MITTEILUNGEN DES INSTITUTS FÜR … Christian lackner September oder Oktober 1384 ausgefertigt...

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MITTEILUNGEN DES INSTITUTS FÜR ÖSTERREICHISCHE GESCHICHTSFORSCHUNG IOS.Band Heft1-4 / ----\ - \ L rr I i H bj ./ tl/OG .JOs: ,f90t- R. Oldenbourg VerlagWien München 1997 ;~. ..". ~ •~ ,") ( •..J., t ~. • •• :;', :~,:'l ; i ;.~;

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MITTEILUNGENDES INSTITUTS FÜRÖSTERREICHISCHE

GESCHICHTSFORSCHUNG

IOS.BandHeft 1-4

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Diplomatische Bemerkungen zum Privileg HerzogAlbrechts Ill. für die Universität Wien vom Jahre 1384

Von Christian Lackner

Das Jahr 1384 bezeichnet einen Wendepunkt in der Geschichte der Alma mater Ru-dolphina'. Die Wiener Universität hatte bis dahin ein recht kümmerliches Dasein in en-ger räumlicher und personeller Verbindung mit der Stadtschule bei St. Stephan geführt.Es gab zu wenig Lehrkräfte, die materielle Ausstattung war höchst ungenügend, und esfehlte die theologische Fakultär'. Zur Jahreswende 1383/84 wandte sich der österreichi-sehe Herzog Albrecht III., beraten von seinem Kanzler, Bischof Benhold von Freising,an Papst Urban VI. mit der Bitte um die Erlaubnis zur Errichtung eines Theologiestu-diums in Wien. Im Gefolge des Großen Schismas hatten sich die Rahmenbedingungengegenüber 1365 grundlegend verändert. Der römische Papst Urban VI. mußte bestrebtsein, Herzog Albrecht Ill., dessen Bruder Leopold der avignonesischen Obödienz zu-neigte, nach Möglichkeit entgegenzukommen. So erteilte er am 21. Februar 1384 dieBewilligung für die vom Herzog gewünschte theologische Fakultär'. Dem Geschick undden Verbindungen des herzoglichen Kanzlers Bischof Berthold dürfte es zuzuschreibensein, daß gleichzeitig mit der Einrichtung des Theologiestudiums hervorragende Ge-lehrte wie Heinrich von Langenstein und Heinrich Totting von Oyta, die aus Paris weg-gezogen waren, weil sich die Universität unter dem Druck des französischen Königs demavignonesischen Papst Clemens VII. zugewandt hatte, für eine Lehrtätigkeit in Wien ge-

I Othmar Hageneder zum 70. Geburtstag.1 Zur Entwicklung der Universitär Wien in den ersten Jahren nach der Gründung vg!. Karl

S c h ra u f, Die Universität, in: Geschichte der Stadt Wien II/2 (1905) 961-1017, vor allem 968ff.; PaulUi ble i n, Beiträge zur Frühgeschichte der Universität Wien. MIOG 71 (1963) 284-310, bes. 306ff.;Der s., Die österreichischen Landesfürsren und die Wiener Universität im Mittelalter. MIOG 72 (1964)382-408; Der s., Die Universirät Wien im 14. und 15. Jahrhundert, in: Das alte Universitätsvierrel inWien, 1385-1985, herausg. v. Günther Ha man n, Kurt M üh I be rge r u. Franz Sk ac e l (Schriften-reihe des Universitätsarchivs 2.1985) 17-36; Frank Re x ro r h, Städtisches Bürgertum und landesherr-liche Universitätsstifrung in Wien und Freiburg. in: Stadt und Universitär, herausg. v. Heinz Duc h-ha rd t (Städreforschung Al33. 1993) 13-32, bes. 21 ff.; Paul Ui b l e in, Mittelalterliches Studium ander Wiener Artistenfakultät. Kommentar zu den Acta Faculraris Arrium Universitatis Vindobonensis1385-1416 (Schrifrenreihe des Universitärsarchivs 4. 21995) bes. 31 ff.

, Druck bei Rudolf Kin k, Geschichte der kaiserlichen Universität zu Wien 2 (1854) 43 ff. Das inder älteren Literatut mit 20. Februar 1384 angegebene Darum wurde von Josef Le n z e n weg e r, DieGründung der Theologischen Fakultät an der Universitär Wien (1384), in; Die Karb.-Theologische Fa-kultät der Universität Wien 1884-1984 (1984) 1-18,8 Anm. 33 richriggestellt,

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wonnen werden konnten", Herzog Albrecht Ill. ging im Sommer 1384 schließlichdaran, der Universität durch eine geeignete Dotation eine tragfähige materielle Grund-lage zu schaffen. Den Eckpfeiler bildete die Stiftung eines Kollegs für zwölf Arrisrenrna-gister, darunter einen Baccalar der Theologie, sowie für einen oder zwei Doktoren derTheologie. Ein vom Herzog erworbenes Haus beim Dominikanerkloster sollte den Pro-fessoren als Wohn- und Arbeitsstätte dienen. Überdies wurden den Artistenmagisterndes Kollegs acht Kanonikate des Kollegiat-Kapitels von St. Stephan reserviert, mit derEinschränkung allerdings, daß ein Magister nicht gleichzeitig dem Allerheiligenkapitelund dem Herzogskolleg angehören dürfe', Als Dotation für die Universität bestimmteAlbrecht am 5. August 1384 eine jährliche Rente von 500 Pfund aus verschiedenen lan-desfürstlichen Zöllen und Mauten. Mit dem Betrag, den der Herzog am 30. August auf680 Pfund erhöhte, sollten zwei Theologen, nämlich Heinrich von Langenstein undHeinrich von Oyta, dann die zwölf Artistenmagister des Herzogskollegs, drei Kanoni-sten und ein Mediziner bezahlt werden''. Damit waren die Weichen für eine gedeihlicheEntwicklung des Wiener studium generale gestellt. Am 5. Oktober 1384 verbriefte Her-zog Albrecht der Universität schließlich das Recht, sich selbst Statuten zu gehen; dasgleiche bewilligte er den Fakultäten, deren Statuten von der Universität approbiert wer-den sollten",

Der Status der Universität erfuhr im Jahr 1384 insgesamt so tiefgreifende Verände-rungen, daß es notwendig schien, die Bestimmungen des rudolfinischen Stiftbriefes neuzu fassen, um den gewandelten Verhältnissen Rechnung zu tragen. Herzog Albrecht tatdies in der Form eines großen Universitätsprivilegs. Wann dies geschah, steht nicht fest,denn die Urkunde weist keine Datierung auf'. Uiblein vermutet, daß das Privileg im

4 Sehrauf Universität (wie Anm. 2) 976ff.; Uiblein, Universirät Wien (wie Anm. 2) 19. Zur Rolledes Kanzlers Bischof Benhold von Freising vg!.Alfred A. St r n ad, Kanzler und Kirchenfürst. Streiflich-ter zu einem Lebensbilde Bertholds von Wehingen. Jahrbuch des Stiftes Klosterneuburg N. F. 3 (1963)79-107, bes. 87ff. Heinrich von Langenstein nahm nach seinem Weggang aus Paris einige Zeit in derZisterze EberbachAufenthalt, ehe er 1384 nach Wien kam, vgl, Georg Kreuze r, Heinrich von Langen-stein. Studien zur Biographie und zu den Schismatraktaten unter besonderer Berücksichtigung der Epi-stola pads und der Epistola concilii pads (Quellen und Forschungen aus dem Gebiet der GeschichteN. F. 8, 1987) 79ff.; Uiblein, Mittelalterliches Studium (wie Anm. 2) 45 Anm. 31. Heinrich Tottingvon Oyta ging von Paris zunächst nach Prag und dann erst nach Wien. Direkt aus Paris karnen der Theo-loge Gerhard Kijkpot von Kalkar, der Jurist Heinrich von Odendorf sowie der Mediziner Hermann Lellevon Treysa, ein naher Verwandter Langensteins: Paul U i b lei n, Zu den Beziehungen der Wiener Uni-versität zu anderen Universitäten im Mittelalter, in: The Universities in the Late Middle Ages (1978)168-189, bes. 177.

S Schrauf, Universität (wie Anm. 2) 979 £; Uiblein, Landesfürsten (wie Anm. 2) 390; AlphansLho tsky, Die Wiener Artistenfakultät 1365-1497 (SBWien 247,1965) 39; Uiblein, Universität Wien(wieAnm. 2) 20. Die Gründung des Collegium ducalewird im albertinischen Universitätsprivileg darge-legt. Ob Herzog Albrecht außerdem eine eigene Stiftungsurkunde Alr das Kolleg ausgestellt hat, ist un-klar. Sehrauf Universität (wie Anm. 2) 980 Anm. 1 nimmt dies an und verweist auf das Alberrinum, woes im Zusammenhang mit der Reservierung von acht Kanonikaten des Allerheiligenkapitels für die Arti-stenmagister des Herzogskollegs heißt: ... iuxta tenorem et formam litterarum, quas ipsis SUP" hoc assigna-vimus speciales. .

6 Sehrauf Universität (wieAnm. 2) 980: Uiblein, Landesfürsten (wie Anm. 2) 390: ders., Universi-tät Wien (wie Anm. 2) 21 £; Lenzenweger, Gründung (wieAnm. 3) 11£

7 Kink, Geschichte 2 (wie Anm. 3) 72 Nr. 11; vg!. auch Sehrauf Universität (wie Anm. 2) 980:Uiblein, Universität Wien (wieAnm. 2) 21: ders., Mittelalterliches Studium (wie Anm. 2) 50.

I Kink, Geschichte 2 (wie Anm. 3) 49-71 Nr. 10. Eine neuere Edition des Albertinums fehlt. Zuden alten Drucken vg!. Sehrauf Universität (wie Anm. 2) 979 Anm. 2. Mit Ausnahme von Lambeck

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September oder Oktober 1384 ausgefertigt wurde". Das Albertinum stellt eine Bestäti-gung und Erweiterung des rudolfinischen Stiftbriefs dar, dessen Bestimmungen in wich-tigen Punkten geändert oder ganz außer Kraft gesetzt wurden. Die Änderungen betref-fen insbesondere die geographische Einteilung der Universitätsangehörigen nach Natio-nen und das Rektorat, das nun allen Fakultäten zugänglich gemacht wurde. Die Investi-tur des Rektors durch den Kanzler der Universität entfiel. An der Spitze der Nationensollten gewählte Prokuratoren stehen, die den Rektor für eine einsemestrige Funktions-periode zu wählen hatten. Einen zentralen Punkt des Privilegs stellt die Stiftung desschon erwähnten Herzogskollegs (Collegium ducale) dar. Das Universitätsprivileg bein-haltet weiters Bestimmungen über die Stephansschule, an der vier von der Stadt besol-dete Artistenmagister lehren sollten. Bei der Besetzung dieser Stellen wurde dem Rektorder Universität und Vertretern der vier Universitätsnationen ein Mitspracherecht einge-räumt. Außerdem regelt das Albertinurn auch das Verhältnis der Universität zur StadtWien. Die städtischen Magistrate mußten in Hinkunft im Rahmen des Eides, den siedem Herzog beim Amtsantritt leisteten, auch die Einhaltung der Universitätsprivilegienbeschwören. Die Universität sollte sich zum Konservator ihrer Privilegien jeweils einender beiden landesfürstlichen Anwälte im Wiener Stadtrat wählen.

Die Fakten sind bekannt. Sie wurden oft und ausführlich dargestellt. Die Bestim-mungen des Albereinums und deren Bedeutung für die Verfassung der Universität sindin allen Einzelheiten erörtert worden. Indes wissen wir recht wenig über die Vorgänge,die zur Ausfertigung des albertinischen Universitätsprivilegs geführt haben. Nach demderzeitigen Stand der Forschung läßt sich keineswegs abschätzen, ob und wenn ja in wel-chem Ausmaß die Universität am Zustandekommen und an der Gestaltung der Ur-kunde beteiligt war. Ungekärt ist auch die Frage der fehlenden Datierung des Alberti-nums. Ich möchte hier im folgenden eine diplomatische Analyse des Privilegs versu-chen", In systematischer Form ist dies bisher noch nicht geschehen, wenngleich wich-tige Einzelbeobachtungen zu Schrift und Diktat bereits in der universitätsgeschichtli-chen Literatur nachzulesen sind.

Beginnen wir zunächst mit den äußeren Merkmalen der Urkunde. Mit einer Höhevon 77 cm und einer Breite von knapp 100 cm erreicht das imposante Pergamentblattmonumentale Ausmaße und steht den beiden Fassungen des rudolfinischen Stiftbriefskaum nach. Der feierliche Charakter des Gesamtbildes der Urkunde wird durch die Ver-wendung verlängerter Schrift zur Hervorhebung der Invocatio in besonderer Weise be-

wiederholen alle den Druck von Josephus Joannes Sc h like n r i e der, Chronologia diplomatica celeber-rimae et antiquissirnae universitatis Vindobonensis ab anno MCCXXXVII ad annum MCCCl.XXXIV(Viennae 1753) 93-117.

• Uiblein, Universität Wien (wie Anm. 2) 19.10 Die Bestimmung von Schrift und Diktat setzt notwendigerweise die genaue Kenntnis der Schrei-

berhände und der Beurkundungspraxis der herzoglichen Kanzlei voraus. Moderne Untersuchungen überdas Urkundenwesen Herzog Albrechts Ill. gibt es freilich nicht. Zum Stand der Forschung vg!.WinfriedSt e l z er, Zur Kanzlei der Herzoge von Österreich aus dem Hause Habsburg (1282-1365), in: Landes-herrliche Kanzleien im Spärrnirrelalrer (Münchener Beiträge zur Mediävistik und Renaissance-For-schung 35. 1984) 297-313. Ich bereite eine größere Arbeit über Hof, Rat. Regierungspraxis und Kanzleider ösrerreichischen Herzöge im späteren 14. Jahrhunderr vor. Dabei habe ich mir eine möglichst voll-ständige Erfassung der landesfürstlichen Urkunden dieser Zeit zum Ziel gesetzt. Die so entstandeneSammlung von Photos und Kopien umfaßt mittlerweile fast 2000 Originalurkunden der Herzoge A1-brecht Ill., Leopold Ill. und Wilhe1m. Dieses Material wurde für die vorliegende Studie vielfach zu Ver-gleichszwecken herangezogen.

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tont, In dieser Hinsicht ist das Universitätsprivileg einzigartig. Die Elongata begegnetsonst in keiner Urkunde Herzog Albrechts Ill. Wenn das Albertinum dennoch eherschmucklos wirkt, so liegt dies an der fehlenden Initiale. Sehr wahrscheinlich war einePrunkinitiale vorgesehen. Um Plarz für diese zu schaffen, sind die ersten beiden Textzei-len deutlich rechts eingerückt".

Eindrucksvoll ist die große Zahl der Siegel, die an der Urkunde hängen. In der Cor-roboratio werden insgesamt 27 Siegel angekündigt. Neben dem Aussteller Herzog Al-brecht Ill. und dessen Bruder Leopold Ill. sollten auch Erzbischof Pilgrim von Salz-burg, Bischof Johann von Passau, 22 Herren und Ritter und die Stadt Wien das Univer-sitätsprivileg besiegeln. Unter den adeligen Mitsieglern finden sich fast alle führendenösterreichischen Landherren. Der Adel der übrigen habsburgischen Länder ist dagegennicht vertreten. Besondere Beachtung verdient der Umstand, daß die Inhaber der öster-reichischen Landeserbämter vollzählig versammelt sind, und zwar nicht nur Marschall,Truchseß, Schenk und Kämmerer, sondern auch die Träger der neu hinzugekommenenÄmter Jägermeister und Türhüter. Das oberste Türhüteramt begegnet hier überhauptzum ersten Mal urkundlich belegt", Dem Adel war schon im rudolfinischen Stiftbriefeine bedeutende Rolle zugewiesen worden. Weit mehr als 100 Herren und Ritter waren1365 als Zeugenumstand der Universitätsstiftung aufgetreten. Doch besiegelt wurdendie beiden Fassungen des Stiftbriefs nur von Herzog Rudolf und seinen beiden Brüdern.Das albertinische Privileg geht hier weiter als das Rudolphinum. Dies überrascht umsomehr, als Albrecht Ill. seine Urkunden nur in ganz seltenen Fällen durch andere Siegelbekräftigen ließ. So hat der Herzog etwa am 5. Jänner 1376 mehrere Herren und landes-fürstliche Amtsträger zur Mitbesiegelung einer mit seinem Bruder Leopold geschlosse-nen Vereinbarung herangezogen". Die Siegel zahlreicher Herren trägt auch die Urkundevom 10. Oktober 1386, mit welcher Herzog Albrecht nach der Katastrophe von Sem-pach die Übernahme der Herrschaft über die Länder der leopoldinischen Linie er-klärte",

Doch nun zu den Siegeln im einzelnen. Den Anfang macht das Siegel des AusstellersHerzog Albrecht III. Zur Befestigung bediente man sich rot-weißer Seidenfäden. wiedies in der albertinischen Kanzlei damals allgemein üblich war. Die Farben rot und weißhatten ab 1370 die zuvor gebräuchliche Farbkombination rot-grün sukzessive verdrängt.Bei dem Siegel Albrechts Ill. handelt es sich, wie in der Corroboratio angekündigt, umdas große herzogliche Siegel {maior sigil/urn ducale), das Reirersiegel". Der Typarab-druck in rotem Wachs ist auf eine flache Unterlagsscheibe aus ungefärbtem Wachs auf-gedrückt. Als Gegensiegel hat man das kleine herzogliche Wappensiegel auf der Rück-

11 Zur Problematik fehlender Initialen in spätmittelalterlichen Urkunden vg!. jetzt Klaus Frhr. v.And r i a n -Wer bur g. Die fehlende Initiale. Versuch einer Deutung. Zeitschrift f. bayer. Landesge-schichte 55 (1992) 51-64.

11 Oskar v. Mit i s, Die schwäbischen Herren von Wehingen in Österreich - ein Beispiel für Fami-lienwanderung im Mittelalter. Jahrbuch f. Landeskunde v. NÖ N. F. 23 (1930) 76-92, bes. 80; LeopoldStie r Ie, Die Herren von Wehingen. Ein schwäbisches Rittergeschlecht im Dienste der Grafen von Ho-henberg, der Babenberger, König Ortokars n. von Böhmen und der Habsburger. Seine verschiedenenZweige in Niederösterreich und Mähren, in Tirol und in der angestammten Heimat (1989) 46.

IJ UB des Landes ob der Enns IX Nr. 1.I. Franz Kur z, Österreich unter Herzog Albrecht dem Dritten. Bd. 2 (1827) 116.IS Karl v. Sava, Die Siegel der österreichischen Regenten bis Kaiser Max I. (1871) Fig. 39.

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seite der Siege!schale eingeprägt", Gegensiegel begegnen vereinzelt bei feierlichen Ur-kunden Herzog Rudolfs IV.17.Von den Urkunden Herzog Albrechts Ill. hat, soweit ichsehe, nur ein feierliches Privileg für die Stadt Wien vom 29. September 1382 ein mit ei-nem Rücksiegel versehenes Reitersiegel".

Bei der Besiegelung des Privilegs durch Herzog Leopold Ill. verfuhr man ganz ähn-lich wie beim Siegel Herzog Albrechts. An rot-weißen Seidenfäden hängt das Reitersie-gel des Herzogs und wiederum dient das kleine Wappensiegel als Gegensiegel", Unwei-gerlich drängt sich die Frage auf, wann Herzog Leopold in Wien durch Anhängen seinesSiegels der Neuordnung der Universität die Zustimmung gab. Leopold hielt sich imJahre 1384 ausschließlich in den Vorlanden auf Nach Wien kam er erst wieder im Au-gust 138520• Dies wäre dann der frühest mögliche Zeitpunkt für eine Besiegelung des Al-bertinums durch Leopold. Oder aber wir müßten annehmen, daß ein Bevollmächtigterdes Herzogs, zum Beispiel dessen Kanzler Bischof Friedrich von Brixen, mit dem großenTypar nach Wien gereist ist, um dort im Auftrag Leopolds das Universitätsprivileg zu be-siegeln.

Entsprechend den Aufschriften an der Plica, die als Leitfaden für die Besiegelungdienten, sollten neben dem Siegel Herzog Leopolds die Siegel des Erzbischofs von Salz-burg und des Bischofs von Passau hängen. Beide Siegel fehlen heute und sie fehlten be-reits im Jahre 1753, als Joseph Johann Schlikenrieder Kupferstiche der vorhandenen Sie-gel des Albertinums für sein Werk "Chronologia diplomatica ... universitatis Vindobo-nensis" herstellen ließ. Tatsächlich besteht Grund zur Annahme, daß die beiden Siege!des Metropoliren und des Diözesanordinarius der Urkunde niemals angehängt wur-den", Als Heinrich von Langenstein um 1388 eine unter dem Titel Informado serenis-simi prindpis duds Alberti de stabiliendo studio Wtennensibekannte Denkschrift verfaßte,worin er dem Herzog Vorschläge zur Förderung des Studienbetriebs an der A1ma materRudolphina unterbreitete, forderte er u. a. auch, daß das Privileg Herzog Albrechts Ill.endlich, wie vorgesehen, vom Erzbischof von Salzburg und dem Bischof von Passau be-siegelt werde", Vier Jahre nach der Ausfertigung der Urkunde fehlten die beiden Siegelalso noch immer. Aus den Rektoratsakten erfahren wir, daß die Universität im Jahre1389 einen neuen Versuch unternahm, das nach wie vor ausständige Siegel des Erzbi-schofs von Salzburg für das Albertinum zu erlangen. Am 13. Juni 1389 fand eine Uni-versitätsversammlung statt ad deputandum aliquos, qui in aduentu domini archiepiscopi

16 Sava (wieAnm. 15) Fig.42.17 Pranz Hut e r, Herzog Rudolf der Stifter und die Tiroler Städte. Festgabe der Gewerblichen Wirt-

schaft Tirols zum 600-Jahr-Jubiläum der Vereinigung Tirols mit Österreich (Tiroler Wirtschaftsstudien,1971) 27.

18 Quellen z, Gesch. d. Stadt Wien I111Nr. 1038.19 Sava (wieAnm. 15) Fig. 45 bzw. 49.20 Leopold urkundet am 7.August 1385 in Wien (vgl. Niederösterr. Landesarchiv StA Urk.

Nr.1143).21 Uiblein, Landesfürsten (wie Anm. 2) 392 mit Anm. 37; ebenso Acta facultatis artium universita-

tis Vindobonensis (künftig zit, als AFA) I, herausg. v. Paul U i b lei n (1968) 36 Anm. 31.22 Gustav So m mer feld r,Aus der Zeit der Begründung der Universität Wien. MIÖG 29 (I908)

307: Quintum m, ut littera privikgiorum duea/ium secundum eius tmorem plen« sigilletur sigil/is arrhüpi-scopi et episcopi ordinarii et aliorum, qui adhue non sigillaoerunt, et integr« sigi/lata una cum but/is papa/ibusin arrha universitatis in aliquo loco securo ponmda custodiatun Zur Datierung der Schrift auf ungefähr1388 vg!.Uiblein, Landesfürsten (wieAnm. 2) 393 £Anm. 46 und ders., Universität Wien (wieAnm. 2)25.

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Salczeburgensis sibi supplicent pro apposicione sigilli sui ad privilegia ducalia de confinna-done studii WiennensifB. Es scheint, daß auch diese Bemühungen nicht von Erfolg ge-krönt waren. Die Besiegelung durch den Erzbischof von Salzburg beziehungsweise denBischof von Passau dürfte endgültig unterblieben sein. Thomas Ebendorfer behauptetzwar, das Privileg Herzog Albrechts sei durch Bischof und Kapitel von Passau besiegeltgewesen, doch kann er dies, zumindest was den Bischof betrifft, auch der Corroboratioder Urkunde entnommen haberr",

Die Siegel der Herren und Ritter hängen durchwegs an grün-rosa Seidenfäden. Un-versehrt erhalten sind folgende Siegel: Graf Burkhard und Graf Johann von Maidburg-Hardegg, Landmarschall Rudolf von Wallsee, Hofmeister Johann von Liechtenstein,Hofrichter Markward von Thiernstein, die Inhaber der Landeserbämter Konrad vonMaissau, oberster Marschall, Pilgrim von Puchheim, oberster Truchseß, Johann vonMaissau, oberster Schenk, Johann von Ebersdorf oberster Kämmerer, Reinhard vonWehingen, oberster Türhüter, Wulfing von Scheuchenstein, oberster Jägermeister, sowieHeinrich von Rauhenstein, Kadolt von Eckartsau, Heinrich von Wallsee, Konrad vonPottendorf und der Hubmeister Johann von Tirna. Die fünfheute fehlenden Siegel (Sei-fried von Kuenring, Eberhard von Kapellen, Georg von Maissau, Albert Stuchs vonTrautmannsdorf und Johann von Sradeck) vermißte allesamt bereits Schlikenrieder imJahr 175325• Vergleicht man die Namen der im Text angekündigten Siegier mit jenen,die an der Plica vermerkt wurden, so ergibt sich eine merkwürdige Abweichung. Diesebetrifft den Inhaber des Oberstjägermeisteramts. In der Corroboratio heißt es n. deSchaubenstan supremus magister uenatorum, wobei Scbauhenstan auf Rasur steht. An derPlica liest man statt dessen den Namen Kreuzpach 26. Das Siegel stammt nach Ausweisder Umschrift von Wulfing von Scheuchensreirr". Wahrscheinlich war zunächst einKreisbacher als Siegier vorgesehen, ehe dann Wulfing von Scheuchenstein sein Siegel andas Universitätsprivileg hängte. Dies würde auch die Rasur im Text begreiflich machen.Man kann wohl vermuten, daß an dieser Stelle zuvor der Name Kreisbach stand. EinWechsel im Amt des Oberstjägermeisters hat offenbar diese Korrektur erforderlich ge-macht. Mit dem neugeschaffenen Oberstjägermeisteramt hatte Herzog RudolfIY. 1359den durch Peter Suchenwirts Ehrenreden bekannten Ritter Friedrich von Kreisbach be-lehnr". Um 1380 ist dessen Sohn Wilhe1m von Kreisbach als Oberstjägermeister ur-

23 Acta Universitatis (künftig zit. als AU) I fol. 16', Wien, Archiv der Universiran die:Stelle hier nachUiblein, Landesfürsten (wie:Anm. 2) 392 Anm. 37. Ähnlich auch AFA I 36.

l4 Uiblein, Landesfürsten (wie Anm. 2) 392 Anm. 37.lS Schlike:nrieder, Chronologia diplomatica (wie Anm. 8), Beilage:nach S. 136.l6 Kink, Geschichte: 2 (wie Anm. 3) 72.n Im Siegelfeld ist e:in frontaler Topfhelm und als Helmzier ein offener Flug zu sehen; zum Siege!

Wulfings von Scheuchenstein vgl. jetzt Ludwig Fr e id i n ge:r, Wappe:n des Adels, der Geistlichen undder Bürge:rim Pirtener Gebiet, im oberen Mürztal und in der Nordoststeiermark (masch, phil. Diss. Graz1990) 105.

l8 Topographie von Niederösterreich V. 424 ff.; auch Karl Li n d, Mittelalterliche: Grabdenkmale inNiederösterreich. Berichte und Mitrheilungen des Alterthurns-Vereins Wien 13 (1873) 195-197; Gu-stav Call ia n 0, Geschichte der Stadt Baden I (l92l) 432; Kun D re:sc her, Die Grabdenkmale in undum die Badener Kirchen (1978) 54 f Für zahlreiche Literaturhinweise zu Friedrich von Kreisbach danke:ich Herrn Prof Wolfgang Häusler. Allgemein zum Oberstjägermeisteramt vgl. Karl v. Sa va, Die Siegelder Landes-Erbämter des Erzhe:rzogtums Österreich unter der Enns im Mittelalter. Berichte und Mittei-lungen des Alrerrhums-Vereins Wien 5 (1861) 45-69, 55; ebenso Karl Planck-Planckburg, DieLandeserbämter und die Erbhuldigungen in Österreich ob der Enns (Linz 1929) 4 f und Franz Hut er,

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kundlieh bezeugt29• 1396 begegnen dann Wolfgang und Ono von Scheuchenstein alsLehensträger dieses Ehrenamtes und der damit verbundenen Burg Rappolrenkirchen",Alles deutet daraufhin. daß die Scheuchensteiner um die Mitte der achtziger Jahre Wil-helm von Kreisbach als Inhaber des Oberstjägermeisteramts abgelöst haben.

Die Rektoratsakten gewähren einen überraschenden Einblick in die Umstände derBesiegelung des Universitätsprivilegs durch die österreichischen Landherren. Rektor Ko-loman Kolb vermerkt Ende Oktober! Anfang November 1386 folgenden Ausgabepo-sten: Item pro sigillis dominorum comitum de Maidburg et domini de Raucbenstain pro ceradioersorum colorum tresg.31• Die Notiz ist zweifellos mit dem Albeninum in Zusammen-hang zu bringen. Der Rektor hatte auf Rechnung der Universität Wachs beschafft. dasfür die Besiegelung des Universitätsprivilegs durch die Grafen von Maidburg und denHerrn von Rauhenstein bestimmt war. Gemeint sind die Grafen Burkhard 11. (gesr.5. März 1388) und Johann 11. (gesr, 1394) von Maidburg-Hardeggf sowie Heinrichvon Rauhensrein, deren Siegel. wie schon erwähnt. noch heute am Albeninum zu sehensind. Als sich die drei genannten Adeligen im Herbst 1386 beim Rektor zur Besiegelungeinfanden. waren zwei Jahre seit der Ausfertigung der Urkunde vergangen. Offensicht-lich waren der Erzbischof von Salzburg und der Bischof von Passau nicht die einzigen.die die Universität lange Zeit warten ließen. auch die Herren des Adels hatten keine son-derliche Eile. ihre Siegel an das herzogliche Privileg zu hängen. Der Rektor bestrittselbstverständlich alle Kosten der Besiegelung und vergaß auch nicht, die Kämmerer derGrafen von Maidburg-Hardegg mit einer kleinen finanziellen Zuwendung zu beden-ken",

Die Anstrengungen, die die Universität unternahm. um die gewünschten Siegel fürdas albertinische Privileg zu erlangen. haben sich offenbar über mehrere Jahre erstreckt.Unter diesen Umständen konnte es wohl auch geschehen. daß der ursprünglich vorge-sehene Siegier noch vor dem Vollzug der Besiegelung starb. Vielleicht erklärt dies eineRasur im Text beim Namen des Erbtruchseß Pilgrim von Puchheim. Pilgrims Vater Al-hero starb im Jahre 138434• Wahrscheinlich enthielt das Albertinum noch dessen Na-men. sodaß eine Namensberichtigung notwendig wurde. als Pilgrim anstelle seines mitt-lerweile verstorbenen Vaters siegelte.

Das Oberstjägermeisteramt, in: Gesamtinventar des Wiener Haus-, Hof- und Staatsarchivs 2 (Inventareösterreichischer staatlicher Archive V/5/2, 1937) 332-340.

29 Das um 1380 angelegte Lehenbuch Herzog Albrechts Ill. führt unter den Lehen der Kreisbacheran: Das jegermaisttrampt in Österreich, item die vestt Rapottmkirebrn (Christoph Te p per b erg, Das Le-henbuch Herzog Albrechts Ill. [Prüfungsarbeit am IföG 19771 35 Nr. 174). Wilhe1m von Kreisbachstarb angeblich 1419 oder wenig später und wurde in der von ihm gestifteten Fronleichnamskapelle beiden Augustinern in Baden begraben. Sein Grabstein war dort zu Anfang des 19. Jahrhundens noch zu se-hen; vgl. Rudolf M a ure r, Die Augustinerurkunden und -akten des Badener Stadtarchivs 1285-1545(Prüfungsarbeit am IföG 1995) 168 Anm. 3. .

30 In dem 1396 angelegten Lehenbuch Herzog Albrechts IV. (HHSTA Hs. Blau 20 p. 23) findetsich der folgende Eintrag: Ott und Wo/fgang Schiwhrnstainer habent ze lehen das obrist jfgermaisterampt inOstm(eich). Item das dorf! Rappotenkiricben. Item in demselben darf! III tl. und LX d. gelts.

II AU I fol. 5v zwischen Einträgen zum 21. Oktober und 29. November 1386.32 RudolfResch, Retzer Heimatbuch I (1936) 243.33 AU 1 fol. 5v

: Item camerarils comitum 12g.34 Kar! G u tkas, Ein österreichischer Staatsmann des 14. Jahrhundens. Jahrbuch £ Landeskunde v.

NÖ N. F. 32 (1955/56) 62-73, bes. 71; Christoph Te p p erb er g, Die Herren von Puchheim im Mit-telalter. Beiträge zur Geschichte des landsässigen Adels von Niederösterreich (masch. phil. Diss. Wien1978) 52.

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Diplomarische Bemerkungen zum Privileg Herzog Albrechts Ill. 121

Auf der Suche nach dem Mundator des Alberrinums wird man nicht sogleich fün-dig. Der Schriftvergleich bringt nämlich ein unerwartetes Ergebnis. Die Hand, die dieReinschrift des Universitätsprivilegs besorgte, begegnet nicht in den zeitnahen Urkun-den Herzog Albrechts Ill. Aufschluß geben wiederum die Rektoratsakten. Rektor Kolo-man Kolb trug zwischen dem 12. und dem 25. März 1385 folgenden Ausgabepostenein: Item mag. Paulo pro ingrossacioneprivilegiorum et statutorum in pergameno unam lib.den. et in papiro. Auf derselben Seite steht am unteren Rand: Nota quod dedi magistroPaulo unam libram den. pro ingrossacioneprioilegiorum ducalium. Konrad Josef Heilig haterstmals auf diese hochinteressanten Notizen hingewiesen. Indem 1933 publiziertenAufsatz über die Verfasserfrage der sogenannten Osterreichischen Chronik von den 95Herrschaften teilte er die beiden Stellen in einer Anmerkung mit, ohne jedoch näherdarauf einzugehen". In jüngerer Zeit wurde der erste der beiden Einträge von Paul Uib-lein mit Hinblick auf die Universirätsstaturen herangezogen", Der Wortlaut der beidenStellen läßt keinen Zweifel zu. Magister Paul von Geldern hatte im Auftrag der Univer-sität die Reinschrift der herzoglichen Privilegien und der Statuten besorgt und wurde da-für vom Rektor entlohnr, Unter den prioilegia ducalia ist jedenfalls das große albertini-sche Universitätsprivileg zu verstehen. Der Plural wird aber nicht zufällig gewählt sein.Wahrscheinlich bezog sich Rektor Koloman Kolb auch auf das Privileg vom 5. Oktober1384, mit welchem Herzog Albrecht der Universität das Recht einräumte, sich selbstStatuten zu geben.

Magister Paul Fabri von Geldern war im Studienjahr 1383/84 nach Wien gekom-men. Er hatte in Paris studiert, wo er 1375 das Bakkalariat und 1376 den Magistergradder Artes erwarb. 1377 begegnet er als Prokurator der natio Anglicana oder Alemannicader Pariser Universität, ehe er sie 1382 wie so viele deutsche Magister verließ", 1383wurde er an der Prager Universität als Artistenmagister rezipiert", wechselte aber schonim nächsten Jahr nach Wien. Hier war er im Sommersemester 1388 Dekan der Artisten-fakultät. 1391 wurde er in Köln immatrikuliert", Doch hat er wohl anschließend inWien den theologischen Doktorgrad erlangt. 1396/97 bekleidete er zwei Semester hin-durch das Amt des Dekans der Wiener theologischen Fakultät. Danach ging er endgül-tig nach Köln, wo er schon im Oktober 1397 zum Rektor gewählt wurdet". Um 1404 ister in Köln gestorben", Die Handschrift des Paul von Geldern ist gut bekannt. Mehrerevon ihm geschriebene Codices finden sich in der Collectio Amploniana der Bibliothek

3S Konrad JosefH eil i g, Leopold Stainreurer von Wien, der Verfasserder sogenannten Ösrerreichi-sehen Chronik von den 95 Herrschaften. Ein Beitrag zur österreichischen Historiographie. MIÖG 47(1933) 225-289, 232 Anm. 13.

36 Uiblein, Mittelalterliches Srudium (wieAnm. 2) 50 Anm. 49.37 Henricus Den i fI e - Aemilius Ch ate Ia i n, Auctarium Chartularii universitatis Parisiensis I

(1894) Sp, 464 (Dererrninatio], Sp. 492f. (Lizentiat); Sp. 525-528 (Prokurator der Natio AnglicanavoaSeptember - November 1377); Sp, 535, 584 (1378 und 1380 führt er je zwei Studenten zum Bakkala-riat),

38 Monumenta historica universitatis Carolo-Ferdinandeae Pragensis 1/1 (1830) 210.39 Hermann Ke us s e n, Die Matrikel der Universität Köln 1389 bis 1559, Bd. 1 (Publikationen der

Gesellschaft f. Rheinische Geschichtskunde 8/1, 21928) 61 Nr. 5.40 Keussen, Matrikel (wie Anm. 39) 89.41 AFA 554 u. Akten der Theologischen Fakultät der Universität Wien (1396-1508), herausg. v.

Paul Uiblei n (1978) VIII; ebenso Kreuzer, Heinrich von Langenstein (wie Anm. 4) 151 Anm. 1.

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in Erfurr", Von diesen weist einer, nämlich Codex Am pl. Quart 79, ein Kolophon auf, inwelchem sich Paul von Geldern ausdrücklich als Schreiber nennt. Die Schlußschrift lau-tet: Hie liber est scriptus per manus Pauli de Gelria U)tenne in collegio domini ducis annodomini millesimo CCQn°81"'° in oicesima septima die mensis iulii, unde deus celorum sitbenedictus ", Dieser Codex und die meisten anderen von Paul von Geldern geschriebe-nen Handschriften der Amploniana enthalten Werke Heinrichs von Langenstein'", Wirkennen die Hand des Paul von Geldern aber nicht nur aus diesen Codices, sie begegnetauch in den amtlichen Quellen der Universität Wien. Paul von Geldern hat 1396 alsDekan den ersten Band der Theologenakten angelegt und die Eintragungen währendseiner Amtszeit eigenhändig vorgenommen", In den Rektoratsakten stammen die erstenAufzeichnungen unter dem Rektorat des Magisters Peter Engelhardi von Höbersdorf imApril 1388 sicher ebenfalls von seiner Hand", Heilig beschreibt seine Schrift als klobigund eckig. Als besonders charakteristischer Buchstabe kann das P gelten, dessen Kopfstark vergrößert und bisweilen durch Punkte ausgefüllt ist, während der weit nach linksausschwingende Schaft verkümmert. Mit ziemlicher Regelmäßigkeit gebraucht Paul vonGeldern verschiedene einfache Zierelemente. So weisen etwa Initialbuchstaben oft eineschwungvolle Ansatzlinie auf, die mit zwei kurzen parallelen Strichelchen versehen ist.Erwähnung verdient auch die gelegentliche Verwendung einer dekorativen ct-Ligatur.Ein Vergleich des albertinischen Universitätsprivilegs mit den bekannten Schriftprobendes Paul von Geldern bestätigt die Angaben der Rektoratsakten. Es scheint tatsächlich,daß Magister Paul Fabri das Albertinum mundiert hat. In Duktus und Einzelformen be-steht weitgehende Übereinstimmung und selbst für besondere Schmuckelemente desUniversitätsprivilegs wie die Venierung des A von Albertus in der Intitulatio finden sichParallelen bei Paul von Geldern. Von dessen Hand stammt eine ganz ähnlich gestalteteInitiale in den Theologenakten (s, Abb. 1 und 2). Die meisten der graphischen Eigen-heiten, die als typisch für die Handschrift des Paul von Geldern genannt wurden, kehrenübrigens auch in dem Statutenprivileg für die Universität vom 5. Oktober 1384 wieder,sodaß die Reinschrift auch dieser Urkunde wohl Magister Paul Fabri zuzuweisen seindürfte.

Nach dem bisher Gesagten scheint klar, daß es sich beim albertinischen Universi-tätsprivileg um eine Empfängerausfertigung handelt. Vor diesem Hintergrund gewinnteine Notiz in den Rektoratsakten besondere Bedeutung. Rektor Koloman Kolb ver-merkt zwischen 26. Oktober und 18. November 1384: Item dedi pro pergameno priuile-giorum tres liP. Sollte damit der Ankauf des Pergaments für das große Henogsprivileg(und vielleicht auch die Urkunde Albrechts Ill. vom 5. Oktober 1384) gemeint sein?

41 Wilhe1m Sc hum. Beschreibendes Verzeichnis der Amplonianischen Handschriftensammlung zuErfurt (1887) XIV Anm. 1 u. 958.

43 Schum, Beschreibendes Verzeichnis (wie Anm. 42) 346 f.; Abb. bei Wilhe1m Sc hum, Exemplacodicum Amplonianorum Erfurtensium saeculi 9.-15. (Berlin 1882) Tafel23 Nr. 50; vgl auch GustavSo mmer fe Id t, Zwei Schismatraktare Heinrichs von Langenstein. Sendschreiben an König Wenzelvon 1381 und Schreiben an BischofFriedrich von Brixen, um 1384. MIOG Erg. Bd. 7 (I907) 436-469.438 Anm. 1. Benedletins du Bouveret, Colophons de manuscrits occidentaux des origines au XVI< siedeV (1979) 26 Nr. 15053. S. hier Abb. 3.

44 Schum, Beschreibendes Verzeichnis (wie Anm. 42) 958 und Kreuzer, Heinrich von Langenstein(wie Anm. 4) 128.

4S Akten der Theologischen Fakultät VIII u. XVII (zur Eigenhändigkeit).46 AU I fol. 13'.41 AU I fol. 2'.

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Die Vermutung liegt nahe. Wenn die Eintragung tatsächlich auf das Albertinum zu be-ziehen ist, dann haben wir damit einen wichtigen zeitlichen Fixpunkt für die Ausferti-gung des bekanntlich undatierten Universitätsprivilegs gewonnen.

Das Protokoll des Albertinums beginnt mit der Invokation In nomine sancte et indi-oidu« trinitatis amen. Dies ist bei Urkunden Herzog Albrechts Ill. höchst selten der Fall.Die Kanzlei hat nur bei ganz wenigen feierlichen Ausfertigungen eine verbale Invoka-tion verwendet. Die Intitulatio ist in Gestalt des großen herzoglichen Titels gegeben.Dabei fällt eine bemerkenswerte Abweichung von der kanzleiüblichen Form auf. DemNamen des Herzogs ist die Ordnungszahl tercius beigefügt. Dieser Gebrauch war derKanzlei Albrechts Ill. durchaus fremd. Es hat den Anschein, daß der Verfasser des Alber-tinums, den wir nach den bisher gemachten Beobachtungen wohl in den Kreisen derUniversität vermuten dürfen, bei der Gestaltung der Intitulatio seiner Vorlage, dem ru-dolfinischen Srifibrief gefolgt ist. Dort findet sich die Ordnungszahl nach dem Namendes Ausstellers, so wie dies bei feierlichen Privilegien Herzog Rudolfs IV. in offenkundi-ger Anlehnung an die Königsurkunde allgemein üblich war. Daß Herzog Albrecht vonden Zeitgenossen als der dritte dieses Namens gezählt wurde, läßt sich verschiedentlichnachweisen. Gerade in den offiziellen Quellen der Wiener Universirät wird er mit großerRegelmäßigkeit als Albersus tercius benannt",

An das Protokoll des Privilegs schließt eine kunstvolle Narratio, die in programma-tischen Worten den Entschluß Herzog Albrechts Ill. zur Neuordnung der Universitätvorstellt. Der Herzog erinnert daran, daß er einst 1365 in annis minoribus gemeinsammit seinem Bruder Rudolf ein Generalstudium in Wien gegründet habe. Dieses Werkgelte es nun mit Eifer fortzusetzen und zur Vollendung zu führen (forvore prosequi et adperfictum usque deducet» complementum), Er wolle deshalb die damals gewährten Rechteund Privilegien bestätigen, die jedoch neu gefaßt und von überflüssigem Beiwerk undvon allen Weitschweifigkeiten befreit werden sollten (superfluis resectis et ambagibus sue-cisis), Die Wendung superfluis resecatis findet sich übrigens im Prooemium zum LiberExtra", Ganz sonderbar mutet es an, wenn man vom österreichischen Herzog liest: nosdivina clemencia tot principatum, tot dominiorum titulis sublimates, tantisque prerogativisimperialibus insignitos. Diese hochtönenden Worte sind dem Urkundenwesen HerzogAlbrechts Ill. vollkommen fremd und scheinen ganz der gedanklichen VorstellungsweltHerzog Rudolfs IV. und der österreichischen Hausprivilegien anzugehören. Konrad Jo-sef Heilig machte auf eine ähnliche Stelle bei Heinrich von Langenstein aufmerksarn".In einem Schreiben, das der große Theologe Anfang 1386 an den Kanzler Herzog Leo-polds 111.51, den Bischof von Brixen Friedrich von Erdingen, in Sachen des Schismasrichtete, schlägt er vor, daß die beiden Herzöge Albrecht und Leopold in einem gemein-

oil Z. B. in den Statuten der Artistenfakultät vom 1.April1389 (Lhotsky, Wiener Artistenfakultät[wie Anm. 5] 223 If.: ... gratiosissimo domino nostro A/bmo Austrie duct tertio procurante ... h ebensoAU I fol. 4': Universitäcsversammlung am 8. November 1385 in magna stuba collegii maioris dominiA/bmi duds tercii.

49 Rex pacificus (Prooernium zum Liber Extra), in: Corpus iuris canonici, ed. Ae. F ri e d b erg, 2(1879, Neudruck 1959) 2f. Zu dieser Stelle des Schreibens "Rex pacificus" vgl. Othmar Hage n e d e r,Die Übernahme kanonistischer Rechtsformen im Norden, in: Kommunikation und Mobilität im Mit-telalter. Begegnungen zwischen dem Süden und der Mitte Europs (11.-14. Jahrhundert), herausg, v.Siegfried de Rachewil tz u. JosefRiedman n (1995) 249-260, 255f.

lO Heilig, Leopold Srainreurer (wie Anm. 35) 247.SI Zur Datierung vgl. Kreuzer, Heinrich von Langenstein (wie Anm. 4) 107 If.

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samen Manifest Fürsten und Prälaten dazu aufrufen sollten, sich um die kirchliche Ein-heit zu bemühen. Das Konzept dieses Manifests hat Langenstein gleich selbst entworfen.Er läßt dort die beiden Herzöge erklären: nolumus utique divine largitati, que nos magni-fice memorali predecessorum generis nostri strennuitate tot dominiorum titulis, bonoribus etliberiarum prerogatiuis sublimauit; ullatenus hoc tempore ingrati me 52. Die Anklänge andie Formulierung im Universitätsprivileg sind recht deutlich. Und dies ist nicht der ein-zige Hinweis auf Heinrich von Langenstein. Gleich im Anschluß an die erwähnte Stelleüber die imperialen Prärogativen Herzog Albrechts heißt es cupientes igitur apud nospre-fatas littetarum scolasgenerales incrementis semper ft/icibus prosperari et tanquam lucernasin domo domini accendi /ucifluas caliginem tenebrarum excecancium ignorancie et malicie afinibus universal is ecclesie claro lumine proscripturas. Die Metapher von der hohen Schuleals Licht in der Finsternis begegnet auch im Privileg Herzog Albrechts Ill. für die Uni-versitär vom 5. Oktober 1384 in Betreff der Statuten'", Eine ganz ähnliche Formulie-rung gebraucht Heinrich von Langenstein 1388 in seiner Denkschrift Infarmacio überMaßnahmen zur Förderung des Studienbetriebs in Wien. Er stimmt dort ein Elogiumauf das Werk der Universitätsstiftung an. Eine hohe Schule zu gründen, bedeute accen-dere in regione caligin« oiciorum et errorum tenebrosa lucemam folgurantem, que suis radiisomnibus luceat, non so/um unius regionis. sed omnium adiacencium ostendens uiam iusticieet oeritatis'". Langenstein zeigt überhaupt eine besondere Vorliebe fur das Bild von derUniversität als lucema sapientie: In dem zuvor erwähnten Konzept fur ein Manifest derHerzöge Albrecht und Leopold zur Überwindung des Schismas schreibt er: Numquidnon iam apud Germanos lucerne tres sapiencie accense sunt, hoc est tria gmeralia studiaueritatis radiis gloriose choruscant? 55.

Mit der Berufung auf Paris als Vorbild für die Wiener Universität beginnt der ei-gentlich dispositive Hauptteil der Urkunde. Die schon im rudolfinischen Stiftbrief evo-zierte Vorstellung von der translatio artium, einer Übertragung des studium von Athenüber Rom nach Paris'", wird vom Verfasser des Albertinurns in üppiger Metaphorik ent-faltet. Er vergleicht die neue Universität mit einem Bächlein de preclaro [ant« saplencie,qui olim apud GrecosAthenis erupit, post auctus Rome scaturiit et demum Parisius receptusexcreuit in stagnum babundanclum aquarum jluentis doctrine orbem i"igancium univer-sum. In einfachster Gestalt findet sich die Metapher vom Brunnen (scientiarum fam im-guus) im päpstlichen Formular, das seit der Bulle Clemens VI. für Prag 1347 zur Bestä-tigung von Universitätsgründungen benutzt wurde und auch 1365 und 1384 für Wien

51 Sommerfddt, Zwei Schismatraktate (wie Anm. 43) 468.II Kink, Geschichte 2 (wie Anm. 3) 72£ Nr. 11 (fehlerhaft): •.. Cupimtn fond4cion~ studii litura-

rum aputi nos /ucemam choruscanciumstabiliri doctrinarum atq~ morum laudobi/ium in sa/ut~momnibusSmtp" adoug~riproftetum ...

~ Sommerfeldt. Zeit der Begründung (wie Anm. 22) 304.ss Sommerfeldt. Zwei Schismatraktate (wie Anm. 43) 469.56 Frank Rex rot h, Deutsche Universitätsstiftungen von Prag bis Köln (Beihefte zum Archiv für

Kulturgeschichte 34. 1992) 120. Die Vorstellung von der translatioartium hat ausgehend von den PariserSchulen seit dem 12. Jahrhundert weite Verbreitung gefunden; vg!. FranzJosefWorstbrock, Transla-tio arrium. über die Herkunft und Entwicklung einer kulturhistorischen Theorie. Archiv £ Kulturge-schichte 47 (1965) 1-22.

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zur Anwendung kam", Etwas abgewandelt begegnet sie auch in den Statuten der Wie-ner theologischen Fakulrät".

Die ganze erste Hälfte des Privilegs gilt der Neufassung und Erweiterung von Be-stimmungen des rudolfinischen Stiftbriefs, wobei die Reihenfolge gegenüber der Vorlageverändert und umgestellt ist. Danach folgt die Gründung und Dotation des Collegiumduca1e. Die Urkunde schließt in ungewöhnlicher Form mit den Zustimmungserklärun-gen Herzog Leopolds, der beiden geistlichen Würdenträger ErzbischofPilgrim von Salz-burg und BischofJohann von Passau sowie der adeligen MitsiegIer. Der Verfasser der Ur-kunde läßt diese jeweils in subjektiver Formulierung ihr Einverständnis mit dem Werkder Neuordnung der Universität dartun und die Bekräftigung der Urkunde durch ihrSiegel ankündigen. Zuletzt steht noch eine Erklärung von Bürgermeister. Richter undRat der Stadt Wien. Formal analog zu den vorangegangenen. unterscheidet sie sich vondiesen dadurch. daß die städtischen Magistrate den Inhalt der Urkunde zur Kenntnis zunehmen haben - von Zustimmung ist hier nicht die Rede - und das Versprechen leisten.die Rechte und Privilegien der Universität zu achten. Übrigens hat der Verfasser des Al-bertinums in der Erklärung von Bürgermeister. Richter und Rat der Stadt Wien nocheinmal die Metapher von der Universität als lucema sapientie aufgegriffen59•

Damit sind wir bei der Frage nach dem Verfasser des albertinischen Universirätspri-vilegs angelangt. Einige Vermutungen sind diesbezüglich schon in der älteren Literaturgeäußert worden. Joseph Aschbach wollte im Verfasser den Kanzler Herzog Al-brechts Ill. und Bischof von Freising Berthold von Wehingen erkennen'", Das scheintnach den hier vorgetragenen Überlegungen reichlich unwahrscheinlich. Viel eher wirdman Konrad Josef Heilig zustimmen können. der meinte. Heinrich von Langensteinhabe an der Formulierung des Albertinums "den größten Anteil" gehabr".

Zusammenfassend kann festgehalten werden: Das große Privileg Herzog Al-brechts Ill. für die Universität Wien aus dem Jahre 1384 ist eine Ernpfängerausferri-.gung. Paul von Geldern. ein Artistenmagister der Universität, hat die Reinschrift be-sorgt. Das Diktat des Privilegs dürfte vorwiegend das Werk Heinrichs von Langenstein.des bedeutendsten damals an der A1ma mater Rudolphina tätigen Lehrers, gewesen sein.Die Beteiligung der albertinischen Kanzlei beschränkte sich auf den Akt der Besiege-

'7 Kink, Geschichte 2 (wie Anm. 3) 26ff. Nr. 3 u. 43ff. Nr. 8; zum Formular vgl, Rexroth, Deut-sche Universitätsstiftungen (wie Anm. 56) 60 ff.

,. Kink, Geschichte 2 (wie Anm. 3) 93: Cum ab irrigw ftcunditatis scienciarum diluvio almt matrisunivmitatis studii Parysimsis nova in agro ecclesi«plantata unioersitas litterarum WJtnntnsis in hac mundioespera, qua dtus seiendarum dominus decreui: rivum aliquem fontis saplencie in Germanos divtrundum. utftuminis impetus ktifim ciuitatem tki haustibus aqut de fontibus salvatoris ... Vgl, Joseph See müll e r,Osterreichische Chronik von den 95 Herrschaften (MGH Dr, Chron. VI, 1909) 209 Anm. 2; ebensoStrnad, Kanzler und Kirchenfürst (wie Anm. 4) 91 Anm. 94.

59 Gewisse Anklänge an die Wiener Ratsurkunde für die Universität vom 12. April 1365 sind fest-zustellen. Der Verfasser des Albeninums läßt den Bürgermeister erklären: scientes divinum esseet optimumboni communis extendere ambitum tt pmtaTt semper augtndo rei publiet iuuamentum; während es in derUrkunde von 1365 heißt: nos igitur ptnsantts boni communis ambitum tt reipubliet plus ampliari cremen-tum ... (Peter Cs end e s, Die Rechtsquellen der Stadt Wien [Fantes rerum Austriacarum III/9, 1986]173fT. Nr. 31). Vielleicht ist auch der Begriff des dominus naturalis im Albertinurn von dort her über-nommen.

60 joseph Ase h b ac h, Geschichte der Wiener Universität im ersten Jahrhundert ihres Bestehens(1865) 32.

61 Heilig, Leopold Stainreuter (wie Anm. 35) 247.

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lung. Daß herzogliche Urkunden außerhalb der Kanzlei ausgefertigt wurden, geschahdamals nur noch in wenigen besonders gelagerten Ausnahmefällen. Allem Anscheinnach hat Herzog Albrecht der Wiener Universität bei der Gestaltung des Privilegs, durchwelches der rudolphinische Stiftbrief erneuert und an die geänderten Verhältnisse ange-paßt werden sollte, weitgehend freie Hand gelassen. Im Oktober oder November 1384 -wir erfahren zu diesem Zeitpunkt vom Pergamentankauf für die Urkunde - nahm manan der Universität die Herstellung des Privilegs in Angriff. Das Gesamtkonzept trägt dieHandschrift Langensteins. Möglich, daß es auch seine Idee war, die österreichischenLandherren aktiv in die Neuordnung der Universität einzubinden, indem diese als Mit-siegIer das herzogliche Privileg bekräftigen sollten. Gerade Langenstein ist es, der noch1388 mahnt, man möge sich darum kümmern, endlich alle gewünschten Siegel für dasherzogliche Universitätsprivileg zu bekommen. Wahrscheinlich ließ er sich bei seinenÜberlegungen primär von der Sorge um die materielle Sicherstellung der Universität lei-ten. Es ist bezeichnend, daß Langenstein in der schon mehrfach erwähnten Denkschriftüber Maßnahmen zur Förderung des Studienbetriebs in Wien nicht nur den Herzogsondern auch den Landesadel aufrief. die Bestiftung der Kollegien zu verbessern'".

Sobald Magister Paul von Geldern die Reinschrift fertiggestellt hatte, wurde das of-fenbar undatierte Privileg der alberrinischen Kanzlei vorgelegt und der Herzog bekräf-tigte die Urkunde mit seinem Siegel. Aus welchem Grund die Kanzlei es unterlassen hat,im Zuge der Besiegelung ein Datum einzufügen, bleibt unklar. Schwer zu beurteilen istauch, wie viele der Adeligen, die als MitsiegIer vorgesehen waren, der Besiegelung durchden Herzog beiwohnten und gleich im Anschluß ihre Siegel an die Urkunde gehängt ha-ben. Vermutlich sind es wenige gewesen. Es blieb der Universität überlassen, die nochausständigen Siegel selbst einzumahnen. Wohl im August 1385 dürfte Herzog Leopolddas Privileg besiegelt haben, und innerhalb der nächsten beiden Jahre konnte die Univer-sität einen Großteil der als MitsiegIer gewünschten Herren zum Vollzug der Besiegelungbewegen. In einigen Fällen blieben die Bemühungen ohne Erfolg.

62 Sommerfeldt, Zeit der Begründung (wieAnm. 22) 305: ... Et precipue dominus dux ~tsui magna-us, si litterarum studium apud seperseverare uolunt, ad solidam jundacionem collegiarum oculum habtrt M-bent: Zur Sache vgl. Astrik L. Gab r i e I, Heinrich von Langenstein - Theoretiker und Reformator dermittelalterlichen Universität, in: Die Geschichte der Universitäten und ihre Erforschung (1984) 25-36,bes, 31 f.

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Abb. 1: Archiv der Universität Wien, Albertinisches Privileg (Ausschnitt).

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Abb. 2: Archiv der Universität Wien, Akten der Theologischen Fakultät, fol. 1',

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Abb. 3: Erfurr, Wissenschaftliche Allgemeinbibliothek Amplon. Quart 79 fo1. 167v•

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