eine Aufgabe fürPolitik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft, zu der auch die Kirchen zählen, die institutionellen Voraus-setzungen für die Verwirklichung eines gelingenden Familienlebens zu schaffen. Keine Institutionkann die Familie als die kleinste und wichtigste soziale Einheit ersetzen. Institutionen können undmüssen aber Rahmenbedingungen schaffen, die ein Leben als Familie unterstützen. Leben undMiteinander, Erziehung und Werteentwicklung sind auf die Familie angewiesen. Wie die in diesemThemenheft aufgenommenen Auszüge aus dem Familienreport zeigen, hat die Familie diese Funk-tionen keineswegs verloren. Daran haben alle Generationen ihren Anteil. Weiterhin hoch geschätztist die Ehe als Ort der Kindererziehung. Sie vollzieht sich jedoch unter geänderten Lebensbedingun-gen, mit erhöhter Mobilität und beruflicher Anforderung an beide Elternteile. Hinzu kommen neueFormen des Familienlebens, die oft durch die wachsende Zahl aktiver Großeltern unterstützt wer-den. Damit der Kinderwunsch vieler Paare Realität werden kann, müssen wir aber auch die Voraus-setzungen für eine verbesserte Vereinbarkeit von Beruf und Kindererziehung schaffen. Wir müssendie jungen Menschen in ihrem Vorhaben, ein erfülltes Leben mit Kindern zu führen, nach Kräftenunterstützen. Paare dürfen nicht den Eindruck gewinnen, durch Kinder nicht bereichert, sonderneingeschränkt zu sein.

Vorwort

Engagiert für das Leben:mit allen Generationen

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Der Familienreport belegt auch, dass Gespräche zwischen Großeltern und Enkeln im zunehmendenMaße hoch geschätzt werden. Hier trifft Erfahrung auf Neugier – eine kaum zu überschätzende so-ziale Ressource unserer Gesellschaft. In der Tat haben alle Generationen etwas voneinander. ImThemenheft finden sich mehrere interessante und nachahmenswerte Beispiele, die zeigen, wie dieverschiedenen Generationen gemeinsam Netze knüpfen, Nachbarschaft und Gemeinwesen stärkenund anderen Mut machen. Viele kreative Beispiele aus Pfarr- und Kirchengemeinden zeigen darüberhinaus, wie die Generationen ihr Leben gegenseitig bereichern und zu einem Mehr an Lebensquali-tät für alle Beteiligten beitragen.

Wir sind davon überzeugt, dass Gesetze nicht genügen, die Würde des menschlichen Lebens vonAnfang an bis zu seinem Ende zu fördern. Wichtig sind gelingende Beispiele eines Lebens mit Kin-dern und des Miteinanders von Generationen. Bei allen notwendigen gesetzlichen Regelungen unddem Aufbau gesellschaftlicher Institutionen geht es zuerst darum, das Leben als Gottes Geschöpflieben zu lernen und die Freude daran zu vermitteln.

Der französische Schriftsteller Antoine de Saint-Exupéry hat in einem sehr schönen Beispiel einmaldarauf hingewiesen, wie sehr es auf die Begeisterungsfähigkeit des Menschen ankommt: „Wenn duein Schiff bauen willst, so trommle nicht Leute zusammen, um Holz zu beschaffen, Werkzeuge vor-zubereiten, Aufgaben zu vergeben und die Arbeit einzuteilen, sondern wecke in ihnen die Sehn-sucht nach dem weiten, endlosen Meer.“

Als Christen sind wir aufgefordert, die Lebensfreude sichtbar werden zu lassen und uns für das Lebenzu engagieren, und zwar „mit allen Generationen“.

Präses Nikolaus SchneiderVorsitzender des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland

Erzbischof Dr. Robert ZollitschVorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz

er Familienreport, der 2009 zum ersten Mal veröffent-licht wurde, stellt statistische Daten und Umfrageergeb-nisse rund um das Familienleben zusammen und wertetsie aus. Familienministerin Dr. Kristina Schröder sieht einenBeleg dafür, dass staatliche Fördermaßnahmen unverzicht-bar sind. „Familienleistungen und Sozialtransfers tragen er-heblich zur Reduzierung von Armutsrisiken bei", heißt esin einer schriftlichen Zusammenfassung ihres Ministeriums.In elf Kapiteln bringt der Familienreport 2010 eine Füllean Informationen zur Lebenssituation der Familien inDeutschland, berichtet über Werte und Einstellungen,über Zeitverwendung und Zeitbedarf von Familien, die Ba-lance zwischen Familienleben und Arbeitswelt sowie überdie Familienleistungen. Nachfolgend sind Report-Auszügezur Situation der Familien in Deutschland zu lesen.

Unterschiedliche Familienformen

Die Ehe ist mit einem Anteil von 73 Prozent an allen Fa-milienformen nach wie vor die meistgelebte Form. Seit1998 ist der Anteil an Ehepaaren zwar zurückgegangen,aber nur sehr gering. Bei Personen mit Migrationshinter-grund ist die Ehe mit 87 Prozent ebenfalls die am häufigstengelebte Familienform. Weiter angestiegen sind vor allemdie nicht ehelichen Lebensgemeinschaften: in zehn Jahrenum mehr als 30 Prozent (Grafik_1). Nicht ehelicheLebensgemeinschaften haben seit 1998 vor allem inWestdeutschland zugenommen. Eine leichte Zunahme istauch bei Alleinerziehenden zu beobachten. 2008 waren19 Prozent alleinerziehend, in den neuen Bundesländernist ein Viertel aller Familien alleinerziehend.

5Grundsatzbeiträge

D

I. TeilGrundsatzbeiträgezum ThemaFamilien in Deutschland

Zur Situation der Familienin Deutschland:Auszüge aus dem Familienreport 2010

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76 Prozent aller ledigen Kinder wachsen bei ihren verhei-rateten Eltern auf. Bei unter 18-Jährigen ist dieser Anteiletwas höher (Grafik_2). Sieben Prozent der minderjährigenKinder wachsen in einer Lebensgemeinschaft auf undmehr als jedes sechste Kind wächst bei einem alleinerzie-henden Elternteil auf (15 %).

6

77 %Ehepaar

15 %Alleinerziehende Mutter

7 %Lebensgemeinschaft

1 %Alleinerziehender Vater

Stand: 2008Quelle: Mikrozensus 2008, eigene Berechnungen

In welcher Familienform lebenKinder bis 18 Jahre?

Grafik_2 Lebensformen

Im Jahr 2008 lebte in 52 Prozent aller Familien ein Kind,in mehr als einem Drittel aller Familien lebten zwei Kin-der. In 1,3 Millionen Familien lebten drei oder mehr Kin-der unter 18 Jahren. Das entspricht elf Prozent an allenFamilien mit Kindern unter 18 Jahren. In den neuen Bun-desländern gibt es weniger Mehrkindfamilien als in den al-ten Bundesländern. Mehrkindfamilien sind vergleichswei-se häufiger armutsgefährdet als Familien mit einem oderzwei Kindern. Je mehr Kinder in einer Familie vorhandensind, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass die El-tern miteinander verheiratet sind. In 85 Prozent der Fami-lien mit drei und mehr Kindern sind die Eltern verheiratet.In Familien mit einem Kind beträgt der Anteil der Ehepaa-re nur noch 60 Prozent (Grafik_3).Eine Familienform, in der Kinder häufiger als früher auf-wachsen, ist die Stieffamilie. Stieffamilien entstehen,wenn Eltern sich trennen/scheiden lassen und ein leibli-cher Elternteil mit einer neuen Partnerin/einem neuenPartner zusammenkommt. Da Kinder nach einer Tren-nung/Scheidung auch heute in den meisten Fällen bei derMutter bleiben, gibt es häufiger Familien mit einem Stief-vater als Familien mit einer Stiefmutter. So gibt es in zweiDrittel aller Stieffamilien einen Stiefvater.

Familien mit Kindern unter 18 Jahren

20088,4 Mio.

19989,4 Mio.

Ehepaare Lebensgemeinschaften Alleinerziehende

20086,1 Mio.

19987,5 Mio.

2008694 Tsd.

1998500 Tsd.

20081,6 Mio.

19981,3 Mio.

nicht eheliche Lebensgemeinschaft gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaft

2008690 Tsd.

1998494 Tsd.

20084 Tsd.

19986 Tsd.

Quelle: Mikrozensus 1998 und 2008

Familienformen 1998 und 2008Grafik_1 Lebensformen

7

Generationenverhältnisse undGenerationenbeziehungen

Über die Hälfte der Bevölkerung gibt an, dass ihre Familiedrei Generationen umfasst. Immerhin mehr als jeder Fünf-te sagt, dass die Familienangehörigen vier und mehr Ge-nerationen umfassen. Dabei lebten 2008 sogar in221.000 Haushalten Großeltern, Eltern, Enkel und Uren-kel gemeinsam unter einem Dach. Am häufigsten wird dieDrei-Generationen-Familie bei den 16- bis 29-Jährigen ge-lebt. Vier und mehr Generationen finden sich dagegen amhäufigsten in der Altersgruppe der 30- bis 44-Jährigen.Die eigene Familiengründung in dieser Altersgruppe führtzur (kurzzeitigen) Gleichzeitigkeit von vier und mehr Gene-rationen. Insgesamt verändert sich die Anzahl der Genera-tionen über den Lebenslauf hinweg nur wenig. Das bedeutet,dass die Mehrheit der Bevölkerung nahezu durchgängig inKernfamilien mit drei oder mehr Generationen lebt. Beiden über 60-Jährigen haben allerdings über elf Prozentkeine weitere Generation mehr. (Grafik_4)

Die weiter ansteigende Lebenserwartung führt dazu, dassdie Generationen zunehmend mehr Zeit miteinander ver-bringen können. Das Miteinander der Generationen hängtauch davon ab, in welchem quantitativen Ausmaß sich dieGenerationen gegenseitig zur Verfügung stehen. Der Gene-rations and Gender Survey 2005 zeigt eine hohe Verfüg-barkeit: 65 Prozent der 60- bis 69-Jährigen haben Enkel-kinder und 70 Prozent der 17- bis 29-Jährigen habenmindestens einen Großelternteil. Zukünftig wird es zudemmehr Urgroßmütter und Urgroßväter geben und die Gene-rationenbeziehungen werden dadurch – in immer mehrVier-Generationen-Familien – noch vielfältiger.

Der Zusammenhalt von Jung und Alt ist nach wie vor hoch.Die Großeltern betreuen häufig die Enkelkinder beziehungs-weise unterstützen die Familie finanziell, im Gegenzug erhal-ten sie dafür oft soziale Unterstützung von den Kindern

Grundsatzbeiträge

Stand: 2008Quelle: Mikrozensus 2008, eigene Berechnungen

Familienform nach Anzahl der KinderGrafik_3 Lebensformen

60 %Ehepaare

27 %Alleinerziehende

13 %Lebensgemeinschaften

85 %Ehepaare

11 %Alleinerziehende

4 %Lebensgemeinschaften

81 %Ehepaare

14 %Alleinerziehende

5 %Lebensgemeinschaften

Familienformen mit drei Kindern und mehr

Familienformen mit einem Kind Familienformen mit zwei Kindern

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beziehungsweise Enkelkindern. Vor allem Eltern von kleine-ren Kindern berichten in hohem Maße, dass sie von ihrenEltern oder Schwiegereltern bei der Familien- und Hausar-beit unterstützt werden. Über die Hälfte der Eltern vondrei bis fünfjährigen Kindern erhält besonders viel Unter-stützung, vor allem dann, wenn die Mutter in Teil- oderVollzeit erwerbstätig ist. Alleinerziehende verfügen überein geringeres Unterstützungspotenzial, da ihnen oft diePartnerfamilie fehlt beziehungsweise die Kontakte abge-brochen sind. Unterstützen sich die Generationen nichtoder nur wenig, liegt das in den meisten Fällen an der zugroßen räumlichen Entfernung. Etwa 17 Prozent der Groß-eltern benötigen mehr als eine Stunde für die Anreise.Auch europaweit findet sich dieses Unterstützungsmuster,jedoch unterscheiden sich die einzelnen Länder in Häufig-keit und zeitlichem Umfang der Unterstützung.Der enge Zusammenhalt der Generationen drückt sich auchin der Kontakthäufigkeit aus. Jeder Dritte hat häufig Kontaktzu seinen Großeltern, fast jeder Zweite hat hin und wiederKontakt. Zwischen Eltern und ihren erwachsenen Kindernist der Kontakt noch häufiger. Fast zwei Drittel der Elternsprechen oder sehen die eigenen Kinder häufig.

Familienbilder, Werte und Einstellungen

Die Familie ist für drei Viertel der Bevölkerung der wichtigsteLebensbereich. Solidarität und Zusammenhalt in Familiensind in Zeiten der Krise besonders bedeutsam. Nach Ein-schätzung der Bevölkerung bietet die eigene Familie wei-terhin einen stabilen Rückhalt in schwierigen Lebenslagen(Grafik_5). Drei Viertel der Bevölkerung empfinden den Zu-sammenhalt in der eigenen Familie als „ziemlich eng“oder „sehr eng“. Eltern mit minderjährigen Kindern be-richten über ein noch stärkeres Zusammengehörigkeitsge-fühl: Die Hälfte der Mütter sagt sogar, der Zusammenhaltsei „sehr eng“.Interessanterweise ist das Vertrauen in die eigene Familiewesentlich stärker als die allgemeine Wahrnehmung desfamilialen Zusammenhalts. Nur jeder Fünfte schätzt denfamilialen Zusammenhalt in den meisten Familien inDeutschland als (sehr) stark ein. Der gleiche Effekt lässtsich zur Frage beobachten, ob Familie allgemein heutenoch genug Einfluss auf Kinder und Jugendliche habe.Insgesamt glauben nur 35 Prozent der Bevölkerung, dassder Einfluss der Familie groß genug sei, während 39 Pro-

8

Quelle: Institut für Demoskopie Allensbach 2009, IfD-Archiv 10048

Anzahl der Generationen derFamilienangehörigen

Grafik_4

65,2

16,9

16,2

1,7

51,9

18,3

24,9

3,9

44,9

25,3

21,3

6,6

52,6

15,1

20,4

11,2

16 – 29Jahre

30 – 44Jahre

45 – 59Jahre

über60 Jahre

80

60

40

20

0

100

in Prozent

EineGeneration

ZweiGenerationen

DreiGenerationen

VierGenerationen

9

zent befürchten, die Familie habe nicht genug Einfluss.Eltern mit Kindern unter 16 Jahren allerdings sehen ihrenEinfluss ganz anders: Vier Fünftel sagen, ihr Einfluss aufihre Kinder sei groß genug; lediglich elf Prozent halten ihnfür nicht ausreichend.

Wie verlässlich die Familie als soziales Netz tatsächlichist, bemisst sich letztlich daran, ob sie im Krisenfall auchdie erforderliche Unterstützung leistet. Etwa drei Viertel

der Bevölkerung vertrauen auf die Hilfe der Familie inschwierigen Lebenslagen, bei den Eltern mit minderjähri-gen Kindern sind es sogar vier Fünftel. Selbst bei finan-ziellen Problemen und bei eigener starker Betroffenheitdurch die Wirtschaftskrise rechnen noch etwa 60 Prozentder Bevölkerung – quer durch alle gesellschaftlichenSchichten – fest mit einer Unterstützung durch die eigeneFamilie (Grafik_5). Mütter mit minderjährigen Kindernhaben das größte Vertrauen in das familiale Netz.

Grundsatzbeiträge

Quelle: IfD-Archiv Nr. 10036, 2009

Unterstützung durch Familiebei eigener starker Betroffenheitvon der Krise

Grafik_5

Bevölkerunginsgesamt

Väter mitKindern

unter 18 Jahren

Mütter mitKindern

unter 18 Jahren

Allein-erziehende

Könnte auf Hilfe bauen Wäre nicht so sicher Unentschieden, weiß nicht

60 %

19 %

8 %

57 %

27 %

8 %

68 %

21 %

6 %

60 %

26 %

10 %

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Was unter einer Familie verstanden wird, kann recht unter-schiedlich sein. Im Vergleich zum Jahr 2000 kann einedeutliche Veränderung des Familienverständnisses festge-stellt werden: Das Bild von Familie passt sich der Wirk-lichkeit an. Dabei verlieren die „klassischen“ Familienfor-men nicht an Bedeutung: Die allermeisten in der Bevölke-rung (95,3 Prozent) stellen sich unter einer Familieverheiratete Eltern mit Kindern vor. Auch die Mehrgenera-tionenfamilie unter einem Dach ist im Aufwind und wirdvon 78 Prozent der Bevölkerung genannt. Neben die„klassischen“ Familienformen treten andere Lebensfor-

men, die zunehmend als „Familie“ eingestuft werden.Dabei werden als Familie die Lebensformen benannt, indenen Kinder wohnen. Unverheiratete Eltern mit Kindernbezeichnen inzwischen 71,4 Prozent der Bevölkerung als„Familie“; 2000 waren es nur 53 Prozent. Auch Alleiner-ziehende mit Kind(ern) werden von der Mehrheit der Be-völkerung als Familie begriffen; hier ist eine deutlicheVeränderung über die Jahre festzustellen. Gleichge-schlechtliche Paare mit Kindern werden von einem stei-genden Anteil als Familien wahrgenommen; 2009 jedochlediglich von knapp 15 Prozent der Bevölkerung (Grafik_6).

10

Wertschätzung der Generationenbeziehungen

Nicht nur die Erziehung wird im Generationenvergleichweniger autoritär, sondern auch die Beziehungen zu denGroßeltern verbessern sich im Zeitvergleich. Ein größererTeil der jüngeren Generation hat auch die Möglichkeit ge-habt, die eigenen Großeltern kennenzulernen (Grafik_7).Dies ist eine positive Seite des demografischen Wandels.Nur fünf Prozent der heute unter 30-Jährigen haben ihre

Großeltern nicht mehr kennengelernt. Zwei Drittel dieserAltersgruppe sagen, dass ihre Großeltern sie geprägt ha-ben. Bei der Generation der heute über 60-Jährigen hatimmerhin ein Fünftel die Großeltern nicht mehr erlebt.Entsprechend ist auch weniger als die Hälfte dieser Grup-pe durch die Großeltern geprägt worden.

Quelle: Allensbach IfD-Archiv Nr. 10048, 2009

„Was verstehen Sie unter einerFamilie? Was von der Listewürden Sie nennen?“

Grafik_6 Veränderung des Familienlebens

97 %95 %

Ein verheiratetes Ehepaarmit Kindern

20002009

68 %78 %

Drei Generationen, die zusammenleben:Großeltern, Eltern, Kinder

20002009

53 %71 %

Ein unverheiratet zusammenlebendesPaar mit Kindern

20002009

40 %52 %

Eine alleinerziehende Mutter,ein alleinerziehender Vater mit Kind

20002009

30 %34 %

Ein verheiratetes Ehepaarohne Kinder

20002009

12 %17 %

Ein unverheiratet zusammenlebendesPaar ohne Kinder

20002009

8 %15 %

Zwei Männer oder zwei Frauen, die in einerfesten Lebensgemeinschaft leben

20002009

11Grundsatzbeiträge

Die Bedeutung der Großeltern für die Familie steigt mithintendenziell an, die Beziehungen und der Austausch überdie Generationen hinweg sind bedeutsam. Auch als Ge-sprächspartner werden die Großeltern von ihren Enkelnhoch geschätzt. Nach einer repräsentativen Umfrage derGesellschaft für Konsumforschung glauben drei Viertel derBevölkerung, dass Großeltern ihren Enkeln oft mehr Ver-ständnis entgegenbringen als die Eltern; zwei Drittelmeinen sogar, dass die Enkel ihnen oft mehr von ihrenProblemen erzählen würden als den Eltern. Eine gegensei-tige Unterstützung und Verantwortungsübernahme zwi-schen den Generationen erfährt auch insgesamt eine hoheZustimmung: 82 Prozent der Bevölkerung finden, dassKinder Verantwortung für ihre Eltern übernehmen sollten,wenn diese Hilfe benötigen, und knapp 80 Prozent finden,dass Großeltern sich um die Enkelkinder kümmern sollten,wenn die Eltern dies nicht können. Etwa zwei Drittel spre-chen sich darüber hinaus auch für finanzielle Unterstüt-zung zwischen Eltern und ihren erwachsenen Kindern aus,wenn es finanzielle Probleme gibt. Über die Hälfte derBefragten findet, dass erwachsene Kinder ihre Eltern zusich nehmen sollen, wenn diese sich nicht mehr selbstversorgen können.

Das Aufwachsen von Kindern ist in Deutschland häufigeingebettet in ein Unterstützungsnetz insbesondere derGroßmütter und Großväter sowie anderer Verwandter, diedie Eltern bei der Kinderbetreuung oder im Fall von Krank-heit unterstützen. Aber auch die Eltern können sich aufRat und Tat ihrer eigenen Eltern verlassen. Neben derPartnerin bzw. dem Partner nennen sie die eigenen Elternals häufigste Gesprächspartner bei wichtigen persönlichenFragen.

Quelle: IfD-Archiv Nr. 5256

„Wurden Sie durch Ihre Großelterngeprägt oder haben Sie von ihnenetwas gelernt?“

Grafik_7 Wertschätzung der Großeltern

Ja

Nein

Unent-schieden

Großelternnicht

mehr kennen-gelernt

65 %54 %

50 %46 %

20 %24 %25 %

23 %

10 %13 %

10 %10 %

5 %9 %

15 %21 %

Alter 16 – 29 Jahre

Alter 30 – 44 Jahre

Alter 45 – 59 Jahre

Alter 60+ Jahre

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Veränderungen in zehn JahrenQuelle: Volz/Zulehner: Männer in Bewegung, 2009, S. 26

Einstellungen zur ArbeitsteilungGrafik_8

Am besten ist, wenn Frau und Mannjeweils halbtags erwerbstätig sind

und sich beide gleich um Haushaltund Kinder kümmern

27 %33 %

31 %42 %

1998 Männer2008 Männer1998 Frauen2008 Frauen

Beide, Frau und Mann,sollten zum Haushaltseinkommen

beitragen

54 %58 %

54 %67 %

1998 Männer2008 Männer1998 Frauen2008 Frauen

Ein Kleinkind wird wahrscheinlichdarunter leiden,

wenn die Mutter berufstätig ist

56 %38 %

48 %32 %

1998 Männer2008 Männer1998 Frauen2008 Frauen

13Grundsatzbeiträge

Zeitverwendung und Zeitbedarfe

Grundsätzlich wird auch die Berufstätigkeit von Mütternkleiner Kinder immer stärker gesellschaftlich akzeptiert.Der Aussage, dass ein Kleinkind unter der Berufstätigkeitder Mutter leide, stimmten 1998 noch 48 Prozent derFrauen und 56 Prozent der Männer zu; in der Befragung2008 sagten dies nur noch 32 Prozent der Frauen und 38Prozent der Männer (Grafik_8). Diese Modernisierung kannauch damit zusammenhängen, dass inzwischen in derMehrzahl der Familien beide Elternteile erwerbstätig sind– auch aus ökonomischer Notwendigkeit.

Aufgabenteilung in Haushalt und Familie

Familienarbeit ist noch immer überwiegend Frauensache:Zwei Drittel der Frauen erledigen nahezu vollständig dieFamilienarbeit. Frauen übernehmen dabei häufiger Arbei-ten, die regelmäßig anfallen und meist mehr Zeit in An-spruch nehmen, wie Kochen, Putzen, Lebensmittel ein-kaufen. Männer übernehmen dagegen eher Aufgaben, dieweniger oft anfallen und weniger zeitintensiv sind, wiezum Beispiel Reparaturen, PC und Internet einrichten.

Darüber hinaus kümmern sich Männer häufiger als Frauenum die Finanzangelegenheiten innerhalb der Familie. Umdie Freizeitgestaltung und die sozialen Kontakte kümmernsich Frauen und Männer etwa zu gleichen Anteilen. SindKinder im Haushalt, verstärkt sich die traditionelle Aufga-benverteilung eher. Die traditionelle Rollenverteilung hin-sichtlich bezahlter und unbezahlter Arbeit bei Paaren mitKindern wird durch beruflich bedingte Mobilität verstärkt.Wenn Frauen mobil sind, übernehmen ihre männlichenPartner nur selten einen gleich großen Anteil der Kinder-betreuung und Hausarbeit. Mobile Männer werden dage-gen von ihren Partnerinnen häufig vollständig von diesenAufgaben entlastet. Diese Rollenverteilung findet sich be-reits in der Erziehung von Kindern.

Innerhalb der Familie werden schon im Kindesalter eherdie Mädchen zur Hausarbeit herangezogen als die Jungen.Männer erledigen dagegen nur einen geringen Teil derHausarbeit, erhalten dafür aber eine höhere Wertschät-zung als Frauen. 30 Prozent der Eltern wünschen sich da-bei vor allem mehr Anerkennung der Familienarbeit durchdie eigenen Kinder. Eltern wünschen sich von Kindern abzehn Jahren eine stärkere Unterstützung. Es wird erwartet,dass die Kinder das eigene Zimmer aufräumen, den Müllrausbringen und ihre Hausaufgaben selbstständig erledi-gen. Früher war es üblich, dass die Kinder im Haushaltmithalfen, heute gilt dies nur noch für jeden fünften 16-bis 29-Jährigen. In den meisten Fällen helfen die Kinderjedoch zumindest gelegentlich im Haushalt mit.

6 %

4 %

Übernimmt hauptsächlich die Frau Übernehmen beide ( = 0,5) Übernimmt hauptsächlich der Mann

Männer

Frauen

62 % 22 % 16 %

71 % 17 % 13 %

76 % 15 % 9 %

79 % 15 %

88 % 8 %

90 % 8 % 2 %

Kein Kind im HH

Ein Kind im HH

Zwei und mehr Kinder im HH

Kein Kind im HH

Ein Kind im HH

Zwei und mehr Kinder im HH

Quelle: Wengler et al. (2008)Basis: Generations- and Gendersurvey 2005, Frauen und Männer im Alter zwischen 18 und 79 Jahren

Aufteilung der Hausarbeit nachGeschlecht und Kinderzahl im Haushalt

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(...) Die Gründe für den Geburtenrückgang sind mannigfal-tig: Wir haben eine Entwicklung, in der Kinderreichtumäußerst selten ist. Das Ja zum Kind fällt den jüngerenFrauen und Männern heute schwer. Wenn man sich über-haupt zur Familiengründung entschließt, dann sind ein,höchstens zwei Kinder die Norm. Neben den besserenMöglichkeiten der Familienplanung seit der Entdeckung derKontrazeptiva in den sechziger Jahren ist es vor allem dieveränderte Einstellung zum Kind. Doch hätte es die „Pille“schon früher gegeben, hätten wir den Geburtenrückgangauch schon zu Beginn des letzten Jahrhunderts gehabt.Dann würden viele von uns, die als drittes oder viertesKind zur Welt kamen, nicht existieren. Früher war das Jazum Kind selbstverständlich, ein Nein bedurfte bestimm-ter Vorsichtsmaßnahmen. Heute ist das Nein selbstver-ständlich und dank der Pille kein bewusster Akt, das Jahingegen erfordert meist ein bewusstes Wollen und Wün-schen. Von unseren biografischen Studien, in die Männerund Frauen der Jahrgänge ab 1890 einbezogen waren,wissen wir, dass man oft schon bei der dritten Schwanger-schaft keineswegs erfreut war – aber gottergeben das Kindeben annahm.

Noch zu Beginn des 20. Jahrhunderts hatten Kinder viel-fach „instrumentellen“ Charakter: Sie wurden als persönli-che Alterssicherung erlebt, als Arbeitskraft in Haus undHof gebraucht und zumal Söhne waren als Namensüber-träger sehr geschätzt. Diese Funktionen entfallen heutzu-tage. Die Alterssicherung hat die Gesellschaft übernom-men, eine Arbeitskraft in Haus und Hof ist dank techni-scher Entwicklungen nicht mehr nötig, „Kinderarbeit“ garverboten. Heute haben Kinder „expressiven“ Charakter.Sie werden als Ausdruck positiv erlebter Zweisamkeit ge-sehen, als Ausdruck zukunftsgerichteter Lebensweise; siesind weit häufiger „Wunschkinder“, als dies früher der Fall war.

Die heutige Zurückhaltung bei der Familiengründung hataber noch andere Ursachen. Ein Grund ist die verlängerteJugendzeit und die gesellschaftliche Akzeptanz von Ehenohne Trauschein. Während in der ersten Hälfte des letztenJahrhunderts die junge Frau so lange im Elternhaus blieb,bis geheiratet wurde, verlässt sie heute meistens mit 18,20 Jahren die elterliche Wohnung. So erlebt sie eine län-gere Zeit des Alleinwohnens, der zunehmenden Verselb-ständigung, der Entwicklung von Individualität, von eigenen

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Prof. Dr. Ursula Lehr

Früher war alles besser? Weit gefehlt. Die Jungen von gestern mussten länger arbeiten, hattenweniger Urlaub und zahlten länger in die Rentenkasse. Doch haben es die Alten von morgenwirklich leichter? Der Kampf der Generationen beginnt mit gegenseitigen Schuldzuweisungen –und endet mit der Einsicht, einander dringender zu brauchen denn je.

Die Alten von morgen

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Gewohnheiten und Eigenheiten. Die meisten der heutigenSeniorinnen haben nie eine Zeit des Alleinlebens in ihrerJugendzeit kennengelernt. Das Wohnen im Elternhaus ver-langte Anpassung an andere; die direkt folgende HeiratAnpassung an den Partner und die Kinder. Wer aber ein-mal – wie heute üblich – mehrere Jahre allein gelebt undeinen eigenen Lebensstil entwickelt hat, dem fällt schondie Anpassung an einen dauerhaften Partner nicht leicht,geschweige denn an Kinder, die eine erhebliche Umgestal-tung des Alltags verlangen. Das ist mit eine Ursache dafür,dass viele junge Menschen heute das Single-Dasein vor-ziehen und dass, wenn sie einmal heiraten, oft das ur-sprünglich gewünschte zweite Kind nicht mehr kommt.

(…) Ein weiterer Aspekt ist die veränderte Rolle der Frau.Hausfrau und Mutter war in früheren Zeiten mehr als eineVollzeitbeschäftigung. Es war ein lebenslanger Beruf. Dastrifft heutzutage nicht mehr zu. Die Haushaltsführung istdurch technische Entwicklungen erheblich erleichtert undkein Achtstundentag mehr. Auch die Mutterrolle ist heutekeine lebenslange Aufgabe. Hatte eine Frau zu Beginn desletzten Jahrhunderts kaum erlebt, dass ihr letztes Kinddas Elternhaus verließ, so hat sie heute noch ein halbesLeben vor sich. Auch ist heute eine Berufstätigkeit derFrau geradezu existenznotwendig. Und das nicht nur unterfinanziellen Aspekten. Viele Studien belegen, dass die Be-rufstätigkeit die beste Geroprophylaxe ist. Eine Berufstä-tigkeit fordert und fördert geistige und soziale Aktivitäten,die sich auf den Alterungsprozess günstig auswirken undAbbauerscheinungen verhindern. Ausschließlich family-orientedmothers haben, wie amerikanische, aber auchdeutsche Studien zeigen, den schwierigsten Alterungsprozess.

Das Rabenmutter-Syndrom

(…) Eine Erhöhung des Kindergeldes, so sinnvoll das auchsein mag, wird nicht zu einem Anstieg der Geburtenratebeitragen. Einen positiven Einfluss dürfte lediglich dieSchaffung von Möglichkeiten für eine größere Vereinbar-keit von Beruf und Familie haben. (…)

Fest steht doch: „Kinder brauchen Kinder“ für ihre positi-ve Entwicklung. Früher hatten Kinder viele Geschwister,Cousins und Cousinen im Haus und in der Nachbarschaft.Der Geburtenrückgang bedingt aber, dass Spielkameradenfehlen. Heute haben nicht fünf, acht oder zehn Enkel zweiGroßeltern, sondern vier Großeltern und zwei Urgroßelterneinen „Einzelenkel“. Man spricht von einer „Bohnenstan-genfamilie“, der die familiäre Breite fehlt und bei dermehrere Geschwister immer seltener werden. Die Großfa-milie ist zu einer Kernfamilie geworden. Wichtige Verhal-tensweisen wie das Geben und Nehmen können Kleinkin-der aber nur von Kindern lernen.

Eine Politik allerdings, die Kinder nur als „Kostenfaktor“diskutiert und nur die „Familienlasten“ hervorhebt, wirdkeinesfalls die Bereitschaft zum Kind erhöhen. Warum

wird so wenig vermittelt, dass Kinder Freude machen, eineBereicherung im Leben der Eltern sind, auch wenn siemanche Opfer abverlangen? Wie arm sind doch diejenigenMänner und Frauen, die Kinder ablehnen!

(…) Das negative Altersbild ist in unserer Gesellschaftweit verbreitet. Wie sehr wird jeder „Generationswechsel“gelobt, jede „Verjüngung der Mannschaft“ gepriesen! Wirbrauchen doch in der Gesellschaft, in der Wirtschaft undin der Arbeitswelt das Miteinander aller Generationen. Wirbrauchen die spezifische Kompetenz der Älteren: ihre Er-fahrung, ihr Wissen um soziale Zusammenhänge, ihreWeitsicht und Umsicht beim Lösen von Problemen. Wirbrauchen aber auch die Dynamik und Risikofreude derJüngeren, die nach Veränderung und Verbesserung drän-gen. Kurz, wir brauchen Jung und Alt. Jeder, der alt ist,war einmal jung. Allein daraus sollte sich schon selbstver-ständlich eine Solidarität der Generationen ergeben. Nochgibt es sie sowohl in den Familien als auch in der Gesell-schaft, wie viele Untersuchungen belegen. Aber dieserZusammenhalt ist gefährdet. Gerede über einen Genera-tionenkampf oder Schuldzuweisungen für soziale oderfinanzielle Probleme an eine Altersgruppe können die Soli-darität der Generationen beeinträchtigen. Nur in einem ge-meinsamen Miteinander werden wir es schaffen, die Pro-bleme unserer Gesellschaft zu lösen.

© Zeitschrift für KulturAustausch 2/2003

Zur PersonProf. Dr. phil. Ursula Lehr, Bundesfamilienministerin a. D., istGründerin des Lehrstuhls für Gerontologie an der Universität Heidelbergund war Mitglied der Herzog-Kommission zur Reform der Sozialsysteme.

Grundsatzbeiträge

Wir brauchen die spezifischeKompetenz der Älteren:ihre Erfahrung, ihr Wissen um sozialeZusammenhänge, ihre Weitsicht undUmsicht beim Lösen von Problemen.

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Die Menschen werden nicht nur immer älter, es wird derzeitauch eine andere Seniorengeneration älter als zuvor. Wie un-terscheiden sich diese „neuen“ Rentner von ihren Vorgängern?Die Generation, die momentan in das Rentenalter eintritt,verfügt erstens über eine deutlich bessere Gesundheit.Diese Menschen haben nicht nur eine höhere Lebenser-wartung, sondern vor allem eine höhere aktive Lebenser-wartung, weil sie in ihrer körperlichen Verfassung sehr vielselbstständiger sind. Krankheiten und funktionelle Beein-trächtigungen verschieben sich immer mehr an das Le-bensende. Dies alles gilt allerdings nur für die mittlerenund höheren sozialen Schichten. Bei den unteren Schich-ten ist dieser Effekt wenig zu beobachten.

Ist gesund alt werden auch eine Frage der Bildung?Eindeutig. Bildung ist die zentrale Voraussetzung für einegute Gesundheit im Alter. Eine gute Eingangsbildung ver-schafft guten Zugang zu weiteren Bildungsmöglichkeitenund dies wirkt sich auf die Ernährungsweise und auf diePrävention aus.

Wo liegen die anderen Unterschiede zwischen den alten undden „neuen“ Rentnern?Zweitens profitieren ältere Menschen vom medizinischenFortschritt, von der Diagnostik ebenso wie von den Be-handlungsmöglichkeiten. Zudem haben wir heute eine äl-tere Generation mit deutlich höheren finanziellen Ressour-cen. Das durchschnittliche Einkommen älterer Haushaltenähert sich immer mehr dem der Durchschnittseinkom-men der Gesamtbevölkerung an.

Das klingt nach einer goldenen Rentnergeneration!In Sachen Bildung, Gesundheit und auch gesellschaftli-cher Teilhabe sind wir in der Tat optimistisch. Die ältereGeneration verfügt heute im Durchschnitt über hohe Res-sourcen. In Bezug auf die materiellen Ressourcen derkünftigen älteren Generationen sind wir zurückhaltend.

Warum dies?Weil wir glauben, dass die Welle der reichen Rentner nurnoch etwa 15 Jahre anhält. Die nachfolgenden Jahrgängewerden im Durchschnitt nicht mehr diese hohen Mittel ha-ben. Natürlich wird es auch dann noch gut ausgestatteteGenerationen geben. Immerhin schätzen wir heute das po-tenzielle Vererbungsvermögen auf etwa 1,2 Billionen Euro.Aber wir beobachten eben auch, dass Menschen ins Ren-tenalter kommen, die wegen der heutigen strukturellen Ar-beitslosigkeit und wegen unterbrochener Erwerbsbiogra-fien finanzielle Risikofälle darstellen. Während die heuti-gen Rentner noch einen guten Arbeitsmarkt erlebt haben,sind die nachfolgenden Generationen Ende der 1980er-Jahre in strukturelle Arbeitslosigkeit geraten. Nach derWende wurden vor allem in den neuen Bundesländern vielearbeitslos. Diese Menschen konnten kaum Rentenleistun-gen aufbauen und werden mit sehr viel weniger auskom-men müssen. Wir rechnen in Zukunft also mit deutlichhöheren sozialen Ungleichheiten.

Wird das hohe Vererbungsvermögen also in kurzer Zeit aufge-zehrt – auf Kreuzfahrtschiffen und mit anderem Konsum? Oderlässt es sich längerfristig erhalten?Ein Teil bleibt sicher erhalten, denn die ältere Generationhat eine relativ hohe Sparquote. Aber sie gibt auch vielGeld aus. Die 55- bis 70-Jährigen haben eine sehr hoheInvestitionskraft. In einigen Marktsegmenten, etwa beiReisen, bei der Kleidung oder bei nicht medizinisch indi-zierten Gesundheitsleistungen, also im ganzen Wellness-bereich, sind sie für 30 bis 50 Prozent der Ausgaben zu-ständig.

Trotz dieses hohen Wohlstandes in Rentnerhand laufen diegesellschaftlichen Transfers, also die ganzen Sozialleistun-gen, überwiegend von der mittleren Generation in RichtungÄltere. Die heutigen Erwerbstätigen finanzieren also wohlha-bende Rentner, können ihrerseits aber später recht wenig an

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„Mit dem eigenen Geld auch etwasfür die anderen tun“Interview mit Prof. Dr. Andreas Kruse

Der 1955 in Aachen geborene Altersforscher Prof. Dr. Andreas Kruse leitet das Institut für Gerontologiean der Universität Heidelberg. Öffentlich bekannt wurde der Wissenschaftler 1987, als er aufdem Stuttgarter Zukunftskongress das Thema Altern als „Chance und Herausforderung“ definierte.Seit dem gleichen Jahr agiert er als führender Autor der parlamentarischen Altenberichtedes Deutschen Bundestags. Auch innerhalb der demografischen Forschung beschäftigt sich dervielfach ausgezeichnete Forscher mit neuen Rollen und Aufgaben für Ältere. Seit einiger Zeitsetzt sich Kruse für den verstärkten Einsatz älterer Menschen in der Zivilgesellschaft ein – und wirbtdabei vor allem für deren Engagement in Bürgerstiftungen.

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Wir haben etwa an unserem Institut in Heidelberg auslän-dische Studenten, die froh wären, wenn sie Stifter hätten.Aber wir finden auch immer wieder Menschen, die bereitsind, unsere Studenten zu unterstützen. Sie müssen ebenals mitverantwortlich handelnde Personen angesprochenwerden.

Wie kann man diesen gemeinnützigen Gedanken besser ver-mitteln?Wir müssen zunächst einmal ganz andere Altersbilder ver-breiten. Deutschland ist kein altersfreundliches Land. Alterwird nur thematisiert als Belastung der sozialen Siche-rungssysteme. Alte seien nicht innovationsfähig, nichtkreativ, heißt es, was ja alles nicht stimmt. Die Alten müs-sen begreifen, dass die Gesellschaft ein Interesse daranhat, ihr Wissen zu nutzen. Wenn man die Jungen mit denAlten zusammenbringt und die Jungen fragt, so hört man,dass die Jungen das als Erlebnis beschreiben. Wir dürfennicht zulassen, dass Menschen nach dem Ausscheidenaus dem Beruf Deutschland verlassen und erst wieder zu-rückkommen, wenn sie auf Pflege angewiesen sind.

Grundsatzbeiträge

sozialen Leistungen erwarten. Ist das gerecht?Diese Frage wagt kaum jemand zu stellen. Ich glaube, wirmüssen das Prinzip der Subsidiarität heutzutage andersdeuten. Früher hat man gesagt: „Die junge und mittlereGeneration kann viel aus eigener Verantwortung leisten.Die Älteren sind auf soziale Leistungen angewiesen.“ Dasmüssen wir mehr und mehr umkehren. Wir müssen heutedie älteren Menschen fragen: „Was könnt ihr aus eigenerKraft leisten? Ihr habt vielfach die entsprechenden mate-riellen Ressourcen.“ Wir müssen fragen, ob die Transfersnicht stärker von Alt nach Jung gehen sollten, denn beiden Jüngeren haben wir ein höheres materielles Risiko alsbei den Älteren.

Ist das eine Umkehrung des Generationenvertrages?Keine Umkehrung. Die mittlere Generation, die Geld ver-dient, hat auch mehr zu leisten. Aber ich würde den Gene-rationenvertrag durch eine sozial gerechte Eigenvorsorgeflankieren. Menschen mit dem entsprechenden Kapitalmüssen mit mehr Verantwortung in ihr eigenes Alter inves-tieren, um das System zu entlasten.

Was meinen Sie damit?Ein Beispiel: Im Jahr 2004 waren in den gesetzlichenKrankenversicherungen 29,9 Prozent der Menschen über60 Jahre. Von ihnen stammen 19,9 Prozent der Einnah-men – aber sie verursachen 42,7 Prozent der Ausgaben.Da ist klar, dass der Einzelne viel mehr in die Eigenvorsor-ge investieren muss. Und hier müssen wir die Menschenauch sehr viel mehr als verantwortliche Staatsbürgerinnenund Staatsbürger ansprechen. Da können wir viel von derSchweiz und von Japan lernen.

Bei einer wachsenden Zahl von Kinderlosen läuft das Verer-bungskapital in eine Sackgasse. Wo sollte dieses Geld bleiben?Ich habe gewisse Probleme damit, wenn vermögende 80-Jährige auf die Bank gehen und den Finanzverwalter fra-gen, wie sie ihr Kapital weiter mehren können. Mit dem ei-genen Geld kann man auch etwas für andere tun. Dafürbrauchen wir beratende Institutionen, die den Menschenzeigen, wie man so etwas tun kann. Wir brauchen als Ge-sellschaft nicht nur das ideelle Kapital, also das Wissen,sondern auch das materielle Kapital, weil nachfolgendeGenerationen sehr auf Stiftungen angewiesen sein werden.

Prof. Dr. Dr. h. c. Andreas KruseGeboren 1955. Studium der Psychologie, Phi-losophie und Musik an den Universitäten Aa-chen und Bonn sowie an der MusikhochschuleKöln. 1986 Promotion in Psychologie zumThema „Strukturen des Erlebens und Verhal-tens bei chronischen Erkrankungen“ an der

Universität Bonn. Habilitation 1991 mit der Arbeit „Kompetenzim Alter in ihren Bezügen zur objektiv gegebenen und subjektiverlebten Lebenssituation“ an der Universität Heidelberg. 1993bis 1997 Gründungsdirektor sowie Ordinarius am Institut fürPsychologie der Universität Greifswald.

Seit 1997 Direktor des Instituts für Gerontologie der UniversitätHeidelberg, seit 1998 Mitglied der Altenberichtskommission derBundesregierung, Vorsitzender der Dritten, Fünften und SechstenAltenberichtskommission, seit 2003 mitverantwortlich für dieAusrichtung des Studiengangs „European Master in Gerontology“,seit 2006 Vorsitzender der Kommission „Altern“ der Evangeli-schen Kirche Deutschland, seit 2007 Dekan der Fakultät für Ver-haltens- und Empirische Kulturwissenschaften der UniversitätHeidelberg, seit 2010 Mitglied der Achten Familienberichtskom-mission der Bundesregierung.

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Sind Stiftungen ein Weg, älteren Menschen aufzuzeigen, wound wie sie sich nützlich machen können?Auf jeden Fall. Vor allem Bürgerstiftungen. Da kann manauf Ältere zugehen und sagen: „Hier kannst du mit deinenRessourcen dazu beitragen, dass in deiner Kommune einProblem gelöst wird.“ Diese Menschen können Erfahrungzur Verfügung stellen, Wissen – oder materielle Ressour-cen. Die Leute, die einen Teil ihres Geldes in Stiftungenstecken, wissen dann, was mit ihrem Geld passiert, undsie fühlen sich persönlich angesprochen. Das ist ein vor-züglicher Weg, um Solidarität zwischen den Generationenherzustellen und die Alten als mitverantwortlich Handeln-de anzusprechen.

Zudem hätte man eine nachhaltige Bindung von Kapital,denn Stiftungskapital muss ja erhalten werden. Genaudaran haben die Alten ein Interesse: dass ihr Kapital er-halten bleibt. Die wollen ja etwas Bleibendes.

Kann man da auch von anderen Ländern etwas lernen?In der Schweiz etwa läuft das viel besser. Da bekommenmeine Universitätskollegen Anrufe von Vermögenden. Diesagen: „Ihr macht da eine tolle Forschung. Ich würde Ih-nen gerne drei Millionen Franken zur Verfügung stellen.“

Wie lässt sich das Bewusstsein für das Stiften in Deutschlandverbessern?Wir stehen da unter einem gewissen Zeitdruck, denn langewird es die vielen reichen Rentner nicht mehr geben.

Wir müssen mit diesem Thema viel mehr in die Öffentlich-keit gehen, ins Fernsehen, in die anderen Medien. Wirmüssen in den Unternehmen ganz andere Altersbilderschaffen, in ältere Arbeitnehmer investieren, denn in zehnJahren werden wir diese brauchen. Problematisch warenin diesem Zusammenhang diese Vorruhestandsregelungen.Wenn man großflächig schon den 53-Jährigen sagt, dassman sie nicht mehr braucht, dann muss man sich nichtwundern, dass sich das auf das gesellschaftliche Alters-bild auswirkt.

Was heißt das für die Stiftungen?Die Stiftungen müssen die nächsten Jahre nutzen.

In welchen Bereichen sollten sich diese Stiftungen, auch Bür-gerstiftungen, einmischen?Zum Beispiel im kommunalen Bereich. Im Bildungsbereichfür Ältere, um die Selbstorganisation älterer Menschen zufördern. Um besondere Problemlagen in einer Kommuneabzufedern. Und um kulturelle Aufgaben zu übernehmen,welche die Kommune nicht mehr so gut bewältigen kann.Hier in Heidelberg droht gerade das Theater in eine Krisezu geraten. Da sind die Bürger eingesprungen.

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Unter engagierten Bürgern gibt es welche mit Zeit, mit Geldund mit Ideen. Wie kann man die Menschen belohnen, diekein Geld zum Stiften haben, sich aber dennoch einsetzenund viel ehrenamtlich leisten?Da gibt es hochaktive Menschen. Bürgerstiftungen solltennicht nur Personen aufnehmen, die Geld einbringen, dennes gibt viele, die das nicht können, sich aber inhaltlich en-gagieren. Ich denke, man sollte für solche Menschen dasEhrenamt auch in die Rentenanwartschaft hineinnehmen.

Das Interview führte Reiner Klingholz, Berlin, Institut für Bevölkerungund Entwicklung

19Grundsatzbeiträge

Der demografische Wandelund die Konsequenzen für Familieund Sozialraum

Veränderungen in den Familien

Bei allen Problemen, die mit der Kinderlosigkeit einesTeils der Bevölkerung einhergehen, muss zugleich gesagtwerden, dass bei denen, die Kinder haben, nach wie vorder Familientyp mit zwei Eltern und zwei Kindern domi-niert. Mit der Zahl der „Fortsetzungsfamilien“ ist für vieleauch die Zahl möglicher „naher Verwandter“ gewachsen,die – je nach „Wahl“ – weiterhin engen Kontakt zu Kin-dern und Partnern haben können. Die „multilokale Mehr-generationenfamilie“ von heute ist ein verwandtschaftli-ches Netzwerk geworden, das Kinder und auch erziehendeEltern unterstützt und gerade für Alleinerziehende vonentscheidender Bedeutung ist. Mit der neuerdings ermög-lichten (unbezahlten) Freistellung von Großeltern für dieErziehung von Enkeln minderjähriger Kinder werden dieseRessourcen aktiviert. An dieser Stelle sei angemerkt, dassder finanzielle Ausgleich und die Unterstützungsleistun-gen, die innerfamiliär von den Großeltern in die Kinder-und Enkelgeneration fließen, sich im Verhältnis zu denRentenleistungen der Jüngeren an die Älteren durchaussehen lassen können.

Nachdem über längere Zeit vor allem die Kinder im Mittel-punkt der Familienpolitik standen („Familie ist da, woKinder sind“), erscheint es angesichts des demografi-schen Wandels inzwischen notwendig, das Leitbild derMehrgenerationenfamilie wieder stärker zu betonen und

damit sowohl die Fürsorge- und Betreuungsmöglichkeitenvon Großeltern als auch die Pflegeaufgaben der jüngerenGeneration in den Blick zu nehmen. Die Organisation derprivaten und familiären Aufgaben in der Familie steht ge-rade in Bezug auf Kinder, pflegebedürftige und hochaltrigeMenschen in Familie und Nachbarschaft in Spannung zuder politisch gewollten Notwendigkeit für Männer wie fürFrauen, verstärkt durch Erwerbseinkommen und eigeneKapitaldeckung für ihre Gesundheits- und Altersvorsorgeeinzustehen. Der finanzielle Ausgleich für Erziehungs- undPflegeleistungen in der Familie ist im Verhältnis dazumangelhaft. Dieses Problem wird mit steigendem Pflege-bedarf noch deutlicher werden. Wenn Familien ihren blei-benden Aufgaben trotz des gesellschaftlichen Wandels ge-recht werden sollen, brauchen sie also unterstützendeNetzwerke.

Kirchengemeinden sind in starkem Maße mit Familien ver-bunden – das gilt, was die Traditionsweitergabe durch dieGenerationen oder auch die Erziehungs- und Sorgeaufga-ben angeht. Diese Care-Aufgaben liegen allerdings immernoch in hohem Maße auf den Schultern der Frauen. Wäh-rend sich 80 Prozent der jungen Frauen ein gleichberech-tigtes Lebensmodell wünschen, können sich bislang nur –oder immerhin schon – 40 Prozent der jungen Männer einLebensmodell vorstellen, in der die unterschiedlichen fa-miliären Aufgaben gleichberechtigt übernommen werden.Tatsächlich sind Mütter noch immer dreimal so lange mit

Infolge des demografischen Wandels ist Familie zu einem der zentralen Politikfelder avanciert.Familie ist mehr als das Zusammenleben unterschiedlicher Individuen mit je eigenen Rechten, sie isteine Fürsorge- und Lerngemeinschaft zwischen Partnern und Generationen. Darin sind nicht nurKinder und Eltern, sondern auch Großeltern und weitere Verwandte sowie Wahlverwandte einbezogen.

OKRin Cornelia Coenen-Marx

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den Kindern und auch erheblich länger mit der Hausarbeitbeschäftigt als die Väter. Und im Blick auf die Pflege wirdin allen Berechnungen unmittelbar vom „Töchter- undSchwiegertöchter“-Pflegepotenzial gesprochen, das nun,wie eben gehört, über die letzten Jahre ebenso zurückgehtwie die Anforderungen an Pflege steigen. Seit Langem giltfür die Pflege, was jetzt auch für die Erziehungsaufgabengefordert wird: Ein neues Zusammenspiel von öffentlichenEinrichtungen oder Diensten und privatem Potenzial istgefragt. Entscheidend ist, dass beides – übrigens auch fi-nanziell – nicht gegeneinander ausgespielt, sondern neuaufeinander bezogen wird: So, wie es da schon sichtbarist, wo Tageseinrichtungen für Kinder mit Altenzentren zu-sammenarbeiten. Wichtig ist aber auch, dass Kirchenge-meinden Erziehung und Pflege im privaten wie beruflichenKontext neu würdigen. Damit das gelingt, wird es, wieoben beschrieben, notwendig sein, das Angewiesenseinauf andere als eine selbstverständliche Eigenart des Men-

Kirchengemeinden sind in starkem Maßemit Familien verbunden – das gilt,was die Traditionsweitergabe durch dieGenerationen oder auch die Erziehungs-und Sorgeaufgaben angeht.

schen zu verstehen, statt weiter lediglich dem Ideal derAutonomie nachzuhängen, und die Sorge für andere ebenso hoch zu schätzen wie die Produktion. In dieser Hinsichtkönnten Kirchengemeinden zu einer neuen Kultur beitragen.

Der dritte Sozialraum und die Kirche

Familienzentren und Mehrgenerationenhäuser, Quartier-pflege und die Entwicklung von Stadtteilzentren im Rah-men des Programms „soziale Stadt“ sind derzeit die An-knüpfungspunkte für ein neues Verständnis der Region.Dabei spielen die bislang privaten Erziehungs- und Pflege-leistungen und die bislang familiären Unterstützungslei-stungen bei Haushalt, Wäsche, Einkäufen eine ebensozentrale Rolle wie ein neuer Mix von Professionellen undFreiwilligen. Wo das Private in dieser Weise öffentlichwird, da entstehen neue Netze, die Familien und Diensteverbinden und Generationen überschreiten. „Leihomas“,Stadtteilmütter, Senior-Mentoren für Schüler und Azubissind möglich und notwendig, weil die hohe Zahl engagier-ter älterer Menschen, die ihre Potenziale einsetzen wollen,mit einer Überlastung der jüngeren in der sogenanntenRush-hour des Lebens zusammenkommt, und weil vieleninzwischen deutlich ist, dass soziale Teilhabe mehr ist alsdie Verteilung im Rahmen der Sozialversicherungen. Stif-ter und Stifterinnen, Menschen, die sich um ihre Kirchekümmern und sie offen halten, Leute, die Gräber aufFriedhöfen pflegen, ehrenamtliche Prädikantinnen undPrädikanten in schrumpfenden Städten und Regionen fü-gen sich genauso selbstverständlich in diesen Kontext einwie geschichtliche Arbeitskreise. Sie alle halten das kultu-relle, geistige und geistliche Arbeiten für die nächste Ge-neration wach. Sie sorgen sich um das Humanvermögen.

Diese Entwicklung kommt der Kirche sehr entgegen undfordert sie zugleich heraus. Denn Kirche ist von Anfang aneine erweiterte Familiaritas, in der die Älteren eine hoheBedeutung für die Kultur der Gemeinschaft haben. Gelin-gen kann dies an vielen Orten: in der Ortsgemeinde, woGemeindehäuser zu Mehrgenerationenhäusern werdenkönnen, in Hospiz- oder Demenznetzen, wo diakonischeTräger mit gemeindlichen Netzen zusammenarbeiten, oderauch in der Bildungsarbeit, wo Angebote für neue Diensteentwickelt werden. Kirche, mit ihrem hohen Potenzial anälteren Menschen und ihrem nach wie vor guten Zugangzu Angeboten der Kindererziehung, kann dabei gesell-schaftlicher Vorreiter sein. Das verlangt allerdings vielfachein erneuertes Selbstverständnis, das aufräumt mit derversteckten Abwertung Älterer und vor allem älterer Frau-en und deren sozialen Beitrag, deren Belastungen sowiederen Lebensertrag schätzt und dieses Licht nicht unterden Scheffel stellt. Es gibt eine ganze Reihe von bibli-schen Belegen, die man dafür zitieren könnte – die wich-tigsten scheinen mir mit der Hochschätzung des Witwen-amtes zu tun zu haben. Wachsen gegen den Trend, dasheißt eben auch: schätzen, wer wir sind und was wir zubringen haben.

21Handlungsfelder

Der Rand wird zur Mitte

Seit fast fünf Jahren lebe ich im Vincenzstift Aulhausen,einer großen Behinderteneinrichtung, die zur Josefs-Gesellschaft gehört. „Warum sind Sie dorthin gezogen?“,werde ich immer wieder gefragt. Das hat viele Gründe. EinGrund: Ich wollte an den Rand des Bistums Limburgziehen, um meinem Nachfolger nicht im Wege zu stehen.Also bin ich jetzt am äußersten Rande und entdecke vonTag zu Tag mehr: Der Rand ist die Mitte. Er ist nicht nurzum Mittelpunkt meines Lebens geworden. Ich lese dortauch das Evangelium neu, etwa die Geschichte vom Mannmit der verdorrten Hand (Mk 3, 1 – 6). Jesus sagt zu ihm:„Steh auf und stell dich in die Mitte!“ Was / wer ist fürJesus Rand, und was / wer gehört in die Mitte?Ich bin mit Menschen zusammen, die wenig zu sagen,aber viel zu erzählen haben. Sie fragen – allein durch ihrDasein: „Seht ihr, wie behindert ihr seid? Behindert durcheure Wahnvorstellung, ihr müsstet immer fit und rundumbelastbar sein, ihr dürftet von niemandem abhängig sein,ihr müsstet alles selbst in den Griff bekommen und unterKontrolle haben …“ Festgefahrene und verengte Bildervom geglückten Leben werden aufgebrochen. Man entdecktam Anderen, mit den Begrenzungen auch des eigenen Le-

Aktiv im Ruhestand –Leben mit BehinderungBischof em. Dr. Franz Kamphaus

bens sinnvoll umzugehen – jeder und jede von uns ist einFragment und zugleich das Ganze des Menschen im Frag-ment! Man lernt einen respektvollen Umgang mit Ver-schiedenheiten, ohne immer wieder die alten Mustervon besser und schlechter zu traktieren.

Man lernt, Ängste vor dem Unbekannten und Befremdli-chen abzubauen, man kommt auf die Fährte einerMenschlichkeit, die für viele Platz hat. Denken Sie nicht,Menschen mit Behinderung seien automatisch Leidende.Als ich im Vincenzstift einzog, dachte ich: Jetzt kannst dudich laufend mit der Sinnfrage auseinandersetzen. Das istnicht der Fall, es betrifft eher die Eltern.Samstags gegen Abend feiern wir gemeinsam Eucharistie.„Kann man denn mit geistig behinderten Menschen über-haupt Gottesdienst feiern?“, fragte ein Bischof, als er zuBesuch da war. Und ob! Ich vergesse nicht den erstenGottesdienst mit den schwerst Mehrfachbehinderten.Auch sie feiern Gottesdienst. Besonders eindrucksvoll istunsere Fronleichnamsprozession gemeinsam mit dem DorfAulhausen: an der Spitze ein behinderter Kreuzträger, dieProzession gemischt, auch das anschließende Pfarrfest.

II. TeilHandlungsfelderFreiwilliges Engagementin der christlichenPraxis

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Vor Kurzem sagte Anne, eine 14-Jährige: „Die andern habenGott im Kopf, ich habe ihn im Herzen.“ Die Kommunikati-on gelingt nur über die Beziehung, die Emotion (HalloBischof – du!). Die Sprache meiner Mitbewohnerinnen undMitbewohner ist unmittelbar, direkt. Nach dem Gottes-dienst zur Einführung kam gleich jemand auf mich zu:„Du hast gut gepredigt, aber viel zu lang.“ Die Herausfor-derung: Elementarisierung unserer großen Worte, ohnedabei banal zu werden. Man muss sich abschminken,Sprüche klopfen zu wollen. Es kommt darauf an,ebenerdig zu reden und zu leben. Stufen sind für behin-derte Menschen der Teufel. Wichtig sind die Lieder. DerChor ist für den Gesang von besonderer Bedeutung. Alleswird auswendig gesungen. Ich habe das noch nie in mei-nem Leben so erfahren, dass es das Allerwichtigste ist,

einfach da zu sein. Entscheidend ist nicht so sehr, was ichsage oder tue, sondern dass ich dort lebe, einfach dazwi-schen bin. Wenn ich an einem Samstag oder Sonntagnicht da bin, kommen anschließend die Fragen: „Wo warstdu? Warum warst du nicht da?“ Über Gemeinschaft wirdnicht geredet, sie ist da. Der evangelische Pfarrer UlrichBach, seit dem 23. Lebensjahr an den Rollstuhl gefesselt,sagt: „Was wir können und was wir nicht können, das allesgehört uns gemeinsam. Und für uns miteinander wird’sschon reichen.“

Dies ist ein Auszug.Den gesamten Beitrag finden Sie unter:http://www.woche-fuer-das-leben.de/2012/Jahresthema-2012/grundsatztexte

Man lernt einen respektvollen Umgang mitVerschiedenheiten, ohne immer wieder die alten Mustervon besser und schlechter zu traktieren.

23Handlungsfelder

Das Bayerische Sozialministerium und seine Partnermöchten einen Beitrag leisten, Alt und Jung wieder en-ger zusammenzubringen. Die Ziele der Kampagne: vor-leben, wie bereichernd die Begegnung für beide Seitensein kann. Junge Menschen motivieren, auf Ältere undAlte zuzugehen. Anregen, besonders Menschen in Al-ten- und Pflegeeinrichtungen stärker in die Gesell-schaft zu integrieren. Denn: Sie gehören dazu.

Mit der Kampagne verbindet sich die Idee, alte Men-schen anders zu zeigen, als sie oft gesehen werden.Nicht als Menschen, die ihr Leben schon gelebt ha-ben, sondern als Menschen, die lebendig sind, Träumeund Wünsche haben, Ziele verfolgen. Als Menschen,über die man nicht nur spricht, sondern mit denenman reden kann. Ganz egal, ob sie völlig selbstständigleben oder der intensiven Pflege bedürfen. Die Kampa-gne möchte gerade jüngeren Menschen die vielfältigenSeiten des Alter(n)s nahebringen. Sie möchte sie be-wegen, „ganz ohr“ zu sein. Und so sind auch Spracheund Musik der genutzten Medien: zuhören, miteinan-der ins Gespräch kommen, gemeinsam oder füreinan-der Musik machen.

KamKampagnepagne „ganz„ganz jungjung.. ganzganz alt.alt. ganzganz ohr“ohr“

PParartnertnerpprojektrojekt AAlzhlzheimeimerer anandd YYouou ––einein PProjerojektkt mitmit FFirirmlinmlingengen

Partner• Gemeindecaritas Rosenheim; Hedwig Pezet,

Sozialpädagogin• Katholische Jugendstelle Rosenheim;

Claudia Huber, Dipl.-Sozialpädagogin kirchlicheJugendpflegerin; Monika Mayer, Studentin derSozialen Arbeit

• Seniorenpastoral; Birgit Schmidinger,Pfarrei Christkönig

• RKS-Seniorenwohnen; Frau Bleil,Pflegedienstleiterin

ProjektbeschreibungZur Firmvorbereitung gehört oft ein soziales Projektzum Beispiel ein Besuch im Altenheim. Die Begeg-nung mit demenzkranken Menschen ist schon für Er-wachsene eine Herausforderung, erst recht aber fürHeranwachsende. Eine gründliche Vorbereitung istnotwendig!

Die vier Projektpartner entwickelten ein „Paket“ mitLeitfäden zur Gestaltung von drei vorbereitenden Nach-mittagen. Am ersten Nachmittag führt ein Film ausSicht eines 16-Jährigen an das Thema Demenz heran.Am zweiten Nachmittag können die Firmlinge durchgezielte Spiele und Übungen Sensibilität entwickeln:Wie fühlt es sich an, wenn man orientierungslos ist?

Am dritten Nachmittag besuchen die Jugendlichen einPflegeheim. Dort sind Kartons mit verschiedenen Ge-genständen (Muscheln, Knöpfe, Stoffe) vorbereitet, diesie zusammen mit den Senioren und Seniorinnen ein-ordnen. Die Übung nimmt rasch Berührungsängsteund regt das Gespräch an. Verständnis und Wertschät-zung werden gefördert. Mit einer Pflegekraft bespre-chen die Jugendlichen anschließend ihre Erfahrungen.

Das Fazit der Projektleiter: Der Aufwand hat sich ge-lohnt! Die Mutter eines Jugendlichen, der am Projektteilgenommen hat, meint: „Als mein Sohn gestern ausder Firmgruppe nach Hause kam, ging er viel verständ-nisvoller mit seinem demenzkranken Opa um.“

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Schaukelpferd und SchaukelstuhlEin Kindergarten und ein Altenheim in Speyer bauen eineBrücke zwischen den GenerationenSusanne Kaiser

„Tuff tuff tuff, die Eisenbahn …“ Die zehn Sprösslinge der Kindertagesstätte St. Joseph, die amMittwochmorgen in die Tagespflege des Caritas-Altenzentrums St. Martha in Speyer gekommen sind,strahlen über beide Wangen. Sie bewegen sich munter im kleinen Kreis. Drumherum:die Seniorinnen und Senioren der Einrichtung. Ihre Augen glänzen. Die Mädchen und Jungen bringenLeben ins Haus und Abwechslung gleich mit dazu. Das Projekt „Schaukelpferd und Schaukelstuhl“ist seit 1998 fester und wichtiger Bestandteil im Alltag beider Einrichtungen.

Mehr als nur Nachbarschaft verbindet die Kinder mit denalten Menschen. Nicht nur nebeneinander leben wollensie, sondern miteinander. Nicht mehr nur sporadisch soll-ten Vorführungen im Altenzentrum ihren Platz finden, son-dern Alt und Jung sollten gemeinsam Stunden gestalten.Das war der Gedanke, mit dem sich beide Partner vor überzehn Jahren auf den Weg machten. Dass sowohl die Kin-der als auch die Senioren davon profitieren, hat sich indiesem Zeitraum deutlich gezeigt.

Die Kinder erleben im Altenheim eine Zuwendung, die freiist von sämtlichen Erwartungen“, beschreibt Kita-LeiterinDorothea Reinhardt die positive Wirkung auf den Nach-wuchs. Selbst auffällige Kinder änderten ihr Verhalten auf-grund der Besuche. „Ein Junge ,musste’ mittwochs immerpünktlich sein – schließlich wollte er mit ins Altenheim“,erinnert sich Reinhardt. Als unschätzbares Gut beschreibtsie das Zusammenwirken der beiden Lebenswelten.

„Die Kinder sehen, wie Menschen alt werden, wie sie sichverändern“, sagt sie und ergänzt: „Sie sehen aber auch,dass Menschen zum Essen kommen und fit sind – und amnächsten Tag sind sie nicht mehr da.“ Dass zum Leben alt

und krank werden sowie der Tod gehört, werde den Klei-nen somit bewusst. Allerdings lernten sie das an Perso-nen, die sie zwar mögen, die aber nicht eine so große Rol-le spielen wie die Oma, die sie lieben. Auch im Erzieher-team von St. Joseph habe sich einiges seit demProjektstart getan. „Die Wertigkeit ist eine andere gewor-den“, sagt Reinhardt.

„Für uns“, betont Gudrun Wolter, Leiterin des Caritas-Altenzentrums, „sind die Besuche der Kinder ein wirkli-cher Beitrag zur Lebensqualität für die alten Menschen.“Lange schon sei das Ganze kein Projekt mehr, sondern einnicht mehr wegzudenkender Bestandteil. „Das ist ein Profil,das unsere beiden Einrichtungen auszeichnet“, stelltReinhardt heraus. Eine willkommene Abwechslung sei dieAnwesenheit der Kleinen für die Senioren. „Es bringt Le-

Die bundesweit 500 Mehrgenerationenhäuser sind Or-te der Begegnung für Menschen aller Generationen.Sie geben Raum für gemeinsame Aktivitäten, bietenAngebote zur Kinderbetreuung und zur Betreuung älte-rer Menschen und schaffen so ein neues nachbar-schaftliches Miteinander. Sie sind mit ihren Angebo-ten darauf ausgerichtet, die Vereinbarkeit von Familieund Beruf zu stärken, die Beschäftigungsfähigkeit zuverbessern und haushaltsnahe Dienstleistungen zuentwickeln und umzusetzen.

Mehrgenerationenhäuser sind zentrale Anlaufstellen,an denen Menschen in ihrer Nachbarschaft das fin-den, was sie im Alltag brauchen. So stärken sie die so-ziale Infrastruktur vor Ort. Sie entlasten Familien, Al-leinerziehende und pflegende Angehörige. Mehrgene-rationenhäuser bieten praktische Hilfe bei den Fragenrund um Pflege und Betreuung Demenzkranker. Be-troffene und Angehörige finden in Mehrgenerationen-häusern Unterstützung. Parallele Angebote für Kinderund Eltern helfen Familien, insbesondere aber auchAlleinerziehenden, bei der Bewältigung der täglichenHerausforderungen. Vor allem mit flexiblen Formen der

Kinderbetreuung sind Mehrgenerationenhäuser Stützenim Alltag von Familien. Rand- und Notzeitenbetreuungsind für Mehrgenerationenhäuser charakteristisch.

Mehrgenerationenhäuser beziehen freiwillig Engagiertealler Generationen in ihre Arbeit ein, sie stellen zweiDrittel der Aktiven und arbeiten auf gleicher Augenhö-he mit den Festangestellten. So haben sich die Mehr-generationenhäuser als treibende Kraft des bürger-schaftlichen Engagements etabliert. Die Hälfte allerAktiven ist schon über ein Jahr in einem Mehrgenera-tionenhaus aktiv, drei von vier Aktiven mindestens einMal pro Woche, jeder sechste sogar täglich.

Mehrgenerationenhäuser kooperieren mit der lokalenWirtschaft und sind gut vernetzt. Damit schaffen siees, sich lokal zu verankern und vielfach unentbehrlichzu machen.

Quelle: www.mehrgenerationenhaeuser.de,Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauenund Jugend

Was ist ein Mehrgenerationenhaus?

25Handlungsfelder

ben ins Haus, sie kommen auf andere Gedanken“, erklärtWolter. Eines greife dabei in das andere, harmonisch lie-fen die Begegnungen ab. „Die Kinder sind auch unglaub-lich diszipliniert“, merkt sie an.

Reinhardt erinnert sich an die Anfänge: „Früher haben wiruns als Gäste gefühlt, sind durch die Hintertür hereinge-schlichen, bemüht, keinen Lärm zu machen. Irgendwannhaben wir uns gesagt: Wir stören nur, wenn uns die Altennicht sehen. Seitdem gehen wir durch den Haupteingang

und offen auf die Menschen zu.“ Stille Welt trifft lauteWelt – so habe das Kita-Team die Begegnungen mittler-weile überschrieben. „Für mich ist das gelebtes Christen-tum“, resümiert Reinhardt.

Kontakt:Caritas-Altenzentrum St. MarthaSchützenstraße 18 c67346 SpeyerTelefon 06232 135-0

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„„PPaatteennsscchhaafftteenn –– PPrroo EElltteerrnn VVGG WWöörrrrssttaaddtt““ ––eeiinn bbeessoonnddeerreess AAnnggeebboott iinn ddeerr VVeerrbbaannddssggeemmeeiinnddee WWöörrrrssttaaddttViele junge Familien und alleinerziehende Mütter und Väter stoßen bei den Anforderungen des alltäglichen Le-bens mit ihren eigenen Ressourcen an ihre Grenzen. Dies kann zu schwierigen Alltagssituationen führen. Dabeizeigt sich häufig, dass keine ausreichenden Entlastungs- und Unterstützungsmöglichkeiten zur Verfügung ste-hen. Hier setzt die Idee des Angebots „Patenschaften – Pro Eltern VG Wörrstadt“ an.

Paten und Patinnen sind engagierte Männer und Frauen, die ihre Zeit, ihre persönlichen Erfahrungen und ihreKompetenzen für Eltern und Alleinerziehende einsetzen möchten. Es geht dabei um praktische Begleitung imtäglichen Leben, Stärkung elterlicher Erziehungskompetenzen, Anleitung bei der Haushaltsführung, Unterstüt-zung bei Behördengängen sowie sonstige Hilfestellungen. Das Projekt setzt auf Ehrenamtlichkeit und fördertbürgerschaftliches Engagement sowie soziale Verantwortung, mit dem Ziel der Integration benachteiligter undvon sozialer Ausgrenzung betroffener Familien. Die Paten und Patinnen bestimmen ganz persönlich die Dauerund den Umfang ihres Engagements. Patenschaften sind außerdem eine Begleitung auf Zeit. Die Paten und Pa-tinnen werden für diese Aufgabe qualifiziert, dadurch erwerben sie zusätzliche Kompetenzen. Die zahlreichenProjektpartner schaffen eine gute Vernetzungsstruktur, die für das Gelingen des Projekts sehr wichtig ist. EineProjektleitung sichert für alle Beteiligten den Informationsfluss und den passenden Einsatz für Paten und Patinnen.

Die Partner des Projekts:Caritaszentrum Alzey, Lokale Agenda „AG Generationen“ in der VG Wörrstadt, Koordinierungsstelle Kinderschutz– Landkreis Alzey-Worms, Stadt Wörrstadt, katholische und evangelische Kirchengemeinde, KatholischesBildungswerk Rheinhessen, Bischöfliches Ordinariat – Referat Ehevorbereitung, Ehebegleitung, Alleinerziehendeund Jobcenter für Arbeitsmarktintegration Alzey-Worms

Nach den Ergebnissen des Mikrozensus lebten im Jahr2010 rund 13,1 Millionen minderjährige Kinder inDeutschlands Haushalten. Im Jahr 2000 war diese Zahlnoch um 2,1 Millionen höher: Damals lag sie bei 15,2Millionen. Der rückläufige Trend wird sich weiter fortset-zen, so die Ergebnisse der 12. koordinierten Bevölke-rungsvorausberechnung.

Diese und weitere Ergebnisse hat Roderich Egeler, Präsi-dent des Statistischen Bundesamtes (Destatis), auf ei-ner Pressekonferenz in Berlin zur Lebenssituation vonKindern in Deutschland vorgestellt.

Er betonte die unterschiedlichen Entwicklungen im Wes-ten und Osten Deutschlands. In Westdeutschland sei die

Zahl der Kinder in DeutschlandZahl der Kinder zwischen 2000 und 2010 um etwa 10Prozent auf 11,0 Millionen Kinder gesunken. „Noch gra-vierender war der Rückgang in Ostdeutschland: Im Jahr2010 gab es hier knapp 29 Prozent weniger Kinder alszehn Jahre zuvor“, sagte Roderich Egeler.

Auch hinsichtlich der Familienstrukturen unterscheidensich West- und Ostdeutschland: Während 2010 in West-deutschland 79 Prozent der minderjährigen Kinder beiihren verheirateten Eltern lebten, betrug der entspre-chende Anteil in Ostdeutschland nur 58 Prozent. Hierwar der Anteil der Kinder in Lebensgemeinschaften mit17 Prozent fast dreimal so hoch wie im Westen (sechsProzent). 24 Prozent der ostdeutschen Kinder wohntenbei einem alleinerziehenden Elternteil, im früheren Bun-desgebiet waren es 15 Prozent.

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Was geschieht?Paten und Patinnen aus der Großelterngeneration singenwöchentlich im Kindergarten. Sie sorgen dafür, dass Kin-der das Singen für sich als alltägliche Lebensäußerung er-fahren und mit spielerischen Methoden ein generationen-übergreifendes und lebenslang entfaltbares Grundrepertoi-re von geistlichen Liedern erlernen.

Die innovative IdeeSeniorinnen und Senioren machen mit Kindern etwas, wassie gut können und gerne tun: gemeinsam singen. Sie re-flektieren und geben weiter, was ihnen im Leben wichtigwurde, in welchen Momenten Kirchenlieder besonderswirkten.

Kirchenmusiker unterstützen sie dabei mit einer Fortbil-dung – wichtig, aber überschaubar im Zeit- und Arbeits-aufwand.

Die Kirchengemeinde setzt sich mit ihrem Liederbestandauseinander, geht bewusst mit alten und neuen Schätzenum und prägt das Repertoire für die zukünftige gottes-dienstliche Musik. Nebenbei entsteht eine neue, themen-orientierte Gemeindegruppe, die Kindertagesstätte öffnetdie Türen. Das gute Verhältnis zwischen den Generationenwird genutzt und gefördert.

Kinder erlernen auf diesem Weg geistliche Lieder, ausdem gesamten Liedschatz der evangelischen Kirche. Er-zieherinnen und Erzieher werden in ihrer Arbeit unter-stützt. Das Projekt wird mit aufeinander aufbauenden Tei-len für Kinder bis ins Konfirmandenalter fortgesetzt. Dasgemeinsame Singen unter anderem in Gottesdiensten derZukunft wird damit gefördert.

Gründe und HintergründeDas alltägliche Singen entschwindet. In Familien findet eshäufig nicht mehr statt. In Schulen wird es selten. In Kin-dergärten ist die Situation „durchwachsen“. Hinzu kommtein riesiges Angebot an Liedern, insbesondere an Kinder-liedern. Das ist einerseits sehr gut, andererseits führt esdazu, dass gemeinsames Singen schwieriger wird. Das all-tägliche Singen zu fördern und ein Grundrepertoire aufzu-bauen, das lebenslang entfaltbar und generationenüber-greifend singbar ist: Darum geht es in diesem Projekt.

Was gibt’s zu tun?Es müssen Partner gefunden werden: ein Kindergarten,der den Projektgedanken fördern möchte, Paten, die regel-mäßig im Kindergarten mit den Kindern singen, ein Kir-chenmusiker, der den Paten zu einer kleinen Grundausbil-dung verhilft. Und es ist ein Grundrepertoire zusammzu-stellen, das immer wieder, aber nicht ausschließlich, inden Singeinheiten der Paten auftaucht.

Wie geht’s dann weiter?Im Idealfall kommen wöchentlich acht bis zehn Paten ausder Großelterngeneration zum Singen in den Kindergarten.Einzelne Paten leiten jeweils ein Lied an, die anderen un-terstützen. Neben einem Gesang, der neu einstudiert wird,werden viele Lieder gesungen, die allen bekannt sind. Zu-sätzlich zu den Liedern aus der vorher abgesprochenenRepertoireliste (das kann beispielsweise die „Kernliederli-ste“ der Evangelischen Kirche von Baden-Württembergsein) werden weltliche und geistliche Gesänge musiziert,gespielt, geklatscht und getanzt. Die Paten sitzen zusammenmit den Kindern im Kreis – jeder Pate hat „seine“ Kinder.Keiner muss die Kinder „übersingen“, der persönliche Kon-takt hilft bei der Gruppendynamik. Nach etwa 40 Minutenfröhlichen Musizierens gehen sie wieder auseinander undfreuen sich – so alles gut geht – auf die nächste Singstunde.

Wo gibt’s denn so was?Das Projekt entstand im März 2009 in der EvangelischenKirche von Kurhessen-Waldeck. Der Zuspruch ist rege. 20Kindertagesstätten machen bereits mit. Weitere wurden2011 ins Projekt eingebunden. 130 Paten sind bisher ge-meldet. Als Paten engagieren sich neben Senioren auchehrenamtliche Mitarbeiter aus der Elterngeneration undMitglieder der Kirchenchöre. Die Fortbildungen fanden aufKirchenkreisebene statt. Eine Liedermappe wurde erstellt,zu der die Kirchenmusiker der Landeskirche methodischeIdeen beigetragen haben (www.ekkw.de/kirchenmusik).

Und konkret?Eine Singpatengruppe zum Beispiel in Niederweimar: achtMenschen kommen einmal wöchentlich, mittwochs umneun Uhr, in die Kindertagesstätte. Sie sind teilweise Mit-glieder des örtlichen Kirchenchores, teilweise Großelternder Kindergartenkinder, auch eine frisch pensionierteLehrerin ist dabei.

Handlungsfelder

Singen im KindergartenEine gesangliche Patenaktion der Evangelischen Kirchevon Kurhessen-Waldeck – generationenübergreifend –repertoireschaffend – singförderndUwe Maibaum, Landeskirchendirektor

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Die Singpaten haben vorab eine Fortbildung absolviert:Ein ganzer Tag mit persönlicher Singerfahrung und Vorträ-gen zu den Themen Kinderstimme, Stimmbildung, Lern-physiologie bei Kindern, Methoden zur Einstudierung vonKinderliedern fand in Kassel statt. An vier weiteren Nach-mittagen haben sie in Kleingruppen sehr praxisorientiertdas Material einer für dieses Projekt erstellten Liedermap-pe methodisch und musikalisch erarbeitet. Die Paten ha-ben für die Teilnahme an dieser Fortbildung eine Teilnah-mebestätigung erhalten. Nach der Ausbildung konnte dasProjekt beginnen.

Eine halbe Stunde vor Beginn des gemeinsamen Singensist die Patengruppe nun in die Kindertagesstätte gekom-men, um sich zusammen vorzubereiten. Danach kommendie Kinder und einige der Erzieherinnen hinzu. Die Senio-ren verteilen sich im ganzen Raum im Kreis, dazwischenmischen sich die Kinder.

Es werden neue Lieder einstudiert, alte Lieder gesungenund gespielt, aber auch Fingerspiele gemacht und Ge-schichten erzählt. In jeder Singstunde wird wenigstens ei-nes der Kernlieder aus der Liedermappe gesungen. In derAuswahl der anderen Lieder sind die Singleiter frei. DieVeranstaltung beginnt und endet mit einem Begrüßungs-lied.

Alles verläuft spielerisch und leicht, auch sehr leise Mo-mente werden gesucht. Nach einer Dreiviertelstunde gehtdie Gruppe wieder auseinander. Die Singpaten gehen nachHause. Der Kindergartenalltag geht weiter.

Im Laufe der Woche singen die Erzieherinnen mit den Kin-dern, lernen eventuell auch eine neue Strophe miteinander.

Die Patenschaftsgruppe hat eine organisatorische Vorsit-zende, die den Überblick über das Zeitmanagement unddie Umsetzung behält. Im Kindergarten ist eine Erzieherinorganisatorisch für das Projekt tätig.

Wenn das läuft, was dann?Das Projekt wird Alltag und muss immer wieder belebtwerden. Hin und wieder müssen neue Paten gefundenwerden. Eine Ausweitung zu Projekten wie: Singen im Kin-dergottesdienst, Singen im Schulgottesdienst, Singen imReligionsunterricht und Singen im Konfirmandenunter-richt ist möglich. Ein Arbeitsfeld baut auf dem anderenauf, ein gemeinsames Repertoire wird entwickelt. Kinderlernen für das gesamte Leben.

Auswahlkriterien für die LiederDie Gesangbuchlieder wurden nach folgendenKriterien ausgewählt, von denen mehrere erfüllt seinsollten:> Sie sollen möglichst lebenslang wirksam und

entfaltbar sein.> Sie sollen wenigstens in Teilen umsetzbar für

Kindergartenkinder sein.> Es sind unter musikalischen wie auch theologischen

Gesichtspunkten wichtige Gesänge im großenSchatz evangelischer Kirchenmusik.

> Sie sollen in Gottesdiensten, bei Trauungen,Tauf- und Trauerfeiern, im Religionsunterricht oderspäter im Konfirmandenunterricht wiedergefundenwerden.

So gehören in der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck unter anderem folgende Lieder zum Repertoire:

> Ausgang und Eingang (EG 175)> Befiehl du deine Wege (EG 361)> Die güldene Sonne (EG 444)> Du hast uns, Herr, gerufen (EG 168)> Er hält die ganze Welt (EG 619)> Himmel, Erde, Luft und Meer (EG 504)> Komm, Herr, segne uns (EG 170)> Lobe den Herren, den mächtigen König (EG 317)> Wir pflügen und wir streuen (EG 508)

MethodenDie methodischen Hinweise wurden von den Kirchenmusi-kerinnen und Kirchenmusikern der Evangelischen Kirchevon Kurhessen-Waldeck zusammengestellt. Sie sind alsImpuls zu verstehen.

„Spielend singen lernen“ könnte man sich zum Hinter-grundmotto machen, wenn Erwachsene mit Kindern sin-gen. Unter diesem Aspekt kann jeder seine eigene Fanta-sie nutzen, die Vorschläge abändern, und an die Gruppen-situation, Bedürfnisse und Möglichkeiten anpassen undsomit selbstständig werden. Zwei Beispiele seien notiert:

Ich singe dir mit Herz und Mund (EG 324)Wenn wir für Gott ein Lied singen, tun wir das mit unse-rem ganzen Körper. Die Kinder erlernen die erste Strophedurch Vor- und Nachsingen. Nun werden Herz und Mundwährend des Gesanges leicht berührt. In der Folge wirddie erste Strophe leicht abgeändert, die Berührungen wer-den immer schwieriger: Hals und Bauch / Aug und Ohr /Brust und Rücken / Nase und Knie / Finger und Zeh / Kopfund Fuß …

Alternative: Noch mehr Freude bereitet dieses Lied, wennman dazu tanzt oder im Raum spaziert. Der Gesang darfruhig etwas fröhlich und wild werden.

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Großer Gott, wir loben dich (EG 331)In der Kernzeit der Singstunde wird die Schöpfungsge-schichte, zum Beispiel aus „Meine Bilderbibel“ von Keesde Kort, vorgelesen. Nach jeder Schöpfungsstation wirdein Liedruf zweimal oder mehrfach gesungen. Dieser Lied-ruf ist jeweils ein Drittel des Chorals „Großer Gott, wir lo-ben dich“. Am Ende dieser Singeinheit soll jeder der dreiTeile mehrfach musiziert worden sein. Nun kann das Liedim Anschluss an die Schöpfungsgeschichte mit Vor- undNachsingen zusammengesetzt werden.

Alternative: In der folgenden Singstunde kann die Schöp-fungsgeschichte von den Kindern erzählerisch entwickeltwerden. Sie können im Raum vorhandene Spielgeräte zu-sammensuchen und in die Mitte legen, Zentrum (Erde)kann ein großer Gymnastikball sein. Auf diesem können siezum Beispiel abwechselnd pantomimisch die von Gott ge-schaffenen Elemente darstellen. Auch hier werden die einzel-nen Abschnitte durch die schon beschriebenen Liedrufe unter-brochen. Am Ende kann das ganze Lied gesungen werden.

WürdigungKindergärten, in denen das Projekt eine Zeit lang gutläuft, werden mit einer Plakette ausgezeichnet. Die Kin-derkantorin, manchmal auch der LKMD und andere Gästebesuchen die Einrichtung und würdigen die dortige Arbeitder Kinder, Paten und Erzieherinnen.

Kontakt:Evangelische Kirche von Kurhessen-WaldeckKinderkantorin Annette [email protected].: 05661 9254929

Landeskirchenmusikdirektor Uwe [email protected].: 06421 162933

Die Liedermappe zum Projekt kann kostenlos im Internetheruntergeladen werden: www.ekkw.de/kirchenmusik.

Handlungsfelder

Es war ein sehr schöner Sommernachmittag für Jung und Altund beim Kreisspiel „Schiffle auf dem Bodensee, hast du fürmich koi Plätzele mehr?“ hatten alle ihren Spaß.

„Tschu, Tschu, Tschu, die Eisenbahn“, „Schmetterling,du kleines Ding“ und andere alte Kreisspiele bringenLeben ins Gemeindezentrum, wenn sich die Kindergar-tenkinder einmal im Monat mit der Demenzgruppe tref-fen. Gar manche der Senioren und Seniorinnen kennendiese alten Lieder aus der eigenen Kindergartenzeitund erinnern sich ganz genau an Text und Melodie.

Ob klein, ob groß, ob jung, ob alt – singen und tanzenbereitet allen große Freude! Und genau dies ist der be-sondere gemeinsame Nenner bei den Begegnungender Kindergartenkinder mit der Demenzgruppe, dieseit einigen Jahren in gut gelingender Kooperationstattfinden. Die generationenübergreifende Zusammen-arbeit bei der Betreuung demenzkranker Menschen ist

GeneratGenerationenverionenverbindebindendesndes ProjektProjektKatholischer Kindergarten St. Gallus, Tettnag

ein fester Bestandteil der Kirchengemeinde St. Gallusin Tettnang. Jeden Donnerstagnachmittag treffen sichrund 30 Frauen und Männer, die an Demenz erkranktsind, im Gemeindezentrum St. Gallus, das direkt andem Kindergarten St. Gallus angrenzt. Viele ehrenamt-liche Helfer und Helferinnen begleiten undunterstützen die Betreuung der dementen Menschenund entlasten damit für ein paar Stunden wöchentlichdie Familienangehörigen.

Kontakt:Kindergarten St. GallusWilhelmstraße 13 – 1588069 Tettnang

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Aktivpatenschaften

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Was sind Aktivpaten?

Nicht nur Kinder und Jugendliche in der dritten Welt sindarm dran. Auch bei uns in Deutschland gibt es viele. Siebrauchen allerdings nicht Ihr Geld, sondern ein klein we-nig von Ihrer Zeit. Sie ist unbezahlbar und sie fehlt oft denEltern in bedrohlichem Ausmaß. Ehrenamtliche Aktivpa-ten übernehmen eine Patenschaft für ein Kind oder einenJugendlichen in ihrem eigenen Ort. Sie machen damit ih-rem Patenkind ein Geschenk, das mit Geld nicht bezahl-bar ist. Es geht darum, über längere Zeit hinweg in regel-mäßigen Abständen mit dem Patenkind zusammenzukom-men und etwas Nützliches und Positives mit ihm zuunternehmen. Das Ganze findet nur statt, wenn das Kindoder der Jugendliche und die Eltern ausdrücklich denWunsch danach geäußert haben. Eine ehrenamtliche Ak-tivpatin ist keine „Supernanny“. Sie vollbringt keineschnellen Wunder, sondern glaubt an Geduld und an denwichtigen Einfluss einer langfristigen menschlichen Bezie-hung. Die Nachfrage nach Aktivpaten und -patinnen istriesengroß. Deshalb sind die lokalen Vermittlungen dau-ernd auf der Suche nach ihnen. Eine örtliche Vermittlungist unumgänglich, wenn Sie Aktivpate werden wollen. UnsereDatenbank hilft Ihnen, die nächstgelegene zu finden.

Kontakt:http://www.patenschaften-aktiv.deFörderverein Patenschaften-Aktiv e.V.Ungererstr. 1980802 München

1. Familienpaten

Bei den Familienpatenschaften kümmert sich die Famili-enpatin zwar in erster Linie um junge Eltern mit Kleinkin-dern. Aber indirekt kümmert sie sich damit auch um dieKinder in ihrer prägendsten Lebensphase. Die Problemeder Eltern in Alltags- und Erziehungsfragen beeinflussenin dieser Zeit die Zukunft des Kindes am stärksten. Die El-tern haben sich aus den verschiedensten Gründen eine eh-renamtliche Familienpatin gewünscht. Es sind junge Ehe-paare mit Migrantenhintergrund oder andere junge Eltern,die wenig Erfahrung mit praktischen, administrativen und

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erzieherischen Dingen haben. Die Familienpatin hat ambesten ein Mindestmaß an eigener Lebenserfahrung. Siewird vor dem Einsatz von der vermittelnden Organisationkostenlos geschult. Sie finden die Adressen solcher loka-len Vermittlungen in unserer Datenbank unter der Katego-rie „Familie“. Weitere Ausführungen zum Thema Familien-patenschaft finden Sie auf unseren Websiteswww.familienpaten.net.

2. Kinderpaten

Die bekannteste Kinderpatin ist die Leihoma. Leihomasbekommen manchmal eine kleine Aufwandsentschädigungpro Stunde. Wenn sie gar nichts oder nur die Fahrtkostenerstattet bekommen, spricht man besser von Patenoma.Auch jüngere Aktivpatinnen kümmern sich als aktivePatentanten, Wahltanten oder Patenschwester um Kinder.Die betreuten Kinder sind meistens zwischen drei und 14Jahre alt. Leihopas, Patenopas und aktive Patenonkel gibt

„Bin eine Ersatz-Oma und fand meinen 5-jährigen Lausbub und seine sehr netten Eltern übereinen Kindergarten in der gleichen Stadt. Eine feine Sache, für ein Kind da sein zu können.Ich lerne Fußball spielen: ,Nein Oma, du hast kein Tor, du musst besser kämpfen beim Spielen!’ ,… und er lernt von mir, dass man beim Schachspiel nicht mogeln darf.“

31Handlungsfelder

3. Lernpaten

Die ehrenamtliche Hausaufgabenhilfe für einzelne Schülerist weniger weit verbreitet als die Hausaufgabenhilfe inGruppen. Erstere ist vor allem für Kinder mit besonderemNachholbedarf gedacht. Eine andere populäre Variante derLernpatenschaft ist die Lesepatenschaft. Eine Lesepatinliest einer kleinen Gruppe von Kindern im Vorschulalteroder auch aus den ersten beiden Klassen der Grundschuleregelmäßig einmal pro Woche ausgesuchte Texte vor. BeiSchulkindern geschieht das oft in Absprache mit der Leh-rerin. Es gibt auch ehrenamtliche Sprachpaten, die sichum Kinder mit Migrantenhintergrund kümmern. VieleSchulen und lokale Hilfsorganisationen freuen sich, wennsich Lernpaten und Lernpatinnen bei ihnen melden. Siefinden die Adressen der Vermittlungen in unserer Daten-bank unter der Kategorie „Lernen“. Weitere Ausführungenzu Lesepaten finden Sie im Internet: www.lesepaten.net.

4. Jobpaten

Unter den Job- und Ausbildungspaten gibt es eher Männerals Frauen. Schüler in den letzten Klassen, die sich nichtzutrauen, einen ordentlichen Abschluss zu machen undeine Arbeit zu finden, werden von einem Jobpaten oder ei-ner Jobpatin durch regelmäßige Treffen bei beiden Vorha-ben ermutigt und unterstützt. Obwohl es hier um ein sehrweit verbreitetes Problem geht, gibt es noch relativ wenigeLokalprojekte dieser Art in Deutschland. Die Adressen derVermittlungen finden sich ebenfalls in unserer Datenbank,unter der Kategorie „Job“. Zusätzliche Informationen zuJobpatenschaften gibt es unter www.jobpaten.net.

„Also, ich habe mir ein Leihenkelkind zugelegt.Macht viel Freude, meine Prinzessin. Aber mein Sohnmöchte offensichtlich keine eigenen Kinder,und ich werde mich da auch auf keinen Fall einmischen.Vielleicht ist gut so, wie es ist.“

es auch, aber sie sind ziemlich selten. Es gibt einige Hun-dert lokale Vermittlungsbüros in Deutschland für aktive Kin-derpatenschaften. Die meisten von ihnen sind in unsererDatenbank unter der Kategorie „Kinder“ zu finden.

Weitere Ausführungen zum Thema Leihoma finden sichauf den Websites www.leihomas-leihopas.de. Aus einer Leih-oma kann man keinen kostenlosen Babysitter machen. Siekommt regelmäßiger und langfristiger als der Babysitter,aber nicht auf Abruf. Andererseits kommt es durchaus vor,dass gute und lieb gewonnene Babysitter mit der Zeit zuLeihomas oder Leihtanten werden.

„Seit inzwischen schon fast acht Jahren betreuen,unsere Wunschgroßeltern’ zwar in erster Linie meinenSohn Karl, aber auch mich und unsere Katze Callas.Es hat sich ein wunderbares, familiäres Verhältnisüber all die vielen verschiedenen Entwicklungsstufenvon Karl herausgebildet. Die neuen Großeltern sindunersetzlich, weil sie inzwischen auf so praktische undvielfältige – manchmal kaum zumutbare – Art und Weisedirekt in unser Leben eingebunden sind. Karl hat einihn liebendes, verlässliches und komplettesGroßelternpaar direkt in unserer Stadt an seiner Seiteund konnte eine feste Beziehung zu ihnen aufbauen.“

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Unter der Überschrift „Generationen Freundschaften“ wird in Kassel an junge Familien und ältere Menschenein hilfreiches Angebot gemacht, um die Idee der sogenannten Leihgroßeltern umzusetzen.

„Es braucht ein ganzes Dorf, um ein Kind zu erziehen,“ sagt ein afrikanisches Sprichwort. Kassel ist, mitmehr als 195.000 Einwohnern, längst kein Dorf mehr, umso wichtiger erscheinen familienähnliche Netz-werke. Denn es gibt zunehmend mehr junge Familien die keine verwandschaftlichen Kontakte in erreichbarerNähe haben. Abhilfe schafft hier die Idee der Leihgroßeltern, die deutschlandweit seit über 20 Jahren gestal-tet wird. Dabei öffnen sich ältere Menschen einer „Wunsch-Familie“ und werden so langfristig in das Famili-enleben mit einbezogen. Darin wird allerdings kein Ersatz für professionelle Tagesmütter und Kindertagesstät-ten gesehen, sondern eine familiäre Unterstützung und zwischenmenschliche Bereicherung. Alle Beteiligtenkönnen von einem Zusammenwirken profitieren: die jungen Familien, die die Lebenserfahrung der Älterennutzen, und die Leihgroßeltern, die kleinere Hilfestellungen erhalten können. Für Familien und ältere Men-schen werden regelmäßige Treffen zum Informationsaustausch und gegenseitigem Kennenlernen kostenfreiangeboten.

Kontakt:

5. Karrierepaten (Mentoring oder Coachingvon Nachwuchskräften)

Das Wort Mentoring kommt aus der angelsächsischen Weltin Anlehnung an den Mentor aus der griechischen Sage.Dieser Mentor kümmerte sich um den Sohn von Odysseuswährend Letzterer auf kriegerische Abenteuer ging. DasWort Coaching kommt aus der Sportwelt. Manche behaup-ten, es sei zielgerichteter als Mentoring. Mentoring bedeu-tet heute im Englischen jede Art von ehrenamtlicher undaktiver Patenschaft zugunsten eines jungen Menschen. ImDeutschen bezeichnet es meistens nur die aktiven Paten-schaften im Bereich der Karriereförderung. Meistens fin-det es statt zwischen einem älteren und einem jüngerenStudenten an der Uni oder zwischen einem älteren und ei-nem jüngeren Betriebsangehörigen beim gleichen Arbeit-geber. Mentoring im deutschen Sinn ist in unserer Daten-bank nicht erfasst. Sie finden aber die örtlichen Vermittlerdafür unter www.ehrenamtsportal.de auf der Seite „Ehren-amtsarten“, Punkt 7 („ehrenamtlich helfen in der Unter-nehmens- und Karrierehilfe“).

6. Besuchsdienste

Besuchsdienste, wenn sie auf längere Zeit angelegt sind,sind auch eine Art Patenschaft. Ein Erwachsener oderauch manche Jugendliche kümmern sich um einen er-wachsenen, gebrechlichen und alleinstehenden Menschendurch regelmäßige Besuche.

Diese Art von Patenschaft ist nicht in unserer Datenbankerfasst. Sie können aber leicht feststellen, ob es so etwasin Ihrem Wohnort gibt. Geben Sie einfach im Google-Fen-ster: „Besuchsdienste“ und dann den Namen Ihrer Stadtein. Meistens stoßen Sie dann auf die Website einer Wohl-fahrtsorganisation.

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Dagmar BischlerWegmannstr. 1a34128 [email protected] 9882412

Christine BremerAm Jungfernkopf 534128 [email protected] 9885363

„Hurra, ich bin Oma geworden! Seit zwei Monatenbetreue ich den kleinen Karl-Friedrich.Es macht riesigen Spaß, mit diesem kleinen Sonnen-schein umzugehen und zu sehen, wie sich ein Baby soschnell an eine neue Bezugsperson gewöhnen kann.Danke für die Bereicherung meines Seniorenlebens!“

LeihgroLeihgroßelterßelternn –– einein GenerationenprojektGenerationenprojekt inin KasKasselsel

33Praxis

AnlassDie Situation des Wohnungswechsels kann für Menscheneinschneidende Folgen haben. Wir haben mit den Ritualenunseres christlichen Glaubens Formen zur Verfügung, diesaufzufangen.

ZielBesonders beim Umzug in ein Alten- oder Pflegeheim sinddie Gründe der Veränderung individuell zu berücksichtigen.Ein Umzug kann Gefühle der Trauer und des Abschieds,aber auch Erleichterung und Hoffnung auslösen. Für dieseelsorgerliche Begleitung gibt es vielfältige Unterstüt-zungsmöglichkeiten.

ZielgruppeNeu eingezogene Bewohnerinnen und Bewohner in einemPflegeheim.

BeschreibungJe nach Größe des Hauses können monatlich, zweimonat-lich oder vierteljährlich Andachten gefeiert werden.

Im Folgenden werden zwei Alternativen vorgestellt:Die erste Liturgie ist eine selbstständige Feier, die abhängigvon der Größe des Hauses monatlich, zweimonatlich odervierteljährlich stattfinden kann, sodass mehrere neue Mit-bewohner und -bewohnerinnen beteiligt werden können.Je nach ihren Möglichkeiten kann der Verkündigungsteil inForm eines Gespräches gestaltet werden oder als Anrede.

Die zweite Liturgie ist ein einzelner Baustein. Sie geht davonaus, dass in einem regelmäßig gefeierten Gottesdienst diejeweils neu Zugezogenen vorgestellt, gegebenenfalls ge-segnet und in die Fürbitte aufgenommen werden.

Anregungen für dieGottesdienstgestaltung

III. TeilPraxisAnregungen für Gebeteund Gottesdienst

Wenn auch Sie in Ihrem Umfeld aktiv werden wollen –hier finden Sie hilfreiche Anregungen

Andacht zum Einzug in ein Alten- oder Pflegeheim

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Erste Liturgie

EingangsvotumL: Im Namen des Vaters und des Sohnes und des

Heiligen Geistes.G: Amen.L: Unsere Hilfe steht im Namen des Herrn,G: der Himmel und Erde gemacht hat.

Begrüßung in freier Form, gegebenfalls VorstellungWir sind hier zusammengekommen, um Sie willkommenzu heißen und Gottes Segen zu erbitten.Mit jedem Umzug geht ein Lebensabschnitt zu Ende, undein neuer beginnt.Manches bleibt, aber verändert sich, anderes beginnt ganzneu. Wenn wir ausziehen, bleibt etwas zurück. Manches ver-missen wir schmerzlich.Manches lassen wir gern zurück. Manches tragen wir inunserem Herzen und nehmen es als kostbare Erinnerungmit ins neue Zuhause.

LiedvorschlägeAusgang und EingangEG 175 oder EG 361, 1 oder EG 391, 1

PsalmZum Beispiel 23; 25; 27; 31 oder 71

VerkündigungDie Verkündigung kann, vor allem in kleineren Rundenund bei entsprechenden Teilnahmemöglichkeiten, als Aus-tausch über verschiedene Symbole der Erinnerung oder alsAnsprache über einen biblischen Text gestaltet werden.

Ankommen – gestaltet mit SymbolenWo es möglich ist, können symbolische Gegenstände einenAustausch anregen. Denkbar ist auch, dass Seelsorgeroder Liturgin das Mitgebrachte deuten. In Aufnahme derRedewendung „seine Siebensachen packen“, werden imFolgenden sieben mögliche Symbole der Erinnerung ange-boten.Gerahmt und abgeschlossen werden sollten die einzelnenRunden von einem gemeinsamen Kehrvers einer bekanntenLiedstrophe oder -zeile, etwa EG 503, 14 oder 324, 8oder EG 64, 6.

Ich habe einen Koffer mit sieben Sachen gepackt, so wieSie bei Ihrem Umzug hierher Ihre „Siebensachen“ packenmussten. Wir wissen: Dieser Ausdruck bedeutet, dass ichalles Wichtige dabeihabe. Mein Koffer allerdings enthältGegenstände, die auf den ersten Blick nicht wichtig oderlebensnotwendig erscheinen. Es sind symbolische Dinge.

1. Stammbaum oder Familienfoto: steht für Erinnerung(wo komme ich her, was hat mich geprägt)

2. großer Stein: steht für das Schwere, Schwierige, Sorgen3. getrocknete Rose: für das Vergangene, das seine

guten Spuren in uns hinterlassen hat4. Blumensamen oder Blumenzwiebel: damit Neues

aufblühen kann und als Symbol für Hoffnung5. Kerze: macht Dunkelheit hell, festlich, leuchtet,

zeigt Weg6. Salz &7. Brot

Je nach Prägung der Heimbewohner/-innen kann jedesSymbol mit einem biblischen Votum oder einem gesungenenKehrvers abgeschlossen oder auch mit den Anwesendenins Gespräch hineingenommen werden.

AnspracheAls biblische Texte bieten sich Psalmworte, alttestamentli-che Verheißungsworte, der Wochenspruch oder bekanntebiblische Erzählungen an wie Gen 12, 1 f., Gen 18, Gen 28,Lk 2, 22 f., Lk 19, 1 f.

FürbittenHerr, unser Gott, wir danken dir für die Menschen, die unsgeprägt haben und die zu uns gehören: Großeltern, Eltern,Lehrerinnen, Pfarrer, Geschwister, Freunde, Ehepartnerund Kinder. Lass uns die dankbare Erinnerung an sie inunserem Herzen bewahren und schenke uns auch hier imneuen Zuhause Menschen, die uns liebevoll begleiten.

Barmherziger Gott, wir klagen dir das, was unser Herzschwer macht und uns den Alltag verdunkelt: Gebrechlich-keit, Schmerzen, Abschied von Liebgewordenem und ver-trauten Menschen, Einsamkeit. Bewahre unser Herz vorBitterkeit und tröste uns mit deinem Wort und deiner heil-samen Gegenwart.

Guter Gott, wir danken dir für so viele gute Erinnerungen,Hoffnungszeichen und das Licht auf unserem Lebensweg.Du deckst den Tisch für Leib und Seele täglich neu. Lassuns deine Güte entdecken in dem Guten, das uns durchdas Tun anderer Menschen geschenkt wird.

Vaterunser

35Praxis

LiedEG 395 oder EG 64, 6 oder EG 361, 1 oder EG 391, 1oder EG 171

Segen(Gegebenenfalls jedem Einzelnen den Segen unter Hand-auflegung zusprechen, möglicherweise auch Angehörigenund Mitarbeitenden. Es kann auch dazu aufgefordertwerden, einander an den Händen zu fassen und einen Se-genskreis zu bilden.)Seid gesegnet in diesem Haus / auf euren Wegen.Der Herr behüte euch vor allem Übel.ER behüte eure Seele.ER segne euren Ausgang und Eingang von nun an bis inEwigkeit + Amen

IdeeJedem neuen Bewohner eine Blumenzwiebel zum Abschlussschenken, um sie im Blumenkasten vor dem Fenster oderim Hausgarten zu stecken.

Eventuell im Anschluss Fettbrote mit Salz anbieten oder dasBrot in kleine Stücke brechen und mit Salz bestreut anbieten.

Alternative Texte zum Psalm für Menschen, die keiner Kircheangehören- Alter ist Anfang, Wolfgang Dietrich- Stufen, Hermann Hesse

Eine ausführliche Textfassung einschließlich der Textekönnen Sie anfordern bei: [email protected]

Zweite Liturgie

Baustein für eine Begrüßung im Rahmen des Gottesdienstesim Altenheim

Dort, wo regelmäßig Gottesdienste in einem Alten- oderPflegeheim gefeiert werden, liegt es nahe, neue Mitbe-wohner und -bewohnerinnen zu begrüßen.Zwischen der Ansprache oder dem Lied nach der Anspracheund den Fürbitten kann ein Einschub gestaltet werden,der mit der Begrüßung und Vorstellung beginnt sowie eineSegenshandlung oder einen gesprochenen Segen vorsieht.Zudem kann der Anlass in das Fürbittengebet aufgenommenwerden.

Begrüßung und VorstellungWir heißen in diesem Gottesdienst neue Mitbewohner undMitbewohnerinnen willkommen. (Sie können mit ihremNamen benannt werden.)

SegnungGott sagt: Ich weiß wohl, welche Gedanken ich über euchhabe: Gedanken des Friedens und nicht des Leides, dassich euch gebe Zukunft und Hoffnung. (Jer. 29,11)

Der Segen kann unter Handauflegung zugesprochen werden.

Seid gesegnet in diesem Haus / auf euren Wegen.Der Herr behüte euch vor allem Übel.Er behüte eure Seele.Gott segne euren Ausgang und Eingang von nun an bis inEwigkeit + Amen

(Ein Willkommenszeichen wird überreicht.)

Einschub in das FürbittengebetWir bitten für unsere neue Mitbewohnerin /unseren neuen Mitbewohner …Lass sie spüren, dass sie willkommen sind.Erleichtere das Einleben und Umgewöhnen.Schenke uns Aufmerksamkeit füreinander.Bleib du uns gnädig zugewandt und führe uns an deinerHand, damit wir sicher schreiten.

AusstattungAndachtsraum des Pflegeheimes oder entsprechenderRaum mit Altar oder Tisch (frische Blumen, Kerzen; Stühlestehen im Kreis um Altar und lassen Raum für Rollstühle).

Kontaktdaten:Dorothea KutterSchloßplatz 709113 ChemnitzE-Mail: [email protected]

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„… und trägt sie auf seinen Flügeln“Gottesdienst für pflegende Angehörige und Pflegende

Der Gottesdienst wurde am 1. November 2009 in derSt. Martinskirche Weinböhla gefeiert.Er ist von Pfarrerin Diemut Scherzer, Weinböhla, sowieDipl.-Pflegewirtin Christiane Dumke und Prof. Ulf Liedke,beide Evangelische Hochschule für Soziale Arbeit Dresden,vorbereitet worden.In der Gestaltung sind auch Impulse aus anderen Quellenaufgegriffen und weiterentwickelt worden (siehe Quellenver-zeichnis).

Läuten der Glocken und musikalisches Vorspiel

MeditationEben noch war ich bei ihr.Eben noch lag meine Hand auf der ihren.Jetzt bin ich hier.Aber in meinen Gedanken bin ich noch bei ihr.Schon hier – aber noch dort.Die Unruhe hat mich noch nicht verlassen.Gott, ich sehne mich so nach etwas Ruhe.Lass mich ankommen und aufatmen.Oft bin ich kraftlos, müde und matt.Manchmal weiß ich nicht weiter.Ich möchte nicht so leer zurückgehen, wie ich kam;aber vielleicht bin ich auch viel zu voll,angefüllt mit dem, was mich beschäftigt.Du kennst meine Grenzen, Gott, und meine Erschöpfung.Gib du mir die Kraft für jeden Tag.Lass mich deine Güte spüren.Lass mich spüren, dass mein Leben gehalten ist.

Begrüßung

Eingangslied: Er weckt mich alle Morgen (EG 452, 1+2+5)

Gloria Patri, Kyrie und Gloria in excelsisBarmherziger Gott, im alten, kranken oder verwirrten Men-schen begegnen wir unserer eigenen Hilflosigkeit, der eigenenBegrenztheit und Angst vor Krankheit, Verlust und Tod.Kyrie eleisonJesus Christus, wir scheitern so oft an der Fürsorge für unse-ren Nächsten und uns selbst und damit an deinem gutenGebot für unser Leben.Christe eleisonHeiliger Geist, wir drehen uns oft um uns und unsere Sorgendas Alltages. Es fehlt uns die Kraft zu allem, zum Leben,zur Freude, zum Glauben.

Kyrie eleisonDu nimmst dich unserer Nöte, Fragen und Zweifel an. Wirdürfen zu dir kommen und darauf vertrauen, dass du unshörst und hilfst. Dafür loben wir dich und danken dir.Ehre sei Gott in der Höhe

GebetBarmherziger Gott, aus unserem alltäglichen Leben kommenwir heute zu dir, in den Raum deines Erbarmens. Mit dem,was wir erlebt, und dem, was wir vermisst haben. Mit dem,was wir anderen schuldig geblieben sind, und unsererFreude über Gelungenes. Mit unserer Traurigkeit und un-serer Unruhe über Ungeklärtes. Wir bitten dich: Komm duuns nahe, berühre uns und stärke uns durch dein Wort.Durch Jesus Christus, deinen Sohn, unseren Herrn.

Epistel: Röm 8, 31 – 39

WochenliedNun lasst uns gehen und treten (EG 58, 1+11 –14)

Evangelium: Lk 18, 1 – 8

CredoIch glaube,dass Gott aus allem, auch aus dem Bösesten,Gutes entstehen lassen kann und will.Dafür braucht er Menschen, die sich alle Dinge zumBesten dienen lassen.Ich glaube, dass Gott uns in jeder Notlage so vielWiderstandskraft geben will, wie wir brauchen.Aber er gibt sie nicht im Voraus, damit wir uns nichtauf uns selbst, sondern allein auf ihn verlassen.In solchem Glauben müsste alle Angst vor der Zukunftüberwunden sein.Ich glaube, dass auch unsere Fehler und Irrtümernicht vergeblich sind und dass es Gott nicht schwererist, mit ihnen fertig zu werden, als mit unserenvermeintlichen Guttaten.Ich glaube, dass Gott kein zeitloses Schicksal ist,sondern dass er auf aufrichtige Gebete undverantwortliche Taten wartet und antwortet.(Dietrich Bonhoeffer)

Orgelmeditation zu EG 58

Predigt, Teil 1 (Psalm 91, 4) / Orgelmeditation / Predigt,Teil 2 (Dtn 32, 10 f.)

OrgelmeditationPredigtlied (Melodie: EG 322)

37Praxis

1. Gelobt sei Gott! Er ist mein Licht und gibt mirLebensmut.

2. Er, der mich wie ein Vater liebt,mit seiner Gnade krönt, heilt mein Gebrechenund vergibt. Ich bin mit ihm versöhnt.

3. So wie ein Adler neuen Schwung und neue Federnkriegt, macht Gott mich täglich frisch und jung, dassmeine Freude siegt.

4. Der Himmel wölbt sich hoch und weit und über alleWelt. So leuchtet Gottes Freundlichkeit dem, der zuihm hält.

5. Die Blume blüht nur kurze Zeit. So muss der Menschdahin. Doch Gottes große Ewigkeit bleibt seine Trösterin.

6. Gelobt sei Gott! Er ist mein Licht und gibt mirLebensmut. Ich weiß es und vergesse nicht, was er mirGutes tut.(Block 1986, Seite 104 f.)

Abkündigungen

Fürbitten(Während die erste Bitte gelesen wird, werden ein Sesselund ein kleiner Tisch im Chorraum aufgestellt. Im Zusam-menhang mit den Fürbitten wird anschließend der jeweiligeGegenstand auf dem Tisch oder dem Sessel platziert).

(1) (Sessel)Wir bringen diesen Sessel als Zeichen des Ausruhen-dürfens und Entspannens.Wir bitten für uns um Atempausen im Pflege- und Betreu-ungsalltag, dass Leib, Seele und Geist ausruhen dürfenvor dir, Gott, und dass sich unsere Unruhe und Anspan-nung wandeln darf in Ruhe und Entspannung.

(2) (Spiegel)Wir bringen diesen Spiegel als Zeichen für die Selbstachtung.Wir bitten für alle pflegenden Angehörigen, dass sie denMut finden, ihre eigenen Bedürfnisse wahrzunehmen, ihreGrenzen zu erkennen, über ihre Probleme zu sprechen undauch Hilfe annehmen zu können.

(3) (Decke)Wir bringen diese Decke als Zeichen für die Geborgenheit.Wir bitten für alle, die andere Menschen pflegen, dass siefür sich selbst Orte und Zeiten finden, an denen sie Unter-brechungen, Geborgenheit und Ruhe finden. Lass sie er-fahren, dass sie von deiner Liebe umhüllt werden, und gibihnen die Kraft, auch Verantwortung für sich selbst wahr-zunehmen.

(4) (Blume)Wir bringen diese Blume als Zeichen dafür, dass ihr, die ihrpflegt, gesehen seid, und euch zur Freude.Wir bitten für uns alle, dass wir die Leistungen der Pflegen-den, die oftmals im Verborgenen geschehen, wahrnehmenund unsere Wertschätzung dafür auch ausdrücken.

(5) (Kissen)Wir bringen dieses Kissen für alte, kranke und schwerkrankeMenschen in unserem Ort und in unserer Nachbarschaft.Wir bitten darum, dass sie in unserer Gesellschaft nichtisoliert, sondern gut integriert sind in einem Netz sensiblerAufmerksamkeit.Wir bitten für alle Pflegekräfte in der Hauskrankenpflege,der stationären Pflege, der mobilen Hilfsdienste. Wir bittenfür alle Besuchsdienste und Hospizbegleiter: Herr, stärkesie in ihrem den Menschen zugewandten Dienst.

(6) (Brot)Wir bringen mit diesem Brot ein Stück von uns selbst: Es stehtfür das, was uns belastet und schwer im Magen liegt, aberauch für das, was uns freut und nährt.Wir beten für alle, die in Politik und Gesellschaft Verant-wortung tragen, dass sie daran arbeiten, lebenswürdigeBedingungen für alle in der Betreuung und Pflege Tätigenzu schaffen.

(7) (Wein)Wir bringen den Wein als Zeichen des Auflebens und des Festes.Wir beten für unsere Welt, dass die Kräfte der Liebe uner-müdlich wachsen, reifen und Frucht bringen.

Gemeinsam beten wir: Vater unser im Himmel …

Lied: Lobe den Herren, den mächtigen König der Ehren(EG 316, 1 – 4)

Segen

OrgelnachspielAm Ausgang erhält jede/-r Gottesdienstbesucher/-in eineBlume als Zeichen des Gesehenwerdens und der Anerken-nung.

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Vorwort

Grundsatzbeiträge

Zur Situation der Familien in Deutschland:Auszüge aus dem Familienreport 2010

Die Alten von morgenProf. Dr. Ursula Lehr

„Mit dem eigenen Geld auch etwas für die anderen tun“Interview mit Prof. Dr. Andreas Kruse

Der demografische Wandel und die Konsequenzen für Familie und SozialraumOKRin Cornelia Coenen-Marx

Handlungsfelder

Aktiv im Ruhestand – Leben mit BehinderungBischof em. Dr. Franz Kamphaus

I. Projektbeispiel: Kampagne „ganz jung. ganz alt. ganz ohr“

Schaukelpferd und SchaukelstuhlSusanne Kaiser

II. Projektbeispiel: Patenschaften – Pro Eltern VG Wörrstadt

Singen im KindergartenUwe Maibaum

III. Projektbeispiel: Generationenverbindendes Projekt, Katholischer Kindergarten St. Gallus

Aktivpatenschaften

IV. Projektbeispiel: Leihgroßeltern – ein Generationenprojekt in Kassel

Praxis

Anregungen für die GottesdienstgestaltungImpressumDreijahresübersicht

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2011

2012

2013

„Engagiert für das Leben: Einsatz mit Gewinn“

Im ersten Jahr des Dreijahreszyklus ging es unter dem Motto „Engagiertfür das Leben: Einsatz mit Gewinn“ um den uneigennützigen, unent-geltlichen Einsatz für andere, um soziales Engagement von Bürgerinnenund Bürgern. Immerhin jede und jeder Dritte in Deutschland engagiertsich ehrenamtlich – viele davon in den Kirchen, in Diakonie und Caritas.Ihr Einsatz in Krankenhäusern und Hospizen, in Schulen und an Mit-tagstischen für Kinder trägt entscheidend dazu bei, dass die sozialeStabilität unserer Gesellschaft erhalten bleibt und dass soziale Problemeüberhaupt wahrgenommen und thematisiert werden. Mit der Woche fürdas Leben 2011 lenken wir den Blick auf den persönlichen Einsatz vonChristen und verknüpfen uns zugleich mit dem Europäischen Jahr derFreiwilligentätigkeit.

„Engagiert für das Leben: mit allen Generationen“

In diesem Jahr sollen das Miteinander und die Solidarität der Generatio-nen hervorgehoben werden. Wir erleben zurzeit einen rasanten demogra-fischen Wandel in unserer Gesellschaft: Auf der einen Seite haben wires mit einer ansteigenden durchschnittlichen Lebenserwartung zu tun –wir leben länger und gesünder –, auf der anderen Seite mit einer „Un-terjüngung“ – die Zahl der Kinder ist, wie in allen westlichen Gesellschaf-ten, in den letzten Jahrzehnten gesunken. Wie erhalten wir in dieser Si-tuation das gute Miteinander zwischen Alten und Jungen – in den Fa-milien, die zum Teil schon aus vier Generationen bestehen, aber auchin der Gesellschaft – zum Beispiel in den sozialen Sicherungssys-temen? Was lernen wir von guten Initiativen – von Mehrgenerationen-häusern, Familienzentren und Tageseinrichtungen, die mit Altenzentrenzusammenarbeiten? Das Jahresmotto für 2012 heißt: „Engagiert für dasLeben: mit allen Generationen“.

„Engagiert für das Leben: Zusammenhalt gestalten“

Im abschließenden Jahr des Dreijahreszyklus soll dann in den Blick ge-nommen werden, wie das Miteinander vor Ort gelingen kann: in denKommunen, auf die vielfältige Herausforderungen zukommen, in Verei-nen und Verbänden, aber auch und nicht zuletzt in den Kirchen mitihren Gemeinden und Diensten. Aus vielen Untersuchungen wissen wir,dass gesellschaftliche Institutionen nötig sind, damit wir gemeinsam inder Lage sind, die Werte zu realisieren, für die wir einstehen wollen.2013 geht es also um Fragen der Subsidiarität, um „Kirche in der Ge-sellschaft“ und „Gemeinde im Gemeinwesen“. Was kann geschehen,wenn finanziell schwache Kommunen Schwimmbäder und Bibliothekenschließen? Wie können Gemeinden gemeinsam mit anderen das Ge-meinwesen gestalten? Welche Infrastruktur brauchen Familien undÄltere für ein gelingendes Leben an ihrem Wohnort? Dafür wurde dasMotto gewählt: „Engagiert für das Leben: Zusammenhalt gestalten“.

2011 2012 2013

2 Inhalt 39Die drei Jahresthemen im Überblick

Autorinnen und AutorenProf. Dr. Ursula Lehr, BonnProf. Dr. Andreas Kruse, HeidelbergOKRin Cornelia Coenen-Marx, HannoverBischof em. Dr. Franz Kamphaus, AulhausenSusanne Kaiser, SpeyerUwe Maibaum, KasselDorothea Kutter, Chemnitz

Wissenschaftlicher Beirat der Woche für das LebenProf. Dr. Franz-Josef Bormann, TübingenProf. Dr. Andreas Kruse, HeidelbergDr. Manfred Lütz, KölnDr. Gotlind Britta Ulshöfer, FrankfurtDr. Hubert Wissing, Bonn

Impressum

HerausgeberSekretariat derDeutschen BischofskonferenzKaiserstr. 16153113 Bonn

Kirchenamt der Evangelischen Kirchein DeutschlandHerrenhäuser Str. 1230419 Hannover

www.woche-fuer-das-leben.de

GeschäftsstelleSekretariat derDeutschen BischofskonferenzBereich Pastoral, BonnDr. Hans-Gerd Angel

RedaktionPfr. Dr. Thomas Roddey, BonnDr. Hans-Gerd Angel, BonnOKR Cornelia Coenen-Marx, Hannover

Gestaltung<em>faktor – Die Kommunikationsagenturwww.em-faktor.de

DruckGmähle-Scheel Print-Medien,Waiblingen-Hohenacker

BildnachweiseIllustrationen: Jonas Laugsfotolia (Seite 5, 9, 14, 23, 30)istockphoto (Seite 11, 12, 17)Privat: Bischof em. Dr. Franz Kamphaus (Seite 21)Caritas-Altenzentrum St. Martha (Seite 25)Katholischer Kindergarten St. Gallus, Tettnag (Seite 29)Privat: Christine Bremer, Dagmar Bischler (Seite 32)epd-Bild (Seite 33)

38 Impressum

Quellen Praxisteil:

BLOCK, Detlev: Wann ist unser Mund voll Lachen?Biblische Gesänge für die Gemeinde, Stuttgart 1986

BONHOEFFER, Dietrich: Widerstand und Ergebung: Briefeund Aufzeichnungen aus der Haft, 2. Aufl., Berlin 1961

BRUNMAYR, Regina: Gottesdienstvorschlag zum Thema:„Du liegst mir am Herzen“. Wenn Menschen ihre Angehörigenzu Hause pflegen, Internetpublikation unter:www.caritas-vorarlberg.at/fileadmin/user/vorarlberg/Downloads/1_Hilfe_und_Einrichtungen/7_Pfarrservice/Gottesdienstunterlagen/PANG_Gallus_Endffassung.pdf

DOMAY, Erhard; KÖHLER, Hanne (Hrsg.): Der Gottesdienst:liturgische Texte in gerechter Sprache, Teil 1: Der Gottesdienst,Gütersloh 1997

LUDEWIG, Christel: Pflege und Spiritualität. Ein ABC mitTexten, Ritualen und kleinen Übungen, Gütersloh 2008

ZIMMERMANN, Mirjam; ZIMMERMANN, Ruben (Hrsg.):Er gibt den Müden Kraft. Texte, Gedanken, Gebete für pflegendeAngehörige, Karlsruhe 1999