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DFG Sonderforschungsbereich 459 Formged¨ achtnistechnik“ Mitarbeiterseminar SS 2006 Zusammenfassungen der Vortr¨ age Institut f¨ ur Werkstoffe LS Werkstoffwissenschaft Ruhr-Universit¨ at Bochum 19. Juli 2006

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DFG Sonderforschungsbereich 459”Formgedachtnistechnik“

Mitarbeiterseminar SS 2006

Zusammenfassungen der Vortrage

Institut fur Werkstoffe

LS Werkstoffwissenschaft

Ruhr-Universitat Bochum

19. Juli 2006

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Inhaltsverzeichnis

1 O. Kastner, Seminarleitung: Geleitwort 2

2 S. Gollerthan, A1: Bruchmechanische Untersuchungen 3

3 C. Grabe, P. Luig, A2: Tensorielle Beschreibung und Torsionsversuche 5

4 D. Ruhlig, A5: Voltammetrie und Wechselstrom-SECM 7

5 A. Kroger, A8: Einfluß von Ni4Ti3-Ausscheidungen 9

6 T. Bartel, R. Heinen, A9: Mikromechanische Modellierung 11

7 S. Langbein, B1: Variable Bauteilfunktionen 13

8 A. Abu-Zarifa, B3: NiTi/Polymer-Verbunde 15

9 B. Bauer, B5: Formgedachtnislegierungen in der Antriebstechnik 16

10 R. Lobel, B9: Formgedachtnis-Dunnschicht-Materialbibliotheken 17

11 D. Christ, B10: FE-Modellierung von Formgedachtnislegierungen 19

12 M. Frotscher, B11: Kieferchirurgische Sage; Stent 21

13 J. Mentz, C2: Pulvermetallurgische Herstellung von Bauteilen 23

14 T. Glogowski, C3: Einschmelzen von Hartstoffen in NiTi 24

15 V. Petzoldt, C4: Mikrofras-Bearbeitung von NiTi 25

16 H. Gugel, C5: Laserbearbeitung 26

17 T. Habijan, C6: Biokompatibilitat von NiTi 27

18 J. Frenzel, C7: Thermomechanische Behandlung von NiTiFe 29

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1 Geleitwort

Der DFG-Sonderforschungsbereich 459 ”Formgedachtnistechnik“ ging in diesem Jahr inseine dritte Forderphase. Nach positiver Begutachtung konnen 19 Teilprojekte ihre For-schungstatigkeit bis 2008 in den drei Teilbereichen Grundlagen (Projektgruppe A), An-wendung & Konstruktion (Projektgruppe B) und Herstellung und Verarbeitung (Projekt-gruppe C) fortsetzen.

Das Mitarbeiterseminar dient im Rahmen des SFB 459 als Prasentations- und Diskus-sionsforum fur die wissenschaftlichen Mitarbeiter der Projektgruppen. Im Vordergrundsteht die Forderung des interdisziplinaren Diskurses auf der Arbeitsebene. Ein Ziel dieserBegegnungen ist es, den Projektteilnehmern eine aktuelle Ubersicht uber den Stand derForschung im SFB 459 zu bieten. Ein weiteres Ziel stellt die erwunschte und gefordertewissenschaftliche Diskussion im personlichen Kontakt unter den Teilnehmern dar.

Zu Seminarbeginn stellten die Teilnehmer eine recht heterogene Gruppe aus uberwie-gend neuen Mitarbeitern der Teilprojekte dar. Verteilt auf 10 Termine wurde das Seminarim Fruhjahr/Sommer 2006 am Lehrstuhl fur Werkstoffwissenschaft der Ruhr-UniversitatBochum abgehalten. Je Termin wurden zwei Vortrage gehort, mit ausreichend Zeit zurDiskussion im Anschluss, welche rege genutzt wurde. Mit fortschreitendem Kurrikulumentwickelte sich in angenehmer Atmosphare ein offener, niveauvoller, bisweilen kollegial-kritischer Diskurs. Sollte durch diesen Diskurs die eine oder andere neue Idee gesaat wor-den sein, so hatte das Mitarbeiterseminar seinen Zweck bestens erfullt. In jedem Falljedoch gelang mit der Vortragsreihe ein personenbezogener Uberblick uber die aktuelleForschungsarbeit im SFB 459 — und damit eine gute Grundlage fur die zukunftige Zu-sammenarbeit.

Bochum, 19. Juli 2006

Oliver Kastner 1, Seminarleitung

1email [email protected], Tel. 0234-3227898

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2 Bruchmechanische Untersuchungen an NiTi Formgedacht-

nislegierungen

von Susanne Gollerthan 1 fur Teilprojekt A1

Im binaren System NiTi treten bei Zusammensetzungen um 50at.% Ni verschiedene Form-gedachtniseffekte auf, die auf einem martensitischen Phasenubergang zwischen einer kubi-schen Hochtemperaturphase (Austenit) und einer monoklinen Tieftemperaturphase (Mar-tensit) basieren. Bei einer martensitischen pseudoplastischen Legierung wachsen bei An-legen einer außeren Last von zunachst statistisch orientierten martensitischen Domanensolche, die gunstig zu dieser Last liegen. Der Prozess findet in besonders starkem Maßestatt, wenn die pseudoplastische Plateauspannung erreicht wird. Die aus der Belastungresultierende Dehnung ist bis auf den elastischen Anteil irreversibel. Erst bei Durchlaufeneines anschließenden Heiz-Kuhl-Zyklus (Tmax > Af ) kehrt das Material in den Ausgangs-zustand zuruck (Einwegeffekt). Bei einer pseudoelastischen Legierung kann die Umwand-lung von Austenit zu Martensit bei Uberschreiten eines kritischen Wertes spannungsin-duziert erfolgen. Hierbei entstehen von vorneherein nur gunstig zur außeren Spannungorientierte Martensitvarianten. Das Projekt ”Bruchmechanische Untersuchungen an NiTi-Formgedachtnislegierungen“ beschaftigt sich in diesem Zusammenhang mit der Frage, obund in welcher Weise sich das bei NiTi Formgedachtnislegierungen auftretende besondereMaterialverhalten auf das Risswachstum und somit auf das Bruchverhalten auswirkt. Vonzentraler Bedeutung sind dabei die oben beschriebenen mikrostrukturellen Prozesse, diebei Erhohung der außeren Spannung unmittelbar vor der Rissspitze ausgelost werden. Zudiesem Zweck wurde eine CT-Miniaturprobe in Anlehnung an die ASTM-Norm E399-90entwickelt, die einerseits die Durchfuhrung systematischer mechanischer Tests erlaubt, dieandererseits aber aufgrund ihrer kleinen Dimensionen auch fur in-situ Experimente im Ra-sterelektronenmikroskop und im Synchrotron-Strahlengang geeignet ist. Im Vortrag wer-den die Ergebnisse von Bruchversuchen an solchen sowohl aus pseudoelastischem als auchaus pseudoplastischem Material gefertigten CT-Proben mit unterschiedlichen Anrisslangensowie erste Ergebnisse aus im REM durchgefuhrten in-situ Zugversuchen prasentiert undmiteinander verglichen. Es ergeben sich folgende Resultate:

1. Die beiden Legierungen zeigen im CT-Bruchversuch ein deutlich unterschiedlichesVerhalten (vgl. Abb. 1). Wahrend die Bruchkurven der austenitischen pseudoelasti-schen Legierung mit den Methoden der linear-elastischen Bruchmechanik behandeltwerden konnen, zeigen die der martensitischen pseudoplastischen Legierung, dassvor dem Einsetzen des Risswachstums starke (pseudo-) plastische Verformung statt-findet. Dies spiegelt sich auch im Aussehen der CT-Proben nach dem Bruchversuchwider.

1Institut fur Werkstoffe, LS Werkstoffwissenschaft Ruhr-Universitat Bochum, email

[email protected], Tel. 0234-3225933

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2. Trotz des unterschiedlichen Verhaltens im Bruchversuch sind die kritischen Lastenunmittelbar bevor die makroskopische Schwachung der Proben einsetzt fur beideLegierungen bei vergleichbarer Anrisslange sehr ahnlich. Dies ist ein starkes Indizdafur, dass der Riss in beiden Fallen in mikrostrukturell gleichartiges Material hin-einwachst (vgl. Abb. 2).

3. Auch die Befunde der in-situ Versuche im Rasterelektronenmikroskop deuten auf einWachstum des Risses in gunstig zur Spannung orientierte Martensitvarianten hin(z.B. Ausbildung eines streifigen Oberflachenreliefs unter 45◦ zur Hauptbelastungs-richtung bei beiden Materialien und vergleichsweise große Rissspitzenaufweitung vordem Einsetzen des Risswachstums).

Zur weiteren Aufklarung sind in-situ Synchrotron-Experimente mit dreidimensionalerOrtsauflosung geplant, die eine qualitative und ggf. quantitative Phasenanalyse der Regionvor der Rissspitze unter steigender Last erlauben.

Abbildung 1: CT-Bruchkurven des pseudo-elastischen und pseudoplastischen Materi-als bei gleicher Anrisslange (≈1mm).

Abbildung 2: Kritische Last Pmax inAbhangigkeit der normierten Anrisslangefur das pseudoelastische und das pseudo-plastische Material.

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3 Tensorielle Beschreibung von Phasentransformationen und

mehraxiale, isotherme Untersuchungen

von Christian Grabe 1 und Patrick Luig 2 fur Teilprojekt A2

Es wird auf die Modellierung von Formgedachtnislegierungen eingegangen. Einige experi-mentelle Ergebnisse zeigen fur pseudoelastische, polykrystalline Formgedachtnislegierun-gen eine erhebliche Temperaturentwicklung in dem mechanisch linear elastischen Bereich,was darauf hindeutet, dass bereits dort eine Phaseumwandlung stattfindet. Die Phasen-umwandlung weist makroskopisch jedoch keine zusatzliche Transformationsdehnung auf.Hinzu kommt, dass martensitische Transformationen generell die zwei Informationen derMartensitausrichtung und des Martensitgehaltes beinhalten. Hierdurch liegt die Vermu-tung nahe, dass sich in dem mechanisch linear elastischen Bereich ungerichteter Martensitbildet und so eine Transformationsdehnung vermieden wird. Daher wird hier eine tensori-elle interne Variable zur Beschreibung des Martensits vorgestellt. Außerdem wird auf denAnsatz fur die Transformationskinematik von Raniecki und auf eine mogliche Erweiterungeingegangen.

ε = 10−5 1/s

ε = 10−4 1/s

ε = 10−3 1/s

ε/%

σ/M

Pa

4.03.02.01.0

400

200

0

Abbildung 1: Zugversuche fur verschie-dene Dehnraten unter nicht-isothermenBedingungen

ε = 10−4 1/s

ε = 10−3 1/s

ε = 10−3 1/s

ε/%

σ/M

Pa

4.03.02.01.0

400

200

0

Abbildung 2: Zugversuche fur verschie-dene Dehnraten unter isothermen Be-dingungen

Ferner werden verschiedene einaxiale und mehraxiale Versuchsergebnisse gezeigt. DasProbenmaterial ist 50,2 at.-% NiTi. Bei Raumtemperatur liegt das Probenmaterial imaustenitischen Zustand vor. Aufgrund der uberaus anspruchsvollen Mess- und Regelauf-gabe wird ein neu entwickeltes Langen- und Verdrehungsmesssystem verwendet. Als Basisdienen induktive Wegaufnehmer. Es lasst sich zeigen, dass mit Hilfe des vorgestellten

1Fakultat fur Bauingenieurwesen, Institut fur Mechanik, Ruhr-Universitat Bochum, email

[email protected], Tel. 0234-32220362dito, email [email protected], Tel. 0234-3228018

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Messsystems sehr genaue Messungen und Regelungen moglich sind. Daruber hinaus wirdeine aktive Temperaturregelung erlautert, mit deren Hilfe sich sowohl isotherme als tempe-raturvariable Lastpfade realisieren lassen. Im Vergleich zu passiven Temperaturregelungen,bei denen ublicherweise das Umgebungsmedium auf konstanter Temperatur gehalten wird,konnen hierbei wesentlich hohere Verformungsraten gefahren werden. Auf diese Weise wer-den Versuche mit Dehnraten bis zu 10−3 1/s bei komplett isothermer Versuchsdurchfuhrungrealisiert.

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4 Hochauflosende Strippingvoltammetrie und Wechselstrom-

SECM zur Korrosionsuntersuchung an NiTi und NiTiCu

von Dirk Ruhlig 1 fur Teilprojekt A5

Das Korrosionsverhalten von NiTi Formgedachtnislegierungen wird in der Hauptsache vonderen Oberflacheneigenschaften beziehungsweise. -zusammensetzung bestimmt. Insbeson-dere sind dabei lokale Unterschiede in der Passivschicht und produktionsbedingte Ein-schlusse von Carbiden und Oxiden auf der Oberflache von Bedeutung. Weil diese hetero-genen Faktoren in der Regel im Mikrometerbereich liegen, bedarf es einer hochauflosendenTechnik um Unterschiede in der Oberflachenstruktur sichtbar zu machen. Dazu wird imProjekt A5 die elektrochemische Rastersondenmikroskopie (SECM) verwendet, mit derenHilfe lokale elektrochemische Aktivitaten auf der Oberflache zerstorungsfrei dargestelltwerden konnen. Hierbei wird mittels einer in x, y und z Richtung frei positionierbarenUltramikroelektrode eine Oberflache in wenigen Mikrometern Abstand in x- und y- Rich-tung abgerastert. Um Unterschiede in der lokalen elektrochemischen Aktivitat zu detek-tieren, welche als Maß fur die Korrosionsanfalligkeit gesehen werden kann, wird an dieMesselektrode eine Wechselspannung angelegt und die Stromantwort aufgezeichnet. Mit-hilfe dieser alternating current SECM (AC-SECM) lassen sich reprasentative Ausschnitteder Oberflache elektrochemisch darstellen und potentielle Korrosionsstellen auffinden. Umden Einfluss eventueller Unebenheiten oder Einschlusse zu evaluieren, gibt es weiterhin dieMoglichkeit mittels einer Pt-Nanoelektrode die Oberflachentopographie durch Nachregelnin z-Richtung auszugleichen. Somit wird nicht nur eine hohere Auflosung erreicht, sondernauch eine gleichzeitige Abbildung von Topographie und der zugehorigen elektrochemischenInformation ermoglicht. Untersuchungen aus der zweiten Forderphase zeigen bereits ersteErgebnisse auf diesen Gebieten. Weiterhin wurde unlangst ein neuer Modus in das SECMintegriert, welcher eine lokale voltammetrische Strippinganalyse ermoglicht. Mittels diesessogenannten Stripping Mode SECM (SM-SECM), sollen neben der Frage nach dem Ortder Korrosion auch die Frage nach der Art des freigesetzten Metallkations beantwortetwerden. Als Modellsystem fur korrodierende Formgedachtnislegierungen sollen dazu imRahmen der dritten Forderphase ternare NiTiCu Legierungen verwendet werden, welcheim geringen Masse bereits als Material fur orthodontische Drahte Verwendung finden. Dieso gewonnen Daten sollen dann die Entwicklung von korrosionsbestandigen Oberflachenvorantreiben.

Im Mitarbeiterseminar soll ein Uberblick uber die Grundlagen der SECM und der be-schriebenen Modi gegeben werden. Die Anwendungsmoglichkeiten der AC- und SM-SECMwerden anhand von Scans uber NiTi, Stahl und AgCu Legierungen erlautert. Erganzenddazu, soll auch noch ein kurzer Ausblick auf die weiteren Schwerpunkte des Teilprojek-tes A5 gegeben werden: Die elektrochemische Robotik (eRobosys) und die sequentielle

1Fakultat fur Chemie und Biochemie, AG Elektroanalytik und Sensorik, Ruhr-Universitat Bochum,

email [email protected], Tel. 0234-3228202

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Injektionsanalytik (SIA). Diese Techniken dienen dabei vor allem der Untersuchung derLangzeitstabilitat von Formgedachtnislegierungen unter mechanischer, thermischer undelektrochemischer Belastung. Hierbei sind vor allem der geringe apparative Aufwand unddie niedrigen Detektionsgrenzen von Nickel und Kupfer im unteren ppb (Nickel) bezie-hungsweise, sub-ppb Bereich (Kupfer) hervorzuheben.

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5 Untersuchungen zum Einfluß von Ni4Ti3-Ausscheidungen

auf das martensitische Phasenumwandlungsverhalten in

Ni-reichen NiTi-Einkristallen

von Andreas Kroger 1 fur Teilprojekt A8

Im Teilprojekt A8 wurde eine einkristalline NiTi-Legierung mit einem Ni-Gehalt von 51,04At.-% unter einer Druckspannung fur verschiedene Zeiten ausgelagert. Es wurde der Ein-fluss der Ni4Ti3-Teilchen auf das martensitische Phasenumwandlungsverhalten dieser Le-gierungen diskutiert.

Es ist gelungen, das einkristalline Material genau zu charakterisieren. Dabei konnteaufgrund einer Reaktion zwischen dem Graphittiegel und der flussigen NiTi Schmelzedie Anreicherung mit Kohlenstoff gezeigt werden (TiC-Bildung) wodurch eine Ni-reichereeinkristalline NiTi-Legierung entsteht. Mit Hilfe des Laue Verfahrens wurde der NiTi-Einkristall in <111>-Richtung orientiert und danach aus ihm Druckproben entnommen.Durch eine gezielte Auslagerung der Proben bei Temperaturen von 500◦C und 550 ◦Cunter einer Druckspannung von 50 MPa in <111>-Richtung hat sich nur einer Familieparallel zueinander angeordneter Ni4Ti3-Ausscheidungen ausgebildet.

Mit Hilfe von DSC-Messungen erfolgte eine Charakterisierung des martensitischen Pha-senumwandlungsverhaltens. Es zeigten sich sowohl an den bei 500◦C als auch bei 550◦Causgelagerten Proben fur kurze Auslagerungszeiten dreistufige Phasenumwandlungen undfur langere Auslagerungszeiten zweistufige Umwandlungen. Weiterhin wird ein Anstiegder MS- und RS-Temperatur mit zunehmender Auslagerungszeit beobachtet. Nach derAuslagerung wurde eine quantitative Gefugeanalyse an den Proben durchgefuhrt. Hier istein nahezu konstanter Volumenanteil von ungefahr 13 % der Ni4Ti3-Ausscheidungen inAbhangigkeit von der Auslagerungszeit ermittelt worden.

Des Weiteren wurden lichtmikroskopische in-situ Kuhlversuche durchgefuhrt. Hier konn-ten keine Unterschiede bezuglich des zwei- und dreistufigen Phasenumwandlungsverhal-tens ermittelt werden. Bei der Abkuhlung hat sich die Bildung von Martensitnadeln ge-zeigt. Durch die homogen auftretenden Oberflachenveranderungen konnten Gefugehetero-genitaten zwischen den dendritischen und den interdendritischen Bereichen ausgeschlossenwerden. Eine Bildung der R-Phase konnte bei den lichtmikroskopischen Untersuchungennicht beobachtet werden.

Weiterhin wurden in-situ Kuhlversuche im TEM durchgefuhrt. An den untersuchtenProben konnte durch Vergleich mit der DSC-Kurve gezeigt werden, dass sich der er-ste Peak der Umwandlung auf die R-Phasenbildung zuruckfuhren lasst, die sich an derTeilchen/Matrix-Grenzflache bildet und mit zunehmender Abkuhlung wachst. Dies konn-te sowohl fur die zwei- als auch fur die dreistufige Phasenumwandlung beobachtet wer-den. Nach weiterer Abkuhlung wachst bei der zweistufigen Phasenumwandlung die B19´

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-Phase fingerformig in die Matrix und fullt auch gleichzeitig die Kanale zwischen denAusscheidungsteilchen. In der DSC-Kurve kann dies als 2. Peak gedeutet werden. Bei derdreistufigen Umwandlung bilden sich nach der Umwandlung in die R-Phase schlagartigMartensitnadeln in einigen Kanalen (zweiter Peak). Mit weiterem Abkuhlen wachst dieB19´-Phase in die angrenzenden Kanale hinein (dritter Peak). Dabei erfolgt das Wachsendes Martensits hauptsachlich entlang der Teilchen/Matrix-Grenzflache.

Mit Hilfe eines in-situ TEM-Zugversuchs an einer zweistufig umwandelnden Probe(550◦C) konnte nach Dehnung eine sich schlagartig ausbreitende Martensitnadel beobach-tet werden. Mit zunehmender Dehnung zeigte sich das Wachsen der spannungsinduzier-ten Martensitnadeln bis hin zum Reißen der Probe. Auch bei der spannungsinduziertenMartensitbildung konnte das Wachstum der B19´ -Phase entlang der Teilchen/Matrix-Grenzflache beobachtet werden. Es gab keine Anzeichen fur die Bildung einer spannungs-induzierten R-Phase.

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6 Mikromechanische Modellierung von Formgedachtnisma-

terialien

von Thorsten Bartel 1 und Rainer Heinen 2 fur Teilprojekt A9

Um das Materialverhalten beliebiger Stoffe zu modellieren, bietet es sich an, zunachstderen Energiedichte zu bestimmen. Aus dieser skalaren Funktion, die unter anderem vonDehnungen, Dehnungsgeschwindigkeiten und der Temperatur abhangen kann, lasst sichdann z.B. durch Ableitung nach dem Dehnungstensor der Spannungstensor berechnen. InFormgedachtnismaterialien konnen nun in entsprechenden Temperaturbereichen Transfor-mationen zwischen Austenit und den verschiedenen Martensitvarianten stattfinden, wobeisich die einzelnen Martensitvarianten nur durch verschiedene Symmetriebeziehungen von-einander unterscheiden. Stellt man die bei der Transformation stattfindenden Anderungender Elementarzellen nun durch die jeweiligen Transformationsdehnungstensoren dar, soergibt sich die tatsachliche Verzerrung des Martensitkristallgitters als Differenz zwischender Gesamtdehnung und der Transformationsdehnung.

Damit ist die Energie fur reine Phasen bereits zu bestimmen. Aufwendiger wird dieEnergiebetrachtung, wenn sich Mikro- oder Gefugestrukturen bilden konnen, wie es inFormgedachtnismaterialien ja tatsachlich geschieht. Dann muss berucksichtigt werden,dass sich theoretisch an jeder Stelle im Material jede Variante befinden konnte. Nimmtman an, dass sich im Werkstoff stets diejenige Mikrostruktur einstellt, welche die darin ge-speicherte Energie minimiert, gilt es also, alle moglichen Anordnungen der verschiedenenVarianten ”durchzurechnen“und diejenige herauszufinden, welche zur niedrigsten Energiegehort. Aufgrund der unendlich vielen moglichen Mikrostrukturen ist dies jedoch nichtexakt moglich.

Stattdessen wird daher versucht, den tatsachlichen Wert der Energie einzugrenzen.Untere Grenzen findet man hierbei zum Beispiel, indem man auch physikalisch unmogli-che Mikrostrukturen mit einrechnet (z.B. mit ”Lucken “oder Uberschneidungen). ObereGrenzen hingegen entstehen durch Beschrankung der Berechnung auf ganz bestimmte Mi-krostrukturen, zum Beispiel auf solche, die aus Austenit- und Martensitzwillingsstreifenbestehen. So lasst sich dann zum Beispiel die Energie einer kubisch-monoklin transformie-renden CuAlNi-Legierung auf wenige Promill genau abschatzen.

Fur polykristalline Materialien kommt ein weiterer Aspekt hinzu: neben der Mikroska-la, auf der verschiedene Varianten miteinander verschiedene Strukturen bilden konnen, isthier zunachst noch die Mesoskala zu berucksichtigen: auf dieser Skala liegen verschiedeneKristallite vor, die sich in ihrer ursprunglichen Orientierung unterscheiden. Da die Orien-tierung einzelner Kristalle im Polykristall im Allgemeinen nicht bekannt ist und da vielzu viele Kristalle in einem Bauteil vorliegen, um diese alle einzeln zu berucksichtigen zukonnen, wahlt man statt der tatsachlichen kristallinen Struktur eine Anordnung mehrerer

1Institut fur Mechanik, LS Allgemeine Mechanik, Ruhr-Universitat Bochum, email

[email protected], Tel. 0234-32260292dito, email [email protected], Tel. 0234-3227090

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zufallig orientierter Kristalle. Deren Gesamtverhalten kann dann durch Berechnungen mitfiniten Elementen in einem reprasentativen Volumenelement auf der Mesoskala simuliertwerden. Eine solche Mesoskalen-Berechnung wird nun fur jeden zu berechnenden Punktauf der Makro- oder Bauteilskala durchgefuhrt. Hierdurch wird dann also, angefangen vonden Transformationsdehnungen uber die Mikrostrukturen der einzelnen Varianten und diepolykristalline Mesostruktur bis zum Einfluss der Bauteilgemotrie das Gesamtverhaltendargestellt.

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7 Untersuchung der lokalen Konfiguration von NiTi-Form-

gedachtnislegierungen zur Erzeugung von variablen Bau-

teilfunktionen

von Sven Langbein 1 fur Teilprojekt B1

Ein Alleinstellungsmerkmal von Formgedachtnislegierungen ist es, verschiedene Effek-tauspragungen (thermischer FG-Effekt oder Pseudoelastizitat) in einem Bauteil erzeugenzu konnen. Hieraus ergibt sich das Potential, die Konfiguration von Bauteilfunktionendurch eine lokale Warmebehandlung in spaten Produktentstehungsphasen durchzufuhren.Dafur ist es in der Produktentwicklung lediglich erforderlich, die Gestaltung und Dimen-sionierung von SMA-Bauteilen um die Funktionsgebung mittels ”Werkstoffprogrammie-rung“ zu erganzen.

Abbildung 1: Entwicklung eines baukastenahnlichen Systems auf der Grundlage der lokalenKonfiguration von FG-Effekten.

Die Struktur eines solchen variablen SMA-Bauteils kann als ”one-module“-Baukastenaufgefasst werden, da diese Bauteile verschiedene ortlich begrenzte Funktionsbereiche be-sitzen, die durch die lokale Warmebehandlung wie Bausteine vielfaltig kombiniert wer-den konnen. Aus der Summe der Einzelfunktionen dieser Bereiche ergibt sich dann aqui-valent zu einem Baukastensystem eine Gesamtfunktion. Vielfaltige Moglichkeiten bietenin diesem Zusammenhang die schon verwendeten und untersuchten kaltgewalzten NiTi-Blechstreifen, die aufgrund ihrer hohen Versetzungsdichte kein merklichen thermischen

1Lehrstuhl fur Maschinenelemente und Konstruktionslehre, Ruhr-Universitat Bochum, email

[email protected], Tel. 0234-3226689

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FG-Effekt oder Pseudoelastizitat im Ausgangsmaterial besitzen. Die Einstellung der Ei-genschaften bei diesen Blechenstreifen erfolgt durch eine lokale Warmebehandlung mittelsLaser oder einem Heizelement. Durch die Variation von Dauer und Intensitat der Warme-zufuhr konnen im effektlosen Blech sowohl pseudoelastische Bereiche als auch Bereiche mitEinweg-Effekt verschiedener Große lokal eingestellt werden. Hierdurch konnen ”Werkstoff-programmierungen“ vorgenommen werden, die sowohl zur Realisierung komplexer aktiverAktorstrukturen als auch passiver pseudoelastischer Strukturen bzw. einer Kombinationaus beiden genutzt werden konnen.

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8 NiTi/Polymer-Verbunde: Herstellung, Untersuchung und

Charakterisierung

von Anwar Abu-Zarifa 1 fur Teilprojekt B3

Fur die Herstellung der NiTi/Polymer-Verbunden wird eine ausreichende Haftung bzw.Verbundfestigkeit als technischer Gebrauchtwert zwischen den beiden Komponenten furdie zuverlassige Anwendung der Verbundbauteile gefordert. In diesem Vortrag werdendie Herstellungsprozesse von NiTi/Polymer-Verbunde mit Hilfe des Spritzgießens naherbetrachtet. Außerdem werden neue Ergebnisse der Verbundfestigkeitsuntersuchungen derVerbunde vorgelegt. Es wird den Einfluss von unterschiedlichen Oberflachebehandlungender NiTi-Komponenten darunter auch die Oberflachenvorbehandlung mittels Plasmatech-nik gezeigt.

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[email protected], Tel. 0234-3225910

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9 Einsatz von Formgedachtnislegierungen in der Antriebs-

technik: Spieleinstellung bei Walzlagern und Getrieben;

Kupplungstechnik

von Bjorn Bauer 1 fur Teilprojekt B5

Gute Einsatzmoglichkeiten fur alle angesprochenen Konstruktionen bietet der extrinsischeZweiwegeffekt. Berechnungen hinsichtlich der Auslegung der FG-Elemente sowie Uber-prufungen an einem Demonstrator liefern bereits erste Aussagen uber die Beherrschbarkeitdes nichtlinearen Materialverhaltens unter Verwendung einfacher, algebraischer Berech-nungen. Im Bereich der Kupplungstechnik existieren erste konstruktive Entwurfe basierendauf den vorangegangenen Berechnungen. Des Weiteren wird aktuell ein Prufgetriebe zurUntersuchung der Spieleinstellung bei Kegelrollenlagern sowie bei Schneckenverzahnun-gen konstruiert. Das erarbeitete Konzept sieht vor, samtliche Untersuchungen in einemeinzigen Prufgetriebe durchzufuhren. Austauschbare Lagerbuchsen sorgen fur eine hoheVariabilitat des Prufgehauses und ermoglichen einen schnellen Umbau des Getriebes. MitHilfe von pseudoelastischen sowie martensitischen FGL werden in diesem Zusammenhangverschleiß- sowie thermischbedingte Spielanderungen kompensiert.

Die Auslegung der martensitischen FG-Elemente stutzt sich auf Materialkennwertebezuglich des Spannungs-Dehnungs-Verlaufs im martensitischen und austenitischen Be-reich. Charakteristisch sind hier Große und Lage der Pseudostreckgrenze sowie die desSpannunsplateaus. In Zusammenhang mit den bekannten Federkennlinien der verspanntenStahltellerfedern lassen sich die Arbeitspunkte in den beiden Gefugezustanden beschreibenund notwendige Stellwege bzw. Stellkrafte erzielen. Diese Methode benotigt durch ande-re Teilprojekte ermittelte und abgesicherte Materialkennwerte. In diesem Zusammenhangebenfalls notwendig sind Kennwerte zur spannungsinduzierten Erhohung der Umwand-lungstemperaturen.

1Institut fur Konstruktionstechnik, LS Maschinenelemente, Getriebe und Kraftfahrzeuge, Ruhr-

Universitat Bochum, email [email protected], Tel. 0234-3223972

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SFB 459 Mitarbeiterseminar SS 2006 17

10 Herstellung und Charakterisierung von Formgedachtnis-

Dunnschicht-Materialbibliotheken

von Robert Lobel 1 2 fur Teilprojekt B9

Im Rahmen des Teilprojekts B9 wurden ternare Legierungssystem Ti-Ni-Cu in Form vonDunnschicht-Materialbibliotheken untersucht. Die Herstellung erfolgt mittels Kathoden-zerstauben (Sputtern) von Ti-, Ni- und Cu-Targets. Wechselseitig wurden keilformigeSchichten auf einem thermisch oxidierten Silizium Wafer abgeschiedenen. Anschließendwurde dieses Multilagenschichtpaket bei 500◦C fur eine Stunde gegluht und somit die inAbb. 1 dargestellte Zusammensetzungsvariation realisiert.

Abbildung 1: Zusammensetzungsvariation fur Ti-Ni-Cu uber einen 4” Wafer. a.) Ni, b.) Cu,c.) Ti d.) ternares Phasendiagramm. Pfeile zeigen die Schichtdickenvariation der keilformi-gen Schichten vom dunnen zum dicken Ende.

Die Materialbibliothek wurde mittels energiedispersiver Rontgenanalyse (EDX), Ront-genbeugungsexperimenten (XRD) und temperaturabhangiger 4-Punkt-Widerstandsmes-sung (R(T)) charakterisiert und so der Zusammensetzungsbereich, der eine Phasenum-wandlung im untersuchten Temperaturbereich (-20◦C bis 120◦C) zeigt, identifiziert (sieheAbb.2). Ein deutlich erweiterter Umwandlungsbereich wurde nachgewiesen mit charak-teristischen Zusammensetzungsbereichen mit niedriger, mittlerer und hoher thermischerHysterese.

1Institut fur Werkstoffe, LS Werkstoffwissenschaft, Ruhr-Universitat Bochum, email

[email protected], Tel. 0234-32259342AG Kombinatorische Materialwissenschaft, Forschungszentrum CAESAR, email [email protected],

Tel. 0228-9656173

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SFB 459 Mitarbeiterseminar SS 2006 18

Abbildung 2: a) R(T) Kurve fur TiNiCu, Umwandlungstemperatur fur die Hochtempe-raturphase Hf (f = finish) and die Tieftemperaturphase Ls (s = start) sind gezeigt, b)Phasenumwandlungsbereich mit korrespondierender thermischer Hysterese ∆T = Hf −Ls

im untersuchten Zusammensetzungsbereich fur Ti-Ni-Cu.

Mittels XRD wurde deren Struktur untersucht und so Ruckschlusse auf die an der Pha-senumwandlung beteiligten Phasen gezogen. Fur nickelreiche Zusammensetzungen wurdeeine zweistufige Umwandlung B2 → R → B19’ nachgewiesen, wobei die B2 → R Um-wandlung die charakteristisch niedrige thermische Hysterese zeigt. Zusammensetzungenim Bereich Ti51Ni49−xCux zeigen eine einstufige Umwandlung fur Kupfer-Gehalt x < 6.5at.% (B2 → B19’) und x > 14 at.% (B2 → B19), und eine zweistufige Umwandlung(B2 → B19 → B19’) fur dazwischen liegende Kupfer-Gehalte. Weitere ternare Ti-Ni-X(X = Cu, Pd, Hf, Zr, Fe, Au) und auch quaternare Legierungssysteme Ti-Ni-Cu-Pd sindmomentan Gegenstand der Forschung und werden im Hinblick auf eine geringe thermischeHysterese und hohe Umwandlungstemperaturen optimiert.

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SFB 459 Mitarbeiterseminar SS 2006 19

11 Aspekte zur FE-Modellierung von Formgedachtnislegie-

rungen

von Daniel Christ 1 fur Teilprojekt B10

In diesem Vortrag wurde ein makromechanisches Materialmodell vorgestellt, dass diekomplexen Eigenschaften von Formgedachtnislegierungen beschreiben kann. Das thermo-mechanisch gekoppelte Materialmodell, ursprunglich entwickelt von Helm & Haupt (1),basiert auf Uberlegungen aus der klassischen Plastizitatstheorie wobei neben einer Pha-sentransformationsbedingung (entsprechend einer Fließbedingung) innere Variablen zurBestimmung des volumetrischen Martensitgehalts eingefuhrt werden. Mithilfe des Mo-dells kann sowohl das Phanomen der Pseudoelastizitat als auch der Formgedachtnisef-fekt beschrieben werden. Durch die Implementierung des Materialmodells in ein Finite-Elemente-Programm ist es moglich neben einfachsten 1D-Problemen auch das Verhaltenvon komplexeren 3D-Strukturen zu simulieren. Dies ist vor allem dann notwendig wenndas Verhalten von komplizierteren NiTi-Bauteilen ausfuhrlich untersucht werden soll. Alsanschauliche Beispiele wurden in diesem Zusammenhang FE-Simulationen eines NiTi-Stents (Pseudoelastizitat) und einer medizinischen Fußklammer (Formgedachtniseffekt)vorgestellt. Beide Simulationsbeispiele konnten aufschlussreiche Informationen uber dasjeweilige Strukturverhalten geben die zu einer moglichen Optimierung der Geometrie desBauteils beisteurn konnen. Neben der realitatsgetreuen Simulation von Strukturproblemenmit Hilfe der Finite-Elemente-Methode ist es gerade fur industrielle Anwendungen not-wendig, Erkenntnisse uber die Lebensdauer des herzustellenden Bauteils zu haben. Da sichbei NiTi-Legierungen wahrend mehreren Belastungszyklen (sowohl mechanisch als auchthermisch) die Hysterese verschiebt und sich das Spannungsplateau wahrend der Pha-senumwandlung absenkt, kann sich das Verhalten des Bauteils wahrend seines Einsatzesstark verandern, so dass der optimale Gebrauch nicht mehr uneingeschrankt gewahrleistetwerden kann. Um Ermudungserscheinungen innerhalb des Bauteils zu lokalisieren undAussagen uber das mogliche Folgeverhalten des Bauteils machen zu konnen wurde einAnsatz zur Simulation der Ermudung von NiTi-Legierungen in der Materialmodellierungberucksichtigt. Hierbei halfen vor allem die ausfuhrlichen Ergebnisse aus experimentellenVersuchen zur Ermudung von FG-Drahten, die im Projekt A1 (M. Wagner & J. Olbricht)erzielt wurden. Mithilfe der experimentellen Daten ließsich eine Ermudungsfunktion in dasbisherige Materialmodell einbauen, die es ermoglicht das Ermudungsverhalten von einfa-chen Strukturen (wie z.B. FG-Drahte) durchaus genau darzustellen. Zur Verifizierung desErmudungsverhaltens von NiTi-Legierungen in komplexeren 3D-Strukturen fehlen bishernoch geeignete Ergebnisse aus experimentellen Versuchen.

Ein weiterer interessanter Aspekt der Simulation von 3D-Strukturen wurde bei demfolgenden Beispiel entdeckt und intensiv untersucht. Vergleiche zwischen experimentellen

1Institut fur Mechanik, Technische Universitat Braunschweig, email [email protected], Tel. 0234-

3226029

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SFB 459 Mitarbeiterseminar SS 2006 20

Versuchen an NiTi-Stents bezuglich dessen Streckvermogen und den entsprechenden Er-gebnissen aus FE-Simulationen haben gezeigt, dass die berechneten Spannungen am Endeder Phasenumwandlung (bei ca. 8% Dehnung) um einiges hoher waren als die gemessenenSpannungen aus der Praxis. Ein entscheidender Grund fur diese Abweichung liegt in derungenauen Formulierung des Materialmodells: Das ursprungliche Materialmodell basiertauf der Annahme von kleinen Verformungen. Das heißt, dass ein linearer Zusammenhangzwischen den Verschiebungen und den Verzerrungen angenommen wird. Diese Vereinfa-chung weicht umso starker von der wahren Losung ab, je großer die Verschiebungen unddemzufolge auch die Verzerrungen sind. Im Falle von NiTi, das wahrend der Phasenum-wandlung bis zu 8% Dehnung erreichen kann, muss bedacht werden ob eine Annahmeeines linearen Verzerrungsfeldes noch realistisch ist. Umso fragwurdiger ist diese Annah-me, wenn man zusatzlich noch die Plastifizierung von NiTi nach der Phasenumwandlungberucksichtigen will. Denn dabei konnen bis zum endgultigen Versagen des WerkstoffesDehnungen von bis zu 20% erreicht werden. Um diese Einschatzungen zu verifizieren,wurde das vorhandene Materialmodell auf eine Formulation erweitert, die das Auftretenvon großen Dehnungen berucksichtigt (siehe (2)). Obwohl der Programmieraufwand furdiese Formulierung außerst hoch ist, hat es sich in ersten numerischen Beispielen gezeigt,dass die Ergebnisse der beiden Formulierungen (Annahme von kleinen Dehnungen, bzw.von großen Dehnungen) gerade am Ende der Phasenumwandlung große Unterschiede auf-weisen. Die Spannungen im Falle der Formulation fur große Dehnungen fallen um einigesgeringer aus als bei der Formulation fur kleine Dehnungen, was darauf hinweist, dass dieModellformulierung fur große Dehnungen viel besser mit den Ergebnissen aus den expe-rimentellen Versuchen ubereinstimmen. Diese außerst wichtige Erkenntnis wird zukunftigin weiteren Vergleichen zwischen Experimenten und Modell untersucht.

Literatur

[1] D. Helm and P. Haupt, Int J Solid Struct 40 (2003) 827-849

[2] D. Christ and S. Reese, Proceedings of SPIE Vol 6170: Smart Structures and Materials2006: Active Materials: Behavior and Mechanics, W. D. Armstrong (Ed.), San Diego,USA, February, 247-257, 2006

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SFB 459 Mitarbeiterseminar SS 2006 21

12 Entwicklung einer kieferchirurgischen Sage und eines Ni-

Ti - Verbindungsstents

von Matthias Frotscher 1 fur Teilprojekt B11

Das Teilprojekt B11 ist als einziges Projekt im SFB 459 interdisziplinar angelegt und ist inder dritten Forderphase neu hinzugekommen. Im Rahmen von B11 sollen in Zusammen-arbeit mit der Universitatsklinik fur Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie Bochum zweiThemenschwerpunkte bearbeitet werden. Zum einen soll eine Dysgnathie-Sage zur Ver-einfachung der Operationstechnik zur Verlagerung des Unterkiefers bei extremem Uber-oder Unterbiss entwickelt werden. Mit Hilfe dieses neuen Instruments soll eine zusatzli-che Sollbruchstelle am Unterkieferrand eingebracht werden, um beim Spalten des Kiefersdas Risiko eines Nervschadens zu minimieren und eine definierte Bruchlinie zu erzeu-gen. Aufgrund der begrenzten Zuganglichkeit des Operationsfeldes ist dafur ein speziel-les Instrument erforderlich, welches uber eine biegsame Welle aus NiTi angetrieben wer-den soll. Technische Vorarbeiten bezuglich Handhabbarkeit und Funktionalitat sowie derLebensdauer-Eignung der NiTi-Welle bei Umlaufbiegeermudung wurden dazu in den Teil-projekten A1 (Ermudung) und B7 (nicht-lineares Bohrsystem) geleistet. Ein erstes Modelldes Instruments soll mit Hilfe der medizinischen Seite fur den Einsatz an der rechten undlinken Kieferseite formoptimiert werden. Zum Nachweis des medizinischen Vorteils einerSollbruchstelle am unteren Kieferrand wird gerade ein Prufstand aufgebaut. Dieser soll da-zu dienen, das erforderliche Drehmoment zu ermitteln, welches bei der Operationstechnikaufgebracht werden muss, um den Unterkiefer zu spalten. Offene Fragen fur die Welle sinddie Legierungsauswahl, Optimierung des Ermudungsverhaltens hinsichtlich der Kaltver-festigung beim Drahtziehen, Festlegung des Drahtdurchmessers (ubertragbares Drehmo-ment, Ermudung), Untersuchung des Korrosionsverhaltens/Sterilisationseignung und derTribosysteme: Welle/Lager und Welle/Fuhrungsrohr sowie Auswirkung der Lagerreibungauf Lebensdauer mit und ohne Kuhlmittel. Mit Hinblick auf das eigentliche Trennwerkzeugist zu untersuchen, ob die Gestaltung als Formfraser, Sage oder Trennscheibe sinnvoll istund auf welche Weise die Befestigung auf der Welle erfolgen soll.

Im zweiten Teilprojekt geht es um die Entwicklung eines NiTi-Verbindungsstents zurVereinfachung der Operation bei Gewebetransplantationen zur Rekonstruktion bei Ge-sichtstumoren. Eines der moglichen Probleme bei der Gewebetransplantation ist das Ab-sterben des Transplantats durch Unterversorgung im Zeitraum von wenigen Wochen un-mittelbar nach der Operation. Aus diesem Grund soll ein NiTi-Stent entwickelt werden,mit dessen Hilfe die Verbindung von Gefaßen unterschiedlichen Kalibers moglich ist, umdie kleinen Gefaße des Transplantats an die großen Gefaße zur Blutversorgung ”anzuschlie-ßen“. Der Stent soll hier also nicht, wie sonst ublich, dazu dienen ein Gefaß von Innenzu stutzen und so ein Kollabieren verhindern, sondern durch den von Innen ausgeubten

1Institut fur Werkstoffe, LS Werkstoffwissenschaft, Ruhr-Universitat Bochum, email

[email protected], Tel. 0234-3214235

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SFB 459 Mitarbeiterseminar SS 2006 22

Druck die beiden zu verbindenden Gefaße so gegeneinander pressen, dass eine dichte Ver-bindung entsteht. Durch entsprechende Vorarbeiten am Tiermodell der Ratte konnte dieMachbarkeit dieser Technik an Gefaßen gleichen Durchmessers gezeigt werden. In einemersten Schritt wurden kommerzielle Stents untersucht und mikrostrukturell sowie funktio-nell charakterisiert. Es ist bekannt, dass Oberflachendefekte unter Ermudungsbelastungzur Rissentstehung- und Ausbreitung beitragen konnen. Aus diesem Grund werden Strut-Proben aus Stents in-situ im Rasterelektronenmikroskop ermudet, um die Vorgange beider Bildung und dem Wachstums von Rissen an kritischen Stellen zu verstehen. Dazuwerden die Proben zuvor in einer Prufmaschine zyklisch ermudet, um eine Vorschadi-gung zu erreichen. In einem nachsten Schritt sollen herkommliche Stents zunachst mo-difiziert werden (Durchmesser-Anpassung konventioneller, lasergeschnittener, superelasti-scher Stents durch geeignete Warmebehandlung (Parameter-Bestimmung), MechanischeCharakterisierung der ruckstellenden Kraft (teilweise unterdruckter FGE) und Ubergangauf martensitisches Material). Nachfolgend wird die Herstellung metallischer Stents koni-scher Struktur mit textilen Produktionsverfahren untersucht. Dazu gehoren das Flechtenum eine geeignete Seele (Bossert + Kast), Warmebehandlung eines Geflechts mit einheit-lichem Durchmesser auf einem geformten Dorn und die Herstellung durch Wirken. Zuuntersuchende Aspekte sind dabei zum Beispiel die Fixierung der geflochtenen Enden undKreuzungspunkte durch Mikroschweißen, Untersuchung des Einflusses eines lokalen Auf-schmelzens auf Funktionalitat und Ermudungsstabilitat und alternativ zum Laserschwei-ßen Uberzug einzelner Drahte vor der Verarbeitung oder eines Geflechtes zum Beispiel mitSilikon-Polyurethan Copolymer (GKKS/MPI Dusseldorf). Schließlich soll die Herstellungmartensitischer Stents mittels Wasserstrahlschneiden untersucht werden. Nach Vorversu-chen zum Wasserstrahlschneiden (JETMax HS 0707) an kommerziellen NiTi-Blechen sollam Ende die Herstellung von Stentstrukturen in 4 mm dicken, mit Polymer beschichte-ten Rohrchen stehen. Beide Teilprojekte sollen nach Moglichkeit, in Zusammenarbeit mitIndustriepartnern, in marktreife Produkte uberfuhrt werden.

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SFB 459 Mitarbeiterseminar SS 2006 23

13 Pulvermetallurgische Herstellung von Bauteilen aus NiTi-

Formgedachtnislegierungen

von Juliane Mentz 1 fur Teilprojekt C2

Zu Beginn der neuen Forderphase des SFB 459 wird die pulvermetallurgische (PM) end-konturnahe Herstellung von NiTi-Bauteilen uber das Heißisostatische Pressen (HIP) unddas Metallpulverspritzgießen (Metal Injection Moulding - MIM) mit den spezifischen Un-terschieden der Prozesse und der resultierenden Materialien vorgestellt.

Seit der letzten Ergebnisprasentation konnte eine deutliche Verbesserung der mechani-schen Eigenschaften von PM-NiTi durch eine Reduzierung der Verunreinigungen an Koh-lenstoff und Sauerstoff erreicht werden. Es zeigte sich weiterhin, dass durch eine gunstigeVerteilung der resultierenden Fremdphasen die erreichbaren Dehnungen weiter erhoht wer-den konnen. Die mechanischen Eigenschaften von PM-NiTi reichen dadurch inzwischen andie von schmelzmetallurgisch erzeugtem NiTi heran.

In dieser Forderphase neu aufgegriffen wurde die Herstellung von ternaren NiTi-X-Formgedachtnislegierungen (X = Cu, Nb) sowie in enger Zusammenarbeit mit Projekt C6die Herstellung von porosem NiTi in Hinblick auf die Verwendung als Implantatwerkstoff.Hier wird ein Ausblick auf die geplanten Arbeiten gegeben, und es werden erste Ergebnissegezeigt.

Abbildung 1: Optimiertes PM-NiTi, hergestellt uber HIP; Zugversuche bis zum Bruch beiverschiedenen Testtemperaturen (Af und Ms).

1Institut fur Energieforschung, IEF-1: Werkstoffsynthese und Herstellungsverfahren, Forschungszentrum

Juelich, email [email protected], Tel. 02461-613071

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SFB 459 Mitarbeiterseminar SS 2006 24

14 Partielles Einschmelzen von Hartstoffen in NiTi

von Thomas Glogowski 1 fur Teilprojekt C3

NiTi zeichnet sich durch hohe Resistenz gegen Oberflachenzerruttung und Abrasion ausund zeigt daruber hinaus nur geringe Neigung zu Tribokorrosionsreaktionen. Allerdingsneigt NiTi bei Kontakt zu artgleichem Werkstoff zur Adhasion.

Das Projekt C3 befaßt sich unter anderem mit der Entwicklung von Verschleißschutz-strategien gegen adhasiven Verschleiß bei NiTi. Ein Ansatz ist das partielle einschmelzenvon Hartstoffeninseln mittels Laserstrahlung in die NiTi-Werkstoffoberflache. Diese zwi-schen 50 und 100 µm großen Inseln sollen den direkten Kontakt des NiTi zu einem art-gleichen Werkstoff verhindern. Durch das Aufbringen von Inseln im Gegensatz zu flachigdeckenden Schichten bleibt die Dehnfahigkeit des NiTi-Substrat weitgehend erhalten.

1Institut fur Werkstoffe, LS Werkstoffprufung, Ruhr-Universitat Bochum, email

[email protected], Tel. 0234-3225919

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SFB 459 Mitarbeiterseminar SS 2006 25

15 Mikrofras-Bearbeitung von NiTi

von Volker Petzoldt 1 fur Teilprojekt C4

Legierungen auf Basis von NiTi sind aufgrund ihrer hohen Duktilitat und ihrer Neigung zustarker Kaltverfestigung bei Verformung sehr schwer zerspanbar. Ein hoher Werkzeugver-schleiß und eine schlechte Bauteilqualitat sind die Folge. Eine angepasste Prozessgestaltungzur spanenden Bearbeitung ist daher erforderlich, um eine wirtschaftliche Bauteilfertigungzu gewahrleisten. Ein wichtiges Bearbeitungsverfahren stellt das Mikrofrasen zur Fertigungminiaturisierter Bauteile dar. Fur dieses Fertigungsverfahren existieren bislang fur die Be-arbeitung von NiTi-Formgedachtnislegierungen keine wissenschaftlichen Erkenntnisse.

In der vorliegenden Arbeit werden daher Grundlagen zur spanenden Bearbeitung vonNiTi-Legierungen durch Frasen mit Schaftfraswerkzeugen prasentiert. Ausgehend von 1-mm-Schaftfraswerkzeugen wurde der Fraserdurchmesser auf 0,4 mm reduziert und einfa-che Strukturen durch Nut- und Konturfrasen in eine pseudoelastische NiTi-Formgedacht-nislegierung eingebracht. Hierbei wird neben der Trockenbearbeitung auch der Einflusseiner Minimalmengenkuhlschmierung untersucht. Die Beurteilung der Zerspanbarkeit er-folgt anhand des Werkzeugverschleißes, der Prozesskrafte und der Bearbeitungsqualitat.Beim Mikrofrasen mussen geringe Werte fur Schnitttiefe und seitliche Einstellung gewahltwerden, wahrend der Frasprozess weniger sensibel auf eine Erhohung des Vorschubs rea-giert. Zur Erzielung einer guten Bearbeitungsqualitat und hoher Werkzeugstandzeiten istder Einsatz einer Minimalmengenkuhlschmierung beim Mikrofrasen von großer Bedeu-tung. Anhand eines Musterwerkstucks kann aufgezeigt werden, dass die Frasbearbeitungvon Strukturen wie Kreistaschen, Stege, Saulen oder komplexerer 2D-Strukturen mit 0,4-mm-Werkzeugen moglich ist. Dabei kann das Auftreten einer Gratbildung nicht immervollstandig vermieden werden.

Abbildung 1: Musterwerkstuck mit mikrogefrasten Strukturen (Werkzeugdurchmesser: 0,4mm)

1ISF Institut fur Spanende Fertigung, Universitat Dortmund, email [email protected], Tel. 0231-

7552614

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SFB 459 Mitarbeiterseminar SS 2006 26

16 Laserbearbeitung von NiTi-FGL

von Hajo Gugel 1 fur Teilprojekt C5

In der mikro- und medizintechnischen Anwendung besteht ein gesteigertes Interesse anFugeverfahren von NiTi-FGL die das haufig verwendete Klemmen und/oder Krimpenablosen. Um eine schnell durchzufuhrende, mechanisch belastbare und kostengunstigeVerbindung von artgleichen FGL zu erzeugen bietet das Laserschweißen ein geeignetesVerfahren. Gesteigertes Interesse besteht zudem an Verbindungen artungleicher Werkstof-fe wie NiTi/nichtrostender Stahl, NiTi/PtIr, NiTi/Cu etc. Eine belastbare Verschweißungdieser Materialien ermoglicht eine Einbindung von NiTi-Komponenten in bestehende Bau-gruppen. Erste Versuche an dunnen Drahten (100 µm) zeigen, dass belastbare Verschwei-ßung von NiTi (pseudoelastisch) mit nichtrostendem Stahl hergestellt werden konnen diedaruber hinaus von den FGE profitieren.

Die Arbeiten im Projekt C5 befassen sich mit der weiteren Optimierung der Schweiß-parameter, der Charakterisierung der mikrostrukturellen Eigenschaften in den Schmelz-und Warmeeinflusszonen sowie der mechanischen Gute der Schweißverbindungen.

In zukunftigen Untersuchungen zum Laserschneiden von NiTi-FGL werden die mi-krostrukturellen Veranderungen in der durch den Schneidprozess beeinflussten Randzonebetrachtet und eine Einordnung bezuglich anderen gangigen Trennverfahren (z.B. Drah-terodieren, Wasserstrahlschneiden, Frasen) soll vorgenommen werden.

1Institut fur Werkstoffe, LS Werkstofftechnik, Ruhr-Universitat Bochum, email [email protected],

Tel. 0234-3225946

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SFB 459 Mitarbeiterseminar SS 2006 27

17 Kultivierung von humanen mesenchymalen Stammzellen

(hMSCs) auf porosem NiTi-Biomaterial

von Tim Habijan 1 fur Teilprojekt C6

Kultivierung von hMSCs auf porosem NiTi-Biomaterial: hMSCs sind im Ge-gensatz zu differenzierten Korperzellen noch nicht auf eine bestimmte Funktion festgelegt,sie sind in der Lage sich selbst zu erneuern. Ihre Aufgabe im Korper besteht unter ande-rem in der Regeneration verletzter Gewebe. Die Verwendung autologer hMSCs im Rahmendes Tissue Engineerings konnte daher zu einer schnelleren Einheilung eines Implantatesim Knochen fuhren.

NiTi ist aufgrund seiner außergewohnlichen mechanischen Eigenschaften ein fur dieBiomaterialforschung außerst interessantes Implantatmaterial. Die Eignung pulvermetall-urgisch hergestellter poroser NiTi-Biomaterialien (Teilprojekt C2, Manuel Kohl) als Trager-material fur hMSCs wird im Teilprojekt C6 untersucht. Unterschiedliche Oberflachenrau-igkeiten des Materials resultieren aus der Verwendung von Metallpulvern unterschied-licher Korngroßen. Um Aussagen uber die, fur eine Besiedlung mit hMSCs, optimaleOberflachenrauhigkeit treffen zu konnen, wurden hMSCs fur 24 h bzw. 7 d mit NiTi-Probekorpern kokultiviert. Der Einfluss unterschiedlicher Oberflachenrauhigkeiten auf Ad-hasion, Proliferation und Vitalitat der Zellen wurden durch eine Life/Dead-Farbung analy-siert. Die Untersuchung der Zellproliferation ermoglicht dabei die Analyse eines moglichenzytotoxischen Einflusses des Implantatmaterials und die Betrachtung der Zell-Implantat-interaktion.

Die aus der Verwendung von Korngroßen < 45µm resultierende Oberflachenrauhigkeitscheint fur eine Besiedlung mit Zellen geeigneter zu sein als die Verwendung großererKorner. Fur endgultige Aussagen sind jedoch weitere Analysen notwendig.

Weiterhin geplant:

• Zytotoxizitatsasaay

• alamarBlue-Farbung (Quantifizierung der Zell-Proliferation)

• ELISA (Detektion freigesetzter Mediatoren und Matrixmolekule)

Kultivierung von hMSCs in Anwesenheit verschiedener NiCl2 Konzentratio-nen: NiTi-FGL bestehen im Allgemeinen zu 50 at% aus Nickel. NiTi-FGL, aber auchviele andere in der Medizin verwendete Implantatmaterialien (rostfreier Stahl, Co-Cr-Legierungen) konnen bei Korrosion Ni2+ -Ionen freisetzen. Um den Einfluss von Ni2+ aufhMSCs zu analysieren, wurden sie in Anwesenheit verschiedener NiCl2 Konzentrationenkultiviert. Zur Bestimmung der Proliferationsrate wurden alamarBlue Farbungen der hM-SCs angefertigt. Morphologische Veranderungen wurden durch mikroskopische Aufnahmender Zellen im Phasenkontrast dokumentiert.

1Medizinische Fakultat, Berufsgenossenschaftliche Kliniken Bergmannsheil, email [email protected]

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SFB 459 Mitarbeiterseminar SS 2006 28

Adhasion, Proliferation und Vitalitat der hMSCs werden von NiCl2 Konzentrationenunter 1 µg/mL nicht beeinflusst. NiCl2 induzierter Zelltod trat ab NiCl2 Konzentrationenvon 200 µg/mL (24 h) und 25 µg/mL (7 d) auf.

Weiterhin geplant:

• Zytotoxizitatsassay

• ELISA (Detektion freigesetzter Mediatoren und Matrixmolekule)

• Chemotaxis Assay in Anwesenheit von Ni2+

• Alizarinfarbung (osteogene Differenzierung in Anwesenheit von Ni2+)

Kultivierung von hMSCs auf zyklisch belastetem NiTi-Biomaterial: Die unterphysiologischen Bedingungen von NiTi-Biomaterial freigesetzten Ni2+-Konzentrationenbeeinflussen weder Adhasion noch Proliferation der hMSCs. Die von Dauerimplantatenunter mechanischer Belastung oder durch Korrosion freigesetzten Ni2+-Ionen konnten diebestimmten Schwellenwerte allerdings uberschreiten und in vivo zur Induktion von Nickel-allergien und Zelltod fuhren. Um die Ni2+-Freisetzung unter mech. Belastung und derenEinfluss auf Adhasion, Proliferation, Differenzierung und Aktivierung zu untersuchen wur-de in Kooperation mit C3 (Sebastian Kuhn und Thomas Glogowski) eine Belastungszellekonstruiert. Diese soll es ermoglichen hMSCs auf einer zyklisch belasteten Zugprobe un-ter Zellkulturbedingungen zu kultivieren und die Menge der unter zyklischer BelastungFreigesetzter Ni2+-Ionen zu bestimmen.

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SFB 459 Mitarbeiterseminar SS 2006 29

18 Thermomechanische Behandlung von NiTiFe

von Jan Frenzel 1 fur Teilprojekt C7

NiTiFe-Formgedachtnislegierungen (FGL) stellen ein Legierungssystem dar, welchem einbesonderes wissenschaftliches Interesse zukommt. NiTiFe-FGL zeigen mehrstufige Phasen-umwandlungs-Sequenzen beim Heizen und Kuhlen, bei welchen die R-Phasen-Umwand-lung auftritt. Die im Rahmen dieser Arbeit durchgefuhrten Untersuchungen befassen sichmit der Herstellung von Ni48Ti50Fe2-FGL. Dabei werden mehrere Prozessketten, welcheden Schmelzprozess und verschiedene Routen der thermomechanischen Behandlung bein-halten, betrachtet. Der thermomechanischen Behandlung kommt im Hinblick auf die funk-tionellen Eigenschaften der FGL eine besondere Bedeutung zu. Das unbehandelte NiTi(X)-Gussmaterial zeigt zunachst nur einen schwach ausgepragten Formgedachtniseffekt. Diesist darauf zuruckzufuhren, dass die Mikrostruktur dieses Materialzustands nur einen ge-ringen Widerstand gegen eine plastische Verformung leistet. Erst durch eine thermome-chanische Behandlung, bei welcher die Mikrostruktur erheblich modifiziert wird, konnentechnologisch attraktive Eigenschaften eingestellt werden. Bei der thermomechanischenProzessierung einer Ni48Ti50Fe2-FGL wurde gezeigt, dass eine solche Legierung problem-los mittels Rundkneten umgeformt werden kann. Hierbei ist von großer Bedeutung, dassdie letzten Umforschritte (Umformgrade je ca. 25%) als Kaltumformschritte ausgefuhrtwerden. Hierdurch konnen feinkornige NiTiFe-Stabe mit einer homogenen Mikrostruk-tur hergestellt werden. Im Gusszustand zeigt das Material zweistufige Umwandlungs-Sequenzen beim Heizen und Kuhlen. Im umgeformten Zustand wird die Umwandlungin B19´ beim Kuhlen aufgrund der hohen Versetzungsdichte erschwert. Durch eine Re-kristallisationsgluhung bei 800◦C fur 15 Minuten werden hingegen eine Verringerung derVersetzungsdichte und damit eine weitgehende Annahrung an den unverformten Ausgangs-zustand erreicht.

1Institut fur Werkstoffe, LS Werkstoffwissenschaft, Ruhr-Universitat Bochum, email

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